Eins plus eins macht drei! von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 1: Matsuris Feststellung -------------------------------- Ein neuer Freitag, eine neue Geschichte. Zeitlich spielt sie etwa drei Jahre nach dem aktuellen Stand des Manga; wer diesen aber nicht kennt, sondern nur den Anime ansieht, muss sich trotzdem nicht vor Spoilern fürchten. :D Disclaimer: Alle auftretenden Charaktere gehören Masashi Kishimoto und ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte. Der Plot gehört allerdings mir. Nachtrag: Updates neuer Kapitel finden im Moment aufgrund extremen Zeitmangel nur einmal im Monat statt. Trotzdem möchte ich anmerken, dass es definitiv weitergeht, auch wenn ein Kapitel mal etwas länger auf sich warten lässt. Dann wünsche ich einfach mal viel Spaß beim Lesen! =) ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 1: Matsuris Feststellung Es war mal wieder einer dieser Tage an denen sich Temari im wahrsten Sinne des Wortes zum Kotzen fühlte. Fast noch schlimmer war die Tatsache, dass ihre Brüder sich deswegen auch noch Sorgen um sie machten. „Jetzt geh doch endlich zum Arzt!“, forderte Kankurou sie zum wiederholten Male auf. Seit zwei Wochen verfolgte er nun schon, wie seine Schwester jeden Morgen ihr Frühstück nicht anrührte. Für sie war das allerdings bloß ein sinnvoller Entschluss. Warum auch etwas essen, wenn dieses keine halbe Stunde später den umgekehrten Weg nahm, wie es in ihrem Magen gelandet war? „Lass mich!“, erwiderte sie gereizt. „Mir geht’s gut.“ „Du warst noch nie gut im Lügen.“ Kankurou streute noch mehr Salz in die Wunde. Temari spürte eine unglaubliche Wut in sich aufsteigen. Sie richtete sich vor ihrem Bruder auf und wollte gerade anfangen ihn anzubrüllen, bemerkte dann aber Gaaras mahnenden Blick. „Er hat Recht. Du siehst blass aus. Entweder gehst du ins Krankenhaus oder wenigstens zu Matsuri“, meinte er schließlich ruhig. „Morgen habt ihr eine wichtige Mission und jemanden, der krank ist, kann man da nicht gebrauchen.“ Betreten senkte sie ihren Blick. Ihre Brüder meinten es ja nur gut mit ihr … „Ist gut. Ich hab verstanden“, schloss sie kleinlaut. Ohne ein weiteres Wort verließ sie die Küche und dann das Haus. --- Gedankenverloren schlenderte Temari durch Sunagakure. Was, wenn sie wirklich etwas Ernstes hatte? Sie fühlte sich ja seit Wochen so beschissen … Kurzerhand schlug sie den Weg zu Matsuris Wohnung ein. Inzwischen war sie eine gute Medic-Nin geworden und außerdem vertraute sie ihr mehr als einer fremden Person. Sie klingelte an der Tür und keine Minute später öffnete sie ihr. Die junge Frau sah aus, als wäre sie gerade aus dem Bett gefallen. „Hallo, Temari …“ Matsuri gähnte herzhaft. „Hab ich dich etwa geweckt?“ Temari lächelte entschuldigend. „Ach, nicht wirklich. Ich wollte sowieso gerade aufstehen. Was führt dich zu mir?“ „Na ja“, begann sie zögernd, „mir geht’s in letzter Zeit nicht so gut und Gaara meinte, ich solle mich mal von dir durchchecken lassen.“ „Okay … Dann komm mal rein.“ Temari nahm im Wohnzimmer auf der Couch Platz. „Möchtest du ’ne Kleinigkeit essen oder trinken?“, fragte Matsuri nach. „Nein, lieber nicht.“ Sie lehnte dankend ab. „Höchstwahrscheinlich kommt es mir nämlich wieder hoch.“ „Ist es so schlimm?“ „Ja, leider …“ Sie vermisste es schon, mal wieder eine ordentliche Mahlzeit zu sich nehmen zu können. „Na, dann will ich dem Übel mal auf den Grund gehen.“ Die junge Frau krempelte die Ärmel ihres Schlafanzuges hoch. „Leg dich einfach hin.“ Temari tat, wie ihr geheißen. Matsuri breitete daraufhin ihre Hände über ihrem Körper aus, konzentrierte Chakra und untersuchte sie gründlich. Mit jeder Sekunde wurde ihr Blick düsterer und Temari wurde ganz unwohl dabei. Was hatte das zu bedeuten? „Sag schon!“, platzte es mit einem Mal aus ihr heraus. „Hab ich was Schlimmes oder bin ich vielleicht magersüchtig?“ Die Medic-Nin sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Magersüchtig bist du definitiv nicht.“ „Na, Gott sei Dank.“ Erleichtert atmete sie auf. Das konnte sie wirklich nicht gebrauchen … „Hast du schon was Genaueres herausgefunden?“ „Nein, aber –“ Matsuri stockte und kicherte plötzlich. „Das gibt’s doch nicht …“ „Was denn?“, stieß Temari aufgeregt aus. Was wenn sie eine unheilbare Krankheit oder so etwas Ähnliches hatte? Daran mochte sie gar nicht denken … Ihre Freundin bemerkte ihren verzweifelten Gesichtsausdruck. „Hey, kein Grund, so ’ne Miene zu ziehen“, meinte sie aufmunternd. „Du bist nicht krank. Sogar ganz im Gegenteil.“ „Und warum fühl ich mich dann immer so beschissen?“, entgegnete sie bissig. „Da muss etwas sein!“ „Ja, aber es ist echt nicht schlimm.“ Grinsend ließ sich die junge Frau in den nächsten Sessel fallen. „Na ja, zumindest für die meisten.“ Scheinheilig blickte sie ihre Freundin an und fragte: „Gibt es da vielleicht etwas, das du mir erzählen möchtest?“ „Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, resignierte diese. „Dann sollte ich wohl besser fragen, ob du einen heimlichen Freund hast.“ Temari zuckte kurz zusammen und brachte ein halbherziges „Niemals!“ heraus. „Aha, erwischt!“ Matsuris Grinsen wurde noch breiter. „Tse, von wegen …“ „Ach, komm schon … Ich weiß es doch besser.“ „Du weißt überhaupt nichts!“ „Da muss aber mindestens was mit einem Typ gewesen sein … Mir kannst du es doch sagen.“ Sie zwinkerte ihrer Freundin zu. „Wenn ich aber gar nicht will?“, entgegnete sie stur. „Dann sag ich dir eben nicht, was du hast.“ Neckisch streckte Matsuri die Zunge heraus. „Gut, du hast gewonnen!“, gab sie nach. „Ich geb es ja zu. Und jetzt spann mich nicht weiter auf die Folter.“ „Geht doch“, entgegnete sie fröhlich. „Ganz einfach: Die Übelkeit hat eine bestimmte Ursache. Du bist nämlich schwanger!“ Temari versteinerte. Ein ungläubiges „Was?“ war das Einzige, das sie herausbrachte. Ihr Gegenüber lächelte hingegen und nickte bestätigend. „Herzlichen Glückwunsch! Du kriegst ein Baby!“ Sie schüttelte den Kopf. „Das kann nicht sein … Du verarscht mich doch!“ „Nein, Irrtum ausgeschlossen“, widersprach Matsuri sofort. „Du wirst tatsächlich Mama.“ Temari sank zurück auf die Couch. „Och, nö …“, murmelte sie vor sich hin. Adieu, Leben als Ninja … „Wahnsinn, wie du dich darüber freust“, merkte ihr Gegenüber daraufhin ironisch an. Die Kunoichi seufzte und sah ihre Freundin undefinierbar an. „Das täuscht nur. So scheiße, wie es im Moment scheint, finde ich die Tatsache gar nicht …“ Ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen. „Es ist nur so … plötzlich.“ „An den Gedanken wirst du dich sicher gewöhnen“, meinte die junge Frau zuversichtlich. „Und wenn nicht, gibt es da noch andere Möglichkeiten …“ „Hör auf“, unterbrach Temari sie. „Das kommt unter keinen Umständen infrage. Irgendwie krieg ich das schon auf die Reihe.“ „Bestimmt. Und wenn du einen Babysitter brauchst, steh ich dir gerne zur Verfügung.“ „Danke.“ Das war schon beruhigend … „Verrätst du mir jetzt auch, wer der Vater ist?“, hakte Matsuri neugierig nach. „Ist es jemand aus diesem Dorf? Kenn ich ihn?“ „Nein, du kennst ihn höchstens flüchtig.“ Temari hielt sich kurz. „Also einer aus Konoha! Dieser Naruto vielleicht?“, riet sie einfach drauflos. „Willst du mich beleidigen?“, empörte sie sich. „Ich lass mich doch nicht auf so ’nen Kindskopf ein.“ „Wieso? Er ist doch eigentlich ganz nett … Wen kenn ich denn noch?“ Sie überlegte einen Augenblick. „Da war noch so einer mit buschigen Augenbrauen … Lee oder wie der hieß … Oder noch der Typ mit den Käfern …“ „Ganz falsch. Gib es auf, du errätst es doch nicht.“ „Wie auch, wenn ich die alle nicht richtig kenne? Jetzt raus mit der Sprache. Freunde erzählen sich schließlich fast alles!“, argumentierte sie. Temari blieb gelassen. „Die Betonung liegt auf fast. Ich schweig immerhin schon fast drei Jahre.“ „Drei Jahre?“ Matsuris Augen weiteten sich. „Ja, und bisher weiß es so gut wie keiner.“ Sie grinste überlegen. „Wozu auch, wenn wir uns nur so selten sehen? Mein letzter Besuch in Konoha ist schließlich wieder über zwei Monate her.“ „Und die Gelegenheit hast du genutzt, wie man bald sehen wird.“ „Sehr lustig“, merkte Temari trocken an. „Ach, komm schon.“ Ihre Freundin setzte einen bittenden Blick auf. „Ich sag es auch nicht weiter, versprochen!“ „Anstatt mich auszufragen, solltest du lieber zusehen, wie du bei Gaara landest“, konterte sie frech. „Aber du darfst gerne weiterraten.“ „Ich bin nicht … in Gaara …“, stammelte sie mit hochrotem Kopf los, besann sich dann aber wieder. „Na, schön! Jetzt musst du es mir aber erst recht verraten!“ „Ja, ich sag dir Bescheid, wenn du es erraten hast.“ Temari ließ nicht locker. „Och, Mann … Du bist echt fies!“, beschwerte sich Matsuri, um anschließend das Ratespiel fortzusetzen. „Kiba, der mit dem großen Hund.“ „Nein.“ „Dieser Hyuuga …“ „Ganz sicher nicht.“ „Dann war da noch … Ähm … Chouji?“ „Völlig falsch!“ „Jetzt hab ich es!“ Der Kunoichi schien ein Licht aufzugehen. „Liegt doch auf der Hand. Es ist der, mit dem du seit Jahren die Chuunin-Prüfung zusammen machst!“ Sie grinste. „Shikamaru! Hab ich Recht?“ „Tja … Du tust besser daran, aufzugeben.“ „Er ist es also nicht?“, stellte sie enttäuscht fest. „Ist es vielleicht jemand älteres?“ „Möglich.“ Temari zuckte nichtssagend mit den Schultern. „Du findest es schon irgendwann heraus. Ich geh dann jetzt auch mal.“ „Okay, aber vergiss nicht, dich im Krankenhaus richtig untersuchen zu lassen“, warf ihre Freundin ein. „Ja, mach ich“, versprach Temari. „Und du fass dir endlich mal ein Herz und bitte Gaara wenigstens um ein Date.“ Sie blinzelte verschwörerisch. „Nur weil er Kazekage ist, brauchst du dich nicht zu genieren und den Kopf wird er dir auch nicht abreißen. Außerdem weiß ich zufällig, dass er dich mag. Und da gibt es wirklich nicht viele Leute, die sich dazu zählen können.“ Eine sprachlose und puterrote Matsuri hinter sich lassend, verließ sie die Wohnung. ════════════════════════════════════════════════════ So viel schon mal zum Anfang. Wer raten möchte, wer denn nun als Vater infrage kommt, darf es gerne tun. Verraten werde ich es nämlich erst in Kapitel Vier. :D Kapitel 2: Gute oder schlechte Nachricht? ----------------------------------------- @ : Na ja, bis Kapitel Vier sind es nun ja nur noch zwei Wochen. Und die Zeit vergeht ja sowieso immer schneller, als man denkt. :D @ : Okay, ›wissen‹ war vielleicht etwas zu hoch gegriffen von mir, aber immerhin hast du ja festgestellt, wer als Vater ausgeschlossen ist und wer eventuell doch infrage kommt. Das ist doch auch schon mal was. :) Ich hoffe, dass ich die Verhütungsfrage zufriedenstellend auflösen kann. Aber wie gesagt, eine Wir-sind-zu-blöd-zum-Verhüten-Story gibt’s bei mir nicht. @ : Mit Matsuri x Gaara kann ich wohl eher nicht dienen. Die Geschichte wird größtenteils in Konoha spielen und ich kann ja schlecht halb Suna dorthin versetzen. Auftreten werden die beiden aber auf alle Fälle noch mal. :D @ all: Vielen Dank für eure Kommentare! =) Mal schauen, ob ich euch mit dem Vater überraschen kann. Dann viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 2: Gute oder schlechte Nachricht? Temari schaute in den strahlend blauen Himmel und genoss die Morgensonne. Eine leichte Brise wehte ihr um die Nase. Der frische Wind tat ihr unglaublich gut. Ach, wäre das Wetter in Sunagakure doch jeden Morgen so gewesen … Sie dachte an das Baby. Inzwischen kam ihr der Gedanke, dass ein neues Leben in ihr heranwuchs, auch gar nicht mehr befremdend vor. Ja, irgendwie verspürte sie sogar eine Art Vorfreude, wenn man es zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon so nennen konnte. Nach einiger Zeit raffte sie sich wieder auf. Den Krankenhausbesuch wollte sie schließlich so schnell wie möglich hinter sich bringen. Temari musste grinsen. Sie freute sie sich jetzt schon auf den blöden Gesichtsausdruck von Kankurou, wenn er davon erfuhr … --- Eine halbe Stunde später verließ sie das Krankenhaus mit noch besserer Laune. Lächelnd betrachtete sie ihr erstes Ultraschallbild. Kaum zu glauben, dass so ein kleines Würmchen in ein paar Monaten ein richtiger Mensch sein würde … Einen Moment fixierte sie ihren Blick auf das Geschriebene am Rand des Bildes. Sie war schon in der zwölften Woche. Merkwürdig, dass sie es nicht eher bemerkt hatte, aber das spielte nun ohnehin keine Rolle mehr. Grinsend steckte sie die Aufnahme weg. Der Gedanke daran fing allmählich an ihr zu gefallen. Sehr sogar. Sie machte sich auf den Weg zu ihr nach Hause. Ungeduldig, wie sie war, konnte sie es natürlich kaum noch erwarten, ihren Brüdern die Neuigkeit auf die Nase zu binden … Letztendlich klopfte sie an die Tür von Gaaras Büro. Ihr jüngster Bruder bat sie herein und so betrat sie den Raum. Kankurou war ebenfalls anwesend. Anscheinend hatten sich die beiden über irgendetwas unterhalten. Das kam ihr wirklich gelegen … „Und was hat Matsuri gesagt?“, wollte der Marionettenspieler wissen. „Einiges“, erwiderte sie gleichmütig. „Aber um auf den Punkt zu kommen: Ich bin nicht krank.“ „Aber …“, widersprach er, wurde jedoch unterbrochen. „Nett, dass du dir solche Sorgen machst. Ich hab aber keine Krankheit, Nii-chan“, erklärte Temari rasch. „Wenn du das sagst …“ Kankurou gab sich zufrieden und wechselte abrupt das Thema: „Gaara und ich sprachen gerade über die morgige Mission.“ „Gutes Stichwort“, äußerte sie sich. „Ihr werdet jemand anderen einplanen müssen. Ich verzichte nämlich.“ „Ich dachte, du bist gesund“, meinte der Ältere ihrer Brüder ungläubig. Seit wann ließ seine Schwester freiwillig einen Auftrag sausen? Temari überhörte ihn und fuhr fort: „Des Weiteren werde ich auf unbestimmte Zeit auch an keiner anderen Mission teilnehmen.“ Nun fiel Kankurou völlig vom Glauben ab. „Du musst krank sein, wenn du so einen Scheiß von dir gibst!“ Er war ganz außer sich. „Ich glaub dir kein Wort!“ „Es ist aber so.“ Sie grinste ihn an. „Das ist mein voller Ernst. Es ist einfach zu gefährlich für mich …“ „Du spinnst doch total!“, regte er sich weiter auf. „Bild dir bloß nicht ein, dass du dich vor allem drücken kannst!“ „Ich tu es aber trotzdem.“ Temari war noch immer vollkommen gelassen. Doch sie fragte sich bereits, wann Gaara eingreifen würde … Der Kazekage verzog trotz allem keine Miene und schwieg beharrlich. „Dann müssen wir dich wohl …“, keifte Kankurou bedrohlich weiter. „KANKUROU!“ Gaara erhob seine Stimme. „Wir können sie nicht zwingen.“ Er wandte sich an seine Schwester und sagte in deutlich sanfterem Tonfall: „Kannst du deine Entscheidung wenigstens begründen? Du weißt, dass das für uns eine Schwächung bedeutet.“ „Natürlich“, meinte Temari. „Suna beschützen ist Priorität, aber es gibt etwas, das mir jetzt wichtiger ist.“ „Was ist schon wichtiger als ein ganzes Land?“, rief Kankurou dazwischen. „Schon gut, ich sag es ja schon, Onkelchen.“ Sie tat genervt. „Nenn mich nicht so“, erwiderte dieser. „Ich bin immer noch dein Bruder.“ Temari warf einen Blick auf Gaara, doch sie konnte nicht erkennen, was er gerade dachte. „Ja, aber bald bist du Onkel, du Idiot!“, klärte sie provozierend auf. „Ich bekomme nämlich ein Kind!“ Augenblicklich verlor Kankurou seinen Ärger und ihm entglitten sämtliche Gesichtszüge. Temari amüsierte sich prächtig über diesen Anblick. Das war ja noch besser als erwartet … Letztendlich zog sie das Ultraschallbild hervor und drückte es ihm breit grinsend in die Hand. Der Marionettenspieler musterte es sprachlos. Nach und nach verfinsterte sich sein Blick, bis er schließlich losbrüllte: „Den Scheißkerl mach ich fertig! Sag mir, wer dir das angetan hat und ich zerleg ihn in all seine Einzelteile!“ Temari baute sich vor ihm auf. „Das wirst du mit Sicherheit nicht tun. Diesen Scheißkerl, wie du ihn nennst, liebe ich nämlich!“ „Was?“, meinte er verdutzt. „Wie geht das denn?“ „Ja, kaum zu glauben, aber auch ich bin in der Lage, Gefühle zu empfinden“, merkte sie bissig an. Kankurou gab daraufhin etwas Unverständliches von sich, fing sich allerdings wieder. „Und warum haben wir dann die ganze Zeit nichts mitgekriegt?“ „Du kannst auch nichts mitbekommen haben, wenn ich ganz woanders war.“ „Konoha?“ „Genau.“ „Komisch, dass Sakura nie was in ihren Briefen erwähnt hat …“, sprach er seine Gedanken laut aus. „Sie weiß ja auch nichts davon. Wie fast alle anderen“, gab Temari als Erklärung ab. „War nicht ganz einfach, das die letzten drei Jahre geheim zu halten.“ „Jahre?“ „Du hast es erfasst.“ „Und das, obwohl du sonst so ’ne Labertasche bist.“ „Im Gegensatz zu dir häng ich mein Privatleben nicht an die große Glocke und muss jede Kleinigkeit herumerzählen“, konterte die Kunoichi. „Ich erinnere mich noch daran, als du Baki-san und uns von deinem Date mit Sakura zugetextet hast. Wow, es gibt tatsächlich eine Frau, die dich mag!“ „Im Gegensatz zu dir ist sie wenigstens etwas Besonderes!“, schnauzte Kankurou zurück. „Jetzt hast du es mir aber gegeben!“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Bevor er noch etwas entgegnen konnte, mischte Gaara sich ein. „Schluss jetzt! Wenn ihr euch streiten wollt, tut das bitte woanders.“ „Tse“, machte der Ältere. „Ich war sowieso fertig.“ Temari wandte sich daraufhin an ihren jüngsten Bruder. „Und reicht das nun als Grund, von sämtlichen Missionen befreit zu sein?“ „Natürlich.“ Er lächelte kurz und nickte. „Solange du willst.“ „Danke“, sagte sie erleichtert. Dann drehte sie sich um und verließ den Raum. Geschäftsmäßig ging Gaara wieder zum ursprünglichen Thema über. „Und wen schlägst du als Ersatz vor?“ „Keine Ahnung …“, erwiderte Kankurou tonlos. --- Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Temari genoss die Zeit richtig, seit Kankurou auf Mission war. Zwar hatte sie immer noch Gaara um sich, der war allerdings im Gegensatz zu seinem Bruder ein äußerst angenehmer Mitbewohner, der keine überflüssigen Fragen stellte. Zudem war er als Kazekage auch genug beschäftigt. Diesen Tag hatte sie wie meist draußen vertrödelt. Nun saß sie auf dem Balkon und beobachtete den Sonnenuntergang. Zufrieden streichelte sie ihren Bauch. Noch konnte sie ihn verstecken, aber in spätestens einem Monat war auch damit Schluss. Langsam wurde es wirklich Zeit, nach Konoha zu gehen. Es musste ja schließlich nicht jeder auf den ersten Blick sehen, dass sie schwanger war … Seufzend stand sie auf und ging ins Haus zurück, um ein paar Sachen zu packen. Als sie das erledigt hatte, schlenderte sie in die Küche. Gaara saß am Tisch und aß das, was vom Mittagessen übriggeblieben war. Temari setzte sich zu ihm und schnappte sich einen Apfel, in den sie genüsslich hinein biss. „Ist Kankurou immer noch nicht zurück?“, fragte sie, als sie den Bissen aufgekaut hatte. Der Kazekage schüttelte den Kopf. „Was für ein Lahmarsch“, meinte sie daraufhin. „Mit mir wär die Mission sicher schneller gegangen“, scherzte sie. Ein kleines amüsiertes Grinsen huschte über seine Lippen. Temari grinste ebenfalls. Gaara war vielleicht nicht mehr ganz so stark wie früher, aber ansonsten hatte es ihm nur gut getan, dass man ihm Shukaku entzogen hatte. In dem Punkt hatte Akatsuki tatsächlich mal etwas Sinnvolles angestellt … Trotzdem war es beruhigend, dass das letzte Mitglied schon vor einiger Zeit aus dem Verkehr gezogen worden war. „Ach, ich verschwinde morgen übrigens für einige Tage nach Konoha“, merkte sie beiläufig an. „Wegen dem Kind?“ Seine Frage war mehr eine Feststellung. „Genau.“ „Verrätst du mir vorher noch, wer der Vater ist?“ „Du bist neugierig.“ Temari musste schmunzeln. „Aber warum sollte ich es gerade dir verraten?“ Er zuckte mit den Schultern und argumentierte dann: „Ich bin der Kazekage. Ich könnte dir also befehlen, es mir zu sagen.“ Ein ungewohnt dreistes Grinsen zierte sein Gesicht. Die Kunoichi war ein wenig erstaunt. Solche Worte gerade von ihm … Aber wahrscheinlich ging die Vorstellung, dass er bald Onkel wurde, doch nicht ganz spurlos an ihm vorbei. „Okay, ich sag es dir, wenn du mir versprichst, keine Anbu auszuschicken, um ihn umbringen zu lassen“, witzelte sie noch. „Das würde mir nicht im Traum einfallen“, entgegnete ihr jüngster Bruder sofort. „Sehr beruhigend.“ Sie grinste. „Also …“ „Er?“, äußerte er sich. „Ich dachte, er geht dir mit seinem Gequatsche immer so auf die Nerven.“ „Ja, und das schafft er auch immer noch.“ Verlegen kratzte sie sich am Kopf. „Aber an ›Was sich liebt, das neckt sich‹ scheint wirklich etwas dran zu sein. Das Leben geht manchmal echt seltsame Wege.“ Sie musste lächeln. „Ich bereue es aber trotzdem nicht.“ Temari stand auf und warf das Kerngehäuse des Apfels in den Müll. „Na dann, gute Nacht. Ich will morgen früh los.“ „Du kannst es wohl gar nicht mehr abwarten“, merkte Gaara lächelnd an. „Na ja, ich freue mich einfach, ihn wiederzusehen. Das ist alles.“ „Soll ich dich nicht vielleicht ganz nach Konoha versetzen? Ich denke nicht, dass Hokage-sama unter diesen Umständen etwas dagegen haben wird“, schlug er vor. „Kann ich dich und Kankurou denn hier alleine lassen?“, gab sie mit einem Grinsen zurück, bevor sie die Küche verließ. Trotzdem war der Vorschlag ihres Bruders eine ernsthafte Überlegung wert … ════════════════════════════════════════════════════ Szenen mit Kankurou machen mir wirklich Spaß. Von daher ist es doch irgendwie schade, dass ich ihn in nächster Zeit erstmal nicht auftreten lasse. Und mein voraussichtlich einziger Ausflug bei den Jüngeren in die Nebenpairings ist somit auch enthüllt. Kankurou x Sakura ist zwar doch recht exotisch, aber doch mal was erfrischend anderes, oder? :D Kapitel 3: Zurück in Konoha --------------------------- @ : Sasuke als Vater? OMG! Zu jedem anderen Tipp hätte ich mich jetzt ausgeschwiegen, aber ich verrate wohl nicht zu viel, wenn ich sage, dass ich den Charakter, den ich am wenigsten leiden kann, unter keinen Umständen mit Temari verkuppeln würde. Diese Vorstellung ist einfach zu gruselig ... *schauder* Na ja, ich finde ja nicht gerade, dass Gaara (vorallem seit dem Zeitsprung) für seine Gefühlsausbrüche bekannt ist. Kankurou ist die Rolle meiner Meinung nach aber quasi auf den Leib geschneidert. Aber das mag vielleicht ja jeder anders sehen. Und nein, Temari hat nicht gelogen. Ich sag nur eins: Zwischen den Zeilen lesen! ;D @ : Keine Bange, von Kankurou wird's irgendwann noch mehr in die Richtung geben. :D Ach, so würde ich das nicht sehen. Jemand, der Konflikten lieber aus dem Weg geht, könnte dem anderen gerade deswegen doch auf den Keks gehen, oder? @ : Ein paar deiner potenziellen Anwärter auf die Vaterrolle werd ich dir in diesem Kapitel wohl schon widerlegen – oder eben auch nicht. ;) @ : Tja, die guten alten Klischeesprüche. Wer kommt dafür auch besser als Kankurou in Frage? Die böseste Überraschung hab ich mit Sasuke ja schon ausgeschlossen. Für alles andere geb ich aber (noch) keine Garantie. :D @ alle Kommentatorinnen und Kommentatoren: Vielen Dank für eure Reviews! :) Dann viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 3: Zurück in Konoha Fünf Tage brauchte sie nach Konoha. Schließlich stand sie vor dem Haupttor des Dorfes und überlegte, was sie zuerst tun sollte. Wahrscheinlich war es das Beste, sich erst einmal beim Hokage zu melden, auch wenn sie diesmal nur als Besucher hier war. Auf dem Wachposten war heute nur Kamizuki Izumo. Sie ging zu ihm herüber und grüßte ihn. „Ist Kotetsu heute gar nicht da?“, fragte sie ihn. Izumo schüttelte den Kopf. „Nein, er hat heute frei. Und was machst du hier? Die Chuunin-Prüfung findet doch erst wieder in einigen Wochen statt.“ „Ich mache nur ein bisschen Urlaub“, erwiderte sie lächelnd. „Muss auch mal sein.“ „Stimmt. Mein Letzter ist auch schon viel zu lange her.“ Der Chuunin grinste. „Dann wünsch ich dir viel Spaß.“ „Danke.“ Temari setzte ihren Weg fort und stand eine Viertelstunde später vor dem Büro des Hokage. Sie klopfte an die Tür und es dauerte nicht lange, da ertönte ein „Herein“ von der anderen Seite. Als sie den Raum betrat, sah Hatake Kakashi von einem Stapel Papier auf. „Guten Morgen, Hokage-sama.“ Temari deutete eine leichte Verbeugung an. „Das wünsche ich dir auch“, entgegnete er freundlich. „Gaara hat mich bereits von deinem Auftauchen in Kenntnis gesetzt. Was genau treibt dich denn hierher?“ „Eigentlich nichts Besonderes. Ich hab Urlaub und da dachte ich, ich könnte ein paar private Kleinigkeiten regeln“, erklärte sie. „Natürlich nur, wenn ich hier sein darf.“ „Selbstverständlich. Du bist immerhin unsere stärkste Verbindung zu Sunagakure. Warum sollte ich also gerade dir nicht erlauben, dich hier mal als Touristin aufzuhalten?“ „Vielen Dank.“ Im Grunde hatte Temari auch nichts anderes erwartet. „Hat Gaara eigentlich noch etwas Genaueres geschrieben?“ „Nein, nur eine Nachricht, dass du auf unbestimmte Zeit herkommst“, antwortete Kakashi. „Die Wohnung, die du hier immer belegst, steht auch schon für dich bereit.“ Er wühlte kurz in einer Schublade herum, zog den Schlüssel hervor und reichte ihn ihr daraufhin. Dankbar nahm sie ihn entgegen. „Dann viel Erfolg dabei, was du auch immer zu regeln hast.“ Der Rokudaime blinzelte ihr kurz verschwörerisch zu. Temari fragte sich, ob er mit seinem Sharingan vielleicht etwas bemerkt hatte, doch da es verdeckt war, war das wohl mehr als unwahrscheinlich. „Es wird schon schief gehen“, schloss sie lächelnd. Sie verließ das Gebäude und ging zu der Wohnung, um ihre Tasche mit den wenigen mitgebrachten Sachen abzuladen. Im Wohnzimmer öffnete sie zuallererst die Fenster, um zu lüften. Dann nahm sie ihren Fächer ab, lehnte ihn gegen die Wand und setzte sich anschließend auf die Couch. Sie löste ihr Stirnband und betrachtete es einen Augenblick. Als Besucherin brauchte sie es momentan wohl nicht … Deswegen platzierte sie es sorgfältig zusammengelegt auf dem Tisch. Anschließend blickte sie auf die Uhr. Es war fast Mittag. Bevor sie sich allerdings etwas zu essen gönnte, begab sie lieber noch einmal unter die Dusche. Das hatte sie nach der Reise mehr als nötig. Als Temari das geschafft hatte, warf sie sich in ein frisches T-Shirt und einen Rock und kämmte ihre Haare. Ein Blick in ihre Bürste ließ sie laut seufzen. Momentan verlor sie wohl mehr Haare an einem Tag als sonst in einer halben Woche. Wenn das so weiterging, waren sie bald so dünn wie die ihrer verstorbenen Mutter … Na ja, immerhin standen sie dann nicht mehr so widerspenstig zu allen Seiten ab. Das hatte auch irgendwie ihr Gutes. Ihr knurrender Magen holte sie in die Realität zurück. Es war höchste Zeit, um etwas zu essen … Sie musste nicht lange überlegen um zu entscheiden, welchen Laden sie aufsuchen würde. Ihre erste Wahl war natürlich Ichiraku’s. Dort gab es die mit Abstand besten Ramen mit Miso-Geschmack und auf die freute sie sich jedes Mal wieder. Also machte sie sich auf den Weg dorthin. Als Temari dort ankam, saßen Uzumaki Naruto und Umino Iruka ebenfalls in der Ramen-Bude, nahmen ihr Mittagessen ein und quatschten über frühere Zeiten. Sie grüßte beide flüchtig und bestellte sich eine Portion ihrer Lieblingssorte. Schließlich nahm sie den ersten Bissen zu sich. Die Nudeln schmeckten einfach köstlich … Zu dumm, dass noch niemand auf die Idee gekommen war, einen Ramen-Stand in Sunagakure zu eröffnen. Aber wahrscheinlich hatte ohnehin niemand großartig Lust in der Hitze etwas Heißes zu essen. Sie aß auf, bezahlte und verabschiedete sich letztendlich von allen Anwesenden. Kurz dachte sie darüber nach, wohin sie gehen sollte, beschloss dann aber ziellos durch Konoha zu wandern. Vielleicht würde sie ihn dabei ja zufällig treffen … --- Vor einem Eiscafé traf sie das nächste bekannte Gesicht. Sakura saß draußen und genoss eine Eisschokolade. Schon von weitem winkte sie ihr zu. Die Suna-Kunoichi ging daraufhin zu ihr. „Hey!“, grüßte Sakura sie freundschaftlich. „Setz dich doch.“ „Danke.“ Temari ließ sich kein zweites Mal bitten. „Wartest du auf jemanden?“ „Ja, Ino wollte mich hier treffen. Sie meinte, sie hat eine Überraschung für mich oder so“, entgegnete sie. „Und was führt dich her? Die Chuunin-Prüfung ist ja noch eine Weile hin.“ „Ich mache nur Urlaub“, erwiderte sie lächelnd. Ihre Freundin lächelte ebenfalls. „Der scheint dir ja richtig gut zu tun, so wie du gerade strahlst.“ „Ach, tatsächlich?“, fragte Temari überrascht. „Oh ja, und wie!“ Sie grinste. „Hab ich irgendwas verpasst?“ „Vielleicht …“ Das weckte Sakuras Neugier. „Mir als deiner voraussichtlich zukünftigen Schwägerin kannst du es doch sagen“, argumentierte sie. „Tut mir leid: Nein.“ Temari blieb unbeeindruckt. „Wenn du etwas wissen möchtest, frag Kankurou.“ „Schade …“ Die junge Frau seufzte. „Apropos: Wie geht es ihm eigentlich?“ „Ich denke gut. Als ich abgereist bin, war er noch auf Mission. Nur eine läppische im B-Rank. Also nichts Großartiges.“ „Dann bin ich ja beruhigt.“ Sakura lächelte. Die beiden unterhielten sich noch einige Minuten, bis schließlich Ino um die Ecke kam. Sie trug einen unübersehbaren Strauß mit pinken und roten Rosen vor sich her. „Hi, ihr Zwei“, grüßte sie sie. „Deine Überraschung, Sakura!“ Ganz perplex nahm sie die Blumen entgegen und las das kleine Schild. Auf ihm stand: »In Liebe, Kankurou«. Ino setzte sich und meinte: „Ihr wisst gar nicht, wie schwer es war, den zu binden. Deswegen komm ich auch erst so spät.“ „Kein Problem. Dafür ist er ja auch richtig toll geworden.“ Sakura roch an einer Rose. Dann wühlte Ino kurz in ihrer Tasche herum und zog einen Brief hervor. „Der hier ist auch noch für dich.“ Ihre Freundin öffnete ihn und fing an zu lesen. „Die Mission scheint er gut überstanden zu haben“, merkte sie nebenbei an. „Und …“ Sie stieß ein „Oh!“ aus. „Ich glaub ’s nicht!“ Temari ahnte bereits, was der Grund für Sakuras Aufschrei war. Kankurou konnte wirklich ein Plappermaul sein … Bevor man ihr unangenehme Fragen stellte oder überschwänglich beglückwünschte, machte sie sich besser aus dem Staub … „Was schreibt er denn?“ Neugierig blickte Ino ihrer Freundin über die Schulter. „Er wird Onkel!“ Sakura lachte auf. „Jetzt weiß ich, was du mir …“ Sie hielt inne und blickte auf den Stuhl, auf dem Temari bis vor Kurzem noch gesessen hatte. „Hast du sie gehen sehen?“, fragte sie Ino. „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. --- Temari atmete auf. Das war gerade noch mal so gut gegangen … Sie wusste allerdings, dass sie den beiden nicht entkommen konnte. Früher oder später würde sie eine von ihnen treffen. Irgendwie kam sie sich auch ein bisschen dumm vor, dass sie sich so anstellte und genierte. Der Gedanke, dass alle sie in Watte packen würden, weil sie von ihrer Schwangerschaft wussten, grauste sie schon ein wenig … Unter keinen Umständen wollte sie von allen Seiten betüdelt werden und das ging nun mal am besten, wenn so wenige Leute wie möglich davon wussten. Zumindest vorerst. Also schlenderte sie weiterhin durch die Straßen. Als sie am Yakiniku Q vorbeikam, erhaschte sie einen Blick auf Akimichi Chouji und seinen Vater Chouza, die sich gerade gehörig den Magen vollschlugen. Sie ließ ein Grinsen aufblitzen und ging weiter. Es verschlug sie zum Trainingsplatz von Konoha. Dort führten Rock Lee und Hyuuga Neji einen Trainingskampf. Temari hatte keine Ahnung, welchen von ihnen sie favorisieren sollte, da es sehr ausgeglichen schien. Ihr Teammitglied Tenten hockte auf einem Baumstamm und feuerte lautstark abwechselnd beide an. Ein Stückchen weiter picknickte das ehemalige Team Acht. Yuuhi Kurenai beobachtete stolz ihren dreijährigen Sohn, der auf Akamaru ritt. Hyuuga Hinata und Inuzuka Kiba lachten herzhaft über diesen Anblick und Temari meinte, sogar ein kleines amüsiertes Grinsen bei Aburame Shino zu erkennen. Sie winkte der Gruppe kurz zu und machte anschließend kehrt. Unwahrscheinlich, dass sie ihm hier begegnen würde … --- Da heute Freitag war, zog es sie im Dorf zum Wochenmarkt. Ein Blick auf den ersten Obst- und Gemüsestand reichte, um ihren Hunger auf Erdbeeren zu wecken. Also kaufte sie sich eine Schale und nahm auf der nächsten freien Bank Platz. Genüsslich biss sie von der Ersten ab. Sie schmeckte himmlisch … Das war wohl zweifelsfrei die beste Erdbeere, die sie je gegessen hatte. Anscheinend hatte der veränderte Geschmackssinn, den schwangere Frauen häufig hatten, doch sein Gutes … Schließlich lehnte sie sich zurück und sah in den strahlend blauen Himmel. Nicht eine Wolke war zu sehen … Kaum zu glauben, dass es erst Mitte April war. Normalerweise war das Wetter um diese Jahreszeit lange nicht so gut. Seufzend schloss sie die Augen, um die Frühlingssonne zu genießen. Allein sie war ein Grund mehr, Konoha Suna irgendwann vorzuziehen … Vielleicht sollte sie sich hier tatsächlich ganz niederlassen. In Sunagakure war es zwar nicht schlecht, aber hätte sie als Kind die Wahl gehabt, wäre sie wohl lieber in Konoha aufgewachsen. Nicht nur das Klima, sondern auch die Ninja-Ausbildung war in einigen Punkten deutlich besser. Ja, es sprach wirklich einiges für dieses Dorf … ════════════════════════════════════════════════════ Kakashi als Hokage ... Da Kishimoto sich in dem Punkt ja so ziert, bin ich ihm einfach mal zuvor gekommen.^^ Das mit dem Haarausfall ist übrigens keine künstlerische Freiheit meinerseits. Schwangere können dazu neigen – oder sie bekommen vollere Haare, was Temari aber wirklich nicht nötig gehabt hätte. :D Die Szene mit Kurenai mag ich übrigens besonders. Mit Asumas Tod musste sie schließlich genug ertragen und dann ist es doch mal schön, sie wieder fröhlicher zu sehen. Finde ich zumindest. :) Kapitel 4: Die Beobachtungsgabe einer Mutter -------------------------------------------- @ : Yeah, ich wurde durchschaut! Na, mal schauen, ob das auch wirklich so ist. ;) Na ja, das mit Kakashi ist wohl auch so ’ne Geschmacksfrage. Ich finde schon, dass er sich für den Posten eignet. Aber meine Meinung ist ja schließlich kein Gesetz. :D @ : Das „Zwischen den Zeilen“-Lesen bringt wirklich nur im ersten Kapitel was. Von daher hoffe ich, dass du deine Zeit nicht damit verschwendet hast, das Dritte noch öfters zu lesen. Und nein, Kakashi ist immer noch kein Hokage. Das war bloß eine künstlerische Freiheit meinerseits. :D @ : Ui, hoffentlich ärgerst du dich die nächste Zeit nicht zu sehr. Aber am besten lässt du dich wohl überraschen. ;D @ : Gar kein Problem. Das „echte“ Leben geht schließlich vor. :) Und endlich ist mal jemand auf meiner Seite, was Kakashi betrifft. :D @ all: Dankeschön für eure Kommentare! :) Heute hat das Rätselräten ja zum Glück ein Ende. Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 4: Die Beobachtungsgabe einer Mutter „Was machst du denn hier?“ Eine Frauenstimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie schaute sich um und erkannte eine Frau mittleren Alters, die vollgepackt mit einigen Einkaufstüten war. Nara Yoshino … Da Temari während der Chuunin-Prüfung viel mit Shikamaru zu tun hatte, hatte sie irgendwann unweigerlich auch die Bekanntschaft mit seiner Mutter gemacht. Yoshino hatte zwar auf den ersten Blick sehr streng gewirkt, aber im Grunde war es nur ihre Art, ihre Fürsorge an den Tag zu bringen. „Hallo.“ Die Kunoichi sprang auf. „Soll ich Ihnen beim Tragen helfen?“ „Das wäre sehr nett von dir.“ Sie lächelte zustimmend. „Aber nenn mich doch Yoshino. So fremd sind wir uns schließlich nicht.“ „Ah, okay.“ Sie nahm der Frau zwei von den schweren Tüten ab und verstaute in einer von ihnen ihre restlichen Erdbeeren, die sie nur ungern zurücklassen wollte. --- Ein paar Minuten später lud Temari sie auf dem Küchentisch im Haus der Naras ab. Danach musste sie sich erst einmal setzen, da sich an ihrer linken Seite ein unangenehmes Ziehen ausgebreitet hatte. Wenn sie sich mit dem bisschen Tragen schon zu viel zugemutet hatte, konnten die nächsten Monate echt was werden … Yoshino räumte in der Zwischenzeit das Eingekaufte an ihren Platz. Dann suchte sie einige Zutaten zusammen. Anscheinend wollte sie etwas backen. Temari beobachtete sie eine Moment lang. Schließlich fing die Frau ihren fragenden Blick auf. „Ich mache einen Obstkuchen für Choujis Vater. Er hat morgen Geburtstag.“ Sie maß mit dem Messbecher Mehl ab. „Hast du heute noch etwas Wichtiges vor?“ „Nein. Ich streif nur sinnlos durch die Gegend“, entgegnete sie. „Gut. Ich würde mich wirklich freuen, wenn du bis nach dem Abendessen bleiben würdest. Meine beiden Jungs sind meist unterwegs und da freue ich mich über Gesellschaft.“ „Gerne. Kann ich irgendwo helfen?“ „Wenn du möchtest, kannst du das Obst kleinschneiden. Dann kann ich mich schon um alles andere kümmern.“ Temari war ein wenig erleichtert. Äpfel und Birnen in kleine Stücke schneiden würde sie gerade noch so hinbekommen … Was Kochen und Backen betraf hatte sie nämlich zwei linke Hände. Während Yoshino den Teig anrührte und sie sich an das Obst machte, erkundigte die Frau sich über ihr allgemeines Befinden, das Wetter in Suna und alles andere, was zu einem Smalltalk so dazugehörte. Zuletzt mischte sie die Stücke in die Masse, füllte ihn in eine runde Backform und schob diese in den vorgeheizten Ofen. Yoshino ließ sich auf einen Stuhl nieder und sah auf die Uhr. Jetzt dauerte es eine Dreiviertelstunde … „Ach ja, Shikamaru ist mit Shikaku im Wald, um abgestoßene Hirschgeweihe für Medikamente zu sammeln“, meinte sie plötzlich. „Aber sie müssten bald wieder hier sein.“ „Aha …“ Tonlos nahm Temari es zur Kenntnis. Die Frau musste schmunzeln. „Meine Annahme, dass du wegen ihm hier bist, ist doch richtig oder?“ „Gaara hat mich beurlaubt und ich hab beschlossen, meine Zeit hier in Konoha zu verbringen“, lenkte sie vom Thema ab. „Das glaub ich dir auch …“ Ihr Schmunzeln wurde zu einem Grinsen. „Aber ich hab euch beide oft genug beobachtet, um es besser zu wissen.“ Temari spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Dabei hatte sie gedacht, sie wären überzeugend genug gewesen … Aber gegen die Intuition und Beobachtungsgabe einer Mutter war wohl kein Kraut gewachsen. „Ich hab also Recht“, schloss Yoshino aus ihrer Reaktion. „Und wie läuft es?“ Da sie nicht wusste, was sie auf diese unangenehme Frage antworten sollte, schwieg sie. Die Frau faltete ihre Hände und bettete ihren Kopf darauf. „Aus Shikamaru bekomme ich auch nie etwas heraus“, fuhr sie fort. „Aber du musst mir nichts erzählen, wenn du nicht möchtest.“ Ja, noch nicht … Eine baldige Aufklärung war unausweichlich. Dann konnte sie ihr genauso gut jetzt schon eine knappe Antwort geben. „Nein, schon okay“, sagte sie anschließend. „Alles ist, wie es sein soll. Wenn man mal davon absieht, dass ich nicht so oft hier bin.“ „Hast du schon über eine Versetzung nachgedacht?“ „Ja, Gaara hat das auch schon vorgeschlagen. Aber mal sehen …“ „Es ist sicher schwer, die Heimat einfach so aufzugeben.“ „Irgendwie schon. Es ist schließlich ja auch nicht so, dass man mal eben übers Wochenende verschwinden kann. Sunagakure liegt leider nicht gleich um die Ecke.“ Temari seufzte. Sie vermisste Gaara und Kankurou schon ein wenig … Trotzdem war es keine Sache, über die sie niemals hinwegkommen würde. Vor allem nicht, wenn sie an das dachte, was ihr noch bevorstand. Allein bei dem Gedanken daran wurde ihr … irgendwie schlecht. Sie hob ihre Hand vor ihren Mund. Na klasse, ging das schon wieder los. Dabei hatte sie gedacht, dass sie diese Phase endlich überstanden hatte … So schnell sie konnte lief sie in Richtung Bad und ließ eine verwirrte Yoshino zurück. Wunderbar … Jetzt hatte sich ihr leckeres Mittagessen wieder verabschiedet. Verdrießlich betätigte Temari die Klospülung. Dann spülte sie ihren Mund gründlich aus, um den widerlich-säuerlichen Geschmack zumindest ein bisschen zu reduzieren und ging letztendlich zurück in die Küche. „Alles in Ordnung?“, fragte Yoshino besorgt. „Ja. Mir ist nur ein wenig übel.“ Temari hielt sich den Magen. „Das Essen vorhin ist mir wohl nicht so gut bekommen.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Dann bin ich aber beruhigt.“ Die Frau atmete auf. „Du legst dich aber trotzdem besser eine Weile hin.“ Yoshino betrat das benachbarte Wohnzimmer und räumte ein paar Kissen von der Couch auf einen Sessel. Temari ließ sich kein zweites Mal bitten und machte es sich auf dem Sofa bequem. „Danke“, setzte sie schließlich noch nach. „Ach, was.“ Sie winkte ab. „Möchtest du vielleicht etwas zu trinken?“ „Ein Glas Wasser wäre nicht schlecht.“ Sie schloss die Augen und genoss den leichten Luftzug, der von draußen ins Haus wehte. Kurz streckte sie sich. Dabei merkte sie, wie ihre Brüste spannten. Noch so ein unangenehmer Nebeneffekt … Bisher überwogen die negativen Aspekte die Positiven bei weitem, doch sie war sich ziemlich sicher, dass es bald anders sein würde. Hoffentlich … Einen Moment lang dachte sie an Shikamaru. Sie hatte noch keinen blassen Schimmer, wie sie es ihm überhaupt sagen sollte. Außerdem hoffte sie, dass er nicht vorher Sakura oder Ino über den Weg lief und die sich dann verplapperten … Mist, warum hatte Kankurou mit seiner Überraschung für Sakura nicht wenigstens bis Morgen warten können? Das war wirklich ganz schlecht … --- Shikamaru lud die Hirschgeweihe ab, die er gesammelt hatte. Er sah auf die Uhr. Klar, dass sich sein alter Herr wieder extra viel Zeit ließ … Da er keine große Lust hatte zu warten, verließ er die Lagerhalle und schloss die Tür hinter sich ab, bevor er sich auf den Weg nach Hause machte. Den Feierabend hatte er sich heute redlich verdient und nun freute er sich lediglich auf eine kalte Dusche und ein bequemes Bett. Gemütlich schlenderte er in Richtung Konoha und erreichte nach wenigen Minuten das Haupttor. Izumo hielt auf seinem Posten ein kleines Nickerchen. Shikamaru musste bei diesem Anblick grinsen. Als Tsunade noch Hokage gewesen war, hatte sie ihn und Kotetsu immer ordentlich herumgescheucht. Wahrscheinlich holte Izumo seinen Schlaf aus dieser Zeit nach … Ja, vielleicht sollte er sich selbst mal zum Wachdienst melden. Unter Umständen konnte das bestimmt entspannend sein. Vor allem in Friedenszeiten wie diesen. Langsam setzte er seinen Weg fort. Die anstehende Ernennung der neuen Jounin kam ihm in den Sinn. Wie die letzten beiden Jahre stand er auch diesmal wieder in der engeren Auswahl. Doch auch wenn er inzwischen schon seit sieben Jahren Chuunin war, gefiel ihm das Leben als solcher ganz gut und es fiel ihm nicht im Traum ein, das in näherer Zukunft zu ändern. Er dachte an Temari. Sie war wohl die Einzige, die sich inzwischen damit abgefunden hatte, dass er womöglich für immer ein Chuunin bleiben würde. Und das, obwohl sie ihn früher am häufigsten dazu gedrängt hatte, ein Jounin zu werden. Sein Blick schweifte in den Himmel. Was sie wohl gerade machte? Warum musste die nächste Prüfung nur noch so verdammt lange hin sein …? --- „Ah, Shikamaru …“, begrüßte ihn seine Mutter. „Wo ist denn dein Vater?“ Shikamaru legte seine Chuunin-Weste ab. „Keine Ahnung. Vielleicht stiefelt er noch durch den Wald oder prostet sich an irgendeiner Bar mit Sake zu.“ „Immer dasselbe mit ihm …“ Yoshino stemmte die Hände in die Hüften und seufzte. „Ach, du hast übrigens Besuch.“ „Besuch?“ „Ja, im Wohnzimmer. Aber sie schläft. Sei also lieber leise.“ Shikamaru kratzte sich am Kopf. Er hatte keine Ahnung, wer das sein sollte … Also schlurfte er los, um nachzusehen. Sein Herz machte einen Sprung, als er Temari erblickte. Er rieb sich einen Moment die Augen, um sicherzugehen, dass es keine optische Täuschung war und musste feststellen, dass er sich tatsächlich nicht geirrt hatte. Mit ihr hatte er wirklich gar nicht gerechnet … Shikamaru stützte sich auf der Sofalehne ab und beobachtete sie kurz. Er hatte zwar keinen Schimmer, was sie hier machte, aber das war ihm gerade auch vollkommen egal. Einen Augenblick überlegte er, ob er sie wecken sollte, beschloss dann aber, sie schlafen zu lassen. Stattdessen sprang er rasch unter die Dusche und zog sich anschließend saubere Klamotten an. „Ich bin noch mal kurz weg!“, rief er Yoshino zu, die gerade mit der Zubereitung des Abendessens beschäftigt war. Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er das Haus. Sein Weg führte ihn zu Yamanakas Blumenladen. Ino stand hinter der Theke und nahm gerade eine Bestellung von einem Kunden auf. „Wir liefern dann morgen früh pünktlich um zehn.“ Sie deutete eine Verbeugung an und verabschiedete die Person. Dann heftete sie den Zettel an eine Pinnwand. „Dich hab ich hier ja lange nicht gesehen.“ Ino lächelte. „Weißt du schon, was du möchtest?“ „Ja“, entgegnete Shikamaru. „Nur eine orange Gerbera mit ein bisschen Grünzeug.“ Sie wählte die schönste Blume aus und meinte: „Die ist doch ganz bestimmt für Temari.“ „Woher weißt du, dass sie hier ist?“ „Ich hab sie heute Mittag schon mit Sakura getroffen“, gab die junge Frau als Erklärung ab. „Sakura meinte, sie würde hier Urlaub machen.“ Sie kicherte seltsam mädchenhaft. Verständnislos sah Shikamaru sie an. „Was?“ „Ach, nichts weiter. Ich musste nur an was Schönes denken …“ Ihr Lächeln wurde nur noch breiter. „Du bist manchmal echt seltsam“, merkte er an. „Ach, was. Ich hab einfach nur gute Laune.“ Sie zwinkerte ihrem ehemaligen Teamkollegen zu und machte sich daran, die Blume mit ein wenig Grün zu schmücken. Shikamaru sagte erst einmal nichts mehr. Frauen waren für ihn immer noch wie ein geschlossenes Buch. Daran hatte auch Temari nichts geändert. Als Ino das Ganze fertig gebunden hatte, schnitt sie noch die Stängel an und reichte es ihm schließlich. „Hier, bitte!“ „Danke. Wie viel bekommst du?“ „Das macht dann genau dreißig Ryo. Aber wenn du willst, schreibe ich auch an.“ „Nicht nötig.“ Shikamaru zog einen Schein aus seiner Hosentasche. „Stimmt so.“ „Vielen Dank.“ Sie nahm das Geld entgegen und tat es in die Kasse. „Dann ein schönes Wochenende!“ Zum Abschied hob er die Hand. „Wünsch ich dir auch.“ ════════════════════════════════════════════════════ Mensch, ist der Vater nun eine Überraschung, oder was meint ihr? *lach* Nein, ich werd dieser Konstellation wohl nie abschwören, aber das Leser-Verwirren hat mir trotzdem Spaß gemacht. Trotzdem gut, dass ich mich von nun an dem Plot richtig widmen kann.^^ Ach ja, ihr werdet es übrigens nie erleben, dass ich Ino in irgendeiner Weise niedermachen werde. Ich mag sie nämlich und finde, dass sie es nicht verdient hat, wie sie von vielen ShikaTema-Fans dargestellt wird. Keine Macht dem Chara-Bashing! Thanks for reading! :) Kapitel 5: Wieder vereint ------------------------- @ : Genau darauf wollte ich abzielen! :) „Es ist Shikamaru, hab ich Recht!“ – „Tja, du solltest besser aufgeben …“ ist ja nun wirklich kein Nein. Aber wenn man liest, fallen einem solche Kleinigkeiten wohl auch nicht so schnell auf. Hoffentlich war deine letzte Woche besser und das Posten von ein paar Drabbles hol ich natürlich nach. @ : Yoshino als Schwiegermutter ist ja mal eine gruselige Vorstellung. :D Ja, die Aussprache … Ich seh es jetzt schon kommen, wie du mir meinen (virtuellen) Kopf abreißt. *wegduck* @ : Na, das hoffe ich doch! :) @ : Zu 1.) Das Aussehen ist für einen Kage wohl eher weniger wichtig, aber den Rest kann man ruhig so stehen lassen. :D Zu 2.) Ich finde, Ino (die man ohnehin nur selten sieht) nervt wie Sakura seit dem Zeitsprung überhaupt nicht mehr. Aber so unterschiedlich können Geschmäcker sein. Zu 3.) Glaub mir, du wirst in den entsprechenden Kapiteln was zu lachen haben. :) @ alle fleißigen Reviewer: Herzlichen Dank für eure Meinungsbekundungen! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 5: Wieder vereint Der Duft von gebratenem Fleisch weckte Temari. Schwerfällig schlug sie die Augen auf und linste auf die Uhr, die an der Wand hing. Entweder zeigte sie die falsche Zeit an oder sie hatte einfach nur unglaublich lange geschlafen. Sie schloss auf Letzteres. Drei Stunden Nachmittagsschlaf war für sie unumstritten ein neuer Rekord … Sie setzte sich auf und erhaschte einen Blick auf Yoshino, die am Herd stand und das Abendessen fast fertig zubereitet hatte. Ihr schlechtes Gewissen meldete sich. Es gefiel ihr nicht, die Gastfreundschaft so in Anspruch zu nehmen und selbst bloß herumzuliegen und nichts zu tun. Obwohl … Na ja, in Anbetracht der Umstände brauchte sie das wohl nicht zu haben. Temari bettete ihren Kopf auf der Sofalehne und seufzte. Dabei war das Leben bis vor ein paar Wochen so unkompliziert gewesen … Hier eine Mission erfüllt, da ein paar angehende Genin unterrichtet … An sich eine nette und teilweise auch spaßige Zeit. Komisch nur, dass sie dem Ganzen überhaupt nicht hinterher trauerte. Irgendwie war das alles keine Herausforderung mehr für sie. Ein Kind bekommen und erziehen war hingegen wohl eine Herausforderung für das ganze Leben. Zumindest für die nächsten beiden Jahrzehnte. Und das wurde sicher nie langweilig. Bei dem Gedanken grinste sie schief. Diese Aussichten waren ironischerweise ganz nach ihrem Geschmack. Anschließend stand sie auf, da ihr das Faulsein doch widerstrebte und ging in die Küche. „Kann ich nicht doch etwas helfen?“, fragte sie dann. Yoshino wandte sich zu ihr um. „Geht es dir wieder besser?“ „Viel besser“, entgegnete Temari. „Also?“ „Eigentlich bist du ja mein Gast“, antwortete die Frau mit einem Lächeln. „Aber wenn du so darauf bestehst, könntest du vielleicht den Tisch decken. Das Essen ist zwar noch nicht fertig, aber dann muss ich es nachher nicht mehr machen.“ Temari nickte zustimmend und machte sich ohne Weiteres an ihre selbstauferlegte Aufgabe. Nach nicht einmal zwei Minuten war sie auch schon damit fertig. „Du kennst dich hier aber schon gut aus“, merkte Yoshino schmunzelnd an. „Ach, na ja …“, gab sie daraufhin zurück. „Ich hab einfach ein gutes Gedächtnis.“ Natürlich musste es ziemlich blöd aussehen, dass sie nach nur wenigen Besuchen bereits wusste, wo alles zu finden war … Aber in dem Punkt hatte sie ohnehin nichts mehr zu verbergen. „Ist noch etwas zu tun?“, fragte Temari rasch, um von dem Thema abzulenken. „Im Moment nicht.“ Yoshino schüttelte leicht den Kopf. „Du bist aber wirklich fleißig.“ Die Kunoichi lächelte schief. „Bei zwei kleinen Brüdern geht das auch nicht anders.“ „Das kann ich mir gut vorstellen“, meinte die Frau amüsiert. „Wenn du magst, kannst du dich dann noch ein wenig ausruhen. Ich sag Bescheid, wenn das Essen fertig ist.“ Sie seufzte und murmelte vor sich hin: „Und wenn sich Shikaku endlich die Ehre gibt …“ Schulterzuckend schlenderte Temari zurück ins Wohnzimmer. Dort öffnete sie die Balkontür und trat nach draußen in den Garten, wo sie es sich im Gras gemütlich machte. Sie verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und beobachtete kurz einen Schwarm Tauben, der am Firmament seine Runden flog. Schon bald starrte sie jedoch nur noch vor sich hin und vertiefte sich in Gedanken. Sie versuchte, sich ein halbwegs gutes Geständnis zurechtzulegen, gab dieses Vorhaben jedoch schnell wieder auf. Am besten war es wohl wirklich, wenn sie es ihm bei der erstbesten Gelegenheit sagen würde. Er wusste ohnehin, dass sie gerne mal mit der Tür ins Haus fiel. Warum sollte sie in diesem Fall also anders handeln? Ja, genau so würde sie es machen … Oder doch lieber nicht? Irgend so ein blödes Ding in ihrem Kopf wollte ihr weismachen, dass man so etwas Wichtiges nicht einfach nebenbei in einen Satz einfließen lassen konnte. Schon kamen ihr die seltsamsten Szenarien in den Sinn und ihr Herz rutschte eine Etage tiefer. Na, zumindest hatte das Baby nun Gesellschaft … Temari versuchte sich innerlich zu beruhigen. Es brachte ja sowieso nichts, darüber nachzudenken. Irgendeine Chance würde sich garantiert ergeben. Und wenn sie ihm am Essenstisch einen Zettel zuschieben musste … Ja, auch diese Aktion würde seinen Zweck erfüllen. Entscheidend war ja auch nicht, wie sie es ihm beibrachte, sondern wie er letztendlich darauf reagieren würde … Dummerweise machte ihr diese Vorstellung nicht sonderlich viel Mut. Sie hoffte inständig, dass er nicht auf die Idee kam, irgendwelche übertriebenen Konsequenzen zu ziehen. Gedanklich schüttelte sie den Kopf. Nein, so ein Mensch war er nicht. Im Grunde konnte sie also nur etwas dazu gewinnen. Und sei es nur die Erfahrung, dass man jemandem besser schonend beibrachte, dass er Vater wurde. Zufrieden und selbstsicher lächelte sie vor sich hin. Es war doch gelacht, wenn sie das nicht hinbekommen würde … „Du scheinst ja ziemlich gute Laune zu haben“, hörte sie plötzlich eine vertraute Stimme sagen. Abrupt setzte Temari sich auf und wandte sich um. Shikamaru hatte neben ihr Platz genommen und blickte sie grinsend an. Die unmöglichsten Gefühle prasselten auf sie ein. In erster Linie war es die Freude, ihn nach drei Monaten wiederzusehen. Dann war da jedoch noch eine Unsicherheit, die sich auf unangenehme Weise in ihrer Magengegend breit machte und ihr bis eben angehaltenes Selbstbewusstsein in Rauch aufgehen ließ. Erst einmal musste sie aber Ruhe bewahren … „Wie könnte ich bei den Aussichten, dich wiederzusehen, auch schlecht drauf sein?“, entgegnete sie letztendlich und warf sich ihm um den Hals. Shikamaru erwiderte ihre Umarmung. „Ich hab dich auch vermisst“, meinte er schmunzelnd. Nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten, fragte er: „Aber was genau machst du eigentlich hier?“ Da ihr im Moment noch der Mut fehlte, sagte sie: „Ich hab Urlaub und dachte, dass ich mal vorbeikomme.“ „Urlaub?“ Er sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Den legst du doch sonst immer auf die Zeit nach der Chuunin-Prüfung.“ „Ja, aber wenn bei uns momentan nichts zu tun ist und Gaara mich deshalb beurlaubt, kann ich es auch nicht ändern. Ich kann gerne auch wieder gehen, wenn du keinen Wert auf meine Gesellschaft legst.“ Als sie ihren Unterton bemerkte, setzte sie nach: „Entschuldige. Ich wollte nicht so herumzicken.“ Shikamaru zuckte mit den Schultern. „Macht nichts. Es ist ja nichts Neues für mich.“ „So charmant wie eh und je“, merkte Temari amüsiert an. „Trotzdem frage ich mich manchmal, wie du es mit mir aushältst.“ „Frag doch nicht so etwas“, meinte er. „Du weißt ja: Liebe und so. Außerdem wollte ich es anscheinend auch nicht anders.“ „Glück für mich“, entgegnete sie lachend. „Nein, wohl eher für mich“, widersprach er betont scherzhaft. Dann musterte er sie einen Augenblick lang. „Sag mal, was hast du eigentlich mit deinen Haaren gemacht? Sie sind so … glatt.“ „Wirklich?“, erwiderte sie etwas überrascht, da sie nicht erwartet hatte, dass es ihm auffallen würde. „Tja, keine Ahnung. Ein Glätteeisen hab ich nicht benutzt.“ „Na ja, es steht dir auf jeden Fall gut. Aber du siehst sowieso immer gut aus, wenn du deine Haare offen trägst.“ Temari antwortete mit einem Lächeln. Obwohl sie mit Komplimenten sonst nicht viel anfangen konnte, hörte sie es von ihm zur Abwechslung doch mal gerne. Trotzdem war ihr nicht ganz so wohl zumute, wie sie sich nach außen hin gab. Zwei Unwahrheiten innerhalb weniger Minuten waren nicht gerade etwas, auf das sie stolz sein konnte. Selbst wenn sie noch so belanglos waren … Shikamarus nächste Frage verdrängte ihre Bedenken jedoch rasch wieder. „Wie war eigentlich deine Reise?“ „Wie immer langweilig und mit fünf Tagen viel zu lang.“ Sie unterdrückte ein Gähnen und fuhr fort: „Und diesmal dummerweise auch ziemlich anstrengend. Muss wohl die berühmt-berüchtigte Frühjahrsmüdigkeit sein.“ Die Kunoichi ließ ein Grinsen aufblitzen. „Oder ich werde einfach bloß alt.“ Dann lehnte sie sich an seine Schulter. Er schaute sie daraufhin an. „Erst diese stürmische Umarmung und jetzt das hier. Du gehst heute ja ziemlich in die Vollen.“ „Hast du etwa Angst, dass wir beobachtet werden?“, entgegnete sie belustigt. „Ich meine, wenn sogar Yoshino schon weiß, was Sache ist, müssen wir ziemlich schlechte Schauspieler sein.“ „Ach“, winkte er ab. „Sie hat für so etwas nur einen sechsten Sinn.“ „Mütter eben.“ Temari lachte. „Ich frage mich aber, wie lange sie es schon weiß.“ „Da sie schon eine gefühlte Ewigkeit irgendwelche Kommentare in die Richtung fallen lässt, wohl schon ziemlich lange“ erzählte er. „Und wie sieht es mit deinen Brüdern aus?“ „Kankurou hat ziemlich blöd geguckt, als ich –“ Sie stockte. Jetzt hätte sie sich beinahe verplappert … „Du hast es ihm gesagt?“, hakte Shikamaru nach. „Nicht direkt. Er meinte nur wieder einmal, dass ich ohnehin nicht in der Lage wäre, Gefühle zu empfinden und da wollte ich ihn einfach vom Gegenteil überzeugen.“ „Das war ja nicht gerade nett von ihm“, merkte er an. „Hat es denn wenigstens funktioniert?“ „Wenn er bei seinem nächsten Besuch die Absicht hat, dich zu verprügeln, dann schon“, scherzte sie. „Na, das sind ja tolle Aussichten“, erwiderte er amüsiert. „Bevor es dazu kommt, zieh ich ihm meinen Fächer über den Schädel. Dann wird er schon sehen, was er davon hat, wenn er sich meinem Glück in die Quere stellt.“ Temari grinste. „Ach, so bezeichnest du mich schon?“ „Schon ist gut“, entgegnete sie. „Nach fast drei Jahren muss ich wohl nicht mehr verschweigen, dass du mich glücklich machst, oder?“ Shikamaru bekam bei diesen Worten eine leichte Gänsehaut. So etwas Schönes hatte sie wohl noch nie zu ihm gesagt … Er antwortete ihr nicht direkt, sondern nahm ihre Hand. Zu gern hätte sie die Stimmung einfach nur genossen, aber ein kleiner Hintergedanke bewirkte eher, dass sie sich wieder ein wenig Sorgen um seine Reaktion machte. Ja, wahrscheinlich machte sie sich ohnehin völlig umsonst verrückt – wissen konnte sie das allerdings erst, wenn sie ihm endlich gesagt hatte. Die jetzige Situation bot sich zwar an, doch jede noch so schwierige A-Mission wäre ihr momentan wohl leichter gefallen, als dieser winzige, blöde Satz ... Ihr sonst anwesender Mut brachte ihr gerade wirklich überhaupt nichts. „Worüber denkst du nach?“, fragte Shikamaru, dem ihr schwerer Seufzer nicht entgangen war. Temari zuckte etwas zusammen. „Nichts weiter“, meinte sie rasch. „Ich bin einfach nur ein bisschen müde …“ „Dann ist es wohl gut, dass ich für heute nichts mehr geplant habe“, gab er daraufhin zurück. Erleichtert darüber, dass er ihre Aussage einfach so hingenommen hatte, entgegnete sie: „Dazu hab ich dir ohnehin nicht die Gelegenheit gelassen.