Despair von Noveen (Abgründe einer Seele) ================================================================================ Kapitel 9: Ungute Geständnisse ------------------------------ Der kleine Schwarzhaarige saß in seinem Bett und sah aus dem Fenster. Er konnte noch immer nicht glauben, was in den letzten Wochen alles passiert war. Er hatte seine Erlösung gesucht, aber was er gefunden hatte war jemanden den er vertrauen konnte und einen Menschen, der ihn wirklich gern zu haben schien. Das Glück, welches anscheinend bis jetzt gewartet hatte, ehe es zu ihm kam, war kaum zu fassen. Er hatte bis jetzt in seinem Leben nur Schmerzen und Verzweiflung gekostet. Umso berauschender war das Gefühl der Wärme und der Zufriedenheit. Es fühlte sich leicht an wie schweben. Schwerelos. Fast wie in einem Traum. Kris seufzte und stand auf. Nachdem Jin an dem Abend der Beerdigung zu ihm gekommen war, hatte er ihn nicht mehr gesehen. Er hatte nebenbei mitbekommen, dass er zwangsbeurlaubt worden war, da er sich nicht auf die Arbeit konzentrieren konnte. Unwillkürlich fragte er sich wie es dem Dunkelhaarigen jetzt wohl ging. Was machte er wohl gerade? Ob er auch gerade an ihn dachte? Unruhig ging er im Zimmer umher. Irgendwie wusste er in letzter Zeit nichts mehr mit sich anzufangen. Er hatte weder große Lust zu malen oder zu schreiben, noch wollte er an Therapien oder Angeboten der Anderen teilnehmen. Warum das so war, konnte er nicht einmal genau sagen. Ein unruhiges Gefühl hatte sich seit einigen Tagen in ihm breit gemacht und verdrängte seine Zufriedenheit ein wenig… Dieses Gefühl war unstet und kribblig, wie ein Ameisenhaufen, der sich in seinen Eingeweiden eingenistet hatte. Was war das bloß? Ob es was mit der letzten Begegnung von ihm und Jin zu tun hatte. Aber eigentlich war diese ja nichts Besonderes gewesen… etwas Derartiges hatten sie seit dem Feuer öfter gemacht. Und jedes Mal hatte er das Gefühl gehabt jeden Moment vor Glück platzen zu können. Trotzdem pochte etwas an sein Bewusstsein. Etwas das er noch nicht fassen konnte, doch er wusste, dass es da war. Es vergingen weitere Tage. Kris fühlte sich immer unruhiger und unkonzentrierter. Wenn Adam oder Yulia ihn überredeten in die Therapien oder zur Beschäftigung zu kommen, merkte er es noch stärker. Irgendwas beschäftigte ihn ohne, dass er wusste was es war. Das machte ihn halb wahnsinnig. Doch die Aufklärung kam dann schneller als ihm lieb gewesen wäre… Es war bei der wöchentlichen Untersuchung seines Allgemeinzustandes und seiner Narben, die Yulia diese Woche durchführte. Seine Arme, dessen Fleisch er damals mit drei tiefen Schnitten entlang der Pulsadern, zerteilt hatte, sahen wieder aus wie Gliedmaßen. Die Fäden waren schon im alten Mary Hope gezogen worden… und da sie bis jetzt weiter verblasst waren, sahen sie fast schon ansehnlich aus. „Sehr gut. Das sieht alles super aus. Und da du regelmäßig isst, steht deiner Entlassung nichts mehr im Weg.“ Diese einfachen Worte waren wie Peitschenhiebe und verdeutlichten ihm das, was er bis jetzt nicht hatte an sich ran lassen wollen. Hier war ein begrenzter Aufenthalt. Schon bald würden sie ihn lächelnd vor die Tür setzen und dann war er wieder alleine. So wie es schon immer war. So wie es wieder sein würde… Kein Jin… nur gähnend Leere und vielleicht ein neuer Dämon, der über ihn wachte. Erst als seine Schultern fest gepackt worden, bekam er mit, dass er schrie. Anscheinend war er aufgesprungen, denn plötzlich war er in der Mitte des Raumes. Wie er da so schnell hingelangt war, wusste er auch nicht. Er nahm seine Schreie kaum war. Auch Adam und Yulia nicht, die versuchten ihn zu beruhigen… ihn festhielten und gleichzeitig davon abhielten das Mobiliar zu zerstören. Er wollte nicht hier weg! Er wollte hier bleiben,… hier bei Jin… In der Wärme, in der Geborgenheit. Wenn er gehen musste würde