Der Riss von TalonOne (Warhammer 40.000 - Inquisition) ================================================================================ Kapitel 1: Der Riss ------------------- Ein eisiger Wind fegte über das Landefeld. Sepheris Secundus war eine hässliche Welt. Industrieruinen überall, Trümmer bedeckten den schmutzig braunen Boden und der Himmel war dunkelgrau vor Asche und Abgasen. Zeichen des Bürgerkrieges, der noch bis vor einigen Wochen auf der Bergbauwelt getobt hatte. Ein mattschwarzer Transporter fiel mit donnernden Bremstriebwerken aus der tiefhängenden Wolkendecke und riss dabei einen Teil der Asche mit sich. Noch bevor er den Boden berührt hatte, wurde der elegante Vogel bereits freudig begrüßt. Eine schlanke Gestalt stemmte sich gegen den Abwind der Triebwerke. Ein Junge von vielleicht sechzehn Jahren in der staubgrauen Uniform der 57. Khalonischen Infanterie auf deren Kragenspiegeln die roten Zeichen eines Rekruten steckten. Die elegante Fähre setzte sanft auf und sank in ihr Landegestell. Ihre Ausstiegsrampe öffnete sich einen Augenblick später und enthüllte drei Gestalten. Der Junge schaute ihnen gebannt entgegen. Eine der Gestalten war ein großer und sehr schlanker Mann. Er war in eine tiefrote Plattenrüstung mit einem langen feldgrauen Umhang gehüllt und trug ein monströses Schwert auf dem Rücken das fast so lang war wie sein Träger. Sein Gesicht war hinter einem verzierten Helmvisier versteckt, das er eben hoch schob um ein knochiges Gesicht mit pechschwarz erscheinenden Augen zu enthüllen. Die zweite war eine junge Frau in einer leichten, ihren Körperformen angepassten Rüstung. Unter ihren langen, streng geflochtenen blonden Haaren steckte ein goldverziertes Sensordiadem. Sie war überraschend zierlich und schön, bis auf ihren linken Mundwinkel der so aussah als wäre er zentimeterweit aufgerissen worden. In ihren behandschuhten Händen trug sie in entspannter Haltung ein Autogewehr mit Klappschaft und einem Anbaugranatwerfer, um ihre Schultern lag ein langer Umhang, dessen Kanten seltsam zu verschwimmen schienen. Während sie die Rampe herabstieg veränderte sich die Farbe des Stoffes und passte sich der Umgebung an. Der Rekrut hatte davon schon einmal gehört. Kamaleonin oder so, sehr selten. Die dritte Person war wieder ein Mann. Er war von mächtigen anthrazitfarbenen Panzerplatten geschützt die sein schwarzer Umhang nicht ganz verdecken konnte. Langes braunes Haar lag locker über dem hohen Kragen der Rüstung. Auf seinem Rücken hing ein elysianisches Lasergewehr und in einer Schlaufe an seiner Hüfte hing ein Energiehammer. Mitten auf seiner Brustplatte prangte stolz ein goldener Aquila und seine rechte Schulterplatte war mit dem blutrot-goldenen Wappen der Inquisition verziert. Der Junge erstarrte vor Ehrfurcht. Von Kindesbeinen an hatte er gelernt, dass die Inquisitoren neben den Astartes ihre mächtigsten Beschützer gegen das Böse waren. Und nach dem Bürgerkrieg wusste er endlich, wie "Das Böse" aussah, und dass er alles geben würde um zu helfen es zu vernichten. So verneigte er sich tief vor dem gepanzerten Mann und glühte beinahe vor Ehrerbietung. "Oh großer Inquisitor. Ich danke euch für die Ehre eurer Anwesenheit. Ihr könnt gar nicht wissen, wie froh meine Kameraden und ich sind, dass Ihr gekommen seid." Er überholte sich beim Sprechen beinahe selbst, so schnell kamen die Worte aus seinem Mund. Der Mann sah mit warmen grünen Augen auf den aufgeregten Jungen hinab und antwortete in Hochgotisch mit einem harten Akzent und einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen: "Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Rekrut, doch ich bin kein Inquisitor." Der Jüngere schien ernsthaft erschüttert: "Aber eure Rangzeichen und die Wappen auf eurer Rüstung? Was seid Ihr wenn kein Inquisitor?" "Ich bin ein Interrogator", antwortete der Gepanzerte, und fügte, als er den verwirrten Gesichtsausdruck des vor Verehrung beinahe platzenden Rekruten sah, noch hinzu, "Ich bin wie du. Du bist ein Soldat in Ausbildung, ich ein Inquisitor in Ausbildung. Mein Name ist Maturin Ralei, Interrogator des Ordo Malleus." Das verstand der Junge jetzt und war beruhigt, dass der Fremde zumindest etwas Ähnliches wie ein Inquisitor war. Dann erst wurden ihm wieder die beiden anderen Fremdweltler bewusst, die Interrogator Ralei flankierten und ihre Blicke wachsam über die umgebenden Ruinen streifen ließen. "Und eure Begleiter?" Ralei deutete auf die Frau zu seiner Rechten: "Das ist Ulyana Wolf. Normalerweise ist sie nicht so still." Wolf streckte ihrem Anführer gespielt genervt die Zunge heraus. Sie war an mehreren Stellen genäht und vernarbt. Der Interrogator legte seine Hand auf den kunstvoll verzierten Schulterschutz seines anderen Begleiters. "Und dieser furchteinflößende Geselle hier ist Shade." Shade nickte dem Rekrut kurz angebunden zu und fragte in Hochgotisch mit Aristokratenakzent und überraschend hoher Stimme: "Da du nun unsere Namen kennst, wäre es nicht angemessen, dich uns vorzustellen?" Der Rekrut lief knallrot an als er realisierte, dass er eine der wichtigsten Regeln der Höflichkeit missachtet hatte. Und das vor einem Mitglied der Inquisition! Bevor er den Mund öffnen konnte, um sich für seinen Fehler zu entschuldigen, ertönte eine wütende Stimme vom Eingang der Landezone: "Rekrut Jurtz! Verdammt noch eins!" Ein Soldat stapfte durch das Tor. Er trug die gleiche Uniform wie der Junge, nur auf seinem Arm leuchteten die Abzeichen eines Sergeants. RAYNARD stand auf seinem Namensschild. Dieser Mann hatte nichts von der Jurtz' Drahtigkeit. Im Gegenteil, er war beinahe ebenso lang wie breit. Sein Kopf war gerötet und er brüllte Jurtz an: "Bist du Ratte etwa noch dümmer als ich dachte oder einfach nur übergeschnappt? Was fällt dir Stück Scheiße ein, einfach zu einem inoffiziellen Transporter auf das Landefeld zu rennen?" Ralei bremste den Soldaten, der mittlerweile seinen Untergebenen am Kragen gepackt hatte: "Sarge! Es ist genug." Der Sergeant schien enttäuscht aber ließ sofort los. "Aber...aber Sir!" "Das heißt Milord, Soldat", fuhr ihn Wolf mit kratziger Stimme an. Der Blick des korpulenten Mannes fiel kurz auf das Autogewehr, das noch immer in Wolfs Händen lag. Dabei sah er das Inquisitionssymbol auf ihrem Brustschutz und nahm erschrocken Haltung an. "Ja, Milady. Entschuldigt vielmals, Milord. Ich wurde geschickt um Euch zu begrüßen aber musste feststellen, dass Jurtz mir zuvor gekommen war." "Rekrut Jurtz hat sich nur für uns Neuankömmlinge interessiert. An Neugierde an einem unangemeldeten Transporter der auf einem nicht abgesicherten Landefeld aufsetzt ist nichts auszusetzen." Ralei stand jetzt mit beschwichtigend erhobenen Händen zwischen den beiden grau getarnten Soldaten. "Mich würde viel mehr interessieren, wieso man Vertreter der Inquisition auf diesen Planeten ruft ohne einen Grund anzugeben. Könnt ihr mir etwas darüber sagen?" Die beiden Khaloner sahen sich an. "Das ist uns auch nicht bekannt gegeben worden, Milord", ergriff Raynard das Wort, "Niemand hat uns..." Jurtz fiel ihm in den Satz: "Das ist sicher wegen den Geistern in der Mine hinter der Stadt!" Raynard setzte an, ihn zurecht zu weisen, aber Ralei hielt ihn mit einer gehobenen Hand zurück. "Lassen Sie ihn aussprechen, Sarge. Soldatengeschichten bergen manchmal wichtige Hinweise." "Mit Verlaub, Milord, das ist keine Geschichte. Alle in der 57. wissen, dass es wahr ist.", beteuerte der Rekrut. Sein Vorgesetzter verdrehte die Augen aber Jurtz ließ sich davon nicht beirren: "Als der Bürgerkrieg hier auf Sepheris Secundus ausbrach wusste anfangs niemand so recht, wer ihn eigentlich angefangen hatte. Sicher war nur, dass der Erzfeind beteiligt war und Minenarbeiter die Beamten des Administratums getötet hatten. Als die Armee eintraf, hatte sich der Gegner dank der Bemühungen der PVS bereits größtenteils in die Adamantiumminen zurückziehen müssen. Wir kamen mit der Säuberung der Minen gut voran, schließlich sind wir als Kinder der Makropolen von Khalon in solchen Kämpfen perfekt." Seine Brust hob sich stolz. Er legte eine kurze Pause ein; aber als er statt Beifall nur einen bösen Blick von Raynard bekam, fuhr er fort: "Nun ja, in einer der Minen erfuhren wir mehr Widerstand als erwartet. Erst ist es in der Hektik der Kämpfe niemandem aufgefallen, doch dann sind von einer vollen Kompanie nur fünf Männer aus der Teufelsmine zurück gekommen. Und die erzählten Geschichten über die Geister der Minenarbeiter und ein rosafarbenes Licht, das einem die Haut zerfrisst, wenn es darauf fällt. Daraufhin wurde die Mine vom Kommissar