Childhood Dream von DhalaElenaAngel ================================================================================ Kapitel 1: Azkaban ------------------ Sirius stöhnte, als er wieder zu sich kam. Ja, Askaban war ein widerliches Drecksloch! Aber warum hatte man ihn hierher gebracht?! Schon lange vergammelte er hier drin, man sagte doch allen Ernstes, dass er, gerade er, seinen besten Freund umgebracht haben sollte! Warum hätte er das tun sollen?! Nicht er war der Geheimniswahrer! Er hatte abgelehnt, damit James nichts passieren würde, er war einfach eine zu offensichtliche Wahl! Mühsam richtete Sirius sich auf, rieb seine Stirn – und sah sich verwirrt um. Das hier war nicht seine kleine Zelle, in der er die letzte Zeit verbracht hatte. Wie lang wusste er nicht mehr. Sie hatte kein Fenster und hier gab es nichts, was ihm die Tageszeit gesagt hätte. Er vermutete, dass er hier schon Jahre war, so fühlte er sich zumindest. Aber nun saß er in einem Bett. Sein Erstes, seit er hierher gebracht worden war. Nicht das Bequemste, aber angenehm weich im Gegensatz zu den immer feuchten Steinen, die nur mit etwas gammeligem Stroh bedeckt gewesen waren. Wo war er gelandet? Vielleicht in der Krankenstation? „Sirius! Du bist wieder wach!“ Noch verwirrter, als er ohnehin schon war, wandte Sirius sich um. „Remus?“, fragte er. „Was tust du in Askaban? Was ist hier los? Warum habe ich keinen Prozess?! Die Wachen sagen, ich wäre verurteilt!“ „Das warst du,“ erklärte Remus traurig. „Besser gesagt, das bist du noch, aber du wirst heut befragt werden und glaub mir, es hat uns Einiges gekostet, das hin zu bekommen! Die wollten keinen Prozess, weil Alles angeblich so klar wäre!“ „Aber... wieso? Ich würde James nie etwas tun! Oder Lils und Klein Harry! Remus! Sag mir, dass du das nicht auch glaubst!“ „Ich wäre nicht hier, würde ich das glauben,“ beruhigte der Werwolf den aufgebrachten Mann, drückte ihn auf das Bett zurück. Sirius mochte wieder auf der Höhe sein, rein körperlich, aber man musste es ja nicht herausfordern. „Aber ich habe lange gebraucht, bis ich Verbündete hatte, die mir zugehört haben, du weißt, ein Werwolf hat nichts zu sagen, niemand wollte auf mich hören!“ In dem Moment fiel Sirius erst was auf. „Wer ist wir?“, fragte er vorsichtig. „Das klären wir nach der Befragung,“ erklärte Remus. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es dir nicht gefallen wird und du wirst viel über Bord werfen müssen, was wir alle mal geglaubt haben.“ „Harry!“, rief Sirius auf ein Mal. Er erinnerte sich, wie er den kleinen Jungen, mit aufgerissener Stirn, blutend und weinend aus dem Haus gebracht hatte. „Was ist mit Harry!? Wo ist der Kleine?! Wer kümmert sich denn um ihn?!“ „Ruhig!“, befahl Remus knapp. „Hör zu, sobald sie dich befragt haben, müssen sie dich gehen lassen und du hast das Recht, ihn zu dir zu nehmen, ich sorge dafür, dass du ihn heut Abend bei dir hast. Aber...“ „Aber was?!“ „Siri, du kannst erst mal nicht mit ihm allein bleiben, du warst drei Jahre in Askaban, der Kleine ist vier Jahre alt und kennt dich nicht, außerdem bist du auch noch nicht wieder fit, du musst zu uns...“ „Zu wem?“, bohrte Sirius weiter. Er würde Harry sicher nicht jedem aussetzen! Aber ganz sicher nicht! Sein Kleiner...! Was?! Drei Jahre?! Die hatten ihn drei Jahre hier vergammeln lassen?! Oh, er würde sich rächen! Aber bitterlich! Es war eigentlich generell verboten, Jemanden ohne Befragung überhaupt den Dementoren auszusetzen! Oh, er würde den Stuhl seiner Familie annehmen, den Schuldigen finden und ihn ausräuchern!! Remus seufzte. Er wusste, Sirius würde bohren, bis er die Wahrheit wusste. „Severus Snape,“ erklärte er. „Ich lebe bei ihm. Er und Lucius haben mir geholfen, sonst hätten wir dich nicht aus der Zelle bekommen. Oder den Kuss abwenden, also bitte schrei nicht, mach erst das hier mit, lass uns Harry holen und dann erklär ich dir Alles...