es wieder kalt werden. Und dunkel… Eisige Klauen der Erinnerung griffen nach ihm. Umklammerten seine Seele und brachten ihn dazu, sich gegen die Hände zu wehren, die ihn festhalten wollten. Jede Berührung schmerzte ihn. Er roch die unverkennbare Note des Zimmers wieder, welchen er mit seinem Selbstmordversuch entkommen war. Es hüllte ihn wieder ein und verdammte ihn zum Bleiben. Wenn er wieder zurück müsste, würde er nie wieder das Licht der Welt erblicken. Das wusste er mit Sicherheit. Er würde ihn nie wieder gehen lassen. Auch wenn er starb… Er würde es in diesem Zimmer tun müssen! OoOoO Der Raum war kalt und leer. Er war nicht sonderlich geräumig. Er war schmal und lang, aber nicht geräumig. Die Tapete blätterte von den Wänden ab. Die einzigen Einrichtungsgegenstände hier, waren eine durchgelegene Matratze und ein Eimer mit Deckel in der hintersten Ecke unter dem kleinen Fenster. Dieser Eimer stank nach Fäkalien. Sein Meister leerte ihn auch nur einmal in der Woche aus… Das Fenster, konnte eigentlich nicht als solches beschrieben werden… es war eher eine Luke. Man konnte kaum hindurchschauen und wenn man es versuchte, sah man eh nichts, außer die graue Mauer des Hauses gegenüber. Mehr gab es nicht in diesem Zimmer. Hier lebte er den größten Teil seines Lebens. Er schlief, er dachte, er malte, er bekam zweimal am Tag Essenrationen und musste ab und zu auf den Eimer. Nicht schlimm konnte man meinen… So waren vielleicht zwei Tage seiner Woche. Die restliche Zeit wartete er auf das Grauen. Welches in Gestalt eines breiten, bärtigen Mannes kam. Wenn dieser Mann, den er als sein Meister betiteln musste, kam und ihn an die Leine legt, wusste er, was die nächsten Stunden auf ihn zukam. Er trug nur ein Halsband am Körper, in das die Leine verhakt wurde. Er hasste das klickende Geräusch, wenn das geschah. Nur so durfte er vor die Tür seines Zimmers treten. Nackt und mit Leine. Er glaubte er hatte in seinem Leben vielleicht zweimal Klamotten getragen. Das erlaubte der Meister nur, wenn sie außer Haus mussten. Sonst nie. Er kannte das Gefühl nicht. Überhaupt kannte er wenig Gefühl… außer Schmerz, Demütigung, Verzweiflung und Angst. Wenn er aus seinem Zimmer geholt wurde, dann nur, wenn der hässliche Mann bei dem er lebte Vergnügen brauchte. Und das holte er sich dann bei ihm. Meistens lud er noch andere Freunde ein. Fast alle waren Männer, nur wenige Frauen. Zusammen vergnügten sie sich mit ihm über Stunden. So endlos lange Stunden. Sie liebten es ihn schreien und betteln zu hören, ihm wehzutun und sich an seinen Körper zu vergehen. Wenn er außerhalb seines Zimmers war, wurde er zum Hund… zum Welpen, der auf allen Vieren sitzen musste und sich nur winselnd artikulieren konnte. Die Zeit dieser Jahre verging nicht. Sie stand. Er wusste nicht ob Tag oder Nacht. Er bekam nichts mit von seiner Umwelt. Und manchmal war das auch gut so. Zum Beispiel wenn sie die Peitsche herausholten oder den Elektroschocker aus der Tasche zogen. Doch egal was passierte. Immer wieder wachte er in diesem versifften, stinkenden Zimmer auf. Niemals würden sie Erbarmen zeigen und ihn töten. Das wusste er. Also musste er es selber tun… Irgendwie…- Er hörte das Grunzen und Stöhnen des Mannes der hinter ihm hockte. Die heftigen Stöße, brachten ihn immer wieder dazu zu schreien. Die Fesseln rieben seine Handgelenke auf, während er mit gespreizten Beinen auf den Holztisch lag. Immer wieder brach der Andere durch seinen Muskel und rammte sich in sein Inneres. Die Zuschauer die seine Beine in Position hielten, lachten hämisch, wenn er schmerzvoll wimmerte. Das Tuch über seinen Augen, raubte ihm die Sicht und vervielfältigte seine anderen Sinne so stark… Er roch den Schweißgeruch… Er hörte das Keuchen und Stöhnen um sich… Er spürte die Reibung des Holzes an seinem Körper… Und schmeckte Blut auf seiner Zunge. Ihm war so