versiegelt und niemand darf hinein oder hinaus." Raynard schnaubte: "Seht Ihr, Milord? Geister und magisches Licht. Der Junge ist verrückt. Genauso wie die Hälfte der 57. Stress und Kriegstrauma, das ist alles." Der Interrogator zog eine Augenbraue hoch: "Was war es dann, das den Kommissar dazu brachte, die Mine zu versiegeln?" "Unsere Verluste dort unten, denke ich...ihr glaubt diese irre Geschichte doch nicht etwa, Milord?", fragte Raynard ungläubig. Ralei schüttelte den Kopf: "Sarge, ich bin jetzt zwanzig Jahre bei der Inquisition und wenn es um den Erzfeind geht, kann man sich nie auf seinen Verstand verlassen, glauben Sie mir. Und nun würde ich gerne wissen, warum Hauptmann Farren uns angefordert hat." "Farren?", Raynard schüttelte den Kopf, "Unmöglich." Ralei sah die beiden Männer abwechselnd an. "Ich dachte Hauptmann Airen Farren kommandiert dieses Regiment?" "Das hat er, Milord. Bis Kommissar Nihilus entschlossen hat, dass der Hauptmann seine Soldaten sinnlos in den Tod schickt." Ralei zog fasziniert seine Augenbrauen hoch. Normalerweise exekutierten Kommissare hohe Offiziere, weil sie sich weigerten ihre Männer zu verheizen. "Rekrut Jurtz!", schnappte Ralei. Der Junge nahm Haltung an. "Ja, Milord?" "Zurück auf deinen Posten, Sohn. Diene dem Imperator gut und bleib am Leben." Jurtz salutierte und machte sich davon. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass er in den nächsten Schlachten fiel, aber Ralei hoffte, dass er überlebte. Der Junge hatte Potential, das konnte er fühlen. "Sarge, bringen Sie mich zu diesem Nihilus." "Ja, Milord." Ralei wandte sich zu seinen Begleitern um: "Ihr beiden schaut euch im Stützpunkt um. Vielleicht könnt ihr etwas über diese Geister und die Mine erfahren." "Aye, Sir", antwortete Shade. Wolf nickte nur. Die vier ungleichen Imperiumsdiener verließen das Landefeld und betraten die Feldbasis. Soldaten waren zwischen flachen, grauen Betongebäuden unterwegs, reparierten Kriegsschäden und verwandelten ehemalige Arbeiterwohnungen in Kasernen und Gießereien in Fahrzeughangars. Offensichtlich richteten sich die 57. häuslich ein. Anscheinend hatten sie vor, eine ganze Weile zu bleiben. Ulyana Wolf verließ als erste die Gruppe und scherte nach links aus. Ihr Umhang veränderte automatisch sein Farbmuster und nahm ein geschecktes Grau an. Ihre mit Schnallen verzierten Kampfstiefel trugen sie an zerkratzten schlammbedeckten Leman Russ Kampfpanzern und schäbigen Chimären vorbei. Ein Stück weiter bewachten zwei Soldaten mit Lasergewehren einen jämmerlichen Haufen Gefangener in einem Gitterverschlag. Die Rebellen trugen zerfetzte Arbeitskleidung ohne imperiale Symbole und unbearbeitete Metallplatten als behelfsmäßige Rüstung. Vernarbte Haut deutete auf ausgebrannte Chaossymbole hin. Sie saßen in Kreisen am Boden und starrten ausdruckslos zu Boden. Einer der Wächter schnippte achtlos ein abgebranntes Lho-Stäbchen auf den Boden. "Freunde dich lieber nicht mit ihnen an, Püppchen, die landen morgen an der Wand. Wie wär's lieber mit mir?" Wolf fauchte ihn an: "Nenn mich nicht Püppchen." Der Soldat zuckte zurück. Ob es von Wolfs aggressiver Reaktion kam oder die Verzerrung ihrer Stimme durch ihre Verletzung war nicht ganz klar aber auch die Augen der Gefangenen schienen noch angsterfüllter als zuvor. Ulyana hatte solche armseligen Häufen schon zu oft gesehen um irgendeine Form von Mitleid zu verspüren. Ein trockenes Lachen zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Ein Soldat mit angeschlagener Plattenrüstung saß im Windschatten eines Panzerwracks. Sein Gesicht war von Narben zerfurcht und neben ihm lehnten ein stark umgebautes Lasergewehr und ein schlankes Schwert das nicht so aussah als wäre es von Menschenhand gefertigt worden. "Was gibt es zu lachen, Soldat?" "Mach dir keine Sorgen wegen den Hohlköpfen, Mädchen. Die beiden haben sich nur noch nicht damit abgefunden, dass in Zukunft ihre Hand ihre beste Freundin sein wird." Wolf ließ die Wächter stehen und schlenderte zu dem Veteranen hinüber. "Und Sie haben das geschafft?" Er grinste und entblößte dabei zwei Reihen ungepflegter Zähne. "Sonst hätte ich wohl kaum zwanzig Jahre in der Armee überlebt, oder?" Zwanzig Jahre Dienst. Das hieß, er war nicht älter als Vierzig. Wolf schauderte es innerlich - der Mann sah aus als wäre er siebzig. "Das ist doch nicht der einzige Grund, weswegen Sie noch leben." Der Veteran grinste noch breiter: "Natürlich nicht, Mädchen. Ich habe eine seltene Fähigkeit, die mich sogar die Teufelsmine überleben ließ." Wolf konnte sich schon denken, was das war: "Sich rechtzeitig in Deckung zu werfen?" Der Soldat lachte trocken. "So ein junges Ding und schon das Wissen eines Veteranen." Sie zuckte mit den Achseln: "Standardausbildung für Handlanger der Inquisition." "Die Inquisition?", seine Stimme nahm mit einem Schlag einen ehrfürchtigen Ton an. "Ach ja, jetzt sehe ich die Abzeichen. Das hätte ich mir denken können. Nach dem, was in der Mine passiert ist war es nur eine Frage der Zeit, bis ihr hier auftaucht." Wolf ging vor ihm in die Hocke und strich eine widerspenstige Strähne blondes Haar hinters Ohr. "Was ist da unten passiert?" Der Blick des Veteranen verklärte sich, ein Phänomen, das seit zehntausenden von Jahren bekannt war. Das Tausend-Meilen-Starren. Ein körperliches Anzeichen dafür, dass er die Ereignisse an die er sich erinnerte, besser nicht erlebt haben sollte. "Uns wurde gesagt, es sei eine Routinemission. Ausräuchern eines Widerstandsnestes. Aber uns wurde schnell klar, dass da irgendwas nicht stimmen konnte. Bisher waren die Kulties beim Anblick unserer Flammenwerfer immer in die Minen geflohen. Diese aber blieben und wehrten sich." Der Veteran steckte sich mit zitternder Hand ein krummes Lho-Stäbchen an. "Sie erwischten die vorderen Stoßtrupps auf offenem Feld. Keine Chance. Hauptmann Farren bestand darauf, den Eingang der Mine zu Fuß zu stürmen, aber der Kommissar hatte etwas dagegen. Wir verschanzten uns einen Tag lang und hielten die Kulties mit Mörsern in ihren Löchern bis wir Panzerunterstützung herangeschafft hatten. Was geschah, nachdem wir die Mine stürmten, weiß ich nicht mehr genau. Ich weiß nur noch wie schon im zweiten Gang ein Monster den Major zerfetzte... Danach reißt meine Erinnerung ab. Irgendwas muss mich erwischt haben, denn als ich aufwachte lag ich im Lazarett und hatte ein gutes Stück abgenommen." Wolf verzog das Gesicht. Ihr war schon klar gewesen was er meinte bevor er seinen Umhang zurückschlug und seinen Beinstumpf enthüllte. Shade hatte sich kurz nach Wolf von seinem Anführer getrennt und strich zwischen einigen halbversenkten Baracken umher. Bergwerksgeräte lagen in den Gassen herum und mürrische Gesichter starrten ihn aus glaslosen Fenstern an. Arbeiter ohne Arbeit. Ein ungepflegter Mann in abgewetzter Arbeitskleidung saß mitten auf dem Weg und versuchte zwanghaft, zwei Metallstücke in einem unmöglichen Winkel aufeinander zu stellen. Seine Prankenhände waren von den messerscharfen, verrosteten Kanten bereits blutig gerissen. Shade sah dem Mann bei einigen glücklosen Versuchen zu. Er machte Anstalten, ihm die Trümmer einfach weg zu nehmen, als ihn eine kehlige Stimme inne halten ließ. "Bevor Ihr es versucht: Dem Mann ist nicht zu helfen. Zwei Seelenklemptner haben sich schon an ihm versucht und sind gescheitert. Auch ich konnte ihm nicht helfen." Shade sah zur Seite und musterte die Gestalt, die das von sich gegeben hatte: Eine hagere Frau mit schütteren, grau melierten Haaren lehnte im niedrigen Eingang einer der Baracken. Sie trug einen blutbefleckten Arztkittel mit dem Armband des Adeptus Medicae über einfacher Arbeitskleidung. In der einen Hand hielt sie ein Lho-Stäbchen, in der anderen etwas, das vielleicht einmal essbar gewesen war. Shade ließ dem Verrückten seine Metallteile. "Ach so? Und wer sind Sie?" Die Frau funkelte ihn an. Ihren mandelförmigen, braunen Augen nach war sie nicht über Dreißig, aber ihr Gesicht sah zehn Jahre älter aus. "Loren Sun. Bis vor drei Wochen war ich medizinische Assistentin, dann kam ein verdorbener Patient und tötete den Doc. Jetzt bin ich die Ärztin." "Ein verdorbener Patient?" "Ja. Ist dem Doc auf dem OP-Tisch praktisch explodiert. Eine Krankheit wie ich sie noch nie gesehen habe, sein ganzer Bauch war zerfressen und unter 'nem enormen Druck. Als der Doc rein schnitt machte es Bumm. Ein Knochenstück hat ihm den Hals zerrissen." Sie hielt in ihrer Erzählung inne, zog an ihrem Stäbchen und sah ihn abfällig an. "Seid Ihr eigentlich Inquisitor oder was? Nur Irre wie die stellen gerne Fragen über solche