The kissing Whisky von Hypsilon ================================================================================ Kapitel 54: Geliebte Mutter --------------------------- Dunkelheit zog über die Insel ein und der Regen wurde immer stärker. Kampfgeschrei war überall zu hören, doch Kori blendete das alles aus. Vor ihr, in ihrem Arm lag ihre Mutter, gerade noch so am Leben. Nicht mehr lange. Und auch, wenn sie wusste, dass es für sie Zeit war zu gehen, läschelte Schneeweißchen sanft. Sie sah ihre Tochter an, strich ihr Tränen aus dem Gesicht. „Dass ich das noch erleben darf“, flüsterte sie und Kori wandte den Blick rapide ab. „Bilde dir nichts darauf ein, das ist reine Wut, weil er… weil er mir diesen Triumph genommen hat“, log Kori, dass Schneeweißchen lachte, was sich direkt als großer Fehler herausstellte. Scharf zog sie Luft ein, ihr ganzer Körper Schmerzte, nun ja, nicht der ganze, ihre Beine spürte sie schon gar nicht mehr und lange sollte er nicht mehr dauern, war auch der restliche Schmerz dahin. „Kori“, hauchte Schneeweißchen, dass ihr die Offizierin wieder in die Augen sah. Blutunterlaufen. „Würdest du dich… in meinem Namen bei deinem Freund entschuldigen?“, fragte Schneeweißchen mit schwacher Stimme. Kori war verwundert. Welchen Freund? Warum entschuldigen? „Der Blonde… mit dem Arm“, sagte Schneeweißchen, dass Kori nur noch die Augenbrauen heben konnte. „Mit dem Arm?“, fragte Kori verwundert. Der Piratin wurde bewusst, wir zusammenhangslos ihre Worte waren. Sie lachte kurz. „Damals… auf Marineford, er hat sich mir in den Weg gestellt, ich hab…“, Schneeweißchen verstummte, Kori wurde nur neugieriger. Was ist passiert? Was hatte ihre Mutter getan? „Er hat seinen Arm verloren, es tut mir so leid, aber er hat sich nicht abwimmeln lassen“, die Stimme der schwachen Frau wurde immer leiser und Kori traf ein wie ein Schlag ins Gesicht. „Akio“, hauchte sie. Akio hatte seinen Arm verloren wegen ihrer Mutter und sie machte ihm vorwürfe wegen seinem Vater, der Ace das Leben kostete. Augenblicklich fühlte sich ihr Brustkorb an, als wolle er zerbersten. Tränen liefen ihr erneut über die Wangen. „Akio“, sagte dann auch Schneeweißchen leise. „Es tut mir wirklich sehr leid“, sprach sie weiter und strich ihrer Tochter die Tränen aus dem Gesicht, ehe sie eine weitere Frage stellt. „Was hast du noch vor in dieser Welt?“ Kori setzte abermals einen verwunderten Blick auf. Gerade noch wurde sie von so schrecklichen Schuldgefühlen geplagt, da riss ihre Mutter sie ein weiteres Mal in Verwunderung. „Wie meinst du das?“, wollte sie schließlich wissen, doch Schneeweißchen lächelte nur. Sie sammelte Energie für eine Erklärung. Zittern ließ sie die Hand dabei wieder sinken, die Kraft verließ sie abermals. „Was ist dein Traum?“, die Frage traf Kori wie ein Pfeil durchs Herz. Ihr Traum? Warum dachte sie sofort an diesen einen Tag in ihrer Kindheit? An diesen einen Tag, wo ihr Vater ihr diese atemberaubende Geschichte erzählte? Warum war ihre Antwort nicht sofort die Eliminierung aller Piraten? Und warum hadderte sie so mit sich. Sogleich stiegen ihr wieder frische Tränen in die Augen. „Ich… Dad hat mir mal eine Geschichte erzählt“, fing Kori an und begann dann zu erzählen, was ihr bereits vor Jahren Anaguma erzählt hatte. Nun ja, fast, sie hatte bereits in Bibliotheken mehr davon erfahren. Was Anaguma ihr damals erzählte waren Nya-Nyagus, eine abgeschwächte Form des tatsächlichen wahrhaftigen Nyagumis. -Alle 500 Jahre, wenn die Sterne und Planeten in einer geraden Linie stehen, löst sich eine Druckwelle, die gesamte Welten erschüttern kann. Himmelskörper, die nicht massiv genug sind, werden in die Atmosphäre gezogen. Einschläge in der gesamten Welt