“ „Snape... und Malfoy?“, fragte Sirius erschüttert. Er hatte mit Allem gerechnet, aber nicht damit. Wo waren die Namen, die er erwartet hatte?! Weasley oder Mc Gonagall und Dumbledore?! Warum hatten sie seine Schuld einfach hingenommen?! Und.. hatte er das richtig verstanden?! Er hätte sterben sollen für etwas, dass er nicht getan hatte?! Warum?? „Ja,“ nickte Remus. Er half Sirius, sich aufzurichten. Sie hatten ihn vor einer Woche aus der Zelle geholt, da war er nicht mehr bei Bewusstsein gewesen. Sie hatten ihn auf der Krankenstation gewaschen und rasiert, ihn aufgepäppelt und mit Nährtränken abgefüllt. Es hatte Remus einiges gekostet, Sev zum helfen zu bewegen, aber es hatte manchmal auch Vorteile, der Alpha zu sein. „Bitte, bleib ruhig, sie kommen gleich, um dich zu holen, es ist eine absolute Ausnahme, dass ich überhaupt hier sein darf. Ich erkläre dir wirklich alles, aber in Ruhe... heut Abend...“ Sirius wollte etwas sagen, doch dann hielt er sich zurück. Er wusste, Remus war meist ruhig und versuchte, sich zu erklären, doch das machte er wirklich nicht immer. Er konnte auch ganz anders. Er setzte sich ganz auf, sah auf die, in seinen Augen schon, verboten luxuriöse Decke. Er hatte also drei Jahre lang gebibbert. Erschöpft strich er über sein Gesicht, stellte erleichtert fest, dass es sich glatt anfühlte. Kein Gestrüpp mehr! „Hast du was, das mich wacher macht?“, fragte er daher nur. Ausrasten konnte er später. Vorerst reichte es Sirius, dass nicht alle ihn im Stich gelassen hatten, wie er es befürchtet hatte. Ja, er hatte schon aufgegeben. Er hatte nur noch für Harry durchgehalten. Und das war das Einzige, was er wollte, seinen Kleinen zurück! Ja, er hatte den kleinen Jungen schon immer geliebt und ihn gern gesittet. „Nein, das würde sich nicht mit dem Veritas vertragen. Aber wenn du fertig bist,“ versprach Remus, lächelte etwas und hielt Sirius frische Kleidung hin, die er hatte anfertigen lassen. Der Andere hatte abgebaut, seit er hier war – sehr. Die Alten hätten ihm nicht mehr gepasst. Das würde noch einige Wochen brauchen. „Hauptsache, wir bekommen dich erst mal hier raus,“ erklärte der Werwolf freundlich. „Wo ist Harry?“; fragte Sirius erneut. Er hatte das Gefühl, dass ihm etwas verschwiegen wurde. „Das weiß Niemand und wir werden es erst erfahren, wenn du freigesprochen bist,“ gab Remus ruhig zurück. „Und jetzt reg dich nicht auf, wir haben zwei Wochen gearbeitet, um dich wieder auf die Beine zu bekommen! Heut Abend ist er bei uns. Bitte, Siri... ich will nur dein Bestes.“ Sirius musterte seinen Freund, denn das war Remus offensichtlich geblieben. Allerdings konnte er die Antworten für den Abend kaum erwarten. Er nahm die Kleidung, stand auf und stellte erleichtert fest, dass seine Beine ihn trugen. „Wo kann ich mich umziehen?“, fragte er, vor Allem, als er sah, was für ein lächerliches Hemdchen er trug. Nun, das war immer noch um Einiges besser, als die Lumpen, in denen er offensichtlich etwa drei Jahre verbracht haben musste. Er schauderte, als er auch nur daran dachte. „Da hinten ist ein Bad, nicht so luxuriös, wie in deiner Familie, aber immerhin für dich allein.