Freaks." Shade zog wortlos seinen Umhang beiseite und enthüllte das Inquisitonsemblem auf seiner Schulterplatte. "Scheiße." Die Medica schnippte den Rest ihres Stäbchens weg. "Ich...ich hab das nicht böse gemeint." Sie klang nicht sehr überzeugt. Shade verdrehte genervt die Augen. "Schon recht. Wir Inquisitionsschergen sind es gewohnt, unbeliebt zu sein." Sie sah ihn anklagend an: "Mein Medicaemeister sagte, wo die Inquisition auftaucht da wird Blut fließen. Seit Ihr hier um Blut zu vergießen?" Dem kampferprobten Inquisitionsdiener schien sein mächtiges Bastardschwert plötzlich doppelt so schwer. Ihm war nur zu gut bewusst weshalb die Inquisition bei den meisten Leuten keinen guten Ruf hatte. "Wir bemühen uns, dass es keine weiteren Opfer gibt. Darum sind auch wir wegen der Teufelsmine geschickt worden und nicht noch eine Abteilung der Armee." Der durchgeknallte Arbeiter zuckte bei der Nennung der Mine zusammen. Shade deutete mit einem Nicken auf ihn. "Wer ist das eigentlich? "Keine Ahnung. Einer der Arbeiter, die vor den Rebellen geflohen sind, aber er hat kein ein Namensschild und seine tätowierte Nummer wurde abgebrannt. Er kam hier her, nachdem die Armee die Hütte abgerissen hat, in der er untergebracht war. Seitdem sitzt er hier rum und spielt mit seinen Trümmern." "Warum nehmt ihr ihm die Dinger nicht weg? Wer weiß, was er da in seine Wunden bekommt?" Sun grunzte. "Haben wir schon versucht. Er hat meinem Assistenten beide Arme gebrochen und einen Finger abgebissen und sich dann wieder verhalten als wäre nichts geschehen." "Habt ihr hier noch mehr so Typen?" "Hatten wir, aber die sind alle tot." Shade zog eine Augenbraue hoch: "Woran sind sie gestorben?" Die Ärztin hob ihr steinhartes Brötchen hoch und klopfte darauf. "Verhungert. Wasser konnten wir ihnen aufzwingen aber kein Essen. Sie waren so in ihr Gebrabbel und herumspielen vertieft, dass die nichts gegessen haben. Nur der hier zeigt keine Abmagerung, nichts." Das klang in Shades Ohren nicht gut. Diese Arbeiter waren vor fast einem Monat aus den Minen vertrieben worden. Und er zweifelte, dass sie gut genug ernährt worden waren um länger als zwei Wochen ohne Essen zu überleben. "Hat er hier Nahrung bekommen?" "Ich sagte doch schon, dass wir den Irren kein Essen aufdrängen konnten", schnappte Sun unwirsch, "und intravenöse Nahrung bekommen wir nicht zugeteilt." Shade seufzte. Ihm war klar, was das bedeutete. Ein vom Chaos verdorbener Geist in einem Körper, der einen Monat ohne Essen überstanden hatte. "Das wird Ihnen jetzt nicht gefallen, aber Ihr Freund hier ist einer dieser Patienten die den Doc umgebracht haben." Er legte besondere Betonung auf seine Worte. "Sein Körper muss vernichtet werden bevor er Schaden anrichten kann." "Nein." Sie schüttelte den Kopf. "Der, der dem Doc explodiert ist sah viel kranker aus. Und dass er einen ganzen Monat ohne Essen überlebt hat ist kein Beweis." Sie starrte Shade an aber wich dessen eiskaltem Blick aus. "Sie wissen nicht was hier auf dem Spiel steht. Ein einzelner Ketzer kann eine ganze Stadt verderben. Das heißt Indizien sind genug." Sie startete einen letzten Versuch: "Aber wenn er doch unschuldig ist..." "Blödsinn!" Der Zorn in Shades Stimme ließ sie zusammenfahren. "Der Mann versucht ketzerisch anmutende Symbole zu formen und Sie nennen ihn unschuldig? Sie können verdammt froh sein, dass Sie Ärztin sind." Er stapfte davon, befahl dem nächstbesten Soldaten, den Verrückten zu den anderen Delinquenten zu bringen und hinterließ eine verstörte Ärztin. Ralei kam währenddessen beim Zelt des Kommissars an. Er schlug die Plane zurück und trat in das Innenzelt als der Adjutant ihn einließ. Raynard blieb draußen und kehrte auf seinen Posten zurück. Der Kommissar wartete bereits. Er saß hinter seinem Schreibtisch der anscheinend provisorisch aus der Dachluke einer Chimäre gebaut war und brütete über einem Stapel Papiere. Er war ein untersetzter, kahlköpfiger Mann mit einem perfekt getrimmten Schnurrbart. Seine Kommissarsjacke hing über seiner Sessellehne und ein Energieschwert mit verziertem Griff lag zusammen mit einer Laserpistole auf einer Kommode zu seiner Linken. "Setzt Euch, Interrogator." Ralei setzte sich vorsichtig auf den Stuhl gegenüber. Das Holz knarrte unter dem Gewicht der Rüstung, hielt aber stand. "Entschuldigt, dass ich nicht persönlich erschienen bin, um Euch angemessen zu empfangen, aber die Leitung eines Regiments macht sehr viel mehr Arbeit als ich je gedacht hätte." Ein Lächeln spielte über Raleis Lippen. Sein Meister hatte ihn vor einem zu großen Stab gewarnt. Inquisitoren, die Privatarmeen unterhielten, versanken schneller als ihnen lieb war im Papierkram. Momentan musste er sich mit seinen zwei Kämpfern und einem Gelehrten zum Glück noch keine Gedanken über Personalüberfluss machen. "Keine Sorge, Kommissar. Militärische Zeremonien zu meinen Ehren sind mir ohnehin unheimlich." Der Kahle sah von seinem Blatt auf: "Tatsächlich? Ich hatte immer den Eindruck, dass Inquisitoren Pomp lieben." Ganz schön direkt. Ralei lehnte sich zurück. Der Kommissar gefiel ihm auf Anhieb. Er hatte anscheinend eine Kompanie Infanteristen vor dem Fleischwolf gerettet und nahm kein Blatt vor den Mund, selbst im Gespräch mit einem Inquisitoranwärter. "Nun, Zeremonie gehört zum Beruf. Und es gibt durchaus Inquisitoren die es mit der Selbstbeweihräucherung zu weit treiben, das stimmt wohl. Aber das ist einer der harmloseren schlechten Charakterzüge, die ein Inquisitor haben kann. Leider." Der Kommissar schien plötzlich interessierter: "Ach ja? Es gibt ja einige üble Gerüchte über Eure Vorgesetzten." Ralei zog eine Augenbrauche hoch. Er wollte keine psionische Sondierung riskieren - darin war er noch zu ungeübt - aber auch so hing das Misstrauen des Kommissars deutlich im Raum. "Sagen wir einfach, nicht alle Inquisitoren nutzen die ihnen anvertraute Macht ausschließlich zum Wohle des Imperiums. Jemand mit Macht will schnell mehr.“ Er beugte sich vor und senkte bedrohlich die Stimme: „Dazu reicht aber auch die Macht eines Kommissars." Zwei stahlblaue Augen fixierten Ralei. "Ich habe das Kommando hier nicht aus Machthunger übernommen, Milord. Sondern weil Hauptmann Farren vorhatte, eintausend Mann über offenes Terrain eine mit Maschinengewehren befestigte Stellung angreifen zu lassen. Das konnte ich nicht zulassen. Ich weiß, das ist eher ungewöhnlich für einen Kommissar, aber ich konnte doch nicht zusehen wie eine Kompanie in einen sinnlosen Tod getrieben wird. Farren wiedersetzte sich, also machte ich von meinen speziellen Rechten Gebrauch. Er starb zum Wohl seiner Einheit, Milord." Also hatten die Soldaten auf der Landeplattform nicht gelogen. Ralei tippte auf das Energieschwert. Nihilus sah nicht so aus als würde er jemanden einfach erschießen. "Sie brauchen sich nicht deswegen zu rechtfertigen. Ich hätte in Ihrer Situation genauso gehandelt." Der Kommissar legte seinen Stift weg und entspannte sich sichtlich. "Beim Imperator, und ich hatte angenommen, Ihr seid wegen Farrens Tod hier." "Ich bin wegen Farren hier, aber nicht wegen seinem Tod. Er hat uns anscheinend gerufen.“ „Das tut mir Leid. Davon wusste ich nichts“, sagte der Kommissar überrascht und begann einen der Papierstapel zu durchwühlen, „Irgendwo hier müsste das Kommuniqué sein.“ „Vergessen Sie es, ich habe es ja schon gelesen. Sie haben übrigens Glück. Gemessen an der Art des Gesuches können Sie schon froh sein, dass überhaupt ein Vertreter der Inquisition hier ist. Solange wir keinerlei Informationen über die Art der Bedrohung bekommen haben wir auch keinen Drang zu helfen… Und nun hätte ich gerne einen vollständigen Bericht. Es sieht ja so aus als gäbe es tatsächlich Arbeit für uns." Nihilus berichtete kurz über den Bürgerkrieg und das Eintreffen seiner Einheit bis zum schicksalshaften Angriff auf die Mine. Er übergab Ralei die Berichte der Trupps die im Umkreis von Unterabschnitt 7B gekämpft hatten. Ralei hörte dem Bericht des Kommissars schweigend zu und blätterte in den Berichten. Sie zeichneten ein erwartungsgemäß düsteres Bild: Die meisten ihrer Soldaten waren gefallen oder als vermisst gemeldet, nur einige wenige waren zurückgekehrt, vorwiegend Veteranen. Beinahe alle hatten den Verstand verloren und wurden noch am selben Tag wegen Korruptionsgefahr exekutiert. Er erinnerte sich an seine kurze Recherche, die er an Bord der Sword of Dawn durchgeführt hatte. "Die Archive sprachen vor einem ähnlichen Fall der schon einige Jahrzehnte zurückliegt. Eine Rebellion in den Minen aber darüber fehlen jegliche weiteren Daten." Der Kommissar nickte und wollte