werden vermutet. Das zerbersten der Fremdkörper, das verdampfen der Materie und das kosmische Licht tragen dazu bei, den Bewohnern der Planeten einen letzten atemberaubenden Blick in den Himmel zu verschaffen. Ein letzter wunderschöner Anblick vor dem Weltuntergang? Nein, die Welt setzt sich neu zusammen, Kontonente werden verschoben, Inseln werden verschmolzen, andere getrennt. Die Meere werden umgeschichtet, die Gewalten der Natur ändern sich, Wetterinseln können umschwingen, Die Redline könnte zerbersten, ja vielleicht würde sogar die Fischmenscheninsel an die Oberfläche gelangen.- „Ich will das erleben“, sagte Kori ruhig zu ihrer Mutter, während sie dieser über die Wange strich. So kalt, kaum mehr Blut im Gesicht. „An einem sicheren Ort natürlich, am Höhepunkt der Welt, aber um diesen zu finden, benötige ich noch etwas“, erklärte Kori, keine Frage, dass Schneeweißchen davon wissen wollte. „Eine schwarze Kugel, die schwarze Perle des Meeres“, sagte sie und plötzlich schien sich alles Leben, das noch in der sterbenden Mutter lag in deren Augen zu sammeln. „Die Black Pearl“, flüsterte diese, dass Kori sie schockiert ansah. Sofort wollte sie wissen, woher sie davon wusste. Normalerweise hätte sie Schneeweißchen geschüttelt, doch in Anbedacht der Situation unterließ sie das wohlwollend. „Ich weiß…“, Schneeweißchen hustete stark, ehe sie weitersprechen konnte. „Ich weiß, wer sie hat“, röchelte sie, denn wieder sammelte sich Blut in ihrem Mund. Ein roter Speichelfaden lief an ihren Mundecken heraus, folgte der Schwerkraft. Kori wollte nicht zu hektisch reagieren, doch sie musste diese Information haben. „Mutter bitte… wer…“, fragte sie und ein Lächeln legte sich auf Schneeweißchens Lippen, sie sah zu ersten Mal seit langer Zeit richtig glücklich und zufrieden aus. „Meine… meine einzig wahre Liebe“, hauchte sie. Kori dachte sofort an ihren Vater und wollte wissen, warum er ihr die Perle nie gegeben hatte, warum er ihr nicht die ganze Geschichte erzählte, doch die Piratin wandte den Kopf von einer Seite zur anderen. „Alix“, flüsterte sie zufriede und griff dabei mit schmerzverzerrtem Gesicht nach Koris Arm. Fest drückte sie ihre Finger in den Ärmel des Mantels, ihr ganzer Körper spannte sich an, ehe sie jegliche Regung verlor und abrupt die Hände und den Kopf absacken ließ. „Alix? Alix wer? Was für eine Alix?“, sagte Kori und wurde dabei immer lauter ehe sie mit panischem Blick verstummte. Schneeweißchen war nicht mehr bei Bewusstsein. Atmete nicht mehr, starrte sie nur noch mit kalten leeren Augen an. „Mutter!“, schrie Kori herzzereissend und zog den toten Körper an sich. Tränen versanken in den langen weißen Haaren der Piratin, selbst das Kampfgeschrei im Hintergrund vertummte. „Schneeweißchen!“, eine andere Stimme aus dem Wald drang an die kleine Gruppe. Jemand lief auf sie zu, Kori konnte klar spüren, dass jemand näherkam. Mit Schwung kam die Fremde auf sie zugelaufen, stürzte neben den beiden zu Boden. „Schnee…weißchen“, hauchte diese und griff zögerlich nach dem Arm der Toten. Vorsichtig strich sie über die kalte Haut, konnte dabei ihren Tränen keinen Einhalt mehr gebieten. „Du bist so dumm“, schluchzte sie. Kori richtete sich auf, sah ihrer vermeitlichen Tante in die Augen. Sofort fühlte sie sich wieder schuldig, war sie doch der Grund dafür, dass sich die Piratin zwischen sie und Cat Casino gestellt hatte. „Es tut mir so leid“, sagte Kori mit bebenden Lippen. Die Piratin mit den roten lockigen Haaren sah Kori für einen Augenblick prüfend an. Lange dauerte es nicht, da schloss sie ihre Nichte in die Arme. „Sie war so stolz auf dich“, sagte sie unter Tränen und drückte Kori nah an sich. Kori schluckte stark. Ihre Mutter war