Schwarz, wie die Hoffnung von MarySae (- Wenn es nichts mehr gibt, was dich auffängt - [leichtes NamiXRuffy]) ================================================================================ Kapitel 10: Wenn die Vergangenheit dich einholt ----------------------------------------------- Kapitel 10 – Wenn die Vergangenheit dich einholt „Hast du etwas gesagt?“ Misaki schreckte auf, als Chopper sie ansprach und sie den kleinen Schiffsarzt vor sich stehen sah. Die Rothaarige hatte auf dem Weg in die Kombüse etwas den Anschluss an die Gruppe verloren und beschleunigte nun ihre Schritte. „Nein, nichts wichtiges“, lächelte sie vorsichtig und versuchte das Thema schnell zu begraben. Als die Tür zur Küche geöffnet wurde, kam den Piraten und ihrem Gast sofort ein köstlicher Duft entgegen. Und auch das passende Bild zeigte sich ihnen, was sie zum Schmunzeln brachte. Ruffy hing – scheinbar total ausgehungert und eher tot als lebendig – mit dem Kopf auf der Theke, während Sanji noch geschäftig in verschiedenen Töpfen rührte. Der Koch sah kurz auf, als er die anderen den Raum betreten und zu ihren Plätzen gehen sah. „Da seid ihr ja, Robin- chwan, Misaki- swan!“, lächelte er tänzelnd und eilte mit einem kleinen Teller sofort zu den Frauen an den Tisch. Wie ein professioneller Kellner stellte er die wunderschön angerichtete Vorspeise vor ihnen ab und griff gleich nach einer nahestehenden Weinflasche, um ihre Gläser zu füllen. „Bitte sehr, Robin“, sagte er vornehm, worauf er ein Lächeln ihrerseits erntete. „Vielen Dank, Herr Koch“, gab sie zurück und trank einen Schluck aus ihrem Glas. Der Blonde stieß daraufhin einen merkwürdigen Laut aus, der etwas von einem Fiepen hatte und wandte sich dann dem Gast zu. „Bitte, meine Liebe, auch für dich nur das Beste“, säuselte er und neigte sich ihrem Glas entgegen. „Vielen Dank, Sanji, aber für mich heute bitte nicht.“ Der Koch stoppte in seiner Bewegung und sah seinen rothaarigen Gast verwirrt an. „Du magst keinen Rotwein? Dann suche ich dir natürlich sofort einen anderen Wein aus!“, fing er sich wieder und ging zurück in seine Küche, wo er sich unter die Theke bückte und mehrere Flaschen besah. „Ah, nein, ich möchte nichts, danke“, versuchte sie es wieder, doch der Blonde sprang gar nicht auf ihre Bitte an. „Ich habe hier noch einen sehr exquisiten Weißwein, der wird dir bestimmt…“ Ein dumpfer Knall ließ die Piraten aufhorchen. Sanji fror in seiner Bewegung ein und es dauerte einige Sekunden ehe er den leichten ziehenden Schmerz an seiner Wange bemerkte. Vorsichtig richtete er sich auf, sah sich um und bemerkte den kleinen metallischen Stern, der direkt hinter ihm in der Küchenverkleidung steckte. Sein Blick wanderte langsam zu der Rothaarigen. Auch die anderen Piraten wandten sich der jungen Frau zu, die so freundlich und unschuldig lächelte, dass niemand ihr zutrauen würde, dass sie auch nur ein Wässerchen trüben könnte. „Vielen Dank, Sanji, aber ich möchte heute keinen Alkohol trinken. Mir brummt immer noch der Schädel von eurer kleinen Party“, sagte sie mit einem unschuldigen Augenzwinkern und wandte sich wieder dem reichlich gedeckten Tisch zu, wo sie sich eine trockene Schreibe Brot nahm, um das Thema zu beenden. „Whooaaa! Misaki, das war klasse!“, grinste der schwarzhaarige Kapitän, der scheinbar zu neuem Leben erwacht war und nun seinen Platz an der Theke räumte und zu den anderen an den Tisch kam. „Diese Wurf-Stern-Dinger sind echt super! Lässt du mich auch mal damit trainieren?