“ Remus lächelte etwas. Er hatte die Zelle gesehen, in die sie Sirius gepfercht hatten, sicher war er schon für das hier dankbar. Er beobachtete, wie Sirius verschwand, aber schon nach kaum zehn Minuten wieder auftauchte. „Du siehst besser aus,“ nickte Remus zufrieden. Der Andere trug nun Muggelschlaghosen und ein einfaches, weißes Hemd. Sirius lächelte etwas, er hatte sich nur oberflächlich gewaschen. Das hier wollte er so schnell wie möglich hinter sich bringen, da draußen wartete sein Kleiner auf ihn, den zu betreuen er sich und seinem besten Freund geschworen hatte! „Also los!“, bat er. „Ich will endlich zu Harry!“ Remus nickte, er ging zu einer der Türen und klopfte dagegen, bis sie sich öffnete, er wechselte einige Worte mit dem Wächter, der schon wartete, bevor ein Teil des Wizgamonts, zusammen mit einigen Auroren und einem Richter, sowie Severus eintraten. Sirius musterte die Leute, vor Allem seinen ehemaligen Schulfeind, doch er hielt sich zurück. Immerhin wollte er hier raus! Und das schnell! Wenn Snape der Weg dazu war, gut. Er hatte in der Zeit hier in der Zelle eingesehen, dass es Wichtigeres gab, als dumme Streitereien. „Bringen wir das hinter uns, ich bin der Luft hier drin wirklich überdrüssig!“ Severus knurrte nur, sah zu Remus. Wieder mal fragte er sich, warum er sich da hatte rein ziehen lassen! Aber nein, er hatte ja seine Klappe nicht halten können! Er trat vor, packte Black am Kinn und fand es fast schade, dass er nicht handgreiflich wurde, sondern seinen Mund auch noch freiwillig öffnete. Er hätte nichts dagegen gehabt, wenn Black noch zwei, drei Tage hier verbracht hätte. Ja, er war nachtragend, manchmal. Aber vor Allem wirklich in seiner Ehre gekränkt. Nur würde Remus ihm so was nicht verzeihen. Er träufelte Black einige Tropfen auf die Zunge, wartete, bis die Augen sich verklärten und die Pupille fast untertassengroß wurde. „Er ist bereit,“ knurrte der Tränkemeister, trat zu Remus. „Und das war das letzte Mal, dass ich mich die die Verrücktheiten von Herumtreibern einmische,“ zischte er diesem ins Ohr, doch der hatte auch noch die Frechheit, zu grinsen! Ja, er war verratzt... „Name.“ „Sirius Orion Black,” antwortete der Andere dumpf. „Erlernter Beruf.“ „Auror.“ Die Richterin nickte. „Haben Sie die Potters verraten oder umgebracht?“ „Nein.“ Remus blickte um sich, während die Leute im Wizgamont, die Lucius überzeugen konnte, hierher zu kommen, miteinander tuschelten. Aufgeregt und ungläubig. Immerhin hatte man ihnen gesagt, dass nur Black der Mörder und Verräter sein könnte! Und bis vor einem halben Jahr hatte niemand Zweifel gehabt und auch, wenn sie inzwischen nicht mehr so sicher waren, konnten sie immer noch nicht fassen, dass ausgerechnet Dumbledore einen Unschuldigen hierher gebracht hatte! In den schlimmsten Teil des grausamsten Gefängnisses! Sie waren verstört. „Warum waren Sie dann am Tatort?“ „James hat mir eine Kette gegeben, die mir sagen sollte, wenn etwas nicht stimmt, als sie heiß geworden ist, bin ich los, aber als ich kam, fand ich nur die Leichen von James und Lily, ich habe Harry genommen, um ihn in Sicherheit zu bringen, dann wurde ich verhaftet.“ „Wer war der Geheimniswahrer?“, warf ein anderes Mitglied des Wizgamonts ein. „Peter Peddigrew.“ Remus versteckte seine Augen mit seiner Hand, zwang sich, tief zu atmen. Ja, Peter war eine Ratte gewesen. In mehr als einer Hinsicht. Oh, wenn der ihm je begegnen würde!! Er wandte sich zu der Richterin, als er sich wieder im Griff hatte. „Sirius Black ist offensichtlich unschuldig,“ sprach er erzwungen ruhig. „Er hat ein Anrecht auf eine hohe Entschädigung und wir wollen sofort die Adresse, an der sich Harry Potter aufhält, denn er ist der einzige Erziehungsberechtigte! Ohne, dass Dumbledore informiert wird!