stolz auf sie? Warum? Wie kam sie dazu? Überwältigt erwiderte sie die Umarmung, zwischen ihnen immer noch Schneeweißchens kalter Körper. „Lasst sie uns wegbringen“, sagte der Schiffarzt der Fairy Piraten und hob seine tote Kapitänin zwischen den beiden Frauen heraus und hievte sie hoch in seine Arme. „Ich habe gehofft, wir hätten noch mehr Zeit“, flüsterte er leise, sah auf Schneeweißchens Gesicht und sah sogar mit seiner verrückten Maske traurig aus. Lakritz überwand den Abstand zwischen ihr und dem Arzt mit der Piratenkapitänin im Arm. „Machs gut, kleine Nichte“, sagte sie mit zittriger Stimme, dass selbst Kori verwundert den Kopf hob. Lakritz strich dem blassen Gesicht über die Wange und setzte einen sanften Kuss auf Schneeweißchens Stirn. „Grüße deine Mutter von mir“, sagte sie leise und wandte sich dann wieder ab. Auch Kori und Rosenrot richteten sich auf. Die Ältere sah aufmunternd zu Kori. Sie alle wussten, worauf sie sich eingelassen haben, vor allem Schneeweißchen wusste das an dem Tag als sie mit ihrer Schwester und dem Bären von einem Mann in See gestochen war. Das Leben als Pirat war ein täglicher Kampf ums Überleben. Hinter jeder Ecke lauerte eine Gefahr, jedes Wölkchen konnte den letzten Sturm bedeuten, jeder Kampf war riskant. Schon als die Fairy Piraten der Offizierin mit den blauen Haaren gegenüberstanden, hatte die Kapitänin mit reinem Gewissen diesen Kampf begonnen, hatte sich selbst geopfert, dass die Crew entkommen konnte. Rosenrot schluckte als sie daran dachte, wie Schneeweißchen ihnen damals zugerufen hatte, dass sie ein tolles Leben mit ihnen hatte und, dass sie nicht auf die dumme Idee kommen sollten, ihr nachzutrauern oder gar noch idiotischer: Sie zu retten zu versuchen. Diesem letzten Befehl hatte die Crew natürlich nicht Folge geleistet, denn Hood wusste von einem Mann, der genau das tun konnte. Schneeweißchen retten. Dass nun gerade er derjenige war, der ihr zum Verhängnis wurde, war Ironie pur. Die Rothaarige stieß ein kehliges Lachen aus und schüttelte den Kopf. „Es war wohl schon besiegelt“, murmelte sie vor sich her. „Was meinst du?“, fragte Kori und Rosenrot sah sanft in die Augen ihrer Nichte. „Sie hat sich bereits von uns verabschiedet gehabt, für sie waren das nur ein paar zusätzliche Wochen“, erklärte die Piratin und seufzte. Kori sah ihr an, wie sehr sie mit sich kämpfte, nicht wieder und wieder in Tränen auszubrechen. Auch erkannte sie, dass ihr die Piratin keine Schuld gab, was sie noch weniger verstand. Was Kori aber am aller meisten wunderte, war ihre eigene Reaktion und ihre aktuelle Gefühlslage. Sie und Laktritz, die den bewustlosen Cat trug, gingen gerade seelenruhig mit zwei Piraten und deren toten Kapitänin Richtung Wald und sie verspürte nicht den Drang, die zwei zu bekämpfen, spürte vielmehr Verbundenheit und so ein seltsames Gefühl von Geborgenheit, vor allem, wenn sie in die meeresblauen Augen ihrer Tante sah. Eine unheilvolle Stille beherrschte den Wald. Durch das Dickicht der Bäume drang auch der Regen nicht mehr weiter und nur hier und da traf Regenwasser den Boden oder einen Piraten oder Soldaten. „Ich dachte schon, ihr kommt nie“, sagte Mushroom, die gemütlich auf zwei geschlagenen Piraten Platz genommen hatte. Der Rest der Crew bewachte die bereits besiegten und gefesselten Feinde. Zwischen der getarnten Marinecrew standen die Fairy Piraten. „Ich hoffe, es ist okay, wenn die noch rumlaufen, die haben sich auf unsere Seite geschlagen, haben den Idioten ordentlich Schmackes gegeben“, erklärte Mushroom als sie aufstand und sich die Klamotten abklopfte. „Käpt’n“, rief plötzlich die junge Frau mit dem roten Umhang und lief auf den Arzt zu, der die Kapitänin weiterhin in