“ Seine Aufregung war schon regelrecht greifbar und das Essen vor ihm hatte er in diesem Moment anscheinend schon fast vergessen. Würde er nicht unbewusst an einer Keule Fleisch nagen. „Man muss lange trainiert haben, um auch wirklich sicher zu gehen, dass niemand dadurch verletzt wird, Ruffy. Shuriken sind in den falschen Händen wirklich gefährlich“, antwortete Misaki, die sich wegen der Frage ein wenig unwohl fühlte. Die Laune des Kapitäns sank sichtlich. „Och man, … Ich will auch mal“, schmollte er und wandte sich wieder dem Tisch vor ihm zu. „Können wir dann wenigstens mal was Richtiges essen?“ Die Piraten lachten und Sanji erwachte aus seiner Starre. „Jetzt habe ich mich ein wenig erschrocken. Aber wenn das der Wunsch unseres lieben Gastes ist, werde ich da natürlich Rücksicht drauf nehmen. Dann will ich mal das Essen nicht kalt werden lassen“, sagte er schwungvoll und richtete sein Gericht auf dem Tisch an. Das Essen lief gewohnt fröhlich ab. Es wurde viel gelacht und auch geschrien, wenn die Crew ihre Teller gegen die gierigen Hände des Kapitäns verteidigte. Viel Alkohol floss, was die Stimmung zusätzlich erheiterte. Auch Brooks zahlreiche Lieder, die er auf seiner Gitarre spielte, erfüllten den kleinen Raum und machten ihn zu etwas Besonderem. Nur Misaki zog sich mehr und mehr zurück. Ihr gingen zahlreiche Gedanken in ihrem Kopf rum, die sich penetrant in den Vordergrund schoben und sie einfach nicht in Ruhe ließen. Sie mochte diese Bande. Sie hatte bereits nach so kurzer Zeit alle in ihr Herz geschlossen. Sie waren nicht das, was man sich unter typischen Piraten vorstellte und gerade das machte sie so besonders. Ihr Ziel war es nicht, Angst und Schrecken zu verbreiten, um an Macht und Ruhm zu kommen, sondern sie jagten Träumen hinterher, die sie schon seit ihrer Geburt verfolgten. Sie alle hatten großartiges geleistet und niemand würde jemals wissen, dass diese Piraten ihnen keinen Schaden zufügen wollten, sondern sie sogar vor größerem Schaden beschützten. Misaki war fasziniert von dem starken Willen dieser Menschen, dass sie sich selbst ganz klein fühlte. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nichts erreicht. Nein, eher im Gegenteil. Und in diesem Moment log sie ihre neuen Freunde auch noch an, was ihr ein wirklich schlechtes Gewissen machte. „Was ist los, Fräulein Misaki?“ Robins Stimme schreckte sie auf. Ihr Blick ruhte musternd auf der Rothaarigen, während die anderen noch immer feierten. Misaki senkte den Blick. Es fiel ihr schwer auch nur darüber nachzudenken und noch schlimmer war der Gedanke, dass sie sie bald nicht mehr mögen würden. Und das nur, weil sie sich nicht getraut hatte, die Wahrheit zu sagen. „Ach, ich…“, begann sie und seufzte schwer. Die Aufmerksamkeit aller lag plötzlich auf ihr und sie bemerkte die erwartende Stimmung, die in der Luft schwebte. Schnell suchte sie nach den richtigen Worten, fand sie aber nicht. Und je länger die anderen sie ansahen, desto unwohler fühlte sie sich. Vielleicht sollte sie es doch sein lassen? Ein lauter Knall erschütterte die Luft und Sekunden später schwankte das Schiff so gewaltig, dass das benutzte Geschirr einfach von dem Tisch gefegt wurde. Ein leiser Aufschrei ging durch die Reihe der Piraten, als sie sich von ihren Plätzen erhoben und versuchten, ihr Gleichgewicht zu halten. „Was war das schon wieder?“, kreischte Lysopp genervt. „Wir werden angegriffen!“, hallte Frankys Stimme durch den Raum. „Los, raus!