“ Er musterte jedes einzelne Mitglied im Raum, während Severus seinem besten Freund das Gegenmittel verabreichte. „Natürlich,“ nickte die Richterin knapp. Sie wusste es besser, als etwas Falsches zu sagen. Dieser Mann hatte umsonst gelitten und man hatte ihm sein Mündel entzogen. „Ich werde Albus Dumbledore erst in zwei Tagen informieren und wegen Falschaussage anklagen,“ erklärte sie, gab Black, der sie musterte, einen Zettel. „Das ist die Adresse,“ erklärte sie. „Und...es tut mir leid. Wie es zu diesem Irrtum kommen konnte, werde ich persönlich herausfinden.“ Leise wimmerte er wieder, drückte sich ganz an den Rand des Schrankes. Er wusste, er würde noch richtig Ärger bekommen für den verbrannten Speck, aber die Pfanne war so schwer gewesen! Sie war ihm aus der Hand gerutscht und Tante hatte ihn auch noch gezwungen, das heiße Fett aufzuwischen. Er schniefte etwas, kniff die Augen fester zu. Er wusste, sie würde alles dem Onkel erzählen und der würde wieder seinen Gürtel aus der Hose ziehen und ihn verhauen, weil er so böse war. Aber was sollte er denn tun?! Warum hatten sie ihn nur nicht lieb? Sie konnten doch auch anders, sie waren immer lieb zu Dudley, selbst, wenn er log und dumme Sachen erzählte! Harry versuchte immer, ein lieber Junge zu sein, doch nie hatten sie auch nur ein nettes Wort für ihn übrig. Und er durfte nur hier sein, in dem alten Abstellschrank. Er weinte weiter, hörte die schweren Schritte von Onkel. Er wusste, Onkel würde nun ins Wohnzimmer gehen und Tante würde ihm etwas zu Essen geben, dann würde sie ihm alles erzählen und er war wieder dran. Dabei tat ihm noch alles weh von der Tracht von gestern. Er konnte sich kaum noch bewegen. Harry schniefte, auf seinen zitternden Körper achtete er kaum. Es brachte ja doch nichts. Es würde kommen wie immer. Wenn er doch nur was tun könnte, dass sie ihn lieb haben würden. Nur mal in den Arm nehmen. Aber sie schubsten ihn herum, als würde er ganz doll stinken. Er war nur Freak. Er wusste, Harry war sein Name, aber so riefen sie ihn nie. Er war eben Freak. Aber dann hörte er es klingeln. Ein Freund von Dudley vielleicht? Erkaufte ihm das Zeit? Vielleicht vergaß seine Tante, ihn zu verpetzen, wenn sie mit der Mutter von Dudleys Freund Kaffee trank! Er lauschte, wie Tante den Flur entlang eilte, die Tür öffnete. Im Winter knarzte sie immer ein Bisschen. „Wir kaufen nichts und....!“ Oh nein! Hausierer machten Tantes Laune nur noch schlechter! Nein, nein, nein! Doch auf ein Mal begann Tante zu schreien, wie nie zuvor. Es klang nicht wütend, sondern als habe sie Angst. Was Harry nur noch mehr dazu bewog, sich in sich zusammen zu rollen und sich weiter in das Eck seiner Kammer zu schieben. „Freaks! Vernooooooooooooooooon! Sie sind da! Tu was! Diese Freaks.....!“ Sirius starrte auf die Frau, die aussah, als habe sie zu lang nichts gegessen. Er war entsetzt. Schon, seit er das Klingelschild gelesen hatte. Lils Schwester. Sie selbst hatte ihnen erzählt, dass Petunia eifersüchtig auf sie gewesen war und dass sie Magie hasste, dass sie besonders gläubig sei und immer Bibelsprüche zitiert hatte, in denen es hieß, Hexen müssen brennen. Sie hatte ihnen immer gesagt, dass egal, was passieren würde, dass hier der Ort war, an dem Harry nicht landen durfte! „Wo ist mein Kleiner?!“, bellte er, sah sich um. „Wo ist Harry?! Ich will ihn haben! Sofort!“ Nur Remus’ Griff hinderte ihn daran, auf die Frau loszugehen, die sie wüst beschimpfte. „Hier gibt es keine Freaks wie euch! Verschwindet aus meinem Haus!