seinen Armen trug. Der Rest der Piratencrew eilte der jungen Frau nach. Eine schmerzerfüllte Realisierung folgte der nächsten. Herzzereissend wurde Dr. Faust mit Schneeweißchen in Empfang genommen. Keiner konnte glauben, dass es wirklich wahr sein sollte. „Das ist nicht fair…“ Bärchens brummige Stimme sorgte wieder für Stille. Er nahm seine Kapitänin und Freundin in den Arm, drückte sie an sich. „Ich habe euren Eltern versprochen, immer auf euch aufzupassen“, sagte er und gigng mit einem dumpfen Aufschlag zu Boden. Er blieb auf seinen Knien ruhend im Dreck sitzen und weinte um die weißhaarige Piratin. „Kori, was ist passiert?“, Sapphire und die anderen stürmten sogleich auf die Offizierin zu, welche nur stichwortartig erzählen konnte, was geschehen war, war sie doch selbst noch mit der Situation überfordert. Lakritz legte ihre Hand auf die Schulter der kleinen Soldatin, die sich diesem Moment noch so viel kleiner und schwächer fühlte, als sie es war und aussah. „Ich hab‘ ihr nie eine Chance gegeben“, schluchzte sie schließlich, bereuend all ihre vergangenen Gedanken ihrer Mutter gegenüber. „Das ist nicht ganz wahr“, sagte die große alte Frau und schummelte sich geradewegs in Koris Blickfeld. „Als du sie heute vor wenigen Momenten im Arm gehalten hast, hast du ihr diese Chance gegeben, warum glaubst du, konnte sie so friedlich von uns gehen?“, fragte Lakritz und schenkte Kori ein sanftes Lächeln. Und bei dem Gedanken fiel Kori etwas ein. Sie wandte sich sofort wieder zu Rosenrot. „Wer ist Alix?“, fragte sie. Die Angesprochene hob die Augenbrauen und sah etwas verlegen beiseite. „Ich glaube, das besprechen wir bei einer Tasse Tee am Schiff“, sagte sie ruhig und besah erst einmal das Schlachtfeld. „Deine Leute haben echt tolle Arbeit geleistet, wir sollten in Zukunft öfter zusammenarbeiten“, sagte Rosenrot und zog aus einem Haufen Seile eines heraus um dieses um Cat Casino zu wickeln, der zuvor lieblos fallen gelasen wurde. Jade kam ihr sogleich zur Hilfe und legte ihm Seesteinketten um. Diesen Mistkerl würden sie nicht nochmal entkommen lassen. Kori nickte gedankenabwesend. Bei einem Tee also? Tolle Arbeit? Zusammenarbeiten? Das alles klang nach fremden Wörtern, deren Bedeutung sie nicht kannte. Auch wenn es ganz normale Begriffe waren. Das Schlachtfeld war eine Wucht. Bäume waren abgeholzt, der Boden zertrampelt und wohin das Auge sehen konnte, lag ein kampfunfähiger Pirat, teilweise mehrere übereinander gestapelt. „Es tut mir echt leid um deine Mom…“, sagte June leise und nahm ihre Vorgesetzte in den Arm, Kori ließ es zu. Auch die anderen sprachen ihr Beileid aus, auch der eigentlich feindlichen Piratencrew gegenüber. In der vergangenen Zeit auf dieser Insel hatten sie so gut miteinander gekämpft, als wären sie schon lange eine große Crew. „Lasst uns aufräumen“, sagte Kori mit strenger Stimme, strenger als geplant, denn sie unterdrückte immer noch Emotionen, mit denen sie gerade nicht klarkam, die sie gerade nicht zulassen wollte. Es genügte bereits. Bärchen erhob sich mit seiner Kapitänin nun auch wieder und trug diese mit gesenktem Kopf wortlos zur Fairytail, dem Schiff der Piratencrew. Die anderen, sowohl Koris Matrosen, als auch die übrigen Fairy Piraten transportierten die erledigten Piraten auf das getarnte Marineschiff. „Also, wer ist nun dieser Alix“, fragte Kori als sie endlich mit einer Tasse neben Rosenrot Platz nahm. Die Rothaarige lachte. „Alix ist eine Frau und ich glaube der Grund dafür, warum deine Mutter nicht in der Lage war, mit deinem Vater eine ernsthafte Beziehung einzugehen“, erklärte die Piratin und nahm anschließend einen Schluck der heißen Flüssigkeit in sich auf. Kori staunte nicht schlecht. Eine