“, schrie Ruffy und seine Freunde zögerten nicht lange. Gleichzeitig rannten sie auf die Tür zu und sprangen über die Reling auf das Grasdeck hinunter. Blitzschnell versammelten sich die Strohhutpiraten an Deck, ihre Waffen gezückt. Ein einzelnes Marine-Schiff schwebte wie ein bedrohlicher Schatten hinter ihnen her. Ein Schatten, der die Größe der Sunny um das 20-fache überstieg. Immer wieder ertönten Kanonenschüsse und wildes Geschrei drang von dem Kriegsschiff zu ihnen herüber. „Was soll denn das?“, schimpfte Franky. „Haben wir zurzeit echt so ein Pech, dass uns schon wieder jemand an den Kragen will?“ „Das Wort ‚Pech‘ trifft es ziemlich gut.“, meinte Robin mit ernster Miene, ihre Hände waren zum Angriff vor ihrer Brust gekreuzt. Jederzeit bereit, ihre Teufelskräfte einzusetzen. „Langsam habe ich echt keinen Bock mehr.“, zischte Sanji und zündete sich erneut eine Zigarette an. „Da muss ich dem Aushilfskoch wohl ausnahmsweise Recht geben.“, fügte der Schwertkämpfer hinzu, doch der Blonde ließ sich nicht provozieren. „Los, Leute. Lasst uns das schnell hinter uns bringen.“ Ruffy ließ seine Fäuste knacken, während sich alle Piraten zum hinteren Teil des Schiffes aufmachten, um ihr Leben zu verteidigen. „Ja, klar.“, piepste Lysopp und folgte den Anderen mit wackeligen Beinen. Misaki zögerte kurz, zog dann jedoch ihre Waffen und eilte den Strohhüten hinterher. „Strohhut Ruffy!“ Eine dunkle Stimme erklang von dem Marine- Schiff, worauf die Kanonen verstummten. Die Gestalt eines Marine- Soldaten höheren Ranges tauchte auf der Reling auf, umrahmt von dutzenden bewaffneten Männern. „Ihr habt uns lange genug auf der Nase herumgetanzt! Heute werden wir euch in die Hölle schicken!“ „Nö, vergiss es!“, gab der Schwarzhaarige nur als Antwort, was den Soldaten sichtlich verärgerte. „Das werden wir ja sehen…“, zischte er, zog seine Hand aus seinem Umhang hervor und schleuderte etwas Schwarzes auf Ruffy zu. Völlig überrascht reagierte er zu spät, als die Bombe ihn beinahe erreicht hatte, weshalb er nicht mehr ausweichen konnte. Doch kurz bevor sie ihn ernsthaft verletzten konnte, detonierte die Waffe wenige Meter vor dem Schiff, was eine gewaltige Druckwelle über die Sunny fegen ließ und sie zum Schaukeln brachte. Fragend blickten sowohl die Piraten, als auch die Marine auf die in der Luft schwebende Rauchwolke. Die, die sich bereit gemacht hatten, die Bombe abzuwehren, ließen ihre Waffen sinken. Sie wandten sich um und ihr Blick fiel auf den sich noch immer an ihrem Finger drehenden Kunai. „Volltreffer.“, meinte sie bloß, konnte sich aber ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „Nicht schlecht.“, meinte Zorro anerkennend und Brooks Lachen ertönte. „Wir waren wohl etwas zu langsam.“, kam es von Sanji und Chopper atmete erleichtert aus. „Das hätte böse ins Auge gehen können…“, stöhnte der Arzt erleichtert. „Kommandant, Kommandant!“, schrie plötzlich jemand auf dem anderen Schiff und zog die Aufmerksamkeit der Piraten auf sich. Ein älterer Mann fuchtelte wild mit den Armen in der Luft herum. Sein Gesicht war kreidebleich und mit weit aufgerissenen Augen sah er zu dem Piratenschiff hinüber. „Was ist?“, knurrte der Kommandant und blickte sichtlich genervt auf den Soldaten herunter. „Das ist sie! Das ist sie tatsächlich! Sie ist nicht tot!“ Das Mädchen zuckte zurück. Ihr Lächeln war verschwunden und nur ein Gedanke beherrschte ihren Kopf: Verdammt! „Feuerrote Haare und diese Waffen! Kein Zweifel, das ist wirklich Misaki, der rote Drache! Die rechte Hand des weltweit gefürchteten Lon John Bone! Auf ihren Kopf sind 180 Millionen Berry ausgesetzt!