Let me bring my life to an end von Erdnuss91 (before you do it) ================================================================================ Kapitel 4: Aufgeben? -------------------- Erleichtert seufze ich und lasse mich zurück in die Kissen sinken. Bis eben war ein Notarzt hier und hat mir mehrere Infusionen gegeben. Er war richtig beharrlich und hatte nicht ganz verstanden, warum ich unter keinen Ständen ins Krankenhaus gebracht werden möchte. Ich musste ihm dieses nicht nur schriftlich geben, sondern Kai hat auch darauf bestanden den Notarzt mit Schweigegeld ruhig zu stellen. Er darf unter keinen Umständen verraten oder notieren, dass ich schlimme Verletzungen im Genitalbereich habe. Und das ist auch der Grund warum ich nicht ins Krankenhaus kann. Dort so eine große Sache zu verheimlichen ist einfach nicht möglich und wenn zu viele davon Bescheid wissen, dann verrät es garantiert wer den Presseleuten. Und diese Negativschlagzeilen können wir einfach nicht gebrauchen. Zudem könnte es auch sein, dass Reita dann vor Gericht dafür belangt werden könnte und das will ich einfach nicht. Es ist eine Sache zwischen uns beiden und das geht einfach niemanden etwas an. Die Kopfschmerzen sind dank der Medikamente komplett weg und ich fühle mich einfach nur wie vom LKW überrollt. Kai hatte eben den Notarzt kommen lassen, da das Fieber bedenklich hoch war und ich kaum noch ansprechbar war. Er meinte auch, dass ich unglaubliches Herzrasen hatte und total wirr gesprochen hatte. So wirklich mitbekommen hatte ich davon nichts und auch von gerade eben weiß ich nur ein paar Fetzen. Ich soll mich auch unglaublich gegen die Sauerstoffmaske gewehrt haben, weshalb der Arzt mir letztendlich nur eine Sauerstoffbrille aufsetzen konnte. Ich weiß noch nicht einmal warum ich darauf so reagiert habe? Hatte ich etwa das Gefühl zu ersticken? Selbst wenn mir Reita eine Hand auf den Mund hält werde ich panisch, aber das stachelt ihn meist noch mehr. Frustriert fahre ich mir mit der Hand durchs Gesicht. Besorgt fragt Kai: „Ist alles in Ordnung, Ruki? Musst du auf die Toilette?“ „Nein, ist schon okay. Danke, dass ihr den Notarzt gerufen habt“, erwidere ich. „Das ist doch selbstverständlich. Und jetzt schläfst du dich erst einmal gesund. Wenn irgendetwas sein sollte, dann sagst du bitte Aoi Bescheid. Ich muss jetzt zurück ins Studio und werde auf dem Weg dorthin Uruha anrufen und ihm die Sachlage schildern. Wir bekommen das schon wieder hin“, versichert er mir. Wie kann er da nur so zuversichtlich sein? Vielleicht ist es Reita ja bewusst, dass er zu weit geht und er macht es mit voller Absicht? Ihm muss doch auch klar sein, dass die Misshandlungen zu weit gehen. Manchmal wünsche ich mir einfach, dass mein Körper nicht so extrem auf ihn reagiere würde. Aber er weiß nun einmal wie er mich berühren muss und ich kann es ja auch nicht leugnen, dass ich absolut gar keine Lust mehr empfinde. Meine körperlichen Reaktionen sprechen einfach Bände und ich komme ja durchaus zum Orgasmus. Aber ich komme halt psychisch nicht mehr mit der ganzen Gewalt zurecht und auch mein Körper zeigt mir immer wieder, dass wir zu weit gehen. Im Genitalbereich habe ich gefühlt seit Wochen Verletzungen und mittlerweile verursacht jeder Toilettengang unsagbare Schmerzen. Aus dem Grund hoffe ich auch, dass die Salbe vom Arzt da Linderung verschafft. Ich möchte deshalb nicht ins Krankenhaus, schließlich kann ich ihnen ja keine logische Erklärung für die Art von Verletzungen geben. Und die Erklärung dafür wäre einfach ein gefundenes Fressen für Klatschpresse. Manchmal frage ich mich, ob unsere Beziehung überhaupt