“, röhrte in dem Moment ein Mann, der aussah, als sei er mit einem Nilpferd verwandt. Wobei – das beleidigte eigentlich das Tier. Harry hörte das, doch er hielt sich verzweifelt die Ohren zu, er wusste, diese Nacht würde furchtbar werden. Onkel würde ihn schlagen, lang. So schlecht, wie seine Laune auf ein Mal war. Ja, er wusste nicht, ob er es morgen schaffen würde, sich überhaupt zu bewegen, um Frühstück zu machen. Aber es wurde noch schlimmer. Trotz der krampfhaft zugehaltenen Ohren hörte er, wie es immer lauter wurde, Fremde schrien, dann, auf ein Mal, wurde es regelrecht unheimlich leise. Als wäre niemand mehr da. Doch er hörte Schritte. Da waren noch Leute. Es gab auch eine Erschütterung, so heftig, als wäre Onkel hingefallen, ein Mann rief etwas, das Harry nicht verstand. „Sirius, nein! Du bringst sie nicht um! Du bist frei, aber von Freischüssen war nie die Rede! Such den Kleinen und komm! Den Rest regelt Severus vor Ort! Nicht du! Oder willst du gleich wieder dahin zurück wo du hergekommen bist?! Glaubst du vielleicht, dann kann der Junge woanders bleiben?! Hierher werden sie ihn zurückbringen!“ Das war es, was Sirius von seinem Opfer abbrachte, er ließ den Fettsack wieder fallen, selbst der Boden beschwerte sich über dessen Gewicht. In einem Schrank! Sie hatten seinen Kleinen in einem Schrank! Doch Remus hatte Recht. Nein, erst musste er sich um Harry kümmern, dann konnte er immer noch Rache bekommen! Er stiefelte auf die schräge, kleine Tür in der Treppe zu, öffnete sie – und erstarrte. Er konnte nicht fassen, was er da sah. Da saß ein Junge. Er war wirklich hier drin. Auf einigen schäbigen Decken, in der absoluten Dunkelheit, beide Hände schützend vor das Gesicht gelegt, so, dass er sehen konnte, dass die Handflächen bluteten, zitternd und vollkommen verängstigt. „Harry,“ flüsterte er erschüttert. Harry wimmerte, als die Tür sich öffnete. Oh weia! Jetzt würde Onkel wütend sein! Und er konnte nichts dagegen tun! Er drängelte sich immer weiter gegen die Wand, obwohl er wusste, dass es nichts brachte. Onkel würde ihn raus zerren, wie immer. Er presste die Augen fest aufeinander. Er wollte nur woanders sein. Egal, wo. Er erschrak fürchterlich, als er angefasst wurde, es tat weh, direkt auf einer der Wunden von gestern. Wimmernd zuckte er zurück, doch es war zwecklos. Er wurde raus gezogen, wie immer. Ängstlich wartete Harry nun darauf, losgelassen zu werden und das Geräusch zu hören, wenn Onkel den Gürtel zog, doch das passierte nicht. Im Gegenteil. Er wurde hochgehoben. Und erst da fiel Harry auf, dass die Finger zu dünn für Onkel, zu dick für Tante und zu groß für Dudley waren. Das hier war nicht seine Familie! Vorsichtig, ganz vorsichtig machte er seine Augen ein bisschen auf, doch er erkannte kaum etwas, nur dunkle Haare. Aber viel wichtiger war, dass noch immer keine Schläge folgten. Das war das Einzige, was wirklich zählte. So vorsichtig wie nur eben möglich hatte Sirius das kleine Kind aus dem Schrank gehoben, drückte es nun schützend an sich. Er merkte, wie steif Harry erst war, als wolle er wegrennen. Der Kleine hatte schreckliche Angst. Doch dann, nach einer Weile, ließ er sich fallen wie ein Sack Kartoffeln, als habe er aufgegeben. Mit wutverzerrtem Gesicht starrte er auf den fetten Mann, der immer noch auf dem Rücken lag, wie ein umgekippter Käfer. Oh, er wollte...! Doch Remus hatte Recht, Harry ging vor! „Rem!