“ Shikamaru schmunzelte. „Ich hätte nichts dagegen, wenn du mir öfter einen spontanen Besuch abstatten würdest.“ „Na, so spontan war es doch gar nicht“, widersprach Temari mit etwas besserer Laune. „Ich hatte schließlich ein paar Tage Zeit, um zu überlegen, ob ich nicht doch wieder umkehre.“ „Dann kann ich ja froh sein, dass du es nicht getan hast.“ Ob er das morgen wohl auch noch dachte …? Um sich ein wenig abzulenken schaute sie auf den Teich und beobachtete einen kleinen Schwarm Fische, der sich nahe der Wasseroberfläche aufhielt. Zusammen mit dem Wetter vermittelte das alles irgendwie schon ein leicht sommerliches Gefühl. Vielleicht kam ihr das aber auch nur so vor. Laut einem Sprichwort machte der April ohnehin, was er wollte. Etwas Bekanntes unterstrich diesen Eindruck noch: Der Duft ihrer Lieblingsblume … Temari blickte herab und entdeckte eine orangefarbene Gerbera, die Shikamaru ihr wortlos hinhielt. Schweigend nahm sie sie ihm ab und betrachtete sie eingehend. Wäre es ihr nun noch nicht besser gegangen, hätte das die leuchtende Farbe der Pflanze sicher auf der Stelle geändert. Hinzu kamen noch die schönen Erinnerungen, die sie mit dieser Blumenart verband … Sanft drückte sie seine Hand. „Danke“, sagte sie letztendlich. Shikamaru erwiderte still ihre Geste. Temaris Freude bekam jäh einen starken Dämpfer, als ihr bewusst wurde, woher er sie haben musste. „Hast du Ino heute schon getroffen?“, fragte sie vorsichtig nach, während sie inständig hoffte, dass es nicht so war. „Ja“, entgegnete er etwas verwirrt. „Warum fragst du?“ „Ach, nur so“, antwortete sie hastig, bevor sie nachsetzte: „Hat sie vielleicht irgendwas erzählt?“ Shikamaru zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Nein, aber sie hat sich wie du etwas seltsam benommen. Hab ich heute irgendwas verpasst?“ Temari atmete innerlich auf. Ino hatte es ihm also nicht gesagt … Dennoch war sie sich ziemlich sicher, das ihr Glück damit aufgebraucht war. Allein deshalb musste sie jedem weiteren Zufall unbedingt zuvorkommen … Rasch richtete sie sich auf. Wenn sie es jetzt hinter sich brachte, konnte ihr das nur gut tun – alles war schließlich besser, als wenn er es von jemand anderem erfuhr. Sie unterdrückte ihre üblichen Zweifel und setzte nach kurzem Zögern zu sprechen an, doch … „Das Abendessen ist fertig!“ Yoshinos Stimme hallte zu ihnen herüber. Shikamaru machte ihr mit einem Handwink deutlich, dass sie sie verstanden hatten, woraufhin sie im Haus verschwand. Dann wandte er sich wieder seiner Freundin zu. „Was wolltest du sagen?“ Temari, die sich über dieses absolut schlechte Timing maßlos ärgerte, schüttelte den Kopf. „Später“, sagte sie. „Ist nicht so wichtig.“ ════════════════════════════════════════════════════ Hab nur ich das Gefühl oder ist es tatsächlich so, dass Eltern immer im ungünstigsten Moment auftauchen? Ach, ich bin aber auch fies … :D Und auch wenn es momentan vielleicht noch den Anschein hat: Diese Geschichte spielt nicht in einem Friede-Freude-Eierkuchen-Land mit rosa Wölkchen am Himmel und Zuckerwatte an den Bäumen. Nein, ich versuche das Ganze realitätsnah wie möglich zu halten und dem ewigen Kitsch, der sich ja in gut neunzig Prozent der Pairing-FFs herumtreibt, Einhalt zu gebieten. Ob mir das gelingt, könnt ihr mir aber mit Sicherheit besser sagen. :) Kapitel 6: Einspruch abgelehnt! ------------------------------- Aloha! :D Es ist Dienstag und ein neues Kapitel wurde gepostet?, fragt ihr euch jetzt vielleicht. Ich kann euch versichern, dass ihr euch zumindest nicht verguckt habt. :) Der Grund für mein vorgezogenes Posting ist schlichtweg, dass ich nicht erst Freitag von euch massakriert werden möchte. Von daher bring ich es lieber schnell hinter mich. Aber zu den Kommentaren. @ : Genau deswegen geh ich besser vorher in Deckung. Meinen Kopf möchte ich nämlich gerne noch eine Weile behalten. :D @ : „Volkskrankheit“ ist in dem Zusammenhang doch mal echt passend. Klar darfst du dir was wünschen, aber ob es dann auch in Erfüllung geht, ist natürlich ’ne andere Frage. ;) @ : Schlechte Auffassungsgabe würde ich es jetzt wirklich nicht nennen. Mein kleiner Hinweis war ja auch ziemlich gut versteckt und selbst wenn man ihn erkannt hat, konnte man sich nicht hundertprozentig sicher sein. Horrorvorstellungen? Na, mal schauen, ob sich die tatsächlich bestätigen werden. Streit wird es nämlich auf jeden Fall geben, das kann ich schon mal verraten. @ : Yoshino im Schrank verschnürt kann ich mir gerade richtig gut vorstellen. Wär doch mal eine Idee für ein Fanart. :D Mensch, da verkürze ich die Woche doch spontan mal auf einen Tag. Der ist glaube ich noch zu verschmerzen. :) Nein, etwas wie Du-bist-nicht-mehr-unser-Sohn! musst du wirklich nicht befürchten. Das wär mir selbst viel zu blöd. @ all: Vielen Dank für eure Meinungsbekundungen! =) So, dann hab ich mal genug gefaselt. Ab ins Kapitel! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 6: Einspruch abgelehnt! Am Essenstisch herrschte eine sehr merkwürdige Stimmung. In erster Linie plauderte Yoshino zwar eifrig über das eine oder andere, doch die wütenden Blicke, die sie ihrem Gatten zuwarf, blieben Temari nicht verborgen. Obwohl sie Nara Shikaku als eine intelligente und starke Persönlichkeit kennengelernt hatte, machte er nun einen so kläglichen Eindruck, dass ihr Respekt unweigerlich in Mitleid umschwank. Mit Yoshino als Frau hatte er es definitiv nicht leicht. Aus den Augenwinkeln blickte sie kurz zu Shikamaru. Mit ihr selbst an seiner Seite ereilte ihn wohl ein ähnliches Schicksal wie das seines Vaters – und das hatte er sich sicher anders vorgestellt. Ja, sie musste dringend etwas lockerer werden. Zuerst hatte aber wohl etwas anderes oberste Priorität. Also alles zu seiner Zeit … --- Nach dem Essen schien es ihr, als könnte Shikamaru es nicht eilig genug haben, wegzukommen. Im Angesicht der angespannten Situation nur allzu verständlich. Temari half ihm rasch beim Abräumen des Geschirrs, bevor sie die Küche so schnell wie möglich hinter sich brachten. Nachdem sie einem kurzen Abstecher ins Wohnzimmer gemacht hatten, um die Blume, die sie dort abgelegt hatten, zu holen, verließen sie das Haus. Shikamaru grummelte etwas Unverständliches vor sich hin. „Ist das immer so bei euch?“, fragte sie daraufhin. „Frag lieber nicht …“ „Wirklich unangenehm“, legte Temari fest. „Aber ich kenne das. Wenn mein Vater früher ausnahmsweise mal bei den Mahlzeiten anwesend war, war das für mich ein halber Trip in die Hölle.“ Ihr Partner schaute verstohlen zu ihr herüber. „Du sprichst nicht oft von ihm.“ Sie deutete ein Schulterzucken an. „Über jemandem, mit dem man keine guten Erinnerungen verbindet, redet man ja auch nicht gerne.“ „Wahrscheinlich nicht“, erwiderte er nur, da er keine Ahnung hatte, wie er mit diesem Thema umspringen sollte. In Anbetracht der Dinge, die sie ihm aus ihrer Kindheit erzählt hatte, waren die täglichen Problemchen seiner Eltern nicht einmal erwähnenswert. Da Shikamaru etwas ratlos dreinblickte, setzte sie nach: „Na, so schlimm, wie du vielleicht denkst, war er auch wieder nicht. Er war einfach nur viel zu streng.“ Sie legte eine kurze Pause ein und meinte lächelnd: „Tu mir also den Gefallen und werd niemals so wie er.“ Er grinste. „Aber nur, wenn du nicht völlig zu einer Reinkarnation meiner Mutter mutierst“, scherzte er. Temari lachte. „Ich kann es ja zumindest versuchen.“ Einen Moment gingen sie schweigend nebeneinander her. „Und wie waren die letzten Monate so für dich?“, fragte er schließlich. „Ich hab wieder verstärkt an unserer Akademie unterrichtet“, antwortete sie. „Eine der Lehrerinnen hat aufgehört, um sich wieder mehr um ihre Familie zu kümmern und ich bin dann als Vertretung für sie eingesprungen.“ „Und dann bekommst du gleich zu Anfang des neues Schuljahres frei?“ „Ersatz wurde ja schon gefunden. Also musste ich es nicht länger machen …“ Sie seufzte. „Du klingst nicht gerade begeistert …“, merkte er an. „Na ja, wenn ich ehrlich bin, bringe ich den Kindern lieber etwas bei, anstatt auf Missionen zu gehen. Es ist wirklich angenehm, wenn man mal einen geregelten Tagesablauf hat und sich keine Sorgen machen muss, ob man morgen eventuell schon in Gras beißt“, erklärte sie. „Besonders gerne kümmere ich mich um die Jüngeren. Wirklich süß, wie unbeschwert und neugierig sie noch sind.“ Shikamaru blickte überrascht zu ihr herüber. „Seit wann hast du ein Faible für Kinder?“ „Ach, das hab ich doch gar nicht“, entgegnete sie lächelnd. Wahrscheinlich hing es wohl mit ihren Muttergefühlen zusammen, dass sie plötzlich so darüber dachte … Um rasch davon abzulenken, fragte sie: „Und wie war’s bei dir so?“ „Na ja, nicht so spannend. Meistens Papierkram und sonst nur noch ein Botengang nach Kumogakure“, erwiderte er. „War trotzdem irgendwie ziemlich anstrengend.“ Temari konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Du findest wohl alles in gewissem Maße anstrengend“, meinte sie belustigt. „Aber solange du dir bei mir Mühe gibst, will ich mich mal nicht beklagen.“ „Willst du vielleicht auf irgendwas Bestimmtes hinaus?“ Sie grinste ihn nur scheinheilig an und verkniff sich jede Antwort. „Gibt es sonst irgendwas Neues?“, hakte sie stattdessen nach. Shikamaru überlegte einen Augenblick. „Ja, ich steh mal wieder in der engeren Auswahl für die neuen Jounin“, sagte er dann. „Lass mich raten: Du lehnst wieder ab?!“ „Ganz genau“, entgegnete er. „Ich seh keinen Grund, warum ich diesmal zustimmen sollte.“ „Dich kann ja auch niemand zwingen, einer zu werden.“ „Du wärst wohl die Einzige, die mich eventuell dazu bewegen könnte.“ „Ach, tatsächlich?“ Temari schenkte ihm ein Lächeln. „Dann hat Hokage-sama wohl auch dieses Mal Pech. Ich kann nämlich wunderbar damit leben, wenn du ewig Chuunin bleibst.“ Shikamaru war von ihrer Antwort mehr als nur angenehm überrascht. Zwar hatte sie auch früher durchaus für seine Entscheidung Verständnis gehabt, aber so gelassen wie heute hatte sie noch nie darauf reagiert. --- Fünf Minuten später kamen sie bei ihrer Wohnung an. Während Temari zuallererst ihre Gerbera in eine Vase stellte und so mit Wasser versorgte, ließ Shikamaru sich seufzend aufs Bett fallen. „Bist du wirklich so geschafft?“, fragte sie, nachdem sie einen Blick auf die Uhr geworfen hatte. „Es ist doch gerade erst acht.“ „Ich musste heute Morgen ja auch schon um vier raus.“ „Dauert es echt so lange, ein paar Hirsch-Überreste zu sammeln?“ „Geweihe“, verbesserte er sie. „Und Ja.“ „Hast du morgen denn wenigstens frei?“, fragte sie weiter. „Das ganze Wochenende …“ Diese Antwort genügte ihr. Dann konnte sie ihn ja in aller Ruhe ein wenig für sich beanspruchen ... Sie musste ja schließlich die Gelegenheit nutzen, bevor sie ihm beichtete, dass sie schwanger war und er sie womöglich monatelang nicht anfassen würde. Mit Schwung setzte sie sich auf seinen Schoß, beugte sich zu ihm herunter und sagte: „Na, dann weißt du ja, was ansteht …“ Temaris eindeutiger Blick ließ keine falschen Schlüsse zu. In einer Mischung aus Entsetzen und Ungläubigkeit starrte er sie an. „Das ist doch nicht …“ „Oh, doch!“, legte sie mit Nachdruck fest. „Ich hatte jetzt drei Monate lang keinen Sex und deswegen bist du fällig, mein Lieber!“ „Morgen?“, fragte er in einem letzten verzweifelten Versuch an. „Dann von mir aus auch den ganzen Tag und sooft du willst.“ „Keine Chance!“, legte sie fest. „Und wenn du noch so sehr bettelst.“ „Aber …“ Shikamarus Protest ging in einem leisen Seufzer unter, als sie begann seinen Hals zu küssen. Diese Frau … Klar, dass sie nicht auf Dauer so zahm blieb, wie sie bis eben noch den Anschein gemacht hatte … Schließlich ließ sie wieder kurz von ihm ab. „Na los, zeig mir gefälligst ein bisschen was von deiner Motivation!“, forderte sie ihn mit verführerischer Stimme auf. Mist … Auch wenn er todmüde war, wie sollte er ihr noch großartig widersprechen? Na ja, eigentlich war doch eher die Frage, ob er sich ihr überhaupt widersetzen wollte. Ach, was … Schlaf hin oder her: Wenn es um Sex ging, kapitulierte er doch nur zu gerne vor ihr. Und sie wusste das natürlich und nutzte das schamlos aus. Aber wahrscheinlich wollte er es dann ja auch nicht anders … „Du bist einfach unmöglich“, entgegnete er, bevor er sie letztendlich an sich zog und sie in einen stürmischen Kuss übergingen … --- „Wolltest du mich umbringen?“, keuchte Shikamaru, der eine Dreiviertelstunde später völlig fertig mit der Welt war. So hatte er Temari ja noch nie erlebt … Sie grinste ihn daraufhin an. „Willst du dich etwa beschweren?“ „Nein“, erwiderte er atemlos. „Aber was ist nur in dich gefahren? Ich bin zwar einiges von dir gewohnt, aber das?“ „Ist es so ungewöhnlich, dass ich nach der langen Zeit mal wieder will?“ „Lange Zeit?“, wiederholte er. „Wie hast du es denn sonst die viereinhalb Monate ausgehalten, die wir uns normalerweise nicht sehen?“ Sie zuckte nichtsahnend mit den Schultern. „Vielleicht steck ich gerade ja in so ’ner notgeilen Phase oder so … Schieb es also einfach darauf.“ Er seufzte. Eine Phase … Na, das konnte ja wirklich etwas werden, wenn die noch länger andauerte … „Hast du denn wenigstens erstmal genug?“, fragte er dann. Temari blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Wenn du mich schon so fragst …“ Ihr Grinsen wurde nur noch breiter. „Von mir aus könntest du gleich noch mal.“ „Bist du verrückt geworden!“, stieß Shikamaru entsetzt aus. Warum hatte er auch nur gefragt? „Jetzt hab dich mal nicht so“, gab sie zurück. „Sonst bist du doch meist derjenige, der seine Finger nicht von mir lassen kann. Also sei nicht so faul!“ „Ich bin nicht faul“, verteidigte er sich. „Ich bin nur total fertig!“ „Na, dann …“, setzte sie gut gelaunt an. „Ich geb dir drei Stunden, um dich zu erholen.“ „WAS?“ Sie musste lachen. „Entspann dich. War nur ein Witz.“ Anschließend schmiegte sie sich zufrieden an seine Schulter. Das war wohl der beste Sex gewesen, den sie seit langem gehabt hatte. Wenn das eine Begleiterscheinung der Schwangerschaft war, würde sie die nächsten Wochen und Monate sicher ihren Spaß haben – vorausgesetzt, dass Shikamaru das mitmachte. Sie hatte ja keine Ahnung, wie er zu dem Thema stehen würde. Ansonsten konnte sie zur Not auch gute Argumente sprechen lassen. Da er ziemlich konfliktscheu war, hatte das bisher noch immer funktioniert. Die feine Art war es allerdings nicht und sie würde versuchen, es gar nicht erst darauf ankommen zu lassen. Vielleicht war es besser, wenn sie erst darüber nachdachte, sollte er es tatsächlich ablehnen. Um das zu erfahren, musste sie es ihm allerdings zuerst beichten. Allein der Gedanke daran ließ ihr Herz schneller schlagen. Wie er wohl auf die Nachricht reagieren würde? Na ja, immerhin war er gerade so müde, dass er ihr zumindest nicht weglaufen konnte. Also brachte sie es besser mal rasch hinter sich. Nicht, dass sie es sich wieder anders überlegte … Temari richtete sich auf und drehte sich zu ihm um. Doch anstatt etwas zu sagen, schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Shikamaru musste ja tatsächlich todmüde gewesen sein, wenn er so schnell eingeschlafen war … Sie legte sich zurück auf ihren Platz. Ihre kleine Beichte musste sie dann wohl auf morgen früh verschieben. ════════════════════════════════════════════════════ Der Sexkram ist natürlich absichtlich etwas übertrieben dargestellt – aber ich hatte echt Spaß, sie zu schreiben. :D Was den erwähnten „Anfang des Schuljahres“ auf der Ninja-Akademie betrifft: Selbstverständlich hab ich mich an Japan orientiert (macht bei einer FF zu einem Manga ja auch Sinn) und dort beginnt es immer Anfang April. Ansonsten kann ich an dieser Stelle noch versprechen, dass das Auf-die-Folter-spannen in puncto Beichte sehr bald ein Ende haben wird. Insofern hoffe ich, dass ihr noch ein klein wenig Geduld mit mir habt. :) Kapitel 7: Eltern werden ist nicht schwer … ------------------------------------------- @ : Was lange währt, wird heute ja vielleicht gut. ;) @ : Ich glaube nicht, dass Adult-Szenen unbedingt in diese Geschichte passen würden. Ich tendiere also auch hier wie beim Vorgänger zu absoluter Jugendfreiheit. @ : Erstmal: Happy Birthday! Ich hoffe aber doch schwer, dass die Kaki nicht zu sehr leiden musste. :D @ : Na, hoffentlich hab ich deine Fantasie nicht zu sehr mit der Szene angeregt. *lach* @ alle fleißigen Reviewer: Vielen Dank für eure unterhaltsamen Kommentare! Ich mag leere Drohungen. =D Dann viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 7: Eltern werden ist nicht schwer … Temari schaute auf die Uhr und seufzte. Es war schon halb eins und sie hatte noch immer kein Auge zugetan. Vielleicht hätte sie doch besser auf den dreistündigen Schlaf am Nachmittag verzichten sollen … Darauf bedacht, dass sie Shikamaru nicht weckte, stand sie auf, zog sich etwas über und ging zur Couch. Nachdem sie die kleine Lampe, die an der Wand hing, und leise das Radio angeschaltet hatte, um sich ein wenig von der Musik berieseln zu lassen, setzte sie sich. Ihr Blick wanderte über die Vase mit der Blume zu ihrem Stirnband. Nur kurz fragte sie sich, was Kankurou und Gaara wohl machten, doch in Anbetracht der Uhrzeit schliefen die beiden sicherlich gerade. Sie wandte sich ab. Ein Stück weiter stand neben dem Wohnzimmertisch ihre Tasche. Bis auf Kleidung und Geld hatte sie außer einem Roman nichts mitgebracht. Temari holte das Buch hervor und schlug es auf. Sie war gerade mal bis Seite elf gekommen. Zwar hatte sie sich vorgenommen, zumindest das erste Kapitel zu lesen, aber das Bild von ihrem Ultraschall, das sie praktischerweise als Lesezeichen benutzte, hatte sie sich dann doch lieber angesehen. Sie nahm es an sich, tat den Roman auf den Tisch und betrachtete das Foto eingehend. Bis auf die Form war tatsächlich nicht übermäßig viel zu erkennen. Dennoch wusste sie, wo die Augen, der Mund und die Nase liegen mussten und das reichte ihr vollkommen, um sich unheimlich darüber freuen zu können. Temari legte ihre linke Hand auf ihren Bauch. Ein wenig runder war er inzwischen geworden, aber wirklich erwähnenswert war es nicht. Deswegen wunderte sie sich auch nicht, dass es noch niemand bemerkt hatte. Aber genau aus dem Grund war sie jetzt schon nach Konoha gekommen und hatte nicht noch Wochen gewartet, um es dann jedem mit der Holzhammermethode auf die Nase zu binden. Nein, sie stand ungern im Mittelpunkt und so würde es bis auf Weiteres auch bleiben. Alle, die es wissen mussten, würden es früh genug erfahren. Ihre Gedanken schweiften unweigerlich zu Shikaku und Yoshino. Was sie wohl von der Sache halten würden? Temari konnte nur schwer glauben, dass die beiden vor Begeisterung jubeln und tanzen würden – Ihr Sohn war immerhin erst neunzehn und somit nach ihren Ansichten vielleicht noch zu jung für ein Kind. Sie selbst hingegen konnte sich ihn prima in der Vaterrolle vorstellen. Das Alter konnte man bei einigen ohnehin nicht mit dem Verstand gleichsetzen – und genau das war bei Shikamaru der Fall. Klar, er hatte auch seine Macken und nahm manche Dinge etwas zu sehr auf die leichte Schulter, aber sie erwartete ja nicht von ihm, dass er sich wie ein Vierzigjähriger benahm, der mitten im Leben stand. Außerdem war sie selbst auch noch nicht völlig erwachsen – und ein bisschen Kindheit wollte sie sich weiterhin bewahren. Es gab schließlich auch so schon genügend Situationen, die ernst genug waren und als alte, verbitterte Hausfrau ohne jeglichen Sinn für Humor wollte sie auf keinen Fall enden. Und ihre Eltern? Ihre Mutter hatte sie nie kennengelernt, doch sie war sich sicher, dass ihr Vater die Nachricht nicht gut aufgenommen hätte. Wenn sie an das dachte, war sie irgendwie froh, dass sie das nicht mehr miterlebten. Aber Kankurou glich das wohl mehr als nur aus. So wie sie ihren Bruder kannte, konnte Shikamaru sich bei ihrer nächsten Begegnung auf etwas gefasst machen … Die Vorstellung war zwar irgendwie amüsant, gleichzeitig jedoch auch ziemlich gruselig. Falls Kankurou irgendetwas nicht passte, war nicht mit ihm zu spaßen. Vor allem nicht, wenn sich jemand die Freiheit herausnahm, seine einzige Schwester zu schwängern. Ihre Brüder … Sie hatte wirklich einiges mit ihnen zusammen durchgemacht. Wahrscheinlich war es dann auch kein Wunder, dass sie nur ihr Bestes wollten und sich unnötig Sorgen um sie machten. Kankurou sicher mehr als Gaara, aber auch der amtierende Kazekage konnte für Überraschungen gut sein. Ja, die Zwei waren schon toll, doch die Aussicht, bald eine eigene kleine Familie zu haben, trübte ihre Freude keineswegs. Sogar ganz im Gegenteil: Etwas Schöneres konnte sie sich im Moment nicht vorstellen. Temari lächelte glücklich. So gut hatte sie sich lange nicht gefühlt … Ein Rascheln und anschließende Schritte ließ sie aufhorchen. Rasch steckte sie das Bild in das Buch zurück. „Du bist noch wach?“ Shikamaru stützte sich auf der Sofalehne ab und gähnte. „Ja, ich kann nicht einschlafen“, antwortete sie ihm. „Deswegen gammle ich jetzt hier herum und hoffe, dass mich die Musik müde macht.“ „Und liest offensichtliche Schundromane“, ergänzte er scherzhaft. „So in etwa. Aber vielleicht hätte ich lieber Schafe zählen sollen, anstatt mich damit zu befassen.“ „Willst du dich dann nicht lieber wieder hinlegen?“, fragte er daraufhin. „Ich denke nicht, dass das was bringt.“ „Ich könnte ja versuchen, dir ’ne Einschlafhilfe zu geben.“ „Obwohl ich dir vorhin so viel abverlangt hab?“ Shikamaru sah sie einen Moment an und dachte sich seinen Teil. „Das meinte ich nicht“, antwortete er schließlich amüsiert. „Mein Fehler.“ Temari grinste. „Ich hätte wissen müssen, dass du dich nicht freiwillig ausziehst, nachdem du dich gerade erst wieder angezogen hast.“ „Du teilst heute wohl gerne aus, was?“, merkte er trocken an. „Tut mir leid. Das war echt nicht so gemeint.“ Sie warf ihm einen entschuldigenden Blick zu. „Schon okay“, meinte er schulterzuckend. „Ich kann dir ohnehin nicht lange böse sein. Also kann ich es auch gleich sein lassen.“ Sie lächelte ein wenig bekümmert. In solchen Augenblicken wusste sie wirklich nicht, womit sie ihn verdient hatte. Sie brachte es ja nicht einmal über sich, ihm die Karten offen auf den Tisch zu legen … „Bedrückt dich irgendetwas?“, hörte sie ihn fragen. Temari atmete tief durch und nickte. „Na ja, ich muss dir etwas sagen“, erwiderte sie letztendlich. Wortlos schaute Shikamaru sie an. Sie schenkte ihm daraufhin erst einmal ein aufmunterndes Lächeln. „Es ist kein Weltuntergang“, setzte sie nach, um ihn nicht unnötig zu beunruhigen. „Aber es wäre wohl trotzdem besser, wenn du dich vorher setzen würdest.“ Stillschweigend ließ er sich auf die Couch neben ihr nieder. Kurz ordnete Temari noch ihre Gedanken. Jetzt hieß es bloß nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen … „Na ja …“, begann sie etwas zögerlich. „Eigentlich hab ich gar keinen Urlaub und bin nur wegen dir hier.“ Letzteres hatte Shikamaru sich auch so schon denken können, aber das, was sie sagte, war trotzdem nicht gerade hilfreich … Dennoch kannte er sie gut genug, um zu wissen, dass Drumherumreden eigentlich so gar nicht ihre Art war. Und das machte ihn ein wenig stutzig. Als sie seinen verwirrten Blick bemerkte, meldete sich ihr schlechtes Gewissen. Es war ihm gegenüber wirklich ziemlich unfair, wenn sie ihn weiterhin im Dunkeln ließ und herumstammelte. Er hatte schließlich keinen Grund, sich überhaupt Sorgen um sie zu machen. Kurz atmete Temari ein, dann huschte ein sanftes Lächeln über ihre Lippen. „Um ehrlich zu sein: Wir bekommen ein Baby!“ Als sie das ausgesprochen hatte, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Endlich hatte sie es hinter sich gebracht … Shikamaru schwieg einen Moment. Hatte er sich etwa verhört? Nein … Entgeistert musterte er seine Freundin. „Bist du dir sicher?“ Sie antwortete nicht sofort, sondern zog das Ultraschallbild aus dem Buch. „Reicht dir das hier als Beweis?“, fragte sie dann. Er nahm es entgegen und betrachtete es. Am Rand stand Temaris Name und eine Zahl geschrieben. Sie meinte es also tatsächlich ernst … Seufzend lehnte er sich zurück, um die Nachricht auf sich wirken zu lassen. Ein Kind bedeutete natürlich sehr viel Arbeit, aber wenn er so darüber nachdachte … Da er sich noch immer nicht dazu geäußert hatte, verebbte die Euphorie, die Temari verspürt hatte, jäh und ein gewisses Unwohlsein ließ nicht lange auf sich warten. Sie hatte ja geahnt, dass er ihr nicht gleich vor Freude um den Hals fallen würde. Mit einer so verhaltenen Reaktion hatte sie allerdings nicht gerechnet. Die Aussichten stimmten sie zwar nicht gerade hoffnungsvoll, doch sie wollte es keinesfalls auf sich beruhen lassen. Außerdem musste sie nicht gleich von Anfang an den Teufel an die Wand malen. „Shikamaru?“, hakte sie letztendlich nach. „Lebst du noch?“ Er wandte sich zu ihr um. „Die Betonung liegt auf noch“, entgegnete er etwas benommen. „Ist es wirklich so schlimm?“ Temari biss sich auf die Unterlippe. „Ich weiß, dass unsere Situation vielleicht nicht die Beste für ein Kind ist, aber …“ „Ach was, wo denkst du hin?“, warf Shikamaru ein. „Wahrscheinlich sieht es gerade nicht so aus, aber ich freue mich wirklich darüber.“ „Im Ernst?“, meinte sie ein wenig skeptisch. „Ja, es ist großartig!“ Um ihr die letzten Zweifel zu nehmen, zog er sie an sich heran und legte seine Arme um sie. Dann setzte er nach: „Du hättest es mir aber ruhig etwas eher sagen können.“ „Das war leichter gesagt als getan“, entgegnete Temari lächelnd. Er drückte ihr einen Kuss auf, bevor er sich wieder dem Bild widmete. „Ist es aktuell?“ „Nicht ganz. Morgen ist es zwei Wochen alt.“ „Wie lange weißt du es eigentlich schon?“, fragte Shikamaru weiter. „Genauso lange“, antwortete sie. „Dann hast du es aber erst relativ spät bemerkt.“ „Ich weiß. Meine Ärztin hat mich auch etwas schief angesehen, als ich ihr erzählt hab, dass mir schon wochenlang ständig übel war.“ Sie musste lachen. „Wirklich ziemlich blöd von mir, wenn ich bedenke, dass ich noch nicht eher auf die Idee gekommen bin.“ „Wie solltest du auch, wenn du davon ausgegangen bist, dass alles wie immer gut gegangen ist?“, entgegnete er verständnisvoll. „Oder hast du die Pille vielleicht doch mal vergessen?“ Temari schüttelte den Kopf. „Nicht ein einziges Mal. Und zu spät genommen hab ich sie auch nicht.“ „Aber wie kommt es dann, dass du schwanger geworden bist?“ „Du weißt doch noch, dass ich letztes Mal ein paar Tage lang Tabletten schlucken musste, weil ich solche Probleme mit dem Magen hatte.“ Er nickte nur. „Sie haben die Pille wohl für diesen Zeitraum unwirksam gemacht“, erklärte sie. „Nur dummerweise hat mir das hier weder der zuständige Arzt noch die Schwester gesagt. Und wie es der Zufall so wollte, hatte ich natürlich gerade in der Zeit meinen Eisprung.“ „Dumm gelaufen“, merkte Shikamaru schmunzelnd an. „Allerdings“, stimmte sie ihm zu. „Würde ich mich nicht so wahnsinnig auf das Kind freuen, hätte ich den beiden wahrscheinlich heute gleich nach meiner Ankunft eine verpasst.“ „Apropos“, warf er ein. „Kann es eigentlich sein, dass Ino schon Bescheid weiß?“ „Leider“, gab sie zu. „Und Sakura auch.“ „Dann hast du es ihnen erzählt?“ „Nein, in dem Punkt darfst du dich bei Kankurou bedanken. Er hat Sakura Blumen geschickt und musste in seinem Brief auch gleich erwähnen, dass er Onkel wird. Sie und Ino mussten also nur noch eins und eins zusammenzählen.“ „Na ja“, meinte Shikamaru daraufhin. „Das erklärt immerhin, warum sie vorhin so übermäßig gute Laune hatte und mich die ganze Zeit so angegrinst hat.“ „Ich bin trotzdem froh, dass sie es dir nicht gesagt hat“, erwiderte sie. „Ich wollte schließlich diejenige sein, die dich mit der Nachricht schockt.“ „Na, dann hast du dein Ziel aber verfehlt“, neckte er sie. „Ich bin nämlich überhaupt nicht schockiert.“ Temari lachte. „Ganz wie du meinst.“ Nach einer kurzen Pause fragte sie: „Weißt du eigentlich schon, wie du es deinen Eltern beibringen willst?“ „Nein, keine Ahnung“, antwortete Shikamaru schulterzuckend. „Irgendeine Gelegenheit wird sich schon ergeben.“ „Allzu lange sollten wir aber nicht warten. Ansonsten fällt es ihnen bald von selbst auf.“ „Schon klar“, meinte er amüsiert. „Wir können ihnen ja einen Zettel hinterlassen auf dem ›Herzlichen Glückwunsch, ihr werdet Großeltern!‹ steht“, schlug sie gut gelaunt vor. „Das würde das Konfliktpotenzial auf jeden Fall erstmal drücken.“ Wenn er so an Yoshino dachte, mochte er sich die Folgen einer solchen Aktion gar nicht erst ausmalen … Rasch verdrängte er den Gedanken daran wieder. „Du hast vielleicht seltsame Ideen …“ „Na, irgendetwas muss ich mit meiner neugewonnenen Freizeit ja anfangen.“ „Also gehst du erstmal nicht mehr auf Missionen?“ „Nie wieder“, antwortete sie. „Ich möchte ja schließlich nicht, dass unser Kind als Waise aufwachsen muss.“ „Sehr vernünftig“, gab er anerkennend zurück. „Aber ich hätte es dir ohnehin nicht erlaubt.“ „Ach, wirklich?“, entgegnete Temari perplex. „Ja“, sagte Shikamaru. „Immerhin geht es jetzt nicht mehr nur um mich.“ „Schön gesagt“, meinte sie lächelnd. „Sag mal …“, begann er, nachdem sie einen Augenblick geschwiegen hatten. „Was wirst du nun eigentlich tun?“ „Inwiefern?“, hakte sie nach. „Gehst du nach Sunagakure zurück?“ Genau diese Frage hatte sie sich schon seit Tagen gestellt, allerdings noch keine rechte Antwort darauf gefunden. Jetzt empfand sie ihr Zögern jedoch als nahezu lächerlich. Wozu sollte sie noch großartig darüber nachdenken, wenn ihr doch klar war, was sie wollte? „Für einen Urlaub mit Sicherheit mal“, erwiderte sie schließlich. „Ab heute wirst du mich also nicht mehr so schnell los.“ „Ganz sicher?“ „Mehr als das.“ Temari schenkte ihm ein Lächeln. ════════════════════════════════════════════════════ Jetzt ist es endlich raus und ich kann hoffentlich wieder ruhiger schlafen. :D Findet ihr die Formulierung „Wir bekommen ein Baby!“ eigentlich auch viel persönlicher als dieses plumpe „Ich bin schwanger!“? Mir gefällt sie auf alle Fälle um einiges besser. :) Ansonsten hoffe ich doch, dass ich die Verhütungsfrage einigermaßen zufriedenstellend klären konnte. Okay, eine durch ein anderes Medikament unwirksam gemachte Pille ist nicht unbedingt etwas Neues, aber immer noch um einiges plausibler als ein „Oh, das Gummi ist gerissen und die Pille hab ich auch vergessen!“ oder „Ups, ich dachte, mein Eisprung wäre schon letzte Woche gewesen!“ Wirklich saudumme Ausreden, die zu den beiden auch nicht passen würden – klug genug sind sie schließlich – was wiederum allerdings keine Garantie dafür gibt, dass mit Intelligenz eine Verkettung unglücklicher Zufälle verhindert werden kann. Kapitel 8: Kleine Sticheleien ----------------------------- @ : Na, vielleicht kommen bald ja doch noch ein paar Fragen auf. Und ob dein Mitleid angebracht ist? Wer weiß … ;) @ : Also, so „zartbesaitet“, dass er gleich umkippt, schätze ich Shikamaru nicht ein – Nein, das will ich mir nicht mal vorstellen! :D Und ja, das Aufeinandertreffen von ihm und Kankurou wird definitiv lustig. Aber bis dahin wird es leider noch eine ganze Weile dauern. @ : Die Ironie mag mich wohl nicht besonders, sonst hätte ich sie wohl erkannt.^^° Eigentlich hab ich ja gehofft, dass Shikamaru nicht ganz so entspannt rüberkommt, aber das liegt wohl in den Augen des Betrachters. @ : Ui, zu viel des Lobes! Das wird wohl schwer zu erreichen, geschweige denn zu toppen sein. :) @ alle Kommentatoren: Danke, danke, danke! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 8: Kleine Sticheleien Temari wurde am nächsten Morgen durch den strahlenden Sonnenschein geweckt, der durch das Fenster schien. Sie drehte sich um und zog die Decke über den Kopf, um noch ein wenig weiterzuschlafen, doch der leichte Druck auf ihren Unterleib machte dieses Vorhaben quasi unmöglich. Seufzend rollte sie sich wieder auf die Seite. Ihre Lieblings-Schlafposition konnte sie nun wohl endgültig für das nächste halbe Jahr vergessen. Andererseits war ihr das immer noch lieber, als weiterhin den halben Tag auf dem Klo zu verbringen und sich übergeben zu müssen. Gebessert hatte es sich inzwischen zwar schon, aber der gestrige Nachmittag hatte sie gelehrt, den Tag nicht zu früh vor dem Abend zu loben. Schwerfällig setzte sie sich auf und gähnte. Ein flüchtiger Blick auf die Uhr ließ sie stocken. Es war schon weit nach zwölf. „Endlich von den Toten auferstanden?“, begrüßte Shikamaru sie. Seine Freundin streckte sich daraufhin und antwortete mit kurzer Verzögerung: „Dir auch einen guten Morgen … oder Mittag … Na, was auch immer.“ Verschlafen schlurfte sie zu ihm herüber und drückte ihm einen raschen Kuss auf. „Du hättest mich aber ruhig wecken können“, setzte sie anschließend nach. „Du hast so schön friedlich geschlafen, also hab ich es sein gelassen“, gab er zurück. „Wenn ich heute Nacht aber deswegen wach liege, kannst du dir sicher sein, dass du mit mir aufbleiben darfst“, meinte sie. „Zur Not auch mit Sex.“ Er zuckte daraufhin unbeeindruckt mit den Schultern. „Heute bin ich ausgeschlafen, also kann kommen was will.“ Temari lachte. „Das merk ich mir.“ „Wo wir gerade bei dem Thema sind: Darfst du denn eigentlich überhaupt?“ „Mir wurde gesagt, dass alles erlaubt ist, was mir gefällt.“ Grinsend setzte sie nach: „Und das gestern hat mir gefallen.“ „Ja, weil du mal wieder so richtig schön deine dominante Ader ausleben konntest.“ „Ich bin nicht dominant!“, legte sie fest. „Nein, natürlich nicht“, verbesserte Shikamaru sich belustigt. Sie knuffte ihm etwas unsanft in die Seite und verschwand mit einem vielsagenden Lächeln im Badezimmer. Nachdem sie ihr Gesicht gewaschen hatte, warf sie einen prüfenden Blick in den Spiegel. Ohne Augenringe und frei von jeglichen Hautunreinheiten sah sie wirklich gar nicht so schlecht aus. Wenn sich jetzt doch bloß noch der Haarausfall einstellte … --- Shikamaru musterte währenddessen das Ultraschallbild. Es kam ihm zwar irgendwie immer noch ein wenig wie ein Traum vor, aber der Gedanke, bald Vater zu sein, war nicht mehr ganz so abwegig wie noch in der vergangenen Nacht. Wenn er bedachte, dass er vor vierundzwanzig Stunden nicht einmal den Hauch einer Ahnung gehabt hatte, wirkte die Tatsache sogar erschreckender, als sie in Wirklichkeit war. Unglaublich, wie schnell sich das Leben doch vom einen auf den anderen Tag ändern konnte. Dennoch bereute er es keine Sekunde lang. Vielleicht tat es ihm sogar ganz gut, endlich eine Motivation zu haben, für die sich Anstrengungen lohnten … „Du kannst dich wohl auch nicht daran satt sehen, oder?“ Temari beugte sich über die Lehne der Couch und schlang dann ihre Arme um seine Schultern. Ihm wehte ein angenehmer Duft entgegen. Es war eine dezente Mischung aus ihrem Vanille-Shampoo und dem blumigem Duschgel, die sie meist benutzte. Sie deutete auf das Bild und fuhr fort: „Und hast du dich inzwischen an die Aussichten gewöhnt?“ Shikamaru überlegte einen Augenblick und antwortete dann: „Mehr oder weniger.“ „Ich hab auch ein paar Tage dafür gebraucht. Mach dir also bloß keinen Stress.“ „Ach, ich doch nicht“, erwiderte er gelassen. Sie lachte und meinte dann: „Ich könnte übrigens was zu essen vertragen.“ „Was möchtest du denn haben?“ „Egal. Hauptsache warm.“ --- Eine Stunde später verließen die beiden den Dango-Laden im Zentrum des Dorfes und schlenderten gemütlich nebeneinander her. Da Shikamaru sich noch ein paar Sachen holen wollte, schlugen sie die Richtung zu seinem Elternhaus ein. „Kocht deine Mutter heute eigentlich wieder?“, fragte Temari. „Da sie nachher auf eine Geburtstagsfeier geht, denke ich mal nicht“, meinte er. „Aber vielleicht ist ja noch –“ Shikamaru verstummte plötzlich und fand sich wenige Sekunden später in einer dunklen Seitengasse wieder. „Was soll das denn?“ Verwirrt blickte er seine Freundin an. „Ruhe“, forderte sie ihn leise auf. „Ich hab Sakura gesehen.“ „Na und?“ „Ich hab keine Lust, dass sie mir um den Hals fällt und lauthals beglückwünscht.“ Er zuckte daraufhin mit den Schultern. „Aber dann hast du es wenigstens hinter dir.“ „Da du damit kein Problem zu haben scheinst, kannst du ja beruhigt rausgehen“, gab Temari herausfordernd zurück. „Beschwer dich dann hinterher aber auch nicht, wenn sie dir mit dummen Fragen auf die Nerven geht.“ „Na, so schlimm wird’s schon nicht werden.“ Er seufzte. „Außerdem kannst du dich nicht ewig vor ihr verstecken.“ „Ja, ich weiß“, erwiderte sie etwas ruhiger. „Warum konnte Kankurou auch nicht seine Klappe halten?“ „Falls sie dich darauf anspricht, kannst du zur Not ja immer noch behaupten, dass es Gaara betrifft und nicht dich.“ „Das glaubt sie mir doch nie im Leben. Vor allem sollte man in seinem Alter –“ Shikamarus Blick ließ sie innehalten. „Okay, da du nur ein paar Monate älter bist als er, ist das wohl ein ganz schlechtes Argument.“ Sie lächelte entschuldigend und setzte nach: „Na gut, du hast mich überzeugt: Nächstes Mal geh ich ihr nicht mehr aus dem Weg.“ --- Als sie bei ihm zu Hause ankamen, herrschte ein ordentlicher Tumult. Yoshino eilte hektisch von einem Raum zum nächsten, während Shikaku mucksmäuschenstill in der Ecke stand und seine Frau missmutig beobachtete. „Jetzt beruhige dich doch endlich.“ Der Mann versuchte beschwichtigend auf sie einzureden. „Chouza reißt uns schon nicht den Kopf ab, wenn wir ein paar Minuten später kommen.“ „Aber ich hasse Unpünktlichkeit!“, argumentierte sie. „Und das alles nur, weil –“ Abrupt brach sie ihren geplanten Monolog ab und sagte in einem völlig anderen Tonfall: „Ah, hallo ihr beiden!“ Temari grüßte zurück, während Shikamaru schwieg, um sich seelisch auf eine Moralpredigt einzustellen, da er letzte Nacht nicht nach Hause gekommen war. Diese blieb jedoch zu seiner Verwunderung aus. „Ihr kommt gerade rechtzeitig!“, fuhr Yoshino fort und erntete von ihrem Sohn nur einen empörten Blick. „Ach, jetzt tu mal nicht so.“ Die Frau winkte ab. „Die letzten Jahre bist du auch immer mitgekommen.“ „Aber –“ „Kein aber!“, unterbrach sie ihn. „Yuri freut sich bestimmt, wenn du – wenn ihr beide mitkommt. Außerdem werden Chouji und Ino auch da sein.“ Shikamaru verdrehte genervt die Augen. „Als ob ich die Zwei nicht schon oft genug sehen würde …“ „Keine Widerrede!“ Temari hörte ihn daraufhin leise fluchen, was sie auch durchaus nachvollziehen konnte. Trotzdem hielt sie sich aus solchen Streitigkeiten lieber heraus. Da sie von nun an sicher mehr mit Yoshino zu tun hatte, legte sie sich besser nicht mit ihr an. Selbst wenn es bedeutete, Leute zu treffen, mit denen sie noch nie ein Wort gewechselt hatte … Irgendwie würde sie den Nachmittag schon heil überstehen. --- Während des ganzen Weges lamentierte Yoshino weiter mit ihrem Gatten herum, der wiederum alles schweigend abnickte und hoffte, dass sie doch endlich zum Ende kam. Sein Wunsch erfüllte sich allerdings erst, als sie das Haus der Akimichi erreichten. Choujis Mutter, eine kleine, stämmige Frau mittleren Alters, öffnete ihnen die Tür und begrüßte ihre beiden Freunde herzlich, bevor sie sich an Shikamaru wandte. „Schön dich mal wieder zu sehen!“, stieß sie erfreut aus und schüttelte überschwänglich seinen Arm. Dieser konnte ihr noch nicht einmal richtig antworten, als sie auch schon fragte: „Ist das deine Freundin?“ „So in etwa“, stammelte er perplex, während die Frau bereits Temari die Hand reichte. „Ich bin Akimichi Yuri“, sagte sie freundlich. „Freut mich, dich kennenzulernen.“ Die Angesprochene antwortete mit einem konfusen „Danke, ebenfalls“ und erwiderte die Geste. Lächelnd wandte Choujis Mutter sich wieder ab, um ihre Gäste hineinzubitten. Yuri führte sie durch den Flur direkt in den Garten. Chouza stand mit seinem Sohn am gemauerten Grill und legte Anzünder und Briketts für später bereit und Ino richtete mit ein paar letzten Griffen die Blumen der Tischdekoration her. Ihre Eltern schienen allerdings noch nicht anwesend zu sein. „Siehst du, wir sind nicht einmal die Letzten“, meinte Shikaku. „Ja, dein Glück!“, zischte Yoshino zurück und entriss ihm ruppig den Obstkuchen. Temari schaute sich im Garten um. Ihr blieb jedoch keine Zeit, die schönen Farben zu bewundern, da Ino zu Shikamaru und ihr herübergelaufen kam. Nach einer flüchtigen Begrüßung flüsterte sie Temari ins Ohr: „Hast du es ihm schon gesagt?“ Diese konnte lediglich nicken, ehe Ino die beiden auch schon an den Handgelenken packte und ein paar Meter weiter zog. Nachdem sie sichergegangen war, dass auch niemand zuhörte, strahlte sie die Zwei an und umarmte sie gleichzeitig. „Ich freu mich ja so für euch!“, stieß sie sodann euphorisch aus. Temari, die nicht mit so einer Aktion gerechnet hatte, starrte sie erst einmal sprachlos an. Shikamaru hingegen brachte zumindest ein verwirrtes „Danke?!“ heraus. „Hab ich vielleicht was Falsches gesagt?“ Ino schürzte die Lippen. „Du bist doch –“ „Ja, bin ich auch“, legte sie rasch fest. „Deine Begeisterung war nur ein bisschen … na ja, unerwartet.“ „Gibt es denn eine schönere Nachricht, als dass zwei meiner besten Freunde ein Kind erwarten?“ Strahlend schaute sie die Zwei abwechselnd an. Temari wusste zwar nicht, seit wann sie zu Inos engerem Freundeskreis gehörte, doch sie kam nicht umhin, sich ein wenig geschmeichelt zu fühlen. Schließlich fixierte sich die jüngere Kunoichi auf ihren ehemaligen Teamkollegen. „Kaum zu glauben, dass du es von uns dreien als Erster geschafft hast!“ Sie grinste ihn an. „Ich war mir eigentlich ziemlich sicher, dass es erst Chouji oder mich trifft.“ „Tja, falsch gedacht“, erwiderte er tonlos. Sie zuckte daraufhin mit den Schultern. „Du warst nun mal nie der Aktivste. Also lag meine Einschätzung doch nahe, oder?“ Temari konnte sich ein Lachen gerade noch so verkneifen. In diesem Punkt schätzte Ino ihn definitiv falsch ein. Shikamaru ignorierte ihre Bemerkung, da er keine Lust hatte, auf einem so tiefen Niveau zu diskutieren. Diese Sache ging sie ja ohnehin nichts an. Ino akzeptierte, dass er ihr darauf keine Antwort geben wollte und wandte sich stattdessen an Temari. „Wie weit bist du denn inzwischen?“ „Im vierten Monat“, erwiderte sie knapp. „Kann man auch schon etwas sehen?“ „Vielleicht ein bisschen. Es ist allerdings kaum der Rede wert.“ Ino wollte zu einer weiteren Frage ansetzen, wurde vorher jedoch von ihren Eltern gerufen, die eine riesige Blumengirlande in Form einer Vierundvierzig mitgebracht hatten und nun eine passende Stelle dafür suchten. Temari seufzte. „Siehst du, genau solche Fragen sind es, die ich hasse.“ „Aber du wirst wohl trotzdem kaum um sie herumkommen“, merkte Shikamaru an. „Leider …“ --- Zehn Minuten, eine peinliche Begrüßung mit Inos Eltern und ein mindestens genauso unangenehmer Geburtstagsgruß für Chouza später konnte Temari sich endlich setzen. In Gegenwart mehrerer unbekannter Personen fühlte sie sich dennoch sichtlich unwohl. „Alles in Ordnung?“ Shikamaru warf ihr einen besorgten Seitenblick zu. „Na ja …“, entgegnete sie zögerlich. „Ich komm mir irgendwie fehl am Platz vor.“ „Musst du dir doch eigentlich gar nicht. Das sind alles nette Leute.“ „Du magst ja Recht haben, aber ich gehöre hier einfach nicht dazu.“ „Blödsinn“, widersprach er und nahm unter dem Tisch ihre Hand. „Du gehörst schließlich zu mir.“ Mit diesen Worten entlockte er ihr ein kleines Lächeln. „Ich bin aber trotzdem froh, wenn wir hier wieder weg sind …“ „Wenn du möchtest, können wir auch sofort gehen.“ Temari deutete ein Kopfschütteln an. „Das würde ziemlich bescheuert aussehen. Außerdem möchte ich nicht noch mehr auffallen.“ Er verstand zwar nicht, was gerade in ihr vorging, aber sie hatte sicher ihre Gründe dafür. „Okay“, meinte er letztendlich. „Aber sag mir, wenn du nicht mehr möchtest.“ --- Schließlich saßen alle an ihren Plätzen. Nachdem Chouza seine Geschenke ausgepackt hatte, begann endlich das Essen, das von angeregten Gesprächen begleitet wurde. Einzig und allein das Geburtstagskind und dessen Sohn widmeten sich wie erwartet völlig dem Festmahl und schlangen ein Stück Kuchen und Torte nach dem anderen herunter. Shikaku und Inoichi schwelgten wiederum in Kindheitserinnerungen und Yoshino tauschte mit den anderen beiden Frauen Rezepte aus. Temari versuchte bei der Gelegenheit ihr karges Wissen ein wenig aufzustocken, kapitulierte jedoch schnell, da es ihr vorkam, als würde sie nicht einmal die Hälfte von dem Gesagten verstehen. Wahrscheinlich war sie auf ewig dazu verdammt eine schlechte Köchin zu bleiben. Noch ein guter Grund also, ihren Vater zu verfluchen, der ja unbedingt eine Haushaltshilfe engagieren musste. Andererseits hatte er für seine zweiundzwanzigjährige Tochter bestimmt eine erfolgreiche Zukunft als Kunoichi vorgesehen und sie sich nicht als junge Hausfrau und Mutter vorgestellt. Wenn sie es so betrachtete, konnte sie es ihm also nicht einmal verübeln. Ihr Blick fiel auf Chouji. Ino redete eifrig auf ihn ein, schien damit allerdings keinen großen Erfolg zu haben, da er in aller Seelenruhe seine Sahnetorte weiter in sich hineinstopfte. „Willst du es ihm heute eigentlich sagen?“, fragte sie an Shikamaru gewandt. Dieser sah von seinem Stück Kuchen auf, in dem er die letzten Minuten lustlos herumgestochert hatte. „Ich denke schon“, erwiderte er leise. „Er muss es ja nicht unbedingt von Ino erfahren.“ „Stimmt wohl.“ Temari nickte, bevor sie ihm plötzlich die Gabel aus der Hand riss. „Jetzt lass den Quatsch! Mit dem Gefummel machst du mich ganz nervös.“ Er schob den Teller von sich weg und meinte: „So wie sonst auch?“ „Ja, nur wird das hier nicht gut für dich ausgehen.“ „Das tut es doch ohnehin nie“, merkte er schulterzuckend an. Sie antwortete nicht darauf, sondern grinste nur. Irgendwie mochte sie diese kleinen Sticheleien. Sie waren ein winziger Beweis dafür, dass ihre Beziehung auch nach fast drei Jahren nicht eingeschlafen war. --- Nachdem alle ihre letzten Reste an Kuchen aufgegessen hatten, machte sich Chouza sofort an seinen Grill. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Glut endlich stark genug war, doch letzten Endes konnte er vergnügt die ersten Fleischstücke auf den Rost legen. Nebenbei plauderte er mit Shikaku und Inoichi und riss einen Witz nach dem nächsten. Ino, die Temaris Hilfe abgelehnt hatte, räumte alleine den Tisch ab und die anderen Frauen waren in der Küche verschwunden, um die Beilagen für die nächste Mahlzeit vorzubereiten. Shikamaru nutzte unterdessen die Gelegenheit, um seinem besten Freund die Neuigkeit zu überbringen. Temari beobachtete die beiden von weitem. Chouji war wohl der Einzige, vor dessen Reaktion sie sich nicht zu fürchten brauchte, da er im Gegensatz zu seiner Teamkollegin keine Plaudertasche war und unnötige Fragen stellte. Schließlich setzte Shikamaru sich wieder zu ihr. „Und?“, hakte sie nach. „Ihn hat nur der Zeitpunkt ein bisschen überrascht. Er freut sich aber trotzdem.“ „Und das, ohne mich vor Freude halb zu erwürgen“, merkte Temari an. „Warum kann das nicht jeder so aufnehmen?“ „Weil das in eurer Natur liegt“, antwortete er. „Kennst du irgendeine Frau, die beim Anblick eines niedlichen Kindes nicht zu schwärmen anfängt?“ „Ja, mich.“ Er zog einen Moment die Augenbrauen hoch und sagte: „Und was war das dann gestern, als du vom Unterricht an der Akademie gesprochen hast?“ „Das war nicht mehr als ein Anflug Muttergefühle, die ich als Schwangere auch haben darf“, konterte sie. „Und was ist mit dem Kleinen von Kurenai?“ Shikamaru dachte nicht daran, locker zu lassen. „Ja, er ist –“ Temari brach ab und seufzte. „Du hast gewonnen. Ich fand ihn auch schon putzig, bevor du mich geschwängert hast.“ „Siehst du. Fast alle Frauen mögen Kinder und brechen in Euphorie aus, wenn eins im näheren Umfeld im Kommen ist.“ „Wenn du das so sagst …“, erwiderte sie lächelnd. Ja, diesen moralischen Sieg musste sie ihm wohl zugestehen … --- Wenig später war alles serviert. Den Abschluss bildeten zwei Flaschen heißer Sake, an dem sich die drei älteren Männer auch gleich bedienten, bevor Chouza das Abendessen für eröffnet erklärte. Obwohl Temari bis vor kurzem noch reichlich Hunger gehabt hatte, begnügte sie sich mit einer winzigen Portion, auf die sie nur aus Höflichkeitsgründen nicht völlig verzichtet hatte. Der Auslöser dafür war der Geruch des Alkohols, der zusammen mit dem des Fleisches keine gute Mischung für sie ergab. Trotzdem versuchte sie, die Übelkeit zu unterdrücken und sich nichts anmerken zu lassen. Doch das war leichter gedacht als getan … „Geht’s dir nicht gut?“, fragte Shikamaru, als er bemerkte, dass ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war. Temari biss sich auf die Unterlippe. „Es … geht schon.“ „So siehst du aber nicht gerade aus.“ „Nein, wirklich. Ich –“ Der nächste Atemzug gab ihr den Rest. Sie riss sich zusammen, um das Unvermeidbare noch kurz herauszuzögern, sprang auf und verschwand im Haus. Er ignorierte den besorgten und fragenden Blick von Yoshino und folgte seiner Freundin. Wie vermutet fand er sie im Badezimmer vor. Anscheinend hatte sie es schon hinter sich gebracht und hielt sich nun lediglich noch den Magen. Shikamaru kniete sich neben sie. „Geht es wieder?“ „Na ja“, entgegnete sie gequält. „Ich bin es ja inzwischen gewohnt …“ „Warum ist dir eigentlich so plötzlich schlecht geworden?“ „Der Sake …Ich vertrag den Geruch wohl momentan nicht.“ Temari schloss die Augen und atmete tief durch. Obwohl sie sich übergeben hatte, war ihr immer noch genauso übel wie zuvor. „Dann wäre es wohl wirklich besser, wenn wir gehen würden.“ Er half ihr auf. „Ich sag nur noch eben kurz Bescheid, dass wir weg sind.“ „Okay …“ ════════════════════════════════════════════════════ Dieses Kapitel ist zwar recht lang, aber ob es den Plot vorangetrieben hab, bezweifle ich doch mal ein bisschen. Aber es kann ja nicht immer was Aufregendes passieren. Den Vornamen von Choujis Mutter hab ich bewusst so ausgesucht. Yuri bedeutet Lilie und das fand ich im Zusammenhang mit dem Chou (Schmetterling) aus Chouji und Chouza einfach passend. :) Zuletzt hab ich mich auch gegen das Klischee entschieden, das besagt, dass Temari als große Schwester gut kochen können muss. Das hab ich schon in vielen FFs gelesen und da dachte ich mir, dass ich den Spieß einfach mal umdrehe. :D Kapitel 9: Menschenkenntnis --------------------------- @ : Ob die älteren wirklich so klug sind? Na, mal schauen. :D @ : Schön, wenn ich deinen Tag noch ein wenig verbessern konnte. @ : Mir gefallen längere Kapitel auch besser, aber meistens hapert es dann an der Umsetzung. Ein paar von der Längenordnung wird’s aber noch geben. @ alle Kommentatoren: Dankeschön für eure Meinungsbekundungen! :) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 9: Menschenkenntnis An der frischen Luft fern jeglichen Alkohols fühlte sie sich gleich einen Tick besser. Trotzdem konnte sie es kaum erwarten, sich hinlegen zu können. Gut, dass es zu ihrer Wohnung nicht weit war … --- Zehn Minuten später ließ sie sich auf die Couch fallen. „Möchtest du einen Tee oder so?“, fragte Shikamaru. „Eigentlich schon, aber ich hab gestern gar keinen gekauft“, erwiderte sie. „Dann bring ich welchen von zu Hause mit. Ich muss ohnehin noch ein paar Klamotten holen.“ Er griff nach dem Schlüssel. „Bin gleich zurück!“ „Ja, bis dann …“ Temari seufzte. Irgendwie mochte sie sich gar nicht ausmalen, was die anderen gedacht haben, nachdem sie einfach so gegangen war, ohne sich zu verabschieden. Auf jeden Fall hatte es ziemlich blöd ausgesehen. Aber na ja, ihre Gesundheit ging nun mal vor und nicht irgendwelche möglichen Lästereien … Sie legte ihre Hand auf die Stelle ihres Bauches, an der sie das Baby vermutete. Die letzten Wochen hatte sie schon einiges durchgemacht, doch für dieses kleine Wesen lohnte es sich, sich auch weiterhin nicht kleinkriegen zu lassen. Egal, wer ihr noch auf die Nerven gehen würde. --- Shikamaru stopfte alles, was er die nächsten Tage so gebrauchen konnte, rasch in eine Tasche. Er hatte keine Lust, sich lange mit Packen aufzuhalten und noch weniger wollte er Temari länger als nötig alleine lassen, wenn es ihr nicht so gut ging. Zuletzt ließ er eine Packung Pfefferminztee aus der Küche mitgehen, die ohnehin niemand vermissen würde und verließ das Haus wieder. Es vergingen keine zwei Minuten und er wünschte sich, einen anderen Weg gegangen zu sein. Sakura wartete mit Sai vor einem Lokal und gestikulierte hektisch herum. Einen winzigen Moment hoffte Shikamaru, dass sie ihn nicht gesehen hatte, doch seine Hoffnung verpuffte genauso schnell wieder, wie sie aufgetreten war. Da er sie nicht ignorieren konnte, schlenderte er zu ihr herüber. Er konnte die beiden nicht einmal richtig grüßen, da Sakura ihm bereits mit einer festen Umarmung die Luft wegdrückte und „Herzlichen Glückwunsch!“ jauchzte. Zu seiner Erleichterung ließ sie gleich danach wieder von ihm ab, grinste dafür aber wie ein Honigkuchenpferd. „Ich hab es schon von Kankurou gehört. Ist es nicht –“ Sie verstummte abrupt, als sie Shikamarus verdutzten Gesichtsausdruck bemerkte und schlug erschrocken die Hand vor den Mund. „Sag jetzt nicht, dass Temari es dir noch gar nicht erzählt hat.“ „Doch, das hat sie gestern schon“, erwiderte er knapp. Sakura atmete auf. „Und ich dachte schon …“ Erneut strahlte sie ihn an. „Und wie fühlst du dich nun so als werdender Vater?“ „Wie soll ich mich fühlen, wenn ich noch nicht mal die Gelegenheit bekomme, mich überhaupt richtig an den Gedanken zu gewöhnen?“ „Sorry“, nuschelte sie. „Aber du klingst ja nicht gerade begeistert.“ Shikamaru seufzte. Warum in aller Welt mussten Frauen nur in jede Silbe etwas hineininterpretieren? Eine wirklich nervige Eigenschaft … „Muss ich das denn immer?“, entgegnete er schließlich tonlos. „Nein, aber in Anbetracht der Umstände … Ich meine, deine Freundin bekommt immerhin ein Baby und –“ Sakura brach ab und setzte vorsichtig nach: „Es ist doch von dir, oder?“ Ja, natürlich musste sie gleich darauf schließen. Aber was hatte er auch anderes von ihr erwarten sollen … „Nein, es ist von Uchiha Madara höchstpersönlich“, meinte er genervt. „Frag doch nicht so blöd.“ „Das hätte ich Temari ohnehin nicht zugetraut.“ Ihr leicht entsetzter Blick lichtete sich wieder und sie grinste erneut. „Dann bin ich bald ja quasi Tante! Und dann –“ „Sakura?“, warf Sai ein, bevor diese mit einer ausschweifenden Rede beginnen konnte. Seine Teamkollegin wandte sich zu ihm um. „Was gibt’s?“ „Du hast nicht gerade ein Gespür dafür, wenn jemand in Ruhe gelassen werden will.“ „Sagt gerade derjenige, der seine Menschenkenntnis aus Büchern gelernt hat“, missbilligte sie seine Aussage. „Ich weiß sehr wohl, wenn – Huch?!“ Sie starrte auf die Stelle, an der Shikamaru bis eben gestanden hatte. „Ich hab’s dir ja gesagt.“ Sai lächelte überlegen. --- Rasch schloss er die Tür auf und betrat die Wohnung. Jetzt konnte er nachvollziehen, was Temari gemeint hatte. Sie hatte es mit Sakuras Einschätzung wirklich in keinem Punkt übertrieben … Shikamaru legte die Schlüssel an ihren Platz zurück und lud seine Sachen ab. Anschließend ging er zur Couch herüber. Temari war mit dem Ultraschallbild in der Hand eingeschlafen. Vorsichtig nahm er es ihr ab und deckte sie anschließend mit einer Wolldecke zu. Unschlüssig, wie er sich nun die Zeit vertreiben sollte, setzte er sich erstmal in den Sessel, beobachtete seine Freundin und hing dem einen oder anderen Gedanken nach. Zuerst dachte er an das Baby. Er erinnerte sich noch gut daran, wie Kurenai die erste Zeit nach der Geburt ihres Sohnes durch den Wind gewesen war und allein das reichte ihm aus, um sicher zu sein, dass es mit einem eigenen Kind noch viel anstrengender werden würde. Bis es soweit war, verging zwar noch eine Weile, aber auf diese Situation konnte man sich wohl nicht früh genug seelisch einstellen. Trotzdem sollte er die Zeit davor besser noch etwas genießen, bevor er sich der großen Verantwortung stellen musste. Obwohl … Verantwortlich gegenüber Temari fühlte er sich nun ohnehin schon, da er ihr das Ganze – wenn auch unbeabsichtigt – erst eingebrockt hatte. Ohne einen männlichen Gegenpart entstanden Kinder schließlich nicht und selbst die klügste Person konnte nichts gegen eine unglückliche Verkettung der Zufälle tun. Na ja, was hieß hier unglücklich? So dachte er wirklich nicht darüber. Außerdem wäre es irgendwann wahrscheinlich sowieso dazu gekommen. Was sprach dann also gegen ein Früher? Entscheidend war letzten Endes doch das geistige Alter und nicht die Anzahl der Lebensjahre, die von den meisten ohnehin völlig überbewertet wurde. Yoshino war genau so ein Fall, da sie es teilweise immer noch bestens verstand, ihn wie ein Kleinkind zu behandeln und zu bevormunden. Ach, wie er sich jetzt schon auf ihre Moralpredigt freute, wenn sie davon erfahren hatte. Aber letztendlich interessierte es ihn eh nicht, was sie darüber denken würde … --- Temari gähnte und rieb sich einen Moment die Augen. Zwar hätte sie noch liebend gern ein wenig weitergeschlafen, doch die Aussicht, die halbe Nacht wach zu liegen, war ein Argument für sich. „Hat sich dein Magen wieder beruhigt?“, fragte Shikamaru. „Er ist so ruhig, wie er in meinem Zustand nur sein kann“, entgegnete sie lächelnd. „Bist du schon lange wieder hier?“ „Nein, erst ’ne halbe Stunde oder so. Sakura hat mich aufgehalten.“ „Tatsächlich?“ „Ja, und sie hat kein Bisschen genervt“, meinte er nicht gerade im ernsten Tonfall. Temari lachte. „Ich hab dir also nicht zuviel versprochen?“ Er schüttelte den Kopf. „Keineswegs.“ „Na ja, wenn sie dich schon mit Glückwünschen überschüttet hat, kann ich ja hoffen, dass sich ihre Freude bei mir in Grenzen halten wird.“ „Also, darauf würde ich nicht wetten.“ Sie quittierte seine Aussage mit einem Grinsen. Da ihr noch immer ein unangenehmer Geschmack auf der Zunge lag, stand sie auf, um sich die Zähne zu putzen. Das war in den letzten Wochen noch die größte Wohltat gewesen, nachdem ihr Magen mal wieder das gemacht hatte, was er wollte. „Und was machen wir jetzt?