funktionieren würde ohne diese Gewalteskapaden. Leise verabschiedet sich Kai von uns und streicht mir noch einmal kurz durch die Haare. Selbst als Aoi die Deck anhebt und mir eine Wärmflasche auf den Bauch legt zeige ich keine Regung. Erst als die Tür ins Schloss fällt und seine Schritte verstummt sind traue ich mich wirklich die Gefühle zuzulassen. Die ersten Tränen rollen über meine Wangen und ruckartig vergrabe ich mein Gesicht in der Armbeuge. Was habe ich nur getan und warum bin ich nicht einfach bei Reita geblieben? Jetzt steht die Veröffentlichung vom Album in Gefahr und das nur, weil ich mich nicht getraut habe den Mund aufzumachen. Ich hätte doch einfach zu Uruha gehen können? Wahrscheinlich hätte auch er geschwiegen, auch wenn er sich noch lange nicht so ziert wie Aoi. Bitterlich schluchzend beiße ich mir auf die Unterlippe. Ich muss unbedingt mit Reita reden, aber ich weiß einfach nicht wie. Und gerade ist er im Aufnahmestudio, also hat er sein Handy wahrscheinlich gar nicht an. Als Aoi auf einmal die Tür öffnet ziehe ich scharf die Luft ein. Warum ist er wieder gekommen? Schweigend setzt er sich auf die Bettkante und streicht ein paar Mal über meinen Arm ehe er meint: „Es ist schon okay, Ru-chan. Wir sind dir nicht böse“, verspricht er mir. Dabei haben sie doch allen Grund darauf böse zu sein, oder? Dieses Versteckspiel treibe ich ja schon etliche Monate und bisher habe ich noch nie verlauten lassen, dass etwas in der Beziehung von Reita und mir wortwörtlich etwas gewaltig schief läuft. Schluchzend ziehe ich die Nase hoch und rolle mich zusammen. Ich will nicht mit Reita reden und mich mit dem Problem auseinander setzen. Mein Atem geht nur stoßweise und ich keuche mehr als mir lieb ist. Obwohl ich unheimlich für die Tränen schäme tut es unheimlich gut diese einmal zuzulassen. Zu lange versuche ich alleine mit diesen Emotionen fertig zu werden und sie erdrücken mich von Tag zu Tag mehr. Warum bringe ich das alles auch erst jetzt zur Sprache? Ich weiß doch ganz genau, dass ich mich auf meine Bandkollegen jeder Zeit verlassen kann. Ich habe immer mehr das Gefühl zu ersticken und der ganze Schleim macht das natürlich nicht angenehmer. Und selbst durchs Husten bekomme ich gefühlt nicht mehr Luft. Kann nicht irgendwer kommen und den Elefanten erlegen? Dann wäre auch das Problem gelöst und wir könnten wie bisher einfach weiterleben. Ich liebe Reita und ich glaube eine Beziehungspause oder gar das Ende der Beziehung würde mich um den Verstand bringen. Und wenn es nicht das ist, dann würde es mein Herz in 1.000 Stücke zerreißen. Leise seufzend drückt mir Aoi ein Taschentuch in die Hand und hilft mir dabei mich aufzurichten. Während ich mir gefühlt die Seele aus dem Leib huste streicht er mir ziemlich feste über den Rücken. Als der Hustenanfall endlich vorbei ist lasse ich mich erschöpft gegen seinen Brustkorb fallen. Mit heiserer Stimme frage ich: „Denkst du wirklich, dass da noch etwas zu retten ist?“ „Warum sollte nichts mehr zu retten sein? Reita ist hoffnungslos in dich verknallt und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er deine Wünsche mitunter falsch interpretiert hat. Warte jetzt einfach einmal mal ab und versuch dir keine Gedanken darüber zu machen. Uruha wird Reita garantiert davon überzeugen können, dass es so nicht weiter gehen kann. Trink jetzt etwas und dann schläfst du was, hm?