elend zumute. Er wusste, dass er wieder lange über dem ekligen Eimer hängen würde und sich erbrechen musste, wenn er das hier überstanden hatte. In seine Hände wurde ein steifes Glied geschoben und er ergriff es wie automatisch. Es widerte ihn an, aber er wollte nicht bestraft werden… nicht heute. Das würde er nicht mehr überstehen. Nach einer halben Ewigkeit spürte er wie sich der Mann endlich heiß in ihm ergoss. Seine Beine wurden losgelassen und er hing wie ein Stück lebloses Fleisch über die Kante des Tisches und spürte das fremde Sperma seine Beine entlang laufen. OoOoO Jinai Hatori fuhr zu seiner ersten Schicht nach einer Woche. Es war ungewohnt wieder so früh aufzustehen, aber er freute sich auch irgendwie. Jetzt im Nachhinein konnte er sich eingestehen, dass es wirklich zu seinem Besten war, dass Amber ihn freigestellt hatte, auch wenn er zu Anfang gar nicht damit einverstanden gewesen war. So hatte er die Zeit gefunden vernünftig zu trauern. Auch wenn er noch immer nicht hatte weinen können, so hatte er doch die alten Fotoalben ausgegraben und stundenlang darin geblättert. Und das war okay, fand er. Er hatte an alle schönen und weniger schönen Zeiten zurückgedacht und sich von ihr verabschiedet. Jetzt war es nicht mehr allzu schmerzvoll, wenn er an sie dachte. Es war eher so, als hätte man sich von einem Freund verabschiedet, zu dem man den Kontakt leider nicht mehr halten konnte. Und es würde leichter werden. Das war ihm klar. Jetzt sollte er sich wieder ganz auf seine Arbeit und den Kleinen konzentrieren, der bestimmt schon auf ihn wartete. Er hatte gar keine Zeit mehr gehabt mit ihm über seinen Zwangsurlaub zu reden, dafür war das alles zu schnell gegangen, deswegen hoffte er, dass Kris nicht sauer auf ihn war. Aber er glaubte das irgendwie nicht. Er freute sich auf alle und stieg mit einem recht guten Gefühl schließlich ins Auto. Die Fahrt kam ihm ungewöhnlich lang vor, doch irgendwann kam er auf dem Parkplatz des neuen Hauses an. Doch schon als er das Gebäude betrat, spürte er, dass etwas hier ganz und gar nicht stimmte. Die Flure waren wie leergefegt. Keine Schwester saß am Empfangstresen und überhaupt war niemand zu sehen. Was war denn hier los? Sich umsehend ging Jin erst einmal zu den Umkleideräumen und zog sich seine Arbeitssachen an. Als nächstes schaute er ins Büro und ins Übergabebuch. Nichts Außergewöhnliches wie es aussah. Er begann von vorne, das hieß, einen Tag nachdem er in den Urlaub gegangen war, und arbeitete sich dann bis zum heutigen Tag durch. Immer mehr häuften sich rote Einträge. Nichts gegessen. Kaum Einfuhr. Rückfall. Medikamenten Verweigerung… Und noch einiges mehr, was nicht genauer erklärt war. Jin runzelte die Stirn. Was war hier nur los? Und von welchen Patienten schrieben seine Kollegen da? Er beschloss seine Runde zu verschieben und sich erst einmal durch die Akten zu arbeiten, vielleicht bekam er ja da etwas Genaueres heraus. Und wenn einer seiner Kollegen kam, konnte er gleich fragen. Jetzt im Haus zu suchen war sicher sinnlos… die Visite hatte bestimmt bereits angefangen. Also zog er sich den Schieber näher und begann die Berichteblätter der einzelnen Patienten zu lesen. Eine Stunde später war Jin, dank der Berichteblätter und einer detaillierten Ausführung von Cesare voll im Bilde. Er verfluchte Yulia im Stillen für diese unbedachten Worte, die anscheinend eine Lawine bei Kris losgetreten hatten. Das was allerdings am schlimmsten war, war eher das sich die drückende Stimmung auf alle Patienten im Haus übertrug. Das war ihm jedenfalls nach seinem Rundgang klar. Jeder hatte mindestens einen Ausbruch des Schwarzhaarigen mitbekommen und damit schien keiner umgehen zu können. Es wurde also Zeit, dass er auch seinem kleinen Sorgenkind mal einen Besuch abstattete. Cesare hatte ihm berichtet, dass Kris sehr schlecht aß und trank und auch alle Medikamente immer wieder verweigerte. Es schien fast so, als würde er sich absichtlich wieder zurückwerfen um länger bleiben zu können. Aber auch das war nicht möglich. Und das wussten sie alle. Höchstwahrscheinlich auch der Kleine. Jin war nun an dem Zimmer seines Schützlings angekommen und klopfte leise. „Kleiner… hey!