zu einer Ausführung ansetzen, aber in dem Moment kam sein Adjutant herein und kündigte Raleis Begleiter an. Shade und Wolf betraten das Büro und nahmen nach einem kurzen Wortwechsel Wachpositionen hinter Raleis Rücken ein. Nihilus ließ sich von den beiden bewaffneten Gestalten nicht beeindrucken als Ralei ihn zum Fortfahren aufforderte. "Von dieser Rebellion wurde mir von den PVS-Kommandeuren auch erzählt. Aber damals handelte es sich um einen gewöhnlichen Arbeiteraufstand, angezettelt durch eine Gruppe namens Bruderschaft der Häme. Es wurden aber keine echten Verbindungen zum Erzfeind gefunden. Auch wenn absichtlich der Anschein erweckt wurde." "Wieso sollte jemand offen zeigen, dass er einem Chaoskult angehört?", fragte Wolf irritiert. "Auf die Art kann man sich doch sicher sein, dass man ausgelöscht wird. Das ist doch dumm." Nihilus zuckte nur mit den Achseln, aber der Interrogator schüttelte den Kopf: "Nein. Nicht unbedingt." Angesichts der verwirrten Gesichter fuhr er fort: "Die Arbeitsbedingungen auf diesen Minenwelten sind häufig grausam. Aber sie zu verbessern ist unmöglich solange die Regierung es nicht von sich aus will. Also suchen die Arbeiter einen anderen Weg. So etwas passiert häufig genug, besonders wenn die Lebensbedingungen so schlecht sind wie hier. Diese Leute wollten sich nicht vom Imperium lösen, sie wussten, dass so etwas niemals geduldet werden würde. Also beschlossen sie vielleicht, ihr Ziel anders zu erreichen." Wolf hatte verstanden: "Stimmt eigentlich. Wenn das Imperium diese Welt komplett ausgelöscht hätte, wäre ihr Leid auch beendet gewesen. Nicht auf die beste Art, aber beendet." "Richtig. Aber sie hatten nicht bedacht dass Sepheris Secundus als Bergbauwelt für einen Vernichtungsmission einfach zu wertvoll ist. Daher schlug der Plan fehl und die Bruderschaft wurde im Bodenkrieg vernichtet und vergessen." "Und Ihr glaubt, diesmal ist es genauso?" "Negativ. Nach dem, was mir meine Untergebenen berichtet haben, handelt es sich diesmal um einen echten Chaoskult.", Ralei gab Nihilus seine Akten zurück, "Die Vorgehensweise ist die selbe, nur dieses Mal sind die Symbole echt." "Aber wieso haben sie einen Aufstand angezettelt? ", fragte Wolf, „Damit ist doch alle Heimlichkeit dahin.“ "Das bereitet mir auch Sorgen. Es könnte ein Massenopfer sein.“ Ralei blickte den Kommissar an: "Und das ist genau der Grund, weshalb wir in diese Mine müssen. Um herauszufinden, was da vor sich geht. Und um sie aufzuhalten." Nihilus sah nicht sehr erfreut aus: "Die Mine noch einmal zu öffnen gefällt mir überhaupt nicht." Er stützte die Hände auf seinen Tisch und stemmte sich hoch. "Aber es lässt sich wohl nicht vermeiden. Ich gebe dem Quartiermeister Bescheid, dass er Höhlenausrüstung bereitlegt und werde Euch am Eingang der Mine erwarten." Ralei erhob sich ebenfalls und nickte: "Ich danke Ihnen." "Ich habe Euch zu danken, Milord. Dafür, dass Ihr die Gefahr auf Euch nehmt, die sonst meine Männer tragen müssten." Der Interrogator winkte ab: "Das gehört zu unserer Berufung." Die Inquisitionsgruppe bekam eine kurze Wegbeschreibung zum Quartiermeister und verließ dann das Behelfsbüro des Kommissars. Während sie im Ausrüstungslager auf den Quartiermeister warteten, wandte Ralei sich an seine Leute: "Die Rede bei Nihilus in Ehren, aber ich würde gerne auch eure Einschätzung hören. Womit haben wir es zu tun und werden wir allein damit fertig?" Wolf zuckte mit den Achseln. "Also ein Khornekult ist es mit Sicherheit nicht. Die würden sich niemals verstecken. Die Mutationen sprechen für einen Kult des Tzeentch, aber das passt nicht zu einer Minenwelt. Bleiben Slaanesh und Nurgle." "Oder ein Kult der keiner spezifischen Gottheit gewidmet wurde", gab Ralei zu bedenken. "Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich um einen Nurglekult handelt." "Ich stimme zu", kam Shade ihr zur Hilfe, "Dazu passen auch die zerfressenen Leichen, die die Medicae erwähnt hat. Für mich sieht es aus, als hätte jemand ein Portal geöffnet um Dämonen auf diese Welt zu ziehen, oder es zumindest begonnen. Und die armen Teufel die dem Geschehen zu nahe waren streifen als Mutanten durch die Minen." Ralei verschränkte die Arme vor der Brust: "Das ist auch mein Schluss. Und solange das Beschwörungsritual nicht vollendet ist, haben wir noch eine Chance, sie aufzuhalten." "Woher wissen wir, dass es noch unvollendet ist?", warf Shade ein. "Ganz einfach: Wärt Ihr zu spät, hättet Ihr keine Überlebenden mehr gefunden. Nurgles Plagen überlebt nichts und niemand." Die drei starrten den Quartiermeister an, der eben hinter seinem Tresen aufgetaucht war. Er war eine beeindruckende Gestalt, überragte selbst den langen Schwertmeister um einen Kopf und bestand augenscheinlich zur Hälfte aus Metall. Seine organischen Beine waren dünn und hatten blanke Metallgestänge mit Servomotoren um sich, und seine linke Körperhälfte war von abgewetztem Plastek eingeschlossen. Wolf riss ihr Gewehr von der Schulter und starrte ihn an und Shades Hand zuckte zum Griff seiner Boltpistole. Kein normaler Imperiumsbürger sollte auch nur einen der Namen der vier großen Chaosgötter kennen Der massige Halb-Cyborg grunzte nur als er die plötzliche Anspannung der Leute vor ihm sah. „Immer mit der Ruhe, Leute. Vielleicht darf ich mich noch erklären, bevor ich in Stücke geschossen werde?“ Er sprach das mit einer enormen Ruhe, als wäre er es gewohnt, in den Lauf eines Sturmgewehres zu sehen. „Schnell“, verlangte Ralei. Er war nicht in einer Angriffshaltung wie seine Kollegen, aber trotzdem abwehrbereit. Der Quartiermeister strahlte keine Angriffslust aus, aber in seinem Geist war etwas seltsames, das selbst Ralei mit seiner eher schwachen Telepathie spüren konnte. "Larron Todias", er drehte sich zur Seite und zeigte eine Ordo-Tätowierung an seinem Oberarm. "Ich habe zehn Jahre unter Inquisitor Pasternak gedient und dabei genug von dieser Scheiße gesehen. Dann hat mich 'ne Granate erwischt und jetzt bin ich hier. Mit 'ner viertel Tonne Metall im Körper und Psiblockern im Kopf." Ralei nickte und entspannte sich. Die Tätowierung war echt und die Anomalie in seinem Kopf hatte tatsächlich das Profil der Psiblocker, die der Haereticus gerne verwendete um ehemalige Mitarbeiter vor psychischen Schäden zu bewahren. Auch Wolf und Shade ließen ihre Waffen sinken. Quartiermeister Todias legte einige Seile, Kletter- und Wurfhaken, chemische Fackeln und Lampen für Gewehre auf seinen Tresen und grinste schelmisch: "Niemand erwartet die Inquisition." Wolf verstaute die Kletterwerkzeuge in einem Rucksack und verteilte die Fackeln an ihre Mitstreiter. Ralei bedankte sich und Todias salutierte zackig mit seinem mechanischen Arm: "Immer eine Freude, der Inquisition zu dienen, Milord." Kommissar Nihilus wartete bereits vor einem massiven Tor aus verstärktem Adamantium, das einen Schienenstrang direkt in das Bergmassiv führte. Das zweiflügelige Tor war an die fünf Meter hoch und doppelt so breit, genug um selbst ein Rhino passieren zu lassen, und von einem Schriftzug gekrönt, den Ralei nicht lesen konnte. Vor dem Eingang hatte man drei Stellungen errichtet, deren Schwere Bolter das Tor im Blick hatten. Zusätzlich hatte ein Zug Infanterie Stellung bezogen; über fünfzig Mann standen mit Lasergewehren bereit, in vorderster Reihe einige weitere mit Flammenwerfen. Außerdem waren zwei Sentinels mit Maschinenkanonen und zwei weitere mit Greifarmen anwesend. Nihilus wartete neben dem Tor, umgeben von zwei Leibwächtern in Plattenrüstung. "Ganz schönes Aufgebot", kommentierte Ralei während er sich umsah. Er bemerkte Jurtz' Gesicht unter einem der Helme und nickte ihm zu. Der Rekrut erwiderte das Nicken strahlend. "Ich möchte nur sicher gehen, falls eine Horde Ketzer hinter diesen Toren darauf wartet, dass wir sie öffnen", meinte Nihilus. Er hielt Ralei ein Datenpad hin über dem eine Art holographisches Netz schwebte: "Das ist eine dreidimensionale Karte der Mine, die wir aus dem Büro der Minenaufsicht besorgt haben. Ob sie stimmt kann niemand sagen, aber ich hoffe, sie hilft." Wolf nahm sie entgegen und studierte sie gründlich. Nach kurzem Nachdenken verkündete sie: "Bis zu Unterabschnitt 7B brauchen wir vermutlich eine Stunde. Danach wird die Karte unbrauchbar." "Unbrauchbar?" Shade nahm ihr die Karte aus der Hand. Wolf zeigte auf eine Stelle nahe dem Rand der Karte: "7B ist als Totstollen eingezeichnet, weniger als fünf Meter lang." Nihilus kreuzte die Arme vor der Brust. "Die Berichte sprachen von einem Tunnelsystem." Ralei zog sein Hochenergie-Lasergewehr vom Rücken: "Das untersuchen wir vor Ort. Los geht's." Nihilus nickte und wandte sich einer untersetzten Frau in Arbeitskleidung zu, die neben dem Tor stand. "Öffnet die Mine!" Die Arbeiterin zog zögerlich an dem Hebel der die Sperrbolzen aus den mächtigen Türflügeln entfernte. Dumpfe Schläge kündigten an, dass die Bolzen einrasteten, woraufhin sich über fünfzig Lasergewehre und sonstige Waffen auf den Türspalt richteten. Die Greifwerkzeuge der Arbeitssentinels schlossen sich um die Seilschlaufen in zwei Metern Höhe und begannen zu ziehen. Ein metallisches Knirschen lief durch die Tore als die Greifer die Arbeit verrichteten, die normalerweise von zehn seltsamen sechsbeinigen Nutztieren getan wurde. Sie zogen unter ohrenbetäubendem Kreischen bis eine Lücke entstanden war durch die ein Mensch passte. Dann bewegte sich plötzlich etwas im Schatten. Die angespannten Gardisten eröffneten ohne zu Zögern das Feuer. Drei Dutzend Laserstrahlen und eine Salve Boltermunition hämmerten gleichmäßig verteilt in den Türspalt und die Türflügel. Ein Körper klatschte unter den Einschlägen zuckend vor der Tür auf den Boden. „Feuer einstellen!