“, fragte sie fünf Minuten später. Er zuckte nichtssagend mit den Schultern. „Wow“, meinte sie seufzend. „Ich bin noch nicht mal zwei Tage hier und wir wissen schon nichts mehr mit uns anzufangen.“ „Vielleicht läuft ja ein halbwegs interessanter Film oder so“, schlug Shikamaru vor. „Von dem wir dann den Anfang verpasst hätten“, ergänzte sie rasch. „Nee, lass mal. Entweder ganz oder gar nicht. Aber wie wäre es mit ’ner Runde Karten?“ „Wenn’s denn unbedingt sein muss …“ Temari grinste belustigt. „Zeig doch nicht immer so viel Begeisterung.“ Sie zog eine Schublade auf, in der sich normalerweise immer das Allgemeingut befand. „Ich würde ja, aber in Kartenspielen bin ich einfach schlecht“, argumentierte er. „Na ja, ich würde eher behaupten, dass dir das nötige Glück fehlt.“ „Ich hab meins ja auch schon aufgebraucht, indem ich dich abbekommen habe.“ Sie lachte. „Dann kannst du aber nie viel davon gehabt haben.“ „Red dich doch nicht immer so herunter.“ „Ach, das tu ich doch gar nicht“, widersprach sie. „Aber du weißt selbst doch am besten, dass ich deiner ursprünglichen Vorstellung der perfekten Frau nicht gerade am nächsten bin.“ Shikamaru seufzte. Demjenigen, der ihr das erzählt hatte, gehörte wirklich lebenslang der Mund zugeklebt … „Kannst du diesen Blödsinn nicht endlich mal vergessen?“, entgegnete er schließlich. Sie schenkte ihm ein Lächeln und ließ sich zurück aufs Sofa fallen. „Schon passiert.“ Dann begann sie das Skatspiel, das sie gefunden hatte, zu mischen und zu verteilen. Lustlos nahm er seine Karten auf. Ein König, zwei Neunen, eine Dame und eine Zehn … Wie erwartet war sein Blatt absolut nicht zu gebrauchen. Temari bemerkte schnell seinen endlos scheinenden Enthusiasmus. „Soll ich dir vielleicht so was wie ’nen Anreiz geben?“ „Anreiz?“ „Der Verlierer könnte sich ja irgendwas ausziehen.“ Er starrte sie daraufhin einen Moment an. „Wenn du unbedingt Sex willst, kannst du ihn auch gleich und weniger umständlich haben“, meinte er unbeeindruckt. „Du bist echt einfallslos.“ Sie seufzte schwer. „Früher hättest du so ein Angebot nie ausgeschlagen.“ „Da war ich ja auch noch dumm und hab mich von meinen Gefühlen hinreißen lassen.“ „Du meinst wohl eher von deinen Hormonen“, verbesserte sie ihn mit einem Grinsen und warf anschließend einen Blick auf ihre Karten. „Ach, ich glaub, du hast Recht.“ Temari schmiss sie achtlos auf den Tisch, packte Shikamaru am Handgelenk und zog ihn ruckartig zu sich herüber. „Verschwenden wir keine Zeit und kommen stattdessen lieber gleich zur Sache.“ Er widersprach ihr nicht, sondern küsste sie einfach. Wenn er so einem seiner unbeliebtesten Zeitvertreibe entkommen konnte, tat er das nur zu gerne. ════════════════════════════════════════════════════ Eigentlich war Sais erster Auftritt ja anders geplant, aber dann hat er sich doch in der Szene breit gemacht. Nächste Woche wird es kein Kapitel geben. Ich bin momentan voll im Umzugsstress und neben der Arbeit bleibt leider keine große Zeit, um meinen Hobbies nachzugehen. :/ Kapitel 10: Mit Reizen soll Frau nicht geizen! ---------------------------------------------- @ : Dann hoff ich doch, dass dir dieses Kapitel lang genug ist. ;) Wie gesagt, die Länge kann ordentlich variieren. Rechne am besten immer mit 1400 – 4000 Wörtern. @ : Tja, Umzüge fressen eine Menge Zeit und Nerven – und laut der Telekom bekomme ich eigenes Internet erst Ende des Monats, was heißt, dass ich bis dahin weiterhin keine regelmäßigen Postings garantieren kann.^^° Jugend … Na, ganz so jung bin ich dann doch nicht mehr. :D @ : Ja, wer hätte in die Rolle auch besser als Sai gepasst, um Sakura auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen? @ all: Dankeschön für euer Feedback! =) Ich weiß nicht, aber bei der Erwartungshaltung seh ich irgendwie schon meinen Kopf rollen … Aber nein, das Kapitel mit Yoshino kommt – beim nächsten Mal! Dann viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 10: Mit Reizen soll Frau nicht geizen! Es war Freitagnachmittag. Temari wunderte sich, wie schnell ihr Bauch in den vergangenen sieben Tagen gewachsen war – und mit ihm auch ihre Brüste. Ihre alten BHs hatten quasi über Nacht angefangen, sie an allen Ecken und Enden einzuzwängen und bis auf einer passte inzwischen überhaupt keiner mehr richtig. Gut, dass sie sich am Morgen mit ein paar neuen Klamotten eingedeckt hatte, die auch in einem Monat noch dort sitzen würden, wo sie sollten. Sie warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Das lila T-Shirt, das sie sich gekauft hatte, enttäuschte sie in keiner Weise. Da es unten etwas weiter war, kaschierte es wunderbar ihren Bauch, während der tiefe Ausschnitt ihr Dekolletee hervorragend betonte. Bis vor kurzem war sie nicht gerade mit einer allzu großen Oberweite ausgestattet gewesen. Also warum dann nicht die Gelegenheit nutzen und sehen, wie ihre Umwelt darauf reagierte? Temari grinste zufrieden. Ja, diesen Spaß wollte sie sich nach den Unannehmlichkeiten der letzten Wochen nicht nehmen … --- Schließlich machte sie sich auf den Weg zum Haupttor von Konoha, um dort Shikamaru zu treffen, der bereits seit den frühen Morgenstunden im Wald unterwegs war. Nachdem sie es die ganze Woche schon vor sich hergeschoben hatten, wollten sie heute den Hokage in Kenntnis setzen und dann das Projekt Shikaku und Yoshino angehen, bevor die beiden anderweitig von der Leistung ihres Sohnes erfuhren. Am Tor fand Temari mit Kamizuki Izumo und Hagane Kotetsu die Standart-Besetzung vor. Da von ihrem Liebsten noch keine Spur war, beschloss sie, den beiden Chuunin ein wenig Gesellschaft zu leisten. Izumo lehnte sich weit auf seinem Stuhl zurück und gähnte herzhaft, während sein Kollege sich mit einer Zeitschrift beschäftigte und Kreuzworträtsel löste. Sie grüßte die Männer freundschaftlich. „Langweilig?“, fragte sie dann grinsend. Kotetsu sah von seinem Zeitvertreib auf und setzte zu einem „So wie immer“ an, verstummte jedoch bei ihrem Anblick. Sein Freund konnte sich einen kleinen Lacher nicht verkneifen. „Mensch Kumpel, hast wohl schon ewig keine mehr –“ Izumos Neckversuch ging einen Moment lang in abruptes Schweigen über. Mit geöffnetem Mund betrachtete er die Kunoichi. „Bist du etwa hierher gekommen, um dir die Dinger machen zu lassen?“ Temari amüsierte sich prächtig über die Reaktionen. Mit dem gezielten Einsetzen weiblicher Reize verlor wohl so gut wie jeder Mann die Fassung … Anschließend schüttelte sie den Kopf. „Nein, die sind immer noch echt.“ „Na, so ’nen Vorbau wie Tsunade-sama hast du auch wirklich nicht nötig. Ich finde –“ Er wollte noch weiter darüber philosophieren, doch Kotetsu hielt ihm rechtzeitig den Mund zu und bemühte sich um einen Themawechsel. „Was treibt dich eigentlich her?“ „Ach, ich warte nur auf Shikamaru“, meinte sie beiläufig. Der Chuunin setzte ein Grinsen auf. „Ihr habt wohl ein Rendezvous, was?“ „Nicht wirklich“, gab sie zurück. „Es wird nur höchste Zeit, dass wir Hokage-sama Bescheid geben.“ „Was ist denn so wichtig, dass sogar Kakashi-sama davon erfahren muss?“, hakte Kotetsu neugierig nach. Temari raffte ein Stück weit ihr Top und deutete auf ihren Bauch. „Das hier.“ „Du bist schwanger?!“, stieß Izumo erstaunt aus. „Ganz genau“, antwortete sie lächelnd. „Hokage-sama muss doch wissen, dass es bald einen neuen Mitbürger für Konoha gibt.“ Kotetsu lehnte sich zurück. „Mensch, dann habt ihr wohl den ganzen Liebeskram übersprungen und es gleich krachen lassen, was?“ „Wäre es tatsächlich so gewesen, wäre ich jetzt sicher nicht hier, um mein Leben mit ihm zu verbringen, oder?“, konterte sie grinsend. --- Sie unterhielt sich noch ein paar Minuten mit den beiden Chuunin, bis sich Shikamaru doch endlich die Ehre gab. Nichtsahnend schlenderte er zu seiner Freundin und ihren Gesprächspartnern herüber. „Na, Shikamaru, du alter Schwerenöter?!“, wurde er von Izumo begrüßt. Der Angesprochene hatte keine Ahnung, was sein Gegenüber damit bezweckte und schaute dementsprechend auch erstmal reichlich verwirrt drein. „Begibst dich einfach so still und heimlich in Vatergefilde, was?“ Shikamaru antwortete ihm nicht und wandte sich an Temari, um sie zu fragen, was das Ganze sollte, doch die Frage blieb ihm im wahrsten Sinne des Wortes im Halse stecken. Nur kurz folgte er noch Kotetsus Blick, bevor er wortlos nach ihrer Hand griff und sie ein paar Meter weiter mit sich zog. „Sag mal, wie läufst du eigentlich herum?“, fragte er dann. „Was für eine herzliche Begrüßung!“, merkte sie an und setzte nach: „So seh ich doch immer aus.“ „Red doch nicht“, widersprach er sichtlich angespannt. „Was ist das bitte für ein Oberteil?“ „Ach, das meinst du. Hab ich mir heute erst gekauft. Schick, findest du nicht auch?“ Natürlich wusste sie genau, worauf er anspielte, stellte sich aber trotzdem absichtlich dumm. Diese Masche kannte Shikamaru zu Genüge von ihr, doch sie schaffte es immer noch, ihn damit auf die Palme zu bringen. „Nein, finde ich nicht“, sagte er schließlich trocken. Temari musste lachen. „Jetzt sei mal nicht so. Du guckst doch selbst hin.“ „Es geht aber nicht um mich, sondern um die beiden da, die dir offensichtlich gerne sabbernd auf die Brüste starren.“ Er bemühte sich nicht einmal leise zu sprechen. „Lass ihnen doch den Spaß. Mehr als Gucken dürfen sie ohnehin nicht“, erwiderte sie gelassen. „Ich will aber nicht, dass dich andere Typen anglotzen!“ Sie wusste zuerst nicht, was sie darauf sagen sollte. So aufgebracht hatte sie ihn eine Ewigkeit nicht mehr erlebt. Das hieß, falls das überhaupt schon einmal vorgekommen war … „Ach, komm schon …“, begann Temari in einem ganz anderen Ton. „In ein paar Wochen wird mich doch sowieso niemand mehr ansehen.“ „Doch, ich“, legte Shikamaru fest. „Reicht dir das denn nicht?“ „Natürlich reicht mir das“, meinte sie ehrlich. „Aber du könntest mir trotzdem das bisschen Anerkennung gönnen. Ich hab die letzte Zeit schließlich schon genug wegen der Schwangerschaft durchmachen müssen und da wäre ich doch blöd, wenn ich von den wenigen Vorteilen keinen Gebrauch machen würde.“ Ihre Argumentation passte ihm zwar nicht so ganz, aber noch weniger wollte er sich mit ihr darüber streiten oder ihr das Gefühl geben, dass sie nichts geleistet hatte. Dass sie trotz allem die Schwangerschaft auf sich nahm war für ihn schon eine großartige Leistung und er wollte um keinen Preis in der Welt mit ihr tauschen. Vielleicht sollte er allein deswegen ausnahmsweise mal Fünfe gerade sein lassen. Auch wenn er dafür wohl oder übel in den sauren Apfel beißen musste … Shikamaru seufzte schwer. „Schon gut. Du hast mich überredet …“ --- Rasch verabschiedeten sie sich von Kotetsu und Izumo und schlenderten gemütlich in Richtung Hokage-Turm. „Warum hast du es den beiden eigentlich unter die Nase gerieben?“, forschte er nach einem kurzen Moment des Schweigens nach. „Ich meine, du warst immerhin diejenige, die darauf bestanden hat, es möglichst wenigen zu erzählen.“ „Ja, ja“, entgegnete Temari tonlos. „Aber es macht doch eh keinen Sinn mehr, es zu verheimlichen und dann kann ich auch genauso gut alle Leute nach und nach abarbeiten.“ Etwas bissig fuhr sie fort: „Außerdem werd ich als werdende Mutter doch auch mal ein klein wenig stolz sein dürfen, oder?“ Na, toll … Jetzt hatte sie seine Frage auch noch falsch aufgefasst … „Selbstverständlich darfst du das“, versuchte er einzulenken. „Ich wollte dich dafür auch nicht kritisieren oder so.“ Zuerst schwieg sie, sagte dann aber: „Ich weiß … Sorry, dass ich zurzeit so leicht gereizt bin.“ „Du bist schwanger.“ Er schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Sie erwiderte es, auch wenn sie ihm in dem Punkt nicht ohne Weiteres zustimmen konnte. „Als ob das für alles eine Entschuldigung wäre …“ „Das vielleicht nicht, aber es ist eine Erklärung.“ „Ja, nur leider keine besonders gute.“ „Besser das, als überhaupt keine“, lautete Shikamarus Argumentation darauf. „Na ja …“, schloss Temari das Thema. Wenn er ihr schon so einen Grund lieferte, musste sie sich wirklich nicht weiter selbst in die Pfanne hauen … „Warst du heute im Krankenhaus?“, war seine nächste Frage. „Ja, ich hab für übernächsten Mittwoch einen Termin bekommen“, antwortete sie. „Eigentlich wollten sie mich nächste Woche schon einschieben, aber da ich ein paar Tage brauche, um die Ergebnisse der letzten Untersuchung zu organisieren, ging das eben nicht.“ „Steht da denn etwas Wichtiges drin?“ „Keine Ahnung“, meinte sie schulterzuckend. „Für irgendwas wird es schon gut sein. Außerdem kommt es auf eine Woche mehr oder weniger ohnehin nicht an.“ Shikamaru sah sie skeptisch an. „Die vier Wochen, die anfangs zwischen den Vorsorgeuntersuchungen liegen, sind doch noch gar nicht um“, erklärte sie rasch. „Und wenn etwas nicht in Ordnung wäre, würde ich es sicher merken. Kein Grund also, besorgt zu sein.“ „Ganz wie du meinst“, erwiderte er sichtlich beruhigt. Temari lächelte daraufhin. Es gefiel ihr sehr, dass er sich solche Sorgen um sie machte und es ihm nicht wie vieles andere gleichgültig war. „Du hast dich wohl inzwischen mit dem Gedanken angefreundet, oder?“ „Anscheinend sogar schon ein bisschen zu sehr“, gab er zu. „Ach, was“, widersprach sie. „Ginge es völlig spurlos an dir vorbei, würde mit dir doch auch irgendetwas nicht stimmen.“ Er schwieg. Damit hatte sie zweifellos Recht … „Ehrlich, ich finde es toll, dass du dich so sorgst“, fuhr sie fort. „Hätte ich etwas anderes gewollt, wäre ich jetzt auch bestimmt nicht hier.“ Sie öffnete eine der Glastüren, die ins Innere des Gebäudes führten. Shikamaru beobachtete sie kurz und musste schmunzelnd feststellen, dass dies einer der Momente war, in denen er wirklich nichts bereute. Temari war zwar kein einfacher Mensch, aber auf ihre Weise trotzdem großartig – all ihre Macken zum Trotz. --- Fünf Minuten später standen sie vor dem Büro des amtierenden Hokage. Temari hob ihre Hand, um zu klopfen, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne. Etwas ratlos blickte sie zu ihrem Begleiter. „Was wollen wir ihm eigentlich sagen?“ „Ja, so wie es ist.“ Schulterzuckend setzte er nach: „Oder nicht?“ „Das schon“, erwiderte sie. „Aber wenn er uns fragt – und das wird er – warum wir zu ihm gekommen sind, was antworten wir dann?“ Ihr Freund hob die Augenbrauen. „Du musst echt zu viel Freizeit haben, wenn du über so einen Unsinn nachdenkst.“ „Von wegen … Müsstest du jetzt gleich Gaara gegenüberstehen, wärst du bestimmt nicht so gelassen.“ „Er ist ja auch dein Bruder. Und das ist etwas völlig anderes.“ „Du kennst Kakashi-san trotzdem besser als ich, also …“ Sie brach ab, seufzte ein „Ach, was soll’s“ und hämmerte unüberhörbar an die Tür. Es vergingen nur wenige Sekunden, bis von der anderen Seite ein „Ja, bitte!“ erklang. Temari zögerte nicht, drückte die Klinke herunter und betrat zusammen mit Shikamaru den Raum. Hatake Kakashi saß hinter seinem Schreibtisch, setzte noch flüchtig eine Unterschrift und sah auf. Nach einer kurzen Begrüßung – die seltsamerweise etwas verzögert kam – fragte er: „Was führt euch beide zu mir?“ Sein Blick blieb dabei nach Shikamarus Geschmack zu lang auf Temari haften und er hatte keinen Zweifel, woran das liegen konnte. Klar, auch ein Kage war letzten Endes nur ein Mensch, doch in diesem Fall wünschte er sich zum ersten Mal Tsunade auf diesen Platz zurück. Sie hatte während ihrer Amtszeit sicherlich nicht anderen Frauen aufs Dekolletee gestarrt. Schnell verdrängte er diesen Gedankengang wieder. Er konnte sich von so einer Kleinigkeit doch nicht ärgern lassen … Temari überlegte sich rasch eine Antwort und beschloss, nicht unnötig herumzustammeln. „Ich bin schwanger und deswegen würde ich bei der nächsten Chuunin-Prüfung lieber etwas kürzer treten. Das heißt, wenn das möglich wäre.“ „Natürlich“, entgegnete der Hokage verständnisvoll. „Habt ihr euch schon überlegt, wer für die Prüfung als Hilfe infrage kommen würde?“ Beide schüttelten nur den Kopf. Mit der Frage hatten sie sich wirklich nicht beschäftigt. „Nun gut, das eilt auch noch nicht. Falls euch jemand einfällt, der dafür geeignet wäre, lasst es mich einfach wissen.“ Er hüllte sich einen Augenblick in Schweigen und setzte in ruhigem Tonfall nach: „Schwanger … soso.“ „Aus dem Grund hätte ich auch noch ein zweites Anliegen“, meinte Temari rasch. „Da er hier“ – sie zog Shikamaru völlig unerwartet zu sich heran – „der Vater meines Babys ist, würde ich gerne ganz im Dorf bleiben.“ Auf Kakashis Maske zeichnete sich so etwas wie ein Lächeln ab. „Das ist gar kein Problem. Was wäre ich auch für ein Hokage, wenn ich euch da Steine in den Weg legen würde?“ --- Kurz darauf verließen die Zwei das Büro. Während Shikamaru einfach nur froh war, dort wieder heraus zu sein, war Temari erleichtert, dass ihre Bitten nicht ausgeschlagen wurden. „Hast du wirklich gedacht, dass er dich hier auf Dauer nicht dulden würde?“, fragte er an. „Eigentlich nicht …“ „Du hast ihm auch das beste Argument geliefert, das es geben kann.“ „Stimmt wohl“, meinte sie lächelnd. „Sag mal, müssen wir eigentlich sofort zu deinen Eltern?“ „Haben wir das denn nicht schon lange genug aufgeschoben?“ Er antwortete mit einer Gegenfrage. „Ich rede ja auch nicht von Tagen, sondern lediglich von eins, zwei Stunden“, verbesserte sie sich. „Ich brauch nämlich was zu essen.“ „Worauf hast du denn Hunger?“ „Ramen.“ „Schon wieder? Das ist dann das vierte Mal diese Woche.“ „Und?“, erwiderte sie schulterzuckend. „Es ist doch nichts Neues, dass Heißhunger auf bestimmte Speisen in der Schwangerschaft sehr oft vorkommt.“ So wie er sie die letzten Tage erlebt hatte, bezweifelte er stark, dass sich das bei ihr nur aufs Essen bezog. Aber dazu sagte er besser nichts. --- Während Teuchi die Ramen zubereitete, summte er glücklich vor sich hin. Temari hatte schon häufig hier gegessen, doch mit einer solch guten Laune hatte sie den Besitzer von Ichiraku’s noch nie erlebt. Schließlich stellte er freudestrahlend die Schüssel mit den Nudeln vor ihr ab. „Heute gehen sie aufs Haus.“ „Danke“, murmelte sie perplex und setzte lächelnd nach: „Genug Geld hätten wir aber dabei gehabt.“ „Für eine Stammkundin mache ich gerne mal eine Ausnahme.“ Er winkte ab. „Außerdem hab ich allen Grund zu feiern.“ Teuchi grinste wie ein Honigkuchenpferd und hibbelte aufgeregt vom einen Fuß auf den anderen. „Ayame heiratet nächsten Monat!“, platzte es stolz aus ihm heraus, bevor er seinen nächsten Gast mit einem noch breiteren Grinsen begrüßte: „Hallo, Naruto!“ Dieser ließ sich überschwänglich auf einen Platz fallen und bestellte sich lauthals eine Portion seiner Lieblingssorte. Temari, die direkt neben ihm saß, hielt sich einen Moment die Ohren zu. „Schrei doch nicht so!“, fuhr sie ihn an. „Hier ist niemand taub!“ Verdutzt wandte er sich zu ihr um, ignorierte ihre Beschwerde und rief heiter: „Ah, ihr seid’s!“ Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. „Ich hab euch doch wohl nicht bei eurem Date gestört?!“ „Wir haben kein Date“, legte Shikamaru fest. Kritisch beobachtete er ihn kurz und setzte nach: „Was aber nicht heißen soll, dass du sie anglotzen musst.“ Rasch hob Naruto seinen Blick und grinste noch breiter. „Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?!“, stichelte er dann. „Nein, ist er nicht“, warf Temari ein. „Und jetzt halt den Rand und ess deine Suppe.“ Sie selbst schlang ihre Ramen regelrecht hinunter, um bloß vor ihm mit dem Essen fertig zu sein. Nicht, dass er noch auf die Idee kam, sie in ein blödes, oberflächliches Gespräch zu verwickeln … Ja, darauf verzichtete sie nur zu gerne. Schließlich schob sie die Schüssel von sich weg, bedankte sich noch einmal bei Teuchi und sprang auf. Naruto sah ihr noch kurz verdattert hinterher, sprach sie aber nicht mehr an. „Darf ich ihn nächstes Mal knebeln?“, fragte sie. „Nur zu“, erwiderte Shikamaru belustigt. „Aber lass dich doch nicht immer so von ihm nerven.“ „Also, gerade von dir muss ich mir wirklich nicht sagen lassen, was mich nervt“, gab sie zurück und fragte völlig aus dem Zusammenhang: „Lust auf ’n Eis?“ Temari wartete keine Antwort von ihm ab, sondern setzte sich an einen freien Tisch und begann die Eiskarte zu studieren. Seufzend sank er auf den Platz neben ihr. Wenn das mal keine unnötige Zeitschinderei war … Er war zwar selbst alles andere als scharf drauf, seinen Eltern die Neuigkeit beizubringen, doch je eher sie es hinter sich brachten, desto besser war es für alle Beteiligten. Aber na ja, auf eine halbe Stunde mehr oder weniger kam es nun auch nicht mehr an … --- Die Kombination von Temaris Eis war für ihn eher fragwürdig. Minze, Banane und ein merkwürdige hellblaue Masse, die er keinem Geschmack zuordnen konnte, wirkten entgegen ihrer eigentlichen Gewohnheiten – Schokolade mit Erdbeere oder Vanille – schon nahezu befremdlich. Doch solange sie nicht auf andere schräge Ideen kam, sollte sie ruhig essen, was sie wollte – Ein Punkt, der allerdings nicht für ihre Klamotten galt. Verschlossen war sie ja noch nie herumgelaufen, aber an ihrem T-Shirt störte er sich von Minute zu Minute mehr – oder besser gesagt an ihren Bewunderern, die plötzlich wie die Ratten aus ihren Löchern gekrochen kamen, die gierig nach dem letzten Stückchen Brot geiferten. Hatten diese Typen denn nichts Sinnvolleres zu tun als zu glotzen? Pah, anscheinend ja nicht … Shikamaru versuchte es zu ignorieren, so ganz wollte es jedoch nicht klappen. Es war ihm ohnehin ein Rätsel, wie Temari das als Bestätigung auffassen konnte. Er konnte sich auf jeden Fall Besseres vorstellen, als angestarrt zu werden. Frauen … --- Gut zwanzig Minuten und etwa ein Dutzend wollüstige Blicke später konnte er endlich die Rechnung bezahlen. Er wartete nicht darauf, dass die vielbeschäftigte Kellnerin Zeit fürs Kassieren fand und betrat den Laden. Als er diesen kurz danach wieder verließ, wollte er zuerst seinen Augen nicht trauen. Da war er mal zwei Sekunden nicht bei ihr und schon grub sie irgendein Kerl an. Das war doch wirklich nicht zu fassen … Rasch ging er zu seiner Freundin, fauchte ihrem Verehrer, der bei seinem Auftritt ohnehin schon reichlich sparsam aus der Wäsche schaute, ein „Sorry, aber sie ist vergeben!“ zu, griff nach ihrem Handgelenk und zog sie mit sich. Temari war von seiner Aktion nicht minder überrascht, ließ sich aber bis zur nächsten Hausecke kommentarlos mitschleifen. Verärgert wandte sich Shikamaru zu ihr um. „Was sollte das?“ „Ich wollte ihm gerade verklickern, dass er bei mir keine Chance hat, aber du bist mir ja zuvorgekommen“, erklärte sie sich. „Und spätestens, wenn ich gesagt hätte, dass ich schwanger bin, hätte er doch eh das Weite gesucht. Also mach dir nichts draus.“ „Ich mach mir aber was draus!“, legte er angesäuert fest. „Ich kapier einfach nicht, was du daran findest, wenn du von anderen angestarrt wirst.“ „Na ja, es ist irgendwie lustig zu sehen, wie Männer auf ein bisschen nackte Haut reagieren, die sie aber nicht haben können.“ „Und was hast du davon?“ „Schadenfreude.“ Sie ließ ein Grinsen aufblitzen und setzte nach: „Die mir so nie wieder vergönnt sein wird.“ „Aber warum muss es denn ausgerechnet auf diese Weise sein?“, fragte er weiter. „Du bist schlagkräftig genug, um die Leute anders dumm dastehen zu lassen. Warum begibst du dich dann auf so ein Niveau herab?“ „Mit Niveau hat das überhaupt nichts zu tun“, widersprach sie. „Aber ich hätte wissen müssen, dass du mich in dem Punkt nicht verstehen kannst. Ist es denn so verwerflich, wenn man mal guckt, wie andere auf so was reagieren und sich insgeheim darüber amüsiert? Es ist ja schließlich nicht so, dass ich sonst was damit bezwecken möchte.“ „Das hab ich doch auch gar nicht gesagt. Früher hast du auf so was aber keinen Wert gelegt.“ „Und das tu ich auch jetzt immer noch nicht!“ Sie verschränkte die Arme und flüsterte bitter: „Aber wenn du denkst, dass ich hiermit anderen Typen gefallen möchte, bist du einfach nur bescheuert.“ „Bin ich eben bescheuert. Du bist es doch genauso, wenn du ernsthaft glaubst, dass mich das Ganze völlig kalt lässt“, entgegnete er beherrscht. „Ich wüsste nur zu gerne, was du an meiner Stelle denken würdest.“ Temari wusste zuerst nicht, was sie darauf sagen sollte. Natürlich würde sie es auch nicht besonders witzig finden, wenn er sich absichtlich zur Schau stellte und ihn deswegen irgendwelche Frauen anquatschten … Sie seufzte schwer. „Ich würde vor Wut wahrscheinlich kochen“, gab sie zu. „Wenn ich gewusst hätte, dass es dich so stört, hätte ich meinen Fuß so nicht mal vor die Tür gesetzt.“ Shikamaru schwieg einen Augenblick. „Schon in Ordnung“, meinte er dann. „Ändern kann man es jetzt ohnehin nicht mehr.“ So ganz wollte ihr seine Antwort nicht gefallen, doch das konnte sie ihm nicht verübeln. Sie hatte seine Proteste immerhin die ganze Zeit ignoriert und keinerlei Rücksicht auf ihn genommen. Tja, das hatte sie nun davon … Anstatt sich eine halbherzige Entschuldigung abzuringen, sagte sie: „Ich zieh mich um. Also lass uns gehen.“ „Du musst das aber nicht wegen mir tun“, warf er ein. „Ich mach das nicht, weil ich es muss, sondern weil ich es selbst so möchte“, gab sie lächelnd zurück. „Oder willst du mir etwa widersprechen?“ Er schüttelte nur den Kopf. Bei ihr war ohnehin jeder Widerspruch zwecklos. In diesem Fall wohl auch besser so. ════════════════════════════════════════════════════ Die Szene mit Kotetsu und Izumo ist definitiv mein Highlight. Die beiden machen einfach Spaß – genauso wie das Schreiben des restlichen Kapitels.^^ Ansonsten hoffe ich, dass Shikamaru mit seiner ungewohnten Aktivität nicht völlig Out of Character wirkt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er immer alles abnickt, um so Kompromissen aus dem Weg zu gehen. Jede Geduld erreicht schließlich irgendwann ihre Grenzen. Narutos Auftritt finde ich doch reichlich bescheuert – aber so ist er eben. :D Kapitel 11: Gefühlsausbrüche ---------------------------- @: Ich glaube, heute dürfte ich deine Erwartung endlich erfüllen. :D @ : Genau so schätze ich Shikaku auch ein. *g* @ : Ich hab ihn als anständigen Mann hingestellt … Ja, so sollte es auch sein! Szenen mit Naruto schreibe ich nicht besonders gerne, da es mir echt schwerfällt, ihn auf irgendeine Weise ernst darzustellen (Danke, Kishimoto! :/), aber sagen wir einfach mal, dass er angefangen hat, Jiraiya nachzueifern. (Immer diese schlechten Ausreden … :D) @ alle Kommentatoren: Dankeschön für euer Feedback! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 11: Gefühlsausbrüche „Ist es so besser?“ Temari hatte das offenherzige lila Top gegen ein schlichtes rotes T-Shirt ausgetauscht. „Allerdings“, pflichtete Shikamaru ihr bei. Sicher, dass sie ihm beim letzten Besuch für folgendes Kommentar noch eine gescheuert hätte, fuhr er fort: „Aber sitzt es nicht irgendwie ein bisschen zu eng?“ Sie zupfte etwas an dem Stoff herum. Im Bauchbereich war wirklich nicht mehr viel Platz übrig. „Ich weiß“, antwortete sie schulterzuckend. „Aber da ich die ganze Woche zu faul zum Waschen war, muss es eben gehen.“ Sie ließ sich neben ihn auf die Couch nieder und blickte an sich herab. Wenn sie saß, war ihre Schwangerschaft nicht mehr zu übersehen. Zumindest nicht in diesem T-Shirt. „Hab ich in den letzten Tagen wirklich so zugelegt oder war ich einfach nur blind?“, fragte sie sichtlich amüsiert. Er grinste daraufhin. „Wohl Ersteres.“ „Und das innerhalb von nur einer Woche.“ Temari lehnte sich zurück. „Davon war in keinem Buch die Rede.“ „Ist das etwa ein Problem für dich?“, entgegnete Shikamaru. „Wenn ich dafür endlich diese blöde Übelkeits-Phase hinter mir hab, natürlich nicht“, antwortete sie. „Ehrlich gesagt wäre ich auch ziemlich enttäuscht, wenn sich bis jetzt immer noch nichts getan hätte.“ „Enttäuscht?“ „So weiß ich wenigstens, dass dort wirklich etwas ist und ich nicht nur in einem Traum bin, aus dem ich eigentlich gar nicht aufwachen möchte“, erklärte sie lächelnd. „Und das, obwohl du letztes Jahr noch gesagt hast, dass Kinder für dich auf unbestimmte Zeit gar nicht infrage kommen“, merkte er schmunzelnd an. „Ja, geplante Kinder“, verbesserte sie ihn. „Aber dieses hier gehört definitiv in eine andere Kategorie.“ Sie lächelte und strich sanft über ihren Bauch. „Inzwischen will ich es aber auch gar nicht mehr anders haben. An dem Spruch, dass man manche Leute zu ihrem Glück zwingen muss, scheint wohl echt was dran zu sein.“ „Na ja, die Wahl hättest du im Grunde gehabt“, warf er ein. „Und du wärst damit einverstanden gewesen?“ Shikamaru schüttelte den Kopf. „Mit Sicherheit nicht.“ „Das stand für mich ohnehin nie zur Debatte. Ich weiß nicht, ob ich die Frauen, die das tun, mutig oder dumm finden soll.“ „Die meisten werden dafür bestimmt ihre Gründe haben.“ „Fragt sich nur was für welche“, entgegnete Temari kritisch. „Ich könnte es jedenfalls nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, ein wehrloses Kind umzubringen, auch wenn es erst die Größe einer Erdnuss hat und noch nicht selbst denken kann.“ „Wie tiefsinnig von dir.“ „Ach, was.“ Sie hielt das Ultraschallbild, das schon die ganze Woche sichtbar auf dem Wohnzimmertisch gelegen hatte, in die Höhe. „Zweifelst du etwa daran, dass das hier lebt?“ „Natürlich nicht“, pflichtete er ihr bei. „Ich seh es schließlich auch nicht anders als du.“ Lächelnd lehnte sie sich an seine Schulter. Da er sich so um sie sorgte, hatte sie auch keine andere Antwort von ihm erwartet. --- „Wollen wir es dann hinter uns bringen?“, fragte sie nach kurzem Schweigen. Shikamaru nickte und seufzte anschließend schwer. „Yoshino wird dir schon nicht den Hals umdrehen“, versuchte Temari ihn aufzumuntern. Etwas zögerlich setzte sie nach: „Hoffe ich zumindest.“ „Du weißt wirklich, wie man einem Mut macht“, gab er daraufhin tonlos zurück. „Für irgendwas muss ich ja gut sein“, scherzte sie. „Deine gute Laune hätte ich gerne.“ „Ich würde es eher als Galgenhumor bezeichnen.“ Sie stand auf und drehte sich zu ihm um. „Wir sind noch nicht mal da und ich bin jetzt schon total nervös.“ Er musterte sie einen Moment und sagte: „Dann verbirgst du das aber gut.“ „Eine alte Angewohnheit. Auf Missionen ist es nicht gerade von Vorteil, wenn man seine Nervosität nach außen hin zeigt.“ „Na, dann kannst du dir das jetzt ja abgewöhnen.“ „Später vielleicht.“ Sie lächelte bedacht. „Gegenüber nichtsahnenden Schwiegereltern ist es nämlich sicher eine nützliche Eigenschaft.“ Wenn er so an Yoshino dachte, lag sie mit dieser Annahme wahrscheinlich gar nicht so falsch. „Aber genug gequatscht.“ Abrupt zog sie ihn von der Couch. „Lass uns gehen, bevor ich’s mir noch mal anders überlege.“ --- „Shikaku, musst du denn ständig deine Weste herumliegen lassen?“ Yoshino baute sich vor ihrem Mann auf. Dieser blickte von der Tageszeitung auf. „Ich hab sie da nur hingelegt, weil sie mal wieder gewaschen werden muss.“ „Und warum in aller Welt tust du sie dann nicht in die Wäsche?“, regte sie sich weiter auf. „Weil du sie sonst wieder mit den anderen Sachen wäscht“, argumentierte er. „Vorletzte Woche war sie nämlich noch nicht so rosa.“ „Wenn dir das nicht gefällt, warum wirfst du sie dann nicht endlich weg? Das Teil ist so alt und ausgefranst, dass es nicht mal mehr in die Altkleidersammlung gehört!“ „Du weißt genau, dass ich an der Weste hänge.“ Yoshino ließ einen Seufzer verlauten. Wenn es um sein heißgeliebtes Erinnerungsstück ging, brauchte sie wirklich nicht mit ihm reden. Höchstwahrscheinlich entsorgte er den Lumpen nicht einmal, wenn nur noch ein kleiner Fetzen davon übrig war. Wortlos machte sie auf dem Absatz kehrt und rauschte in Richtung Badezimmer davon, um die Weste dorthin zu bringen, wo sie hingehörte: In den Wäschekorb. Als sie das Bad verließ, blieb sie zuerst stehen, ging dann jedoch freudestrahlend zur Haustür herüber und fragte: „Temari, meine Liebe, geht es dir wieder gut?“ Da sie mit so einer Begrüßung nicht gerechnet hatte, murmelte sie lediglich ein „Ja, bestens.“ Die Frau atmete auf. „Aber wenn du öfters Probleme mit dem Magen hast, solltest du besser zum Arzt gehen.“ Temari setzte ein Lächeln auf. „Ich werd dran denken.“ Als Yoshino sich anschließend an ihren Sohn wandte, verschwand ihr freundlicher Gesichtsausdruck sofort. Streng schaute sie ihn an und stemmte die Hände in die Hüften. „Na, junger Mann, lässt du dich hier auch mal wieder blicken?“ Shikamaru ließ einen Seufzer verlauten, antwortete jedoch nicht. Seine Mutter schien mal wieder bester Laune zu sein … „Also, wenn du meinst, dass du nach fünf Tagen Abwesenheit vorbeischauen musst, um deine Wäsche hier abzuladen, bist du ganz schief gewickelt!“ Sie klang so angesäuert, dass sich ihr Gesagtes beinahe wie eine Drohung anhörte. „Sieht es so aus, als hätte ich irgendwelche Klamotten dabei?“, gab er gleichmütig zurück. Yoshino musterte ihn eingehend, konnte allerdings nichts entdecken, das ihre Vermutung bestätigt hätte. „Und wie komm ich dann zu der Ehre?“ Die Frage konnte doch wirklich nicht ihr Ernst sein. Musste er sich tatsächlich schon dafür rechtfertigen, warum er sich Zuhause aufhielt? So ein Schwachsinn … „Liebling, deine Sendung fängt an!“, ertönte Shikakus Stimme rechtzeitig aus dem Wohnzimmer. Die Frau gönnte Shikamaru noch einen ermahnenden Blick und machte dann wortlos kehrt. Temari sah ihr einen Moment nach. So schlimm konnte sie selbst unmöglich sein … Oder etwa doch? Sie schüttelte gedanklich den Kopf, um sich von der Vorstellung loszureißen und fragte: „Wäre es vielleicht besser, wenn wir später wiederkommen würden?“ „Wenn es nach ihrer Stimmung geht, erwischen wir den richtigen Zeitpunkt ohnehin nie“, erwiderte er. „Warten wir einfach, bis ihre Serie zu Ende ist. Danach ist sie garantiert wieder besser drauf.“ --- Bis es soweit war, nahmen die beiden in der Küche Platz. Temari lehnte sich zurück und lauschte unfreiwillig den Dialogen, die aus dem Wohnzimmer zu ihr herüberwehten. Mit jedem Satz drängte sich ihr ein ironischer Spruch nach dem nächsten auf, aber sie sprach sie nicht aus. Sicher kam es nicht gut an, wenn sie sich laut über Yoshinos Lieblingsserie ausließ … --- Zehn Minuten gelang ihr das auch recht gut, doch dann kam etwas, das den Vogel abschoss. „Ich glaub, mir wird gleich schlecht“, stieß sie flüsternd aus. Shikamaru schaute fragend zu ihr herüber. „›Ich hab dich all die Jahre geliebt und niemals die Hoffnung aufgegeben, dass du genauso empfindest‹ – Ist ja widerlich!“ Sie zog scherzhaft eine Grimasse. Er musterte sie einen Moment schweigend und meinte dann: „Das ist der Beweis.“ „Dafür, dass ich nicht auf unrealistische, schlecht geschauspielerte Romanzen ohne jeglichen Anspruch stehe?“ „Auch. Aber eigentlich meinte ich eher, dass du nicht wie sie bist.“ Er deutete über seine Schulter in Richtung Yoshino. „Das fass ich jetzt einfach mal als Kompliment auf.“ Temari grinste kurz, als ihr schon der nächste übermäßig sentimentale Dialog einen Schauer über den Rücken jagte. Warum war eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, diesen Mist in Verhörungen zu verwenden? Nach spätestens einer Stunde Dauerberieselung rückte doch jeder hartgesottene Shinobi freiwillig mit der Sprache heraus … --- Die Musik des Abspanns, der eine gute Viertelstunde später lief, glich schon einer Erlösung. Rasch sprang Temari auf. Jetzt, da sie diesen sinnlosen Kitsch überlebt hatte, kam ihr die Überbringung der Nachricht viel weniger schlimm vor. Jemand, der sich gerne fiktive Gefühlsduselei antat und dabei mitfieberte, konnte auf ein echtes Baby ja nicht so schlecht reagieren … --- Die beiden betraten das Wohnzimmer, hielten bei Yoshinos Anblick allerdings inne. Temari schüttelte ungläubig den Kopf. Wie konnte etwas, das so übertrieben kitschig war, in einer halbwegs vernünftigen Person solche Emotionen auslösen? Dabei hatte die Frau gleich wahrscheinlich einen richtigen Grund, um zu heulen … Sie stand auf und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Mir ist nur was ins Auge geflogen“, erklärte sie sich schnell, da es ihr anscheinend unangenehm war, dass jemand anderer außer Shikaku sie weinen gesehen hatte. Shikamaru überhörte ihre Bemerkung großzügig und sagte stattdessen: „Wir haben euch etwas zu sagen.“ Yoshino lächelte daraufhin und winkte ab. „Wir wissen schon lange, dass ihr beide –“ „Nein, darum geht es nicht“, unterbrach er sie. Das Lächeln seiner Mutter wich einer eher fragenden Miene. „Was ist es dann?“ Er antwortete nicht sofort, sondern überlegte, ob er zuerst ein großes Blabla veranstalten oder es lieber gleich kurz und schmerzlos machen sollte. Da Worte häufig überschätzt wurden, fiel ihm die Entscheidung nicht schwer. Shikamaru warf seiner Freundin einen flüchtigen Blick zu und sagte: „Ohne groß drumherum zu reden: Temari ist schwanger.“ Yoshino entglitten sofort sämtliche Gesichtszüge und starrte ihren Sohn wortlos an. „Ich glaube, es ist unnötig zu erwähnen, dass das Kind von mir ist“, setzte er zuletzt noch nach. Ein kurzes, aber intensives Schweigen brach aus. Die Ungläubigkeit stand ihr quasi auf die Stirn geschrieben, doch sie brachte keinen Ton heraus – Zumindest, bis sie sich plötzlich an den Kopf fasste und unweigerlich in Ohnmacht fiel. Shikaku reagierte geistesgegenwärtig und fing seine Frau auf. Temari war bemüht ein kleines Grinsen zu unterdrücken und fragte: „Musstest du denn gleich so übertreiben?“ Shikamaru zuckte mit den Schultern. „Ich hab doch nur von vornherein mögliche Zweifel ausgeschlossen.“ Tja, das war wohl wirklich ein Argument für sich … Anschließend gingen die beiden zur Couch, um nach Yoshino zu sehen. Ihr Mann fächelte ihr mit seiner Zeitung Luft zu. „Jag deiner Mutter doch nicht so einen Schreck ein“, meinte Shikaku, wobei er einen Hauch Belustigung ebenfalls nicht verhehlen konnte. Mit dieser Nachricht war die leidige Westen-Diskussion definitiv erstmal von Tisch … --- Allmählich kam sie wieder zu sich. Zuerst blieb sie noch in einem Dämmerzustand, aber dann wurde ihr der Satz, den sie zuletzt gehört hatte, bewusst. Das konnte doch nicht … Mit einem Mal saß sie kerzengerade da und blickte sich suchend nach ihrem Sohn um. „Sag mir bitte, dass das ein Witz war!“, forderte sie ihn mit einer seltsam quietschenden Stimme auf. Shikamaru hielt ihrem Blick stand. „Ich würde ja, wenn es einer gewesen wäre“, entgegnete er fast schon ein wenig herausfordernd. „Wenn das ein nachgeholter Aprilscherz sein soll, kann ich aber nicht über ihn lachen.“ Es schien, als würde Yoshino sich wie eine Ertrinkende als letzte Hoffnung an einem Grashalm festhalten. „Also was –“ Sie verstummte, als sie die Hand ihres Mannes auf ihrer Schulter spürte. Sein zusätzliches Kopfschütteln machte ihr endgültig klar, dass jeglicher Widerspruch zwecklos war. Sie starrte einen Augenblick entsetzt vor sich hin und biss sich auf die Unterlippe. „Setzen!“, wetterte sie schließlich los. „Aber alle beide!“ Temari, die es nicht gewohnt war, dass die Frau ihr gegenüber einen so barschen Ton anschlug, zuckte etwas zusammen. Obwohl es nun sicher ungemütlich wurde, fügte sie sich ohne eine weitere Aufforderung ihrem Schicksal und ließ sich in den nächsten Sessel fallen. Shikamaru setzte sich neben sie auf die Lehne und brachte so wenigstens ein bisschen Distanz zwischen sie und Yoshino, die überflüssigerweise damit begonnen hatte, sie eingehend zu mustern. Aus dem Grund verschränkte Temari schnell ihre Arme und versperrte so die Sicht auf ihren Bauch. Sie hatte sich wirklich einen denkbar schlechten Zeitpunkt zum Faulenzen ausgesucht, doch für Selbstmitleid war es jetzt definitiv zu spät. Verdrießlich schaute Yoshino zwischen den beiden hin und her. „Was habt ihr euch dabei gedacht?“, fragte sie in messerscharfem Tonfall. Shikamaru unterließ ein sarkastisches „Überhaupt nichts“ und zählte die Sekunden bis zu den ersten Vorwürfen zurück, die wie erwartet auf dem Fuß folgten. „Warum habt ihr denn nicht aufgepasst?“ „Das haben wir doch!“, legte er fest. „Aber –“ „Kein aber!“, regte sie sich weiter auf. „Irgendwas muss schief gegangen sein, sonst wäre sie jetzt nicht schwanger. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten zu –“ „Ich sagte doch, dass wir das haben“, fuhr er ihr ins Wort. „Glaubst du etwa im Ernst, dass wir zu dämlich zum Verhüten sind?“ Es ging ihm wirklich auf den Geist, dass sie von Anfang an so voreingenommen war und sich ein Urteil bildete, obwohl sie im Grunde nicht einmal den Hauch einer Ahnung hatte. Temari war schon ein wenig beeindruckt, dass er so vehement gegen seine Mutter anredete, die ihn bisher immer zum Schweigen gebracht hatte, wenn ihr etwas nicht passte. Doch sie wusste ja ohnehin, dass Shikamaru ganz anders konnte, wenn er es denn wollte – und darüber konnte sie in dieser Situation wohl froh sein … Yoshino sah ihren Sohn entgeistert und mit halbgeöffneten Mund an. Letztendlich stammelte sie ein „Nein“, errang ihre Fassung wieder und fragte: „Aber wie willst du mir das trotz angeblicher Maßnahmen erklären?“ Shikamaru fragte sich ernsthaft, wie stur oder verzweifelt ein Mensch sein konnte, um weiterhin eine nicht vorhandene Nadel im Heuhaufen zu suchen. Einfach lächerlich … Warum sollte er sich da also noch die Mühe machen und versuchen, sie vom Gegenteil zu überzeugen? Sie war doch ohnehin nicht eine Spur einsichtig. „Es ist eben passiert. Finde dich damit ab oder lass es bleiben!“, entgegnete er trotzig. „Das werde ich ganz sicher nicht!“, gab Yoshino entrüstet zurück. „Ich will eine Erklärung, sonst –“ „Sonst was?“ „Sonst kannst du sehen, wie du ohne mich klarkommst“, ergänzte die Frau halbherzig. „Tse“, machte Shikamaru. „Ich bin kein kleines Kind mehr, das von dir bemuttert werden muss. Ich komm auch super ohne dich zurecht.“ „Aber …“ Verzweifelt wandte sie sich an ihren Mann: „Shikaku, jetzt sag doch endlich auch mal was!“ Dieser runzelte die Stirn. „Und was genau?“ „Ich hör wohl nicht recht!“, empörte sie sich. „Er ist erst neunzehn und viel zu jung für ein Kind!“ Natürlich, das Totschlagargument Alter musste ja irgendwann kommen … „Du siehst das alles viel zu eng“, erwiderte Shikaku ruhig. „Ich denke, dass er durchaus verantwortungsbewusst genug dafür ist.“ „Verantwortungsbewusst?“, wiederholte sie aufgebracht. „Wenn er das tatsächlich wäre, würden wir jetzt doch nicht hier zusammen sitzen und müssten darüber diskutieren, was er falsch –“ „Es reicht!“ Verstimmt schaute Yoshino zu der Person, die ihren Redeschwall unterbrochen hatte. Temari interessierte es gerade herzlich wenig, wen sie vor sich hatte. Respekt hin oder her – irgendwann hatte selbst sie genug. „Shikamaru kann schon mal gar nichts dafür“, legte sie fest. Dieser griff nach ihrem Arm und versuchte ihr mit einem Kopfschütteln klarzumachen, dass sie das nicht tun musste. Temari beachtete seinen stillen Protest jedoch nicht weiter und fuhr fort: „Ich musste Tabletten nehmen und sie haben die Wirkung der Pille aufgehoben. Und da es keiner für nötig hielt, mir das zu sagen, ist es halt passiert.“ Sie seufzte. „Wenn gib also wenigstens nur mir die Schuld. Ich hätte mich ja schließlich über die Nebenwirkungen informieren können.“ Yoshino starrte sie daraufhin noch sekundenlang mit eiserner Miene an, bis ihr Ausdruck plötzlich deutlich sanfter wurde. „Ach was“, meinte sie. „Es ist die Pflicht des Arztes, dir das zu sagen. Ich hätte wissen müssen, dass ihr vernünftig genug seid, es nicht darauf ankommen zu lassen.“ Shikamaru dachte im ersten Moment, dass er sich verhört hatte. Genau das war es, was er seiner Mutter die ganze Zeit schon hatte weismachen wollen. Warum musste sich erst Temari einmischen, damit sie seine Worte für voll nahm? Verstehe wer will … Shikaku musste über die Reaktion seiner Frau schmunzeln. „Ich hab dir ja gesagt, dass alles halb so wild ist.“ „Also, halb so wild ist definitiv etwas anderes“, erwiderte sie. „Auch wenn ich mit der Erklärung gut leben kann, bin ich noch lange nicht der Meinung, dass unser Sohn alt und reif genug dafür ist.“ „Aber du solltest ihn nicht immer so unterschätzen und ihm ruhig auch mal Vertrauen schenken. Es bringt niemandem etwas, wenn du dich deswegen von vornherein verrückt machst.“ Yoshino ließ die Worte ihres Mannes ein wenig auf sich wirken. Vielleicht war es tatsächlich besser, wenn sie erstmal abwartete, wie sich das Ganze entwickelte. „Nun gut.“ Sie blickte Shikamaru mahnend an. „Du hast gehört, was dein Vater gesagt hat. Bau also keinen Mist.“ Er reagierte darauf mit einem genervten Augenbrauenziehen, das sie zum Glück nicht bemerkte, da sie bereits wieder auf Temari fixiert war. Diese dachte jedoch nicht daran, ihren Bauch zu präsentieren und hielt die Arme weiterhin verschränkt. „Wie weit bist du inzwischen?“, hakte Yoshino aus dem Grund nach. „Im zweiten oder dritten Monat?“ Sie schüttelte den Kopf. „Eigentlich bin ich schon fast im Fünften.“ Damit löste sich das bisschen Verständnis, das sie aufgebaut hatte, augenblicklich wieder in Rauch auf. „Wie bitte?!“, meinte die Frau aufgeregt. „Wann hattet ihr eigentlich vor, uns das zu erzählen?“ „Keine Vorwürfe mehr, Liebling …“, warf Shikaku ein. Sie schnappte daraufhin kurz nach Luft und nuschelte etwas Unverständliches vor sich hin, das allerdings nicht gerade freundlich klang. „Beruhige dich doch“, lenkte er ein. „Lass uns ein paar Minuten nach draußen gehen. Dann sieht die Welt sicher wieder anders aus.“ Yoshino murmelte ein paar zusammenhanglose Worte, ließ sich letztendlich aber widerstandslos von ihrem Gatten in den Garten führen. Shikaku machte bei der Gelegenheit unauffällig eine flüchtige Geste in Richtung Tür. „Verschwinden wir“, flüsterte Shikamaru seiner Freundin zu, die sich das kein zweites Mal sagen ließ. --- Temari ließ sich ein paar Straßen weiter auf eine Bank fallen. „Was war das denn?“, fragte sie anschließend. „Ich hab dir doch immer gesagt, dass sie verrückt ist, aber du wolltest mir ja nicht glauben.“ „Okay, dann hast du mich nun überzeugt.“ Sie grinste schief. „Aber dein Vater tut mir jetzt schon leid.“ Shikamaru mochte sich das Szenario gar nicht vorstellen, das sich momentan abspielte, nachdem Yoshino bemerkt hatte, dass sie nicht mehr da waren. „Er wird es überleben“, entgegnete er. „Sie kriegt sich schon wieder ein.“ „Meinst du?“ Er nickte. „Und wenn nicht, ist es ihr Pech und nicht unseres.“ „Du wirst dich also nicht bei ihr entschuldigen?“, hakte sie weiter nach. „Nein. Ich wüsste auch nicht mal, warum ich das überhaupt tun sollte. Ich musste mir von ihr schließlich schon genug gefallen lassen.“ „Stimmt wohl.“ Sie lehnte sich zurück und merkte schmunzelnd an: „Allerdings bist du auch ein Mensch, der hin und wieder einen Schubs in die richtige Richtung braucht.“ „Kann schon sein“, pflichtete er ihr bei. „Aber das heißt ja nicht, dass ich mein Leben weiterhin von ihr bestimmen lassen muss.“ Er schwieg einen Augenblick. „Das überlasse ich lieber anderen.“ „Ach, tatsächlich?“ Shikamaru setzte sich neben sie und legte seine Hand auf ihren Bauch. „Von jetzt an bestimmt ihr es.“ Temari lächelte. „Du weißt wirklich genau, was ich unter Romantik verstehe.“ „Ja“, meinte er. „Alles, was man in einer gewissen kitschigen Soap nicht zu hören bekommt.“ Sie musste daraufhin lachen. „So in etwa.“ ════════════════════════════════════════════════════ Mensch, wenn Yoshinos Reaktion nicht passend ist, weiß ich auch nicht. :D Ansonsten hab ich diesem Kapitel eine sehr persönliche Note verpasst. Meine Meinung über Abtreibung ist wohl ziemlich offensichtlich und dass ich weder auf Soaps noch auf Filme à lá Rosamunde Pilcher stehe genauso. Aber Geschmäcker und Ansichten sich ja zum Glück verschieden. Bevor ich euch ins neue Jahr entlasse, darf ich ankündigen, dass ich in meiner neuen Wohnung endlich über einen Internetzugang verfüge und regelmäßigen Freitags-Postings vorerst nichts mehr im Weg steht – Höchstens fehlende Kreativität kann mir im Weg stehen. So, dann rutscht (vielleicht seid ihr es auch schon, wenn ihr das hier lest) mal gut ins Jahr 2011! =) Kapitel 12: Enttäuschung ------------------------ @ : Nee, massenhaft Wir-gratulieren-den-werdenden-Eltern-Kapitel brauchst du nicht zu befürchten. Demnächst stehen erstmal ernstere Themen im Mittelpunkt. ;) @ : Ohne zu viel zu verraten: Yoshinos Reaktion wird bestimmt noch getoppt werden. @ : Also ich fand es schon „krass“ genug, wie Yoshino reagiert hat. Letztendlich ist sie schließlich eine erwachsene Frau, die sich bestimmt vernünftig artikulieren kann und sich insgeheim über ihren ersten Enkel freut. Und was Shikamaru betrifft: Ich versuche bloß In Charakter zu bleiben. Und er ist einfach kein „knallharter Typ“, das wissen wir alle. :D @ : Erstmal danke für das Nachholen der letzten vier Kapitel! Entschuldigen musst du dich aber wirklich nicht. :) Um mich aber kurz noch mal zu deinem Kommentar zu Kapitel 11 zu äußern: Ich glaube, du hast die Thematik viel zu ernst genommen. Das Ganze war rein humoristisch gemeint. Falls dazu aber vielleicht noch ein wenig Erklärungsbedarf besteht, steht mein GB und ENS-Fach selbstverständlich offen. Und nein, Naruto hat natürlich noch nie versucht, Sakura (die ja eine Frau ist) beim Baden zu bespannen. ;) @ alle Kommentatoren: Ich hoffe, ihr hattet einen guten Start ins neue Jahr und danke euch herzlich für eure Meinungsbekundungen! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 12: Enttäuschung Die nächste Woche verging wie im Flug – und mit ihr leider auch das schöne Frühlingswetter. In Sunagakure hatte Temari den seltenen Regen immer genossen, doch hier drückte er ihre Laune eher in den Keller. Das lag nicht nur daran, dass sie so die meiste Zeit dazu verdammt war, in der Wohnung zu bleiben – nein, Konohas ganze Bevölkerung schien grantiger zu sein als sonst. Die aufgesetzte Freundlichkeit mancher Leute ging ihr besonders auf die Nerven, da es so offensichtlich war, dass sie sich nur aus Rücksicht abmühten nett zu sein. Und unehrliche Sonderbehandlungen, nur weil sie schwanger war, konnten sich die anderen wirklich schenken. --- An diesem Morgen weckte sie wie gewohnt das Klingeln ihres Weckers. Es war halb neun und wie die letzten Wochen schon fühlte sie sich alles andere als ausgeruht. Am liebsten hätte sie sich umgedreht und noch etwas weitergeschlafen, doch dafür hatte sie heute einfach zu viel zu tun. In gut eineinhalb Stunden stand die nächste Vorsorgeuntersuchung an und ein Geschenk für Kankurou, der in fünf Tagen Geburtstag hatte, kaufte sich leider nicht von allein. Nach einem flüchtigen Blick aus dem Fenster in den tristen, grauen Himmel raffte sie sich auf, duschte rasch und verließ die Wohnung. --- Zwanzig Minuten später konnte Temari, obwohl sie eigentlich zu früh dran war, auf einer Liege in einem Krankenzimmer Platz nehmen. In ihrer kurzen Wartezeit wurde ihr schnell bewusst, warum sie um Krankenhäuser gerne einen großen Bogen machte. Der ganze Raum war in sterilem Weiß gehalten und die helle, kalt leuchtende Halogenlampe an der Decke verstärkte den Eindruck nur noch auf negative Weise. Die Aussicht, dass zudem gleich eine wildfremde Person an ihr herumfummeln würde, besserte ihre Stimmung auch nicht gerade. Bei den ruppigen Frauenärzten, an die sie bisher geraten war, war es aber echt kein Wunder, dass sie solche Arztbesuche so weit wie möglich herauszögerte. Dummerweise gab es nun für sie kein Entkommen mehr. Aber vielleicht half es ja, wenn sie daran dachte, wofür sie das über sich ergehen ließ … Die Ärztin, die ihr zugeteilt worden war, stellte sich allerdings als außerordentlich freundliche Person heraus, die bei der Untersuchung äußerst behutsam vorging, sodass sie sich ausnahmsweise mal nicht völlig unwohl fühlte. Nachdem der unangenehme Teil überstanden war, tastete die Frau vorsichtig den Bauch ihrer Patientin ab. „Haben Sie eigentlich schon gespürt, wie sich das Kind bewegt?“, fragte sie beiläufig. Für Temari kam diese Frage wie aus heiterem Himmel. Sie wusste zwar, dass es irgendwann so kommen würde, aber so richtig darüber nachgedacht hatte sie bisher nicht. „Nein“, antwortete sie knapp. „Ist das denn schlimm?“ „Keineswegs“, meinte die ältere Dame beruhigend. „Sie sind gerade erst am Anfang des fünften Monats und zu diesem Zeitpunkt spüren die wenigsten werdenden Mütter schon etwas.“ Sie lächelte. „Und da bei Ihnen alles in bester Ordnung ist, dürfte es auch nur eine Frage von ein paar Tagen bis maximal eins, zwei Wochen sein.“ Eigentlich hätten ihre Worte Temari aufmuntern sollen, doch sie hinterließen bei ihr ein eher ernüchterndes Gefühl, für das sie selbst keine richtige Erklärung hatte. Es war doch lächerlich, dass sie sich von einer Kleinigkeit so herunterziehen ließ … „Für heute wären wir dann fertig.“ Die Frau setzte sich an den Schreibtisch, um die Ergebnisse zu notieren. „Die Schwester an der Rezeption gibt Ihnen dann den nächsten Termin.“ --- Zehn Minuten später verließ Temari das Krankenhaus und war froh, dass sie es die nächsten vier Wochen höchstens von Außen betrachten musste. Ihre Erleichterung löste sich allerdings gleich wieder in Rauch auf, als sie an das dachte, was die Ärztin gesagt hatte. Sie kam sich zwar irgendwie albern vor, dass sie sich überhaupt den Kopf darüber zerbrach, aber so recht wollte sie sich nicht damit zufrieden geben. Vielleicht hatte sie sich ja auch getäuscht und konnte schon etwas merken, wenn sie sich nur darauf konzentrierte … Einen Versuch war es auf jeden Fall wert. Sie sank auf die nächstbeste Sitzgelegenheit, platzierte beide Hände auf ihrem Bauch und schloss die Augen. Minutenlang bleib sie so, doch bis auf ihren Magen, der offensichtlich nach Essen verlangte, spürte sie nichts. Wahrscheinlich war es besser, es noch mal zu versuchen, wenn sie gegessen hatte … --- In einem Café holte sie sich ein belegtes Brötchen und eine Tasse Früchtetee und suchte sich dann einen ruhigen Platz vor dem Geschäft. Um nicht wieder in Grübeleien zu verfallen, lenkte sie sich mit dem Gespräch am Nachbartisch ab. Zwei etwa sechzehnjährige Mädchen unterhielten sich über die Jungs aus ihren Teams und während die Eine von einem ihrer Kameraden schwärmte, vertrat die andere den Standpunkt, dass Liebe nur etwas für Schwachköpfe wäre und Kerle außer für Sex zu nichts zu gebrauchen wären. Die Frage, wozu Männer denn gut waren, fand Temari in gewissem Maße berechtigt, doch über den restlichen Teil der Aussage konnte man sich wohl nur streiten. Tja, die Jugend von heute war und blieb ihr einfach suspekt. Jugend von heute … Bei der Formulierung kam sie sich wirklich alt vor. Und das, obwohl bei einem Altersunterschied von vielleicht sechs Jahren von einem Generationswechsel keine Rede sein konnte. Die Freundin des Mädchens widersprach ihr jedenfalls mit halbwegs vernünftigen Argumenten, tauchte dann jedoch wieder in ihre rosarote Traumwelt ab. Temari wusste nicht, ob sie das Mädchen beneiden oder doch eher bemitleiden sollte. Sie selbst war zwar nie in so einer Situation gewesen, konnte sich aber gut vorstellen, dass es aufregend sein konnte, wenn man über einen längeren Zeitraum in jemanden verliebt war und diese Person es nicht wusste. Die damit verbundene Ungewissheit war allerdings ein Grund, warum sie auf eine solche Erfahrung liebend gerne verzichtete. Ungewissheit … Das brachte sie zu ihrem eigenen Problem zurück. Auf der Stelle wünschte sie sich, dass ihr das Baby einen Tritt verpasst und sie somit ihre Sorge für unbegründet erklärt hätte, doch darauf hoffte sie vergebens. Nur noch eins, zwei Wochen, rief sie sich ins Gedächtnis, musste aber feststellen, dass diese Aussichten sie nicht einmal im Ansatz trösteten. Okay, die Geduldigste war sie nie gewesen, aber von jetzt auf gleich etwas zu erwarten, das offensichtlich noch seine Zeit brauchte, war einfach bloß dumm. Warum konnte sie es nicht erstmal so hinnehmen und abwarten, wie sich die nächsten Tage und Wochen entwickelten? Egal, wie sehr sie sich bemühte, sich das vor Augen zu halten: Es funktionierte nicht. Hatte sie inzwischen denn – verdammt noch mal – nicht schon lange genug gewartet? Genug Stunden auf dem Klo verbracht und sich die Seele aus dem Leib gekotzt? War es denn zu viel verlangt, endlich die schönen Seiten einer Schwangerschaft zu erleben? Dinge, die sich nicht auf Oberflächlichkeiten wie reine Haut und größere Brüste bezogen? Abrupt griff Temari nach ihrer Tasse, nahm einen Schluck und verbrannte sich dabei die Zunge, was ihr die Tränen in die Augen trieb. Sie fluchte leise auf und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Das war wirklich der schlimmste Tag seit langem … „Hallo, Nee-san!“, drang nur kurz darauf die Stimme eines kleinen Jungen zu ihr herüber. Temari hob ihren Blick und sah in das strahlende Gesicht des jüngsten Sarutobi-Sprosses, der sich prompt lachend zur Begrüßung an ihren Arm klammerte. „Hallo, Temari!“, hörte sie nur einen Augenblick später Kurenai sagen. Strenger setzte sie nach: „Hiruzen, lass den Blödsinn!“ Der Kleine dachte jedoch nicht daran, der Aufforderung seiner Mutter Folge zu leisten. „Entschuldige“, meinte die Frau daraufhin. „Aber er mag dich eben.“ Die Angesprochene murmelte ein „Schon in Ordnung“ und bekam gleich ein schlechtes Gewissen, da sie es in zweieinhalb Wochen nicht einmal geschafft hatte, die beiden zu besuchen. „Darf ich mich setzen?“ Sie deutete auf den freien Platz. „Oder hast du keine Zeit?“ Temari, die für jede Ablenkung dankbar war, nickte. „Doch, momentan hab ich wohl alle Zeit der Welt.“ Kurenai setzte sich, überflog kurz die Karte und wandte sich an die Kellnerin, die schon herbeigelaufen war. „Für mich bitte eine Tasse Kaffee. Schatz, möchtest du einen Apfelsaft?“ Ihr Sohn nickte begeistert und beobachtete dann weiter einen Käfer, den er an einem der Tischbeine entdeckt hatte. Die Bedienung notierte daraufhin die Bestellung und verschwand wieder im Café. Kurenai legte die Speisekarte beiseite und meinte: „Du bist diesmal tatsächlich schon ziemlich früh hier.“ „Bis auf Weiteres werd ich auch nicht mehr gehen.