“ Der Werwolf, der bisher die Frau allein mit wütenden Blicken in Schach gehalten hatte, um weitere Dummheiten zu vermeiden, wandte sich um – und wurde bleich. Sirius hatte Harry gefunden und drückte ihn an sich. Das Kind war klein, kleiner als Draco, der schon nicht übermäßig groß war, es zitterte – und es roch nach Blut. Es schien ihm zu dürr und vollkommen verängstigt. Krank. In einem Besenschrank! Wie konnte man nur!? Er musste sich zurückhalten, nicht zu tun, was er Sirius verboten hatte, sah zu Severus, der mit eisiger Mine in der Tür stand. „Sev, kümmere dich,“ würgte er hervor. „Ich muss Sirius und den Kleinen hier weg bringen! Ruf Auroren!“ Damit packte er seinen besten Freund, zog ihn aus dem Haus und apparierte sie drei. Sirius hielt Harry einfach nur fest, strich immer wieder über dessen Rücken, er war erschüttert. Das ging weit über das hinaus, was er verstehen konnte. Ein Kind! Ein kleines Kind! Fast noch ein Baby so zu behandeln! Und das noch drei Wochen vor Weihnachten! Er wickelte Harry in den Umhang ein den er selbst trug, hob den Blick erst, als sie landeten – und hob eine Augenbraue. Es war ein Landgut. Eines, das teuer wirkte und groß. Durchaus etwas, das er auch den Malfoys zugetraut hätte. Im Stil der Südstaaten und mit Park. Doch dann schüttelte er den Kopf. Erst Harry, dann Erklärungen, dann eine Tour. Er folgte Remus, der schnell voran ging und ihn schließlich in ein großes, luftiges, helles und einladendes Zimmer brachte. „Das hier ist dein Zimmer,“ erklärte Remus, als sie angekommen waren. „Da ist das Bad, hinter dem Bad ist ein Kinderzimmer. Zieh ihn aus, wasch ihn vorsichtig und dann komme ich mit Salben und Tränken.“ Sirius nickte, doch er setzte sich erst mal aufs Bett, seine kostbare Last immer noch fest im Arm. „Harry,“ sprach er leise, strich über die wirren, verschwitzten schwarzen Locken. „Harry, Kleiner, du bist in Sicherheit,“ versuchte er eine Reaktion zu bekommen. Was...? Was ging hier vor?! Harry verstand nicht! Er wurde nicht losgelassen, sondern der Mann, der ihn aus dem Schrank geholt hatte, hielt ihn weiter fest. Er wusste nicht, was geschah, ihm wurde etwas schlecht, schlechter, als ohnehin schon, doch dann war es vorbei und wurde auch wieder besser. Er wusste nicht, was geschah, nur, dass der Mann, der ihn hielt, sich setzte, ohne ihn los zu lassen. Harry überlegte, ob er sich wehren sollte, aber wer wusste, was der Mann dann machen würde. Sein Onkel schlug ihn und war mit ihm verwandt! Was würde dann ein Fremder tun? Remus musterte Sirius, der versuchte, auf den Kleinen einzureden, der immer noch zitterte. Merlin, wie sollte der Junge auch verstehen?! Er war Vier und auf ein Mal aus der einzigen Umgebung gerissen, die er zumindest gekannt hatte und einschätzen konnte! „Sirius, er ist verletzt und kalt, so, wie er bibbert. Bring ihn doch ins Bad, ich lasse warmes Wasser ein, mit einem Heilgemisch. Dann taut er vielleicht auch uns gegenüber auf.“ „Ja, ja natürlich!“, gab der aufgebrachte Sirius zurück. Er folgte Remus ins Bad, Harry weiterhin fest in seinen Armen. Erst im Bad setzte er den Kleinen auf einen Tisch, den er einfach leer fegte. Es klirrte, aber das war ihm absolut gleich. „Harry,“ sprach er so ruhig wie möglich, während er den Kleinen aus seinem Mantel schälte. „Du brauchst keine Angst haben, hörst du? Ich setze dich in eine Wanne, dann werde ich deine Wunden versorgen, damit dir nichts mehr weh tut, ja, du musst dich nicht fürchten, ich schütze dich...