“, brüllte Ralei. Verstärkt durch das Lautsprechersystem seiner Rüstung und einen unterschwelligen psionischen Impuls ließ seine Stimme sämtliche Soldaten zusammenzucken und sofort gehorchen. Er bewegte sich mit seinem Gewehr im Anschlag auf den Eingang zu, gefolgt von Shade und Wolf. Sie nahmen Positionen neben der Tür ein. „Wehe einer von euch fängt das Ballern an solange wir hier noch hier stehen!“, blaffte Ralei über den Platz. Wolf zog die zerfetzte Leiche von der Tür weg und untersuchte sie. „Was auch immer ihn umgebracht hat, es war nicht die Garde. Der Kollege ist schon seit mindestens einer Woche tot.“ „Und ein Ketzer.“ Shade deutete auf die schlampigen Tätowierungen am Arm der Leiche. Ralei hatte schon eine Ahnung was ihn hinter der Tür erwartete. Er gab ein Handzeichen, dann schaltete er seine Gewehrlampe an und leuchtete in die Dunkelheit. Einen Moment später rief er: „Sicher.“ Kurz darauf folgte ein Würgen und ein resigniertes „Scheiße“ als ihm eine Welle aus Verwesungsgestank entgegenschlug. In dem großzügigen Stollen hinter dem Tor lagen über einhundert Leichen, alle in Grubenausrüstung. Teils lehnten sie an den Wänden, teils lagen sie kreuz und quer auf den Schienensträngen. „Aufständische, die versucht haben zu fliehen. Hat wohl nicht geklappt.“, bemerkte Shade. „Macht es für uns einfacher, die waren allesamt bewaffnet.“ Ralei seufzte. „Dafür müssen wir uns mit dem Gestank herumschlagen.“ Er atmete die kalte Luft tief ein, klickte seine Gasmaske aus der Rüstung, setzte sie sich auf und trat durch das Tor. Shade klappte sein verziertes Helmvisier vors Gesicht und folge ihm. Wolf winkte noch keck den Soldaten zu, dann schnallte sie sich ebenfalls eine schlanke Gasmaske um und verschwand. Hinter ihnen schoben die Sentinels das Tor knirschend wieder zu. Der schmale Streifen schmutziger Himmel wurde schmaler und schmaler bis er mit einem dumpfen Schlag ganz verschwunden war. Natriumdampflampen gaben ein schummriges Licht. Shade seufzte während sie sich einen Weg durch die Leichenberge bahnten. „Da draußen steht ein ganzer Zug Infanterie. Und wir gehen zu dritt in die Höhle des Löwen.“ Sein Anführer grunzte abfällig. „Klar. Fünfzig Amateure die hier durch die Gänge stolpern, Lärm machen und wild durch die Gegend ballern wenn…“ Er stutzte. „Maturin?“ Wolf legte ihre Hand auf seinen Schulterpanzer. Er schüttelte den Kopf und strecke den Arm aus um die Stollenwand zu berühren. Einen Zentimeter vor dem Stein zog er die Hand zurück. „Das Gestein blockiert irgendwie meine Psikräfte.“ – „Ein Nullfeld?“ – „Nein. Es ist ein schwacher Effekt, aber mein Geist kommt nicht durch die Felswände.“ Wolf zückte ihren Auspex und schaltete ihn an. „Der Auspex kommt durch.“ Ralei sah auf das Scannerbild. Der Auspex war zwar nicht so präzise wie ein ausgebildeter Psioniker aber musste diesmal reichen. Sie hatten die Leichen hinter sich gelassen und bewegten sich durch die Mine. Wolf mit ihrem untrügbaren Orientierungssinn ging lautlos voraus, dann folgte Ralei und direkt dahinter Shade. Auf halbem Weg fiel der Stollen aus dem Nichts zehn Meter senkrecht ab. Eine zerrissene Seilanlage baumelte von der Decke. Wolf warf eine chemische Fackel in den Abgrund. Sie fiel hundert Meter tief an drei weiteren Schächten vorbei bevor sie auf den Trümmern der Aufzuganlage landete. Shade spähte vorsichtig über die Kante. „Da müssen wir runter?“ Wolf zückte eins der Seile. „Genau. Und dabei hoffen, dass die Seilchen hier 'ne Typ 4 Plattenrüstung aushalten.“ Ralei sah sie mit hochgezogener Augenbraue an, was sie zu einem Lachen bewegte. „Keine Sorge, Todias hat uns erstklassige Ausrüstung mitgegeben.“ Sie befestigte eins ihrer Seile mit einem Haken sicher im Stahlgestänge, schlang Arme und Beine darum und glitt in die Tiefe. Ihre Kameraden sahen ihr nach bis sie in ihrem Stollen angekommen war, dann erst folgten sie ihr nacheinander. Wieder folgten sie unendlich erscheinenden Stollen mit immer gleich aussehenden Abzweigungen. Der einzige Unterschied zwischen den Gängen war, das in manchen Schienen lagen und in anderen nicht. Trotzdem führte Wolf sie zielstrebig durch die Mine. Vor einer Wegkreuzung blieb sie stehen und schlug auf ihren Auspex. Ralei schloss zu ihr auf: „Was ist los?“ Sie deutete mit ihrem Kopf auf das Gerät dessen Bildschirm schwarz war anstatt grün zu schimmern. „Eben ist der Auspex verreckt. Einfach so.“ Ralei aktivierte den Auspex in seiner Rüstung, aber auch der war tot. Die Späherin zog ihr Auspexdiadem vom Kopf und kontrollierte den bläulich schimmernden Kristall der von dem eleganten Kopfschmuck hing. Er sah ganz normal aus. Sie zog ihr Kampfmesser aus einer Scheide an ihrem Rücken und hebelte das Auspex-Gehäuse auf. Die Platinen im Inneren waren verbogen und stellenweise geschwärzt, die Sensorköpfe geborsten. „Was zur Hölle?“ Wolf und Shade schauten sich an, der Ausruf war von beiden gleichzeitig gekommen. Nur Shade starrte in den kreuzenden Stollen und nicht auf den Auspex. Mit drei schnellen Schritten war Ralei bei ihm. Das Licht von Shades Helmlampe brach sich an einer seltsam geformten Metallstange die sich wie eine Schlange durch den Raum wand, daneben eine weitere. Zersplittertes Holz von ihnen herab und erzeugte ein bizarres Bild. Erst als sein Lichtkegel über ein eckiges Gebilde am Stollenrand strich, wurde Ralei klar, was das verzogene Metall vor ihnen war. Eine mächtige Kraft musste die Schienen aus den Verankerungen gerissen und völlig verzerrt haben. Shade fasste die Gefühle seiner Kameraden zusammen: „Das gefällt mir gar nicht.“ „Mir auch nicht. Aber wir müssen trotzdem dort entlang.“ Wolf warf ihren Auspex weg und trat in den Stollen. Ralei folgte ihr entschlossen. Shade zögerte noch einen Augenblick, dann zuckte er mit den Schultern und stiefelte ebenfalls los. Keine einhundert Meter weiter lief ein gigantischer Spalt durch den Berg. Der Stollen hörte einfach auf und fiel in einen unendlich erscheinenden Abgrund ab. Selbst die Schienen waren sauber abgetrennt. Knapp außerhalb Sprungweite lag der andere Gang. Nur ein schmaler Stahlträger, das gerade breit genug war, das ein Mensch darauf laufen konnte, diente als Brücke. Wolf warf erneut eine Fackel. Diesmal schlug sie nirgends auf, ihr Leuchten verschwand einfach in die Tiefe. „Schätze mal, wir wollen dort nicht runter fallen.“ Die Späherin stellte testweise einen Fuß auf die behelfsmäßige Brücke. Sie hielt. Wolf verkündete: „Ich gehe zuerst.“ Sie atmete tief durch und tastete sich Schritt für Schritt vorwärts. Der Stahl knackte unter dem Gewicht aber hielt stand bis die junge Frau auf der anderen Seite war. Ralei folge ihr vorsichtig. Er benutzte seine psionischen Kräfte um sich möglichst leicht zu machen, was in der abgeschirmten Höhle und mit zweihundert Kilo Rüstung am Körper nicht einfach war. Trotzdem erreichte er sicher die andere Seite, auch wenn der Stahlträger sich gefährlich durchbog. Als letzter der Gruppe stieg Shade auf den Stahlträger und schob sich vorsichtig vorwärts. Einen Moment lang hatte Ralei ein Krachen und ein stechendes Gefühl von Angst im Hinterkopf. Nicht seine eigene Angst. Er schlug seine Hände zusammen, formte ein psionisches Kraftsiegel und griff mit seinem Geist nach Shade. Im selben Moment brach der Stahlträger mit einem gequälten Geräusch. Der Schwertmeister gab einen erschrockenen Schrei von sich, sackte einen halben Meter nach unten und blieb dann in der Luft schweben. „Wolf! Seil!