“ Ihre Gesprächspartnerin lehnte sich vor und lächelte. „Dann ist es euch beiden wohl ernst.“ „Das auch. Aber eigentlich ist der Hauptgrund, warum ich bleibe, ein anderer.“ Temari rückte ein Stück vom Tisch weg und deutete nach unten. „Ich bin nämlich schwanger.“ „Ihr werdet Eltern?“, stieß die Frau überrascht aus. „So früh hätte ich nie damit gerechnet.“ „Tja, wozu Kommunikationsprobleme zwischen Ärzten und Patienten nicht alles gut sind“, merkte sie daraufhin schulterzuckend an. „Du klingst aber alles andere als glücklich darüber.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das ist es nicht. Ich freu mich wirklich riesig auf das Baby.“ Da sie ihr den Grund, warum sie gerade keine Begeisterung aufbringen konnte, nicht nennen wollte, setzte sie rasch nach: „Das Wetter der letzten Tage zieht mich irgendwie nur so richtig herunter.“ „Das kenn ich nur zu gut“, meinte Kurenai amüsiert. „Anko sagte mal zu mir, dass ich während der Schwangerschaft an Regentagen phasenweise kratzbürstiger als sie gewesen sein soll. Und das will schon etwas heißen.“ Obwohl ihr nicht danach zumute war, rang Temari sich ein kleines Lächeln ab. „In den neun Monaten hab ich zwar alle Höhen und Tiefen durchgemacht, aber es war trotzdem eine schöne Zeit“, erzählte sie weiter. „Wie ist es denn für dich so bisher?“ „Seitdem ich mich nicht mehr jeden Tag übergeben muss, eigentlich ganz gut.“ „Mit Übelkeit hatte ich zum Glück keine Probleme, aber meine Sorgen waren damals ohnehin ganz andere.“ Temari schwieg betreten. Kurenai hatte sich mit Asumas Tod zurechtfinden müssen und was tat sie? Anstatt über den Dingen zu stehen und Stärke zu zeigen, bemitleidete sie sich wegen einer Belanglosigkeit selbst … Stolz betrachtete die Frau ihren Sohn. „Wenn mich mein Kleiner damals nicht so oft daran erinnert hätte, wie schön das Leben sein kann, wäre ich wahrscheinlich vor Kummer gestorben.“ Sie lächelte wieder. „Nichts ist großartiger als der Moment, in dem man zum ersten Mal spürt, wie sich sein Kind regt.“ Temaris Herzschlag schien einen Augenblick auszusetzen. „Alles in Ordnung mit dir?“, forschte Kurenai besorgt nach. „Du siehst auf einmal so blass aus.“ „Alles bestens“, entgegnete sie rasch. Ihr Blick fiel auf Hiruzen und eine Frage drängte sich ihr auf. „Wann hast du ihn zum ersten Mal gemerkt?“ „Mal überlegen“, meinte sie nachdenklich. „Das müsste gegen Ende des vierten Monats gewesen sein, wenn ich mich nicht irre.“ Temari fühlte sich schlagartig unwohl, riss sich aber zusammen. Sicher gab es dafür eine vernünftige Erklärung … „Das war aber ziemlich früh.“ Sie bemühte sich, so gelassen wie möglich zu klingen. „Im Vergleich zum Durchschnitt schon“, bestätigte Kurenai ihr. „Bei uns Kunoichi ist es aber eigentlich keine Seltenheit. Wir nehmen Veränderungen im Körper schließlich deutlich eher wahr als Frauen, die einen normalen Beruf ausüben.“ Sie nahm von der Kellnerin die Getränke entgegen und hob ihren Sohn auf ihren Schoß, der augenblicklich gierig nach seinem Glas Apfelsaft griff. Temari starrte abwesend vor sich hin. Das, was Kurenai gesagt hatte, deprimierte sie nur noch mehr. Dass sie ihre Schwangerschaft erst so spät bemerkt hatte, obwohl wochenlang sämtliche Faktoren dafür gesprochen hatten, war ja schon ziemlich dumm gewesen. Viel schlimmer war jedoch die Tatsache, dass sie zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht in der Lage war, ihr eigenes Kind zu spüren. Und obwohl sie wusste, dass es Schwachsinn war, kam sie sich jetzt schon wie eine schlechte Mutter vor. „In welcher Woche bist du eigentlich?“ Kurenais Stimme holte sie in die Realität zurück. „In der siebzehnten“, antwortete sie knapp. „Na, dann macht sich dein Kleines doch sicher schon ordentlich bemerkbar. Ist es nicht großartig?“ Temari wusste, dass sie nur neugierig war und nicht wissen konnte, wie verletzend diese Frage für sie war, aber sie wäre trotzdem am liebsten sofort aufgesprungen und wortlos gegangen. Doch sie blieb sitzen. „Ja“, entgegnete sie schließlich tonlos. „Es ist … wundervoll.“ Das Lächeln ihrer Gesprächspartnerin verschwand jäh. „Hab ich etwas Falsches gesagt?“ Sie deutete ein Kopfschütteln an. „Ich spüre nur überhaupt nichts“, meinte sie betrübt. „Keinen Tritt, keine Bewegung, ja nicht einmal ein winziges Zucken, das mich wenigstens vermuten lässt, dass es dem Baby gut geht.“ Betroffen blickte Kurenai sie an. „Tut mir leid, dass ich dich so etwas Taktloses gefragt habe.“ Sie suchte nach passenden Worten, um sie zumindest ein wenig aufzuheitern. „Mach dir aber bloß keine Sorgen. Jedes Kind entwickelt sich schließlich anders.“ „Das weiß ich.“ Temari biss sich auf die Unterlippe. „Aber Außenstehende wie du haben nun mal gut reden.“ Unvermittelt richtete sie sich auf, murmelte ein „Entschuldige mich“ und ging. Dem kleinen Hiruzen blieb das nicht verborgen. „Mama, was hat Temari-nee-san?“, fragte er. Seine Mutter seufzte. „Wenn ich das mal so genau wüsste …“ --- So schnell wie möglich lief sie zu ihrer Wohnung. Es interessierte sie herzlich wenig, dass sie eigentlich noch ein Geschenk für Kankurou brauchte, falls es ihn rechtzeitig erreichen sollte. Wenn er so scharf auf materielle Dinge war, musste er sich eben selbst was kaufen. Für ihn würde sie heute jedenfalls nicht mehr die Läden abklappern und sich neugierige Blicke und unnötige Fragen von Bekannten gefallen lassen. Ja, für den Rest des Tages wollte sie einfach nur ihre Ruhe haben. Verärgert knallte sie die Haustür hinter sich zu. Anschließend warf sie Schuhe und Schlüssel achtlos in eine Ecke und ließ sich auf die Couch fallen. Ihre Wut flachte genauso schnell ab wie sie aufgetreten war und an ihre Stelle kehrte die Niedergeschlagenheit und Leere der letzten Stunden zurück. Tief atmete sie durch. Es konnte doch nicht sein, dass sie sich von einer kleinen Bemerkung so herunterziehen ließ … Temari begann, ihren Bauch zu streicheln und versuchte dabei an die wenigen schönen Momente zu denken. Es half ihr zwar nicht so sehr, wie sie gehofft hatte, aber der Gedanke daran machte ihre Enttäuschung zumindest etwas erträglicher. Wahrscheinlich war es wirklich besser, wenn sie nicht von jetzt auf gleich alles erwartete. Ihre Ärztin hatte ihr schließlich versichert, dass alles in Ordnung war. Ach, warum fiel es ihr bloß so schwer, das zu glauben …? Das Zufallen der Vordertür riss sie aus ihren Überlegungen. Sie stand auf, ging in den Flur und setzte zu einem „Schon so früh hier?“ an, brach jedoch mitten im Satz ab und fragte stattdessen: „Was ist denn mit dir passiert?“ „Hast du schon mal nach draußen gesehen?“, antwortete Shikamaru, der zitternd wie ein begossener Pudel dastand und sich abmühte, aus seinem T-Shirt herauszukommen, das vor Nässe wie eine zweite Haut an ihm klebte. Temari warf einen Blick aus dem Fenster. Es regnete wie aus Eimern und sie war irgendwie froh, dass sie auf ihre geplante Shopping-Tour verzichtet hatte. Na ja, wenigstens war ihre schlechte Laune zu etwas gut gewesen … „Wie war’s beim Arzt?“, fragte Shikamaru wenig später nach, als er sich umgezogen hatte. „Mies“, entgegnete Temari kurz angebunden. Bestürzt schaute er sie an. „Stimmt etwa irgendwas nicht?“ „Nein, es ist alles in bester Ordnung“, erklärte sie tonlos. „Das heißt, wenn man mal davon absieht, dass unser Kind zu faul ist, um sich wenigstens ein bisschen bemerkbar zu machen.“ „Ist das alles?“ „Also, mir reicht es jedenfalls.“ „Ach, das wird schon. Sei einfach nicht so ungeduldig.“ „Das sagst du so leicht“, protestierte sie. „Du bist schließlich nicht derjenige von uns beiden, der kontinuierlich zunimmt und sich monatelang jeden Tag übergeben musste!“ Da er nicht ganz schlau aus ihrer Aussage wurde, fragte er: „Und was genau willst du mir damit sagen?“ Mit steinerner Miene sah sie ihn an. „Du findest also nicht, dass ich langsam mal für das, was ich auf mich genommen hab, eine klitzekleine Bestätigung verdiene?“ Shikamaru seufzte schwer. Ach, wie er es doch liebte, wenn sie einfach so aus heiterem Himmel anfing herumzuzicken … „Doch, natürlich“, meinte er rasch. „Ich hab zwar keine große Ahnung von dem Thema, aber meinst du nicht, dass du vielleicht zu viel auf einmal willst?“ „Natürlich weiß ich das.“ Sie klang plötzlich wieder viel ruhiger. „Aber es ist nicht gerade hilfreich, wenn man von allen Seiten mit Euphorie überschüttet und einem vorgeschwärmt wird, wie toll es ist, die Bewegungen seines Kindes zu spüren.“ Sie senkte ihren Blick. „Weißt du, mehr möchte ich doch auch gar nicht …“ Von ihrem plötzlichen Stimmungswechsel überrascht, brachte er keinen Ton heraus. Also beschränkte er sich darauf, sie an sich heranzuziehen und den Arm um sie zu legen. „Ich möchte mich nicht mehr nur auf die Aussage eines Arztes verlassen, sondern selbst merken, ob es dem Baby gut geht“, fuhr sie bekümmert fort. „Was also, wenn wirklich etwas passiert? Ich war schließlich auch so blöd und hab trotz massenhafter Vorzeichen erst in der zwölften Woche gemerkt, dass ich überhaupt schwanger bin. Wahrscheinlich bekomm ich es nicht einmal mit, wenn …“ Ihre Stimme versagte und sie konnte die Tränen, die in ihr aufgekommen waren, nicht mehr zurückhalten. Sie fühlte sich einfach schrecklich, wenn sie daran dachte … Shikamaru schwieg einen Moment. Auch wenn sie gar keinen Grund hatte, um besorgt zu sein, konnte er sie nur allzu gut verstehen. „Beruhige dich“, flüsterte er ihr zu. „Es bringt doch nichts, wenn du gleich das Schlimmste befürchtest, obwohl alles in Ordnung ist.“ „Ja, aber …“ Temaris Protest verlor sich auf dem Weg zu ihrem Mund. Es war wirklich noch zu früh, um den Teufel an die Wand zu malen … Sie atmete tief durch und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, um sie zu trocknen. „Ich bin echt bescheuert, oder?“, meinte sie schließlich deutlich gefasster. Er nahm ihre Hand und sagte: „Manchmal schon.“ Sie lächelte dankbar. Ja, sie mochte seine fast schon brutale Ehrlichkeit. ════════════════════════════════════════════════════ Ich hab ziemlich lange überlegt, aber dann hab ich mich doch dazu entschieden, Kurenais Sohn einen Namen zu verpassen. Meine Wahl fiel so auf Hiruzen. So hieß der Dritte Hokage mit Vornamen und ich finde es gar nicht so abwegig, wenn Asuma tatsächlich gewollt hätte, dass sein Sohn nach seinem verstorbenen Vater benannt wird. Den Zeitpunkt der ersten spürbaren Bewegungen hab ich mir natürlich etwas zurechtgebogen. Ende des vierten Monats ist eigentlich utopisch, aber Kurenais Erklärung gibt dem Ganzen dann doch einen Sinn. Das Gespür einer Kunoichi (oder Ninja allgemein) muss theoretisch ausgeprägter sein als das eines normalen Menschen und das hab ich einfach auf diesen Bereich ausgeweitet. Ich hoffe doch, das klingt nicht zu unlogisch. Thanks for reading! :) Kapitel 13: Konsequenzen ------------------------ @ : Bei der ersten Schwangerschaft sollen die Bewegungen so zwischen der 20. und 23. Woche zu spüren sein – Ich spreche allerdings nicht aus Erfahrung und muss dem glauben, was in den Büchern geschrieben steht. :D @ : Wär ja auch ziemlich panne (und OoC), wenn er zu ihr gesagt hätte, dass sie sich mal nicht so anstellen soll. Aber im Großen und Ganzen ist es nur meine Vorstellung, wie sich ein werdender Vater zu verhalten hat – und ich finde, es passt zu Shikamaru. :) @ : Ja, die „Das-Kind-ist-zu-faul“-Theorie liegt irgendwie nahe, aber dazu kommt später noch was. @ : Nein, hart klang es nun wirklich nicht. Ehrlich, ich mag berechtigte Kritik, auch wenn sie manchmal nicht mit meiner Auffassung übereinstimmt. :) Na ja, wenn sich ein Kind überhaupt nicht bewegt, ist es kein gutes Zeichen. Temari übertreibt natürlich maßlos, aber nachvollziehbar ist es schon, oder? @ alle vier: Dankeschön für eure Kommentare! =) Heute wünsche ich mal keinen Spaß beim Lesen. Den werdet ihr wahrscheinlich ohnehin nicht haben.^^° ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 13: Konsequenzen Gute neun Tage später hatte sich leider immer noch nichts getan. Temari verspürte zwar hin und wieder ein leicht flaues Gefühl im Unterleib, doch sie bezweifelte stark, dass das irgendetwas mit Bewegungen zu tun hatte. Von Lebenszeichen ihres Kindes konnte sie also weiterhin nur träumen – Eine Tatsache, die sich nicht gerade positiv auf ihre Stimmung auswirkte. Sie bemühte sich zwar, gegenüber ihren Mitmenschen höflich zu bleiben, aber das gelang ihr meist eher schlecht als recht. Die Einzige, die sich davon wohl nicht abschrecken ließ, war wohl Yoshino. Sie war vor ein paar Tagen ganz unverhofft aufgetaucht und hatte sich für ihr Verhalten entschuldigt. Dummerweise hatte sie sich gleich danach angewöhnt, täglich vorbeizuschauen und Temari mit ihrer schon exzentrisch anmutenden Freude auf die Nerven zu gehen. Besonders unangenehm waren ihre Besuche jedoch, wenn Shikamaru anwesend war. Er nahm seiner Mutter die Vorwürfe immer noch übel und redete daher kein Wort mit ihr. Erschwerend hinzu kam noch, dass sie zwei Wochen für eine Entschuldigung gebraucht hatte, die sie sich seiner Meinung nach nur abgerungen hatte, um ihr schlechtes Gewissen zu bereinigen. Und darauf konnte er nur allzu gut verzichten. Yoshino wiederum ließ sich nicht anmerken, dass es sie in irgendeiner Weise störte und reagierte entsprechend, indem sie ihren Sohn permanent ignorierte. Temari kam sich dabei immer wie im Kindergarten vor, hatte es inzwischen aber nach einem erfolglosen Schlichtungsversuch, der in einem üblen Streit ausgeartet war, aufgegeben und beschlossen, die beiden ihrem Schicksal zu überlassen. Sollten sie ihr kleines Problemchen doch selbst in den Griff bekommen. Sie ließ ihre Laune davon jedenfalls nicht noch weiter herunterziehen. Das hieß, wenn das überhaupt noch möglich war … --- Gegen Nachmittag machte sie sich auf, um noch ein paar Kleinigkeiten zu kaufen. Zwar hatte Yoshino den Kühlschrank inzwischen mit allem möglichen Zeug, das sie für eine Schwangere irgendwie als wichtig ansah, zugestopft, doch Milchprodukte hatten für sie seltsamerweise nicht dazugezählt. Und über die Wichtigkeit von Kalzium brauchte sie sich nicht mit ihr streiten. Sie war noch keine drei Minuten aus der Wohnung, als ihr an der nächsten Straßenecke auch schon Sakura entgegenkam – abermals mit einem Strauß Rosen im Gepäck. Langsam aber sicher fand Temari die Schenksucht ihres Bruders wirklich albern. Vermutlich meinte er es tatsächlich nur gut und hatte momentan einfach keine andere Möglichkeit, seiner Liebsten seine Zuneigung zu zeigen. Aber so, wie sie Kankurou kannte, hatte er eher Schiss, dass sich Sakura in seiner Abwesenheit einen anderen suchte, wenn er ihr nicht regelmäßig ein Präsent zuschob. Tja, das war wohl ein gutes Beispiel dafür, dass Liebe doch in gewissem Maße käuflich war … Temari wollte sich gerade noch in eine Seitengasse verdrücken, um bloß nicht mit ihr reden zu müssen, aber es war bereits zu spät. „Hey!“ Sakura kam freudestrahlend zu ihr herübergelaufen. „Kankurou hat nach dir gefragt. Er macht sich Sorgen, weil du dich zu seinem Geburtstag nicht gemeldet hast.“ „Schön für ihn“, entgegnete sie desinteressiert. „Wahrscheinlich ist er bloß sauer, weil ich ihm diesmal nichts geschenkt hab.“ „Ich denke nicht, dass er –“ „Und ich denke, dass ich meinen Bruder besser kenne als du“, fuhr sie ihr ins Wort. „Mit einem netten Gruß gibt er sich nicht zufrieden. Immer müssen es die fetten Geschenke sein und wehe, es ist dann etwas, das seiner Meinung nach nicht angemessen ist … Sein dämliches Gemecker kann mir wirklich gestohlen bleiben!“ Sakura vermied es, ihr zu widersprechen. „Ähm … Wie geht es dir?“, fragte sie völlig aus dem Zusammenhang. Da Temari inzwischen eine richtige Abneigung gegen diese Frage entwickelt hatte, verdrehte sie kurz die Augen und setzte ein falsches Lächeln auf. „Danke, beschissen“, merkte sie trocken an. „Und dir?“ Ihre Schwägerin in Spe brachte ein verwirrtes „Gut“ heraus und starrte sie anschließend einen Moment sprachlos an. „Ist mit dem Baby irgendetwas nicht in Ordnung?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, der faulen Nuss geht es bestens“, entgegnete sie sachlich. „Denke ich zumindest.“ „Du merkst seine Bewegungen also immer noch nicht?“, hakte ihre Freundin etwas taktlos nach. Temari überhörte den genauen Wortlaut ihrer Feststellung. „Kein Stück“, legte sie fest. „Aber was hätte ich bei dem Vater eigentlich anderes erwarten sollen?“ „Der Apfel fällt wohl wirklich nicht weit vom Stamm“, merkte Sakura belustigt an. „Aber mach dir mal keine Gedanken. Du liegst schließlich noch völlig im Rahmen.“ „Ja, im Vergleich zu irgendwelchen Hausmütterchen.“ „Nur weil Kunoichi es meist eher mitbekommen, heißt das noch lange nicht, dass es bei dir automatisch auch so sein muss. Hab also einfach noch ein wenig Geduld.“ „Danke für den Tipp“, meinte Temari bissig. „Du weißt wirklich, wie du mich aufbauen kannst.“ „Ich würd dir auch lieber etwas anderes sagen“, gab Sakura verständnisvoll zurück. „Doch wenn dein Kind etwas mehr Zeit als andere braucht, wirst du das leider erstmal so hinnehmen müssen, selbst wenn es dir schwer fällt. Und dass du deswegen sauer auf es bist, ist das Falscheste, das du –“ „Augenblick mal!“, fuhr sie ihr ins Wort. „Ich liebe dieses kleine Würmchen, das in mir heranwächst, und bin auf es weder sauer noch sonst irgendetwas. Wütend bin ich höchstens auf mich!“ „Und warum?“ „Ich weiß ja, dass sich das Kleine schon bewegt, aber ich bin einfach nicht sensibel genug, um das auch zu merken. Und es ist echt frustrierend, dass ich nichts aber auch wirklich gar nichts tun kann, damit es anders ist.“ Betreten schaute Sakura sie an. „Spar dir den mitleidigen Blick“, sagte Temari forsch. „Davon hab ich in letzter Zeit mehr als genug bekommen.“ Dann hob sie noch kurz die Hand zu einem stillen Abschied und ging weiter. --- Rasch erledigte sie ihre Einkäufe und machte auf dem Rückweg noch einen spontanen Abstecher zum Wochenmarkt. Zwar riss sie sich nicht darum, in einer größeren Menschenmenge herumzuwuseln, doch für eine Schale Erdbeeren machte sie gerne eine Ausnahme. Sie war schon dabei, wieder zu gehen, als plötzlich eine altbekannte Frauenstimme ihren Namen rief. Ganz in der Hoffung, dass sie gerade nur träumte, kniff sie sich in den Unterarm, aber leider erfüllte sich ihr Wunsch nicht. Kurz spielte sie noch mit dem Gedanken, sich taub zu stellen und die Rufe zu ignorieren, doch dummerweise erreichte sie die Person in dem Moment schon. „Wie geht es dir heute, meine Liebe?“ Temari stieß einen stillen Fluch aus. Warum konnte ihr nicht mal ein Tag Ruhe vor dieser Frau vergönnt sein? Bevor sie etwas antworten konnte, verfinsterte sich Yoshinos Blick. „Du sollst doch nicht so schwer tragen!“ Ihre Hand schnellte vor, um ihr die Tüte zu entreißen, aber Temari wich rasch zurück. „Das sind nur ein paar Erdbeeren und ’ne Packung Milch!“, stellte sie anschließend klar. „Trotzdem … Ich trag sie für dich!“ Yoshino wiederholte ihre Geste, kam jedoch erneut nicht zum Zug. „Nein, danke!“, zischte sie angesäuert zurück. „Ich kann das alleine!“ Der nächste Protest der Frau folgte auf dem Fuße. „Du weißt genau, dass du –“ Das ließ Temaris Geduldsfaden, der ohnehin schon seit Tagen auf eine harte Probe gestellt worden war, endgültig reißen. „Verdammt noch mal, ich bin nicht krank! Ich will weder in Watte gepackt noch bemuttert werden! Und wenn ich der Meinung bin, ’nen Liter Milch durch die Gegend schleppen zu müssen, tu ich das auch!“ „Aber das Baby …“ „Dem geht es wunderbar“, fauchte sie noch, bevor sie kehrt machte und Yoshino einfach stehen ließ. Da ihr die Frau zum Glück nicht hinterherkam, verlangsamte sie ihre Schritte wieder und blieb schließlich ganz stehen. Ihr Herz schlug ihr gerade bis zum Hals. Sosehr sie es nicht ausstehen konnte, wie sie von manchen Leuten behandelt wurde: Das war es nicht wert gewesen. Zuviel Aufregung und Stress schadeten dem Kind auf Dauer definitiv mehr als ein verschwindend geringes Gewicht, das sie ein paar Meter bis zu sich nach Hause trug. Nachdem sie sich einigermaßen beruhigt hatte, schlenderte Temari gemütlich weiter, hielt vor einem Lokal aber wieder inne. Sie blinzelte ein paar Mal ungläubig, musste sich dann jedoch eingestehen, dass es keine Einbildung war. Augenblicklich wuselten die möglichsten und unmöglichsten Szenarien durch ihren Kopf und sie spürte Wut, vor allem aber Enttäuschung in sich aufkommen. Hatte sie sich all die Jahre wirklich so in ihn getäuscht? Ruhig bleiben, dachte sie. Es gibt für alles eine logische Erklärung … Noch einmal schaute sie durch das Fenster und versuchte die Person, die sich gerade bei Shikamaru aufhielt, einzuordnen. Irgendwie kam sie ihr bekannt vor, sie wusste nur noch nicht woher. In Anbetracht der Blicke, die sie ihrem Freund zuwarf, machte diese Frage aber zur Nebensache. Temari ballte ihre Hand zur Faust und biss sich auf die Lippe. Sofort musste sie etwas dagegen tun … Zielstrebig bahnte sie sich einen Weg zum Tisch und wetterte los: „Was hat das hier zu bedeuten?“ Shikamaru, der mit einem solchen Auftritt nicht gerechnet hatte, verschluckte sich vor Schreck erstmal an seinem Getränk, was sie wiederum als Bestätigung für ihren Verdacht auffasste. „Ich hab euch zwei Turteltäubchen doch nicht etwa gestört?“ Ihr Blick wanderte eindringlich zu der jungen Frau, die nervös auf ihrem Stuhl hin und her rutschte und sich durch die zerzausten Haare fuhr. Nun wusste Temari auch wieder, woher sie sie kannte. Ohne ihre Brille und in Klamotten, die nicht drei Nummern zu groß waren, sah Shiho wirklich ganz anders aus … „Wovon redest du eigentlich?“, gab er zurück, nachdem er sich einigermaßen von seinem Hustenanfall erholt hatte. „Hältst du mich für so dumm?“, erwiderte sie aufgebracht. „Ich bin doch nicht blind!“ „Na, anscheinend ja doch“, flüsterte er vor sich hin, da er noch immer nicht verstand, was überhaupt ihr Problem war. „Die blöden Sprüche kannst du dir schenken! Denkst du etwa, dass ich eins und eins nicht zusammenzählen kann?“ Jetzt ging Shikamaru ein Licht auf. Sie glaubte doch wohl nicht ernsthaft, dass er sich heimlich mit irgendwelchen Frauen traf … „Du verstehst das falsch“, erklärte er sich schnell. „Das –“ „Was gibt es hier falsch zu verstehen?“ Temari ließ ihm nicht einmal die Gelegenheit auszusprechen. Seine dämlichen Ausreden wollte sie ohnehin nicht hören. „Ach, weißt du was? Mach doch, was du willst!“ Sie wollte sich umdrehen und gehen, aber er hielt sie am Arm fest. „Lass mich los!“ Die Kälte in ihrer Stimme traf ihn dabei vollkommen unerwartet. Sie meinte es also tatsächlich ernst … Nicht imstande, auch nur irgendetwas zu ihr zu sagen, ließ er von ihr ab. „Vielen Dank!“, fauchte sie ihn an. „Ich wünsch dir ein schönes Leben!“ Wütend stieß sie den nächsten Gast um und rauschte davon. Chouji rappelte sich wieder auf und rieb seinen Hintern, auf dem er unsanft gelandet war. „Was ist denn mit ihr los?“, fragte er daraufhin seinen besten Freund. Dieser starrte nur vor sich hin und schüttelte fassungslos den Kopf. --- Hastig bahnte sich Temari einen Weg durch die Menge, aber sie gab sich noch nicht einmal die Mühe, den Leuten, die ihr unbeabsichtigt in die Quere kamen, auszuweichen. Es war ihr so verdammt egal, was die anderen über sie dachten … Etwas abseits vom Tumult des Dorfzentrums setzte sie sich auf eine Bank. Ihr Blick war dabei starr auf ein paar Kinder gerichtet, die in der Nähe spielten. Obwohl sie ihr Lachen und ihre Rufe deutlich hörte, fühlte sie sich vor allem eins: Allein. Missmutig strich sie über ihre inzwischen deutliche Rundung, hielt damit jedoch schnell wieder inne. Es brachte ja sowieso nichts … Sie spürte Tränen in sich aufsteigen, gab ihnen allerdings nicht nach. Auf keinen Fall wollte sie ihm auch nur eine davon nachweinen. Nein, diesen Gefallen würde sie ihm nicht tun. Das hatte dieser Mistkerl nicht verdient … Temari lehnte sich zurück und blickte in den mit Wolken verhangenen Himmel. In der Ferne war er deutlich dunkler und wenn sie die Geräusche der Umgebung ausblendete, vernahm sie ein leises Donnergrollen, das ihre Gefühle nur allzu gut widerspiegelte. Sie ballte ihre Hand zur Faust und schlug halbherzig gegen das Holz der Sitzfläche. Was hatte sie bloß verbrochen, um das zu verdienen? War sie wirklich so ein schlechter Mensch? Gedanklich schüttelte sie den Kopf. Als ob das überhaupt noch eine Rolle spielte … Was geschehen war, war geschehen und ließ sich einfach nicht mehr rückgängig machen. Außerdem war das Leben zu kurz, um ewig in der Vergangenheit hängen zu bleiben. Erneut legte sie die Hand auf ihren Bauch. Von nun an waren sie also auf sich gestellt. Doch anstatt sich zu bemitleiden, würde sie das einfach als Chance ansehen. Ja, zusammen würden sie es schon irgendwie schaffen … ════════════════════════════════════════════════════ Und wie interpretiert ihr die Sache? War ihre Reaktion berechtigt oder dramatisiert sie bloß wieder mal über? Kapitel 14: (K)ein Grund zur Freude ----------------------------------- @ : Temari hat nicht mehr gesehen, als das, was ich beschrieben habe: Die beiden haben bloß an einem Tisch gesessen und geredet. Nichts also mit Händchenhalten. @ : Dann kann ich dich ja erstmal beruhigen: Streit gibt’s vorerst keinen mehr. Geht ja auch schlecht, wenn sie wieder in Sunagakure ist. ;D @ & : Dann lasst ihr euch wohl am besten überraschen. :) @ : Na, so schlimm würde ich den Falle des Falls schon nicht verpacken. Drama gab’s ja schon genug hier. :D @ all: Ein herzliches Dankeschön für eure Meinungsbekundungen! =) Bevor ich euch aber ins Kapitel entlasse, hier noch eine kleine Empfehlung zur akustischen Untermalung: Merry-go-round von HOME MADE Kazoku Den Song habe ich beim Schreiben rauf und runter gehört und passt klanglich (zumindest in CD-Qualität) sowie auch inhaltlich wie die Faust aufs Auge. Wer Lust hat, kann ja mal danach googlen oder einem gewissen Videoportal einen Besuch abstatten. :) Dann viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 14: (K)ein Grund zur Freude Schritte ließen sie aufsehen. Die Zuneigung zu ihrem Baby verschwand jäh und in ihrem Gesichtsausdruck blieb abermals nichts als Kälte zurück. Wortlos sprang sie auf und ging zügig weiter. „Warte doch mal!“ Shikamarus Stimme verpasste ihr schon einen Stich, doch sie missachtete es. Jetzt, da sie es zumindest ansatzweise geschafft hatte, sich emotional von ihm zu distanzieren, wollte sie sich das nicht wieder von ihm nehmen lassen. „Verschwinde!“, forderte Temari ihn auf. „Ich hab dir nichts zu sagen!“ „Ich dir aber!“, entgegnete er hartnäckig. „Schön“, meinte sie ignorant. „Dann behalt es gefälligst für dich!“ Als sie in die Straße, die zur Wohnung führte, einbog, beschleunigte sie ihren Gang noch einmal und wühlte nebenbei aufgeregt nach ihrem Schlüssel. Klar, ausgerechnet jetzt fand sie ihn natürlich nicht … „Hör mir doch bitte einfach nur mal zu …“, setzte er nach einer kurzen Unterbrechung an. Sie missbilligte seine Bitte mit einem Fauchen. „Ich hab aber keine Lust, dir zuzuhören!“, meinte sie aufgebracht. „Geh gefälligst zu deiner neuen Flamme und erzähl der deine Märchengeschichten!“ Shikamaru dachte noch immer, er befände sich in einem schlechten Traum. Woher in aller Welt hatte sie diesen Unsinn? Das konnte doch nicht wahr sein … Rasch schloss er zu ihr auf und packte sie am Handgelenk. „Jetzt hör doch endlich auf mit diesem –“ Er vernahm ein Zischen, dann einen Knall. Schmerz breitete sich rasend schnell in seiner linken Wange aus und ließ ihn verstummen. Temari atmete schwer und hielt sich ihre rechte Hand, die schmerzhaft pulsierte. „Was willst du eigentlich noch? Macht es dir etwa Spaß, dich über mich lustig zu machen?“, fragte sie bitter. „Nein, ich …“ „Deine miesen Erklärungen kannst du dir sparen!“, unterbrach sie ihn abrupt. „Mir reicht’s endgültig!“ Ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen, drehte sie sich um und rannte die Treppen, die zu ihrer Wohnung im ersten Stock führten, hinauf. Ihre Hände zitterten auf unerklärliche Weise und sie schaffte es erst im dritten Anlauf, den Schlüssel zu platzieren und aufzuschließen. Dummerweise erreichte Shikamaru sie im selben Moment. „Warum bist du nur so dumm?“ „Tja, das wüsste ich auch gerne“, erwiderte sie bissig. „Das muss wohl an deiner Gesellschaft liegen …“ Ruckartig stieß sie die Tür auf, verschwand im Flur und schlug sie blitzartig wieder hinter sich zu. Um sicher zu sein, dass er ihr nicht nachkam, steckte sie den Schlüssel von innen ins Schloss und stellte die Klingel aus. So leicht wollte er sich allerdings nicht geschlagen geben und begann, unaufhörlich an die Haustür zu klopfen. Temari wiederum ließ sich das jedoch nicht gefallen. „Jetzt hau schon endlich ab!“, brüllte sie in seine Richtung. „Du kannst randalieren so viel wie du willst! Ich mach dir sowieso nicht auf!“ „Ich will doch nur, dass du mir kurz zuhörst!“, protestierte er. „Danach geh ich auch.“ „Auf deine Ausreden pfeif ich! Von mir aus kannst du da draußen stehen bleiben, bis du schwarz wirst!“ „Gut, ich kann warten“, sagte er. „Irgendwann musst du ja raus kommen!“ Sie ignorierte seine Bemerkung, stapfte in die Küche und quetschte die Milch und die Erdbeeren in den überfüllten Kühlschrank. Der Hunger auf Letztere war ihr nun ohnehin vergangen … Anschließend warf sie sich auf die Couch, griff ein Kissen und drückte es auf jede erdenkliche Weise, um ihre Wut daran auszulassen. Als das jedoch nichts brachte, warf sie es so fest gegen die nächste Wand, sodass der dort hängende Bilderrahmen zu Bruch ging. Innerlich jubelte sie auf. Dieses merkwürdige Bild – eine abstrakte Zeichnung, die Sai fabriziert hatte und die ihre Brüder darstellen sollte –, das Sakura ihr vor ein paar Tagen geschenkt hatte, hatte ihr sowieso von Anfang an nicht gefallen … Temari griff kurzerhand nach ihrem Stirnband, das nach wie vor auf dem Tisch lag. Ja, Gaara und Kankurou … Wahrscheinlich war es wirklich das Beste, wenn sie gleich morgen Konoha verließ und zurück nach Sunagakure ging. Dort wusste sie wenigstens, was sie an den Leuten hatte und konnte sich sicher sein, dass sie sie nicht enttäuschen würden. Klar, das Geschrei des Babys würde vor allem Kankurou in der ersten Zeit auf die Nerven gehen, aber irgendwann gewöhnte er sich schon daran. Sie versuchte, sich ein Leben als alleinerziehende Mutter auszumalen, doch Freude wollte bei ihr nicht aufkommen. Es war weder das, was sie sich vorgestellt hatte, noch etwas, das sie sich wünschte. Selbst die nettesten Menschen konnten das, was sie unter einer richtigen Familie verstand, nicht ersetzen. Nicht einmal ihre Brüder. Nun blieb ihr aber wohl nichts anderes mehr übrig … --- Trübselig blickte Shikamaru vor sich hin. Der eisige Wind, der aufgezogen war, peitschte ihm brutal um die Ohren und es kam ihm vor, als wäre er inzwischen bis auf die Knochen durchgefroren. Doch anstatt Temari das zu geben, was sie verlangte, blieb er stur sitzen. Den Gefallen zu gehen tat er ihr mit Sicherheit nicht. Er hatte sich schließlich nichts zu Schulden kommen lassen, was ihre Reaktion und übertriebene Konsequenz auch nur eine Spur gerechtfertigt hätte. Im Moment konnte er nur darauf hoffen, dass sie von selbst wieder zur Vernunft kam. Die Chancen dafür standen zwar eher schlecht, aber er dachte nicht daran aufzugeben und es einfach so hinzunehmen. Und wenn er dabei draufging. Die nächste Böe ließ ihn frösteln. Wenn sich das Wetter nicht bald wieder besserte, segnete er wohl wirklich eher das Zeitliche, als ihm lieb war. Okay, kein ehrenvoller Tod, doch musste er sich dann nicht vorwerfen, dass er es nicht wenigstens versucht hatte … --- Ein lautes Donnergrollen riss Temari aus ihrem leichten Schlaf. Eine Gänsehaut überkam sie, als sie realisierte, wie kühl es im Wohnzimmer geworden war. Sie beachtete das Fenster, das angekippt erst für die Kälte gesorgt hatte, nicht weiter, hüllte sich rasch in die Wolldecke und starrte an die Decke. Seltsamerweise musste sie feststellen, dass der Ärger der letzten Stunden wie verflogen war. Es war zwar nicht so, dass sie sich unbedingt gut fühlte oder die Aussichten sie auf irgendeine Weise freudig stimmten, aber zumindest war das Gefühl, das besagte, dass ihr Leben komplett im Eimer war, verschwunden. Tja, wenn sie sich so schnell damit abfand, konnte sie wohl doch nicht so ein Beziehungmensch sein, wie sie immer gedacht hatte. Die Vergangenheit hatte ihr oft genug aufgezeigt, dass sie auch prima allein zurecht kam und das Single-Dasein hatte sowieso viele Vorzüge: Man musste auf niemanden Rücksicht nehmen und konnte sich seine Freizeit beliebig einteilen; es fiel weniger Hausarbeit an; klägliche Kochversuche konnte sie sich auch schenken und vor allem konnte sie sich im Bett wieder so breitmachen, wie sie es gerne wollte – ohne befürchten zu müssen, am nächsten Morgen auf dem Boden aufzuwachen. Ach, was für Scheiß-Argumente … Einen notorischen Einzelgänger hätte man so vielleicht locken können, doch auf sie wirkte das alles nur ernüchternd. Freizeit hatte sie in den letzten Wochen schon mehr als genug gehabt, sodass ihr Bedarf daran für die nächste Zeit gedeckt war. Hausarbeiten waren zwar nicht unbedingt ein Hobby von ihr, aber was machte es für einen Unterschied, wenn sie damit täglich eine Viertelstunde mehr verbrachte? Und wenn sie sich an sehr einfache Gerichte hielt, bekam sie das Essen meist ja auch einigermaßen hin … Der mieseste Grund war jedoch die Aussicht auf ein eigenes Bett. Sie hasste es einfach, alleine schlafen zu müssen. Früher hatte es sie natürlich nie gestört, doch seit sie wusste, wie beruhigend und schön es war, nachts jemanden neben sich liegen zu haben und morgens neben dieser Person aufzuwachen, wollte sie nicht mehr darauf verzichten. Davon einmal abgesehen wühlte er schon lange nicht mehr so herum, dass sie Angst haben musste, auf dem Fußboden zu landen. Und in schlaflosen Nächten war es ein äußerst amüsanter Zeitvertreib, ihm beim Schlafen zuzusehen. Ja, seine Mimik war in diesen Momenten wirklich unschlagbar … Bei diesem Gedanken schlich sich ein trauriges Lächeln auf ihre Lippen. Sie schloss die Augen und spürte, dass sie abermals den Tränen nahe war. Dieses Mal gelang es ihr jedoch nicht, sie zurückzuhalten. Stumm rannen sie aus ihren Augenwinkeln in Richtung ihrer Ohren, hinterließen dort eine unangenehme Feuchtigkeit und durchnässten ihre Haare. Wie konnte sie ihn nach dem, was vorgefallen war, so schrecklich vermissen? Warum musste es nur so verdammt weh tun, wenn man jemanden nach wie vor liebte …? Abrupt setzte Temari sich auf und trocknete mit einer flüchtigen Handbewegung ihr Gesicht. An was dachte sie da gerade nur? Er verdiente es doch gar nicht, dass sie überhaupt noch etwas wie Liebe für ihn empfand. Er war es ja schließlich gewesen, der … Moment, hatte sie überhaupt einen Beweis dafür, dass es tatsächlich so war? Nüchtern betrachtet hatten die beiden bloß zusammen an einem Tisch gesessen und nicht mehr. Aber warum hatte er ihr dann nicht gesagt, dass er sie treffen würde? Genau, sie war im Recht und hatte vollkommen richtig gehandelt … … oder etwa nicht? Was, wenn es wirklich nur ein Missverständnis war? Sie hatte ihm ja nicht einmal die Chance gegeben, sich zu erklären … Andererseits hatte Shihos Aufmachung Bände gesprochen. Zudem passte sie doch auch viel besser in seine Vorstellungen. Sie war ruhig, nett, zuvorkommend und in keinem Fall das, was er als anstrengend bezeichnet hätte. Was ihre Charaktereigenschaften betraf, verlor Temari doch haushoch gegen sie. An seiner Stelle hätte sie sich auch für Shiho entschieden … Warum sollte er also nicht mit ihr glücklich werden? Mit ihr hatte er ohnehin ein leichteres – nein – besseres Los gezogen. Ja, es war tatsächlich das Beste, wenn sie abreiste und sich hier nie wieder blicken ließ … Sie schüttelte den Kopf. So einfach ging das nun einmal nicht. Denn egal, wie wütend und enttäuscht sie von ihm war: Sie konnte ihrem Kind doch nicht für immer seinen Vater vorenthalten. Vielleicht war das für sie die bequemste Lösung, aber dem Kleinen gegenüber war das vor allem eines: Unfair. Wenn sie das tat, war sie wirklich eine schlechte Mutter. Und so eine wollte sie niemals sein. Temari seufzte. In diesem Punkt steckte sie nur ungern zurück, doch ihrem Baby zuliebe musste es eben sein. Ihre persönlichen Gefühle dürften da höchstens eine untergeordnete Rolle spielen. Selbst wenn es noch so sehr schmerzte. Sie überlegte, wie sie das alles unter einen Hut bekommen sollte. Eins war ihr allerdings klar: Da sie ihn nicht mehr sehen wollte, würde es definitiv nicht leicht werden … Und wenn sie sich doch einen Ruck gab und sich wenigstens anhörte, was er zu sagen hatte? Viel schlimmer konnte es schließlich nicht mehr werden … Nein, Blödsinn! Das, was sie gesehen hatte, war eindeutig genug gewesen. Reden brauchte sie mit ihm nun wirklich nicht … Aber was, wenn sie sich getäuscht hatte? Sie konnte doch nicht drei Jahre einfach so wegwerfen und somit womöglich den Rest ihres Lebens versauen. Reichte ein kleines Fünkchen Hoffnung denn nicht aus, um einmal über ihren Schatten zu springen? Scheiße, was sollte sie bloß tun …? Ein bedrohliches Klappern riss sie aus ihren Überlegungen. Temari warf die Decke beiseite und stand auf, um das Fenster zu schließen, bevor es noch zu Bruch ging. Betrübt blieb sie stehen und blickte nach draußen. Obwohl es erst später Nachmittag war, kam es ihr wegen des Gewitters vor, als wäre es schon Nacht. Ihr Blick wanderte nach links und sie fragte sich einen Augenblick, warum die Außenbeleuchtung noch angeschaltet war. Entweder war das Ehepaar von nebenan bis eben unterwegs gewesen oder Shikamaru saß tatsächlich seit drei Stunden in der Kälte herum … Nein, das konnte unmöglich sein. Sie wusste, dass er nicht so hartnäckig war, um dieses miese Wetter über sich ergehen zu lassen, wenn es nicht unbedingt sein musste. Außerdem hätte er schon längst hereinkommen können, wenn er gewollt hätte. Mit seinem Kagenui hätte er den Schlüssel mit etwas Geduld sicherlich abziehen können … Ja, genau. Wahrscheinlich hockte er längst irgendwo im Warmen und hatte sie völlig vergessen. Sie wollte sich schon wieder abwenden, aber ihre Neugier war doch etwas stärker. Temari änderte ihren Blickwinkel, um besser sehen zu können und drückte schließlich ihre rechte Wange gegen die eiskalte Scheibe. Zwar konnte sie nur einen Teil der Gestalt erkennen, die vor ihrer Tür kauerte, aber sie wusste, dass es nur einer sein konnte. Rasch wich sie zurück. Das konnte doch nicht sein …Warum machte er sich die Mühe, wenn er – Was für einen Mist dachte sie da nur? Sie kannte ihn gut genug, um es besser zu wissen. Wenn ihm wirklich nichts mehr an ihr lag, wäre er doch schon lange abgehauen … Temari stürzte in den Flur und zwang sich, Ruhe zu bewahren. Solange sie nicht die ganze Geschichte kannte, wollte sie ihm nicht die Möglichkeit geben, sie wieder zu verletzen. Unruhig legte sie ihre Hand auf die Klinke. Jetzt durfte sie nur nicht die Nerven verlieren … --- Ein Knarren holte Shikamaru aus seinem Dämmerzustand. Hatte er inzwischen etwa den Löffel abgegeben und es nicht einmal bemerkt? Ja, anders konnte es gar nicht sein, wenn er sich schon einbildete, dass Temari ihm die Tür öffnete … „Jetzt komm schon rein …“ Leise aber deutlich drang ihre Stimme zu ihm durch – und mit ihr die Eiseskälte, sie sich in seinem Körper ausgebreitet hatte. Er war also doch noch nicht tot … „Ich geb dir fünf Minuten. Wenn mir dann noch irgendetwas unklar sein sollte, kannst du dir sicher sein, dass du mich endgültig los bist.“ Zögerlich riss sie sich von seinem Anblick los und trat zurück. Sie schämte sich ein wenig für ihre kalten Worte, doch ihr blieb gar nichts anderes übrig, wenn sie sich selbst schützen wollte. Egal, wie schrecklich es sich anfühlte … Shikamaru fühlte sich mit einem Schlag wieder lebendig. Zitternd richtete er sich auf und folgte ihr so schnell wie möglich. Nicht, dass sie es sich doch plötzlich wieder anders überlegte … Er schloss die Tür rasch hinter sich. Es dauerte einen Augenblick, bis sich seine Augen an das fahle Licht, das von der kleinen Lampe im Wohnzimmer ausging, gewöhnt hatten. Da es in der Wohnung deutlich wärmer war, machte sich ein unangenehmes Prickeln in seinen Armen und Beinen breit, doch er kümmerte sich nicht weiter darum. Erst einmal hatte er Wichtigeres zu tun … Nur … Womit sollte er anfangen? „Wenn du mir nichts zu sagen hast, kannst du gleich wieder gehen“, unterbrach Temari die Stille. Sie lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme. „Also war da was zwischen euch?“ „Nein“, widersprach er sofort. „Ich hab sie nur zufällig getroffen. Eigentlich –“ „Denkst du, ich bin blöd?“, fuhr sie ihm ins Wort. „Ich hab doch gesehen, wie scharf sie auf dich ist!“ „Was?“ „Warum hat sie sich denn sonst so aufgebrezelt? Ja wohl sicher nicht, weil sie niemandem gefallen will!“ „Sie hat auf ihre Verabredung gewartet“, erklärte Shikamaru rasch. „Ja, natürlich!“ Temari lachte künstlich. „Deswegen saß sie auch ausgerechnet bei dir herum.“ „Sie hat mich bloß gefragt, ob ich ihr nächsten Monat beim Umzug helfen kann.“ „Ach, so nennt man das also schon“, meinte sie kühl. „Und das soll ich dir glauben?“ Er unterdrückte die Verärgerung, die langsam aber sicher in ihm aufstieg. Kaum zu fassen, dass er wirklich Stunden draußen in dem Mistwetter verbracht hatte, um sich dann so etwas von ihr anzuhören … Was war nur vorgefallen, dass sie plötzlich so von ihm dachte? Oder hatte sie doch nur etwas Falsches gefrühstückt? Ihre Laune ließ ja schon seit Tagen zu wünschen übrig, aber wegen einer Fehlinterpretation gleich Schluss zu machen, hätte er niemals von ihr erwartet. Übertrieben eifersüchtig war sie schließlich sonst nie gewesen … „Lass mich doch bitte einfach mal ausreden“, entgegnete er beherrscht. „Denn falls es dich interessiert: Ich hab ihr abgesagt, weil ich meine freie Zeit lieber mit dir verbringen möchte.“ Er machte eine kurze Pause. „Oder besser gesagt: wollte.“ Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Es war sinnlos, ihm weiterhin zu widersprechen, denn sie war sich sicher, dass er die Wahrheit sagte. Nur warum konnte sie sich nicht darüber freuen? Shikamaru fasste ihr Schweigen als Aufforderung auf und setzte nach: „Keine Ahnung, wer dich auf diese blöde Idee gebracht hat, aber ich dachte du wüsstest, dass ich nur dich liebe und dir so was nie antun würde.“ Temari bekam daraufhin ein furchtbar schlechtes Gewissen. Natürlich hätte sie es besser wissen müssen. „Ja“ , flüsterte sie vor sich hin und setzte zögernd nach: „Aber warum bist du dann nicht gleich nach Hause gekommen?“ „Ich wollte mich bloß mit Chouji treffen.“ Nun klang auch er wieder deutlich ruhiger. „Du hast doch selbst gesagt, dass du damit einverstanden wärst, wenn er Pate wird.“ Diese Worte gaben ihr den Rest. Niedergeschlagen sank sie auf die Knie und senkte ihren Blick, während die ersten Tränen bereits ihre Sicht trübten. Warum in aller Welt war sie so dämlich gewesen und hatte geglaubt, dass er sie ernsthaft betrügen würde? Wie sollte sie ihr Verhalten jemals wieder gutmachen …? Shikamaru sah einen Moment unschlüssig zu ihr herab. Sie hatte sich wirklich einiges herausgenommen und er hatte jedes Recht, wütend auf sie zu sein. Doch er war es nicht. Er war vielmehr froh darüber, dass sich dieses dumme Missverständnis aufgeklärt hatte. Warum sollte er also in der Vergangenheit hängen bleiben und nachtragend sein? Noch immer etwas starr von der Kälte setzte er sich zu ihr, legte seine Arme um sie und zog sie zu sich heran. Temari erwiderte seine Umarmung sofort und so fest, als wollte sie sichergehen, dass sie das alles nicht nur träumte. „Es tut mir leid …“, schluchzte sie. Sanft fuhr er über ihre Haare. „Schon gut.“ „Überhaupt nichts ist gut!“, widersprach sie kopfschüttelnd. „Ich bin so dumm! Ich hätte es wirklich verdient, wenn du mich auf der Stelle verlassen würdest.“ „Sag doch nicht so was“, meinte er beruhigend. „Es muss schon sonst was passieren, bevor ich auch nur daran denken würde, das zu tun.“ „Aber …“ „Denk einfach nicht weiter drüber nach. Du hast es momentan schließlich auch nicht leicht.“ „Schon“, gab sie zu. „Aber so ist es doch auch nur, weil ich es mir selbst unnötig schwer mache. Wenn ich nicht die ganze Zeit darüber nachdenken müsste, dass irgendetwas –“ Sie brach ab. „Es ist doch ganz normal, dass du …“ Da sie sich plötzlich von ihm losmachte, hielt Shikamaru ebenfalls inne. Temari starrte etwas entgeistert vor sich hin. „Alles in Ordnung?“, forschte er nach. Sie schwieg noch einen Moment, um sicherzugehen, dass sie sich nicht getäuscht hatte und antwortete dann langsam: „Doch, jetzt schon.“ Als sie unmittelbar darauf seinen besorgten Blick bemerkte, fuhr sie lächelnd fort: „Das Baby hat mich gerade getreten.“ „Bist du dir sicher?“ Seine Freundin antwortete nicht direkt, sondern hob ihr T-Shirt an, nahm seine Hand und legte sie anschließend auf ihren Bauch. Anfangs fühlte er nicht mehr als ihre weiche Haut, doch dann bemerkte er ein kleines Zucken. Zuerst dachte er, er hätte es sich nur eingebildet, aber eine weitere, noch etwas deutlichere Bewegung verdrängten diese Zweifel wieder. „Und?“, fragte sie. „Spürst du etwas?“ „Ja.“ Shikamaru nickte. „Ein bisschen.“ Temari seufzte erleichtert auf. „Wenn du es auch schon merkst, muss ich ja wirklich schrecklich unsensibel sein“, merkte sie belustigt an. „Darauf geb ich dir besser keine Antwort.“ Sie grinste und verkniff sich den Spruch, der ihr auf der Zunge lag. Nach dem Mist, den sie gebaut hatte, wollte sie nicht undankbar sein. Es kam ihr ohnehin wie ein Wunder vor, dass er ihr einfach so verziehen hatte und das wollte sie sich nicht gleich wieder verderben. „Wie geht es dir jetzt eigentlich?“, fragte sie nach einer kurzen Pause. „Draußen war es ja sicher nicht gerade gemütlich …“ „Ich denke, es geht schon.“ Weniger überzeugend setzte er nach: „Hoffe ich zumindest.“ Sie guckte daraufhin etwas beschämt drein. „Entschuldige.“ Er schüttelte den Kopf und drückte ihr einen Kuss auf. „Vergiss es. Es ist ja noch alles dran“, antwortete er schließlich. „Und falls nicht: Gut, dass du schon schwanger bist.“ Temari lächelte nur betreten. ════════════════════════════════════════════════════ Und somit wäre das Problem also geklärt. Ich hoffe doch schwer, dass die beiden zumindest einigermaßen In Character geblieben sind (Aber was ist bei einer FF mit dieser Thematik, die im Manga ja gar nicht behandelt wird, schon OoC?). Thanks for reading! :) Kapitel 15: Gute Argumente -------------------------- @ : Na, den Begriff „Friede-Freude-Eierkuchen“ verbitte ich mir doch in diesem Zusammenhang! :D Nach dem Thema hab ich übrigens ein wenig recherchiert und tatsächlich scheint es sehr unterschiedlich zu sein, wann die Bewegungen auch von außen gespürt werden können. Die Figur spielt natürlich auch eine gewisse Rolle und da an Temari ja wirklich nicht viel dran ist, ist die Wahrscheinlichkeit eines früheren Zeitpunkts höher als beispielsweise bei einer Frau, die deutlich mehr wiegt. @ : Ich glaube, Shikamaru traut man so einiges nicht zu. :D @ : Wär auch ziemlich fies von mir gewesen, wenn Temari wieder zurück nach Suna gegangen wäre. Aber eine so plötzliche dramatische Wendung hätte auch nicht gepasst (und Ideen-Recycling möchte ich auch nicht machen. Die Thematik hatte ich vor kurzem erst woanders). @ : Mensch, da weiß ich ja gar nicht, was ich dazu sagen soll, außer: Danke für die Blumen! :) @ : Bei Frauen glauben bestimmt erst die Ohren und Zehen dran. Bei Männern bin ich mir da nicht so sicher. :D @ alle Kommentatoren: Vielen Dank für euer großartiges Feedback! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 15: Gute Argumente „Vierzig Grad?!“ Empört musterte Ino das Fieberthermometer. „Was hast du gemacht? Bist du stundenlang durchs Gewitter spaziert oder was?“ Shikamaru zog sich die Bettdecke über den Kopf. Die helle Stimme seiner ehemaligen Teamkollegin, die furchtbar quietschig wurde, wenn sie sich aufregte, war wohl das Letzte, das er gerade gebrauchen konnte. Warum musste er nur von heute auf morgen plötzlich krank werden? Ach, was nahm man nicht alles in Kauf, um seine Beziehung zu retten … Na ja, ein paar Tage Fieber ertrug er doch mit Freuden, wenn Temari bloß nicht wieder auf dumme Gedanken kam … Ino packte die Decke, um sie ihm wegzuziehen, aber er krallte sich mit seiner letzten verbliebenen Kraft daran fest. „Jetzt stell dich nicht so an!“, wetterte sie deswegen los. „Ich will dich doch bloß kurz untersuchen.“ „Das brauchst du aber nicht“, protestierte er. „Ich hab nur eine Erkältung.“ „Nur?“, wiederholte sie. „Mit so hohem Fieber ist nicht zu spaßen!“ „Ja, ja“, entgegnete er desinteressiert. „Lass mich einfach in Ruhe und nerv nicht.“ „Frechheit!“, stieß sie entrüstet aus. „Ich wollte dir nur helfen, aber wenn du nicht willst …“ Ino wühlte in ihrer Tasche herum und holte einen Block heraus. „Da du anscheinend nicht kompromissbereit bist, werd ich dich nicht länger als drei Tage krankschreiben können“, fuhr sie fort. „Eigentlich kannst du sogar froh sein, dass ich das ohne richtige Untersuchung überhaupt mache.“ „War’s das jetzt endlich?“, beschwerte sich Shikamaru, dem inzwischen ordentlich der Kopf wehtat. Er wollte doch nichts weiter als ein bisschen Ruhe … Sie zischte daraufhin „Idiot!“, drehte sich um und ging zu Temari herüber, die sich über das Szenario sichtlich amüsierte. „Wie hältst du es mit dem nur schon so lange aus?“, fragte Ino sie flüsternd. „Ach, man gewöhnt sich an alles“, entgegnete sie. „Außerdem bin ich manchmal ja auch nicht leicht zu ertragen.“ „Ihr beide kennt eure Macken und liebt euch trotzdem noch. Wirklich beneidenswert.“ Ihre Freundin seufzte. „Ich könnte das wahrscheinlich nicht so einfach akzeptieren und hätte längst alles daran gesetzt, dass er sich ändert.“ „Ich hab’s versucht und bin kläglich gescheitert.“ „Und dann bist du trotzdem noch bei ihm?“ Temari grinste. „Bleibt mir jetzt denn noch etwas anderes übrig? Irgendjemand muss mich und das Kind schließlich durchfüttern, wenn es auf der Welt ist“, scherzte sie. Ino kicherte verhalten. „Apropos“, meinte sie anschließend. „Wie geht’s dir und dem Baby eigentlich?“ Diese Frage, die für sie bis vor zwei Tagen absolut nervig und unnötig gewesen war, beantwortete sie inzwischen nur zu gerne. „Dem Kleinen geht es großartig“, erwiderte sie strahlend. „Das heißt, sofern ich seine Bewegungen auch richtig interpretiere.“ „Dann spürst du es jetzt also?“ „Ja, seit vorgestern.“ Liebevoll strich sie über ihren Bauch. „Endlich“, setzte sie nach. „Es stand mir nämlich schon bis hier, die ganze Zeit deprimiert zu sein.“ „Das glaub ich dir gerne.“ Ino beugte sich nach vorne und stützte sich mit den Unterarmen auf der Sofalehne ab. „Wisst ihr eigentlich schon, was es wird?“, fragte sie neugierig nach. „Nein.“ Temari schüttelte den Kopf. „Der nächste Ultraschall ist leider erst in zweieinhalb Wochen.“ „Und was wäre dir lieber? Ein Junge oder ein Mädchen?“ Sie dachte einen Moment nach und antwortete schließlich: „Das ist mir nicht so wichtig, solange es gesund und wenigstens ein bisschen motivierter als sein Vater ist.“ Ino musste daraufhin lachen. „Das kann ich gut verstehen.“ Ihr Blick wanderte kurz zu einer Tüte Gummibären, die auf dem Tisch lag. „Möchtest du ein paar?“, fragte Temari höflichkeitshalber nach, obwohl sie sich die Antwort schon denken konnte. „Nein, danke“, entgegnete sie rasch. „Ich bin gerade auf Diät.“ „Aber das hast du doch gar nicht nötig.“ „Doch, ich hab mir in den letzten Monaten zwei Kilo angefuttert und die müssen bis zum Sommer dringend wieder runter.“ „Zwei Kilo?“, wiederholte sie. „Das ist doch gar nichts. Ich hab in derselben Zeit das Dreifache zugelegt.“ „Du bist ja auch schwanger“, argumentierte ihre Freundin. „Aber sag mal … Hast du gar keine Angst um deine Figur?“ „Nein, überhaupt nicht. Eigentlich bin ich sogar ganz froh, dass ich nicht die ganze Zeit darauf achten muss, was ich esse. Ich nehm ja so oder so zu.“ „Ich glaub, ich könnte das nicht so locker wie du sehen“, erwiderte Ino seufzend. „Ich käme mir dann sicher extrem unattraktiv vor.“ „Na, dann suchst du dir wohl am besten einen Freund, der keine Probleme damit hat, wenn du doch mal ein paar Pfunde mehr auf den Rippen haben solltest“, meinte Temari aufmunternd. „Gibt es solche Männer denn?“ „Bestimmt mehr als du denkst. Ich bin schließlich auch an so einen geraten.“ „Ach, tatsächlich?“ „Shikamaru meint sogar, dass ich ihm so besser gefalle und es ihn überhaupt nicht stören würde, wenn es noch mal ein paar Kilo mehr werden“, erklärte sie lächelnd. „Und du meinst nicht, dass er das nur aus Rücksicht zu dir gesagt hat?“ „Da er früher schon immer wollte, dass ich ein bisschen zunehme, denke ich mal nicht, dass das der Grund ist.“ Ino seufzte erneut. „Du hast es wirklich gut …“ Sie schaute flüchtig auf die Uhr. „Na ja, ich muss dann so langsam auch wieder. Ich bin kurz vor drei am Kino verabredet.“ „Mit wem gehst du denn hin?“ „Ach, nur mit Chouji. Ich hab ihm zum Geburtstag Freikarten geschenkt und die möchte er heute einlösen. Und da ich ohnehin nichts Besseres zu tun hab, hab ich zugesagt.“ „Wie nett“, merkte Temari schmunzelnd an. „Was guckt ihr denn?“ „Diese neue Komödie mit –“ Sie brach kurz ab. „Ich weiß gerade nicht, wie der Typ heißt, aber da ich ihn in dieser einen Comedy-Serie schon mochte, wird der Film wohl nicht so schlecht sein.“ „Na, dann viel Spaß!“ „Den wünsch ich dir auch“, gab Ino mit einem skeptischen Blick auf ihren ehemaligen Teamkollegen zurück. Dann zog sie einen Tablettenstreifen aus ihrer Tasche und reichte ihn ihr. „Wenn du ihm davon zweimal täglich eine gibst, dürfte das Fieber schnell wieder weg sein.“ Sie senkte ihre Stimme und flüsterte: „Und falls er so stur ist und sie nicht nehmen will, misch sie ihm einfach unters Essen. So wie ich ihn kenne kriegt er das eh nicht mit.“ Temari quittierte ihre Aussage mit einem amüsierten Grinsen und begleitete sie anschließend zur Tür. „Okay, wir sehen uns.“ Die Jüngere hob die Hand zum Abschied. „Lass dir von ihm bloß nicht zu sehr auf der Nase herumtanzen. Es wäre vielleicht auch besser, wenn du dich ein bisschen von ihm fernhalten würdest. Es ist zwar nur eine Erkältung, aber wer weiß, wo er sich die eingefangen hat.“ Ino zwinkerte ihr noch kurz zu und verschwand daraufhin blitzschnell an der Treppe. --- „Na, endlich …“, seufzte Shikamaru. „Ich dachte schon, sie geht gar nicht mehr.“ Temari runzelte die Stirn. „Sie war doch nur zwanzig Minuten hier“, merkte sie an. „Außerdem darfst du dank ihr bis Mittwoch zuhause bleiben.“ „Jeder andere Medic-Nin hätte mich die ganze Woche krankgeschrieben.“ „Also so krank bist du nun wirklich nicht“, legte sie fest. „Du willst doch bloß ein paar Tage mehr zum Faulenzen haben.“ „Gar nicht wahr“, widersprach er halbherzig. „Und selbst wenn es so wäre: Du gibst mir doch sowieso keine Gelegenheit dazu.“ „Ich verschlaf doch den halben Tag!“, protestierte sie. „Wenn du die Zeit auch mit Pennen verbringst, ist das deine eigene Schuld. Erzähl mir also nicht, dass du nicht genügend Freizeit hast.“ Er wollte gerade zu sprechen ansetzen, doch sie fuhr unbeirrt fort: „Warum hast du dir überhaupt die Mühe gemacht und vorgestern so lange gewartet, wenn ich dir doch immer nur auf die Nerven gehe?“ Nein, nicht schon wieder ... Ungläubig fasste sich Shikamaru an den Kopf. Damit hatte sich ihre gute Laune wohl so schnell erledigt, wie sie gekommen war … „So meinte ich das doch gar nicht!“, lenkte er ein. „Wenn ich –“ Der Anblick ihres Lächelns ließ ihn verstummen. „Es ist immer wieder herrlich, wenn du versuchst, dich zu erklären“, meinte Temari daraufhin. „Aber es zeigt wohl, dass dir tatsächlich irgendwas an mir liegen muss.“ Wortlos sah er sie an. „Außerdem braucht man momentan mehr, um mir die Stimmung zu vermiesen“, setzte sie nach. „Also vergiss, was ich eben gesagt hab und nehm deine Tablette.“ Sie wedelte auffordernd mit der Verpackung herum. „Und wofür soll die sein?“, fragte er ein wenig misstrauisch. „Gegen Unerträglichkeit“, witzelte sie. „Oder gegen Fieber. Ganz wie du willst.“ „Ich brauch sie aber wirklich nicht.“ Seine Freundin seufzte auf. „Benimm dich nicht wie ein kleines Kind“, sagte sie. „Es fehlt mir nämlich gerade noch, wenn ich in ein paar Monaten zwei von der Sorte hier hab.“ Shikamaru rührte sich nicht. „Du bist ja fast so schlimm wie Kankurou! Dem musste ich den Kram auch immer höchstpersönlich reinzwängen“, seufzte sie und setzte in einem völlig anderen Tonfall nach: „Also mach schon, sonst ereilt dich dasselbe Schicksal wie ihn. Und ich kann dir versprechen, dass das unschön wird.“ Sie knackte demonstrativ mit den Fingerknöcheln und grinste dreist. Da es sich ganz nach einer Drohung anhörte und er sich in seiner Vorstellung die gruseligsten Dinge ausmalte, gab er lieber nach. Rasch nahm er sich eine, spülte sie mit einen Glas Wasser herunter und verzog kurz das Gesicht. Warum musste Medizin nur immer so widerlich schmecken? „Na, es geht doch“, meinte Temari zufrieden. „Heute Abend gibt’s die Nächste.“ Empört blickte er sie an. „Das ist doch nicht dein Ernst …“ „Meine Güte, du hast vielleicht Probleme …“ Sie missbilligte seine Beschwerde mit einem Kopfschütteln und fuhr fort: „Hätte ich mich bei der Pille jedes Mal so angestellt, hätten wir jetzt schon mindestens drei Kinder an der Backe.“ „Die ist aber auch viel kleiner und schmeckt laut deiner eigenen Aussage nach gar nichts.“ „Dafür musste ich sie auch jeden Tag nehmen. Und wenn ich das drei Jahre lang durchgehalten hab, wirst du es doch wohl mal schaffen, dir ein paar von diesen hier runterzuwürgen.