“ ******* Die Sterne funkelten leise am Himmel, als sich ihre nackten Füße durch den noch immer warmen Sand schoben. Sie brauchte diese Ruhe und den trügerischen Frieden wenigstens für einige Augenblicke. Momente, in denen sie vergessen konnte. Ihr leiser Seufzer wurde von dem sanften Abendwind fortgeweht. Blätter raschelten und die zahlreichen Wellen, die gegen das Ufer drückten, gaben ein monotones Geräusch von sich. Seit langer Zeit war dies die erste Möglichkeit, in der sie alleine das Schiff verlassen konnte. Langsam schienen sie ihr zu vertrauen. Doch sie selber traute sich nicht. An der Spitze einer Landzunge hielt sie inne und ließ ihren Blick über das angenehm ruhige Meer wandern. Sie setzte sich in den schneeweißen Sand, dessen Wärme sich durch ihre schwarze Jeans schob. Sie genoss den Augenblick, den sie für sich ganz alleine hatte. Hier auf dieser einsamen Insel, deren Umrundung zu Fuß nicht länger als fünf Minuten dauerte. Eigentlich war das Wort ‚Insel‘ dafür schon übertrieben. Der wolkenlose Himmel schien sie an diesem Tag mit seiner Dunkelheit einzuwickeln. Auch die vielen Sterne und der Vollmond schienen das Schwarz kaum durchdringen zu können. Zeitweise erkannte sie ihre eigene Hand vor Augen nicht. Wie, als wenn sie einen Welpen streichelte, glitt ihre Hand über den überraschend weichen Boden. Die winzigen Steine kitzelten auf ihrer Haut und hinterließen dort ein angenehmes Kribbeln. Sie schloss die Augen und legte sich mit dem Rücken auf den Boden. Sie spürte den Strand unter ihren Haaren und das leise Geräusch ihres Atems nahm ihre Gedanken fast völlig ein. Sie sank immer tiefer in sich hinein und störte sich nicht daran, dass sie durch ein kleines Schläfchen zu spät zurückkommen würde. Das war ihr im Moment so was von egal. „Nami?“ Der Klang ihres Namens ließ sie hochfahren. Innerhalb weniger Sekunden stand sie aufrecht mit dem Rücken zum Meer und blinzelte verschlafen, aber aufmerksam, in die Nacht hinein. Ein Messer ruhte kalt in ihrer Hand. Diese Stimme… Das konnte doch nicht… „Ich habe dich gefunden.“ Ein Schauer floss ihren Körper hinunter, als sie die dunkle Gestalt vor sich erblickte. Ihr Blut gefror, ihr Herz raste und Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn. Schnell versuchte sie sich zu beruhigen und bloß nicht in Panik zu geraten. Wieso war er hier? Wieso stand sie ihm schon wieder gegenüber? Hasste das Leben sie so sehr, dass es ihr immer wieder mit voller Wucht ein Messer in den Rücken rammte? Sie hasste ihr Leben. Mehr denn je. „Was willst du hier?“, giftete sie ihn an. „Habe ich dir bei unserer letzten Begegnung nicht klar gemacht, dass ich dich nie wieder sehen will?“ Ihre Stimme war laut und piepsig. Sie klang nicht so sicher, wie sie es beabsichtigt hatte. Ihr Blick wanderte auf den weißen Verband, der seinen Bauch zierte und musste unwillkürlich schlucken. War die Verletzung noch immer nicht verheilt? Und was war das dunkle auf dem Weiß? Blut? „Du gehörst in meine Crew, ist dir das immer noch nicht klar?“ Sie zuckte zurück. Was sollte das jetzt wieder? „Du spinnst, du riesiger Idiot. Langsam sollte es auch so ein Trottel wie du kapieren. Ich gehöre nicht zu euch! Ich bin und war immer eine Diebin! Also hör endlich auf zu nerven, oder ich muss beim nächsten Mal fester zustechen!