“ Ralei grunzte vor Anstrengung. Er war ein talentierter Telekinetiker aber Shade brachte mit Rüstung und Schwert über zweihundert Kilo auf die Wage. Ihn zu halten war schwer genug, ihn auch noch zu bewegen war unmöglich. Wolf warf ihrem Kameraden eins der Kletterseile zu, welches er sich sofort um den gepanzerten Arm wickelte. Ralei löste seinen psionischen Griff und packte im selben Atemzug das Seil, das die junge Frau unmöglich alleine festhalten konnte. Ein Ruck ging durch seinen Körper, dann hatte er sich mit den Stiefeln an einer der Holzschwellen verankert. Die leichten Servos in seiner Rüstung summten kraftvoll als er anfing am Seil zu ziehen. Shade stemmte sich mit den Beinen gegen den Fels und half Ralei bis er auf Höhe des Stollens war. Wolf packte seine Hand als sie über dem Rand des Abgrundes auftauchte und zog. Shade ließ sich nach vorne fallen und zog sich an den Schienen auf sicheren Boden hinauf. Er rollte sich auf den Rücken und atmete schwer. „Scheiße, ich schulde euch was.“ Sein Anführer streckte ihm seine Hand hin: „Dazu sind Kameraden da.“ Shade ergriff die Hand und zog sich auf die Beine. Er schloss einen Moment die Augen und zwang seinen Puls, sich zu beruhigen. Ralei klopfte ihm auf die Schulter und wandte sich um: "Gehen wir weiter." Unterabschnitt 7B lag am Ende des Stollens. Zwei Sandsackstellungen mit verlassenen Maschinengewehren schützten einen Torbogen über dem ein verbogenes Schild hing. Dahinter lag ein verzweigter Bereich mit mehreren Metalltüren und grob in den Fels gehauenen Quergängen. Wolf sah sich aufmerksam um. "Niemand zu sehen oder zu hören. Wo fangen wir mit der Untersuchung an?" Ralei zuckte mit den Achseln. "Bei der ersten Gelegenheit rechts." "So einfach also?" Shade lachte, anscheinend hatte er sich von seinem Schreck erholt. Die drei stellten sich neben der Tür auf. Wolf öffnete sie und stieß sie mit ihrem Gewehrkolben auf. Alle drei traten einen Schritt zurück und hoben ihre Waffen. Nichts geschah. Ralei huschte durch die Tür und sofort zur Seite und leuchtete sowohl mit seinen Lampen an Gewehr und Rüstung als auch psionisch den Raum ab. Er musste ein Würgen unterdrücken: "Oh, beim Imperator..." Seine Gefolgsleute traten hinein und hielten genauso inne wie er. Der Raum war ein etwa zehn auf zwanzig Meter großer und drei Meter hoch grob aus dem Felsen geschlagener Lagerraum. Und ein grausames Schlachthaus. Einige Dutzend Leichen mussten sich in dem Raum befinden, aber keine einzige davon war noch an einem Stück. Wie vom Wahnsinn persönlich angeordnet lagen abgerissene Köpfe und Gliedmaßen auf den Regalen. Stellenweise fein säuberlich geordnet, manchmal querbeet im Raum verteilt. Blut voller gelblicher Schleimbrocken und seltsamer schwarzer Fäden bedeckte zentimeterhoch den Boden und war in seltsamen Symbolen über die Wände geschmiert. Ralei spürte eine ekelerregende Aura die in dem Raum hing. Es fühlte sich nicht lebendig an und nicht tot, aber trotzdem zog er instinktiv einen Schutzmantel um seinen Geist. Dann bewegte sich etwas in einem der Haufen von Leichenteilen an der Rückwand des Raumes. Eine Gestalt stieg aus dem Blutsee. Sie sah aus wie ein Mensch aber hatte vier Arme. Wie Schweißnähte wirkende Linien zogen sich über den Körper des Mutanten und kein Körperteil schien zum anderen passen zu wollen, als hätte jemand mehrere Leichen miteinander verschmolzen. Ralei verzog sein Gesicht. Genau das war vermutlich geschehen. Die wandelnde Leiche kannte keine Zurückhaltung. Sie gab ein aggressives Rülpsen von sich und stürmte vorwärts. Raleis Lasergewehr schnappte hoch um ihm zu begegnen, aber Shade war der Kreatur schon entgegengetreten. Das Bastardschwert blitzte auf, durchtrennte das Regal zu Shades Linken und zerhackte dann den Mutanten auf Hüfthöhe. Beide Körperhälften klatschten in den Blutsee und begannen blitzschnell zu verwesen. Auch noch unter der Atemmaske konnte man sehen wie Wolf das Gesicht verzog. "Eindeutig Nurgle", stellte Shade trocken fest. Ralei ließ die Lichtkegel seiner Lampen durch den Raum wandern. Die ekelhafte Aura, die er gespürt hatte, war mit dem Tod des Mutanten zwar verschwunden doch er vertraute seinem Gespür nicht völlig. Aber sein psionischer Sinn schienen ihn diesmal nicht getäuscht zu haben, nirgends waren weitere verbundene Leichenteile zu sehen. "Raum gesichert", verkündete Ralei, "und nichts zu sehen was von Belang wäre. Nächster Raum." Wieder stieß Wolf die Tür auf und Ralei stürmte in den Raum. Diesmal stand er in einer Art Besenkammer. Sie war komplett leer bis auf ein verstaubtes Regal voller Plastekflaschen an das sich ein Mann in der Kluft der Minenarbeiter klammerte. Als der Lichtschein von Raleis Gewehrlampe auf ihn fiel zuckte er zusammen und glotzte nach oben wie ein Tier das im Scheinwerferlicht eines Fahrzeugs erstarrt. Wahnsinn spiegelte sich in seinen gebrochenen Augen. Der Interrogator schaltete seine Lampe ab uns näherte sich dem ängstlich dreinblickenden Mann. Er griff mit seinem Geist hinaus und bemühte sich, die in Panik zappelnden Aurafetzen des Arbeiters zu glätten und suchte nach Zeichen von Korruption. "Er ist sauber, aber reden kann der nicht mehr. Ich gehe tiefer." Vorsichtig legte Ralei die Finger seiner linken Hand auf psionische Kontaktpunkte in Gesicht des Arbeiters und schloss die Augen. Seine Begleiter sicherten ihn nach hinten ab während er schutzlos war. Der Geist des Arbeiters war ein heilloses Durcheinander. Sein Gehirn hatte sich vor dem Einfluss des Erzfeindes geschützt indem es auf das Niveau eines Kleinkindes zurückgekehrt war. Ralei suchte nach Erinnerungen aber fand nur Bilder. Er übertrug etwas seiner Willensstärke und seines Sprachverständnisses auf den Mann vor ihm. Das gelang ihm aber nur so weit, dass er ganze Worte und einige wenige Satzfetzen zu hören bekam. Für einen vollständigen Satz saß das Trauma zu tief. Tiefer, als dass Ralei es ohne Spezialtraining besiegen konnte. So bekamen sie nur zusammenhangloses Gestammel zu hören, das der Arbeiter von sich gab, während er sich immer fester in Raleis Umhang krallte bis seine Knöchel weiß hervorstanden. Das Meiste ergab keinen Sinn, nur ein paar Sachen wiederholten sich ständig: "Rosa Leuchten" und "Kreis der Verdammnis". "Sein Gestammel von einem Kreis könnte bedeuten, dass das Beschwörungsritual bereits im Gange ist", kombinierte Shade. Ralei setzte dazu an, seinen Untergebenen zurechtzuweisen, dass er ihn nicht in seiner Konzentration stören sollte, doch damit war genau das schon passiert. Ralei verlor seinen Fokus und damit den Geist des Arbeiters aus seinem Griff. Im selben Moment, in dem er die fremde Aura freigab, sackte der Mann in sich zusammen. Fluchend prüfe der Interrogator nach einem Zeichen von Atmung. Nichts. Das plötzliche Auflösen der Verbindung hatte den geschwächten Geist vollständig zerbrochen. "Verdammt", stieß Shade hervor, "das war nur meine Schuld." Ralei schloss vorsichtig die noch immer in Panik aufgerissenen Augen des Arbeiters. "Gehen wir weiter." Shade setzte zum Sprechen an, aber Ralei stoppte ihn mit erhobener Hand: "Wegen dir ist ein Mensch und vielleicht unser einziger Zeuge tot. Gib mir keine Entschuldigung sondern lerne davon." Der Schwertmeister nickte bedrückt und trat dann zurück um seinem Interrogator den Weg frei zu machen. Sie näherten sich in Deltaformation vorsichtig der nächsten Tür. Eine enorme Kraft hatte sie aus den Angeln gerissen und wohl später wieder in den Türrahmen gedrückt. Als sie sich näherten fingen die Audiorezeptoren von Raleis Rüstung bereits ekelerregend feuchtes Knacken und reißende Geräusche auf. Wolf hatte es auch gehört, denn sie zeigte auf die Tür und hob dann drei Finger die nach oben zeigten. Mindestens drei potentielle Feinde, eher mehr. Ralei schloss kurz die Augen, hob zwei Finger senkrecht vor seine Brust und verstärkte seine fünf Sinne durch seinen sechsten, psionischen. Er spürte vier Auren, verzerrt aber menschlich. Mutanten. Er zeigte mit vier Fingern horizontal und dann den Daumen hoch. Vier Feinde, niedrige Bedrohung. Seine Begleiter nickten. Wolf griff nach der ausgehebelten Tür und drehte sie über eine Kante zur Seite. Licht fiel aus der Tür und gab den Blick auf ein Büro frei. Wer auch immer dieses Büro erbaut hatte musste nicht mehr ganz bei Sinnen gewesen sein, denn aus einer mannshohen quadratischen Öffnung in der Wand führte ein Schienenstrang quer durch das Büro und endete in einem Prellbock an der gegenüberliegenden Wand. Die Mitte des Raumes war offensichtlich die Quelle der verstörenden Geräusche. Vier grausig verdrehte Humanoide sahen von ihrem blutigen Werk auf. Einer hatte