“ Er setzte zu einer Antwort an, aber das Läuten der Türklingel kam ihm glücklicherweise zuvor. Seine Ausgangsposition in diesem Gespräch war ohnehin nicht die Beste gewesen … Temari schenkte ihm noch ein flüchtiges Siegerlächeln und ging dann in den Flur, um den nächsten potenziellen Gast in Empfang zu nehmen. Shikamaru sank zurück ins Kissen und seufzte leise, als er die Stimme der Person erkannte. Er überlegte kurz, ob er tun sollte, als würde er schlafen, doch da seine Mutter momentan ohnehin nicht mit ihm redete, war die Aktion wohl überflüssig. Er schloss die Augen und verfolgte die Unterhaltung der beiden, bis Yoshino plötzlich unerwartet an sein Bett gestürmt kam. Heute blieb ihm wohl auch gar nichts erspart … „Wie geht es dir?“, fragte sie besorgt. Ihr Sohn starrte sie nur sprachlos an, woraufhin sich ihre Miene noch weiter verfinsterte. Sie machte ihm ganz den Eindruck, als wäre sie wieder einmal einem Wutanfall nahe. Und noch mehr Vorwürfe musste er sich von ihrer Seite wirklich nicht anhören. Shikamaru ignorierte ihre Frage und drehte ihr den Rücken zu. Sollte sie sich doch einen anderen Doofen suchen und dem ihre Moralpredigten halten. „Ich weiß, du bist sauer auf mich und hast auch allen Grund dazu“, hörte er sie sagen. „Aber mehr als entschuldigen kann ich mich nun einmal nicht.“ Na, das fällt dir aber früh ein, dachte er, sprach es allerdings nicht aus. So eine billige Erkenntnis reichte jedenfalls nicht aus, um ihn zum Reden zu bringen. Nein, wenn sie meinte, dass es sich damit getan hatte und alles wieder Friede-Freude-Eierkuchen wie in ihren Soaps war, hatte sie sich geschnitten. Da er nicht reagierte, fuhr sie fort: „Es tut mir ehrlich leid, was ich da gesagt habe, das musst du mir glauben …“ Tse, glauben musste er ihr schon mal überhaupt nichts. Wahrscheinlich hatte sie bloß Angst, dass man ihr ihren Enkel vorenthalten würde oder Ähnliches, was ohnehin völlig schwachsinnig war. Shikamaru antwortete ihr weiterhin nicht und so startete die Frau einen Monolog, der völlig unerwartet alles andere als vorwurfsvoll war. „Weißt du, es kommt mir immer noch vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass du als Genin die Akademie verlassen hast“, erzählte sie weiter. „Und heute bist du plötzlich erwachsen und wirst selbst Vater.“ Yoshino legte eine kurze Pause ein. „Ja, ich bin unfair zu dir gewesen, aber mir als Mutter fällt es eben nicht leicht, dich einfach so von jetzt auf gleich gehen zu lassen. Das musst du auch verstehen.“ Sie wartete eine Reaktion ab, doch da diese ausblieb, setzte sie nach: „Ich erwarte auch nicht von dir, dass du mir sofort verzeihst, aber denk bitte einfach mal darüber nach.“ --- „Soll ich vielleicht mal mit ihm reden?“, bot sich Temari kurz darauf an. „Ich glaube nicht, dass das was bringen würde.“ Yoshino schüttelte den Kopf. „Ich hab mein Möglichstes getan. Wenn er jetzt immer noch meint, wütend auf mich sein zu müssen, kann ich es auch nicht ändern.“ Diese Worte hatten für Temari schon einen faden Beigeschmack. Schließlich war sie mehr oder weniger der Grund für diese Auseinandersetzung … Sie verdrängte diesen Gedanken und meinte stattdessen: „Entschuldigung auch noch wegen vorgestern. Ich war wohl nicht besonders gut drauf.“ Die Frau winkte ab. „Ich kann dich ja verstehen. Wäre Shikamaru damals nicht so aktiv gewesen, hätte ich mir sicher auch Sorgen gemacht.“ „Ach, war er das?“ „Ja, er hat mich teilweise nachts ganz schön wach gehalten“, erzählte Yoshino lächelnd. „Ich hab deswegen schon befürchtet, dass er ein ganz schlimmer Bengel wird, aber nach der Geburt stellte sich dann heraus, dass er doch recht pflegeleicht ist.“ Temari schmunzelte. Wenn man dieses Schema auf ihr Kind übertragen konnte, hatte sie wohl bald einen kleinen Satansbraten im Haus. Na ja, zumindest würde ihr dann nicht langweilig werden. Und wenn es danach ging, konnte es gar nicht schnell genug auf die Welt kommen … „Ich nehme mal an, dass sich inzwischen etwas getan hat?!“, unterbrach die Frau schließlich das Schweigen. „Ja“, meinte sie zufrieden. „Es ist zwar nicht so, dass ich das Baby ununterbrochen spüre, aber wenn ich alle paar Stunden die eine oder andere sanfte Bewegung merke, bin ich glücklich.“ „Das ist doch schön“, entgegnete Yoshino mit einem Lächeln. „Aber warte erst einmal ab, was in einem Monat sein wird. Dann wird es sich noch viel häufiger und kräftiger bemerkbar machen.“ Sie lächelte ebenfalls. „Na, das hoffe ich doch.“ --- Seufzend setzte Temari sich eine halbe Stunde später aufs Bett. „Findest du nicht, dass du ein bisschen hart zu ihr bist?“ Shikamaru, der noch immer auf der Seite lag, wandte sich zu ihr um. „Meinst du?“ „Sie hat sich doch immerhin entschuldigt.“ „Und weiter?“ „Nichts weiter.“ Sie legte sich zu ihm und begann, ihren Bauch zu streicheln. „Ich kann sie jedenfalls gut verstehen. Wenn ich in zwanzig Jahren als Mutter in ihrer Situation stecken würde, hätte ich sicher genau solche Bedenken wie sie.“ Er musterte seine Freundin ungläubig. „Hat sie dich einer Gehirnwäsche unterzogen oder warum setzt du dich auf einmal so für sie ein?“ „Na ja, ich bin schließlich Schuld daran, dass euer Verhältnis momentan so angespannt ist.“ „So ein Schwachsinn“, widersprach er sofort. „Du hast damit überhaupt nichts zu tun.“ „Ach, nein?“ Temari schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Würde ich kein Kind von dir bekommen, hättet ihr euch nie gestritten.“ „Und wenn schon … Es war höchste Zeit, ihr mal deutlich zu machen, dass sie sich nicht alles erlauben kann.“ „Von mir aus“ meinte sie. „Aber das hast du jetzt und ich finde, dass es für dich Zeit wird, das Ganze abzuhaken und ihr zu verzeihen. Du hast doch schließlich auch nichts davon, wenn du den Rest deines Lebens wütend auf sie bist und sie ignorierst.“ „Doch“, verbesserte Shikamaru sie. „Ruhe.“ Okay, wenn er weiterhin so stur blieb, musste sie eben andere Geschütze auffahren … „Das glaubst auch nur du. Ich werd dir nämlich keine ruhige Minute lassen, bis du dich wieder mit ihr vertragen hast.“ Sie grinste einen Moment überlegen und fuhr dann fort: „Erklär mir außerdem bitte mal, was ich unserem Kind sagen soll, wenn es fragt, warum du nicht mit seiner Oma redest.“ Er sah sie nur sprachlos an. „Ich wusste, dass du darauf keine Antwort hast“, merkte Temari an. „Du weißt nämlich genauso gut wie ich, dass es lächerlich ist. Nebenbei bemerkt würdest du auch nicht gerade ein gutes Vorbild für das Kleine abgeben, wenn du ihm solche Werte vermittelst.“ Shikamaru seufzte. Da sie mit Letzterem einfach Recht hatte, musste er gar nicht über das, was sie gesagt hatte, nachdenken. „Du hast wohl für alles ein gutes Argument …“, gab er nach. „Nur, weil dir meist kein Besseres einfällt“, schloss sie lächelnd. ════════════════════════════════════════════════════ An den Szenen mit Ino hatte ich schreibtechnisch den meisten Spaß. Es ist doch immer wieder herrlich, wenn sie ihrem ehemaligen Teamkollegen mal so gehörig auf die Nerven geht. :D Apropos: Shikamaru kommt in den Dialogen zwar so gar nicht erkältet rüber, aber ich fand es unangebracht, in jedem zweiten Satz ›er nieste‹, ›er schniefte‹ oder ähnliches zu schreiben und damit permanent zu betonen, wie krank er doch ist. Stellt ihn euch einfach verschnupft vor, dann passt das schon. :) Kapitel 16: Liebe ist der beste Koch ------------------------------------ @ : Mist, ich hab gehofft, dass Nachfragen zu Gaara und Kankurou erst später kommen … Aber um die Frage zu beantworten: Das wird noch dauern. Aber ihren verdienten Auftritt werden sie definitiv bekommen. :) @ : Jup, auch wenn es bekannt ist, dass unsere männlichen Artgenossen gerne mal übertreiben, wenn sie krank sind. :D @ : Klingt nach der klassischen Rollenverteilung – nur eben umgekehrt! @ : Na, mal schauen, ob du dich über dieses Kapitel auch so gut amüsieren kannst. @ : Was euch erwartet? Ich würde mal sagen, eine Thematik, die schon lange überfällig ist. ;D @ alle konstruktiven Kommentatoren: Danke, danke, danke! =) Dann viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 16: Liebe ist der beste Koch Temari sah auf die Uhr. „Hast du eigentlich gar keinen Hunger?“ Shikamaru schüttelte nur den Kopf. „Aber irgendwas musst du doch essen.“ „Ich hatte doch schon die Tablette.“ „Die macht einen ja auch so satt“, merkte sie ironisch an. „Weißt du was? Ich koche einfach irgendwas.“ „Sicher?“, entgegnete er skeptisch. „Wegen mir brauchst du das jedenfalls nicht tun.“ „Doch. Ich hab schließlich einiges wieder gutzumachen“, widersprach sie. „Oder hast du etwa Angst, dass ich dich vergifte?“ „Nein“, sagte er wahrheitsgemäß. „Aber ich weiß, dass dir Kochen keinen Spaß macht.“ „Darum geht es gar nicht. Irgendwann muss ich es lernen. Wir können uns ja nicht ständig von deiner Mutter bekochen lassen oder uns von Fertigzeugs ernähren.“ „Also, ich hab nichts gegen Tütensuppen.“ „Du hast ja auch keine Ahnung“, legte sie fest. „Ansonsten wüsstest du, dass Selbstgemachtes einfach besser schmeckt. Außerdem möchte ich unserem Kind später nicht so einen ungesunden Kram auftischen.“ „Ich glaube nicht, dass versalztes Essen unbedingt besser ist.“ „Mensch, du scheinst ja wirklich Vertrauen in mich zu haben …“ „Ich sag’s nicht gerne, aber wir wissen beide, dass du weder Ahnung noch Talent zum Kochen hast.“ Temari sprang abrupt auf, murmelte ein „Du wirst ja sehen“ und verschwand in Richtung Küche. Shikamaru sah ihr noch einen Moment nach. Tja, wenn sie nach der Äußerung ernsthaft versuchen würde, ihn zu vergiften, brauchte er sich wirklich nicht wundern … --- Unschlüssig stand sie vor dem Kühlschrank. Genug Möglichkeiten hatte sie, aber was sollte sie machen? Auf Anhieb fielen ihr eine Handvoll Gerichte ein, die in der Zubereitung ziemlich einfach waren, sodass sie eigentlich nichts falsch machen konnte. Andererseits hatte sie ihm alle schon einmal vorgesetzt und sie wollte ihm unbedingt beweisen, dass er sich in ihren Fähigkeiten geirrt hatte. Sie seufzte schwer. Mist, warum hatte sie bloß die Klappe so weit aufgerissen … Sie schlug die Tür vorerst wieder zu und schnappte sich das Kochbuch, das Yoshino dagelassen hatte. Da er in seinem Zustand ohnehin nicht allzu viel hinunterbekommen würde, blieb sie bei dem Kapitel mit den Suppen hängen. Das Rezept für Ramen klang zwar verlockend, aber dann hätte sie sich genauso gut auch etwas von Ichiraku’s liefern lassen können. Obwohl … Das war doch die Idee! Wenn es ihr gelang, sich unbemerkt nach draußen zu schleichen und eine Portion – Ach, so ein Schwachsinn! Selbst wenn sie es schaffte zu entkommen: Shikamaru war doch nicht so blöd und würde ihr ernsthaft abkaufen, dass sie die Nudelsuppe selbst gemacht hatte … Aber wenn sie noch ein paar unpassende Kräuter und Gewürze untermischte, um Teuchis Kochkünste zu verschleiern? Ha, das war die Lösung! Temari war schon drauf und dran, sich aus der Wohnung zu stehlen, besann sich dann aber wieder eines Besseren. So eine dämliche Show konnte sie doch nicht abziehen. Genau, eigentlich sollte sie sich schämen, dass sie überhaupt an so etwas dachte. Sie hatte den Mund zu voll genommen und musste es nun ausbaden. Faule Kompromisse galten nicht! Missmutig setzte sie sich zurück an den Küchentisch und studierte die Zutaten für eine absolut simple Gemüsesuppe. Wenn sie die nicht hinbekam, konnte man sie wirklich als talentfrei und unfähig bezeichnen … Sie ging erneut an den Kühlschrank und holte die aufgelisteten Gemüsesorten heraus. Ein Blick auf eine mitleiderregende Aubergine ließ sie einen Moment überlegen, ob sie vielleicht ein wenig improvisieren sollte, doch diesen Einfall verwarf sie schnell wieder. Mit ihrer Begabung, auch das leichteste Gericht zu versauen, hielt sie sich besser streng an das Rezept. Sie wollte Shikamaru schließlich nicht seine Henkersmahlzeit servieren, sondern noch ein paar Jahre etwas von seiner Gesellschaft haben. Und ein Kind erzog sich zu zweit bekanntlich ja auch besser als allein … Temari griff die Aubergine und beförderte sie in den Müll. Dann schnappte sie sich ein Bund Karotten, Frühlingszwiebeln und das, was noch so alles in eine Suppe gehörte und trug es hinüber zur Spüle, um es zu waschen. Als sie das geschafft hatte, suchte sie sich eine Schüssel, in die sie das kleingeschnittene Gemüse hineintun konnte und machte sich an den unangenehmen Teil ihrer selbsterlegten Aufgabe. Kritisch musterte sie die erste Karotte. Musste sie geschält werden oder konnte man die Schale – oder wie man das Äußere davon auch immer nannte – dranlassen? Sie hatte keinen Schimmer, aber sicher war wohl sicher. Sie schnappte sich ein Messer und entfernte zuerst das Grünzeug und anschließend die Oberfläche. Schon nach kurzer Zeit ging ihr das überraschend gut von der Hand. Sie putze eine Möhre nach der anderen und als sie die Letzte fast geschafft hatte, passierte es: Sie rutschte ab und schnitt sich in den Daumen. Temari fluchte leise auf und betrachtete die Wunde, aus der bereits die ersten Tropfen Blut quollen und geradewegs auf das Brett tröpfelten. Sie griff nach einem Stück Küchenpapier, wickelte es um ihren Finger, um einer größere Schweinerei zu verhindern und machte sich dann auf die Suche nach einem Pflaster. Nachdem sie das in der hintersten Ecke einer Schublade gefunden und ihre Verletzung versorgt hatte, fuhr sie mit ihrem wohl kläglichsten Kochversuch – so kam es ihr zumindest vor – fort. Zwei weitere Unglücke später konnte sie das Küchenmesser glücklicherweise aus ihrer Reichweite verbannen. Sie setzte einen Topf mit Wasser auf, las die Beschreibung, die auf der Verpackung der Gemüsebrühe stand und tat die angegebene Menge und das kleingeschnittene Gemüse hinzu. Erleichtert atmete sie auf. Jetzt konnte eigentlich nichts mehr schief gehen … --- Shikamaru starrte an die Decke und versuchte sich vorzustellen, wie Temari sich bei ihrem Vorhaben anstellte. Da es in der Küche verdächtig ruhig war, lief entweder alles glatt oder sie hatte sich doch heimlich aus dem Staub gemacht, um irgendetwas Fertiges zu holen. Okay, seine Hoffnung lief schon in Richtung Letzteres, aber er wusste es genauso zu schätzen, wenn sie sich selbst mal die Mühe machte und etwas kochte – Auch wenn ihre Resultate meist eher fragwürdig waren und dementsprechend schmeckten. Der Gedanke zählte ja schließlich und gestorben war er an ihrem Essen auch noch nicht. Na ja, er konnte nur hoffen, dass das in Zukunft so blieb … --- Relativ zufrieden rührte sie die Suppe noch einmal um und probierte sie. Das Gemüse war optimal gekocht, doch irgendwie war das Ganze geschmacklich ein wenig zu fad. Also schüttete sie noch etwas Brühpulver hinterher. Als das nichts brachte, zückte sie das Salz. Ein bisschen kann nicht schaden, dachte sie, aber die angerissene Packung machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Bevor sie reagieren konnte, war die Hälfte des Inhalts in ihrer Suppe gelandet. Ungläubig beobachtete Temari, wie sich das Salz binnen weniger Sekunden in der Flüssigkeit auflöste. Sie biss sich verärgert auf die Unterlippe. Warum denn ausgerechnet jetzt, wo sie es fast geschafft hatte? Na ja, vielleicht war ja doch noch etwas zu retten … Angestrengt dachte sie nach. Womit konnte man das Zeug ausgleichen? Sie griff nach dem Zucker, kippte eine großzügige Menge in den Topf, verrührte es und kostete erneut davon. Jetzt war ihr Gebräu zwar nicht mehr salzig, dafür aber zu süß. Um den Geschmack zu neutralisieren, mischte sie wieder Salz hinzu, doch das erhoffte Resultat blieb aus und das genaue Gegenteil stellte sich ein: Das Gemüse war nur noch zu erahnen und der Rest schmeckte nach … Ja, wonach genau eigentlich? Versalztes Zuckerwasser oder eher überzuckertes Salzwasser? In einem letzten verzweifelten Versuch schnappte sie sich eine Gewürzmischung und vermengte es mit dem, was einmal ihr Essen gewesen war. Die anschließende Probe bestätigte das, was sie befürchtet hatte: Sie hatte es wieder einmal versaut! Wütend stellte sie den Herd aus, warf sich auf den nächsten Stuhl und ließ ihren Kopf hart auf die Tischplatte fallen. Wie konnte etwas innerhalb weniger Minuten in eine solche Katastrophe ausarten? Warum passierte das immer nur ihr? Und Shikamaru hatte nun natürlich auch seine Bestätigung. Ach, wie sie sich schon auf seinen Ich-hab’s-dir-ja-gesagt!-Blick freute. So eine verdammte Scheiße aber auch … --- „Alles okay?“ Shikamaru war von dem dumpfen Schlag angelockt worden. Temari antwortete ihm nicht, starrte weiter abwesend vor sich hin und murmelte schließlich: „Ich bin echt nicht zu gebrauchen …“ „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ Plötzlich saß sie wieder kerzengerade am Tisch und blickte ihren Freund mit steinerner Miene an. „Als ob du dir das nicht denken kannst“, meinte sie etwas bissig und deutete mit einer ausladenden Geste in Richtung Herd. Er zuckte daraufhin mit den Schultern. „Du hast es immerhin versucht.“ „Ja, wie schon so oft“, entgegnete sie tonlos. „Vielleicht sollte ich endlich einsehen, dass ich als Hausfrau einfach nicht geeignet bin …“ Sie seufzte schwer. „Genau, meine Bestimmung ist es, irgendwann auf dem Schlachtfeld den Löffel abzugeben und nicht die, eine Familie zu gründen und zu Hause zu bleiben.“ „So ein Quatsch. Nur weil“ – er suchte kurz nach der passenden Formulierung – „deine Talente woanders liegen, ist das noch lange kein Weltuntergang.“ „Wie nett du meine Unfähigkeit auch umschreibst“, merkte sie sarkastisch an. „Du kannst ruhig sagen, dass ich im Kochen eine Vollniete bin.“ Shikamaru schwieg allerdings. Seufzend sank Temari auf ihrem Stuhl zurück und ließ den Kopf hängen. „Tiefkühlpizza, Dosensuppen, Fertig-Curry“, flüsterte sie deprimiert vor sich hin. „O Gott, das Baby tut mir jetzt schon leid. Obwohl …“ Ihr Ton sprang schlagartig wieder um. „Ich weiß was! Wie wär’s, wenn du nach der Geburt hier bleibst und dich um das Kind kümmerst und ich an deiner Stelle die Finanzen eintreibe?“ Er sah sie daraufhin erst einmal stumm an. Meinte sie das tatsächlich ernst oder war dieser Einfall wieder nur ein Resultat ihrer Stimmungsschwankungen? Momentan konnte man das bei ihr nie so genau wissen … „Was soll das bringen, wenn ich auch nicht kochen kann?“, fragte er letztendlich nach. „Fertigzeug bleibt Fertigzeug, egal, wer zu Hause bleibt.“ „Na ja, im Gegensatz zu mir ist bei dir in puncto Kochen noch nicht alles verloren …“, argumentierte sie. „Also, was hältst du von meinem Vorschlag?“ Zwar lag sie damit vielleicht nicht so falsch, aber Shikamaru konnte sich nur schwer vorstellen, dass es das war, was sie wirklich wollte. Wahrscheinlich handelte es sich ohnehin nur um eine panische Kurzschlussreaktion und morgen dachte sie schon wieder ganz anders darüber. Ja, das musste es sein … Das Beste war es also, wenn er es erst einmal abnickte und sah, wie sie reagierte. Er seufzte. „Wenn du das unbedingt so willst, bleibt mir ja gar nichts anderes übrig …“ Temaris Begeisterung verschwand – ganz wie er erwartet hatte – jäh. „Das ist es eben“, meinte sie dann. „Ich will’s ja überhaupt nicht. Ich möchte mich um das Kleine kümmern und – wenn es sein muss – von seinem Geschrei in den Wahnsinn getrieben werden.“ Sie legte ihre Hand auf ihren Bauch und lächelte. „Außerdem muss ich dich nicht dran erinnern, dass du keine Brüste hast, die Milch geben.“ Shikamaru musterte sie anschließend skeptisch und schüttelte dann den Kopf. Nein, das musste sie wirklich nicht … Ihre plötzlichen Stimmungswechsel waren trotzdem schon auf gewisse Weise gruselig. Aber seit sie schwanger war, war sie sowieso zeitweise ein bisschen verrückt. Also warum wunderte er sich überhaupt noch darüber? „So, und jetzt leg dich wieder hin, sonst wirst du nie gesund.“ Sie stand von ihrem Platz auf und schob ihn ein Stückchen vor sich her. „Und was ist mit meinem Essen?“ Temari stockte. Das hatte sie ganz vergessen – oder in Anbetracht der Katastrophe, die sie veranstaltet hatte – verdrängt. Sie seufzte. „Ich geh eben zu Ichiraku’s und hol dir eine Portion Ramen, wenn es dir Recht ist …“ ════════════════════════════════════════════════════ Tja, der Titel dieses Kapitels ist in diesem Fall wohl eher ironisch zu nehmen. Aber wie Shikamaru es doch so schön ausgedrückt hat: Der Gedanke zählt! Beim Schreiben hatte ich unglaublich viel Spaß. Herrlich, wenn man einen Charakter mal vorsätzlich ins Fettnäpfchen treten lassen kann, ohne dass es einem völlig untypisch vorkommt. :D Kapitel 17: Verrücktheiten -------------------------- @ : Es ist tatsächlich noch kein Meister von Himmel gefallen, aber es gibt sicher für jeden ein Gebiet, in dem er maßlos verloren ist. :D @ : Nee, Gurken nicht, aber eine „würdige“ Vertretung wird es dafür noch geben. ;) @ : Ha, das wäre doch mal ’ne Idee für eine Kurzgeschichte! :D @ : Wenn man einen Freund hat, der kochen kann, einen aber regelmäßig mit heranzieht, bringt das leider auch nicht viel. :D @ all: Dankeschön für eure Kommentare! :) and Especially thanks to: Dein Monster-Review hat mich wirklich sprachlos gemacht! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 17: Verrücktheiten Zehn Minuten später erreichte sie das Dorfzentrum und betrat in der Hoffnung, dass eine gewisse blonde Nervensäge nicht anwesend war, die Ramen-Bude. Ganz entgegen ihrer Erwartung war sie die einzige Kundin. „Einen wunderschönen guten Abend!“, wurde sie strahlend von Teuchi begrüßt. „Dich hab ich hier lange nicht –“ Er brach einen Moment ab und fragte dann. „Seh ich richtig oder hab ich schon etwas mit den Augen?“ Temari folgte seinem Blick und lächelte. „Nein, sie sind völlig in Ordnung.“ „Tatsächlich ein Baby!“, meinte der Mann begeistert. „Dafür ist die nächste Portion gratis.“ „Danke, aber das ist wirklich nicht nötig“, erwiderte sie schnell. „Das Essen ist ja noch nicht einmal für mich.“ „Egal.“ Er schüttelte den Kopf. „Heute nehm ich kein Geld von dir an. Also welche Sorte darf es sein?“ „Welche hilft denn am besten gegen eine Erkältung?“ Teuchi lachte. „Wie wäre es mit Hühnchen?“ „Hört sich gut an“, stimmte sie zu. Temari setzte sich, während er die Ramen zubereitete. „Wie war eigentlich Ayames Hochzeit?“, fragte sie beiläufig. „Großartig!“, entgegnete er mit leuchtenden Augen. „Sie hat so schön in ihrem Kleid ausgesehen. Ach, ich bin so stolz auf sie …“ Selig grinste er vor sich hin. „Wenn sie mir jetzt noch meinen ersten Enkel schenken würde, wäre ich wohl der glücklichste Mann im ganzen Feuerreich.“ Temari schmunzelte. Mit ihm als Vater hatte Ayame definitiv ein Glückslos gezogen. Wenn sie da an ihren eigenen dachte, konnte sie sie wirklich nur beneiden … Aber wenigstens würde ihr Kind es besser als sie selbst haben. Und das war es ja, was zählte. „… und bei der Feier haben wir so viel gelacht – Ach, was rede ich hier die ganze Zeit von mir?! Erzähl du doch lieber etwas.“ Teuchi wandte sich an seine Kundin. „Was wird es denn?“ „Na ja, mehr, als dass es ein Mensch wird, weiß ich bisher auch nicht“, scherzte sie. Der Mann musste daraufhin herzhaft lachen. „Ein Mensch!“, wiederholte er amüsiert. „Dann kann ja nicht mehr viel schief gehen.“ Er füllte die Ramen in einen wasserdichten Behälter ab, packte diesen für den Transport in eine Plastiktüte und reichte sie über den Tresen. Temari nahm sie entgegen, war von dem Gewicht allerdings etwas irritiert. „Das sind aber zwei –“ Teuchis Kopfschütteln ließ sie verstummen. „Ess.“ Er zwinkerte ihr zu. „Kinder sind unsere Zukunft und deins muss schließlich noch ein ganzes Stück wachsen, bevor es geboren wird.“ „Na, wenn das so ist …“, gab sie nach. „Aber nächstes Mal bezahle ich wieder.“ Sie hob zum Abschied die Hand und verließ Ichiraku’s. --- Misstrauisch warf Shikamaru einen Blick in den Kochtopf. So schlecht sah Temaris aktueller Kochversuch zwar nicht aus, aber wenn sie der Meinung war, dass es mal wieder daneben gegangen war, zweifelte er nicht daran. Und wenn er es doch mal probierte? So schlimm konnte es ja nicht sein … „Hast du Todessehnsucht oder so?“ Er hielt in der Bewegung inne und wandte sich zu seiner Freundin um. „Nein.“ „Dann lass die Finger davon. Da ist nämlich eine gefühlte Tonne Salz und Zucker drin“, entgegnete sie und packte die Ramen aus. „Warum rennst du hier überhaupt herum? So geht dein Fieber ja nie weg.“ „Wenn ich noch länger krank bin, kann ich noch mehr Zeit mit dir verbringen“, argumentierte er rasch. Temari grinste. „Du bist auch wirklich um keine Ausrede verlegen.“ Anschließend verteilte sie die Nudelsuppe auf zwei Schüsseln und schob ihm eine davon zu. „Brauchst du für die Suppe einen Löffel?“, fragte sie nach. Shikamaru schüttelte den Kopf. „So krank bin ich dann doch noch nicht.“ „Na, dann kannst du dir ja in etwa vorstellen, wie ich mich manchmal fühle.“ Sie setzte sich zu ihm an den Tisch. „Nervig, wenn plötzlich fast alle so tun, als wäre man todkrank und einen deswegen anders behandeln.“ Er brach seine Essstäbchen auseinander und seufzte. „Sei doch froh, dass die Leute so nett zu dir sind.“ „Es geht mir aber ums Prinzip. Sie sind ja nicht so nett, weil ich es bin, sondern weil sie denken, dass sie zu Schwangeren so sein müssen.“ „Es wäre dir also lieber, wenn alle unfreundlich zu dir sind?!“ „Nein, aber ich kann solche Sonderbehandlungen einfach nicht – Ach, vergiss es. Du verstehst es ja doch nicht.“ Shikamaru zog es vor zu schweigen und widmete sich seinem Essen. Etwas merkwürdig war sie immer irgendwie gewesen – wie alle Frauen eben –, doch wenn er so an früher zurückdachte … Ja, im Vergleich zu heute hätte er sie da noch als harmlos bezeichnen können. Fast schon erschreckend, was eine schwangerschaftsbedingte Hormonumstellung aus einer sonst emanzipierten Frau machen konnte … Andererseits war sie dafür auch um einiges gelassener geworden. Natürlich regte sie sich hauptsächlich aus Rücksicht auf das Baby nicht mehr so schnell auf, aber da es gleichzeitig auch noch positive Auswirkungen auf das Zusammenleben hatte, wollte er sich wirklich nicht beschweren. Wenn es nach ihm ging, konnte sie für immer so bleiben. Na ja, fünf Monate blieben ihm ja noch, bevor sie sich womöglich in die Spezies der gestressten und leicht gereizten Mütter einreihte. Etwas weniger als ein halbes Jahr … Das hörte sich zwar nach einer relativ langen Zeit an, doch wahrscheinlich vergingen die Wochen bis dahin im Flug. Eine kleine Schonfrist hatte er also noch, bis der Ernst des Lebens so richtig begann … „Träumst du?“ Temaris Stimme holte ihn in die Realität zurück. „Wenn du so weiter machst, ist dein Essen gleich kalt.“ „Ja“, murmelte Shikamaru perplex und fischte rasch nach einem Stück Hühnchen, auf dem er sodann etwas lustlos herumkaute. Hunger hatte er immer noch nicht, aber da sie extra losgegangen war, um ihm etwas zu essen zu holen, wollte er es nur ungern stehen lassen. Als er nach einer Ewigkeit – so kam es ihm zumindest vor – nicht einmal annähernd die Hälfte der Portion geschafft hatte, schob er die Schale von sich. Temari räumte sie weg und legte dann demonstrativ die nächste Tablette vor ihm auf den Tisch, die er zu ihrer Verwunderung ohne zu murren einnahm. Anschließend befühlte sie kurz seine Stirn. Das Fieber war – wenn überhaupt – nur unwesentlich gesunken. Sie wusste ja, dass er sich gelegentlich gerne mal einen freien Tag erschummelte, indem er sich kranker stellte, als er in Wirklichkeit war, doch diesmal schien das ausnahmsweise mal nicht so zu sein. „Geht’s dir schon besser?“, fragte sie. „Na ja, besser wär wohl zu viel gesagt“, entgegnete Shikamaru nur. Seine Freundin seufzte. „Und das alles nur, weil ich so dämlich war …“ „Vergiss den Quatsch doch endlich. Es ist ja nichts weiter passiert.“ „Du hättest trotzdem nicht so lange draußen warten sollen.“ „Und damit riskieren, dass du noch mehr Unsinn in die Sache interpretierst und noch wütender wirst?“, gab er zurück. „Selbst wenn ich jetzt mit ’ner Lungenentzündung im Krankenhaus liegen würde: Das wäre es mir wert gewesen.“ Temari lächelte. „Du spinnst wirklich.“ „Tja …“, sagte er. „Das muss wohl Liebe sein.“ „Oder du bist einfach nur verrückt“, ergänzte sie scherzhaft. „Jetzt aber zurück ins Bett mit dir.“ Da er sich im Moment ohnehin nichts Besseres vorstellen konnte, verschwand er widerspruchslos im Flur. --- Nachdem sie rasch das wenige Geschirr abgewaschen hatte, machte sie noch einen kleinen Abstecher ins Bad und folgte ihm dann. „Willst du etwa schon schlafen gehen?“, fragte er in Anbetracht der Tatsache, dass sie sich Nachtzeug angezogen hatte. „Ja, ich merke schon, dass ich keinen Mittagsschlaf hatte …“ Sie gähnte kurz und wiederholte belustigt: „Mittagsschlaf … Ich hätte nie gedacht, dass ich so was mal brauchen würde.“ Liebevoll strich sie über ihren Bauch und setzte sich anschließend. Shikamaru rückte schnell ein Stück in Richtung Fenster, um ihr Platz zu machen. „Soll ich vielleicht auf die Couch gehen?“ Temari legte sich zu ihm und winkte ab. „Ach, was“, erwiderte sie. „So wie du heute schon herumgeschnieft und deine Bazillen verteilt hast, würde das sowieso nicht viel bringen.“ „Und was, wenn du dich ansteckst?“ „Auch nicht so schlimm. So ’ne kleine Erkältung bringt das Baby und mich schon nicht um.“ „Und das sagt wer?“ „Wahrscheinlich alle Ärzte, die es gibt“, meinte sie beruhigend. „Und aus Zucker bin ich auch noch nicht“, ergänzte sie augenzwinkernd. Nicht so wie mein Gebräu von heute Nachmittag, setzte sie gedanklich nach. „Wenn du das sagst …“ So ganz überzeugt war er nicht. Sie musste daraufhin lachen. „Du denkst einfach viel zu viel darüber nach.“ „Was das betrifft, hast du dich bis vorgestern aber auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert.“ „Na ja, bis dahin war es ja auch irgendwie angebracht, oder?“ „In gewissem Maße schon“, gab er zu. „Aber du hast trotzdem maßlos übertrieben.“ „Du übertreibst gerade aber genauso.“ „Berechtigterweise.“ „Wohl eher unnötigerweise“, verbesserte Temari ihn. Shikamaru seufzte. „Schon gut, ich sag ja nichts mehr. Du magst ja schließlich keine Sonderbehandlungen.“ „Ja, von den anderen nicht, aber da du an dieser Sache hier beteiligt bist, darfst du dir auch ab und zu ein bisschen Sorgen machen.“ „Jetzt auf einmal doch?“ „Ich sagte ja: Wenn du es nicht übertreibst.“ „Und was –“, fing er an, brach jedoch ab. „Ach, lassen wir das. Deine Logik versteh ich sowieso nicht.“ Sie grinste nur, drehte sich leicht auf die Seite, sodass es halbwegs bequem war, und deckte sich anschließend zu. „Dann gute Nacht“, murmelte sie. „Ja, mal sehen …“, erwiderte er, da er noch überhaupt nicht müde war. Temari lugte aus einem Auge zu ihm herüber. „Ich wüsste, wie ich es innerhalb weniger Sekunden hinbekommen würde, dass du einschläfst.“ „Und wie?“ „Ganz einfach: Ich zieh dir meinen Fächer über den Hinterkopf und dann wachst du bestimmt nicht mehr so schnell auf.“ Ihr gespielt ernster Ton schwang in Belustigung um. „Hey, warum bin ich darauf eigentlich noch nicht eher gekommen?“ „Weil du einen gesunden Menschenverstand besitzt?!“ Shikamaru klang eher zweifelhaft. „Wie überzeugend“, merkte sie ironisch an. „Was soll ich sagen, wenn du momentan“ – er suchte nach dem passenden Wort – „ein bisschen durchgeknallt bist?“ Diese Formulierung brachte sie zum Lachen, was seine Annahme für ihn nur noch verstärkte. „Genau das meinte ich“, sagte er. „Früher hättest du so eine Äußerung nämlich nicht so witzig gefunden.“ Sie zuckte beiläufig mit den Schultern. „Ja, aber warum soll ich mich großartig aufregen, wenn du Recht hast?“ Er schwieg einen Augenblick und fragte schließlich: „Warum kannst du eigentlich nicht immer so sein?“ Temari lächelte. „Weil schwanger zum Glück kein Dauerzustand ist.“ ════════════════════════════════════════════════════ Der Titel ist wirklich nicht gerade kreativ, aber mir ist partout nichts Besseres eingefallen. Und besser als es unbenannt zu lassen ist es auf alle Fälle. Die Szene mit Teuchi gefällt mir dieses Mal besonders. So liebenswürdige Nebencharaktere wie ihn bringt man doch gerne ein. :) Kapitel 18: Prüfungsvorbereitungen ---------------------------------- @ : Nein, die „Vertretung“ kommt erst in Kapitel 20. Wobei ich persönlich die Konstellation alles andere als eklig finde. :D @ : Ich schätze mal, Naruto ist nach einer dreistündigen Sitzung auf dem Klo eingeschlafen, weil er mal wieder schlechte Milch getrunken hat. ;D Ach ja, du hast mich mal wieder zum Schmunzeln gebracht (bei den Drabbles inbegriffen). Manchmal darf es also gerne auch Schwachsinn sein. :) @ : Hoffentlich kannst du mit Genma auch was anfangen. Ja, die Coolness hat einen Namen! :D @ all: Feedback ahoi! Fühlt euch herzlich von mir gedrückt! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 18: Prüfungsvorbereitungen „Was hältst du von diesem Kleid? Sieht doch gut aus, oder?“ Temari seufzte innerlich. Seit einer geschlagenen Dreiviertelstunde wälzte sie eher unfreiwillig zusammen mit Yoshino Kataloge für Umstandsmode durch und hatte es immer noch nicht geschafft, ihre Euphorie auf irgendeine Weise zu bremsen. Sogar ganz im Gegenteil: Jede unmotivierte Antwort, die sie gab, schien die Frau nur noch mehr anzustacheln. Tja, wer auch immer behauptet hatte, dass Schwiegermütter anstrengend und nervig waren, der hatte zweifellos Recht gehabt … Gelangweilt warf Temari einen Blick auf das besagte Kleidungsstück. Das knallbunte Pink der Abbildung tat allein schon beim Hinsehen weh und der Schnitt war ebenfalls überhaupt nicht ihr Fall. Derjenige, der den guten Geschmack erfunden hatte, hatte davon definitiv nichts an Yoshino abgegeben … „Was meinst du?“, hakte diese noch einmal nach Die Mutter ihres ersten Enkels rang sich ein „Nein, lass mal“ ab und linste hoffnungsvoll auf die Uhr. Erst halb eins … Warum in aller Welt fand die nächste Besprechung für die anstehende Chuunin-Auswahlprüfung erst in zweieinhalb Stunden statt? Ach, das Leben musste sie einfach irgendwie hassen. Ansonsten hätte es ihr nicht so eine Schwiegermutter aufgehalst … Yoshino schürzte die Lippen. „Du bist aber auch ein schwieriger Kunde …“ Sie blätterte weiter. „Früher hatten Schwangere lange nicht so eine Auswahl und sie mussten das nehmen, was es gab – egal, wie bescheuert es aussah.“ Temari quittierte ihren Kommentar mit einem genervten Augenrollen, das sie glücklicherweise nicht bemerkte. Wenn ihr etwas auf den Keks ging, waren es Leute, die plötzlich alte Geschichten wie ›Früher war alles soundso‹ auspackten. Den Atem für ein passendes Kontra sparte sie sich aber trotzdem. Es brachte ja ohnehin nichts. Nur einen Moment später hielt Yoshino abermals inne. „Und was ist hiermit?“ Sie betrachtete das Kleid flüchtig. „Besser“, meinte sie anschließend und die Frau atmete schon auf, als sie nachsetzte: „Das heißt, wenn diese grausigen Rüschenbesätze nicht wären. So was hab ich als kleines Mädchen schon nicht gemocht.“ Das Jubeln ihrer Gesprächspartnerin ging in abruptes Schweigen über. Temari vermied es, zu ihr herüberzusehen und starrte lieber an die Zimmerlampe. Nebenbei lauschte sie dem gelegentlichen Rascheln der Katalogseiten, bis sie völlig unerwartet ein „Okay, ich geb es auf“ hörte. Unvermittelt klappte Yoshino das Heft zu und legte es auf den Tisch zu den anderen. „Hast du gehört? Du hast gewonnen!“, setzte sie noch überflüssigerweise nach. Ungläubig wandte sie sich zu ihr um. Träumte sie gerade oder war sie doch vor Langeweile gestorben und im Himmel gelandet? Sie kniff sich kurz in den Unterarm und stellte fest, dass sie noch immer wach und quietschlebendig war. Endlich hatte jemand ein Einsehen mit ihr … „Gewonnen?“, wiederholte Temari sie mit bemühter Fassung und Unschuldsmiene. „Aber ich hab doch gar nichts gemacht.“ Ihr Gegenüber runzelte die Stirn. „Meinst du, ich hab nicht bemerkt, dass dich das hier überhaupt nicht interessiert?“ Sie zuckte nichtssagend mit den Schultern, was der Frau einen weiteren Seufzer entlockte. „Immer dieser jugendliche Leichtsinn“, schimpfte sie los. „Ihr jungen Leute denkt auch überhaupt nicht über die Zukunft nach!“ Okay, jetzt war es also wieder so weit: Yoshinos berühmt-berüchtigten Fünf Minuten, in denen sie alles und jeden infrage stellte, waren angebrochen. „Was haben Klamotten bitte mit der Zukunft zu tun?“, fragte Temari diplomatisch nach. „Darf ich nicht selbst entscheiden, was ich anziehen möchte und was nicht?“ „Sicherlich“, stieß sie mit unnatürlich hoher Piepsstimme aus. „Aber du bist fast im sechsten Monat schwanger! Da musst du dir doch mal so langsam Gedanken darüber machen, wie du dich in ein paar Wochen kleiden willst. Du kannst doch nicht wie ein Penner in ausgewaschenen XXL-T-Shirts auf die Straße gehen.“ Natürlich kann ich das, dachte sie insgeheim, sprach es jedoch nicht aus, um das Konfliktpotenzial nicht noch zusätzlich in die Höhe zu treiben. Stattdessen sagte sie: „Das hab ich auch nicht vor, aber warum soll ich mich verrückt machen, wenn mir meine Sachen momentan noch ganz gut passen?“ Damit hatte sie genau die falsche Antwort gegeben. „Siehst du, du gibst es sogar zu: Momentan sitzt alles noch da, wo es soll. Ich geb dir Brief und Siegel darauf, dass du spätestens in vier Wochen was Neues brauchst und dann stehst du dumm da, weil du nichts Passendes findest.“ Temari war versucht, ihr für diese Äußerung einen Vogel zu zeigen. So einen Schwachsinn hatte sie von ihr lange nicht mehr gehört … „Mach dir darüber mal keine Sorgen. Irgendwas werd ich schon finden, das mich nicht wie ein obdachloser Junkie aussehen lässt.“ Ihr provokanter Unterton war ihr wohl bewusst, doch das war ihr gerade irgendwie egal. „Außerdem wächst das Baby nicht zwanzig Zentimeter auf einmal, sodass mir von jetzt auf gleich gar nichts mehr passt.“ „Schön.“ Yoshino verzog angesäuert das Gesicht, stand auf und fauchte missgelaunt: „Da du meine Hilfe ja anscheinend nicht brauchst, kann ich mir die Mühe auch sparen und gehen.“ Sie stapfte zum Flur herüber, blieb im Türrahmen aber kurz stehen, als würde sie hoffen, dass ihre Schwiegertochter in spe doch noch zur Besinnung kam. Temari blickte sie zuerst allerdings nur mit einem schiefen Lächeln an, konnte der Versuchung, die Frau gänzlich zur Weißglut zu treiben, letztendlich aber doch nicht widerstehen. „Okay“, meinte sie mit übertrieben guter Laune. „Auf Wiedersehen!“ Diese Worte verfehlten ihre Wirkung tatsächlich nicht. Wutschnaubend hechtete Yoshino zur Wohnungstür, stürmte nach draußen und knallte sie hinter sich zu. Erleichtert atmete Temari auf. Nach dieser Aktion hatte sie definitiv erstmal ein paar Tage Ruhe … Sie streckte sich auf der Couch aus und begann ihren Bauch zu streicheln. Mit einem ironischen Grinsen auf den Lippen sagte sie: „Deine Oma hat manchmal wirklich einen Knall.“ Als sie daraufhin eine besonders starke Bewegung spürte, musste sie schmunzeln. „Schön, dass du mir Recht gibst“, setzte sie lachend nach. --- Eine Stunde später saß sie in einem Büro und ging noch einmal die organisatorischen Dinge durch, für die sie zuständig war. Gedanklich hakte sie die erledigten Aufgaben ab und blieb schließlich kurz an der Liste mit den vorgesehenen Unterkünften hängen. Das normalerweise größte Problem war diesmal aufgrund der geringen Teilnehmerzahl ausnahmsweise keins gewesen. Gerade mal hundertvierzehn Genin hatten sich zur Prüfung angemeldet und davon stellte Konoha allein mit einundfünfzig schon fast die Hälfte, sodass lediglich der Rest irgendwo untergebracht werden musste. Und dieser wurde ohnehin nach dem schriftlichen Teil und dem Wald des Todes noch ordentlich dezimiert. Entspannt lehnte sie sich zurück. Bis jetzt hatte sie ihren Teil der Planung immer pünktlich bis zum Beginn des Examens geschafft, aber völlig stressfrei ganze fünf Tage vorher war sie noch nie mit allem fertig gewesen. Tja, es geschahen also doch Zeichen und Wunder. Oder so ähnlich. Anschließend blätterte Temari die Profile der Teilnehmer aus ihrer Heimat durch. Mit nur sieben Teams – wovon vier sozusagen Wiederholungstäter waren, die schon an der letzten Prüfung teilgenommen hatten – war die Ausbeute des Ninja-Nachwuchses dieses Jahr besonders mager ausgefallen. Einerseits konnte sie ja verstehen, dass die Jounin, die als Sensei fungierten, ihre Schützlinge nicht zu schnell einer Gefahr aussetzen wollten und sie erstmal mit leichten C- und D-Missionen Erfahrungen sammeln konnten. Wenn sie dann allerdings daran dachte, dass der letzte große Krieg noch nicht einmal drei Jahre her war, hatte sie nicht mehr ganz so viel Verständnis dafür. Zwar war es so friedlich wie jetzt dank des Bündnisses der fünf großen Shinobi-Mächte nie zuvor gewesen, aber keiner konnte genau sagen, ob nicht irgendwo im Verborgenen der nächste Irre seine Welteroberungspläne schmiedete. Okay, der Großteil der Bijuu war eliminiert worden, sodass eine Katastrophe wie Uchiha Madara sie beschworen hatte äußerst unwahrscheinlich war, doch auch in Friedenszeiten konnte man nicht vorsichtig genug sein. Es hatte sich schon zu oft bestätigt, dass der Freund von heute der Feind von morgen sein konnte. Das hatte ihr auch Baki-sensei immer wieder eingeprägt. Gedanklich schüttelte sie den Kopf. So eine negative Denkweise war vor der Chuunin-Prüfung völlig fehl am Platz. Obwohl … Was würde es für sie bedeuten, wenn Kaze-no-kuni und Hi-no-kuni doch mal wieder aneinander gerieten? Auch wenn sie sich nun für Konoha entschieden hatte, hieß das noch lange nicht, dass sie sich gegen ihre Heimat stellen würde. Nein, sie war keine Verräterin. Sunagakure hatte sie schließlich nicht verlassen, weil es sich dort schlecht lebte, sondern da es für das Baby das Beste war. Aber war es das überhaupt? Nachdenklich kaute sie auf dem Ende ihres Kugelschreibers herum. Warum hatte sie eigentlich nie versucht Shikamaru zu überreden, dass er zu ihr nach Suna zog? Und warum kam ihr diese Möglichkeit erst jetzt in den Sinn? Ha, das war ja mal richtig schön blöd von ihr gewesen … Mit einem amüsierten Grinsen auf den Lippen widmete sie sich wieder dem Ordner, der vor ihr lag, und betrachtete die Fotos der Genin. Alle Gesichter kamen ihr bekannt vor. Die Älteren von vorherigen Prüfungen, die Jüngeren aus der Zeit, an der sie selbst an der Akademie unterrichtet hatte. Auf der letzten Seite hielt sie etwas länger inne. Als Mitglied des Prüfungsausschusses musste sie im Grunde genommen neutral bleiben, aber diese Gruppe lag ihr trotzdem etwas mehr am Herzen als die anderen. Sie schmunzelte. Drei Monate als Aushilfs-Sensei zogen eben doch nicht spurlos an einem vorbei … Sie stand auf, ging zum geöffneten Fenster herüber und ließ ihren Blick nach unten in den Hof des Gebäudes schweifen. Mitarashi Anko, die diesmal ausnahmsweise überpünktlich zu sein schien, saß im Schatten und gönnte sich – wie konnte es auch anders sein? – eine großzügige Portion Dango. Kotetsu und Izumo wiederum lümmelten sich im Gras und ließen sich ihre Butterbrote schmecken und an der Straße machte Morino Ibiki ein paar Kinder, die lauthals herumgebrüllt und ihn beinahe umgerannt hätten, zur Schnecke. Temari fühlte sich beim Anblick dieser Leute schon ein bisschen seltsam. Jahrelang hatte sie mit ihnen – mit dem einen mehr, dem anderen weniger – zu tun gehabt, aber der Gedanke, dass dies die letzte Chuunin-Prüfung mit ihrer Beteiligung war, wirkte doch noch ein wenig befremdlich auf sie. Sie fragte sich ohnehin, wen Gaara wohl als ihre Nachfolge bestimmen würde. Auf Anhieb fiel ihr auch niemand ein, der geeignet – nein, dumm genug – war, um diese undankbare Aufgabe freiwillig anzunehmen. Hätte sie selbst damals gewusst, dass das Ganze so stressig und in so viele schlaflose Nächte ausarten würde, hätte sie sich unter Garantie niemals von ihrem Bruder dazu breitschlagen lassen. Na ja, Letzteres stand ihr in Kürze sowieso wieder bevor, aber wenn sie ihren Schlaf schon opfern musste, dann lieber für ihr Kind und nicht für einen Haufen Zettel. Ja, mit diesem Papierkram konnte sich zukünftig ein anderer herumschlagen. Und diese Person beneidete sie mit Sicherheit nicht. Es klopfte an der Tür. Sie drehte sich um, lehnte sich an die Fensterbank und sagte: „Ja, bitte?!“ Kurz darauf betrat Shiranui Genma den Raum. „Man hat nach mir verlangt?“, fragte er gut gelaunt. Ein Senbon blitzte dabei zwischen seinen Zähnen hervor. Temari begrüßte ihn und meinte: „Gut, dass du kommst. Aber setz dich doch erstmal.“ Der Jounin ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen und musterte sie einen Moment lang. „Bevor es ums Geschäftliche geht: Was ist das eigentlich?“ Sie warf ihm daraufhin einen fragenden Blick zu, bis ihr letztendlich doch ein Licht aufging. „Ach, das meinst du“, erwiderte sie beiläufig. „Ich dachte, das hätte sich inzwischen herumgesprochen.“ Sie setzte sich ebenfalls und platzierte ihre Hand auf ihrem Bauch. „Anscheinend wohl doch nicht. Aber mir erzählt man ja auch nichts“, merkte Genma grinsend an. „Deshalb warst du wohl auch bei den letzten beiden Besprechungen nicht anwesend.“ „Ja, ich trete diesmal ein bisschen kürzer“, antwortete sie mit einem Lächeln, bevor sie schwungvoll zu ihrem Anliegen überleitete: „Womit wir gleich beim Thema wären. Ich hätte nämlich eine ziemlich große Bitte an dich.“ Ihr Gegenüber hob überrascht die Augenbrauen. „Okay“, sagte er langsam. „Dann schieß mal los.“ Temari sah flüchtig in ihren Ordner und begann: „Nun ja, es geht um die Genin aus Sunagakure – oder besser gesagt: um diejenigen, die nach dem Wald des Todes noch übrig sind.“ Da Genma vorerst schwieg, fuhr sie fort: „Aber bevor ich hier groß rumquatsche: Du bist doch nicht als Schiedsrichter vorgesehen, oder?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, um die Endrunde kümmert sich diesmal Raidou. Und die Vorausscheidungskämpfe – das heißt, falls es überhaupt zu ihnen kommt – leitet Iwashi“, erklärte er. „Mit anderen Worten also: Ich hätte nicht so viel zu tun. Das wolltest du doch wissen?!“ „Du hast mich durchschaut“, entgegnete sie lächelnd. „Doch um auf den Punkt zu kommen: Es geht um das Training derer, die das Finale erreichen. Die letzten Jahre hab ich das immer übernommen, aber du kannst dir ja vorstellen, warum ich diesmal lieber darauf verzichten würde.“ „Selbstverständlich.“ Er legte eine kurze Pause ein und sprach dann weiter: „Du möchtest also, dass ich ein Auge auf die Genin werfe.“ „Nur wenn es dir nichts ausmacht und du auch Lust darauf hast“, lenkte sie ein. „Die hätte ich schon. Ein paar Anfänger trainieren ist auf jeden Fall mal was anderes“, meinte Genma rasch. „Ich frag mich nur, wie du gerade auf mich gekommen bist.“ Temari deutete ein Schulterzucken an und sagte: „Na ja, ich kenne dich inzwischen ganz gut und denke, dass du als Autoritätsperson sicher mit ihnen zurechtkommen würdest.“ Der Jounin musste grinsen. „Du weißt wirklich, was ein zielstrebiger Shinobi wie ich hören möchte“, erwiderte er. „Okay, ich mach’s.“ „Wunderbar“, meinte sie begeistert. „Ich hätte wirklich nicht gewusst, wer sonst dafür infrage gekommen wäre.“ Anschließend schob sie ihren Ordner in die Mitte des Tisches, damit er sich zumindest einen Eindruck über seine möglichen Schüler machen konnte. Er überflog nebenbei das erste Profil. „Wenn es nach dem Kennen-Faktor geht, wäre Shikamaru doch geeigneter für diese Aufgabe gewesen, oder?“ Sie lachte. „Das schon, aber bei seiner Motivation würde er den Genin eher beibringen, wie man stundenlang sinnlos in den Himmel starrt, anstatt mit ihnen zu trainieren“, scherzte sie. „Aber mal im Ernst: Ich glaube, mit mir hat er schon genug zu tun.“ „Ich dachte, der theoretische Kram ist größtenteils erledigt“, murmelte Genma beiläufig. „Welche Arbeit hat man euch denn aufgebrummt?“ Temari war von seiner Frage zuerst ein wenig irritiert. Es gab also doch noch ein paar Unwissende … „Ich schätze mal die des Elternwerdens“, antwortete sie schließlich gelassen. Sofort sah er auf. „Also dann seid ihr beide …?“ Sie nickte. „Wusstest du das etwa nicht?“ „Nein, aber wenn ich recht darüber nachdenke, hätte ich auch von selbst drauf kommen können.“ Fragend hob sie eine Augenbraue. „War es denn so offensichtlich?“ „Wenn man – nicht so wie ich – eins und eins zusammenrechnen kann, bestimmt.“ „Na, das will dann ja nicht viel heißen“, entgegnete sie belustigt. „Nun gut, lassen wir das.“ Ihr Blick wanderte wieder auf den Hefter. „Wenn du hierzu irgendwelche Fragen hast, frag.“ Genma blätterte ein paar Seiten weiter und sagte: „Ja, du könntest mir was über die Gruppen der Neulinge erzählen.“ Temari betrachtete die erste Abbildung. An die Drei konnte sie sich nur zu gut erinnern. „Ah, die Chaoten-Truppe“, stieß sie aus. „Auf der Akademie war der eine vorlauter als der andere. Ich weiß nicht, wie es jetzt ist, aber mit den Dreien als Schüler kannst du dich schon mal warm anziehen.“ „Sind sie echt so schlimm?“ „Na, was heißt schon schlimm?“, entgegnete sie schulterzuckend. „So würde ich sie wirklich nicht bezeichnen, aber von den Anfänger-Teams sind sie mit Sicherheit das Schwierigste.“ Der Jounin schwieg. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? „Jetzt mach nicht so ein Gesicht“, meinte sie aufmunternd. „Es hört sich schlimmer an, als es in Wirklichkeit ist. Ich bezweifle ohnehin, dass alle in die Endrunde kommen. Und falls doch, kann ich notfalls immer noch Baki-sensei bitten, sich um sie zu kümmern.“ „Beruhigend …“, nuschelte Genma in einem Anflug Galgenhumor vor sich hin. „Gibt es sonst noch was, das ich über sie wissen sollte?“ „Nein, ansonsten sind sie ziemlich umgänglich, wenn du sie einmal unter Kontrolle hast.“ Seufzend quittierte er ihre Aussage und schlug das Profil des nächsten Teams auf. „Das Zicken-Duo und Asahi“, fing sie zu erzählen an. „Die beiden Mädchen haben sich in der Pause ständig gestritten, nur um zehn Minuten später wieder die besten Freunde zu sein. Im Unterricht waren sie eher unauffällig, aber im Umgang mit Kunai und Shuriken waren beide richtig gut – im Gegensatz zu ihrem Teamkollegen, der mehr der Theoretiker war.“ „Und wie sind sie charakterlich so drauf?“ „Asahi ist etwas ruhiger und Akina und Misaki sind wie zwei Mädchen im pubertierenden Alter eben: Ein bisschen zickig und eigen, aber im Grunde doch nett – solange man kein Elternteil von ihnen ist.“ Genma runzelte bei der Vorstellung die Stirn. „Und bei den Aussichten bekommst du freiwillig ein Kind?“ Temari musste lachen. „Ich hab ja noch eine fünfzigprozentige Chance, dass es ein Junge wird.“ „Ansonsten spreche ich dir im Voraus schon mal mein herzliches Beileid aus.“ „Ich glaube nicht, dass ich das brauche, aber trotzdem danke.“ Sie grinste. Er erwiderte ihre Miene und sagte: „Ganz wie du meinst.“ Anschließend nahm der Jounin die letzte Gruppe in Augenschein. „Honou Shuiro, Suisei Koniro und Hisui Midori“, las er vor. „Ich bin ganz …“ Er unterbrach sich selbst und setzte nach: „Warum strahlst du auf einmal so?“ „Ach“, entgegnete sie und winkte ab. „Die Drei sind einfach nur großartig.“ „Weil sie im Gegensatz zu den anderen pflegeleicht sind?“, nahm er scherzhaft an. „Das vielleicht nicht, aber ich durfte letztes Jahr drei Monate lang ihren Sensei spielen.“ „Was haben sie denn mit ihrem richtigen angestellt?“ „Der hatte einen Nervenzusammenbruch“, meinte sie knapp. Genma blickte seine Gesprächspartnerin skeptisch an. „Also ist das hier ein Haufen Satansbraten oder wie darf ich das verstehen?“ „Nein, nein“, verbesserte sie sich. „Der Mann hatte private Probleme und hat dem Druck nicht mehr standgehalten. Deswegen hat er eine Auszeit genommen und ich bin in der Zeit für ihn eingesprungen.“ Er atmete auf. „Und ich dachte schon … Wenn man das so hört und gleichzeitig an euer Auftreten vor sieben Jahren zurückdenkt, kann man leicht den Eindruck bekommen, dass bei euch in Sunagakure nur irre Freaks herumlaufen.“ „Bescheuerter als ihr sind wir auf keinen Fall“, legte Temari lachend fest. „Wie auch immer. Möchtest du irgendwas über ihre Fähigkeiten wissen?“ Da er zustimmend nickte, begann sie: „Koniro ist ein typischer Nahkämpfer. Er ist überdurchschnittlich schnell und kann sehr gut mit allen möglichen Waffen umgehen. Shuiro hingegen ist besser auf mittlere bis ferne Distanz, beherrscht ein paar nützliche Doton-Jutsu und ist der Denker der Truppe. Und Midori ist im Gebiet des Genjutsu und Suiton äußerst bewandert.“ „Suiton?“, wiederholte Genma. „Das Beherrschen dieses Elements stell ich mir in ihrem Alter ziemlich schwierig vor. Vor allem an einem Ort wie die Wüste, in der es ohnehin schon weniger Wasser gibt.“ „Na ja, es ist nicht so, dass sie – um es mal im Jugend-Jargon auszudrücken – die krassesten Techniken drauf hat, aber sie ist talentiert“, sagte sie. „Den Mizu-Bunshin zum Beispiel beherrscht sie schon recht gut.“ „Bei den Fähigkeiten wundert es mich nicht, dass ihr Ninja aus Sunagakure so einen berüchtigten Ruf habt“, meinte er beeindruckt. „Bei uns gibt es zwar hin und wieder auch Talente, aber im Gegensatz zu eurer Quote ist unsere ein Witz.“ „Das liegt zum größten Teil daran, dass bei uns die Spreu früh vom Weizen getrennt wird und die Methoden andere sind“, gab Temari ernst zurück. „Eine Akademie nach eurem Vorbild wurde bei uns schließlich erst vor ein paar Jahren gegründet. Davor haben sich meist die Eltern um die Ausbildung ihrer Kinder gekümmert und manche Trainingsweisen waren alles andere als vorbildlich. Von daher hält sich meine Begeisterung über unser Image eher in Grenzen.“ Genma überlegte, was er darauf antworten sollte, doch sie kam ihm zum Glück zuvor. „Jetzt hab ich mich aber ganz schön verquatscht“, sagte sie in einem Tonfall, der wieder viel fröhlicher klang. Sie zog dem perplexen Jounin den Ordner regelrecht unter der Nase weg und setzte lächelnd nach: „Die Besprechung fängt gleich an.“ Fast schon panisch sprang er von seinem Platz auf, nur um daraufhin festzustellen, dass er doch noch eine Viertelstunde Zeit hatte. Schweigend stand er einen Moment da. Er wollte nicht unhöflich sein und einfach gehen, genauso wenig wollte er allerdings zur Konferenz zu spät kommen. „Und wie verbleiben wir nun?“, fragte er anschließend. „Ich würde mal sagen, dass wir den Rest bereden, wenn feststeht, wer überhaupt in die Endrunde gekommen ist“, entgegnete sie. „Das macht wohl Sinn“, meinte Genma schmunzelnd und wandte sich zum Gehen. „Wir sehen uns dann gleich.“ Temari, die wieder in die Übersicht der Genin vertieft war, hob die Hand zu einem stillen Gruß. Wenige Sekunden, nachdem er den Raum verlassen hatte, ging die Tür abermals. Diesmal war es Shikamaru. „Brauchst du noch lange?“, fragte er etwas ungeduldig. Sie schüttelte den Kopf. „Du hättest aber nicht die ganze Zeit draußen warten müssen. Genma und ich haben nämlich nichts zu verbergen.“ Er überhörte ihre sowieso nicht ernstgemeinte Äußerung großzügig und meinte eher gelangweilt: „Hab ich irgendeine spannende Geschichte verpasst?“ „Sei bloß nicht so freundlich“, meinte sie etwas bissig. „Entschuldige, aber dieser Tag ist bisher einfach …“ „Na, das kann man ja ganz leicht ändern.“ Sie räumte den Papierkram beiseite, setzte sich auf den Tisch und lächelte eindeutig. Ungläubig sah er sie an. „Hier? Spinnst du?“ „Warum?“, lautete ihre Gegenfrage. „Es ist niemand sonst da, wir haben noch zehn Minuten Zeit und es bringt dich mit Sicherheit auf andere Gedanken. Könnte ich auch vertragen, nachdem mir deine Mutter heute schon psychische Gewalt angetan hat.“ „Womit hat sie dich denn diesmal zugequatscht?“ „Mit rosa Rüschen und blauen Schleifchen. Oder anders gesagt: Sie wollte mir die grässlichsten Kleider aufschwatzen“, erzählte Temari. „Wenn du nachher den Wohnzimmertisch siehst, weißt du, was ich meine. Apropos Tisch: Es sind nur noch neun Minuten. Also jetzt oder nie.“ „Wenn du mich schon so fragst …“, fing Shikamaru an. „Hier niemals!“ „Schade.“ Sie tat enttäuscht. „Hab ich dir schon mal gesagt, dass du überhaupt nicht spontan bist?“ Er zuckte mit den Schultern. „Du sagst doch immer, dass man Berufliches und Privates trennen soll.“ „Was bei uns beiden ja auch so wunderbar geklappt hat, wie man sieht“, merkte sie belustigt an. „Ja“, sagte er. „Glücklicherweise.“ ════════════════════════════════════════════════════ Das hier ist bisher mein absolutes Lieblingskapitel (wie man an der Länge wohl auch erkennen kann). Jeder Dialog – egal ob nun mit Yoshino, Genma (von dem es einfach viel zu wenig Gutes zu lesen gibt) oder Shikamaru – hat mir einen Heidenspaß gemacht. Ich hoffe doch sehr, dass dieses „Gefühl“ euch zumindest im Ansatz erreicht hat. :) Kapitel 19: Gewissenskonflikte ------------------------------ @ : Na, worauf du dich verlassen kannst. :D @ : Genma wird natürlich nicht der letzte Nebencharakter gewesen sein. ;) @ : Ach, sind Temaris Launen noch nicht schlimm genug? :D @ alle Kommentatoren: Dankeschön für eure Meinungsbekundungen! :) Dass es letzte Woche kein Kapitel gab, war eher unfreiwillig, aber meine Arbeitszeiten sind mir so richtig schön in die Quere gekommen. Es kann allerdings sein, dass ihr euch demnächst an zweiwöchige Updates gewöhnen musst, da ich leider nicht mehr so viele Kapitel in der Hinterhand habe und wegen oben genanntem Grund mit dem Schreiben nicht mehr hinterher komme. :/ ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 19: Gewissenskonflikte Etwas benommen starrte Shikamaru vor sich hin und gähnte. Von der zweieinhalbstündigen Besprechung fühlte er sich regelrecht erschlagen. Tja, das kam eben davon, wenn man die ganze Zeit über nur dem meist belanglosen Geschwafel anderer zuhören musste … „Jetzt lass dich mal nicht so gehen“, hörte er Temari sagen. Zuerst antwortete er ihr lediglich mit einem Seufzer, sagte dann aber: „Du hattest im Gegensatz zu mir wenigstens was zu tun und hast dich nicht fast zu Tode gelangweilt.“ „Na, irgendjemand musste beim Abschlussgespräch schließlich Suna vertreten.“ „Aus Takigakure war doch auch niemand da“, warf er ein. „Ich versteh sowieso nicht, warum alles immer wieder besprochen werden muss, wenn es doch jedes Mal derselbe Kram ist.“ Sie seufzte. „Vielleicht, weil nicht jedes Mal dieselben Leute an der Planung beteiligt sind?