“ Sie umklammerte den Griff des Messers so stark, dass ihre Finger taub wurden. Aber so sah er wenigstens nicht, wie sehr ihre Hand zitterte. Hatte sie überhaupt eine Chance gegen ihn? Wenn er richtig gegen sie kämpfte, war sie dann nicht in wenigen Minuten k.o.? Nein, sie war stark und vor allem schlau. Irgendwie würde sie ihn überlisten. Es kam keine Reaktion. Was war nur mit ihm los? Sie konnte sein Gesicht kaum erkennen, da sein Strohhut fast alles in tiefen Schatten tauchte. Doch er benahm sich so anders als sonst. Seine kühle Art ließ sie regelrecht frösteln. „Man kann eine Piratenbande nicht einfach so verlassen, weißt du das nicht?“ Dieser Satz verwunderte sie noch mehr. Sie wich einen Schritt zurück und spürte, wie die kleinen Wellen gegen ihre Füße schwappten. „Schon viele Piraten haben es versucht, doch die meisten gucken sich jetzt das Gemüse von unten an.“ Panik überfiel sie. Ihre ruhige Fassade bröckelte. Hatte er gerade gesagt, dass er sie umbringen wollte? Was zum Teufel sollte das? „Was… Was redest du da für einen Mist? Verschwinde endlich und lass mich in Ruhe, sonst…!“, kreischte sie so laut sie konnte, verstummte jedoch, als er sich plötzlich auf sie zu bewegte. „Was sonst?“, fragte er ungewöhnlich ruhig, während jeder Schritt ihn näher an sie heran brachte. Ruckartig sah sie sich um, konnte jedoch keinen Fluchtweg entdecken. Warum war sie auch bloß an diese Landzunge gegangen? Sollte sie ins Meer fliehen? Er konnte nicht schwimmen, also war sie dort vor ihm sicher. Doch was dann? Wo wollte sie hin? Würde er auf dieser kleinen Insel warten, bis sie total erschöpft wieder zurückkam? Was sollte sie nur tun? Doch ehe sie sich entschieden hatte, stand er auch schon direkt vor ihr. Seine Augen waren noch immer verdunkelt, obwohl sie sie so gerne sehen wollte. Er hob seine Hände in Richtung ihrer Kehle. Würde sie jetzt sterben? Würde Ruffy sie umbringen? Sie hatte nie geahnt, dass er zu so etwas fähig war… Kurz bevor er zudrücken konnte, geschah etwas Seltsames mit ihrem Körper. Er schien sich von alleine zu bewegen. Wie von Geisterhand tauchte sie unter seinen Armen weg und ließ ihre Hände vorschnellen. Eine heiße Flüssigkeit spritze ihr entgegen und bedeckte ihr Gesicht und den ganzen Körper. Ruffy taumelte zurück und presste sich die Hände auf die Brust. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor, dort, wo das Messer durch sein Herz gestoßen war. Sein Hut rutschte ihm vom Kopf und sofort trafen seine Augen, ihre. Nami schreckte zurück, als sie sie sah. Es waren seine Augen. Weich und liebevoll sahen sie ihr entgegen. Das übliche Lachen lag darin und kein bisschen Wut oder Mordlust waren zu finden. Es waren dieselben Augen, die sie angeblickt hatten, als sie ihn das erste Mal getroffen hatte. Derselbe Junge. Sein gewohntes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, was mehr an eine verzerrte Maske erinnerte. „Ich hätte dich… gerne noch einmal… berührt. Nur ganz kurz.“ Seine Stimme war leise und schwach und Nami traf die Erkenntnis wie ein Blitz. Er hatte sie nicht erwürgen, sondern nur ihre Wangen berühren wollen! Sie hatte ihn… missverstanden. „Wie gerne hätte ich dich… wieder in… meiner Crew gehabt, weil ich dich… mehr als alles…“ Ein dumpfer Schlag untermalte den Augenblick, in dem sein blutüberströmter Körper auf dem weichen Sandboden aufschlug. Leere Augen starrten in den Himmel. Sie wollte weinen, doch sie konnte nicht. Da war keine Trauer in ihr. Das Blut an ihren Händen erschien ihr angenehm warm. Und dennoch… Wieso konnte sie überhaupt nichts fühlen? Blitzschnell fuhr sie aus dem Schlaf hoch und blickte sich, panisch und völlig außer