Her Sigh von _Kima_ (Final Fantasy XII) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ihre Augen blicken hinein ins Geäst des Golmore-Dschungels, ohne es wirklich zu sehen. Ihre Finger streichen ohne ihr Zutun über die einst vertrauten Baumstämme, ihre Lippen schmecken die Luft des Waldes und in ihre Nase steigt der frische Duft des Grüns um sie herum. Doch das alles bedeutet nichts – denn sie hört nichts. Keiner ihrer Gefährten kann das nachvollziehen, doch sie macht es ihnen nicht zum Vorwurf. Sie sind Hume… Wie könnten sie verstehen, was der Wald für die Viera bedeutet? Dass er mehr als ein Zuhause und ein Ort des Rückzugs ist, mehr als eine Ansammlung von Bäumen und Tieren? Der Wald ist Vater und Mutter zugleich – bester Freund und engster Vertrauter für jede Viera, die seine Stimme empfangen und verstehen kann. Einst ist auch sie eine von ihnen gewesen, wandelte auf den Pfaden von Golmore und atmete die Luft des Waldes… Doch nun kann sie nicht mehr zurück. Sowohl ihr Volk und ihre Schwestern als auch der Wald selbst haben ihr den Rücken zugewandt. Weder hört sie seine Stimme noch er die ihre. Auf taube Ohren stößt all ihr Flehen, all ihre verzweifelten Wünsche bleiben ungehört. Deshalb bleibt ihr nur schweigend ihren Gefährten zu folgen und ihre Reaktionen auf den Wald zu beobachten. Vaan, der Waisenjunge aus Rabanastre, dessen Bekanntschaft eher unverhofft erfolgt ist, damals im Königlichen Palast von Dalmasca – er betrachtet den Wald mit unverhohlener Faszination, doch seine rechte Hand liegt immer auf dem Heft seines Schwertes; er weiß, dass Golmore voller Gefahren ist für alle, die der Wald nicht als die seinen akzeptiert. Penelo, Vaans beste Freundin, die scheinbar nur durch einen unglücklichen Zufall in all das verwickelt wurde – ihre Augen leuchten, als ihr Blick auf die riesigen Blumen des Dschungels fällt, und sie beugt sich interessiert über einige der Pflanzen, um sich nach ihrem Namen und ihrer Wirkung zu erkundigen. Larsa, der jüngste Sohn des Kaisers von Archadia, dessen Absichten sie noch immer nicht klar erkennen kann – er geht dicht neben Penelo und Vaan und sieht ebenso fasziniert aus wie die anderen beiden Jugendlichen; doch in seinen Augen kann sie Sorge und vielleicht sogar ein bisschen Angst erkennen. Ashe, die flüchtige Prinzessin von Dalmasca, totgesagt und bestrebt, ihren Thron zurück zu erobern – auf ihrem Gesicht steht nur allzu deutlich ihr Trotz geschrieben, gepaart mit dem unbeugsamen Willen, den Wald hinter sich zu lassen, um Bur-Omisace zu erreichen; sie hat kein Auge für die Schönheiten von Golmore und geht mit durchgedrücktem Rücken und erhobenem Kinn geradeaus. Basch, der loyale Ritter Ihrer Hoheit, verraten und letztendlich des Hochverrats bezichtigt – seine Aufmerksamkeit gilt der Sicherheit der Gruppe und er sucht unablässig die Umgebung nach potenziellen Gefahren ab; sein Schwert hält er fest in der Hand, bereit, jeden Feind niederzustrecken, der die Prinzessin und ihre Gefährten gefährdet. Und schließlich Balthier, seines Zeichens Luftpirat und ihr Partner, schon seit so vielen Jahren – seine Miene ist undurchdringlich, während seine Augen über die Bäume wandern, die ihn umgeben, doch sie weiß trotzdem, was in seinem Kopf vorgeht; hin- und hergerissen ist er zwischen dem Zweifel, was all das ihm bringt, und seiner Neugier. Er scheint ihren Blick auf sich zu spüren und dreht den Kopf zu ihr, die Brauen in einer stummen Frage gehoben, doch sie hat keine Antwort für ihn – weil sie selbst nach ihnen sucht, seit sie den Wald nicht mehr hören kann. Sie verlangsamt ihren Schritt etwas und Balthier tut es ihr gleich. Seine stille Anwesenheit ist wie so oft Balsam für ihre Seele, weil auch er weiß, was es heißt, keine Wurzeln mehr zu haben. Und dennoch… Schließlich bleibt sie ganz stehen und seufzt leise, während Balthier ihr einen Gefallen tut und weiter geht. Das bedrückende Schweigen in ihrem Inneren – dort, wo früher die Stimme des Waldes gesungen hat – ist zu viel für sie; sie kann Golmore nicht viel länger ertragen. „Hey, Fran! Wo bleibst du denn?“ Verblüfft hebt sie den Blick und sieht, dass ihre Gefährten in einiger Entfernung stehen geblieben sind und Vaan ihr hektisch zuwinkt. Sogar von weitem kann sie sehen, dass er breit grinst – Ashe, Penelo und Larsa scheinen in die Betrachtung einer großen, violetten Blüte vertieft und Basch dreht sich besorgt nach ihr und Balthier um, der breit grinsend den Kopf wendet, um sie anzusehen. Und plötzlich ist die Stille in ihrem Inneren gar nicht mehr so drückend. Sie nickt leicht und schließt zum Rest der Gruppe aus, die sogleich den Weg durch den Golmore-Dschungel fortsetzt. Womöglich ist sie tatsächlich ohne Wurzeln, dazu verdammt, niemals wieder die Stimme des Waldes zu hören. Und auch, wenn es nur ein schwacher Trost ist, so weiß sie nun doch, dass sie stattdessen die Stimmen ihrer Freunde vernehmen kann – wann immer die Stille sie wieder zu erdrücken scheint. Als sie einen Blick zurück in den Wald wirft, glaubt sie, ein leises, erleichtertes Seufzen zu hören. Es wird wohl niemals einfach sein, ohne seine Stimme zu leben… aber vielleicht, beschließt sie mit Blick auf Vaans Grinsen und Penelos strahlendes Lächeln, als er ihr eine Blume pflückt, wird es mit diesen Hume zumindest etwas leichter werden. END. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)