“ Er verstand sofort, dass es keine Frage, sondern vielmehr eine Feststellung von ihr gewesen war. Und eine gewisse Logik ließ sich leider auch nicht verschweigen. „Dieses Gequatsche ist doch nur zweimal im Jahr. Sooft wirst du das wohl überleben“, fuhr sie fort, bevor er überhaupt etwas erwidern konnte. „Und ein Kind wird in den seltensten Fällen in weniger als drei Stunden geboren; vor allem, wenn es das Erste ist.“ „Das ist jetzt aber ein schwachsinniger Vergleich“, legte er fest. „Ach, du weißt doch genau, was ich damit meine. Im Krankenhaus“ – allein der Gedanke daran trieb ihr schon einen leichten Schauer über den Rücken – „wirst du noch viel länger warten müssen.“ „Mit anderen Worten also: Du willst mich nicht dabeihaben“, sprach Shikamaru seine Interpretation laut aus. „Nein, so meinte ich das natürlich nicht“, verbesserte Temari sich schnell. „Zu moralischer Unterstützung sag ich in der Situation bestimmt nicht Nein. Das heißt, solange du den Anblick von übermäßig viel Blut verträgst.“ „Würde ich das nicht, hätte ich den Beruf verfehlt“, erwiderte er nur. Sie musste lachen. --- „Müssen wir jetzt eigentlich schon unbedingt nach Hause?“, fragte sie kurz darauf, nachdem sie spontan vor einer Grünfläche stehen geblieben war. Ihr Freund, der es sich gedanklich bereits im Bett gemütlich gemacht hatte und ins Reich der Träume abgedriftet war, wurde unsanft in die Realität zurückgeholt. Zuerst murmelte er etwas Unverständliches und gab dann zurück: „Kommt ganz drauf an, was du vorhast.“ Sie setzte sich daraufhin ins Gras. „Rumgammeln“, erwiderte sie und fuhr mit einem breiten Lächeln fort: „Ist doch in deinem Sinne, oder?“ Er antwortete nicht und ließ sich neben sie fallen. Solange er ein bisschen schlafen konnte, war ihm so gut wie alles recht. Erwartungsgemäß, dass diese Art Zeitvertreib wie immer wortkarg ablief, schloss er die Augen. Temari beobachtete still, wie das Laub der Kastanie, in deren Schatten sie lagen, von einer sanften Brise hin und her gewogen wurde. Sie atmete tief ein. Genau das war unter anderem eins der ausschlaggebenden Argumente gewesen, warum sie sich letztendlich doch für Konoha entschieden hatte. Klar, eine Wüstengegend hatte auch was für sich, aber dem schönen Klima der Wälder im Inneren von Hi-no-kuni hatte ihre Heimat nicht viel entgegenzusetzen. Nein, den ganzen Sand und die trockene Luft vermisste sie wirklich nicht. Die Trennung von ihren Geschwistern und Freunden war ihr da schon um einiges schwerer gefallen. Zwar hatte sie in letzter Zeit nicht so oft an sie gedacht und ihr Aufenthalt kam ihr irgendwie immer noch ein bisschen wie ein verlängerter Urlaub vor, doch wenn sie sich vorstellte, dass sie in Zukunft nicht mehr oft in Suna sein würde, wurde sie etwas wehmütig. Sie seufzte leise. Als Heimweh würde sie es nicht unbedingt bezeichnen, aber ihre Brüder und die meist tollpatschige Matsuri fehlten ihr schon ziemlich. Und die aufgeweckten, manchmal vielleicht nervigen Akademieschüler hatte sie bei ihren Aushilfszeiten auch äußerst lieb gewonnen. Temari versuchte sich vorzustellen, wie die nächsten Monate vielleicht verlaufen wären, wenn sie jetzt kein Kind bekommen würde. Momentan würde sie natürlich wegen der Prüfung hier im Dorf sein, aber danach …? Wahrscheinlich hätte sie Gaara darum gebeten, ihr eine feste Stelle an der Akademie zu beschaffen oder ihr im nächsten Jahr eine der neuen Genin-Gruppen zuzuteilen. Ja, das hätte sie gerne gemacht, anstatt hier und da auf irgendwelche Missionen zu gehen und je nach Bedarf als Vertretung einzuspringen. Als Konsequenz für ihren Einsatz als Lehrerin oder Sensei wäre sie allerdings mit Sicherheit von der Planung des Chuunin-Examens abgezogen worden und hätte somit ihrer Beziehung wohl den Todesstoß verpasst. In der Vergangenheit hatten sie sich schließlich nur jedes halbe Jahr für etwa sechs Wochen gesehen und mit noch weniger Zeit hätte sie sich auf keinen Fall zufrieden gegeben. Liebestechnisch wäre es das mit dem Job definitiv gewesen, wenn er sich nicht bereiterklärt hätte, zu ihr zu ziehen. Intuitiv platzierte sie ihre Hand auf ihrem Bauch. Ja, dieses Baby war wirklich ein Glücksfall. Und das in jeder Hinsicht. --- Shikamaru war eine gute halbe Stunde, nachdem er sich hingelegt hatte, immer noch wach. Normalerweise schlief er innerhalb weniger Minuten ein, aber diesmal hatte selbst Schäfchenzählen nichts gebracht. Er öffnete wieder die Augen und sah in den Himmel. Eine einzige Schleierwolke zog langsam am Firmament vorbei und Shikamaru ertappte sich dabei, wie er sie ein klein wenig beneidete. Nicht um ihre Einsamkeit, sondern weil sie nicht von allen Seiten zu irgendwelchen Entscheidungen gedrängt wurde und sich überfordert fühlte. Früher hatte er so wunderbar beim Wolkenbeobachten entspannen und seine Sorgen einfach mal vergessen können. Inzwischen beschwor sein liebstes Hobby aber eher das Gegenteil herauf und sorgte erst recht dafür, dass er zumindest gedanklich nicht mehr abschalten konnte und stattdessen über alles Mögliche und Unmögliche nachgrübelte. Na ja, vielleicht war er dafür auch bloß zu alt oder erwachsen geworden und die Zeit für Tagträume war einfach vorbei. Irgendwann holte einen die Realität wohl immer ein. Für diese Gedanken ärgerte er sich einfach tierisch. Wann war er bitte zu so einem unverbesserlichen Schwarzseher geworden? „Kannst du nicht schlafen?“ Shikamaru riss sich vom Anblick der Wolke los. Er wandte sich an seine Freundin und meinte gleichmütig: „Kannst du doch auch nicht.“ „Hast du mich denn schon mal draußen auf einer Wiese schlafen sehen?“, entgegnete sie. „Nein“, antwortete er. „Aber würde sich das heute nicht anbieten?“ Temari lächelte. „Nicht mit einem hyperaktiven Kind im Unterleib.“ Sie drehte sich leicht auf die Seite und fuhr fort: „Wenn das, was Yoshino gesagt hat, stimmt, kommt das Kind doch nach dir.“ „Hm“, machte er. „Wäre das denn schlimm für dich?“ „Welche Mutter, die halbwegs bei Sinnen ist, würde sich heutzutage über einen pflegeleichten Jungen beschweren?“ „Dir trau ich alles zu. Ein braves Kind wäre dir doch viel zu langweilig.“ Sie zog daraufhin eine Grimasse. „Ja, genau deswegen hab ich auch dich genommen“, sagte sie betont scherzhaft. „Ehrlich, wäre ich so auf Action aus, hätte ich mich für einen anspruchsvollen Chauvinisten entschieden und würde mir einen kleinen Bengel wünschen, der den ganzen Tag über nur rumschreit und mich nervt.“ Shikamaru malte sich diese Kombination einen Moment lang aus. Wenn diese explosive Mischung wirklich zustande kam, hatte er die nächsten zehn Jahre definitiv keine ruhige Minute mehr. „Und was, wenn es dir ähnlicher ist?“ „Auch kein Problem. Mein Onkel hat immer gesagt, ich wäre meist ein liebes kleines Mädchen und nicht mal annähernd so anstrengend wie Kankurou gewesen.“ „Na, wenn das mal stimmt …“, meinte er zweifelnd. „Wenn Kankurou ein Satansbraten gewesen ist, warst du im schlimmsten Fall nur das kleinere Übel.“ „Und im besten Fall war ich schlichtweg ein liebes kleines Mädchen, das keinen Stress gemacht hat“, konterte sie. „Oder ist das so unvorstellbar bei mir?“ Er zuckte nichtssagend mit den Schultern. Sie murmelte daraufhin ein sarkastisches „Dankeschön“ und legte sich zurück ins Gras. Eigentlich hätte er für seine Bemerkung einen Tritt in den Allerwertesten verdient, doch da sie wusste, wie beschissen er letzte Nacht geschlafen hatte, ließ sie es bleiben. Temari wandte sich auf die andere Seite. Ein paar Kinder spielten am Wegesrand Fangen. Als eins von ihnen hinfiel und weinend nach seiner großen Schwester rief, fühlte sie sich an ihre Kindheit erinnert. Unzählige Male hatte sie Kankurou getröstet, wenn er mal wieder gestolpert oder sich an irgendetwas gestoßen hatte. Minuten danach hatte er noch geheult wie ein Schlosshund, aber letztendlich hatte sie es immer geschafft, ihn zu beruhigen. Mit Gaara hatte sie so etwas leider nie erlebt, da er früh von ihnen isoliert worden war, doch eine schöne Erinnerung hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt. Ihr jüngster Bruder war dank des Ichibi schon von Geburt an ein sehr kompliziertes Kind gewesen, das nur selten gelächelt hatte, aber einmal hatte sie ihn, als er ein Jahr alt gewesen war, herzhaft zum Lachen gebracht. Bis heute hatte sie keine Ahnung, wie sie das angestellt hatte. Doch wenn sie an diesen einen Moment zurückdachte, bekam sie zumindest ansatzweise das Gefühl, dass sie als Schwester nicht komplett versagt hatte. Sie schaute wieder zu dem Jungen. Ein etwa achtjähriges Mädchen hockte neben ihm, hatte ihren Arm um seine Schulter gelegt und redete beruhigend auf ihn ein. Temari fühlte sich furchtbar. Wenn Gaara oder Kankurou etwas passierte, konnte sie nicht für sie da sein. Ja, sie hatte die beiden aus völlig egoistischen Gründen im Stich gelassen … Sie setzte sich auf und beobachtete Shikamaru einen Augenblick lang. Er war zwar im Großen und Ganzen der Grund dafür, dass sie ihr altes Leben hinter sich gelassen hatte, aber wütend war sie trotzdem nicht auf ihn. Nach Konoha zu ziehen und hier ihr Kind großzuziehen war schließlich allein ihre eigene Entscheidung gewesen. Nur hätte er das umgekehrt auch für sie getan? „Was hättest du gemacht, wenn ich mich geweigert hätte, hierzubleiben?“ Shikamaru fuhr aus seinem Dämmerzustand hoch. „Wie meinst du das?“, fragte er. „Genau so, wie ich es gesagt hab“, entgegnete sie ruhig. „Hättest du dein Leben hier aufgegeben und wärst zu mir nach Sunagakure gekommen?“ Ungläubig sah er sie an. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ Temari überhörte seine Frage und erwiderte starr seinen Blick. „Ich höre“, setzte sie anschließend nach. Er schwieg zuerst, erwiderte dann aber: „Keine Ahnung … Über so was hab ich noch nie nachgedacht.“ „Na, dann hast du jetzt ja die Gelegenheit dazu.“ „Wenn du mir auf diese Weise sagen willst, dass du zurück möchtest, kannst du es auch gleich tun.“ Sie schüttelte den Kopf. „Darum geht’s mir nicht. Also?“ Shikamaru dachte über eine Antwort nach. Es war ihm echt ein Rätsel, wie sich ihre Laune innerhalb der kurzen Zeit um hundertachtzig Grad drehen konnte. Etwa wegen dieser einen Bemerkung? Das konnte es doch echt nicht sein … „Wie gesagt: Ich weiß es nicht“, wiederholte er. „Ich versteh sowieso nicht, warum du ausgerechnet jetzt auf so einen Quatsch kommst.“ „Quatsch nennst du das?“, empörte sich Temari. „Es ist also selbstverständlich für dich, dass ich deinetwegen meine Verwandten und Freunde verlasse und in ein Dorf ziehe, das drei Tagesreisen von meiner Heimat entfernt ist?! „Du warst doch der Meinung, dass es so besser für das Kind ist“, gab er zurück. „Dann hab ich mich eben geirrt. Die Ninja-Ausbildung bei uns steht eurer inzwischen doch in fast nichts mehr nach. Und schlecht leben lässt es sich in Suna auch nicht.“ „Das hab ich nie behauptet“, legte Shikamaru fest. Dann setzte er nach: „Hast du Heimweh oder was ist mit dir los?“ Sie ignorierte das, was er gesagt hatte, und meinte stattdessen: „Ich möchte doch einfach nur wissen, ob du für mich dasselbe getan hättest.“ Wortlos schaute er sie an. Er fühlte sich gerade, als hätte man ihm eine Schlinge um den Hals gelegt. Verdammt, warum sagte er nicht einfach etwas, bevor man sie fest zuzog? Shikamaru wollte den Mund aufmachen, um zu antworten, doch Temari kam ihm zuvor. „Also nicht“, meinte sie bitter. „Versteh das nicht falsch“, warf er sofort ein. „Aber du hast doch inzwischen viele Bekannte und Freunde, sodass es dir überhaupt nicht schwerfällt, dich hier einzuleben. Ich kenn aber nur deine Brüder.“ „Wenn das eine Entschuldigung für deine fehlende Kompromissbereitschaft sein soll, ist sie einfach nur grottenschlecht“, erwiderte sie. „Du könntest dir doch genauso einen neuen Freundeskreis suchen! Aber nein, der Herr bevorzugt natürlich seine selbstauferlegten Pflichten gegenüber Außenstehenden; die Familie spielt ja keine Rolle.“ „Das ist doch gar nicht wahr …“, protestierte er kleinlaut. „Wenn das so ist, kannst du ja noch heute deine Sachen packen, damit wir abreisen können“, sagte sie gefasst, konnte dann ihre Enttäuschung jedoch nicht mehr verbergen. „Aber ich weiß genau, dass du das nicht tun wirst. Versprechen gegenüber Toten und die Leben anderer Leute sind schließlich wichtiger als das eigene Kind.“ Das verschlug ihm vollends die Sprache. Er hätte wissen müssen, dass sie ihm das eines Tages noch mal vorwerfen würde … „Sieh mich nicht so entsetzt an. Du weißt, dass ich Recht hab“, sagte Temari kühl. „Ihr mit eurem Willen des Feuers-Geschwafel. Da ist es doch echt kein Wunder, dass ich mir überflüssig vorkomme.“ Als Shikamaru nichts sagte, setzte sie nach: „Du kannst dich nicht ständig nur für andere aufopfern, sondern musst auch mal an dich und das, was wirklich wichtig ist, denken.“ „Was glaubst du, was ich die ganze Zeit tue?“, fragte er leise aber provokant. Sein Unterton ließ den Rest ihrer Beherrschung in Rauch aufgehen. „Verdammt noch mal, du wirst bald Vater!“, regte sie sich auf. „Da musst du deine Prioritäten einfach anders setzen, auch wenn es dir nicht in den Kram passt!“ „Was soll ich denn deiner Meinung nach machen?“ Er bemühte sich, möglichst sachlich zu bleiben, doch das gelang ihm nicht so ganz. Temari fauchte und erwiderte wütend: „Du könntest ja wenigstens so tun, als wärst du bereit, dein Leben hier für mich aufzugeben.“ „Ich hätte dich also lieber anlügen sollen?“ Seine Worte trafen sie wie ein knallharter Schlag ins Gesicht. „Genau das ist der Grund, warum Beziehungen zwischen Leuten aus verschiedenen Dörfern meist nicht funktionieren“, meinte sie bitter. Dann stand sie auf und ging. „Wo willst du hin?“, rief er ihr nach. „Ich brauch ein bisschen Abstand“, sagte sie. „Du kannst dir ja in der Zwischenzeit überlegen, was ich – nein – was wir dir wert sind.“ Shikamaru sah ihr noch kurz nach, lief ihr aber nicht hinterher. Es machte einfach keinen Sinn, jetzt mit ihr zu reden. Vor allem, da er wusste, dass sie im Recht war. Er ließ sich zurück ins Gras fallen. Sein Blick schweifte unweigerlich in den Himmel. Die einsame Wolke war verschwunden. ════════════════════════════════════════════════════ Und da ist er auch schon: Der nächste Streit. Aber findet ihr nicht auch, dass Temaris Bedenken gewissermaßen gerechtfertigt sind? Kapitel 20: Ein guter Rat ist unbezahlbar ----------------------------------------- Erst einmal möchte ich mich für das verspätete Posten entschuldigen. Ich hatte letzte Woche wirklich eine harte Arbeitswoche und nach mehreren Zehn-Stunden-Arbeitstagen schlicht und weg keine Lust mehr, dieses Kapitel zu editieren und hochzuladen. Nun aber wie gewohnt zu den Kommentaren. @ : Na, wenn jedem die Lust aufs Kinderkriegen vergehen würde, wäre die Menschheit aber ganz schnell ausgestorben. :D @ : Ob Konoha wirklich besser für das Kind wäre, darüber lässt sich sicher streiten. Aber ein übermäßiges Drama wie vor ein paar Kapiteln musst du auch nicht befürchten. ;) @ : » Dass er nicht alles fallen lässt für sie heißt ja nicht, dass er sie nicht liebt, es heißt nur, dass er auch andere liebt. « Das kann ich nur so stehen lassen. Ein tolles Zitat! :) @ all: Thanks for the feedback! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 20: Ein guter Rat ist unbezahlbar Temaris Wut verebbte genauso schnell, wie sie gekommen war. Während sie weiterhin ziellos vor sich her ging, fragte sie sich, ob sie nicht vielleicht ein bisschen zu hart und unfair zu ihm gewesen war. Sie wusste schließlich inzwischen, wie die Menschen aus Konoha so tickten und was ihr Dorf und ihr Land ihnen bedeutete. In Sunagakure war es nicht viel anders, auch wenn ihr die Leute dort nicht annähernd so verbohrt vorkamen. Patriotismus schön und gut, aber alles hatte seine Grenzen. Und Shikamaru schien ja nun mal überhaupt nicht zu wissen, wo seine lagen. So gesehen war es doch gar nicht so blöd gewesen, ihn mit dem Thema zu konfrontieren. Vielleicht sah er auf diese Weise endlich mal ein, dass es nicht immer nur um die anderen ging. Wenn nicht, gut, dann würde sie eben auf ewig die zweite Geige spielen. Kein schöner Gedanke, aber solange ihr Kind nicht darunter zu leiden hatte, nahm sie es eben hin. Mit dieser Erkenntnis vor Augen überlegte sie einen Moment, ob sie wieder zu ihm zurückgehen sollte. Unnötiger Streit musste schließlich nicht sein, aber irgendwie … Nein, er durfte seinen sonst so intelligenten Grips ruhig ein paar Stunden anstrengen. Missmutig ballte sie ihre Hand zur Faust. So ein Vollidiot … --- „Was liegst du denn hier so faul herum?“ Shikamaru machte sich nicht die Mühe aufzusehen, da er Ino gleich an ihrer Stimme erkannt hatte. Er antwortete nicht, sondern brummte nur etwas vor sich hin. Seine ehemalige Teamkollegin ließ sich davon aber nicht beirren. „Mensch, du hast ja echt gute Laune“, meinte sie ironisch. „Was ist los?“ „Nichts“, erwiderte er knapp. Auf Gesellschaft hatte er momentan überhaupt keine Lust. Ino wusste sofort, was sein Problem sein musste. So wortkarg war er nur, wenn … „Temari ist wohl sauer auf dich“, schloss sie aus seiner Reaktion. „Was hast du diesmal angestellt?“ „Gar nichts“, gab er zurück und drehte ihr den Rücken zu. „Komm schon, mir kannst du es doch sagen …“ „Ja, wenn ich will, dass morgen halb Konoha darüber Bescheid weiß“, meinte Shikamaru bissig. „Ich bin vielleicht manchmal ’ne Quatschtante, aber über so was würde ich niemals herumtratschen“, legte sie etwas gekränkt fest. Er seufzte. Sie hatte definitiv die lästige Eigenschaft, jemandem mit wenigen Worten ein schlechtes Gewissen machen zu können … „Schon gut, schon gut“, gab er nach und wandte sich ihr wieder zu. „Sie denkt plötzlich über irgendwelchen Scheiß nach, der noch nie zur Debatte stand.“ „Und das wäre genau was?“ Er blickte sie einen Moment skeptisch an. Kaum zu fassen, dass er ausgerechnet mit Ino darüber reden würde … Na ja, wenn sie es so lange geschafft hatte über das zu schweigen, was heimlich zwischen Temari und ihm gelaufen war, war sie wohl vertrauenswürdig genug. „Sie hat mich gefragt, ob ich zu ihr nach Suna ziehen würde“, erzählte er letztendlich. „Und was hast du geantwortet?“ Als er nichts sagte, schüttelte sie ungläubig den Kopf. „Du hast doch nicht wirklich Nein gesagt, oder?“, forschte sie zur Sicherheit, dass sie es nicht falsch auffasste, nach. „Nicht direkt“, sagte er. „Ich hab gesagt, dass ich es nicht weiß und dann ist sie auch schon ausgetickt.“ Ino schlug sich abrupt die Hand vor die Stirn. „Bist du lebensmüde?“, fragte sie dann. „So was kannst du ihr doch nicht sagen!“ „Und warum nicht?“ „Warum nicht?“, wiederholte sie ihn empört. „Welche Frau hört es schon gerne, dass ihr Freund auf ein Leben mit ihr verzichtet, weil er umziehen müsste? Du bist wirklich so einfühlsam wie ein Stück Brot!“ „Aber ich hab’s doch überhaupt nicht ausgeschlossen“, protestierte er. „Red keinen Stuss. Für uns Frauen bedeutet das so viel wie: Fürs Bett bist du gut genug, mehr aber auch nicht.“ „Wo hast du denn den Schwachsinn her?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Also, ich würde so denken, wenn mein Zukünftiger das zu mir sagen würde, was Temari von dir zu hören bekommen hat.“ „Ich hab’s aber echt nicht so gemeint“, sagte er. „Was ist so verkehrt daran, wenn man sich nicht sicher ist?“ „Nichts“, entgegnete sie. „Ich war nicht dabei, aber hättest du ihr das wenigstens nicht etwas schonender beibringen können?“ „Machst du Witze? Noch schonender ging es wirklich nicht“, gab Shikamaru zurück. „Du weißt doch auch, wie sie manchmal ist. Ein falsches Wort und ihr brennen die Sicherungen durch.“ „Na ja, dann nickst du vielleicht beim nächsten Mal alles brav ab.“ „Toller Rat“, erwiderte er trocken. „Schon mal daran gedacht, dass ich sie überhaupt nicht anlügen will?“ Ino schwieg einen Augenblick und lächelte schließlich aufmunternd. „Warum sagst du das nicht zu ihr? Alles, was kein Ja ist, ist zwar immer noch unschön, aber mich würde ein Tut mir leid, ich weiß es nicht, aber ich möchte dich auch nicht anlügen sofort milder stimmen.“ „Ach, tatsächlich?“, zweifelte er. „Natürlich“, bestätigte sie ihm. „Ein Nein bleibt zwar ein Nein, aber wichtig ist letztendlich immer noch, wie es verpackt ist. Der Ton macht schließlich die Musik.“ „Es war kein Nein“, verbesserte er sie. Seine ehemalige Teamkollegin blickte ihn tadelnd an. „Und warum ist Temari dann wütend geworden?“ Shikamaru zuckte halbherzig mit den Schultern. „Du hast wirklich nicht die geringste Ahnung von den Gefühlen einer Frau! Manchmal wundert es mich echt, warum sie überhaupt noch mit dir zusammen ist.“ „Ja, würg’s mir noch weiter rein“, entgegnete er. „Als ob ich nicht wüsste, dass sie etwas Besseres als mich verdient hätte …“ „Jetzt übertreib mal nicht so. Du musst dich nicht schlechter reden, als du bist“, legte sie fest. „Dann hör auf, mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Ich weiß selbst, dass ich Mist gebaut hab.“ „Gut, dass du das schon mal einsiehst“, meinte sie. „Dann musst du dich jetzt bloß noch bei ihr entschuldigen.“ „Fragt sich nur, wie ich das anstellen soll.“ Ino dachte kurz nach und fuhr fort: „Komm bloß nicht auf die Idee, mit etwas Materiellem bei ihr anzukommen und das Thema totzuschweigen.“ Er schüttelte den Kopf. „Temari würde das Ganze nicht einmal vergessen, wenn ich ihr alle orangenen Gerbera der Welt schenken würde …“ Sie schürzte die Lippen. „Nur allzu verständlich, wenn du mich fragst … Mensch, da hast du dich aber mal richtig in die Scheiße manövriert.“ „Was du nicht sagst … Erzähl mir lieber was Neues“, sagte Shikamaru trocken. „Wenn mir was einfällt, gerne“, neckte sie ihn. „Aber sag mal“, setzte sie in einem ganz anderen Ton nach, „was hält dich eigentlich davon ab, mit ihr nach Sunagakure zu gehen?“ Ihr Gegenüber sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Soll das eine ernste Frage sein? Du weißt doch ganz genau, dass ich –“ „Ja, schon“, unterbrach sie ihn. „Aber es geht hier schließlich nicht um irgendeine flüchtige Bekanntschaft, die du zufällig kennengelernt hast. Du liebst sie doch und ihr erwartet ein Kind! Gibt es denn einen besseren Grund, um alte Verpflichtungen anderen zu überlassen?“ „Nein, aber …“ Sein Protest ging in Schweigen unter. --- Lustlos rührte Temari in der kalten grünlich-braunen Suppe herum, die vor einer guten Viertelstunde noch ihr Schokoladen- und Pfefferminz-Eis gewesen war. Im Grunde wusste sie nicht einmal, warum sie sich überhaupt an die Eisdiele gesetzt und es sich bestellt hatte. Oder war sie doch ohne etwas zu merken zur Frust-Esserin mutiert? Schließlich konnte sie sich doch dazu durchringen, es zu essen. Sie nahm einen Löffel und stellte fest, dass die komisch aussehende Pampe vor ihr trotzdem gut schmeckte. Na ja, irgendetwas musste sie sich bei dieser Kombination auch gedacht haben … Als sie fertig gegessen hatte, lehnte sie sich zurück und sah sich um. Prompt fing sie den Blick eines Mädchens auf, das vielleicht drei oder vier Jahre jünger als sie war. Rasch schaute die fremde junge Frau weg, wandte sich an ihren Freund und begann zu tuscheln. Temari verstand zwar nicht, was sie sagte, war sich aber sicher, dass es kein Lästereien, sondern eher etwas wie Sieh mal, sie bekommt ein Baby! Wann machst du mir ein Kind? oder Ähnliches war. Seit es für sie unmöglich geworden war, ihren Bauch zu kaschieren – was sie ohnehin nie versucht hatte – hatte sie so ein Verhalten schon bei einigen Frauen im zeugungsfähigen Alter beobachtet. Angefangen bei ein paar Teenagern bis hin zu alleinstehenden und kinderlosen Frauen Ende vierzig. Temari störte es inzwischen zwar nicht mehr, ständig angestarrt zu werden, aber es war ihr trotzdem ein Rätsel, was Leute, die sie nicht kannte, an ihrem Babybauch so faszinierend fanden. Nein, sie hatte nie irgendwelchen Schwangeren neidvoll auf den Bauch gestarrt. Dafür hatte sie inzwischen eine Schwäche für Kleinkinder entwickelt. Jedes Mal, wenn sie eins sah, schlichen sich Worte wie süß, niedlich oder Hoffentlich wird meins auch so in ihren Kopf. Gut, dass sie genug Beherrschung besaß, um diese dann nicht auszusprechen. Es war ja schon untypisch – und irgendwie auch peinlich – genug, dass sie sich regelmäßig zu solchen Aussagen herabließ, wenn es um Hiruzen ging … Sie grinste. Ja, mit diesen Hormonen und Muttergefühlen machte sie schon was mit. Temari dachte an den Streit zurück. Jetzt, da sie etwas Abstand davon bekommen hatte, kam sie sich ein bisschen albern vor. Auch wenn Shikamaru es nur gut tun konnte, wenigstens über das Thema nachzudenken, war es völlig unnötig von ihr gewesen, das Ganze anzuzetteln. Den Drang, alles stehen und liegen zu lassen und zu ihm zu gehen, verspürte sie aber trotzdem nicht. Nein, bei der Frage ging es ihr ums Prinzip. Und solange ihm nicht klar war, was für einen Stellenwert seine zukünftige Familie hatte, ließ sie ihn nur zu gerne noch ein wenig schmoren. Das hatte er in ihren Augen für sein Verhalten mehr als verdient. Sie rief die Bedienung herbei, um zu bezahlen und verließ die Eisdiele. Zuerst wusste sie nicht, wohin sie gehen sollte. Zu ihrer Wohnung wollte sie noch nicht. Zum einen, da dort die Gefahr bestand, dass sie in sinnlose Grübeleien verfiel und ihre Beziehung infrage stellte und zum anderen hatte sie kein großes Verlangen danach, Shikamaru so schnell über den Weg zu laufen und sich dann von irgendwelchen netten Worten breitschlagen zu lassen. Das hatte er schließlich schon viel zu oft geschafft. Die meisten Konfrontationen waren nicht mal den Atem wert gewesen, den sie dafür verschwendet hatte, aber wenn sie auf solche Situationen zurückblickte, fühlte sie sich manchmal wie ein jämmerliches, zartbesaitetes Weibsbild. Tja, die Liebe machte früher oder später wohl aus jeder noch so starken Frau ein schwächliches Weichei. Mit einem leichten Kopfschütteln vertrieb sie diese Gedanken schnell. So, wie sie sich kannte, driftete sie so bloß wieder grundlos in Selbstmitleid ab und das konnte ihr nach den letzten Wochen mehr als gestohlen bleiben. Nein, was sie jetzt brauchte, war keine Depression, sondern Gesellschaft. Sie wollte schon in die Richtung von Sakuras Elternhaus schlendern, als sie sich plötzlich eines Besseren besann. Irgendwie hatte sie Lust bekommen, Hiruzen und Kurenai mal wieder einen Besuch abzustatten. Ein bisschen Beschäftigung mit dem Kleinen konnte sie sicher wunderbar ablenken. --- „Wenn es dir nur um Hiruzen geht, kann ich dich beruhigen: Es gibt genug fähige Jounin hier, die ihn trainieren können, wenn er alt genug ist. Und falls dir das nicht reicht, übernehmen auch Chouji und ich liebend gern sein Training.“ Ino zwinkerte ihm zu. Shikamaru lächelte müde. „Nett von euch, aber das ist doch nicht dasselbe …“ Der Gesichtsausdruck seiner ehemaligen Teamkollegin änderte sich schlagartig. Sie blickte ihn wie ein hungriger Drache an, der kurz davor war, sein Opfer zu verspeisen, wenn er nicht schnell seine Meinung änderte. Drache, dachte er. Wie passend … Er konnte seinen belustigenden Gedanken nicht zu Ende führen, als sie auch schon wetterte: „Meine Güte, wie verdammt stur kann ein Mensch sein?“ Sie schlug demonstrativ mit der flachen Hand auf die Erde neben ihn, was ihn automatisch ein kleines Stück zurückweichen ließ. „Wie kann man so ’ne alte Kamelle vor das Glück der eigenen Familie stellen? Wie dumm bist du denn?“ Ihr Verhalten und ihre Wortwahl ließ ihn einen Moment sparsam aus der Wäsche schauen. Reichte es denn nicht, wenn Temari ständig so drauf war? Wenn er gewusst hätte, dass heute gleich zwei Furien auf ihn losgehen würden, wäre er am Morgen erst gar nicht aus dem Bett aufgestanden … „Du hast doch keine Ahnung“, antwortete Shikamaru, nachdem er sich wieder einigermaßen von ihrem Angriff erholt hatte. „Und überhaupt: Was steigerst du dich eigentlich so in die Sache hinein?“ „Weil ihr beide meine Freunde seid und ich keinen Bock habe, dass ihr wegen so einer Scheiße auseinandergeht!“ „Wenn du denkst, dass wir uns wegen so ’ner kleinen Lappalie trennen würden, kennst du uns aber schlecht.“ „Du nennst es eine Lappalie, wenn sie wieder zurück nach Suna geht und ihr euch nur noch alle Jubeljahre seht?“, regte sich Ino auf. „Ist dir dein Kind so egal?“ Er fragte sich einen Augenblick, wovon sie überhaupt redete, doch dann ging ihm ein Licht auf. Hatte er sich etwa so unklar ausgedrückt? „Kann es sein, dass du mich schon die ganze Zeit missverstehst?“, entgegnete er und erklärte rasch: „Sie hat mich das doch nur so gefragt und zieht gar nicht zurück.“ Hoffe ich zumindest, setzte er gedanklich nach. Sie spürte, wie ihr ein kleiner Stein vom Herzen fiel. „Mensch, warum hast du das nicht gleich gesagt?“, fragte sie vorwurfsvoll. „Und ich blöde Kuh mach mir auch noch Sorgen …“ Shikamaru erwiderte nichts. Das kam eben davon, wenn sie sich immer zu sehr in Dinge hineinsteigerte, mit denen sie nicht viel zu tun hatte. Ihre Laune änderte sich schlagartig. „So weit, so gut“, plapperte sie los. „Um eine Entschuldigung kommst du trotzdem nicht herum.“ Ihr ehemaliger Teamkamerad seufzte. „So weit waren wir schon mal.“ „Was du nicht sagst“, stichelte sie zurück. „Dann wird es höchste Zeit, dass du dein hochintelligentes Hirn mal für eine Lösung deines Problems anwirfst.“ Ach, wie schön einfach das klang … Leider war einer wütenden und enttäuschten Frau auf diese Weise nicht beizukommen. Gegen diese war nämlich auch der klügste Verstand machtlos. ════════════════════════════════════════════════════ Langsam lerne ich wirklich, Ino zu lieben. Ist es nicht toll, wie sie sich für die beiden einsetzt? Kapitel 21: Verzeihen --------------------- @ : Schoko- und Pfefferminzeis schmeckt wirklich gar nicht schlecht zusammen; wenn man After Eight mag, mag man diese Kombination wahrscheinlich auch. :D In puncto Charakter sympathisch schreiben hast du natürlich Recht. Entweder das oder man lässt ihn (oder in diesem Fall besser sie) als totales Arschloch dastehen. @ : Ich sag’s mal so: Die Lösung des Problems kommt quasi wie von selbst. :) @ : Ich mag Inos Darstellung im Manga / Anime teilweise auch nicht besonders. Generell hab ich aber so mein Problem damit, dass Kishimoto die Frauen immer so schwach hinstellt. Na ja, zumindest hat er der einen oder anderen (zumindest nach Shikamarus Auffassung) ein anstrengendes Image verpasst. :D @ alle Kommentatoren: Vielen Dank für euer Feedback! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 21: Verzeihen Die Haustür stand offen, als sie an Kurenais Wohnung ankam. Ihr fröhliches Lachen schallte nach draußen und ließ Temari innehalten. So glücklich hatte sie die Frau lange nicht gehört … Sie beschloss zu warten, bis sich Kurenai von ihrem Besuch verabschiedet hatte und versuchte sich mit irgendetwas abzulenken, um das Gespräch nicht zu belauschen. Wenige Sekunden darauf konnte sie dieses Unterfangen allerdings wieder aufgeben. „Oh, hallo!“, murmelte Kurenai perplex, als sie nach draußen trat. Temari schaute auf und wollte den Gruß erwidern, als ihr Blick auf die zweite Person fiel. Sie war sich sicher gewesen, wie sonst Anko anzutreffen, aber mit Namiashi Raidou hatte sie nicht gerechnet. „Ich störe doch nicht etwa?“, meinte sie schließlich und machte sich noch nicht einmal die Mühe, ihr Lächeln zu unterdrücken. Kurenais Wangen liefen augenblicklich zartrosa an. „Ne… nein, du störst nie“, stammelte sie los. „Raidou wollte ohnehin gerade gehen.“ Etwas steif sagte sie ihm auf Wiedersehen und der Jounin verschwand mit einem unübersehbaren Grinsen auf den Lippen. Temari dachte sich ihren Teil und verkniff sich jegliche Fragen dazu. „Ist der Kleine da?“, fragte sie letztendlich, um die peinliche Stille zu überbrücken, die ausgebrochen war. „Ja, sicher“, antwortete die Frau, dankbar für den Themawechsel. „Er freut sich bestimmt, dich zu sehen.“ --- Eine überschwängliche Begrüßung durch Hiruzen später konnte sie es sich auf der Couch bequem machen. Der Junge schnappte sich sein Bilderbuch vom Tisch, um es ihr zu zeigen, und ließ sich auf den Platz neben seiner liebsten erwachsenen Spielkameradin fallen. Kurenai holte etwas zu trinken und setzte sich dann ebenfalls. „Alles in Ordnung bei euch?“, erkundigte sie sich. „Beim Baby ja; bei mir mehr oder weniger auch“, entgegnete Temari rasch. „Und das heißt?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Nichts weiter. Die Besprechung vorhin hat mich einfach müde gemacht“, log sie. „Kann ich mir gut vorstellen.“ Die Frau lächelte, nahm einen Schluck von ihrem Orangensaft und fuhr fort: „Leidest du eigentlich unter Schlaflosigkeit?“ „Nein, zum Glück nicht. Warum fragst du?“ „Nur eine Vermutung“, erwiderte sie. „Ich hatte damit zeitweise wirklich zu kämpfen. Besonders am Ende der Schwangerschaft und gegen Anfang des sechsten Monats. So weit bist du doch?“ „Ja, nächsten Montag. Ich würde es trotzdem vorziehen, die Nächte weiterhin durchzuschlafen. Nicht so wie –“ Temari brach mitten im Satz ab, murmelte ein „Egal“ und täuschte Interesse an ihrem Wasserglas vor, um ihre Unsicherheit zu überspielen. „Wo hast du das gekauft?“, fragte sie. „Solche Gläser suche ich schon seit Längerem.“ Kurenai schaute einen Moment verwirrt drein und antwortete dann: „Anko hat mir ein paar davon letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt. Wenn du willst, frag ich sie mal.“ „Danke, aber ich kann sie auch selbst fragen“, sagte sie. „Ich lauf ihr die Tage bestimmt noch mal über den Weg. Du weißt ja: Chuunin-Prüfung und so.“ Sie nickte. „Apropos“, setzte sie an, „wo hast du eigentlich Shikamaru gelassen?“ Natürlich musste diese Frage kommen … „Keine Ahnung, wo der sich rumtreibt“, gab Temari seltsam ignorant zurück. „Liegt wahrscheinlich gerade irgendwo blöd herum und pennt.“ Kurenai zog die Augenbrauen hoch. „Hattet ihr Streit?“ „Nicht so direkt“ entgegnete sie. „Der Dummkopf von Vater setzt in meinen Augen einfach nur die falschen Prioritäten.“ „Dabei ist er sonst doch immer so verantwortungsbewusst.“ Die Frau legte ihre Stirn in Falten. „Bist du dir sicher, dass es nicht nur ein Missverständnis ist?“ „Also, an Nein, ich würde niemals zu dir nach Sunagakure ziehen ist nun echt nichts misszuverstehen“, erklärte Temari trocken. „Du gehst zurück?“, meinte ihre Gesprächspartnerin bestürzt. „Natürlich nicht“, legte sie fest. „Solange er nicht den Löffel abgegeben hat, mach ich doch nicht freiwillig eine auf alleinerziehende Mutter – Entschuldige“, fügte sie rasch hinzu, „aber ich will eben nicht, dass das Kleine ohne Vater aufwachsen muss.“ Kurenai winkte ab und erwiderte mit Blick auf Hiruzen: „Ich verstehe, was du meinst.“ Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und setzte nach: „Also bleibst du nur wegen eurem Baby hier?“ Sie schüttelte den Kopf. „So schlimm ist es auch wieder nicht. Ich bin gerne hier in Konoha“, antwortete sie. „Es wäre nur schön, wenn er endlich einsehen würde, auf was ich alles verzichte, nur damit er jeden Tag sein Kind sehen kann.“ Temari blickte zu Boden und fuhr fort: „Es ist ja schließlich nicht so, dass ich eine totale Einzelgängerin ohne Verwandte und Freunde war, bevor ich herkam. Aber anscheinend sieht oder will er das nicht sehen.“ „Hast du ihm das schon mal gesagt?“ „Ja, und er meinte nur, ich würde hier doch genug Leute kennen.“ Sie verkniff sich den Fluch, der ihr auf den Lippen lag. Allein der Gedanke daran machte sie wieder fuchsteufelswild … „Ich bin sicher, das hat er nicht so gemeint“, warf Kurenai ein. Sie rang nach ein paar passenden Worten und sagte: „Als er uns das letzte Mal besucht hat, hat er gesagt, dass er sich ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen kann.“ Die erhoffte Wirkung blieb allerdings aus. Temari verschränkte die Arme vor der Brust. „Und warum merke ich davon nichts?“ Die Frau schwieg. „Siehst du, alles nur leeres Gewäsch. Eigentlich ist es ihm doch schnurzpiepegal, wie ich mich fühle, solange alles nur einigermaßen nach seinen Vorstellungen –“ Sie schlug sich die Hand vor die Stirn. „Ach, was rede ich hier eigentlich? Als ob ich Hausdrache versuchen würde, ihm irgendwas recht zu machen …“ Kurenai seufzte. „Das soll man ja auch gar nicht. Ganz ohne Kompromisse funktioniert eine Beziehung auf Dauer schließlich nicht.“ „Eben drum!“, gab Temari aufgebracht zurück. „Ich gehe vielleicht nicht jeden ein, aber steckt er auch nur ein einziges Mal für mich zurück? Nein! Er kann einfach weitermachen wie bisher, während ich mein Leben für ihn völlig umkremple.“ Erneut senkte sie ihren Blick, starrte auf ihre Hände und sprach dann etwas ruhiger weiter: „Ich hab nie vorgehabt, mit dreiundzwanzig schon Mutter zu sein und mein Kunoichi-Dasein an den Nagel zu hängen. Das passt doch auch gar nicht zu mir.“ Kurenai lehnte sich vor, faltete ihre Hände und fragte: „Wie kommst du zu der Annahme?“ „Ach, du weißt doch, dass mir mein toller Ruf als pflichtbewusste, ehrgeizige und zuverlässige Jounin vorauseilt. Wäre ich ein durchschnittlicher Chuunin, würde kein Hahn nach mir krähen. Aber so heißt es immer wieder nur Was für ein Verlust für Sunagakure oder Du hättest doch noch so viel erreichen können! Warum bekommst du lieber ein Kind?“ „Ist es nicht egal, was andere von dir erwarten?“ „Das ist es mir auch“, erwiderte Temari. „Aber wenn ich dann daran denke, dass ich von der Person, für die ich das alles auf mich genommen habe, im Grunde fast nichts zurückbekomme, frag ich mich, ob die Leute nicht doch Recht haben. Wofür bin ich also hergezogen? Sicher nicht, um mich in manchen Punkten wie ein niederer Mensch behandeln zu lassen.“ „Das tut doch auch niemand“, sagte Kurenai verständnisvoll. „Vor allem nicht Shikamaru.“ „Ich weiß“, meinte sie bedrückt. „Aber ich fühle mich manchmal von ihm einfach nicht ernst genommen. Wahrscheinlich macht er das, weil ich im Großen und Ganzen wie seine Mutter bin.“ „Ich kenne sie nicht gut, aber ich finde nicht, dass ihr große Parallelen aufweist.“ „Optisch nicht, aber charakterlich steh ich ihr in nichts nach. Ich bin mindestens genauso dominant und bestimmend wie sie“, widersprach sie und winkte ab. „Ach, lassen wir das. Wenn ich es recht bedenke, muss ich mich da auch gar nicht wundern, warum er manchmal zu mir ist wie er ist.“ Die Frau nahm einen Schluck Wasser und fragte: „Und was tust du jetzt?“ Temari zuckte halbherzig mit den Schultern. „So wie ich ihn kenne tischt er mir nachher eine Entschuldigung auf, die mein Herz erweichen lässt, und dann ist wieder alles beim Alten. So läuft es doch immer.“ „Du siehst nicht gerade glücklich darüber aus.“ „Was heißt schon glücklich? Das Leben besteht nicht aus kitschigen, klischeehaften Friede-Freude-Eierkuchen-Romanzen, sondern hat halt auch seine Höhen und Tiefen. Und ich stecke momentan eben in einem Tief. Irgendwann geht’s schon wieder bergauf. Da bin ich Optimist.“ Sie ließ ein Lächeln aufblitzen und meinte dann: „Na ja, danke, dass du mir zugehört hast. Jetzt geht’s mir wenigstens ein bisschen besser.“ Kurenai nickte ihr zu und wechselte das Thema. „Sag mal, hast du von Samstag auf Sonntag zufällig Lust, Babysitter zu spielen?“ --- Ziellos schlenderte Shikamaru durch die Gegend. Es war ihm selbst fast unerklärlich, wie er es geschafft hatte, Ino abzuschütteln, die drauf und dran gewesen war, mal wieder Beziehungstherapeutin zu spielen. An sich vielleicht keine schlechte Sache, doch so langsam reichte es ihm, ständig auf sie angewiesen zu sein. Nein, diesmal regelte er seine Probleme allein. Auch wenn er noch keinen Schimmer hatte, wie er sich bei Temari entschuldigen sollte. Temari … Bevor er dazu überhaupt die Gelegenheit dazu hatte, musste er sie erst einmal finden. Und das war momentan die größte Schwierigkeit. An all ihren Lieblingsplätzen hatte er schon nachgesehen: die Eisdiele in einer Seitenstraße des Dorfzentrums; der Trainingsplatz am Rand des Waldes; der See in der Nähe des ehemaligen Uchiha-Viertels, der nach Pains Angriff neu angelegt worden war; ja sogar ihre liebsten Klamottenläden hatte er abgeklappert, aber sie nirgends gefunden. Und nun stand er dumm wie bestellt und nicht abgeholt da und wusste langsam keinen Rat mehr, wo er noch nach ihr suchen konnte. Na ja, vielleicht war sie doch nach Hause gegangen. Einen Versuch war es jedenfalls wert. --- „Und du bist dir sicher, dass dir das nicht zu viel wird?“, fragte Kurenai nach. „Wenn er nachts aufwacht, kann es manchmal nämlich heikel werden.“ „Damit komm ich schon klar. Ich seh’s einfach als Übung für meins an“, erwiderte Temari lächelnd. „Das wird wohl das Beste sein“, sagte die Frau. „Ach, da fällt mir noch ein: Ich hab noch einige Babysachen im Keller. Wenn du möchtest, kannst du sie haben. Neue sind doch immer so teuer.“ „Wenn’s ein Junge wird, gerne.“ „Dann weißt du es also noch nicht?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich hab nächsten Mittwoch Termin. Und dann mal schauen, ob es in der richtigen Position liegt. Wenn nicht, auch nicht so schlimm.“ „Aber du würdest es schon gerne wissen, oder?“ „Ich bin zwar sonst nicht so neugierig, aber hier: Klar!“ Temari lachte. „Na ja, welche Mutter würde das auch nicht vorher wissen wollen?“ „Die Frau, mit der ich auf einem Zimmer lag, hat sich überraschen lassen und meinte, dass ihre Freude so noch größer war“, erzählte Kurenai. „Kann ich mir irgendwie nicht so recht vorstellen. Ich meine, mein Kind bleibt doch mein Kind, egal, ob man vorher weiß, ob es ein Junge oder Mädchen wird.“ „So gesehen ja, aber ich glaube schon, dass es für manche sicher seinen Reiz hat.“ „Für mich wäre es jedenfalls nichts“, entgegnete sie. „Allein schon aus dem praktischen Grund, dass man sich entsprechend einrichten kann. Wie sieht es denn aus, wenn ich meinen Sohn in rosa Sachen stecke? Oder meine Tochter was Blaues trägt und dann irgendjemand sagt, was für ein niedlicher Junge das doch ist?! Ziemlich peinlich für alle Betroffenen.“ „Wenn sich der Arzt geirrt hat, bleibt das aber wohl nicht aus. Aber da man normalerweise noch ein paar Tage länger im Krankenhaus bleibt, können sich ja Freunde und Verwandte darum kümmern.“ Temari verspürte ein unangenehmes Kribbeln im Nacken. Das waren ja großartige Aussichten … „Ich hab nicht vor, länger als nötig zu bleiben“, meinte sie knapp. „Also, ich kann dir das nur empfehlen, wenn du dich von der Geburt noch etwas erholen möchtest“, argumentierte ihre Gesprächspartnerin. „Ich möchte trotzdem lieber so schnell wie möglich nach Hause. Ich fühl mich in Krankenhäusern immer ziemlich unwohl.“ „Warum denn?“ „Sie sind so schrecklich steril und erinnern mich ständig an den Tod.“ „Hat das irgendwelche Ursachen?“ „Nein, ich mag sie einfach nicht“, schloss Temari abrupt das Thema. Rasch wandte sie sich zur Seite und fragte: „Hiruzen, möchtest du mit mir auf den Spielplatz gehen?“ Der Junge sah begeistert von seinem Bilderbuch auf und schaute seine Mutter mit Dackelblick an. „Darf ich, Mama?“ Kurenai seufzte. Eigentlich war es höchste Zeit für ihn zum Schlafen … „Okay“, gab sie nach, „aber nur eine halbe Stunde.“ --- Shikamaru betrat die Wohnung. Bis auf das leise Sirren des Kühlschranks war nichts zu hören. Flüchtig schaute er durch alle Räume und begrub schließlich die Hoffnung, sie hier zu finden. Im Wohnzimmer warf er einen sehnsüchtigen Blick auf das Bett. Ach, wie gerne hätte er sich jetzt einfach nur hingehauen und bis zum nächsten Morgen durchgeschlafen … Er schüttelte den Kopf und hielt der Versuchung stand. Nein, das gemütliche Schläfchen musste er sich nach der dämlichen Nummer vorhin erst verdienen. Und wenn es noch bis tief in die Nacht dauern würde, bis er sie fand. Davon einmal abgesehen konnte er wahrscheinlich ohnehin kein Auge zutun, wenn er nicht vorher wusste, wo Temari war. Schwermütig zog er die Wohnungstür hinter sich zu. Dann mal auf ein Neues … --- Gedankenverloren beobachtete Temari Hiruzen, der im Sandkasten spielte und mit Plastikformen verschiedene Motive in den Sand stach, um sie kurz danach wieder zu verwischen. Sie selbst saß auf einer der beiden Schaukeln und wiegte sich mit den Füßen rhythmisch hin und her. Da es ihr gefiel, holte sie rasch zu mehr Schwung aus. Dabei fühlte sie sich in ihre Kindheit zurückversetzt. Auch damals schon hatte sie gerne geschaukelt, bis Kankurou sie irgendwann gefragt hatte, ob sie nicht inzwischen zu alt dafür geworden war. Natürlich aus purem Eigennutz. Sie lächelte. Ihr Bruder hatte ihr früher wirklich einiges madig geredet. Das Dumme war nur, dass sie meist darauf hereingefallen war. Manchmal hatte sie als große Schwester aber auch gerne zurückgesteckt. Ihr Lächeln verschwand. Sie vermisste seine teilweise großkotzige Art und die unzähligen und belanglosen Streitereien mit ihm. Und die vernünftigen und intelligenten Gespräche mit Gaara. Okay, mit Shikamaru hatte sie zwar eine gesunde Mischung aus beidem, wenn man von Kankurous großer Klappe absah, doch so ganz dasselbe war es trotzdem nicht. Geschwister blieben Geschwister, die nicht austauschbar oder zu ersetzen waren. Und sie konnte ja schlecht mal so eben zweiundzwanzig Jahre ihres bisherigen Lebens vergessen. Nein, so lief das nicht. Auch wenn sie es manchmal am liebsten so hätte. Temari seufzte. Diese verdammten Gewohnheiten … Sie betrachtete ihren Schatten, der sich durch die allmählich untergehende Sonne auf dem Gras vor ihr abzeichnete. Doch das war nicht alles, was sie sah. Sie ignorierte den Sprung, den ihr Magen machte und unterdrückte den Drang, ihm einfach nur um den Hals zu fallen. „Und?“, fragte Temari, ohne sich zu ihm umzudrehen. Shikamaru wusste nicht, was er darauf antworten sollte und starrte – wie schon die letzten drei Minuten – nur auf ihren Rücken und ihre inzwischen recht langen, blonden Haare. Jetzt bereute er, dass er sich vorher nicht ein paar Worte zurechtgelegt hatte. Sie wunderte sich nicht über seine Sprachlosigkeit. Das war doch immer dasselbe … Dennoch war ihr das lieber als ein geheucheltes »Tut mir leid«. Diese bescheuerte Floskel, mit der die Leute immer viel zu schnell um sich warfen, war nach ihrem Geschmack ohnehin völlig überbewertet. So einen Satz brauchte sie wirklich nicht, um zu erkennen, ob es jemand ehrlich meinte oder damit nur sein Gewissen erleichtern wollte. Trotzdem wollte sie nicht, dass sie sich weiterhin auf diese Art anschwiegen. „Wenn du mir was zu sagen hast, tu’s einfach“, sagte sie gefasst. Ein Schauer durchfuhr ihn. Genau das war ja sein Problem. Er hatte nicht die blasseste Ahnung, wo er ansetzen sollte, ohne dass es total bescheuert klingen würde. Doch bevor er sie mit seinem Schweigen noch zu Recht wütend machte, brachte er es besser gleich hinter sich. „Ich hab nachgedacht“, begann Shikamaru. „Wenn du unbedingt wieder zurück nach Suna willst, komme ich mit.“ Temari umfasste die Ketten der Schaukel einen Moment fester. Obwohl sie sich innerlich darüber freute, trat sie seiner Aussage lieber mit Skepsis gegenüber. „Woher kommt auf einmal dein Sinneswandel?“, fragte sie. „Wenn es dir nur um unser Kind geht, musst du dir keine Sorgen machen: Du kannst es natürlich sehen, wann immer du willst. Du kannst also beruhigt hier bleiben und das tun, was du für richtig hältst.“ Er fühlte sich wie vom Blitz getroffen. Sollte das etwa wirklich heißen, dass sie endgültig beschlossen hatte zu gehen? Nein, davon durfte er nicht gleich ausgehen. Es bestand schließlich die Möglichkeit, dass sie ihn nur auf die Probe stellen wollte. „Deshalb geh ich mit dir mit“, erwiderte Shikamaru knapp. Wie gerne sie ihm das geglaubt hätte: Wahrscheinlich sagte er es bloß, damit sie Ruhe gab. Und das hinterließ einen äußerst bitteren Nachgeschmack … „Das musst du aber nicht“, lenkte sie ein. „Ich krieg das auch irgendwie ohne dich hin.“ Er trat ein Stück vor und sah sie fassungslos an. „Was soll das?“, fragte er. „Legst du es etwa drauf an, oder wie darf ich das verstehen?“ Temari wich seinem Blick aus. „Ich weiß eben, dass du lieber hierbleiben möchtest“, sagte sie leise. „Es macht doch keinen Sinn, wenn ich dich mitschleppe und so unglücklich mache.“ Sie legte eine kurze Pause ein und setzte nach: „Deswegen bleibe ich hier.“ Sein Herz machte vor Erleichterung einen Sprung. Also doch bloß ein Test … Trotzdem gefiel ihm ihre Begründung überhaupt nicht. „Und was ist mit dir? Du bist hier unglücklich!“, warf er ein. Sie schüttelte den Kopf. „Ist schon okay. Ich liebe dich und bin deshalb bereit, Opfer zu bringen.“ Was für eine bescheuerte Argumentation … „Das bin ich genauso“, entgegnete er sachlich. „Also, wann gehen wir?“ „Überhaupt nicht, würde ich sagen.“ „Stell dich nicht so an. Du weißt doch genau, dass du zurück willst.“ Als ob es ihr auch nur eine Sekunde lang darum gegangen wäre … „Idiot“, zischte sie. „Du kapierst auch wirklich gar nichts.“ „Genug, um zu wissen, dass du wieder nach Hause möchtest“, legte Shikamaru fest. „Ich geh gleich zum Hokage und sag, dass wir morgen weg sind.“ „Das lässt du schön sein!“, widersprach sie ihm sofort. „Wir bleiben hier.“ „Und ich sage, dass wir gehen!“ „Von dir lass ich mir gar nichts befehlen!“, gab Temari zurück. „Aber wenn du so scharf drauf bist, kannst du ja abhauen und meinen Brüdern Gesellschaft leisten.“ An ihrem Unterton erkannte er, dass sie ihre Aussage selbst nicht ernst nahm. Wenn das nicht der richtige Zeitpunkt war, sie von ihren sturen Ansichten abzubringen, wusste er auch nicht weiter. „Dann musst du aber bei meinen Eltern einziehen“, konterte er trocken. „Und du kannst dir ja vorstellen, was das kleinere Übel für dich wäre.“ Sie überlegte, ob er es für diesen Kommentar nicht verdiente, dass sie ihm eine scheuerte. Da diese Absurdität allerdings auf ihr Konto ging, war eine Ohrfeige wohl alles andere als gerechtfertigt. Außerdem hatte sie keine Lust mehr, noch weiterhin sauer auf ihn zu sein. „Glaub ja nicht, dass du mit Kankurou was zu lachen hättest“, antwortete sie schließlich. „Aber wenn er dich zwischen die Finger bekommt, nimmt er dich sowieso auseinander.“ Das konnte er sich lebhaft ausmalen … Er verdrängte diese Vorstellung rasch und sagte: „Du könntest ja versuchen, ihn davon abzuhalten.“ „Als ob mir bei eurem nächsten Treffen was anderes übrig bleiben würde …“ Sie lächelte. „Ich brauch dich schließlich noch.“ „Und wofür?“ „Na, irgendjemand muss doch das Geld verdienen“, scherzte sie. Shikamaru schaute sie daraufhin mit hochgezogenen Augenbrauen – aber nicht weniger belustigt – an. Temari und ihr eigensinniger Humor … Sie grinste wiederum und sprang von der Schaukel auf. „Okay, dann lass uns mal den Kleinen zu Kurenai bringen und nach Hause gehen.“ Anschließend griff sie nach seiner Hand und zog ihn mit sich. Ja, manchmal war es eben doch nicht so schwer, zu verzeihen. ════════════════════════════════════════════════════ Und wieder ein Thema abgeschlossen, das sich über drei Kapitel gezogen hat. Ich hab wohl einen kleinen Hang zu „Trilogien“. :D Mit diesem Kapitel hab ich bei meinem Word-Dokument auch endlich die 100-Seiten-Marke geknackt. Kaum zu glauben, wie früh mir das im Verlauf dieser Geschichte gelungen ist. Danke fürs Lesen! :) Kapitel 22: Eine Frage des Glücks --------------------------------- @ : Bis sich die Geschlechterfrage klärt, wird es noch ein paar Kapitel dauern. Aber ob ich Shikamaru wirklich eine zweite Temari zumuten sollte? :D @ : Suna kommt wenn nur noch in Form einer Urlaubsthematik vor. Streiten werden sich die beiden in dem Punkt also nicht mehr. @ : Na ja, das liegt wohl daran, dass Temari ohnehin nie vorhatte, zurück nach Suna zu gehen. Wäre es hart auf hart gekommen, hätten sich die Zwei einigen müssen, aber so wäre es schlichtweg überflüssig gewesen, ein „Was-wäre-wenn“ zu thematisieren. @ alle Meinungsbekundler: Vielen Dank für eure Kommentare! =) ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 22: Eine Frage des Glücks „Und, wie war’s?“ „Wie jedes Mal“, entgegnete Shikamaru knapp. „Sind denn schon alle Gruppen angekommen?“, fragte Temari weiter. „Fast. Die aus Taki fehlen noch.“ Sie rückte ein Stück auf der Couch auf, um ihm Platz zu machen und lächelte schief. „Warum so wortkarg?“ Er setzte sich schwerfällig. „Ein paar Genin haben sich wegen der Zimmerverteilung in die Haare gekriegt und wer durfte natürlich schlichten?“ Er machte eine unmissverständliche Geste und fuhr fort: „Und um die neue Aufteilung durfte ich mich auch kümmern.“ Seine Freundin seufzte. „Klingt ja wenigstens ansatzweise interessant.“ „Na ja, nicht wirklich.“ „Immer noch besser, als gar nichts zu tun zu haben“, merkte sie an. „Mir ist nämlich schon wieder todlangweilig.“ Shikamaru blickte sie ungläubig an. „Du hast doch erst seit vorgestern wieder frei. Wie kannst du dich da langweilen?“ „Indem ich einen total öden Tagesablauf hab“, erwiderte Temari. „Spätestens um neun steh ich auf, dann ess ich was zum Frühstück, dann mach ich die fünf Minuten Haushalt, die hier jeden Tag anfallen, und zu guter Letzt geh ich nach draußen und latsche blöd durch die Gegend, bis ich keine Lust mehr hab. Wenn ich besonders langsam gehe, bin ich um eins wieder hier und überbrücke die drei, vier Stunden, bis du kommst, mit irgendeinem sinnlosen Kram.“ So eine ausführliche Beschreibung hatte er zwar nicht erwartet, aber dass das nicht gerade nach ihrem Geschmack war, war wohl offensichtlich. „Such dir doch ein Hobby“, schlug er vor. „Fang an zu malen oder so was in der Richtung.“ „Hmm“, machte sie. „Ich bin nicht so kreativ.“ „Aber für irgendwas musst du dich doch interessieren!“ Sie zog die Augenbrauen hoch und dachte nach. „Ich mag Pflanzen“, meinte sie schließlich sachlich. „In Suna war ich oft im Gewächshaus.“ „Na, also.“ „Alles schön und gut, aber mit ein paar Zimmerpflanzen kann ich meinen Tag nicht füllen.“ „Dann leg ein Beet im Garten meiner Eltern an. Meine Mutter hat ein bisschen Ahnung davon und würde dir bestimmt helfen.“ Temari legte skeptisch ihre Stirn in Falten. „Sie würde mir bloß die ganze Arbeit abnehmen und alles alleine machen. In ihren Augen ist doch alles viel zu anstrengend für mich.“ „Dann kann ich dir auch nicht weiterhelfen“, meinte er seufzend. „Frag ich eben unsere Nachbarn, ob sie mir hin und wieder ihren Hund für Spaziergänge ausleihen.“ „Warum beschwörst du nicht gleich Kamatari? Er kann dir wenigstens antworten.“ „Oh ja, er liebt es, Apportieren zu spielen und fliegenden Stöckchen nachzujagen“, scherzte sie. „Nein, im Ernst. Meinst du nicht, dass er Besseres zu tun hat, als mir Gesellschaft zu leisten?!“ Shikamaru zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, was ein Kuchiyose-Tier so in seiner Freizeit macht.“ Anschließend warf er einen Blick auf die Uhr und fragte: „Wann wollte Kurenai den Kleinen vorbeibringen?“ „Gegen halb sechs.“ „Dann hab ich ja noch genug Zeit zum Duschen.“ „Mach das“, sagte sie. „Ich langweile mich dann noch ein bisschen.“ „Ein kläglicher Versuch, mir ein schlechtes Gewissen zu machen“, merkte er an. Seine Freundin grinste scheinheilig. „Versuchen kann man’s ja mal“, witzelte sie. Nachdem er im Bad verschwunden war, legte sie sich wieder hin und dachte darüber nach, was für ein Hobby sie sich anlachen konnte. Etwas, das bei ihr auf Talent basierte, suchte sie vergeblich, da sie außer Kämpfen im Grunde genommen nichts wirklich gut konnte. Vielleicht sollte sie sich doch an etwas Kreatives wagen. Womöglich kam ja sogar eine verborgene Fähigkeit ans Tageslicht. Oder sie machte sich daran, endlich richtig kochen zu lernen. Obwohl … Nein, da versuchte sie doch ungefähr hundert Mal lieber Stillleben oder Landschaften zu malen … Basteln war auch noch eine Alternative, aber nach einigen Geduldsproben in dem Gebiet mit den Schülern der unteren Akademie-Klassen war der Reiz an so einer Freizeitbeschäftigung bei ihr nicht mehr so wirklich vorhanden. Und wenn sie anfing, Gedichte oder Ähnliches zu schreiben? Temari zog bei der Vorstellung eine Grimasse. Sie und Gedichte … Das war ja nahezu lächerlich! Na ja, dann blieb es eben beim gelegentlichen Gassigehen mit dem Nachbarshund. Dabei konnte sie immerhin auch nicht viel falsch machen und Peinlichkeiten wegen bescheuerter Reime blieben ihr auch erspart. Es klingelte an der Tür. Rasch stand sie vom Sofa auf und ging in den Flur. Nach solch dümmlichen Gedanken kam ihr eine Ablenkung ganz recht. Das Gesicht, das sie erblickte, warf für den Bruchteil einer Sekunde Fragen in ihr auf. Was machte bitte Hyuuga Hinata vor ihrer Haustür? Hiruzen, der sie mit einer überschwänglichen Umarmung begrüßte, löste dieses Rätsel. Es passte zwar nicht so ganz zu Kurenai, dass sie andere vorschickte, um ihren Sohn zum Babysitten abzugeben, aber nun gut. Temari wuschelte dem Jungen kurz durch die dunklen Haare, was ihn zum Lachen brachte und sagte dann zu seiner Aufpasserin: „Hallo.“ Hinata deutete augenblicklich eine übertrieben respektvolle Verbeugung an, grüßte genauso höflich und erklärte: „Kurenai-sensei hatte keine Zeit, also hat sie mich gefragt, ob ich euch beiden Hiruzen vorbeibringen könnte.“ „Okay?!“, meinte sie irritiert und da ihr Gegenüber nicht antwortete, setzte sie nach: „War das alles?“ Die Jüngere schüttelte den Kopf und reichte ihr wortlos eine Tasche mit Spielsachen und Kleidung zum Wechseln. „Danke.“ Temari nahm sie entgegen und fragte: „Hat Kurenai dir gesagt, wann sie den Kleinen wieder abholt?“ Hinata nickte. „Morgen früh gegen halb elf“, antwortete sie. „Sie meinte allerdings, dass ihr ihn auch eher bei ihr abgeben könnt, falls es nicht mehr geht.“ „Nö, geht schon in Ordnung. Ein bisschen Praxis für den Ernstfall kann nicht schaden.“ Sie winkte ab und tätschelte kurz ihren Bauch, was der jungen Frau vor ihr einen leichten Rosaschimmer auf die Wangen zauberte und verlegen zu Boden blicken ließ. Da Hinata nach einer guten halben Minute immer noch wie angewurzelt dastand und keine Anstalten machte, auch nur eine Silbe über ihre Lippen zu bringen, sagte Temari: „Okay, man sieht sich dann irgendwann.“ Sie nickte, murmelte ein „Tschüß!