“ Doch das beruhigte Harry nicht im Geringsten. Vor allem, als er das Wasser hörte und merkte, wie er aus seinen Klamotten geschält wurde, die er festzuhalten versuchte, aber die Männer mussten zu Zweit sein, denn wo einer ihn auszog, hielt der Andere ihn fest und redete immer noch auf ihn ein. Doch er wollte nicht ins Wasser! Nein, das tat immer weh und sicher würde es heiß sein, da das mit den Verletzungen richtig weh tat! Als er hochgehoben und zur Wanne getragen wurde, begann er, richtig zu weinen, zog seine Beine immer weiter an, nur um nicht mit dem Wasser in Kontakt zu kommen. Was aber nichts brachte, der Mann, der ihn hielt, war viel stärker, setzte ihn in die Wanne. Doch da merkte Harry, dass es gar nicht heiß oder kalt war. Es war... in Ordnung, es tat nicht weh, nicht mal, als die Wunden mit Wasser in Berührung kamen, also hörte er auf, sich gegen den Griff zu wehren, denn er wurde noch nicht mal mit dem Kopf unter Wasser gedrückt, er sollte wohl einfach nur da sitzen... Sirius war erleichtert, als der Kleine endlich aufhörte, blind und voller Angst um sich zu schlagen. Er hatte absolut nicht in die Wanne gewollt, dabei war er bis dahin, ja sogar relativ ruhig gewesen. „Schh,“ er setzte sich an den Rand der Wanne, ließ sich einen Schwamm geben. „Es ist doch alles gut,“ redete er weiter auf seinen kleinen Patensohn ein. „Ich will dich nur waschen, ich beeile mich auch.“ Remus beobachtete, wie Sirius sanft und unendlich vorsichtig mit dem kleinen, verängstigten Jungen umging, ihn schnell aber gründlich vom Schmutz und dem Staub befreite, in dem er ja gelegen hatte, als sie ihn gefunden hatten. Schließlich gab er Sirius das Handtuch, froh, dass ein Teil der Verletzungen und Abschürfungen schon geschlossen war. Harry sah immer noch katastrophal aus, mit den Striemen und den verbrannten Händen. Gut, dass sie heut gekommen waren. Wer wusste, was die sonst noch Alles mit dem Kind getan hätten? Ruhig gab er Sirius die Salben und Binden an, dann die Kleidung. Sirius lächelte, als Harry einen einfachen, etwas zu weiten, aber kindgerechten Schlafanzug an hatte, er hob den Kleinen wieder hoch, brachte ihn wieder in sein Schlafzimmer. Den Jungen allein zu lassen kam ihm gar nicht in den Sinn. Und zumindest weinte der Kleine nicht mehr. Er setzte Harry so, dass der Junge ihn ansehen musste, strich über dessen Haare, spielte mit den kleinen, verbundenen Händen. „Weißt du, wer ich bin?“, fragte er leise. Harry schüttelte den Kopf, klammerte sich an die Wäsche, die er bekommen hatte. Sie war gar nicht kaputt und nicht so groß, wie die Sachen, die er sonst so hatte. Und ihm war angenehm warm, selbst seine Hände waren verbunden worden. Niemand hatte ihn gehauen oder bestraft, obwohl er doch so rumgezappelt hatte. Der Mann, der ihn hielt, da war was, aber er konnte sich nicht erinnern. „Ich bin Sirius,“ erklärte der Animagus geduldig. „Dein Onkel Sirius. Und ab heute passe ich auf dich auf. Niemand wird dich je wieder anfassen, hörst du? Wenn man wir weh tut, werd ich diese Leute bestrafen!“ Er strich vorsichtig über Harrys eingefallene Wange. Merlin, ein Kind musste doch ein rundes Gesicht haben! „Aber jetzt gibt es erst mal was zu Essen,“ erklärte er daher. Harry verstand das nicht. Onkel? Er hatte noch einen anderen Onkel? Und bei dem würde er jetzt bleiben? Warum? Er wusste nicht, was er tun sollte, aber er hatte schrecklichen Hunger. Daher nahm er nur zu gern, was der Andere ihm gab, auch, wenn er doch erst gestern was bekommen hatte. Aber er war eben so hungrig! Und so nahm er das Tellerchen, das ihm gegeben wurde, nur zu gern. Und er strahlte. Es war nicht seine übliche Scheibe Brot, die irgendwie grünlich war und komisch roch, es war ein ganz weißes Brot, wie Dudley es oft bekam, mit Salat, Salami und Tomate. Hastig sah er sich noch mal um, dann begann er, das Brot in sich hinein zu stopfen. „Langsam, langsam Kleiner,“ versuchte Sirius den Jungen dazu zu bewegen, nicht so zu schlingen, doch es war wohl sinnlos. Nun, Harry war auch ziemlich schnell fertig, sah ihn immer noch ein wenig ängstlich an. Ängstlich – und müde. Er drückte sein Patenkind an sich, küsste ihn auf den Kopf. „Komm, schlaf,“ flüsterte er. „Ich bin da, ich passe auf.