zwischen seinen hervorstehenden Reißzähnen noch eine abgerissene menschliche Hand hängen. Auf dem Schreibtisch zwischen ihnen waren abgenagte Knochen und blutige Organe aufgehäuft und in einer blankpolierten Minenlore auf dem Gleis hinter ihnen warteten noch mehr Leichen, die meisten davon in den Uniformen der 57. Khalonischen Infanterie. Die Mutanten knurrten hungrig und ihre Köpfe - oder was davon übrig war - zuckten hin und her, unschlüssig wen sie als erstes zerfetzen wollten. Einen Herzschlag lang standen beide Parteien voreinander, jeder einzelne mit glühender Mordlust in den Augen. Dann ging alles sehr schnell. Die vier stürzten sich auf ihre Opfer, Ralei und Wolf eröffneten das Feuer und Shade holte mit seinem Schwert aus. Raleis stark gebündelte Laserstrahlen verdampften gefühlloses aufgeweichtes Fleisch und mürbe Knochen aber richteten keinen kritischen Schaden an, bevor sie einfach wieder austraten und die Stahlwand der Lore durchschlugen. Dafür hieb ein erschreckend lang gedehnter krallenbewehrter Arm nach Ralei. Der hob sein Lasergewehr um den Hieb abzuwehren. Die Folge war ein krachender Stromschlag für den Mutanten und ein aufgerissenes Lasergewehr. Ralei fluchte auf den dunklen Gott, der für diese Mutationen verantwortlich war und schleuderte sein unbrauchbares Gewehr davon, bevor er an seine linke Hüfte griff. Die großkalibrigen Schreddergeschosse, die Wolfs Sturmgewehr verschoss hatten kein Problem mit dem weichen Fleisch.. Ihr Feuerstoß riss die Vogelbeinige Kreatur auf der rechten Seite in Stücke. Shades Schwert, in einem aufwärts führenden Bogen geschwungen hackte den vorderen Mutanten auf Hüfthöhe durch und köpfte in der selben Bewegung einen zweiten. Die vier Leichenstücke klatschten auf den blutgetränkten Boden. Der letzte wurde von Wolfs Gewehr und Shades Boltpistole gleichzeitig getroffen. Die Kugeln rissen förmlich ein Loch in seinen aufgedunsenen Torso. Shade senkte seine noch rauchende Boltpistole und strahlte puren Triumph aus: "Feind neutralisiert." Sein Interrogator sah ihn nur an und bemerkte trocken: "Sicher?" Bevor Shade noch recht verarbeitet hatte, was das bedeuten könnte, wickelte sich schon ein fleischiger Tentakel um sein Bein. Er sah erschrocken nach unten und blickte in ein riesiges Auge, das den Halsansatz des Mutanten einnahm, den er geköpft hatte. Und in ein mit Reißzähnen bestücktes Maul das quer über den Rücken ging. Seine Pistole fing an, sich zu bewegen, aber Ralei war schneller. Mit dem bläulichen Krachen einer Energieentladung rammte der Energiehammer den Mutanten in den Boden. Er zog den Hammerkopf aus der vor Elektrizität noch zuckenden Leiche und hakte ihn in seine Schlaufe zurück. "Raum gesichert." Von Shades Triumph war nicht mehr viel übrig als er verkündete: "In Ordnung, du hast gewonnen." Ralei klopfte ihm auf die Schulterplatte und stieg über die qualmenden Mutantenüberreste hinweg. "Seht euch um, aber beeilt euch. Jemand wird die Schüsse gehört haben." Wolf kniete bereits zwischen den übel zugerichteten Leichen und untersuchte sie mit ihrem Kampfmesser, das Gewehr stets schussbereit, während Ralei die auf den anderen Schreibtischen herumfliegenden Zettel überflog und Shade in den völlig deplatzierten Stollen leuchtete. Sämtliche Papiere in dem Büro schienen nur mit Pamphleten gegen das Imperium, nichtssagenden Zahlenketten oder unsinnigen Wortsalaten bedruckt zu sein. Ein Triumphschrei ließ sie herumfahren. Wolf hob eine Hand hoch, die Shades Schwert von ihrem Besitzer getrennt hatte. Auf vier ihrer sechs Finger waren Buchstaben eingebrannt: H Ä M E. "So viel zur ausgelöschten Bruderschaft", stellte Ralei trocken fest. Er wandte sich Shade zu, aber der schüttelte nur den Kopf; der Stollen war eingestürzt. "Also weiter", befahl Ralei, "nächster Gang. Und volle Kampfbereitschaft. Der Feind wird wissen, dass wir hier sind." "Recht so", knurrte Shade bestimmt. Dem Schwertmeister war jede Art von Heimlichkeit zuwider. Der Gang neben dem Büro war unbefestigt aus dem Gestein geschlagen. Ralei bemerkte, dass dort, wo der Stollen aus dem Büro hindurchführen müsste, einfach nur nackter Fels war. Der Warp hatte bereits tiefere Spuren in der Realität hinterlassen als erwartet. Wolf gab mit geballter Faust das Zeichen zum Anhalten: "Riecht ihr das auch?" Shade schaute sie durch seine versiegelte Gesichtsmaske vielsagend an, doch Wolf. Ließ sich davon nicht beirren: "Ein süßlicher Geruch, beinahe wie..." "Schlecht raffineriertes Prometheum", beendete Ralei den Satz. Dank der Gedanken-Impuls-Einheit seiner Rüstung konnte auch er begrenzt riechen. Nicht so gut wie Wolf über ihre effizientere Maske aber gut genug. "Waffen sichern. Ich traue diesem Billigtreibstoff nicht. Ein falscher Schuss könnte das Zeug hochgehen lassen." Wolf knurrte enttäuscht und hängte ihr Gewehr um. Shade übernahm die Spitze und seine Helmlampe leuchtete in die Dunkelheit. Drei liegende Tausend-Liter-Tanks schälten sich aus den wabernden Treibstoffdämpfen die aus einer großen schimmernden Pfütze unter ihnen aufstiegen. Angestrengt versuchten die drei Menschen, den Dunst mit ihren Blicken zu durchdringen. Ralei nahm seinen Geist zur Hilfe aber konnte nichts entdecken. Dann eine Bewegung, kaum wahrnehmbar. Er öffnete die Augen denen er noch immer mehr traute als seinem Geist und starrte in zwei glühende Augen. Irgendetwas an ihnen war seltsam. Bis er verarbeitet hatte, dass sie unnatürlich weit auseinander lagen, griff der Mutant auch schon an. Er war groß wie ein Space Marine und mindestens ebenso breit. Knochige Stacheln zogen sich in zwei Reihen über seinen gekrümmten Rücken und sein aufgeblähter Wanst war an einigen Stellen aufgeplatzt und leckte schleimigen Eiter. Gütige, Geschenke von Großväterchen Nurgle. Seine drei Arme, einer auf dem Rücken angewachsen, waren mit langen Krallen bewehrt, wie auch seine viel zu kurz wirkenden Beine, die aber kräftig genug waren, um den ekelhaften Fleischberg auf seine Beute zu katapultieren. Shade schwang ihm sein Schwert entgegen und trennte Kopf und eine Schulter von dem Monster. Wie zu erwarten war interessierte die Verstümmelung das verzerrte Wesen nicht im Geringsten. Ralei wich ihm nach links aus und schwang seinen Hammer. Auch ohne das zerstörerische Energiefeld grub er sich tief in die schleimigen Eingeweide der Chaosbrut und stoppte ihren Ansturm. Zwei lange Arme peitschten durch die prometheumgesättigte Luft. Raleis Schulterpanzer fing eine Kralle ab, die andere, senkrecht von oben kommend, schlug nach Wolf. Mit einem beherzten Sprung nach hinten brachte sie sich aus dem Gefahrenbereich. Dachte sie. Der Arm streckte sich in die Länge wie ein Gummiband und messerscharfer Knochen schnitt in das Armaplast über Wolfs Brust. Gerade als die Kralle das Unterzeug der Rüstung aufschlitzte hatte Shade sein Schwert wieder in Schwungposition gebracht. Begleitet von einem wilden Kampfschrei fuhr die lange Klinge von oben in den Mutanten und spaltete ihn von Halsstumpf bis Schritt. Der aufgedunsene Wanst brach auseinander und entleerte seinen Inhalt auf den Boden. Pustelübersäte Darmschlingen klatschten in das Prometheum und begannen zischend sich aufzulösen. Aus dem Nichts tauchte eine Unzahl an schillernden Fliegen auf um das Verwesen noch mehr zu beschleunigen. Ralei schenkte ihnen keine Beachtung, genauso wenig wie dem rapide zerfallenden Leichnam. Wolf, die gerade fluchend versuchte ihr Med-Paket zu öffnen, hatte seine volle Aufmerksamkeit. Die Wunde war zum Glück nur oberflächlich - die Kraft hatte nicht gereicht um nach der Rüstung auch noch den Brustkorb zu durchbrechen - aber bedachte man, wer die Wunde geschlagen hatte, war sie mit Sicherheit infiziert. Ihre Hände zitterten. Nicht vom Schmerz, die Späherin hatte beinahe kein Schmerzempfinden. Vermutlich waren Nervengifte auf den Klauen gewesen, die jetzt die Brustmuskulatur unkontrolliert zucken ließen. "Wolf!" Ralei stürzte zu seiner Kameradin. "Nicht bewegen." Er riss das Med-Pack auf und besprühte die tiefrote Wunde mit einer Tinktur aus Desinfektionsmittel, Multi-Gegengift und Weihwasser. Die Mischung zeigte prompt Wirkung; die Rötung ließ nach und Wolfs Hände hörten auf zu zucken. Sie öffnete und schloss ihre Hände einige Male um sich zu vergewissern, dass sie wieder ihrem Befehl gehorchten. "Danke", hustete Wolf. Sie versuchte sich aufzusetzen aber Ralei hinderte sie mit einer Hand daran, während er mit der anderen nach einer Wundversiegelung grub: "Nicht solange diese Wunde noch offen ist." Shade meldete sich vom Eingang der Kaverne: "Scheiße, ich höre Leute singen!" "Dreck, das habe