“ und eilte davon. Verwirrt sah Temari ihr noch einen Moment hinterher. Die ganze Familie Hyuuga kam ihr höchst seltsam vor … Aber vielleicht war das in höheren Kreisen einfach so. Am besten dachte sie gar nicht weiter darüber nach. Sie schloss die Tür hinter sich und ging zurück ins Wohnzimmer, wo Hiruzen auch schon über seinen Patenonkel hergefallen war und sich nun von diesem durchkitzeln ließ. Temari stellte die Tasche neben dem Tisch ab und beobachtete die beiden. „Ein Kind steht dir übrigens gut“, meinte sie. „Wirklich?“, erwiderte Shikamaru schulterzuckend. Sie lächelte. „Du gibst bestimmt auch einen guten Vater ab.“ „Wenn ich nicht schon wüsste, dass du schwanger bist, müsste ich mir jetzt wohl Gedanken machen.“ „Und dir vom Augenarzt eine Brille verschreiben lassen“, ergänzte sie scherzhaft. „Selbst ohne bist du kaum zu übersehen.“ „Ich liebe es, wenn du so charmant bist.“ Sie lachte, stützte sich mit den Ellenbogen auf der Lehne ab und setzte nach: „Immerhin weiß ich jetzt, dass ich mit dir wohl den Richtigen gefunden hab. Ich lass mir so was schließlich nicht von jedem gefallen.“ Ihr Freund schmunzelte. „Gut, dass du für die Erkenntnis nur drei Jahre gebraucht hast.“ Temari zwickte ihm sanft in den Nacken, schwieg jedoch. Anschließend wandte sie sich an den Jungen und fragte: „Hiruzen, was möchtest du denn heute Abend essen?“ Bitte was Einfaches, bat sie in Gedanken. Er überlegte einen Augenblick. „Darf ich Pizza?“ Sie jubelte innerlich. Noch leichter ging es wirklich nicht … „Natürlich“, antwortete sie begeistert. „Was möchtest du denn drauf haben? Salami, Schinken oder doch nur –“ „Ich halte das für keine gute Idee“, warf Shikamaru ein und verpasste so der Euphorie seiner Freundin einen Dämpfer. „Und warum?“ „Weil Pizza kein Essen für einen Dreijährigen ist.“ „Jetzt hab dich nicht so. Er bekommt so was doch nicht jeden Tag“, argumentierte sie. „Ja“, setzte er an, „aber …“ Sie ließ seinem Protest allerdings keine Chance. „Sieh ihn dir doch an! Wie kannst du da Nein sagen?“ Tatsächlich strahlte Hiruzen ihn voller Vorfreude an. „Du hast doch bloß keine Lust zu kochen“, murmelte er vor sich hin, gab sich aber doch geschlagen. „Also gut. Holen musst du sie aber selbst.“ Temari grinste triumphierend. Nachdem sie sich auf eine Sorte geeinigt hatten, schnappte sie sich ihr Portmonee vom Tisch und verschwand mit einem „Bis gleich!“ aus der Wohnung. Shikamaru seufzte. Irgendwie war es ernüchternd, dass er schon bei solchen Kleinigkeiten nichts zu melden hatte … „Nii-san, spielst du was mit mir?“ Er schaute den Jungen an und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Wenn er es recht bedachte, passte streng sein sowieso nicht zu ihm … „Alles, was du willst“, antwortete er. --- Temari kam zwanzig Minuten später wieder. Sie lud die übergroße Familienpizza in der Küche ab und sah den beiden beim Memoryspielen zu. Hiruzen machte dabei die ganze Zeit Faxen und schien – ganz entgegen seinem sonstigen Verhalten – keine fünf Sekunden stillsitzen zu können. Na ja, vielleicht war es seine Art für Verwirrung zu sorgen, aber dass er trotzdem jedes Spiel gewann, kam ihr schon ein wenig seltsam vor. „Sag mal, lässt du ihn absichtlich gewinnen?“, fragte sie Shikamaru leise, während ihr Schützling das dritte Pärchen in Folge abräumte. Er schüttelte nur den Kopf. Ihm war das Ganze selbst ein Rätsel … Seine Freundin lachte. „Dann lässt du dich aber ganz schön von ihm reinlegen.“ „Inwiefern?“ „Na, er guckt doch ständig unter den Tisch. Und dass Glas normalerweise durchsichtig ist, muss ich dir wohl nicht erzählen …“ Klar, nun machte alles Sinn. Warum war er darauf nicht selbst gekommen? „Wie kommt ein Dreijähriger auf die Idee so zu schummeln?“, entgegnete Shikamaru, wobei er sich nicht entscheiden konnte, ob er davon beeindruckt oder schockiert sein sollte. „Tja, vielleicht hat er das bei dir abgeguckt“, meinte Temari belustigt. „Kann gar nicht sein. Ich halte mich immer an die Regeln“, verteidigte er sich. „Aber sicher“, gab sie sarkastisch zurück. „Du glaubst doch nicht etwa, dass ich noch nicht bemerkt hab, dass du beim Maumau manchmal zwei Karten auf einmal ablegst?!“ „Ich hab halt keine Lust, ständig bei einem Spiel gegen dich zu verlieren, bei dem es zu fünfundneunzig Prozent aufs Glück ankommt“, redete er sich heraus. „Dafür bin ich beim Shōgi einfach schlecht. Du könntest mich ruhig mal gewinnen lassen.“ „Das ist doch völlig bescheuert. Wo liegt denn bitte der Reiz für dich, wenn ich das machen würde?“ „Darum geht’s hier jetzt nicht. Ich sag ja schließlich auch nichts, wenn sich mal wieder ganz zufällig eine Karte zuviel von dir auf den Stapel verirrt.“ „Selbst schuld, würde ich sagen“, erwiderte er unbeeindruckt. Sie ärgerte sich innerlich tierisch. Seine Gelassenheit war manchmal kaum zu ertragen … „Einigen wir uns einfach darauf, dass du ein schlechter Verlierer bist!“, schloss sie. Er zuckte mit den Schultern. „Ganz wie du meinst.“ Dieser Kommentar ging ihr erst so richtig auf die Nerven. „Musst du auch noch das letzte Wort haben?“, fragte sie kritisch. „Ja, was hab ich mir dabei nur gedacht?“, antwortete er monoton. „Du hast es ja noch nicht oft genug.“ Dieses Kontra – so gelangweilt es auch klang – verschlug ihr glatt die Sprache. Die Wahrheit konnte manchmal ganz schön wehtun … „Okay, ich schneid dann mal die Pizza zurecht“, sagte sie rasch, bevor sie in Richtung Küche verschwand. Hiruzen, dem diese Ankündigung nicht entgangen war, wirbelte die Karten auf dem Tisch durcheinander und schob sie an die Kante, um Platz für sein Abendessen zu schaffen. Shikamaru beobachtete ihn schmunzelnd. Na ja, immerhin hatte er so wenigstens das letzte Spiel nicht verloren. ════════════════════════════════════════════════════ Hinatas Auftritt ist vielleicht ein bisschen komisch, aber ich wollte mal einen Charakter auftreten lassen, von dem man bisher hier nicht wirklich etwas gelesen hat und der Kurenai in einem solchen Maße vertraut ist, dass sie ihm ihren Sohn überlassen würde. (Aber vielleicht wäre Konohamaru in diesem Fall die bessere Wahl gewesen.) Zu Hiruzens Schummelei hat mich übrigens meine Nichte Benita inspiriert. Sie hat einmal genau dasselbe gemacht und es hat ewig gedauert, bis meine Schwester das gemerkt hat. :D Thanks for reading! :) Kapitel 23: Baby-Sitting ------------------------ @ : “Kamatari spielt Apportieren“ ist wirklich eine amüsante Vorstellung. Wäre auf jeden Fall ein Fanart wert. :D @ : Ich sag’s mal so: Hiruzen wird den beiden nicht ununterbrochen auf der Nase herumtanzen, aber seine „Momente“ bekommt er bestimmt (ansonsten könnte ich ja schlecht so viele Kapitel mit dieser Thematik füllen). :) @ : Dankeschön für dein Lob! Das höre ich doch wirklich gerne. =) Dass die Pille nicht 100%tig hält (halten kann), was sie verspricht, daran hab ich damals beim Schreiben gar nicht gedacht. Na, vielleicht auch gut so. @ alle Kommentatoren: Ein riesiges Dankeschön für euer Feedback! :) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 23: Baby-Sitting Seufzend pfefferte Temari das abgewaschene Messer zurück in die Schublade. Es fühlte sich so richtig schön beschissen an, im Unrecht zu sein. Diese Erfahrung hatte sie in letzter Zeit ja schon öfter gemacht, aber warum – verdammt noch mal – lernte sie einfach nichts daraus? Das konnte eigentlich doch nicht so schwer sein … Ja, die Betonung lag auf eigentlich. Dieses Wort schaffte es, jede noch so gute Absicht zu relativieren. Am besten gab sie es gleich auf, sich krampfhaft ändern zu wollen. Shikamaru hatte sie ja schließlich trotzdem genommen … Eine gruselige Entscheidung, wenn sie es recht bedachte. Entweder war er hart im Nehmen, masochistisch veranlagt oder litt in puncto Frauen unter einer selbstzerstörerischen Geschmacksverirrung. Wahrscheinlich alles drei auf einmal. Oder er war doch schlichtweg normal und sie selbst hatte einfach nicht alle Latten am Zaun. Ja, das traf den Nagel wohl auf den Kopf. Schwanger sein war aber auch wirklich nicht leicht. „Wo bleibst du denn so lange?“ Missmutig sah Temari auf, sagte jedoch kein Wort. Shikamaru runzelte die Stirn. „Versinkst du schon wieder in Selbstmitleid?“ „Das Übliche halt“, antwortete sie lustlos. „Vergiss doch den Blödsinn von eben. Ich hab mich doch schon längst daran gewöhnt, unter dir zu stehen. Metaphorisch gesehen zumindest.“ „Danke, das baut mich echt auf“, entgegnete sie sarkastisch. „Ich wollte ja schon immer eine herrschsüchtige Person sein, die allen anderen ohne Wenn und Aber zeigt, wo’s langgeht und dafür über Leichen geht.“ „Gäbe es einen Preis fürs Überdramatisieren hättest du ihn gerade gewonnen“, merkte er an. „Na, großartig …“ Er seufzte. „Reiß dich einfach mal ein bisschen zusammen. Wärst du wirklich so schlimm, wär ich schon längst über alle Berge.“ An der Aussage war wohl etwas dran … Seine Freundin atmete schwer aus. „Ich versteh trotzdem nicht, was du an mir findest.“ Er zuckte mit den Schultern. „Musst du ja auch nicht.“ „Ich würd’s manchmal aber gerne …“, meinte sie seufzend. „Na, egal. Lass uns essen.“ Sie griff nach dem Karton mit der geschnittenen Pizza und den drei Tellern, die sie daneben platziert hatte und rauschte an ihm vorbei durch den kleinen Flur ins Wohnzimmer. Shikamaru blieb noch einen Moment in der Küche. Eins stand mal fest: Wer Frauen erfunden hatte, musste wirklich eine leicht sadistische Ader gehabt haben. Aber ohne sie wäre das Leben wohl auch zu langweilig. --- „Und, bist du satt geworden?“ Hiruzen schaute seine Aufpasserin groß an und nickte. „Kann ich denn jetzt fernsehen?“ „Erst wenn du dir die Hände gewaschen hast.“ Der kleine Junge sprang abrupt von seinem Platz auf und lief ins Bad. „Ist doch in Ordnung, oder?“, meinte Temari an ihren Freund gewandt. „Ich denke schon. Er darf aber nicht mehr als eine halbe Stunde am Tag“, erwiderte er. Sie lehnte sich zurück. „Wenn du mich fragst, ist sogar das für einen Dreijährigen zu viel.“ Shikamaru sah zu ihr herüber. „Warum hast du es ihm dann erlaubt?“ „Ich bin nicht seine Mutter. Da kann ich es ihm schlecht verbieten“, gab sie zurück. „Eltern sind schließlich die Spielverderber – alle anderen dürfen auch mal Fünfe gerade sein lassen.“ Eltern als Spielverderber … Dieser Grundsatz hätte genauso gut auch von Yoshino stammen können. „Wenn das dein Motto ist, sehe ich aber schwarze Zeiten auf unser Kind zukommen“, merkte er an. „Blödsinn!“, widersprach sie. „Nur weil Yoshino diesen Spruch vor deiner Geburt offensichtlich inhaliert hat, muss das bei mir nicht auch so sein. Ich werd als Mutter einen ganz anderen Weg als sie einschlagen.“ Das bezweifelte er doch stark … Shikamaru hob eine Augenbraue und meinte skeptisch: „Na, da bin ich aber mal gespannt.“ Seine Freundin zog eine Grimasse. „Du wirst ja sehen“, sagte sie selbstsicher. Pah, ihm würde sie es schon zeigen … --- Zehn Minuten später saß Hiruzen vor dem Fernseher und verfolgte mit vor Staunen halbgeöffneten Mund eine Geschichte, die mit Marionetten erzählt wurde. Temari beobachtete ihn dabei und fragte sich, ob alle kleinen Kinder so aussahen, wenn sie zur Abwechslung mal keine Zeichentrickserien vorgesetzt bekamen. Na ja, so ein Puppentheater war wohl einfach etwas anderes … „Weißt du, an wen er mich gerade erinnert?“, fragte sie leise. Shikamaru zuckte nichtsahnend mit den Schultern. „Na, an Kankurou“, klärte sie auf. „Als er das damals geguckt hat, sah er mindestens genauso begeistert aus. Das war nämlich seine Lieblingsserie.“ „Sag bloß, er ist deswegen auf die Idee gekommen, Marionetten als Waffen zu benutzen?!“, warf er eher scherzhaft ein. Sie bestätigte seine Aussage mit einem Nicken. „Doch, könnte man so sagen.“ „Wie kann ein Kind durch eine Sendung auf so eine Idee kommen?“ „Was fragst du mich das?“ „Du bist seine Schwester“, argumentierte er. „Was aber nicht automatisch bedeutet, dass ich jede Kleinigkeit über ihn wissen muss“, ergänzte sie. „Er verwendet Marionetten, du deinen Schatten. Was macht da den großen Unterschied?“ „Bei mir ist es so ’ne Art Tradition.“ „Marionettenspielen bei uns in Suna doch auch. Es geht bloß über die Grenzen einer Familie oder eines Clans hinaus. Und ein bisschen muss man sich ja auch mit seiner Waffe identifizieren können.“ „Das erklärt, warum du einen Fächer hast“, merkte er daraufhin trocken an. „Und das heißt?“ „Dass du einfach jeden wegwehst, der dir zu nahe kommt.“ „Gute Idee. Das sollte ich wirklich bei denjenigen machen, die mir länger als fünf Minuten auf die Nerven gehen. Deine Mutter kommt gleich als Erste dran!“ Sie lachte, was die Vermutung in ihm aufkommen ließ, dass sie diese Anspielung nicht richtig verstanden hatte. Als Temari seinen Blick auffing, verbesserte sie sich schnell: „Nein, nein, ich hab schon begriffen, was du damit sagen willst.“ „Bei dir trifft der Spruch Harte Schale, weicher Kern eben zu“, entgegnete Shikamaru schulterzuckend. „Früher vielleicht, aber momentan ist wohl überhaupt nichts mehr hart an mir.“ Sie fasste sich demonstrativ an die Seite und kniff in ihren Babyspeck, die sie inzwischen angesetzt hatte. „Das darf auch gerne so bleiben“, meinte er. „Das sagst du nicht zum ersten Mal“, merkte sie lächelnd an. „Na, mal sehen, was sich machen lässt.“ „Hauptsache, du verfällst nicht in so einen Diät-Wahn wie Ino.“ „Mit Sicherheit nicht“, sagte sie überzeugend. „Apropos Fächer: Meinst du, ich sollte ihn als Deko an die Wand hängen?“ Ihr Freund blickte sie nur ungläubig an. Was für ein abrupter Themawechsel … „Was?“, hinterfragte sie. „Ist doch besser, als wenn er weiterhin in der Ecke herumsteht und verstaubt. Ich benutz ihn doch sowieso nicht mehr.“ Nein, darauf antwortete er besser nicht … „Gut, dann halte mich eben für bescheuert. Du hast sowieso keine Fantasie“, erwiderte sie ignorant. „Von mir aus“, meinte er gleichmütig. Temari legte ihre gefalteten Hände über seine Schulter, stützte sich mit dem Kinn darauf ab und grinste urplötzlich. „Du widersprichst mir ja gar nicht.“ „Sollte ich denn?“ „Also, manchmal darfst du das schon.“ Sie lachte. Manchmal … Vielleicht sollte er davon wirklich mal Gebrauch machen. --- Nach dem Fernsehen holte Hiruzen ein Spiel aus seiner Tasche hervor. Während Shikamaru den Turm aus Holzklötzen aufbaute, schnappte sich der Junge das Stirnband vom Tisch und betrachtete es von allen Seiten. Schließlich fragte er: „Nee-chan, warum ist da ein anderes Zeichen drauf?“ Temari überlegte, wie sie die Frage kindgerecht beantworten konnte. „Ich komme aus einem anderen Dorf“, erklärte sie, „und unser Zeichen sieht so aus.“ „Wie heißt das Dorf?“ „Sunagakure.“ „Und wo ist das?“ „Weit weg in der Wüste.“ „Was ist eine Wüste?“ „Das ist ein Ort, an dem ganz viel Sand liegt und wo es tagsüber sehr warm und in der Nacht sehr kalt ist.“ „Dann habt ihr mittags also Sommer und nachts Winter?“ „Ja, so ungefähr“, sagte sie amüsiert. „Toll!“ Hiruzen war ganz Feuer und Flamme. „Nimmst du mich mal mit dahin? Kommt das Baby dann auch mit?“ Temari lächelte. „Nur, wenn deine Mama nichts dagegen hat und ihr beide ein bisschen älter seid.“ Liebevoll streichelte sie ihren Bauch. --- „Gewonnen!“, jubelte der kleine Junge gute zwei Stunden und einige Partien Jenga und diverse Brettspiele später. „Was spielen wir nun?“ „Jetzt kommt das Zähneputzen-und-Schlafengehen-Spiel“, legte seine Aufpasserin fest. „Schon?“, empörte er sich und wandte sich prompt an Shikamaru, den er bettelnd ansah. „Du hast sie gehört“, meinte er mit Nachdruck. „Eigentlich solltest du um diese Uhrzeit gar nicht mehr wach sein.“ „Schade“, murrte er, fügte sich schlussendlich aber und verschwand mit seiner Zahnbürste im Badezimmer. Die beiden folgten ihm und sahen, wie er sich dabei anmühte, an den Wasserhahn zu kommen, obwohl sein Kopf noch nicht mal bis zum Beckenrand reichte. Sein Patenonkel kam ihm unaufgefordert zu Hilfe und hob ihn hoch und Temari beobachtete ihn von der Seite, ob er sich auch gründlich genug die Zähne putzte. Als das geschafft war, wollte Hiruzen schon in Richtung Wohnzimmer flitzen, doch Shikamaru war schneller. „Hast du nicht was vergessen?“, fragte er daraufhin. Der Junge zog einen Schmollmund und schlenderte wortlos zur Toilette. Fünf Minuten darauf war er auch schon komplett umgezogen und bettfertig. „Wo möchtest du denn schlafen?“, fragte Temari. „Im Bett oder auf dem Sofa?“ „Auf dem Sofa“, kam es sofort von ihm. „Du kannst aber ruhig mit bei uns im Bett schlafen“, warf sie ein. Hiruzen schüttelte den Kopf. „Da ist doch gar kein Platz für mich. Ihr seid doch schon Drei!“, erwiderte er und lachte. Anschließend kletterte er auf die Couch, schnappte sich ein Kissen und die Wolldecke und deckte sich zu. „Erzählt ihr mir noch eine Geschichte?“ Sie warf ihrem Freund einen fragenden Blick zu. „Willst du oder soll ich?“ „Du kannst das besser als ich“, antwortete er rasch. „Na, gut …“, stimmte sie zu und fragte ihren Schützling: „Wovon soll ich denn erzählen?“ „Von Katzen!“, stieß er aus. „Und Hasen, Bären und Spatzen!“ Da ihr eine solche Geschichte gänzlich unbekannt war, musste sie ihre grauen Zellen wohl mal ein wenig anstrengen … „Okay …“, sagte sie langsam. „Vor langer Zeit lebten in einem Wald alle Tiere friedlich miteinander. Die Hasen hatten keine Angst vor den Bären und die Spatzen brauchten sich nicht vor den Katzen zu fürchten. Jeden Nachmittag …“ ════════════════════════════════════════════════════ Teilweise hatte ich zwar Probleme dabei, Hiruzen altersgemäß wie einen Dreijährigen agieren zu lassen, aber ich denke, ich hab’s doch ganz gut hinbekommen. Und massig Spaß hatte ich beim Schreiben natürlich auch. Danke fürs Lesen! :) Kapitel 24: Überzeugungsarbeit ------------------------------ @ : Entweder ist es die Erkältung oder er wird einfach langsam erwachsen! :D @ : Jup, ich hoffe nur, dass Kankurou seine Neigung nicht vom Puppentheater hat. |D @ : Hiruzen ist im Vergleich zu anderen Kindern wirklich „handzahm“ (besonders, wenn ich mir meine neun Monate alte Nichte ansehe). :) @ : Ich denke mal, Hiruzen bleibt später eher seinen Wurzeln treu und nimmt kein Marionetten-Training bei Kankurou. :D @ : Mit der Szene geb ich dir vollkommen Recht. Kinder sind wirklich immer wieder für eine Überraschung gut. :) @ alle Meinungsbekundler: Dankeschön für eure Kommentare! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 24: Überzeugungsarbeit Temari atmete auf. „Gut, dass er jetzt schläft“, flüsterte sie. „Noch zwei Sätze und ich hätte mich in totalen Schwachsinn verstrickt.“ „Mir wär schon nach drei Minuten nichts mehr eingefallen“, entgegnete Shikamaru beeindruckt. „Vielleicht solltest du doch Geschichten schreiben.“ „Na ja, wenn ich hobbytechnisch nicht anderweitig fündig werde, kann ich’s ja mal versuchen.“ Sie lächelte, deckte Hiruzen richtig zu und stand auf. „Ist er nicht niedlich?“, meinte sie dann. „Ja“, stimmte er zu. „Wie die meisten Kinder.“ „Und du bleibst trotzdem bei der Meinung, dass du zuerst ein Mädchen möchtest?“ „So wichtig ist mir das auch wieder nicht. Ob Junge oder Mädchen ist letztendlich doch egal.“ „Wie kommt es, dass du von deinem praktischen Denken abgerückt bist?“ „Dass es gesund ist, ist eben das Wichtigste“, erwiderte er und scherzte: „Außerdem erfüllst du mir diesen Wunsch sowieso nicht, so wie ich dich kenne.“ Temari knuffte ihm leicht in die Seite und konterte: „Also, das hast du dir selbst zuzuschreiben. Ich hab darauf nämlich keinen Einfluss wie du.“ „Na ja, so wirklich hab ich den auch nicht.“ „Aber mein Anteil war im Gegensatz zu deinem wenigstens neutral.“ „So gesehen schon, aber bei meinem Glück kommt das Kind dafür wahrscheinlich charakterlich nach dir.“ „Ach, passt dir etwa irgendetwas an meinem Charakter nicht?“ Sie tat empört. Um einem Konflikt aus dem Weg zu gehen, entgegnete er: „Willst du darauf wirklich eine Antwort haben?“ Seine Freundin schmunzelte. „Lieber nicht.“ „Und was wäre dir lieber?“, fragte Shikamaru nach kurzem Schweigen. Temari lehnte sich vor und betrachtete den schlafenden Jungen. „Einerseits denke ich, dass ein Mädchen doch ganz nett wäre, da ich in meiner Kindheit fast nur von Männern umgeben war“, begann sie. „Aber wenn ich mir dann Hiruzen so ansehe, fände ich einen Jungen auch nicht schlecht.“ Ein Lächeln huschte über ihre Lippen und sie fuhr fort: „Egal, was es am Ende wird: Mit der Einstellung kann ich gar nicht enttäuscht werden.“ Ja, da war wohl wirklich etwas dran … „Und, was machen wir jetzt?“, meinte er anschließend. Sie warf einen Blick aus dem Fenster. Es war noch recht hell. „Ich würde nach draußen gehen, aber wir können ihn hier ja nicht alleine lassen“, antwortete sie. „Na ja, gehen wir halt mal ein bisschen eher zu Bett.“ Ein bisschen ist gut, dachte er, nickte aber bloß zustimmend. --- Zehn Minuten später zog Temari die Vorhänge zu – was zwar nicht allzu viel brachte – und legte sich hin. „Wir brauchen wirklich eine andere Wohnung“, sagte sie leise. „Eine mit nur einem Raum ist mit Kind einfach nichts.“ Shikamaru kroch zu ihr unter die Decke und erwiderte: „Dafür ist diese hier eigentlich auch nicht gedacht.“ Sie seufzte. „Dann bin ich wohl in nächster Zeit mit Wohnungssuche beschäftigt.“ „Das musst du gar nicht. Wir könnten auch –“ „Das Thema hatten wir doch schon“, fuhr sie ihm rasch ins Wort. „Und ich steh immer noch nicht so drauf, wenn mehrere Generationen unter einem Dach leben. Etwas Privatsphäre hätte ich nämlich schon ganz gerne.“ „Die hättest du doch. Außerdem könnten wir so eine Menge Geld sparen“, argumentierte er. „Das ist mir so was von schnurz“, gab sie nachdrücklich zurück. „Ich möchte einfach nicht Tür an Tür mit deinen Eltern wohnen.“ „Du klingst, als wären sie die schlimmsten Menschen der Welt.“ „Quatsch!“, widersprach sie. „Dein Vater ist mehr als in Ordnung, aber wenn ich daran denke, dass ich dann jeden Tag Yoshino um mich hätte, stellen sich meine Nackenhaare zu Berge.“ Das konnte er zwar irgendwie nachvollziehen, doch zufrieden stellte ihn dieser Grund wirklich nicht. „Vielleicht wird es in der ersten Zeit so sein“, entgegnete er, „aber irgendwann wird ihr das sicher zu langweilig und sie lässt dich in Ruhe.“ Sie murmelte etwas, das wie „Das glaubst du doch wohl selbst nicht“ klang und setzte in einem ganz anderen Ton nach: „Ach, komm schon, nehmen wir uns ’ne Wohnung, die weit genug von ihr weg ist, dass sie bei uns nicht jeden Tag auf der Matte steht und gut ist. Der finanzielle Ruin wird uns deswegen schon nicht drohen.“ Shikamaru schwieg. „Ist doch auch in deinem Sinne, wenn du sie nicht ständig sehen musst, oder?“, warf Temari ein. „Ja, schon …“ „Dann verstehe ich aber nicht, warum du auf einmal so darauf beharrst, dass wir bei deinen Eltern einziehen.“ „Das tu ich doch gar nicht“, meinte er seufzend. „Das war nur so eine Idee …“ … die ihm im Grunde selbst nicht gefiel. Seine Freundin schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und sagte: „Wenn es nur wegen dem Geld ist, mach dir mal keine Gedanken: Das passt schon irgendwie.“ Dann rückte sie an ihn heran und drückte ihm einen Kuss auf. „Ich beneide deinen Optimismus“, erwiderte er. „Aber vielleicht hast du ja Recht.“ „Nicht nur vielleicht, sondern ganz bestimmt“, legte sie fest und lachte leise. Er äußerte sich nicht weiter dazu und legte einen Arm um sie. „Okay, dann schlaf mal schön.“ „Du auch“, wünschte sie ihm und schloss die Augen. --- Tick, tack … Tick, tack … Shikamaru hatte keine Ahnung, zum wievielten Mal er nun schon das dämliche Ticken der Uhr hörte und dank diesem penetrant-nervigen Geräusch am Einschlafen gescheitert war. Nun gut, richtig müde war er nicht und dass ihm die seltsamsten Dinge durch den Kopf gingen, war auch nicht gerade förderlich, doch die Wanduhr war definitiv die Hauptschuldige an seiner Schlaflosigkeit. Gleich morgen früh verbannte er sie in den Flur oder die Küche, das war mal sicher … Vorsichtig drehte er sich auf die Seite, um Temari nicht zu wecken, und vergrub sich unter der Bettdecke. Wenn er nicht bald einschlief, war der morgige Sonntag von schlechter Laune aufgrund Schlafmangels geprägt und somit gelaufen … „Schläfst du immer noch nicht?“, hörte er sie plötzlich fragen. „Du anscheinend ja auch nicht“, merkte er an. „Ich hab schon geschlafen, aber dein Kind hält mich jetzt seit einer guten Viertelstunde wach.“ „Bewegt es sich denn schon so stark?“ „Überzeug dich doch einfach selbst“, schlug sie vor, tastete nach seiner Hand und platzierte sie entsprechend auf ihrem Bauch. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis er ein mehr oder weniger regelmäßiges Zucken merkte. In solchen Momenten fühlte er sich nach wie vor etwas merkwürdig, da das Ganze noch recht unwirklich auf ihn wirkte, obwohl er es natürlich besser wusste. „Na, so viel ist das doch noch nicht“, meinte Shikamaru letztendlich. „Ach, was weißt du denn schon?“, wehrte Temari belustigt ab. „Würdest du in meiner Haut stecken, wärst du garantiert der Meinung, dass ich noch untertreibe.“ „Zum Glück bin ich das nicht“, äußerte er sich. „Ich würde, ehrlich gesagt, auch nicht mit dir tauschen wollen.“ „Ich auch nicht mit dir“, pflichtete sie ihm bei. „Klar, schwanger sein ist kein Zuckerschlecken, aber als Mann würde ich doch viel zu viel verpassen, was das betrifft.“ „Du meinst Stimmungsschwankungen und emotionale Tiefpunkte?“ „Also, darauf kann ich auch verzichten.“ Sie lachte. „Aber wenn ich dann spüre, wie sich das Baby bewegt, gleicht sich das wieder aus. Das ist nämlich eine ganz besondere Erfahrung, die Außenstehende so nicht miterleben können. Alles Unangenehme mach ich dafür gerne mit, egal, ob es nun um Herzschmerz, Übelkeit oder später die Geburt geht.“ Das alles konnte er wirklich verstehen, aber … „Herzschmerz?“, wiederholte er stirnrunzelnd. „Hast du zu viele schlechte Filme gesehen?“ „Nur, weil das bei uns beiden nie wirklich der Fall war, heißt das ja nicht, dass das auch auf alle anderen zutrifft“, merkte sie an. „Legst du auf so eine Erfahrung etwa wert?“ „Nein, die paar Stunden neulich waren schon höllisch genug. Ich war vielleicht dämlich …“ Da er nicht wollte, dass sie wegen dem Vorfall wieder ein schlechtes Gewissen bekam, erwiderte er: „Ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst.“ Temari seufzte erleichtert auf. „Du bist viel zu gut zu mir. Weißt du das eigentlich?“ „Ich behandle dich einfach so, wie du es verdient hast. Mehr nicht.“ Sie musste lachen. „Du kannst ja doch romantisch sein!“ „Ausnahmsweise“, scherzte er. --- „Sag mal“, begann sie nach einer kurzen Pause, „möchtest du Mittwoch zum Termin mitkommen?“ Die Vorstellung gefiel ihm ja schon irgendwie, doch … „Ich weiß auch nicht …“, antwortete er schließlich. „Du willst also gar nicht mit?!“, entgegnete sie etwas enttäuscht. „Ich meine, du erfährst dann wahrscheinlich immerhin, ob du einen Sohn oder eine Tochter bekommst.“ „Doch, ich möchte schon“, verbesserte er sich schnell, „aber ob ich so kurzfristig einen freien Tag bekomme, ist natürlich ’ne andere Frage.“ „Ach, das klappt schon irgendwie. Wenn die Genin ab Montag im Wald unterwegs sind, hast du sowieso nicht viel zu tun. Da fällt es gar nicht auf, wenn du mal einen Tag fehlst“, sagte sie zuversichtlich. „Zur Not lass ich eben meine Beziehungen sprechen. Konoha kann es sich doch gar nicht leisten, der Schwester des Kazekage so einen winzigen Gefallen auszuschlagen.“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Dir muss meine Begleitung ja echt wichtig sein, wenn du so weit dafür gehen würdest.“ Sie grinste nur scheinheilig. --- „Okay, dann gute Nacht“, murmelte Temari etwas später. „Na, mal sehen …“, erwiderte Shikamaru wenig überzeugt. Er war schon dabei, sich mit einer schlaflosen Nacht abzufinden, als sie plötzlich fragte: „Soll ich dir beim Einschlafen helfen?“ „Nein, schlaf du mal ruhig“, antwortete er. „Ich weiß eh nicht, wie du das hinbekommen willst …“ Seine Aussage brachte sie zum Lachen. „Du musst dich nicht absichtlich dumm stellen“, merkte sie dann an. „Du weißt nämlich ganz genau, was ich meine. Aber ein netter Versuch.“ Ihm ging schlagartig ein Licht auf. Okay, was außer der Sex-Variante hatte er in ihrem Zustand auch von ihr erwarten sollen? „Ich dachte, du wärst müde“, warf er ein. „Ob ich jetzt oder in zwanzig Minuten schlafe, macht für mich auch keinen großen Unterschied“, entgegnete sie. „Nein, ich opfere doch gerne ein bisschen Zeit, um dir einen Gefallen zu tun.“ Ach, so nannte sie das nun also schon. Seltsam nur, dass ihr Gefallen nichts mit der eigentlichen Bedeutung des Wortes zu tun hatte, sondern eher mit ›Schlaf mit mir und wehe du widersetzt dich!‹ zu definieren war. So viel wieder mal zu ihren Stimmungsschwankungen … Er fühlte, wie sich ihre Hand einen Weg unter sein T-Shirt langsam Richtung Brust bahnte und ihre Lippen sachte über seinen Hals fuhren. An sich war das keine schlechte Sache und abgeneigt war er auch nicht, aber irgendwie … Shikamaru tastete nach ihrem Handgelenk, um ihrem Tun Einhalt zu gebieten und sagte: „Warte doch mal kurz.“ Temari löste sich etwas widerwillig von ihm und stöhnte genervt auf. „Seit du weißt, dass ich schwanger bin, bist du echt so was von zimperlich geworden“, beschwerte sie sich. „Vergiss doch endlich mal deine ganzen Bedenken und –“ „Darum geht es gerade überhaupt nicht“, stellte er klar. „Oder hast du schon vergessen, dass wir hier nicht allein sind?“ „So gesehen sind wir das schon seit einigen Wochen nicht mehr“, gab sie zurück. „Das meinte ich nicht.“ Sie seufzte. „Jetzt hab dich mal nicht so. Der Kleine schläft doch tief und fest. Er wird es garantiert nicht merken.“ „Ich will es aber trotzdem nicht riskieren. Sicher ist nun mal sicher.“ Seine Freundin fühlte sich schlagartig ernüchtert. „Toll, falls das auch deine Einstellung ist, wenn unser Kind erstmal da ist“, meinte sie mürrisch. „Nicht mal dreiundzwanzig und ich kann mich in sexueller Hinsicht einsargen lassen. Wenn andere das hören, lachen sie uns doch aus!“ Und da war er wieder: Ihr Hang zum Überdramatisieren … „Hör auf, den Teufel an die Wand zu malen und komm mal auf den Boden der Tatsachen zurück“, forderte Shikamaru sie auf und lenkte sofort als Alternative ein: „Würdest du dich vielleicht mit morgen zufrieden geben?“ „Morgen?“, wiederholte Temari ihn beherrscht, wobei er schon an ihrer Tonlage hörte, dass sie mit diesem Kompromiss nicht einverstanden war. „Vergiss das mal schnell wieder. Ich möchte sofort und keinen festgelegten, unspontanen Sonntagnachmittag-Sex!“ „Aber jetzt denk doch nur mal einen Augenblick nach.“ „Nö“, legte sie eisern fest. „Mein Gehirn ist vorübergehend im Urlaub. Also was ist jetzt? Wenn er irgendetwas mitkriegen sollte, übernehme ich auch die volle Verantwortung dafür.“ Ja, das machte es auch besser, wenn Hiruzen sie erwischte … „Wirklich beruhigend“, gab er ironisch zurück. „Lass das mal meine Sorge sein.“ Mit sanfter Gewalt drückte sie ihn zurück ins Kissen, beugte sich über ihn und flüsterte: „Lehn dich zurück und genieß einfach nur.“ Eine leichte Gänsehaut überkam ihn. Vom Verstand her hätte er ihr nur zu gerne weiter widersprochen, aber egal, wie er argumentierte: Schlussendlich bekam sie ihn doch immer dorthin, wo sie wollte. Und er ließ es – nach ein wenig Überzeugungsarbeit ihrerseits – jedes Mal wieder gerne mit sich machen. Ja, die Frau hatte ihn buchstäblich in der Hand. Schon seit drei wunderbaren Jahren. ════════════════════════════════════════════════════ Heute bin ich an dieser Stelle mal sprachlos und bedanke mich einfach nur fürs Lesen. :) Kapitel 25: Mit den Augen eines Kindes -------------------------------------- @ : Hätte ich mir eine sinnvolle Kindergeschichte zusammenreimen können, hätte ich sie garantiert aufgeschrieben. Na ja, vielleicht beim nächsten Mal. :D @ : Ja, die Namensdiskussion … Da wird es wirklich einiges zu bereden geben. @ : Jup, um Yoshino loszuwerden müssten die beiden wohl doch nach Suna ziehen. @ : Genau deswegen hab ich außer im Bad auch überall nur digitale Uhren. Das Geschlecht des Kindes lässt auf jeden Fall nicht mehr allzu lange auf sich warten. :) @ alle Kommentatoren: Dankeschön für euer Feedback! Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle aber : Deine letzten drei ausführlichen Reviews haben mir glatt die Sprache verschlagen! =) Mit Verspätung (durch meine neue Arbeit hatte ich in letzter Zeit keine Lust zu schreiben, geschweige denn editieren) nun das nächste Kapitel. Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 25: Mit den Augen eines Kindes „Guten Morgen, Schlafmützen!“ Temari, die sich soeben noch in einem gemütlichen Dämmerschlaf befunden hatte, war mit einem Mal hellwach. Sie schlug die Augen auf und sah nur noch, wie Hiruzen am Fußende aufs Bett hüpfte und sich überschwänglich auf Shikamaru stürzte. Dieser stöhnte – verschlafen wie er war – auf, vergrub sich unter seinem Kissen und versuchte, das Geschrei seines Patenkindes zu ignorieren, was den Jungen allerdings erst recht anstachelte. „Aufstehen!“, kreischte er ihm ins Ohr, als er sich schon die Bettdecke schnappte und dabei war, sie wegzuziehen. Shikamaru reagierte geistesgegenwärtig und hielt sie gerade noch rechtzeitig fest, nur um zu merken, dass Hiruzen mit der Aktion sein Ziel erreicht hatte. Ein Blick auf die verhasste Uhr sagte ihm, dass es erst viertel vor acht und eigentlich viel zu früh war, um an einem Sonntag aufzustehen. Ach, was für ein schlechter Start in den Tag … Das Kind lachte überlegen und warf sich ihm dann zur Begrüßung um den Hals. Shikamaru tätschelte ihm flüchtig den Rücken, bevor sich der Kleine wieder von ihm losmachte und Temari ins Visier nahm. Nachdem er sie ebenfalls durchgeknuddelt hatte, ließ er sich zwischen seinen Aufpassern aufs Bett fallen. Neugierig schaute er abwechselnd vom einen zur anderen. „Mama ist immer angezogen“, merkte er plötzlich an. „Warum habt ihr denn nichts an?“ Für beide kam diese Frage so unerwartet, dass sie erst einmal einen Moment peinlich berührt schwiegen. Shikamaru glaubte sogar, er hätte sich verhört oder träumte noch, doch der eindeutige Blick seiner Freundin belehrte ihn eines Besseren. Komisch, auf was für Fragen Kinder manchmal kamen … Temari überlegte sich schnell eine Ausrede. Für Aufklärungsunterricht war Hiruzen definitiv noch einige Jahre zu jung … „Uns war es heute Nacht einfach zu warm“, erklärte sie, wobei sie sich bemühte, halbwegs überzeugend zu klingen. „Ach so, dann ist Mama wohl immer kalt“, erwiderte er und wechselte – zu Temaris Erleichterung – abrupt das Thema: „Wann gibt’s Essen?“ „Erst wenn du dich gewaschen und angezogen hast“, antwortete sie. Hiruzen stöhnte auf und verzog unzufrieden das Gesicht, widersprach diesmal allerdings nicht. Dann kletterte er besonders langsam vom Bett und schlenderte gemütlich in Richtung Badezimmer davon. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass er dein Sohn ist“, meinte Temari amüsiert. „Oder hast du mir vielleicht doch was zu sagen?“ „Bestimmt nicht“, gab Shikamaru zurück. „Wie kommst du überhaupt auf so ’ne Idee?“ Sie lachte. „Na, hätte ja sein können. Du scheinst schließlich was für ältere Frauen übrig zu haben.“ „Selbst wenn es so wäre, würde ich mich sicher nicht auf eine einlassen, die so viel älter ist als ich“, legte er fest. „Dann hab ich wohl gerade noch mal Glück gehabt, was?“ „Sind drei Jahre Altersunterschied denn erwähnenswert?“ „Im Grunde nicht, aber manche gucken uns doch blöd an, wenn sie erfahren, dass ich die Ältere von uns beiden bin.“ „Seit wann interessiert dich das?“ „Tu’s ja gar nicht. Aber es gibt bestimmt genug Leute, denen das nicht wie uns egal ist.“ Er zuckte mit den Schultern. Andere sollten von ihm aus darüber denken, was sie wollten. „Nächstes Mal lass ich mich übrigens nicht mehr von dir breitschlagen“, meinte er plötzlich. Seine Freundin winkte ab. „Ach, hab dich nicht so. Ist doch gut gegangen.“ „Solange, bis er es weitererzählt.“ „Wahrscheinlich hat er es längst vergessen. Und falls er es doch ausplaudert, denkt Kurenai sich eben ihren Teil. Auch nicht weiter schlimm. Es gibt schließlich kein Gesetz, das besagt, dass man mit Klamotten schlafen muss“, entgegnete sie gelassen. Als sie seinen entsetzten Blick bemerkte, setzte sie rasch nach: „Oder glaubst du, dass sie uns wegen so einer Kleinigkeit den Kontakt zu ihm verbieten würde?“ „Nein …“ „Gut, dann brauchst du dich auch nicht weiter beschweren“, merkte sie an. „Eigentlich hast du dazu sowieso keinen Grund. Dank mir hast du nämlich schon fünf Minuten danach so tief und fest geschlafen wie ein Baby.“ Da war zwar was dran, aber falls sie für Hiruzen doch noch mal irgendwann die Aufpasser spielen durften und er nicht einschlafen konnte, schlug er sich lieber die Nacht um die Ohren. --- Eine Viertelstunde später saßen sie zu dritt am Küchentisch. „Was möchtest du denn auf deinem Brot haben?“, fragte Temari den Jungen. Hiruzen deutete auf die Nuss-Nougat-Creme, die er schon im Blick hatte, seit er die Küche betreten hatte. Sie ersparte sich die Frage, ob er so etwas überhaupt essen durfte, um es mit dem Strengsein nicht zu übertreiben, und griff nach dem Glas. Dummerweise fühlte es sich verdächtig leicht an und als sie es aufgeschraubt hatte, bestätigte sich ihre Befürchtung. „Schon wieder leer?“, stellte Shikamaru überflüssigerweise fest. Temari setzte ein beschämtes Lächeln auf und sagte: „Nicht ganz. Für eine Scheibe reicht es gerade noch.“ „Eine Scheibe?“, wiederholte er kritisch. „Inhalierst du das Zeug?“ „Inhalieren trifft es wohl ganz gut“, gab sie zu. „Und du siehst ja, wo das Ganze gelandet ist …“ Sie machte eine unmissverständliche Geste, setzte aber entschlossen nach: „Aber morgen ist damit Schluss! Dann gibt es keinen Süßkram mehr für mich!“ Morgen … Das klang für ihn ja mal so richtig schön nach einem faulen Kompromiss. Er verkniff sich ein ›Warum fängst du nicht schon heute an?‹ – zum einen, da er sie nicht beleidigen wollte und zum anderen, weil ihm ihre momentane Figur ohnehin um einiges besser gefiel – und sagte: „Lass doch diese blöden Vorsätze. Das hast du nämlich gar nicht nötig.“ „Du hast wohl vergessen, dass ich noch fast fünf Monate Schwangerschaft vor mir hab, falls unser Kindchen nicht spontan beschließt, ein paar Wochen früher auf die Welt zu kommen“, entgegnete sie. „Wenn ich weiter das esse, wonach mir gerade der Sinn steht, erkennt mich bald keiner mehr wieder.“ „Wie viel wiegst du denn?“ „Ich sag’s mal so: Die Sechzig ist nicht mehr allzu weit.“ „Deswegen machst du dir gerade so einen Stress?!“, erwiderte er verständnislos. „Wenn du mich fragst, ist da doch noch genug Platz nach oben. Selbst siebzig wären noch lange kein Untergang.“ Temari runzelte kurz die Stirn. „Du hast wirklich einen seltsamen Geschmack.“ „Mir ist es eben lieber, wenn du weniger knochig bist“, erklärte Shikamaru. „Weniger knochig und eindeutig zu viel auf den Rippen ist trotzdem ein großer Unterschied.“ Als er daraufhin nur unbeteiligt mit den Schultern zuckte, seufzte sie auf. „Schon gut, du hast gewonnen!“, gab sie nach. „Ich will dann aber auch keine Beschwerden von dir hören, wenn ich dann doch irgendwann zu viel drauf haben sollte. Nicht, dass ich es unbedingt darauf ankommen lassen möchte …“ Er seufzte. „Dann iss nur noch die halbe Menge Süßigkeiten und dann passt das schon. Um alles andere kannst du dir noch Gedanken machen, wenn du das Ganze hinter dich gebracht hast.“ Mit seinem Vorschlag konnte sie zwar mehr als gut leben, doch die Aussichten auf einen hohen zweistelligen Bereich – selbst wenn sie davon noch locker zwanzig Kilo entfernt war –stimmte sie nicht sonderlich euphorisch. Entschlossen, von allem, das irgendetwas mit Schokolade zu tun hatte, in nächster Zeit deswegen erstmal die Finger zu lassen, beäugte sie kurz wehmütig das Glas mit dem momentan wohl leckersten Brotaufstrich. Na ja, die Vitamine eines Apfels oder so waren sicher nützlicher für ein ungeborenes Kind als eine geballte Ladung Zucker … Seufzend kratzte sie den Rest heraus, strich es auf eine Scheibe Brot und reichte sie Hiruzen, der sich augenblicklich darüber hermachte. „Möchtest du noch was zu trinken?“, fragte sie dann. Der Junge antwortete etwas Unverständliches – wobei ihm ein Teil des Essens in hohem Bogen aus dem Mund flog – besann sich rasch aber darauf, nur zu nicken. Temari zog tadelnd die Augenbraue hoch, beseitigte jedoch wortlos den unappetitlichen Brei, den er vor sich verteilt hatte, und goss anschließend seinen Becher halbvoll mit Orangensaft. Als sie sich wieder hingesetzt hatte, bemerkte sie, dass Hiruzen sie fasziniert anstarrte. „Wie ist das Baby denn da hinein gekommen?“, sprudelte es aus ihm heraus. Sie fühlte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg. Wie sollte sie das denn erklären? Der hilfesuchende Blick, den sie Shikamaru zuwarf, brachte sie auch nicht weiter. Klar, dass so etwas mal wieder an ihr hängen blieb … Gut, dann musste eben das altbekannte Märchen herhalten. „Ein Storch hat es hinein gelegt“, antwortete sie letztendlich. „Ein Storch?!“, wiederholte Hiruzen sie. „Warum hat er das denn gemacht?“ „Weil das Baby noch nicht stark genug ist und noch ein ganzes Stück wachsen muss, bevor es geboren wird.“ „Dann war ich also auch mal in Mamas Bauch?“ Seine Aufpasserin lächelte und sagte: „Ganz genau.“ Der kleine Junge strahlte begeistert übers ganze Gesicht und widmete sich anschließend wieder seinem Frühstück. Temari atmete innerlich auf. Zum Glück waren Kinder in dem Alter noch so leicht zufriedenzustellen. --- „Darf ich jetzt spielen gehen?“, fragte Hiruzen, nachdem er aufgegessen hatte. Da sie nickte, sprang er vom Stuhl auf und lief bis zur Tür, an der er sich noch einmal umdrehte. „Kommt ihr auch mit?“ Temari schenkte ihm ein Lächeln und erwiderte: „Geh schon mal vor. Wir kommen gleich nach.“ Als er im Wohnzimmer verschwunden war, meinte sie scherzhaft: „Ich glaube, ich möchte doch lieber einen Jungen. Können wir ihn nicht einfach adoptieren?“ „Ich denke nicht, dass Kurenai ihn loswerden möchte“, gab Shikamaru amüsiert zurück. „Schade eigentlich.“ Sie lachte und streichelte über ihren Bauch. „Aber in dreieinhalb Jahren ist unserer Kind ja auch so alt wie er jetzt.“ Dann wollte sie aufstehen, um den Tisch abzuräumen, doch er warf schnell ein: „Bleib du mal sitzen. Ich mach das schon.“ Seine Freundin blickte ihn einen Augenblick entgeistert an. „Wie nett von dir“, meinte sie. „Aber wie komm ich denn zu der Ehre?“ „Du machst sonst so gut wie alles und ich brech mir schließlich nichts, wenn ich einmal ein paar Teller abräume.“ „Eigentlich solltest du es lieber genießen, solange ich den Haushalt noch selbst schmeißen kann. Die letzten Wochen vor der Geburt wirst du ihn nämlich alleine machen müssen.“ „Solange es nicht für immer ist, werd ich’s schon überleben“, entgegnete er und begann, die ersten Sachen in den Kühlschrank zu räumen. Temari lehnte sich entspannt zurück und sah ihm zu. Allein für diesen Anblick hatte sich ihre Schwangerschaft schon gelohnt. Na ja, vielleicht war er doch nicht ganz so faul, wie er immer tat … „Wann wollte Kurenai ihn eigentlich abholen?“, fragte Shikamaru daraufhin. „Hinata meinte so gegen halb elf.“ „Hinata?“ „Ja, sie hat Hiruzen gestern vorbeigebracht“, erklärte sie. „Sag mal, findest du sie nicht auch ein bisschen seltsam oder bin ich hier die einzige, die mit ihrer schüchternen Art nicht so richtig warm wird?“ „Sie ist wirklich ziemlich still“, pflichtete er ihr bei. „Aber wenigstens schreit sie nicht so herum wie du manchmal.“ „Das sagst du doch nur, weil du auf ihre große Oberweite stehst“, konterte sie. „Da ist doch nicht etwa jemand neidisch?“ „Mit Sicherheit nicht“, legte sie fest. „Ich bin mit meiner vollends zufrieden. Momentan zumindest.“ Ja, die Betonung lag auf momentan. Frauen hatten manchmal vielleicht Probleme … --- Gegen viertel vor elf klingelte es an der Tür. Temari ging in den Flur, öffnete sie und wollte Kurenai begrüßen, doch ihr Anblick verschlug ihr erst einmal einen Moment die Sprache. Solche Augenringe hatte sie bei ihr ja noch nie gesehen … „Ich hab mit Anko meinen Geburtstag vorgefeiert und da haben wir die Zeit ganz vergessen“, erklärte sich die Frau schnell. „Ich bin erst vor dreieinhalb Stunden ins Bett gekommen.“ „Möchtest du dann nicht lieber noch ein bisschen schlafen?“, schlug Temari daraufhin vor. „Hiruzen kannst du ruhig noch ’ne Weile hier lassen. Shikamaru und ich haben heute sowieso nichts mehr vor.“ „Danke, aber wenn er nachher seinen Mittagsschlaf macht, leg ich mich auch hin. Das reicht mir schon.“ „Okay, dann komm aber wenigstens noch kurz mit rein. Der Kleine räumt ohnehin gerade auf.“ Hiruzen tat gerade seine letzten Spielsachen, die er auf dem Boden zerstreut hatte, in seine Tasche. Als er allerdings seine Mutter erblickte, ließ er sofort alles liegen, rannte zu ihr und schlang seine Arme um ihre Knie. Kurenai hob ihn anschließend hoch und fragte: „Warst du auch schön brav?“ Der Junge warf seinen beiden Aufpassern einen erwartungsvollen Blick zu, bis Temari antwortete: „Keine Bange, war alles bestens.“ „Dann bin ich aber beruhigt. Manchmal kann er einen nämlich wirklich zur Weißglut treiben. Aber so sind Kinder nun mal.“ Sie lächelte. --- Zwanzig Minuten später machten sich die Zwei – nicht ohne einen gebührenden Abschied seitens Hiruzen – auf den Nachhauseweg. Temari ließ sich aufs Sofa fallen. Nun fing also bis Mittwoch die Langeweile wieder an … „Findest du nicht auch, dass sie ziemlich fertig ausgesehen hat?“, meinte Shikamaru plötzlich. „So ist das eben, wenn man die Nacht durchfeiert, etwas zu tief ins Glas schaut und vielleicht sonst noch was macht“, erwiderte sie bloß. „Und das soll was heißen?“, hakte er nach, um sicherzugehen, dass er sie auch richtig verstanden hatte. „Kurenai hat zwar zu mir gesagt, sie hätte ihren Geburtstag mit Anko vorgefeiert, aber als ich gestern Abend die Pizza geholt hab, hab ich sie mit Raidou-san zusammen gesehen“, erklärte seine Freundin. „Wahrscheinlich wollte sie uns das nicht sagen.“ „Vielleicht haben sie sich zufällig getroffen.“ „Glaub ich nicht. Er war neulich erst bei ihr, als ich sie und den Kleinen besuchen wollte. Und ihr Verhalten sprach für sich.“ Als er darauf nichts erwiderte, setzte sie nach: „Hätte ich dir das jetzt nicht sagen sollen?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, schon okay. Warum fragst du?“ „Na ja, sie war immerhin mit deinem Mentor zusammen. Es hätte ja auch sein können, dass du mit einem anderen Mann an ihrer Seite nicht einverstanden bist.“ „Selbst wenn, hätte ich nicht mal das Recht dazu“, entgegnete er. „Hätte sie sich nach ein paar Wochen einen Neuen angelacht, hätte ich es seltsam gefunden, aber Asuma ist bald nun mal schon fast vier Jahre nicht mehr. Sie hatte also genug Zeit, um zu trauern.“ Temari nickte zustimmend. „Ich an ihrer Stelle würde auch nicht ewig alleine bleiben wollen. Das stell ich mir auch ziemlich deprimierend vor.“ Sie lehnte sich zurück, starrte an die Decke und fragte: „Würdest du mir eigentlich nachtrauern, wenn ich den Löffel abgeben würde?“ Shikamaru zuckte mit den Schultern. „Auf irgendeine Weise bestimmt, aber ich weiß nicht, ob ich deswegen das Thema Beziehung ganz abhaken würde, um mich für den Rest meines Lebens selbst zu bemitleiden.“ „Dann brauch ich mir im Jenseits ja keine Sorgen um dich machen.“ „Du stirbst trotzdem gefälligst erst nach mir“, legte er fest. Sie nahm seine Hand und lachte. „Ich kann’s ja mal versuchen.“ ════════════════════════════════════════════════════ Die Peinlichkeit, erwischt zu werden, musste ich den beiden einfach ersparen. So fies bin ich dann wohl doch nicht. Und auf Temaris Ausrede muss man ja auch erstmal kommen. :D Ja, Kurenai … Irgendwie fand ich, dass sie es nach vier Jahren verdient hat, mal wieder glücklich zu sein, und da ich keinen neuen Charakter erfinden wollte, hab ich dann einfach Raidou genommen, auch wenn diese Kombination auf den ersten Blick vielleicht gewöhnungsbedürftig ist. Ansonsten mag ich in diesem Kapitel besonders Hiruzens Fragerei. Immer diese neugierigen Kinder … :D Kapitel 26: Junge oder Mädchen? ------------------------------- @ : Ja, witzig für euch schadenfrohe Leser vielleicht! ;D @ : Jup, werdende und vor allem frisch gebackene Eltern haben es sicher nicht leicht … Eigentlich kann sich Shikamaru doch glücklich schätzen, dass er noch in die erste Kategorie fällt, oder? @ : Ich finde sechzig Kilo (im aktuellen Databook steht was von achtundvierzig Kilo, was meiner Meinung nach viel zu wenig ist, mich aber trotzdem dran orientiert habe) bei der Größe ja auch mehr als annehmbar. Immer diese frauentypische Übertreibung, wenn die Waage mal ein bisschen mehr anzeigt. @ alle fleißigen Kommentatoren: Danke, danke, danke! =) So, dann will ich heute endlich mal Licht ins Dunkel bringen. ;) ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 26: Junge oder Mädchen? Der Wecker klingelte. Er war so laut, dass Temari vor Schreck mit leichtem Herzrasen aufwachte. Müde tastete sie sich zu dem Gerät vor, das sie im Augenblick mehr als alles andere auf der Welt hasste, und schaltete es aus. Zum Glück hatte sie ihn so zeitig gestellt, dass sie locker noch eine halbe Stunde liegen bleiben konnte – was ihr allerdings nach der letzten Nacht im Grunde nicht das Geringste brachte. Dreißig Minuten ersetzten mindestens sechs Stunden fehlenden Schlaf schließlich nicht unbedingt … „Willst du nicht aufstehen?“ Sie seufzte leise. Das hatte ihr gerade noch gefehlt … „Lass mich bitte einfach noch ein bisschen in Ruhe hier liegen“, brummte sie zurück und verschanzte sich nur noch weiter unter ihrer Decke. Shikamaru schwieg einen Moment lang und meinte dann: „Es ist aber schon halb neun.“ Temari war mit einem Mal hellwach. „Das kann doch gar nicht sein!“, entgegnete sie konfus. „Ich hab doch –“ Sie verstummte beim Anblick der Zeit, die die Uhr an der Wand anzeigte. Natürlich musste das ausgerechnet heute passieren … „Warum geht dieses blöde Teil plötzlich ’ne Dreiviertelstunde nach?“, regte sie sich auf, starrte den Wecker wütend an und konnte den Drang, ihn zu nehmen und im hohen Bogen gegen die nächste Wand zu pfeffern, gerade noch so unterdrücken. Anschließend ließ sie sich zurück aufs Bett fallen und drückte sich ihr Kissen vors Gesicht, als hoffte sie, sie hätte nur geträumt und es war noch Nacht, wenn sie es wieder wegtat … „Jetzt steh schon auf“, forderte Shikamaru sie auf. „Ich will aber nicht …“ Er kam sich ein wenig wie im falschen Film vor. Morgens-nicht-aus-dem-Bett-hochkommen war bisher schließlich seine Aufgabe gewesen, nicht ihre. „Was ist denn heute mit dir los?“, fragte er. „Könnte ich dich genauso fragen. Du bist sonst nie vor mir auf“, argumentierte sie und warf das Kissen beiseite. Anschließend schaute sie ihn wehmütig an und sagte: „Ich hab fast die ganze Nacht wach gelegen, weil ich so verdammt aufgeregt bin.“ „Warum das denn?“ „Hallo?“, meinte sie empört. „In zwei Stunden wissen wir vielleicht schon das Geschlecht unseres Kindes!“ „Und weiter?“ „Nichts weiter. Mir ist es bloß ein Rätsel, wie du mit dem Gedanken so gut schlafen konntest.“ „Ganz einfach: Indem ich mich davon nicht verrückt machen lasse“, antwortete er. „Warum hört sich das bei dir so leicht an?“, erwiderte Temari seufzend. „Ich hätte ja auch viel lieber geschlafen, aber ich musste mir die ganze Zeit irgendwelche Szenarien vorstellen. Und dann noch dieser bescheuerte Traum … Drillinge … Als ob ich mit einem nicht schon genug zu tun haben werde.“ Ihr Freund zog die Augenbrauen hoch. „Wäre das denn jetzt überhaupt noch möglich?“ „Ach, Quatsch!“, gab sie zurück, setzte rasch allerdings irritiert nach: „Obwohl … Auf dem Bild war doch nur eins zu sehen, oder?“ Sie wartete keine Antwort ab, sondern nahm das Ultraschallbild von ihrem Nachttisch und musterte es kritisch von allen Seiten. „Definitiv nur ein Kind“, stellte sie erleichtert fest. „Aber danke, dass du mich auch noch verunsichern musstest!“ „Du hast doch mit Drillingen angefangen“, verteidigte er sich. „Und ich sagte, dass ich es nur geträumt hab“, verbesserte sie ihn gereizt, bevor ihre Tonlage wieder schlagartig umschwang. „Gott sei Dank! Ich möchte nicht drei Kinder auf einmal …“ Shikamaru schwieg. Einen solchen Wechsel ihrer Stimmungen hatte er noch nie erlebt und da war es sicher klüger, den Mund zu halten. Er beobachtete, wie sie lustlos aus dem Bett stieg, zum Kleiderschrank schlurfte und sich ein paar ihrer wenigen gewaschenen Klamotten heraussuchte. „Falls du oder irgendjemand anderes mich suchen sollte: Ich bin unter der Dusche“, murmelte sie und schlenderte in Richtung Badezimmer. „Schaffst du das denn überhaupt noch?“, warf er ein. Temari blieb kurz stehen und winkte ab. „Ich muss doch erst in ’ner guten Stunde da sein. Ich lass meine Haare an der Luft trocknen und das Frühstück ausfallen und dann passt das schon.“ Da ihr sein protestierender Blick nicht gefiel, setzte sie nach: „Selbst wenn der Termin schon in zehn Minuten wäre: Ich geh doch nicht ungeduscht zum Frauenarzt! Meine Ärztin ist zwar schon ein bisschen älter, aber ich würd sie gerne noch ein paar Tage länger leben lassen.“ Er verkniff sich jeglichen Kommentar darauf und sagte stattdessen: „Wenn du dir dafür Zeit nimmst, kannst du gleich genauso gut auch noch was essen.“ Sie merkte, wie sich ihre Laune besserte. Eigentlich hatte sie ja gedacht, dass sich seine Phase, in der er sich wegen einer übergangenen Mahlzeit gleich Sorgen machte, nach ein paar Wochen wieder verfliegen würde, aber so war es ihr natürlich lieber. „Okay, wie du befiehlst“, schloss sie mit einem Lächeln. --- Zwanzig Minuten später war sie auch schon fertig. Fast zumindest. Mit einem Problem hatte sie nämlich nicht gerechnet. „Hast du irgendwas zum Anziehen für mich?“, rief sie durch die geöffnete Tür ins Wohnzimmer. „Muss ich erst gucken“, entgegnete er. „Aber ich dachte, du hättest was mitgenommen.“ „Ja, nur leider nützt mir das gerade nicht viel.“ Sie kam halb angezogen, mit einem Stoffknäuel – das sich beim näheren Hinsehen als ihr Oberteil herausstellte – in der Hand und steinerner Miene aus dem Bad. „Warum ziehst du das nicht an?“, fragte er, obwohl er schon ahnte, dass sein Einwurf überflüssig war. Temaris Gesichtsausdruck wurde noch finsterer. „Dreimal darfst du raten!“ „Ach, so“, meinte er trocken. „Hast du denn nichts anderes mehr?“ „Nichts, das sauber ist.“ Seufzend sank sie auf die Couch und besah missmutig ihr T-Shirt. „Vor zwei Wochen hat es noch gepasst und ich hatte sogar noch Platz. Und heute geht plötzlich überhaupt nichts mehr. Das ist doch echt zum …“ Sie brach ab und fluchte etwas Unverständliches vor sich hin. „Was machst du bloß mit deinen Sachen? Du hattest doch mal so viel.“ „Die acht Oberteile, die ich hier hab, sind nicht gerade viel, wenn mir davon inzwischen fünf zu klein sind und der Rest in der Wäsche liegt“, merkte sie an. „Warum wäschst du dann nicht einfach die, die dir noch passen?“ Jetzt hatte er wirklich eine berechtigte Frage gestellt. Aber darauf ließ sie sich gar nicht erst ein. „Warum machst du das denn nicht?“, konterte sie. Okay, so konnte man ›Ich bin zu faul zum Waschen‹ natürlich auch umschreiben … „Du beschwerst dich doch gerade, dass du nichts zum Anziehen hast“, legte Shikamaru fest. „Oder seh ich das falsch?“ Temari schenkte ihm einen verdrießlichen Blick. „Nein“, gab sie dann kleinlaut zu. „Ich kann diesen Job eben nicht ausstehen und schieb ihn halt so lange nach hinten, bis ich’s machen muss. Und bis vor drei Minuten bin ich davon ausgegangen, dass es auch noch bis morgen Zeit hat.“ Sie biss einen Moment missmutig auf ihrer Unterlippe herum und meinte dann: „Ich bin so blöd! Warum musste ich nur Yoshino vergraulen?“ Da er sie schräg ansah, setzte sie nach: „Ja, sie hat diese glorreiche Aufgabe die letzten Wochen für mich übernommen.“ „Sonst beklagst du dich ständig über sie, aber dafür ist sie plötzlich gut genug, oder was?“ „Ach, hör doch auf mit deiner falschen Moral. Du bist in dem Punkt kein Stück besser als ich“, erwiderte sie. „Außerdem hab ich bloß das Unangenehme mit dem Nützlichen verbunden. Sie ist schließlich diejenige gewesen, die sich mir so aufgedrängt hat und dann ist doch nichts dabei, wenn ich ihre Hilfsbereitschaft ein bisschen für mich nutze.“ Ausnutzen wäre wohl der treffendere Ausdruck gewesen, aber wo sie Recht hatte, hatte sie nun mal Recht … Sie stand wieder auf, beförderte das zu knapp gewordene T-Shirt zurück in den Schrank und fragte: „Und was leihst du mir jetzt?“ Ihr Freund zuckte mit den Schultern. „Nimm dir einfach, was du willst.“ --- Nach einem raschen Frühstück machten sie sich auf den Weg und erreichten rechtzeitig das Krankenhaus. Das Wartezimmer der Gynäkologie war ungewohnt voll, was Temaris Vorfreude doch ein wenig ausbremste, da sie gehofft hatte, in spätestens einer halben Stunde wieder draußen zu sein. Mit so vielen Frauen vor sich, die ebenfalls auf ihre Untersuchungen warteten, konnte sie sich von dem Gedanken aber wohl verabschieden. Das einzig Gute daran war, dass sie danach wahrscheinlich einen Grund hatte, sich zu freuen – und das vertrieb immerhin das Unwohlsein, das sie sonst an solchen Orten verspürte. Trotzdem fragte sie sich, warum überhaupt Termine vergeben wurden, wenn sie doch nicht eingehalten werden konnten. Na ja, da musste sie eben durch … Shikamaru hingegen kam sich als einziger Mann zwischen all den schwangeren Frauen völlig fehl am Platze vor. Er versuchte zwar, sich nichts anmerken zu lassen, indem er einfach nur durch die geöffnete Tür in den Gang nach draußen starrte, doch die Blicke, die unter Garantie auf ihm hafteten, verunsicherten ihn schon ziemlich. Bestimmt – nein – ganz sicher hielten ihn die meisten für blöd, weil er sich nicht ein paar Jahre länger Zeit gelassen hatte, um seine Freundin zu schwängern, die ja wiederum auch nicht unbedingt älter als er aussah. Schwachsinn!, schalt er sich prompt. Als ob die Leute hier nicht genug mit sich selbst beschäftigt waren, um über so etwas Bedeutungsloses nachzudenken … Nein, das hier war nicht der richtige Zeitpunkt, um Paranoia zu schieben. Also verdrängte er seine Bedenken und sah weiterhin auf den Flur, auf dem einige Leute hektisch hin und her wuselten. Wenn es in diesem Bereich immer so stressig war, konnte er gut nachvollziehen, warum Temari sich hier nur so ungern aufhielt. Einen entspannten Eindruck machte es nämlich nicht unbedingt … „Misaki, ich bin fertig für heute. Lass uns nach Hause gehen!