Atem, um. Schweiß tropfte ihr von der Stirn und drang in ihre Augen, was es ihr schwer machte, Umrisse zu erkennen. Der Morgen dämmerte schon leicht, was den schwarzen Himmel in ein zartes Orange tauchte. Ihre Kleidung klebte unangenehm an ihrem Körper. Sand hatte sich an ihrer Haut festgesetzt und kratzte unangenehm. Ihre langen, orangefarbenen Haare waren verdreckt und platt gelegen. Sie zitterte, obwohl sie innerlich kochte. Vorsichtig warf sie einen Blick auf ihre Hände, doch sie konnte die rote Flüssigkeit nicht entdecken. War das ein Traum gewesen? Wieso hatte sie von ihm geträumt? Und wieso hatte sie ihn… Ihr Atem stockte, als sie sich bewusst wurde, was der Ausdruck in Ruffys Augen zu bedeuten hatte. Sie hatte es wirklich getan und sie spürte, dass sie es wieder tun würde. Sie hatte ihn umgebracht. Ohne groß zu zögern. Sie stand auf und ging auf wackeligen Beinen auf das Meer zu. Das kalte Wasser beruhigte sie, als die Fluten ihre Füße umspülten, während sie immer tiefer in dem kühlen Nass versank. Dieser Traum hatte es ihr gezeigt. Sie würde nicht zögern. Sie würde ihre Drohung wahrmachen und ihn wirklich umbringen. Den Mann, den sie liebte. Und sie hasste sich dafür. Sie hasste sich für den Menschen, der sie geworden war. Sie hasste sich für das, was sie bereit war zu tun. Vielleicht sollte sie einfach in den Wassermassen versinken und nie wieder auftauchen… Eine einzelne Träne rann über ihr Gesicht und verschwand ungesehen im Meer, ehe das schwarze Nass sie komplett verschluckte. ******* Die Stille, die sich über das Deck gelegt hatte, war unerträglich für Misaki. Die Blicke der Strohhutpiraten sprachen Bände. Verwirrung, Enttäuschung und das Gefühl der Kränkung glänzte so stark in ihnen, dass sie ihnen nicht länger standhalten konnte und den Blick abwandte. Auf dem Marine-Schiff herrschte Aufregung. Wildes Gemurmel übertönte das Rauschen der Wellen und selbst der Kommandant schien sprachlos. „Der rote Drache…“ „Er lebt noch!“ „Ich wusste gar nicht, dass der Drache weiblich ist!“ „Sie ist gefährlich…“ Wieder diese Stimmen. Immer dieselben Worte jagten durch ihren Kopf. So schnell, dass er beinahe zu platzen drohte. Sie hätte sich nicht zeigen, sondern einfach verschwinden sollen. Untertauchen. So, wie sie es die letzten drei Jahre getan hatte. „Na und?“ Ruffys Stimme ließ alle verstummen. Auch Misaki hob ihren Blick, um den Schwarzhaarigen anzusehen. Er stand seitlich zu ihr, sodass sie sein Gesicht sehen konnte. Ein ruhiger Ausdruck lag auf ihm und ein leichtes Lächeln zierte seine Lippen. „Ist doch egal, wer sie ist oder mal war. Das hat uns hier noch nie interessiert.“ Er zuckte mit den Schultern, was den anderen Piraten seiner Crew ebenfalls ein Lächeln ins Gesicht zauberte. „Als ob wir anderen kein Dreck am Stecken hätten.“, grinste Zorro und schulterte seine Schwerter. „Lasst eure Finger von Misaki-chan.“, knurrte Sanji, der den Marine-Soldaten einen finsteren Blick zuwarf. „Genau!“, stimmte Chopper zu und stellte sich neben die Rothaarige. „Fufufufu. Interessant.“, lächelte Robin wissend. „Es war ein Fehler von euch, uns anzugreifen. Wir waren gerade beim Essen und ich hasse es, wenn mich jemand dabei stört…“, zischte Ruffy und ließ erneut die Fäuste knacken. Sofort machten sich die anderen wieder zum Kampf bereit und die Welt schien für einige Minuten still zu stehen. Nur die weißen Wolken, die über die Szene hinweggezogen, waren Zeugen des wilden Schauspiels. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)