Frau? Das musste die junge Offizierin erst einmal verdauen. Mushrooms breites Grinsen half ihr dabei gar nicht. „Ihr könnt gerne rausgehen, wenn ihr nichts Besseres zu tun habt, als blöd zu gucken“, sagte sie und meinte damit nicht nur Mushroom sondern auch Sapphire, der neben seiner Kammeradin stand und nicht minder blöde grinste. Verteidigend schlugen sie beide die Hände hoch und versicherten, dass sie nichts für ihre Gesichter konnten. „Alix kam ziemlich bald zu uns in die Crew, aber sie war nicht so ganz für das Piratenleben gemacht, klar, sie hatte es faustdick hinter den Ohren, war ein Langfinger und hat unserer Kapitänin regelrecht den Kopf verdreht, Schneeweißchen hätte alles, aber auch wirkich alles für sie getan…“, Rosenrots Stimme versagte. Die Rothaarige lehnte sich zurück. So über ihre Schwester zu reden, nachdem sie nun gerade nicht mehr da war, fiel ihr verdammt schwer. Angestrengt strich sie sich mit dem Zeigefinger und Daumen über die Stirn. „Alix war so lebensfroh, hat aus jeder Situation das Beste gezogen, sogar als… als sie das Augenlicht auf einem Auge verloren hatte, hat sie uns erklärt, wie cool es ist, dass sie nun eine Augenklappe tragen kann“, so erzählte die Piratin von einer Frau, die Kori noch nie zuvor kennengelernt hatte, von der sie noch nie gehört hatte und von der sie einfach rein garnichts wusste. Verwunderlich, wenn sie doch Piratin war. „Irgendwann haben sich die beiden richtig stark gestritten und Alix ist auf einer Insel zurückgeblieben, aber Schneeweißchen hat sie einfach nicht aus dem Kopf bekommen. Eine Weile haben wir sie auch gesucht, haben Insel für Insel in der Umgebung abgeklappert, aber sie war wie vom Erdboden verschluck, bis zu diesem einen Tag“, sprach Rosenrot weiter. Kori wollte natürlich wissen, was an diesem Tag geschehen ist. Auch dies erzählte ihr ihre Tante nach einer andächtigen Pause, einem Schluck Tee und einem tiefen Luftzug. Sie waren auf Whiskey Peak, eine Spur von der verschollenen Ex-Piratin führte dort hin und tatsächlich. Schneeweißchen fand, wonach sie so sehnlichst suchte und dennoch, sie sprach sie damals nicht an. „Warum?“, fragte Kori, drängte und mit einem sanften Lächeln antwortete Rosenrot. Alix hatte ein Kind bei sich, eine kleine Tochter, etwas älter als ein Jahr. Rotes Haar, wie der Teufel, aber ein entzückendes Lachen und Alix sah glücklicher aus, als sie es mit ihnen an Bord jemals war. Schneeweißchen fragte sich damals gar nicht, was sie hier auf dieser Insel zu suchen hatte, ihr war klar, dass Alix zurückwollte, zurück in den North Blue, ein friedliches Leben mit ihrer Familie führen. Die Piratin war damals so niedergeschlagen, dass sie sich in der nächsten Bar den Rausch ihres Lebens holte. Kori schluckte. „Das war die Nacht in der ich entstanden bin“, erkannte sie stockend, Rosenrot nickte. „Zumindest konnte sie direkt am nächsten Morgen noch gerade so vor der Marine flüchten, zum Glück haben wir schon das Schiff klar gemacht gehabt. Wir wollten fast schon einen Suchtrupp nach unserer abtrünigen Kapitänin losschicken. Naja, das hatte sich dann ja eh erledigt“, lachte die Piratin, eine Träne lief ihr aus dem Augenwinkel. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass sie nicht mehr unter ihnen war. Stille trat ein. Alle sahen sich bedächtig an. Sapphire senkte den Kopf bedrückt. Er konnte nicht glauben, dass Kori gerade erfahren hatte, dass sie aus einer reinen Frustaktion entstanden war und auch, wenn das tiefe Wunden in Koris Herz schlagen wollte, hatte sie dennoch ein Anliegen an ihre Tante. „Und die schwarze Perle?