“, fordert er mich auf. Widerwillig nehme ich ein paar Schlucke Tee zu mir und lege mich wieder hin. Doch als ich die Augen schließe sehe ich direkt Reita vor mir, wie er mich hämisch angrinst. Kann das wirklich ein gutes Ende nehmen oder haben wir schon längst verloren? Es dauert gefühlt Stunden ehe ich in einen traumlosen Schlaf gleite. Es ist schon später Morgen als ich es nächste Mal wieder richtig aufnahmefähig bin. Mein Kopf wird gefühlt von einem Presslufthammer bearbeitet und es fühlt sich so an als hätte ich ein Reibeisen verschluckt. Leise stöhnend reibe ich mir die Schläfen, ehe ich die Tabletten nehme. In der Wohnung ist es gespenstisch still, obwohl Aoi eigentlich hier sein müsste. Bisher hat er sich wirklich rührend um mich gekümmert und selbst Wadenwickel hatte er mir ein paar Mal gemacht. Er hat sich bisher auch kein einziges Mal beschwert und das rechne ich ihm hoch an. Schwerfällig stehe ich auf und schlüpfe in die Pantoffeln. Damit Aoi in Ruhe arbeiten kann, hat er mich kurzerhand in sein Schlafzimmer verfrachtet. Es ist so ungewohnt hier bei ihm im Bett zu schlafen. Bisher habe ich wenn überhaupt einmal auf dem Sofa genächtigt. Als ich das Wohnzimmer betrete schleicht sich direkt ein Lächeln auf Aois Lippen. Neckend fragt er: „Na wie geht es unserer Schlafmütze heute?“ „Wieder besser, schätze ich“, antworte ich mit heiserer Stimme. Es wird wohl noch einige Zeit dauern bis meine Stimme wieder normal klingt. Wenigstens helfen die Medikamente und ich merke schon, dass es mir schon weitaus besser geht als vor ein paar Tagen. Es ist ein komisches Gefühl, wenn das Leben plötzlich nur noch aus schlafen, essen und auf Klo gehen besteht und man für alles andere einfach nicht mehr die Kraft hat. „Übrigens hat Uruha gestern mit Reita sprechen können. Der war natürlich nicht so erfreut, weil laut ihm jetzt gefühlt alle von euren Problemen wissen. Aber er weiß jetzt was Sache ist. Ich kann jetzt natürlich nicht versprechen, dass sich was in eurer Beziehung dadurch ändern wird. Wahrscheinlich solltet ihr zwei noch einmal in Ruhe darüber reden. Auf jeden Fall hat Reita versprochen, dass er auf dich zukommen wird. Möchtest du jemanden von uns dabei haben bei dem Gespräch? Du schaust nämlich nicht gerade so aus als würdest du dich über die Nachricht freuen“, berichtet mir Aoi. Ich fühle mich als wäre auf einmal jegliches Blut aus meinem Körper geflossen. Geschockt starre ich Aoi an. Wenn Reita nicht erfreut ist, dann ist er eigentlich stocksauer. Und ich will nicht das Opfer seiner Wut sein. Mit zittrigen Beinen gehe ich zur Couch und setze mich hin. Das alles wird kein gutes Ende nehmen und wenn jemand von den anderen dabei ist, dann wird es ihn noch rasender machen. Schließlich ist es ein Problem zwischen uns beiden und es geht niemand anderen etwas an. Beunruhigt hockt sich Aoi vor mich hin und streicht mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Ist das keine so gute Idee?“, erkundigt er sich stirnrunzelnd. Ich nicke nur und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Wie sollen wir nur je wieder aus dieser Sackgasse kommen und zwar so, dass wir beide unser Gesicht wahren können? Und allem voran frage ich mich, ob es auch eine vollkommen gewaltfreie Lösung geben kann. Ich habe einfach keine Kraft mehr mich zu wehren und ich schon zu oft mitkommen, dass eben solche Beziehungskrise in einer Katastrophe enden. Wo haben wir uns nur hinein manövriert? Und warum haben wir nicht frühzeitig gestoppt? Aoi streicht mir beruhigend ein paar Mal über die Schulter ehe er meint: „Jetzt sind erst einmal die Aufnahmen und solange bleibst du bei mir. Danach hat er sich wahrscheinlich soweit beruhigt, dass ein ordentliches Gespräch möglich sein wird. Lass den Kopf nicht so hängen.“ Hoffentlich hat er Recht damit. Ich will einfach noch nicht aufgeben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)