ich befürchtet", knurrte Ralei während er die Lücke in Wolfs Rüstung mit schnell härtendem Wundpergament füllte. "Die haben Panik bekommen und ziehen ihr Ritual verfrüht durch." "Wieso greifen sie uns nicht frontal an? Das klingt als wären es fast Zehn. Mit den Mutanten zusammen hätten sie uns sicher ganz schön zugesetzt." "Ich glaube, die haben Angst", sagte Ralei während er seine Begleiterin vorsichtig auf die Beine zog. Sie wirkte noch etwas wackelig, aber nur, bis sie ihr Sturmgewehr zu fassen bekam. "Wir fliehen nicht vor ihren Monstern wie die Armee. Verluste sind sie nicht mehr gewohnt. Ihren Meister anzurufen ist die letzte Möglichkeit die sie sehen." "Also vollenden sie ihr Ritual bevor die Vorbereitungen komplett abgeschlossen sind?", fragte Wolf während sie den Prometheumdunst hinter sich ließen, "Das muss doch schiefgehen! Wieso warten wir nicht ab bis sie sich selber in den Warp pusten?" "Stümperhafte Beschwörungen können Folgen haben, die noch schlimmer sind als gelungene. Nein, wir müssen die Bruderschaft aufhalten." Aus einem groben Gang der vorher nicht sichtbar gewesen war fiel ein rosafarbener Lichtschein auf den Stein. Die seltsamen, blubbernden Gesänge kamen von dort. Als das Licht auf Raleis Fuß fiel wurde ihm schlagartig übel. Er schottete seinen Geist ab und sperrte die psionische Energie aus. Seine Begleiter zeigten keine solche Reaktion, sie spürten die Aura nicht so stark wie er mit seinen ausgebildeten Sinnen. Klebriges Gespinst bedeckte den Stein wie Spinnweben. Es war schneeweiß, trotz dem intensiven Rosa, das durch den Gang leuchtete. Shade berührte etwas davon mit seinem Schwert. Das Blut auf der Klinge begann bei der Berührung zu zischen und das Metall färbte sich dunkel. Die Gesänge brachen ab. Ralei fluchte von Herzen, aktivierte seinen Energiehammer und rannte durch den Gang. Ein Gitter, aus einem Aufzugkäfig gebrochen und von dem weißen Geflecht bedeckt, versperrte seinen Weg. Der Interrogator wurde kein Bisschen langsamer während er seinen Hammer in das Gitter schlug. Die Entladung verdampfte die Fäden und zermürbte das angefressene Metall genug um zu brechen als der gepanzerte Mann sich mit der einem wütenden Schrei dagegen warf. Die Inquisitionstruppe stürmte in einen kreisrunden Raum. Sieben leblose Körper lagen im Halbkreis vor zwei von innen heraus rosa leuchtenden Kristallen die in einem physikalisch unmöglichen Winkel aufeinander standen. Eiternde und faulende Wundmale bedeckten ihre ausgemergelten Körper unter der zerfetzten Kleidung und setzten sich in Kerben auf dem Boden fort. Aus jeder Brust ragte ein grobschlächtig verzierter Dolch. Sie alle waren mit Reif überzogen. "Scheiße, das ist es!", rief Shade mit Blick auf den Kristall, "Das ist was der Verrückte beim Lazarett bauen wollte!" Ralei hörte ihn nicht. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Noch waren mindestens drei der Selbstopfer am Leben und damit das Ritual nicht vollendet. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Er kramte alles Wissen über Beschwörungsrituale zusammen das er hatte und verglich es mit dem Bild das er vor sich hatte, real und psionisch. Nur eins war sicher: Der Stein musste zerstört werden. Aber er war von einem Warpfeld geschützt. Aber woher kam das Feld? Die geschulten Augen des Interrogators huschten über die Symbole am Boden. Jeder normale Mensch hätte sich beim Anblick der unnatürlichen Zeichen wohl sofort übergeben, doch Ralei war die Wirkung gewohnt. In ihm sträubte sich alles dagegen noch mehr Informationen über das verdorbene Netzwerk unter seinen Füßen aufzunehmen aber er zwang sich zur Ruhe. Es war gar nicht nötig alles zu wissen, versicherte er sich selbst, nur genug um... Plötzlich sah er was er gesucht hatte: Eine der Strukturen, verdeckt von zwei Auritenrunen erinnerte stark an den Aufbau eines Refraktorfeld-Projektors. Ralei zeigte auf die beiden Opfer die damit verbunden waren: "Die zwei müssen aus dem Raum. Jetzt!" Shade zögerte keine Sekunde, packte den geschundenen Körper vor ihm und schleifte ihn in den Gang hinaus. Ralei zerrte den zweiten aus seiner Position während Wolf ihr Gewehr auf den Stein gerichtet hielt. Ein grausiges Urgeräusch vibrierte durch den Raum, irgendwo zwischen dem Zerreißen von Haut und dem Rülpsen eines Ogryn. Was auch immer auf der anderen Seite der Realität wartete, es wusste jetzt von den Eindringlingen. Der Stein leuchtete aggressiv auf und Raleis Haut begann zu kribbeln. Elmsfeuer tanzten über seine Rüstung und die Raumtemperatur sank um einige Grad. Der Raum um dem Kristall schien zu schmelzen und das Geflecht in seinem Umkreis warf Blasen. Dann gebar der Stein mit einem Würgen ein Monster. Eine sichtbare Wolke aus Gestank und Krankheit waberte durch den Raum. Shade übergab sich bei dem Anblick der deformierten Gestalt explosionsartig. Gerade noch rechtzeitig riss er sich die Maske vom Gesicht damit er nicht am eigenen Erbrochenen erstickte. Wolfs Sturmgewehr spie eine donnernde Salve aus. Einschlagskater taten sich im Dämonenfleisch auf und begannen sofort, sich zu schließen. Der Seuchenhüter nahm die Kugeln als Herausforderung und rannte mit erhobenem Schwert auf die verletzte Tanitherin zu. Sie wich zurück, doch eine plötzlich hochschnellende Ranke aus dem Geflecht an der Wand setzte ihrem Rückzug ein jähes Ende. Die junge Frau stolperte und fiel. Die rostige Klinge, die auf sie zugesegelt kam, tropfte vor giftigem Seim. Bereits ein Kratzer konnte tödlich enden wenn er nicht sofort von Profis behandelt wurde. Und einen Kilometer unter der Oberfläche waren Ärzte rar. Ralei würde es nicht so weit kommen lassen. Sein Energiehammer, weit über den Kopf geführt, donnerte auf den Seuchenhüter herab. Der Dämon versuchte den Schlag mit seinem Schwert zu blocken aber die schiere Wucht der Entladung rammte ihm sein eigenes Schwert durch den hässlichen Schädel. Der Körper des Dämons wurde zu Raleis Erstaunen nicht zermalmt, wie das bei einem Mensch der Fall gewesen wäre, sondern vielmehr breitgeschlagen als wäre er aus Knetmasse. Schleim spritzte in alle Richtungen. "Wolf! Der Stein!", brüllte der Interrogator. Die Späherin hob aus ihrer liegenden Position ihr Gewehr, griff um, und feuerte den 40-Millimeter-Granatwerfer ab. Die hochexplosive Granate überbrückte die Distanz in einem Sekundenbruchteil und bohrte sich durch die geschwächte Barriere. Eine Standardgranate der Imperialen Armee hätte auf solch kurze Reichweite nie gezündet um den Schützen nicht zu gefährden. Diese Granate allerdings war speziell für den Tunnelkampf konstruiert worden. Die Detonation zerschmetterte den Kristall in tausend Stücke. Splitter prasselten gegen Raleis Brust. Eine sichtbare Welle lief durch die Luft und der Berg erbebte. Ralei meinte ein tiefes Grollen zu hören, aber seine Ohren waren durch die Explosion noch zu betäubt. Nicht einmal seinen eigenen Schrei "Raus!" konnte er hören. Gleißende Lichtbögen peitschten durch den Raum den der Kristall eben noch eingenommen hatte und schlängelten sich die Wände entlang. Raleis Helmvisier verdunkelte sich automatisch, trotzdem musste er die Augen zusammenkneifen um seine Umgebung zu erkennen. Shade, noch immer hustend, stolperte aus dem Raum. Der Seuchenhüter nahm irgend schlugen woher noch genügend Kraft um sich auf Ralei zu werfen während der Wolf aufhelfen wollte. Der Interrogator ging mit einem Schrei zu Boden. Ätzende Körperflüssigkeiten fraßen sich rauchend in die Lackschicht über seiner Beinrüstung. Er drehte sich in der Hüfte soweit er konnte. Mehr als zur Hälfte herumdrehen konnte er sich nicht, da der Dämon mit seinem beträchtlichen Gewicht auf seinen Beinen saß. Zu seinem Glück war die halbe Drehung genug um seine Pistole aus dem Holster zu reißen. Er zog den Abzug der Hochenergiepistole so schnell nacheinander durch wie sein Zeigefinger vermochte bis er das ganze Magazin in das entleert hatte was vom Gesicht des Seuchenhüters übrig war. Ein kräftiger Tritt befreite ihn aus der tödlichen Umarmung und schleuderte das schleimige Wesen davon. Durch seine zusammengekniffenen Lider konnte Ralei sehen wie einige der Lichttentakel sich von der Wand lösten, den Seuchenhüter umschlangen und ihn in das Immaterium zurück rissen. Dann war alles vorbei. Nur das von Adrenalin beschleunigte Atmen dreier erschöpft herumliegender Menschen hallte in dem stockfinsteren Stollen wieder bis eine müde Stimme die durchbrach: "Milord?" "Ja, Shade?" "Wir müssen noch den ganzen Weg wieder zurücklaufen oder?" "Gut erkannt, mein Freund." "Scheiße." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)