“, fragte sie. Verwundert fragte Rosenrot nach, wie Kori darauf kam. Sie war ja nicht dabei, als Schneeweißchen ihrer Tochter das Geheimnis um dieses Schmuckstück verriet. „Alix trug sie an diesem Abend, weißt du, das ist eine Sagenumwobene Perle, nur wenige wissen um sie, woher Schneeweißchen damals wusste, dass das Ding so toll ist, frag mich nicht, vielleicht hats mit deinem Dad zu tun, er war ein Träumer“, kicherte Rosenrot und erklärte, wie Schneeweißchen bei der Flucht von der schwarzen Perle um den Hals der Verflossenen berichtete. Sie vermutete, dass sich Alix entweder einen reichen Kerl oder einen anderen Piraten, bei dem noch weniger niet- und nagelfest war als bei ihr, angelte. „Ich glaub ja, es war ein Pirat, Alix hatte nie was für reiche Säcke übrig“, sagte Rosenrot noch und stellte die leere Tasse am Tisch ab. Sie hoffte, Kori alles erzählt zu haben, was diese wissen wollte und Kori nickte. „Eines noch, wie heißt sie mit ganzem Namen?“, fragte sie. Sie musste diese Frau immerhin finden, sie brauchte die Perle, sie musste sich hinhalten. Das letzte Nyagumi fand laut Aufzeichnungen und Berechnungen vor 495 Jahren statt, das hieß, Kori hatte noch genau 5 Jahre Zeit, die Perle zu bekommen und mit dem Geheimnis das diese wahrte, die entsprechenden Weiterberechnungen durchzuführen um dieses Spektakel der Galaxy in allen Zügen zu genießen. „Alix Casino“, anwortete die Piratin, stand auf und gab Kori zu wissen, dass sie nicht weiter daruf eingehen würde. Draußen wurde bereits alles für Schneeweißchens Bestattung vorbereitet. Bärchen hatte einige dünne Bäume geschlagen, geschält und zu einem Floß zusammengezogen. Ein Bett aus Laub und Blumen, die sie hier gefunden hatten, wurde gerade zurechtgelegt. Käppi küsste jede Blume, die sie auf das Floß legte, während Snežana, eine Piratin mit langen schwarzen Locken und blasserer Haut als Kori sie hatte, anschließend ein schwarzes Lacken über das Geäst und Geblüm legte. Der Navigator, Hood, ein großer muskolöser Mann mit bunten Haaren, die ihm im Irokesenschnitt vom Kopf standen, trug die Kapitänin in ein weißes Kleid gehüllt, dies hatte Rosenrot ihr noch übergezogen, ehe sie mit Kori in die Kombüse gegangen war, geradewegs auf das gebettete Floß. Beide Mannschaften versammelten sich um das Floß und währed Kori wieder mit ihren Tränen und ihren Gefühlen rang, sagte jeder noch das ein oder andere Wort. Die Crew teilte Erinnerungen, bedankte sich bei Schneeweißchen für die schöne Zeit, bedankten sich bei ihr für die Chance, die sie durch sie hatten und verabschiedeten sich mit dicken Krokodilstränen. „Es tut mir so leid“, sagte Kori schließlich als sie an der Reihe war und eine weiße Butterblume, die sie hier als eine der seltenen Blumen im ausgedünnten Gras fand, auf dem Körper ihrer Mutter niederfallen ließ. Dr. Faust legte der Kapitänin je eine Münze auf jedes Auge. „Für den Fährmann, meine Liebe“, flüsterte er und die Fairy Piraten setzten das Floß in Bewegung. „Wir sehen uns irgendwann auf der anderen Seite, Schwester“, sagte Fernando, das jüngste und neueste Mitglied der Fairy Piraten. Ein junger Bursche mit orangenem Haar und Sommersprossen um die Nase. Kori biss sich betroffen auf die Lippen. Sie wollte nicht wieder losheulen, aber versagte gegen ihre eigenen guten Vorsätze. Das Floß trieb direkt aufs Meer hinaus. Hood trat direkt an den Punkt, wo das Floß eben noch ins Wasser geschoben wurde. Zog einen Pfeil aus seinem Köcher und spannte ihn durch seinen Bogen. Eine Bewegung richtung Käppi, die mit einer Fakel bei ihm stand stetzte er den bereits präparierten Pfeil in Flammen. „Es lebe der Käpt'n“, sagte er und schoss den Pfeil ab, der auch schon einen Augenblick später das Floß und mit ihm Schneeweißchen und alles herum in Brand setzte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)