“, begrüßte er den völlig abgemagerten Jungen. Wie hatte er in den paar Tagen so viel abnehmen können? Das war ja beängstigend. Als der Andere ihn bemerkte, rannte er in seine Arme und klammerte sich sehnsüchtig an ihn. Na wenigstens daran hatte sich anscheinend nichts geändert. „Was machst du denn für Sachen, Kris?“ Zärtlich streichelte er den zitternden Jungen übers Haar und sah sich im Zimmer um. Dort auf dem Tisch stand noch das Tablett mit dem Frühstück, was die Schwester bestimmt gerade gebracht hatte. „Na, wollen wir gemeinsam Frühstücken?“ Ein verhemmtes Kopfschütteln. „Warum nicht? Du hast doch sicher Hunger oder nicht?“ Wieder ein Kopfschütteln. „Hm… redest du nicht mehr mit mir, oder was?“ Dieses Mal folgte keine Antwort. Stattdessen wand Kris seine Augen ab und biss sich auf die Lippen. So als würde er mit sich kämpfen. Doch es kam nichts weiter. Jin trat einen Schritt zurück und sah den Kleineren an. Es war, als hätte er sich wieder komplett von ihm entfernt. So als hätte irgendjemand hinter seinen wundervollen grünen Augen Stahltüren zugeworfen. Man konnte nichts mehr in ihnen lesen, wie noch Tage zuvor. Er hatte wieder dicht gemacht. Jin seufzte. „Okay. Dann nicht.“ Was sollte er denn machen? Eigentlich konnte er jetzt auch wieder bei null anfangen oder? Das kam doch aufs Gleiche heraus. War die Angst vor dem Leben dort draußen wirklich so groß, dass es sich für Kris lohnte seine Gesundheit auf Spiel zu setzen, nur um länger hier bleiben zu können? Er setzte sich aufs Bett und klopfte neben sich auf die Matratze. Der Schwarzhaarige folgte seiner Geste und setzte sich neben ihn. Auch er schien nicht zu wissen, was jetzt zutun war. „Ich kann dich ja irgendwo verstehen, Kleiner. Natürlich ist es schade, dass du gehen musst. Aber das ist doch keine Lösung; wenn du jetzt deine Gesundheit hier aufs Spiel setzt. Du musst vernünftig essen und trinken.“ Der Angesprochene wich seinen Blicken aus und reagierte auch sonst nicht auf das Gesagte. Langsam wurde es Jin wirklich zu viel. „Verdammt! Wieso machst du das?“, fuhr er den Kleineren an und packte seine Schultern. „Warum redest du nicht mit mir, sondern leidest lieber vor dich hin?! ich verstehe das nicht! Ich dachte du vertraust mir? Warum nicht auch in der Sache?“ Kris war unter dem Ausbruch zusammengezuckt und blickte nun ängstlich zu Jin auf. „Alle sorgen sich um dich! Siehst du das denn nicht?“, redete dieser unbeirrt weiter. „Ich will nicht, dass du dich zu Tode hungerst! Ich will, dass es dir gut geht und dass du glücklich bist!! Verstehst du?“ Und anscheinend waren das die Worte, die wirkten. Jin konnte förmlich sehen, wie die Mauer, die der Schwarzhaarige um sich aufgebaut hatte, wieder in sich zusammen fiel. Er sah die Tränen in den Augen des Anderen. „Du bist mir wichtig, Kris. Also bitte… iss was und dann… dann reden wir, okay?“ Eine einzelne Träne rann über die Wange des Jungen, doch sie wurde sofort von Jin weggewischt. Die Fürsorge, die für den Anderen in ihm schlug überwältigte ihn aufs Neue. Wie kam es, dass ihm ein Mensch den er nicht einmal richtig kannte so wichtig war? Kris nickte, schmiegte sein Gesicht kurz in Jins Hand und stand dann auf, ging zum Tisch und begann tatsächlich zu essen. Sehr langsam und auch nicht viel, aber es war besser als nichts. Sein Körper musste sich auch erst einmal an die Nahrungsaufnahme gewöhnen, die ihm die letzten Tage verwehrt gewesen war. Aber er trank die ganze Kanne Tee leer. Eine Weile beobachtete Jin ihn stumm, ehe er sich ihm gegenüber an