“ Harry wollte nicht einschlafen! Er wusste immer noch nicht, was hier vorging und hier war nirgends ein Schrank, in den er kriechen konnte! Doch er fühlte sich auch vollkommen erschöpft. Vor Allem, als sich auch noch eine schwere Decke um ihn legte. Gegen seinen Willen schlief er schließlich doch ein. Sirius starrte nur auf das so klein wirkende Bündel in seinem Arm, das einmal ein fröhliches, lachendes und geliebtes Kleinkind gewesen war. Immer wieder zupfte er die Decke etwas zurecht, bevor er regelrecht anklagend zu Remus blickte. „Wie?! Erklär mir, wie das passieren konnte?“, zischte er, so leise, wie nur eben möglich, da er Alles versuchte, um den Kleinen still zu halten. „Das weiß ich nicht,“ gab Remus zurück. „Es hieß überall, dass Harry ein liebevolles Zuhause bei Verwandten gefunden hat.“ „Liebevoll?!“, erst, als Harry zuckte, beruhigte sich Sirius, drückte den Kleinen an sich. „Liebevoll?“, er deutete auf die fest verbundenen Hände. „Wenn das hier deren Liebe ist, will ich nicht wissen, das passiert, wenn die Leute ihn gehasst hätten!“ Ja, Remus konnte den Anderen verstehen. Der Werwolf hatte mit Tränen des Kindes gerechnet, aber eher, weil sie den Kleinen aus seiner liebevollen Umgebung holen wollten, doch mit so was hier, nein, das hatte er nicht mal in seinen Alpträumen erwartet. „Siri, ich wusste es nicht und...ich dachte, wenigstens um ihn müsste ich mir keine Sorgen machen! Du warst meine Priorität!“ Sirius seufzte. Es hatte doch keinen Sinn, Remus anzuschreien! Der Mann war doch mindestens so schockiert, wie er selbst! Er atmete tief durch. „Es.. tut mir leid..“ „Schon gut, der Tag war lang und du... bist auch nicht so gut beieinander. Warum lassen wir den Tag nicht Tag sein? Ich kann dir Alles auch morgen noch erklären, Harry und du, ihr solltet in Ruhe schlafen. Morgen sieht es dann schon besser aus, Harrys Wunden sind geschlossen und wir können anfangen, ihm zu helfen. Ich weiß, dass du Antworten willst, aber die rennen dir nicht weg.“ Der Werwolf musterte seinen Freund, der das Kind so sanft und zärtlich hielt, wie er es schon früher immer getan hatte. Es war ein langer Tag gewesen. „Ich komme morgen und wecke dich.“ „Ist Snape hier?“ „Da wir uns auf seinem Grundstück befinden würde ich sagen, dass die Chancen groß sind. Und es waren immerhin seine Salben, die Harry geholfen haben. Und er hat geholfen, dich raus zu holen. Ohne ihn wäre Harry immer noch bei den Dursleys.“ Sirius seufzte etwas. Er merkte, wie erschöpft er selbst war, nun, wo Harry gut versorgt hier lag und schlief. „Morgen will ich Antworten, “ bestand er aber. „Morgen,“ nickte Remus. „Und jetzt geh schlafen. Du hast den Kleinen bei dir, wenn er Probleme bekommt und du Hilfe brauchst, egal, weswegen, w... ich bin den Flur runter die große Doppeltür auf der rechten Seite, ich kann dann sofort kommen.“ Sirius nickte, sanft legte er den Kleinen auf eines der vielen Kissen, zog die Decke zurecht, zog sich um und legte sich neben Harry, zog ihn wieder in seine Arme. Er musste den Jungen einfach halten! Es ging nicht anders, er musste sicher sein, dass sein Patenkind in Ordnung war! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)