den Tisch setzte und wieder das Wort ergriff: „Du hast Angst, hab ich Recht? Angst zurückzumüssen…“ Auch wenn er nicht wusste was bei Kris vorgefallen war, alles was er mitbekommen hatte war schrecklich gewesen und ihm war auch klar, dass sich der Junge nicht einfach so das Leben nehmen wollte. Welcher Mensch tat so etwas ohne Grund? Doch wie sollte er ihm helfen? Er bekam ein Nicken als Antwort. „Das kann ich mir vorstellen. Aber dir ist doch sicher auch klar, dass du hier nicht ewig bleiben kannst, oder? Wir sind ein Krankenhaus kein Asyl…“, sagte er ernst und blickte den Anderen an. „Irgendwann werden wir dich entlassen müssen ob wir nun wollen oder nicht… du kannst nicht bei uns bleiben.“ „Ich will auch nicht bei euch bleiben.“, flüsterte der Kleinere. „Wie meinen?“ „Ich will bei dir bleiben.“ Jin blinzelte. Was? Hatte er das gerade richtig verstanden. OoOoO Endlich… Endlich war er wieder hier und fing ihn auf! Nur in seinen Armen spürte er die Schmerzen nicht mehr… nur bei ihm konnte er alle Qualen seines Lebens vergessen. Kris fragte sich, wie er hatte nur so blind sein können. Es lag eigentlich auf der Hand, er hatte es bloß nicht sehen wollen. Doch jetzt war ihm alles klar. Jin saß ihm gegenüber und blinzelte ihn verständnislos an. „Was hast du gesagt?“, wollte er nun tonlos wissen. Als ob er ihn nicht genau verstanden hätte… aber nun gut. Er wiederholte es so oft wie er es wollte. „Ich will nicht hier bleiben… ich will nur bei dir bleiben“, wiederholte er das Gesagte und blickte den anderen flehend an. „Bitte lass mich bei dir sein.“ „Wie stellst du dir das den vor, Kris?“ „Ich… ich weiß nicht… ich - “ „Das geht nicht. Das weißt du.“ „Bitte… bitte lass mich nicht alleine. Bleib bei mir.“ Ohne es zu wissen, wiederholte er die Worte, die er einst im Traum zu dem anderen gesagt hatte. Dieser zuckte leicht zusammen. „Das würde ich gerne… das musst du mir glauben.“ „Wieso tust du es dann nicht?“ „Ich bin doch jetzt da…“ Kris presste die Lippen aufeinander und schwieg. Ihm war klar, dass es nicht einfach werden würde. Schließlich waren sie auch im Alter ziemlich weit auseinander… außerdem war Jin ja Arzt. Aber war es wirklich so unmöglich? Das konnte er einfach nicht glauben. „Kris…“ Dieser schüttelte nur den Kopf und sprang auf. Es gab nur noch diese eine Chance. Wenn er es nicht schaffte, den Anderen zu überzeugen, würde er weiterhin alleine sein auf dieser Welt. So schnell gab er nicht auf, jetzt wo er endlich jemanden gefunden hatte, der sich für ihn interessierte. Nein! In wenigen Augenblicken hatte er den Tisch umrundet und warf sich Jin in die Arme. schutzsuchend schmiegte er sein Gesicht in dessen Halsbeuge und schlang die eigenen Arme um den Nacken des Dunkelhaarigen. Zu seiner Überraschung zögerte Jin keine Sekunde und umarmte ihn zurück. „Bitte, nimm mich mit zu dir… ich… ich will nicht mehr alleine sein. Lass mich nicht alleine…“ Er wollte nicht betteln, aber irgendwie hatte er das Gefühl nicht mehr damit aufhören zu können. Er spürte Jin schlucken. „Kris… nicht doch.“ „Nein! Ich will nur bei dir sein! Alles andere ist mir egal.“, meinte er fast verzweifelt und sammelte dann alle Kraft und Entschlossenheit für seine nächsten Worte. „Jin… ich… ich liebe dich!“ So jetzt war es raus… Die drei kleinen Worte, die ihn so verletzlich machen würden. Er hatte sich vor den Anderen entblößt. Kris hörte wie Jin scharf die Luft einsog und sich verkrampfte. Innerlich hoffend, dass er ihn nicht zurückstoßen würde, schmiegte er sich enger an den Anderen. Jin war nun der Mensch, der ihn am glücklichsten machen oder ihn vernichten konnte. Er hatte alles in die Hand des Arztes gelegt und war sich dessen absolut bewusst. Und er wartete. OoOoO „Genieß dein Leben solange es noch geht… Denn schon morgen ist es vielleicht zu spät!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)