“ Ein etwa sechsjähriges Mädchen sprang von seinem Stuhl in der Spielecke auf und rannte zu der Frau, die an der Schwelle stehen geblieben war. „Mama, was bekomme ich denn jetzt?“, fragte sie prompt. „Einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester?“ Ihre Mutter lachte. „Sei doch nicht immer so ungeduldig und lass dich überraschen, bis dein Geschwisterchen auf der Welt ist.“ „Na, gut“, meinte ihre Tochter und murmelte enttäuscht: „Dabei hätte ich es so gerne heute schon gewusst …“ Die Frau nahm das Mädchen an der Hand und die beiden verschwanden im Gang. Shikamaru wandte sich ab und schaute neben sich. Temari hatte sich zurückgelehnt und die Lider geschlossen. Ihm fiel auf, dass sie furchtbar dunkle Augenringe hatte. Vielleicht machte es die helle Beleuchtung aber auch schlimmer, als es in Wirklichkeit war. „Sag mal“, begann er schließlich, „willst du es wirklich unbedingt wissen?“ Sie öffnete ihre Augen und entgegnete leise: „Natürlich möchte ich wissen, was mich erwartet, nachdem ich die ganze letzte Nacht damit verbracht hab, mich zu fragen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird und sämtliche Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen hab.“ „Hat es denn was genützt?“ „Außer, dass ich jetzt weiß, dass das Geschlecht für mich tatsächlich keine Rolle spielt, leider nicht.“ „Wie wäre es dann, wenn wir es heute gut sein lassen und gleich bis nach der Geburt warten würden?“, fragte er. „Dann erfahren wir es ja sowieso.“ Temaris Gesichtsausdruck sprach Bände. Und der sagte ihm, dass sie von diesem Vorschlag alles andere als begeistert war. „Fängst du auch noch damit an …“, antwortete sie ernüchtert. „Du solltest aufhören, dich vom Gequatsche fremder Leute beeindrucken zu lassen.“ „Ich lass mich nicht beeindrucken“, legte er fest. „Und wer hat dich dann auf diese Schnapsidee gebracht?“ „Niemand.“ Sie zog ihre Stirn in Falten. „Du willst mir ernsthaft weismachen, dass dir das ganz alleine in den Sinn gekommen ist?“, fragte sie langsam. „Ausgerechnet jemand wie du, der sein ganzes Leben schon im Voraus geplant hat, möchte nicht wissen, was sein Kind wird?“ Er seufzte. „Warum muss du eigentlich immer alles pauschalisieren?“ „Weil so ein Denken nicht zu dir passt, deswegen“, zischte sie zurück. „Aber wenn du dich überraschen lassen willst, bitte. Ich mach bei deinen Hirngespinsten jedenfalls nicht mit.“ „Jetzt sei doch nicht so stur!“ „Ich bin nicht stur“, stellte sie klar. „Ich warte nur schon seit über zwei Monaten auf diesen Tag und den lass ich mir garantiert nicht durch einen blöden Einfall von dir vermiesen.“ Großartig, dass sie sich durch eine kleine Frage gleich persönlich angegriffen fühlte. Wenn er es recht bedachte, war es aber auch nicht anders von ihr zu erwarten gewesen. Und dafür hatte er sich extra den Tag freigenommen … Sie verschränkte die Arme. „Da du es ja eh nicht wissen willst, kannst du eigentlich auch gleich nach Hause gehen“, meinte sie provokant. Natürlich, ihre Trotz-Reaktion hatte noch gefehlt … „Das tu ich ganz bestimmt nicht“, erwiderte er. „Da kannst du so viel herumzicken, wie du willst.“ „Pah“, fauchte sie und wandte sich ab. „Dann eben nicht.“ --- „Temari, du bist dran!“ Die Angesprochene zuckte zusammen. Diese Stimme … Als sie zur Tür sah, bestätigte sich ihre Befürchtung. Auch das noch … Sie stand von ihrem Platz auf und trat auf den Flur. „Hey“, entgegnete sie monoton. „Aber was machst du eigentlich hier?“ Sakura lächelte. „Da missionstechnisch momentan zum Glück nicht viel los ist, hab ich mich für die Frauenheilkunde einteilen lassen“, erklärte sie. „Ich war sogar schon bei ein paar Geburten dabei. Das ist echt faszinierend!“ Oh ja, wirklich faszinierend, wie sich werdende Mütter stundenlang die Seele aus dem Leib brüllten, um einen kleinen Schreihals aus sich herauszupressen … „Na, wem’s gefällt …“, meinte Temari schulterzuckend. „Für mich wäre es jedenfalls nichts.“ „Ich glaube, zur Hebamme muss man auch geboren sein.“ Sakura musste lachen. „Ach, was für eine passende Formulierung …“ Sie warf einen kurzen Blick auf ihr Klemmbrett und strahlte ihre Freunde über beide Ohren an. „Heute ist also die zweite Ultraschalluntersuchung“, stellte sie begeistert fest. „Es ist doch bestimmt total aufregend, wenn man in ein paar Minuten erfährt, ob man sich demnächst mit blauen oder rosa Babysachen eindecken muss, oder?!“ Blau oder rosa … Warum mussten sich die Leute eigentlich immer auf diese beiden Farben festlegen, wenn es um Kinder ging? „Oh ja, aufregender geht’s nicht“, erwiderte sie mit gespielter Freude. „Findest du nicht auch, Schatz?“ Shikamaru fuhr ein unangenehmer Schauer über den Rücken. Ihr messerscharfer Tonfall zusammen mit dieser Bezeichnung deutete üblicherweise darauf hin, dass sie ihm etwas extrem übel nahm. Ach, warum hatte er nicht einfach die Klappe gehalten … Um nichts zu sagen, das sie noch wütender machen würde, beschränkte er sich auf ein Nicken. „Schön, dass ihr beide euch wenigstens einig seid“, meinte Sakura, der Temaris sarkastischer Unterton anscheinend entgangen war. „Vor ein paar Wochen hab ich deswegen einen echt üblen Streit zwischen einem Ehepaar mitbekommen. Ziemlich dumm, sich wegen so etwas zu streiten, wenn ihr mich fragt …“ Sie stieß die Tür zu einem Untersuchungsraum auf, bat die beiden herein und legte die Akte auf dem Tisch ab. „Kaoru-san kommt dann auch gleich“, sagte sie anschließend. „Entschuldigung auch noch, dass ihr so lange warten musstet, aber das Baby einer Patientin hatte es auf einmal ziemlich eilig, auf die Welt zu kommen und hat so unseren ganzen Zeitplan durcheinander gebracht.“ Temari, die sich insgeheim verbal geohrfeigt fühlte, setzte sich auf den Rand der Liege und murmelte: „Kein Problem, wir haben Zeit.“ Ihre Freundin lächelte ihr zu, machte auf dem Absatz kehrt und war schon mit einem Bein im Flur, als sie abrupt innehielt. „Ach ja, und vergesst nicht, mir nachher Bescheid zu sagen“, meinte sie augenzwinkernd. „Ich muss doch schließlich wissen, ob ich eine Nichte oder einen Neffen bekomme.“ Dann verließ Sakura mit einem breiten Grinsen und äußerst guter Laune das Zimmer. Shikamaru rechnete daraufhin jede Sekunde mit einem bissigen Spruch in seine Richtung. Doch dieser kam nicht. Genauso wie der Wutanfall, den er erwartete, als Temari ihre Hände zu Fäusten ballte, sodass sie zitterten. „Ich bin einfach saublöd!“, fluchte sie plötzlich los. „Warum reg ich mich wegen so ’nem Scheiß bloß so auf?“ Da sie sich zu ihm umdrehte und scheinbar nicht nur laut über sich selbst geärgert hatte, erwiderte er: „Schon in Ordnung. Ich kann dich ja verstehen.“ Sie seufzte. „Ich hätte mich trotzdem ein bisschen besser beherrschen können. In letzter Zeit bin ich wirklich eine Expertin darin, wie man sich in der Öffentlichkeit bloßstellt. Würde mich nämlich echt wundern, wenn das eben im Wartezimmer niemand mitbekommen hat …“ „Du denkst einfach viel zu viel darüber nach, was andere Leute von dir denken.“ Okay, es war zwar nicht so, dass er momentan in dem Punkt mit gutem Beispiel voranging, doch das musste er ihr nicht unbedingt auf die Nase binden. Temari schwieg. Wenn sie sich an früher zurückerinnerte, fragte sie sich, was eigentlich aus ihr geworden war. Hatte sie der Frieden so weich gemacht oder lag es doch nur an der Hormonumstellung? Ach, im Grunde war ihr das sowieso egal … „Und was machen wir jetzt?“, meinte sie anschließend. „Ehrlich gesagt, reizt mich dieser Überraschungskram immer noch nicht besonders.“ Er zuckte kurz mit den Schultern und fragte: „Was machst du eigentlich, falls das Kind ungünstig liegt und man nichts sieht?“ „Na ja, dann kann man es auch nicht ändern.“ „Aber du wärst schon ziemlich enttäuscht, oder?“ „Natürlich. Ansonsten hätte mich dein Vorschlag vorhin nicht so sauer gemacht“, antwortete sie. „Was aber nicht heißen soll, dass mein Verhalten damit entschuldigt wäre …“ Shikamaru wollte noch etwas erwidern, ließ es allerdings, als jemand die Tür öffnete und eine Frau, die mindestens Mitte fünfzig war, den Raum betrat. „Ah, die junge Dame aus Sunagakure!“, sagte sie freudestrahlend. „Wie geht es Ihnen denn heute?“ „Ganz gut, denke ich.“ „Und wen haben Sie als Begleitung mitgebracht? Den Vater, nehme ich an?!“ Temari nickte bloß. „Wunderbar!“, entgegnete die Ärztin begeistert. „Schon seit Jahren sehe ich immer weniger werdende Väter hier und finde es wirklich schade, dass sich viele für so einen wichtigen Termin nicht die Zeit nehmen. Vor allem bei so jungen Leuten wie Ihnen ist es doch eine Seltenheit.“ So junge Leute … Wie durfte er das denn interpretieren? Auf irgendeine Weise fühlte er sich kritisiert, auch wenn sie bestimmt schon Jüngere behandelt hatte und es mit Sicherheit nicht einmal so meinte. Ja, wahrscheinlich hörte er mal wieder die Flöhe husten … Kaoru-san zog sich ein Paar Handschuhe an und begann anschließend mit der Untersuchung. Nach der üblichen von Temari verhassten Fummelei – die diesmal allerdings nur eine gute Minute angedauert hatte – tastete die ältere Frau wie gewohnt ihren Bauch ab. „Ich denke mal, Sie spüren inzwischen regelmäßig die Bewegungen Ihres Kindes?“, fragte sie beiläufig. „Jeden Tag mehrmals“, pflichtete sie ihr bei. „Das ist ein gutes Zeichen. Aber ich hoffe doch, dass Sie sich nach dem letzten Termin nicht unnötig Gedanken gemacht haben.“ Das weckte unangenehme Erinnerungen … „Nein, ich bin ganz ruhig geblieben“, log Temari rasch. Shikamarus empörten Blick, der einen Moment lang aufblitzte, übersah sie dabei absichtlich, auch wenn er nur allzu berechtigt war. „Sehr schön. Ich habe schon einige Frauen erlebt, die leider nicht so eine Geduld hatten und sich extrem unter Druck gesetzt haben.“ Und da meldete es sich zurück: Ihr schlechtes Gewissen zusammen mit einer gehörigen Portion Schamgefühl. Sie war in den eineinhalb Wochen wirklich eine grauenvolle Person gewesen. Wahrscheinlich reichte diese kurze Zeit aus, um in der Hölle zu landen. Aber wenn sie es vorher schaffte, ihr Kind zu einem anständigen und vernünftigen Menschen zu erziehen, konnte nach ihrem Ableben ohnehin kommen, was wollte. Und außerdem war es im Fegefeuer immer schön warm. Ja, diese Vorstellung heiterte sie doch gleich wieder auf. „Gut, so weit ist alles in Ordnung.“ Die Frau lächelte den beiden zu und fuhr fort: „Dann kommen wir wohl jetzt zum Ultraschall.“ Temari fröstelte, als ihre Ärztin das Gel aus dem Kühlschrank auf ihrem Bauch verteilte. Die Kälte vergaß sie allerdings schnell wieder, als Kaoru-san das Gerät ansetzte, um die Bilder abzugreifen. Schon bei dem Termin vor zwei Monaten war sie beeindruckt gewesen, aber das, was sie jetzt sah, stellte es um einiges in den Schatten. Die Züge des Babys waren noch viel menschlicher und es war so groß geworden, dass es nicht einmal mehr annähernd auf die Anzeige des Monitors passte. Und das in der kurzen Zeit … Shikamaru wiederum begegnete dem Ganzen eher mit gemischten Gefühlen. Einerseits war es großartig, das Kind auf diese Weise zum ersten Mal zu sehen, andererseits führte es ihm auf fast schon brutale Art die Ernsthaftigkeit der Lage wieder vor Augen, die er so schnell verdrängt hatte, nachdem er es erfahren hatte. Wenn er es recht bedachte, glaubte er nicht einmal, dass er so bald seiner zukünftigen Rolle als Vater gerecht werden würde, sodass ihn dieser Augenblick weniger froh stimmte, als er gehofft hatte. Gut also, dass er noch über vier Monate Zeit hatte, um etwas an sich zu ändern … „Möchtet ihr das Geschlecht des Kindes wissen?“ Kaoru-sans Frage holte ihn abrupt in die Wirklichkeit zurück. Temari, die ihr Herz – so schnell, wie es gerade pochte – eine Etage höher in ihrem Hals vermutete, stammelte nervös: „Kann man es denn sehen?“ Die Frau warf noch einen kurzen Blick auf den Bildschirm, um sich zu vergewissern, und antwortete: „Ja, sehr deutlich sogar.“ Diese klare Antwort verschlug ihr die Sprache und sie spürte, wie sie am ganzen Körper vor Aufregung leicht zu zittern begann. Sie war völlig hin und hergerissen. Am liebsten hätte sie auf der Stelle ein euphorisches ›Schießen Sie los!‹ gerufen, doch sie hielt sich zurück. Sie hatte sich schon viel zu oft über einen von Shikamarus Beschlüssen hinweggesetzt und wie gern sie es auch diesmal getan hätte, konnte sie es nicht über sich bringen. In einer so wichtigen Angelegenheit hatte er mehr als nur ein kleines Vetorecht, das sie ihm – bestimmend, wie sie dummerweise war – sonst bloß anerkannte, um letztendlich meist doch nicht drauf zu hören. Nein, er durfte – sollte – genauso entscheiden wie sie. Auch wenn sie wusste, dass ihr das Ergebnis nicht passte. „Und, was meint ihr?“, forschte Kaoru-san nach, die ihre Patientin und deren Begleiter noch immer fragend anschaute. Temari schüttelte den Kopf und antwortete wieder deutlich gefasster: „Nein, wir mögen Überraschungen.“ Ihr Freund starrte sie entgeistert an. Das hatte er nun wirklich nicht erwartet … „Wie kommst du denn plötzlich auf den Quatsch?“, fragte er dann. Sie zuckte mit den Schultern und schenkte ihm ein Lächeln. „Ich hab eben meine Meinung geändert.“ Shikamaru musste nicht lange überlegen, um zu erkennen, dass das, was sie gesagt hatte, nicht ganz der Wahrheit entsprach. Dafür kannte er sie inzwischen einfach viel zu gut. „Dann bist du aber nicht ehrlich zu dir selbst“, meinte er, nahm ihre Hand und setzte nach: „Komm schon, ich weiß genau, dass du das bloß aus Rücksicht sagst und es eigentlich wissen willst.“ „Ja, schon“, gab sie zu, „aber darum geht’s doch überhaupt nicht.“ Noch bevor er ihr widersprechen konnte, setzte sie nach: „Außerdem bist du gerade schon wieder dabei, mir meinen Willen nachzugeben und da hab ich keine Lust drauf.“ „Aber du hattest doch Recht: Ich hasse Überraschungen“, warf er ein. „Und nicht so früh wie möglich zu wissen, ob unser Kind ein Junge oder ein Mädchen wird, steht da ganz oben auf der Liste.“ Sie seufzte. Dann war die Aufregung vorhin wohl völlig umsonst gewesen … Trotzdem lächelte sie ihm dankbar zu, blickte wieder zu ihrer Ärztin und sagte: „Okay, wir sind ganz Ohr.“ „Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass es immer einen gewissen Restzweifel gibt“, begann Kaoru-san. „Aber hier würde ich mich zu neunundneunzig Prozent darauf festlegen, dass es ein Mädchen wird.“ Temari jauchzte auf. Natürlich hätte sie sich über einen Sohn genauso gefreut, aber so konnte sie im Moment nur an eines denken: Der Männerüberschuss, dem sie seit ihrer Kindheit ausgesetzt gewesen war, konnte sie nun erst einmal hinter sich lassen. Allein diese Vorstellung vermittelte ihr doch gleich ein ganz anderes Lebensgefühl. Shikamaru starrte fassungslos und wie gebannt auf den Bildschirm. Nein, dass etwas mal wie geplant verlief, konnte bloß eine Halluzination sein … „Hast du gehört?!“, stieß Temari aus. „Wir bekommen eine Tochter! Da sag noch einmal, dass ich dir permanent einen Strich durch deine Lebensplanung ziehe.“ Auf diese Behauptung hin hätte er ihr gerne widersprochen, aber mehr als ein Kopfschütteln brachte er nach dieser Neuigkeit erstmal nicht heraus … Kaoru-san setzte lächelnd das Gerät ab und ging zum Tisch, um die neuesten Eintragungen zu machen. „Ach ja“, warf sie anschließend ein. „Euer Baby ist im Übrigen so gut entwickelt, dass ich den Geburtstermin ein paar Tage nach vorn korrigiere. Aktuell wäre es somit der zwanzigste Oktober.“ „Eine ganze Woche?!“, dachte Temari laut, während sie sich mit ein paar Tüchern das Gel wegwischte. „Mensch, das wird ja immer besser, oder was mein…“ Sie brach ab, als sie bemerkte, dass Shikamaru abwesend vor sich hinstarrte. Okay, das mit der Terminkorrektur war vielleicht unerwartet gewesen, doch sieben Tage waren im Vergleich zu einem ganzen Leben wirklich nicht der Rede wert – fand sie zumindest, was allerdings nicht hieß, dass es bei ihm automatisch genauso sein musste. Trotzdem hätte sie zu gerne gewusst, was gerade in ihm vorging … „Ich lasse dann eben rasch die neuen Bilder entwickeln.“ Kaoru-san stand von ihrem Platz auf und eilte zur Tür, blieb mitten im Raum aber noch kurz stehen. „Ist alles in Ordnung mit ihm?“, erkundigte sie sich besorgt. Temari folgte ihrem Blick und winkte ab. „Alles okay“, erwiderte sie lachend. „Er ist gerade nur ein wenig sprachlos.“ ════════════════════════════════════════════════════ Keine Ahnung, ob die Auflösung besonders überraschend ist, aber da Shikamaru es schon die ganze Zeit über nicht leicht mit ihr hat, musste ich ihm wenigstens diesen kleinen Gefallen tun. (Vielleicht erinnert ihr euch ja noch an seine Gedanken beim ersten Angriff auf Konoha, als er den Lockvogel für die Oto-Nins gespielt hat, und er sich hinsichtlich seiner Lebensplanung zuerst eine Tochter gewünscht hätte?) :D Ansonsten mag ich dieses Kapitel sehr, auch wenn es mal wieder ein bisschen Streit gegeben hat. Aber im Vergleich zu früheren Thematiken war der ja noch weniger als Peanuts. :) Kapitel 27: Berechnung ohne Zahlen ---------------------------------- @ : Ich finde, für die Thematik hatte das Kapitel eine angemessene Länge. @ : Bei ihren Lieblingsfarben wird Temari das Kind wahrscheinlich lila anziehen. :D @ : Keine Bange, so leicht lässt der Gute sich nicht unterkriegen. Und das mit der höheren Frauenquote in Temaris Familie wurde ja auch mal höchste Zeit. ;D @ : Gut Ding will Weile haben. Auf unterhaltsame Kommentare wie deine warte ich gerne auch mal ein bisschen länger. @ : Danke für die Blumen! Ausführlich habe ich dir ja schon im GB geantwortet. @ alle Kommentatoren: Vielen Dank fürs Feedback! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 27: Berechnung ohne Zahlen „Geht’s wieder?“, fragte Temari, nachdem sie das Krankenhaus verlassen hatten. „Mir ging’s nie besser“, murmelte Shikamaru in einem Ton, der sich äußerst merkwürdig anhörte. „So siehst du aber nicht gerade aus“, entgegnete sie. „Ich meine, es ist ja nicht etwas so Außergewöhnliches passiert, dass man so drauf sein muss wie du. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Tochter bekommen, lag bei fünfzig Prozent und dass voraussichtliche Geburtstermine vorverlegt werden ist auch nicht unbedingt was Neues.“ Er antwortete nicht. Sie seufzte. „Da soll noch mal einer sagen, Schwangere wären komisch.“ „Als ob du das nicht auch im Normalzustand wärst …“, kam es plötzlich von ihm. Temari blieb stehen. „Klar, dass so was ausgerechnet von dir kommt, du Frauenversteher“, merkte sie an und lächelte. „Aber wenigstens redest du jetzt wieder. Dein Schweigen war ja fast schon ein bisschen unheimlich. Im Zusammenhang mit der Situation zumindest.“ „Deine Gelassenheit finde ich viel unheimlicher.“ „Warum denn?“ „Na ja, du nimmst das Ganze so hin, als wäre es was Alltägliches oder so. Das ist echt beneidenswert.“ „Ach, ich geh die Sache einfach bloß von der praktischen Seite an“, meinte sie. „Momentan fühl ich mich ja noch richtig wohl, da mich der Bauch noch nicht wirklich einschränkt, aber spätestens in drei Monaten werd ich so unbeweglich sein, dass ich froh sein werde, wenn ich’s endlich hinter mir hab. Daran denke ich jetzt schon.“ Sie lachte. „Das ist alles.“ Für sie machte das natürlich Sinn, doch aus seiner Sicht wirkte diese Vorstellung nur noch beängstigender. Nein, so weit wollte er im Moment wirklich nicht vorausdenken … --- „Und was fangen wir jetzt mit dem angebrochenen Tag an?“, fragte sie wenig später. „Brauchst du nicht ein paar neue Sachen zum Anziehen?“ Skeptisch blickte sie ihn an. „Hab ich dich richtig verstanden? Du willst freiwillig mit mir Einkaufen gehen?“ „Ich hab doch sowieso nichts Besseres zu tun“, entgegnete er gleichmütig. „Genau das ist es ja“, gab sie zurück. „Dir entgeht mindestens eine Stunde Faulsein und Nichtstun. Ist dir das bewusst?“ Er zuckte bloß gleichmütig mit den Schultern. „Bist du krank oder war der Ultraschall so ein großer Schock für dich, dass du nicht mehr weißt, was du sagst?“ „Weder noch“, legte er fest. „Ich möchte dir einfach nur mal ’nen kleinen Gefallen tun.“ Temari sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und meinte schmunzelnd: „Okay, du bist also doch krank!“ --- „Und, steht mir das?“ Shikamaru musterte sie kurz und meinte: „Schwarz steht wahrscheinlich jeder.“ „Danke, du bist wirklich eine große Hilfe“, erwiderte seine Freundin ironisch und verschwand wieder in der Umkleide. „Ich hab gesagt, dass ich mitkomme, aber nicht, dass ich dir auch beim Aussuchen helfe“, legte er daraufhin fest. „Falls ich mal wieder neue Sachen brauche, kannst du auch zu Hause bleiben und ich nehme stattdessen Sakura oder Ino mit.“ „Wenn du lieber von den beiden Quasselstrippen zu Tode gequatscht werden willst, bitte.“ „Besser das und ein bisschen konstruktive Kritik als einen Mann ohne eigene Meinung mitzuschleppen.“ „Mir ist es eben egal, was du anhast.“ „Okay, dann kann ich ja zu Hause das lila Top wieder anprobieren.“ „Solange du damit auch zu Hause bleibst, von mir aus.“ „Was wiederum heißt, dass es dir doch nicht egal ist“, legte sie belustigt fest, zog den Vorhang zurück und trat aus der Kabine. Er ging nicht weiter darauf ein und fragte monoton: „Fertig?“ „Hetz mich nicht so.“ „Hast du in den eineinhalb Stunden, die wir hier sind, immer noch nichts Passendes gefunden?“ „Doch, wenn der Kram nicht so teuer wäre …“ „Warum hast du es dann überhaupt angezogen?“ Sie lächelte undefinierbar, zuckte mit den Schultern und hing die drei Kleidungsstücke mit einem letzten wehmütigen Blick zurück, um die nächste Ecke des Ladens zu durchforsten. Shikamaru nahm die Sachen daraufhin gleich wieder ab und drückte sie ihr in die Hand. „Jetzt kauf sie dir schon!“, forderte er sie auf und murmelte vor sich hin: „Damit wir hier endlich weg können …“ Temari gab sie ihm augenblicklich zurück und protestierte: „Ich weigere mich aber, so viel Kohle für ein paar Stofffetzen auszugeben.“ „Brauchst du auch nicht. Ich schenk sie dir“, meinte er rasch und bugsierte sie sachte in Richtung Kasse. „Nein, ich –“ „Dann gibt’s für dich eben zum Geburtstag nichts mehr.“ „Wir schenken uns doch ohnehin nichts“, merkte sie an. „Aber wenn du drauf bestehst …“ --- Der Sonnenschein draußen war trotz der mehreren hundert Ryo weniger in der Tasche die reinste Wohltat für ihn. „Ich sagte doch, dass du mir das nicht kaufen musst“, fing Temari nach einer Interpretation seines Blickes an. Shikamaru erwiderte nichts. „Falls ich jemals noch mal die Gelegenheit haben sollte, nach Suna zu reisen, um mein Erspartes zu holen, bekommst du das Geld zurück, versprochen!“ „Um es dann gleich wieder für dich auszugeben, weil du kein eigenes Einkommen hast? Dann kannst du es auch gleich behalten.“ „Denkst du etwa, dass ich für den Rest meines Lebens zu Hause bleibe und mich brav von dir aushalten lasse? Nichts da! In spätestens eins, zwei Jahren such ich mir ’ne Beschäftigungstherapie und dann bin ich wieder finanziell unabhängiger.“ „Meinst du nicht, dass ein kleines Kind Beschäftigung genug für dich ist?“ „Ach, wenn es aus dem Gröbsten raus ist, klappt das schon“, meinte sie überzeugt. Das glaubte er zwar nicht so ganz, aber dagegen anzureden machte momentan wohl keinen Sinn. Nein, dass sie sich wahrscheinlich überschätzte, konnte er ihr bei Bedarf immer noch unter die Nase reiben. „Wo wir gerade beim Thema sind: Hast du nach der Prüfung nicht Urlaub?“ Urlaub … Ja, wahrscheinlich die letzten ruhigen Tage für die nächsten Jahre … „Wie immer“, antwortete er. „Warum fragst du?“ „Ich dachte mir, dass wir dann meinen Brüdern doch einen kleinen Besuch abstatten könnten. Natürlich nur für ’ne Woche oder so.“ „Allein die Hin- und Rückreise dauert doch schon eine Woche“, bemerkte er. „Wie lange willst du bleiben? Einmal ›Hallo‹ und ›Tschüss‹ sagen?“ „Na ja, besser als nichts“, meinte sie schulterzuckend. „Außerdem wären da noch ein paar Dinge, die ich lieber bei mir hätte.“ „Dann sag deinem Bruder, dass er sie dir schicken soll.“ „Nein, sie sind zu privat, um sie einer neugierigen Person wie Kankurou anzuvertrauen.“ „Und Gaara?“ Okay, dafür hatte sie kein gutes Argument … „Er ist“ – Temari suchte nach der richtigen Ausrede –, „einfach viel zu beschäftigt.“ „Die Zeit, dir ein paar alte Tagebücher oder was auch immer zu schicken, hat er bestimmt“, entgegnete Shikamaru trocken. Zwischen den Zeilen lesen war wirklich nicht gerade eine seiner Stärken. Dann musste es eben die altbewährte Holzhammermethode richten. „Du kapierst echt mal wieder gar nichts“, sagte sie tonlos. „Ich möchte doch bloß nach Hause!“ Abrupt blieb er stehen. Träumte er etwa schon wieder schlecht? „Was?“, fragte er entgeistert. „Nichts, was?!“, legte sie fest. „Ich hab auch so was wie einen Lieblingsplatz, an dem ich gerne meine Freizeit verbracht habe – Ach, wie willst du das auch wissen, wenn du mich in drei Jahren nicht einmal besucht hast?“ Ihr bissiger Unterton klang doch wie Musik in seinen Ohren … „Soll das ein Appell an mein schlechtes Gewissen sein?“ „Nicht, wenn du den Besuch demnächst nachholst.“ Er seufzte. „Hab ich denn eine andere Wahl?“ „Jetzt nicht mehr“, antwortete sie plötzlich wieder mit viel besserer Laune. „Aber ich wäre auch nicht zurückgezogen, wenn du Nein gesagt hättest.“ „Du bist so berechenbar!“ „Und du durchschaust es trotzdem nicht“, merkte seine Freundin belustigt an. „Und glaub mir, den Anblick der Wüste bei Sonnenuntergang wirst du nicht bereuen, wenn wir erstmal da sind.“ Das zweifelte er zwar nicht an – Nichts tun und in die Ferne starren klang für ihn immer verlockend –, doch … „Grundsätzlich hab ich nichts dagegen“, erwiderte er langsam, „aber mal ehrlich: Wie willst du in deinem Zustand so eine lange Reise überstehen?“ „Ach, das schaff ich schon.“ Sie winkte zuversichtlich ab. „Ich bin ja nicht aus Zucker.“ „Nein“, stimmte er zu, „dafür dann aber im siebten Monat schwanger.“ „Mir geht’s doch blendend! Warum sollte es in einem Monat anders sein?“ Ihr Freund deutete ein Schulterzucken an und widersprach: „Es ist trotzdem zu gefährlich. Selbst wenn du die Strecke körperlich gut überstehen solltest – was ich doch arg bezweifle“ – er ignorierte ihren missbilligenden Gesichtsausdruck – „besteht immer noch die Möglichkeit, dass wir angegriffen werden. Wenn ich dabei draufgehe, nehm ich das so hin; aber ich denke nicht, dass man dich dann rücksichtsvoller behandeln wird und das kann ich wirklich nicht verantworten.“ Natürlich waren seine Einwände berechtigt – trotzdem dachte sie nicht daran, so schnell nachzugeben; Schließlich war es die einzige Möglichkeit in näherer Zukunft noch einmal ihre Heimat zu sehen. „Ich versteh, was du meinst. Aber so wenig gefährlich wie heute war das Reisen doch ewig nicht“, argumentierte sie. „Kakashi-sama würde uns bestimmt ein paar fähige Leute zur Seite stellen, wenn wir ihn darum bitten.“ „Stellst du dir das nicht ein bisschen zu einfach vor?“ „Warum? Die Auftragslage ist momentan nicht gerade berauschend und der eine oder andere wäre sicher froh, wenn er nach trister Büroarbeit mal wieder etwas anderes sieht.“ „Hast du schon jemand Bestimmten im Sinn?“ „Sakura würde garantiert liebend gern mitkommen.“ Er verzog kurz das Gesicht. Die Konstellation war wirklich keine schöne Vorstellung … „Hey, ich schlag sie nicht vor, um dich zu ärgern“, fuhr Temari fort, „aber sie kann meinen Gesundheitszustand überwachen und du darfst fünf Minuten länger leben, da sich Kankurou in ihrer Gegenwart bestimmt zurückhält.“ Mensch, wenn die Aussichten nicht motivierend waren, wusste er auch nicht weiter … „Du nennst mir immer mehr Gründe hierzubleiben“, äußerte sich Shikamaru schließlich. „Warum sollte ich mich freiwillig tagelang eurem Weibergequatsche aussetzen, wenn mich dein Bruder im Anschluss sowieso umbringt?“ „Weil ich es sonst tue?“, scherzte sie. „Nein, ernsthaft: Du könntest im Gegenzug Chouji mitnehmen und was Kankurou betrifft, machen wir es einfach wie früher: Ich komme in letzter Sekunde, um dich zu retten.“ „Und warum kommst du nicht gleich am Anfang?“ „Na, weil ich ihm nicht den ganzen Spaß nehmen möchte.“ Sie lachte. Unmittelbar hielt er inne. „Hast du was dagegen, wenn wir einen kleinen Umweg machen?“ „Wo willst du denn hin?“ „Zum Bestatter“, erklärte er. „Mir schon mal ein Grab vorbestellen. Möchtest du vielleicht auch eins?“ „Brauch ich es denn?“, forschte sie vorsichtig nach. Wenn er schon so anfing, kam unter Garantie etwas, das ihr nicht gefiel … „Ja, weil du heute Abend zu meinen Eltern mitkommen darfst“, legte ihr Freund fest. Das nannte man wohl einen Volltreffer … „Womit hab ich das denn verdient?“, meinte Temari empört, verbesserte sich jedoch in Anbetracht seiner Miene: „Okay, ich hab’s verdient. Aber wozu muss ich mit?“ „Heute ist ihr Hochzeitstag und bei ihrer kleinen Feier legen sie immer wert auf meine Anwesenheit“, antwortete Shikamaru rasch. „Ja, deine Anwesenheit“, betonte sie. „Ich hab damit aber nichts zu tun.“ „Du hast doch bloß Angst vor meiner Mutter.“ Zu Recht, setzte er in Gedanken nach. „Und wenn schon … Ich war beim letzten Mal nicht gerade nett zu ihr und wenn sie dann auch noch sieht, dass ich neue Klamotten anhabe, wird’s erst recht peinlich für mich.“ „Du kannst doch das T-Shirt anbehalten.“ „Damit sie mich fragt, warum ich neuerdings deine Sachen trage und um mir nach einer Haha-ich-wusste-es!-Predigt im schlimmsten Fall irgendwas Grässliches aufzudrängen? Verzichte.“ „Immerhin hättest du dann genug zum Anziehen“, neckte er sie. „Oder du durchstöberst noch mal den Wäschekorb und nimmst das Oberteil, das am wenigsten riecht.“ „Das ist ja noch schlimmer!“, gab sie zurück und schüttelte den Kopf. „Nein, ich zieh was Neues an. Wenn ich mich schon vor ihr blamieren muss, tu ich’s richtig.“ „Na, dann brauchen sich die anderen zumindest nicht über mangelnde Unterhaltung beklagen.“ „Die anderen?“, wiederholte sie kritisch. „Wer ist denn noch da?“ „Die üblichen Verdächtigen“, antwortete Shikamaru. „Inos und Choujis Eltern.“ Temari schlug sich die Hand vor die Stirn. „Auch das noch …“, murmelte sie vor sich hin. „Großartig, dann muss ich mich auch noch von allen Seiten begaffen lassen …“ Lauter fuhr sie fort: „Hasst du mich gerade irgendwie oder warum tust du mir das an?“ „Ist das nicht immer noch besser als das, was mich erwartet?“, erwiderte er unbeeindruckt. „Außerdem ist es nur für ein paar Stunden.“ „Okay“, gab sie nach. „Aber wenn ich die Moralpredigt und Fleischbeschau überstanden hab, bekommst du das haushoch zurück!“ „Und wie willst du das anstellen? Mit Sex? Das schreckt mich nicht ab.“ Na, wenn das so war … „Ach, ich kann’s kaum erwarten, diese netten Leute wiederzusehen!“, platzte es in einem Anflug Vorfreude aus ihr heraus. „Warum kann es nicht schon Abend sein?“ Shikamaru verkniff sich ein Lächeln. Tja, wenn es darum ging, war sie wirklich unglaublich berechenbar. ════════════════════════════════════════════════════ Danke fürs Lesen! Kapitel 28: Glück im Unglück ---------------------------- Erstmal ein Dankeschön für die Kommentare vom letzten Mal! :) Nein, diese Geschichte pausiert nicht (wenn es so wäre, hätte ich sie längst so gekennzeichnet), ich komme einfach mit dem Schreiben nicht so voran, wie ich es gerne hätte. Ich ziehe das hier garantiert durch – bis zum (bitteren) Ende! :D Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 28: Glück im Unglück „Bist du endlich so weit?“ „Gleich …“, rief Temari zurück. „Gib mir noch fünf Minuten!“ „Das hast du vor zehn Minuten auch schon gesagt!“ Widerwillig räumte Shikamaru seinen Platz auf der Couch, um im Bad nach dem Rechten zu sehen. „Was machst du denn so lange?“, fragte er. „Ich dachte, du wolltest dich bloß umziehen.“ „Ich bin auch immer noch dabei …“, murmelte sie vor sich hin, während sie sich nach wie vor kritisch betrachtete. Ihr Freund musterte sie eingehend. War ihm wieder irgendetwas entgangen? Ein neuer bekloppter Trend oder so? „Und wozu?“, erwiderte er. „Du bist komplett umgezogen!“ „Ja, schon“, meinte sie, „aber ich kann mich einfach nicht zwischen den drei Oberteilen entscheiden. Sie gefallen mir alle so gut.“ Für den Preis war das auch das Mindeste ... Laut sagte er: „Du trägst doch eins! Lass es an und fertig.“ Temari schaute flüchtig in den Spiegel und schüttelte den Kopf. „Nein, ich nehm doch lieber das Grüne. Das betont meinen Bauch besser.“ Sie zog das schwarze Top aus und tauschte es mit dem Helleren. „Können wir dann los?“, fragte sie anschließend mit Unschuldsmiene, als ginge die Verzögerung nicht auf ihr Konto. Shikamaru schwieg und dankte insgeheim der Person, die die Wohnung eingerichtet hatte, dass sich keine Tischplatte in der Nähe befand; Mit dieser hätte sein Kopf nämlich definitiv vor wenigen Sekunden Bekanntschaft gemacht. --- „Juhu!“ Im Dorfzentrum winkte Sakura den beiden von Weitem zu und kam wenige Sekunden später auch schon vor ihnen zu stehen. „Ihr wart vorhin ja so schnell aus dem Krankenhaus verschwunden, dass ich nicht mal bis drei –“ Sie brach ab und verbesserte sich entschuldigend: „Wenn ihr gerade was vor habt, störe ich euch lieber später noch mal.“ Temari schüttelte den Kopf und antwortete: „Nein, wir wollten nur ein bisschen Hochzeit feiern.“ „Wirklich?“, erwiderte Sakura verdutzt, bevor sie begeistert in die Hände klatschte. „Ich wusste doch, dass es bei euch beiden nur noch eine Frage der Zeit ist! Herzlichen –“ „Wir doch nicht“, unterbrach sie ihre Freundin, um so eine tödliche Umarmung abzuwenden. „Shikamarus Eltern haben heute Hochzeitstag.“ Die Jüngere war einen Moment still. „Dann hab ich mich wohl zu früh gefreut“, sagte sie anschließend. „Aber wenn’s bei euch so weit ist, bin ich doch eingeladen, oder?“ „Klar“, antwortete Temari tonlos. „Halte dir den ersten Samstag im August in zehn Jahren schon mal frei.“ „Du und dein trockener Humor …“ Sakura lachte kurz und flachste: „Ich streich mir den Tag trotzdem schon mal vorsichtshalber rot im Kalender an. Apropos“, setzte sie neugierig nach, „was wird es denn nun? Oder konnte Kaoru-san es nicht erkennen?“ „Doch, sie meinte sogar, es wäre ziemlich offensichtlich. Aber ums mal mit deiner Metapher von vorhin auszudrücken“ – ihre Freundin pausierte kurz – „Rosa. Wobei ich dir allerdings nicht raten möchte, uns Babysachen auch in der Farbe zu schenken.“ Sakura schaute ein paar Augenblicke noch etwas ratlos drein, bis ihr der Sinn der Aussage klar wurde. „Ein Mädchen?!“, stieß sie begeistert aus. „Ihr habt vielleicht ein Glück!“ „Und mit einem Jungen hätten wir das nicht?“ „Doch, natürlich“, pflichtete sie ihr bei. „Mir persönlich würde es dann bloß schwerer fallen, den richtigen Namen zu finden. Es gibt so viele schöne Mädchennamen – aber die wenigsten Jungennamen gefallen mir.“ „Erleichtert es die Wahl denn nicht gerade, wenn du nur wenige zur Auswahl hast?“ „Da ist wohl was dran.“ Sakura lachte. „Ach, was red ich hier auch für einen Quatsch? Gedanken kann ich mir darüber machen, wenn’s bei mir so weit ist. Habt ihr denn schon einen Passenden?“ „Nein, das hat noch ein paar Wochen Zeit“, antwortete Temari. „Aber mal was anderes: Hast du nächsten Monat schon was vor?“ „Ja, ich hab ab Mitte Juli Urlaub. Kankurou plant – mitunter auch wegen dir – dann herzukommen.“ „Dann sag ihm, dass er sich das abschminken kann. Wir kommen nämlich zu ihm. Natürlich vorausgesetzt, dass dir die Reise nach Suna nichts ausmacht.“ „Nein, ist mir sogar ganz Recht. Ich hab schon seit Längerem vor, wieder das Grab von Chiyo-baa-sama zu besuchen und bei der Gelegenheit euer Dorf mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Allein das Gewächshaus ist einen Besuch wert.“ Das ist auch das einzig halbwegs Interessante an Sunagakure, dachte Temari. Doch bevor sie Sakuras Vorfreude mit so einem Kommentar noch ausbremste, behielt sie es besser für sich. „Sag mal, traust du dir den langen Weg denn zu?“, fragte Sakura. „Es wird sicher anstrengend für dich und als Schwangere auf dem harten Boden schlafen zu müssen, ist auch nicht sonderlich bequem. Und aus ärztlicher Sicht ist dein Vorhaben ohnehin unnötig risikoreich.“ Shikamaru horchte auf. Vielleicht schaffte sie es ja, Temari ins Gewissen zu reden … So, wie er seine Freundin und ihre Überredungskunst kannte, brauchte er sich die Erfolgsquote allerdings nicht allzu hoch auszurechnen. „Deswegen möchte ich ja, dass du dabei bist“, argumentierte diese – ganz wie er vermutet hatte – prompt. „Du bist die Beste für den Job und eine der wenigen Personen, denen ich vertraue.“ Und damit sank die Quote auf null Prozent. Mit so einem Satz konnte sie bei Sakura nur ins Schwarze treffen … Nun ja, immerhin wusste er, dass er der Wahrheit entsprach. Das Blaue vom Himmel herabzulügen war nicht Temaris Art, auch wenn sie das eine oder andere gerne mal ein wenig schöner redete, als es war. „Okay, überredet!“, erwiderte Sakura nach kurzem Überlegen. „Richtig zusagen kann ich dir aber erst, wenn ich mir einen Überblick über deinen Zustand verschafft hab. Ich werd Kaoru-san gleich morgen nach deiner Akte fragen.“ „Danke, mach das.“ Sie wechselten noch ein paar Sätze und verabschiedeten sich. „Du findest auch immer die passenden Worte“, meinte Shikamaru seufzend, als Sakura in der Menge verschwunden war. Temari lächelte. „Ist auch nicht schwer, wenn es ehrlich gemeint ist.“ --- Wenig später kam das Haus der Naras in Sicht und mit ihm Ino und Chouji, die gerade das Grundstück verließen und somit ihre jährlichen Glückwünsche wohl schon hinter sich hatten. „Ihr seid ja ziemlich spät dran“, merkte Erstere nach einem Gruß an. „Aber bei dem Tohuwabohu da drinnen wird’s ohnehin niemandem groß auffallen.“ Dieses Wort konnte nach Shikamarus Verständnis nur eines bedeuten: Sein Vater und der restliche männliche Besuch hatten wahrscheinlich – er kannte es ja schon zu Genüge von ihnen – einen über den Durst getrunken und die Frauen – allen voran Yoshino – regten sich darüber auf. Natürlich völlig zu Recht. Seine Lust auf diese Art Familienfeier sank mit dieser Aussicht jedoch schier ins Bodenlose. Wirklich reizvoll, seine Zeit mit einem Saufgelage und dem permanenten Gemeckere aufgebrachter Ehefrauen zu verschwenden … „Ein Mädchen?“ Ino lachte und knuffte ihrem ehemaligen Teamkollegen in die Seite, was ihn aus seiner Vorstellung riss. „Mensch, du hast aber auch ein Pech! Du wirst dein ganzes Leben schon von Frauen verfolgt und dann bekommst du ausgerechnet als erstes Kind eine Tochter. Das muss ja ein schweres Los sein“, zog sie ihn auf. „Nicht schwerer, als dich jahrelang als Teamkollegin ertragen zu müssen“, konterte er und sorgte mit diesem Kommentar dafür, dass Chouji laut losprustete. „Jetzt hat er’s dir aber wirklich gegeben!“, feixte dieser und klopfte ihr auf die Schulter. Ino verzog eine missbilligende Miene und erwiderte: „Du hast ja auch gut lachen! Schließlich darfst du auch Pate werden.“ „Sag bloß, du bist deswegen beleidigt.“ Shikamaru runzelte die Stirn. „Pah, ich doch nicht …“ Sie verschränkte die Arme. „Ganz im Gegenteil: Ich komm bestens mit der Tatsache klar, dass ich nicht gut genug bin, um mich um euer Kind zu kümmern, falls ihr Hops gehen solltet.“ Treffer! Noch beleidigter ging es gar nicht … „Ich musste mich eben zwischen einen von euch beiden entscheiden!“ „Und warum hast du mich nicht genommen?“, fragte sie vorwurfsvoll. „Was qualifiziert ihn mehr als mich?“ „Bei mir gibt es jeden Tag drei volle Mahlzeiten“, warf Chouji spaßeshalber ein. „Willst du damit etwa ausdrücken, ich würde das Kind verhungern lassen?“, beschwerte sich seine Teamkollegin prompt. „Nein, aber –“ Und ein kleiner Streit brach vom Zaun. Temari, die dem Ganzen als einzige Zuschauerin beiwohnte, schmunzelte innerlich. Früher war sie sich in solchen Situationen – die ihr bewusst gemacht hatten, dass sie kein Teil dieses Teams war – meist überflüssig vorgekommen. Das hatte sich allerdings mit der Zeit gelegt, sodass sie sich inzwischen nur noch zurücklehnen musste, um sich über die zahlreichen Auseinandersetzungen zu amüsieren. So wäre es jedenfalls auch dieses Mal gewesen, wenn Ino ihr nicht abrupt einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. „Temari, nimmst du mich als Pate?“ Na, irgendwann musste sie ja in eine dieser Streitereien mit hineingezogen werden … „Sorry, aber ich hab schon jemand anderen“, blockte die Angesprochene sofort ab und stellte sich seelisch auf akuten Widerspruch ein. „Natürlich nimmst du Kankurou-san“, meinte Ino unerwartet verständnisvoll. „Hätte ich einen Bruder, wäre er auch meine erste Wahl. Du hingegen“ – sie hob ihre Stimme an und wandte sich wieder Shikamaru zu – „hast keine Geschwister, die das Recht haben, bevorzugt zu werden. Also warum bin ich dir für diese Aufgabe nicht gut genug?“ Dieser verkniff es sich, die Gründe aufzuzählen – die ohnehin kläglich und belanglos gewesen wären – und kapitulierte: „Gibst du Ruhe, wenn du beim nächsten Patentante werden darfst?“ Ino war auf einmal mucksmäuschenstill. Eine ungesunde Röte stieg ihr ins Gesicht, als wäre es ihr plötzlich unsäglich peinlich, dass sie sich umsonst so aufgeführt hatte. „Wirklich?!“, fragte sie langsam und hoffnungsvoll. „Oder ist das bloß ein schlechter Scherz von dir, damit ich den Mund halte?“ Um sich nicht in Widersprüche zu verstricken, beschränkte er sich auf ein Kopfschütteln. „Na, dann hab ich nichts gesagt.“ Sie kicherte zufrieden und witzelte: „Lasst euch aber nicht zu viel Zeit.“ Dann zwinkerte sie den beiden zu, packte Chouji am Arm und schleifte ihn mit sich. „Komm, ich lad dich auf eine Runde Yakiniku ein!“, forderte sie ihn auf. „Und warum?“, entgegnete dieser perplex. „Weil ich gute Laune hab!“ „Da soll noch mal einer sagen, ich wäre launisch“, merkte Temari belustigt an. „Aber reicht ein Kind nicht erstmal?“ Shikamaru zuckte mit den Schultern und sagte: „Irgendwie musste ich sie zum Schweigen bringen.“ „Hältst du dein Versprechen denn?“ „Komm ich aus der Nummer denn noch heraus?“ „Nicht, wenn du die Geburt des Zweiten noch miterleben möchtest“, scherzte seine Freundin. „Du verstehst wirklich etwas davon, andere Leute aufzubauen“, erwiderte er voller Ironie. „Nein, nur dich“, verbesserte sie. „Aber lass dich trösten: Wenn du möchtest, kannst du beim nächsten Mal beide Paten aussuchen. Ino ist ein guter Mensch und Kankurou trau ich den richtigen Umgang mit Kindern ohnehin nicht zu.“ „Dann wird er es diesmal also gar nicht?“ „Nein.“ „Und wen hast du dann ausgesucht?“ Temari machte ein unnötig lange Pause und antwortete langsam: „Natürlich Gaara.“ „Du würdest ihm wirklich unser Kind anvertrauen, falls wir den Löffel abgeben?!“, fragte er ungläubig. „Du bist doch nur so skeptisch, weil er dich vor gefühlten hundert Millionen Jahren beinahe ins Jenseits geschickt hätte.“ Das und weil er mal ein irrer Massenmörder gewesen ist, dachte Shikamaru, allerdings mit Betonung auf gewesen. Prinzipiell sprach nichts dagegen, dem amtierenden Kazekage eine Chance zu geben, aber musste es denn ausgerechnet seine Tochter sein, die im Falle des Falls das Versuchskaninchen spielte? „Egal, wie negativ du jetzt darüber denkst: Wir sterben ohnehin nicht“, meinte Temari überzeugt. „Und falls doch, wird sich höchstwahrscheinlich Yoshino um das Sorgerecht prügeln.“ Moment, war das nicht noch viel schlimmer als Gaara in der Rolle des Patenonkels? Wenn das nicht ein triftiger Grund war, um nicht vorzeitig das Zeitliche segnen … Ja, vor diesem gruseligen Schicksal musste er sein Kind unbedingt bewahren. „Davon mal abgesehen ist Pate doch sowieso nur so ein unwichtige Bezeichnung. Ich weiß gar nicht, warum Ino überhaupt so scharf darauf ist, wenn sie höchstwahrscheinlich eh nicht zum Zug kommt“, fuhr sie fort. „Ein bisschen kann ich sie schon verstehen.“ „Weil du Hiruzens Pate bist?!“ Ihre Frage glich eher einer Feststellung. „Aber mal ehrlich: Würdest du dich weniger um ihn kümmern, wenn du es nicht wärst? Ich glaube nicht.“ – Temari blieb vor der Haustür stehen und näherte sich der Klingel, zögerte allerdings sie zu betätigen – „Generell finde ich die Leute, die sich dazu verpflichtet fühlen, nur weil sie Patenonkel oder -tante sind, ziemlich armselig. Entweder interessiert man sich für jemanden oder nicht – von so einem blöden Titel sollte man das aber nicht abhängig machen.“ Vielleicht war das ein wenig hart von ihr ausgedrückt, aber treffender hätte er es nicht formulieren können. Ino schätzte er trotzdem nicht so ein. Und Chouji sowieso nicht. „Im Grunde ist es nur eine Frage des Vertrauens. Und die, die als Paten ausgesucht werden, fühlen sich eben geschmeichelt und bestätigt – der Rest ist beleidigt wie Ino oder nimmt es einfach hin, weil es ohnehin nicht wichtig genug war“, schloss er. „Spricht das nicht irgendwie für sie?“ Sie zuckte lediglich mit den Schultern und betrachtete wieder unschlüssig die Türklingel. Da seine Freundin ganz den Anschein machte, sie könnte noch ein paar Stunden so dastehen und sich vor dem Besuch drücken, ging Shikamaru an ihr vorbei und drückte die Klinke hinunter. „Die Tür ist übrigens offen“, meinte er dann. „Du brauchst also nicht zu klingeln.“ ════════════════════════════════════════════════════ Der Titel dieses Kapitels ist nicht ernst zu nehmen. Mir ist bloß nichts Besseres eingefallen. :D Noch kurz zum Thema Pate: So was wie eine Taufe wird es natürlich nicht geben. Es muss ja schließlich nicht von einer bestimmten Glaubensrichtung abhängen, ob man Freunde, Verwandte, etc. bestimmt, von denen man meint, dass das eigene Kind in deren Händen gut aufgehoben wäre, falls die Eltern sterben. (Nicht, dass hier noch jemand denkt, ich alte Atheisten will hier irgendwelche christlichen Werte vermitteln. :D) Kapitel 29: Improvisation und Sarkasmus --------------------------------------- Zuallererst: Entschuldigt bitte die lange Wartezeit. Ich habe Animexx in den letzten Monaten wirklich vernachlässigt, aber nun wird es mit 1+1=3 wie gewohnt weitergehen. Ein Herzliches Dankeschön diesmal an alle, die im Laufe des Jahres so fleißig kommentiert haben. Die hohe Anzahl an Reviews und Favoriteneinträge ist für Mexx wirklich alles andere als selbstverständlich. Danke, danke! =) Dann viel Spaß beim Lesen! :) ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 29: Improvisation und Sarkasmus Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend trat Temari wortlos über die Schwelle. Es war gerade mal eine Woche her, dass sie Yoshino auf so unfreundliche Weise vor die Tür gesetzt hatte. An sich wäre das noch nicht einmal etwas Schlimmes gewesen – es war ja schließlich das Recht jedes frei denkenden Menschen, sich zu kleiden, wie er wollte und dies den anderen auch zu sagen –, aber dass sie sich jetzt, nur sechs Tage später, mit neuen Sachen bei ihr blicken ließ, war einfach extrem peinlich. Verdammt, warum hatte sie ihre Klappe nur so weit aufgerissen? Das war ja mal wieder typisch für sie … Zu gerne hätte sie Shikamaru dafür die Verantwortung zugeschoben – sein Alltag war meist auch eher von Bequemlichkeit geprägt –, doch in die Scheiße hatte sie sich selbst manövriert. Es hatte sie nach der Planung der Chuunin-Prüfung ja niemand gezwungen, die Füße hochzulegen und die schmutzige Wäsche vor sich hinvegetieren zu lassen. Und wenn sie Yoshino gegenüber so argumentierte? Genau, wenn sie es aus dem Blickwinkel betrachtete, brauchte sie die Frau also gar nicht bestätigen … Denn hätte sie in den letzten Tagen zum Waschen durchgerungen, hätte sie sich auch nichts kaufen müssen. Tja, hätte … Das half ihr nun auch nicht mehr. Wenn sie es recht bedachte, würde Yoshino ihr diese schlechte Ausrede – denn so klang sie nun mal – ohnehin nicht abkaufen. Am besten war es, wenn sie einfach zu ihrer Faulheit stand. Einen schlechten Eindruck hinterließ sie bei ihrer obligatorischen Schwiegermutter ja so oder so. „Mach dir mal keine Sorgen, sie ist nicht besonders nachtragend“, versuchte Shikamaru sie aufzumuntern. Zumindest nicht, wenn es um so einen Kleinkram geht, setzte er in Gedanken nach, was er in diesem Fall allerdings wirklich bedauerte. „Nicht besonders?“, wiederholte Temari ihn. „Das sagt doch schon alles.“ „Hast du das nicht gewusst, bevor du sie aus der Wohnung ekeln musstest?“ Nicht einmal ein Hauch von Mitgefühl schwang in seiner Stimme mit und sie wusste, dass sie es völlig verdient hatte. Wenn man sich wie die Axt im Walde aufführte, musste man auch mit Konsequenzen rechnen, so einfach war das. Wieder so ein kluger Spruch von Baki-sensei, dachte sie. Nur eben in einem anderen Zusammenhang, als von ihm gedacht. Aber solche Weisheiten konnte man ohnehin auf so gut wie jede Lebenslage ausweiten. Sie warf ihrem Freund als Antwort ein beschämtes Lächeln zu, mit dem er an sein konfliktscheues Wesen zu appellieren versuchte, dass er doch bitte nicht noch tiefer in der Wunde bohrte. Shikamaru sagte auch erstmal nichts mehr, schob sie dafür allerdings sachte in Richtung Küche vor sich her. Temari malte sich dabei – völlig übertrieben – die perfidesten Horror-Szenarien aus und glaubte, mit jedem Schritt der Hölle ein Stück näher zu kommen. Reiß dich gefälligst zusammen!, schalt sie die Stimme in ihrem Kopf. Wir befinden uns doch nicht in einer dieser kitschigen Schmonzetten, die überdramatisch aus einer Mücke einen Elefanten machen! Natürlich nicht!, entgegnete sie gedanklich und kam sich gleich unendlich blöd vor. War sie etwa schon so paranoid geworden, dass sie einen Dialog mit ihren eigenen Gedanken führen musste? Plötzlich kam ihr ein Geistesblitz. „Warte mal!“, meinte Temari abrupt, die geöffnete Küchentür nur einen guten Meter entfernt vor Augen. „Wir können doch nicht ohne Geschenk reinplatzen!“ Ihr Freund zog eine Braue hoch. Dieses Ablenkungsmanöver war so offensichtlich … „Gibt es denn ein besseres Geschenk als einen Enkel?“, entgegnete er bloß und versetzte ihr einen letzten sanften Schubs, dank dem sie erst im Türrahmen zum Stehen kam und so Yoshinos Adleraugen nicht mehr entkommen konnte. „Hallo, meine Lieben!“, begrüßte die Frau freudestrahlend ihren Sohn samt Anhang, was Temari wiederum stutzig machte. Was bitte gab ihr angesichts ihre Schwiegertochter in Spe – die sich ständig so daneben benahm – einen Grund, sich so zu freuen? Und von Inos erwähnten Tohuwabohu konnte auch keine Rede sein, wenn sie mal in Richtung Wohnzimmer lauschte. Die Männer führten ein angeregtes Gespräch und wirkten alles andere als betrunken. Irgendwas stimmt hier nicht, vermutete sie. Sie wusste nur noch nicht, was das sein konnte. „Schickes Oberteil hast du da an“, merkte Yoshino an. „Ist es nicht neu?“ Temari fühlte sich, als wäre sie frontal gegen eine Wand gerannt. Warum in aller Welt konnte sich die Frau nicht wie sonst mit einer kleinen Stichelei begnügen, anstatt gezielt danach zu fragen? Mist … Da ihr keine intelligente Antwort einfiel, beschränkte sie sich auf ein kaum merkbares Nicken. Mensch, war ihr die Situation unangenehm … Sie kam sich gerade wirklich wie ein kleines Mädchen vor, das sich dafür schämte, dass sie das neue Teeservice ihrer Mutter aus Versehen zerdeppert hatte. Yoshino betrachtete sie einige Sekunden lang – die sich für Temari lang wie Kaugummi zogen und in denen sie sich wünschte, der Erdboden würde sich unter ihr auftun und verschlucken – und sagte dann: „Betont auf jeden Fall sehr schön deine Figur. Ich hatte damals leider eher Komplexe, als ich schwanger war“, bedauerte sie, anschließend hellte sich ihre Miene wieder auf und sie strahlte wie zuvor. „Apropos: Wie geht es eigentlich meinem Enkel?“, fragte sie erwartungsvoll. Temari brachte keinen Ton heraus. Obwohl die Frage direkt an sie gerichtet war, hatte sie beschlossen, ihren Mund für den heutigen Abend verschlossen zu halten und den Schlüssel dazu wegzuwerfen, bevor sie es sich noch richtig mit ihr verscherzte. Shikamaru schien das allerdings ganz anders zu sehen und piekte seiner Freundin etwas unterhalb des linken Schulterblattes leicht in die Haut. „Jetzt sag’s ihr schon“, flüsterte er ihr zu. „Oder willst du dich nicht wieder mit ihr gut stellen?“ Natürlich wollte sie das. Wenn man den Erzählungen der Leute glauben konnte, sollte man sich seine Schwiegermutter ja besser nicht zum Feind machen … Also kramte sie ihren Schlüssel wieder hervor. „Gut“, fing sie an, „aber Enkelin würde es wohl besser treffen.“ Sekunden vergingen, in denen Yoshino mit verklärtem Blick vor sich hinstarrte und nicht einmal den Ansatz einer Silbe von sich gab. Dann jedoch breitete sich in ihrem Gesicht ein Ausdruck höchster Entzückung aus, dem ein lautes Jauchzen folgte und in dessen Anschluss sie sich umdrehte und ins Wohnzimmer rannte. „Shikaku!“, hörten sie die Frau laut rufen. „Liebling, wir bekommen eine kleine süße Enkeltochter!“ Als Antwort bekam sie von ihrem Gatten einen erstickten Würgelaut. Entweder war Shikaku von der Vorstellung angewidert – wovon Temari wirklich nicht ausging – oder seine Frau hatte sich so fest um seinen Hals geworfen, dass er tatsächlich drohte, einen raschen Erstickungstod zu erleiden. „Sch…atz, bit…te“, keuchte er hervor. Seine Frau ließ umgehend von ihm ab und kreischte ihm dafür ein übertrieben freudiges „Hast du das gehört?“ zu, was ihn erst recht zusammenzucken ließ. „Ich bin doch nicht taub“, ächzte Shikaku und rieb sich mit einer Hand den Hals, während er sich mit der anderen das linke Ohr zuhielt, dessen Trommelfell nach diesem Schreianfall garantiert für immer geschädigt war. Einen Moment lang war bis auf Yoshinos verhaltenes Lachen nichts zu hören, bis Chouza anmerkte: „Wäre das nicht seit Generationen der erste weibliche Nachkomme?“ Inoichi brach abrupt in Gelächter aus. „Ja, genau, das wäre es doch, oder Shikaku?“, zog er ihn auf. „Die Zeiten, in denen du mich wegen meiner Tochter belächelt hast, sind wohl vorbei.“ Er gab seinem Kindheitsfreund einen deftigen Klaps auf den Rücken und spöttelte weiter: „Tja, wer im Glashaus sitzt, sollte eben nicht mit Steinen werfen! Oder hast du wirklich geglaubt, dein Sohn könnte hundertprozentig der Familienlinie folgen und ebenfalls nur Söhne zeugen?“ „Inoichi!“, empörte sich Yamanaka Manryou, Inos Mutter. „Möchtest du damit etwa ausdrücken, dass Mädchen weniger wert sind?“ „Natürlich nicht“, pflichtete ihr Gatte ihr bei und argumentierte: „Aber du musstest dir auch nicht jahrzehntelang seinen Spott anhören.“ Temari, die immer noch in der Küche stand, schmunzelte innerlich. Wäre Ino in diesem Augenblick hier gewesen, hätte sie sich für ihren Vater wahrscheinlich in Grund und Boden geschämt. „Wenn du ihn schon damit aufziehen und dieser Kinderei nachgehen musst, reiß dich wenigstens so lange zusammen, wie die werdenden Eltern anwesend sind“, sagte Manryou streng. „Es geht ja nicht gegen die beiden, sondern ausschließlich gegen Shikaku“, legte Inoichi fest und flachste: „Aber ja, Frau Oberlehrerin!“ --- Während Temari sich mit Begrüßungen und gefühlten tausend Augenpaare, die auf ihr lagen, herumschlagen musste, verdrückte sich Shikamaru unbeachtet auf den freien Platz neben seinem Vater. Er seufzte und beobachtete mit einem Schmunzeln, wie Yoshino und die anderen Frauen die schwangere Besucherin bedrängten. Vielleicht hätte sich mancher Mann an seiner Stelle überflüssig gefühlt, doch für ihn hatte es nach der ersten Zeit, in der ihm so gut wie jeder mit überschwänglichen Glückwünschen auf den Keks gegangen war, nur Vorteile. Seit alle Bescheid wussten, scherten sie sich als Konsequenz nur noch wie hyperaktive Hühner um Temari – Für ihn wiederum interessierte sich keine Sau mehr, was ihm im Grunde zwar recht, gleichzeitig aber in ganzer Linie unfair war. Als werdender Vater durchlitt er vielleicht keine Stimmungsschwankungen und andere Kuriositäten, doch dass er all ihre emotionalen Ausbrüche ertrug, war eine Meisterleistung die ihm ein anderer erst einmal nachmachen musste. Und die man ihm eigentlich anerkennen musste. „Shikamaru“, flüsterte Shikaku ihm plötzlich zu, „wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es doch noch ein Junge wird?“ Aus seinen Gedanken gerissen, antwortete er gleichmütig: „Laut dem Arzt bei unter einem Prozent.“ Dass er sich als erstes auch eine Tochter gewünscht hatte, verschwieg er ihm da wohl besser … Sein Vater ließ demonstrativ den Kopf hängen, aber er hatte kein Mitleid mit ihm. Bei seinem machohaften Verhalten in puncto Kinder verdiente er es auch nicht anders. Shikaku seufzte kurz, bezog dann allerdings wieder Haltung und tätschelte seinem Sohn kurz die Schulter. „Ach, was soll’s!“, sagte er, wobei seine anfängliche Enttäuschung wie weggefegt war. „Eine Enkelin ist doch auch nicht schlecht.“ Er senkte erneut die Stimme. „Lass sie aber bitte nicht wie deine Mutter werden.“ Shikamaru schüttelte nur bestätigend den Kopf. Eine Frau von der Sorte war ihm wirklich genug. --- „Was sagt eigentlich deine Mutter dazu, dass du so jung schon ein Kind bekommst?“ Temari wich ein Stück zurück. Was hieß hier jung? Für wie jung hielten die Frauen sie denn? Aber die Frage kam ihr trotzdem gelegen. Vielleicht konnte sie so ja endlich diesem Teufelskreis der Neugierigen entkommen … „Gar nichts.“ – sie versuchte, an etwas sehr Trauriges zu denken, um einen passenden Ausdruck auf ihr Gesicht zu zaubern – „Sie ist nämlich mausetot.“ Yuri und Manryou schlugen – trotz ihrer unglücklichen Wortwahl – entsetzt die Hände vor den Mund und Temari kam sich für einen Moment so vor, als wäre sie die Protagonistin in einer grottenschlechten Soap. Doch heute musste sie einfach mal mitspielen. „Tut mir leid“, murmelte Inos Mutter betreten. „Entschuldige diese taktlose Frage …“ Okay, etwas noch Traurigeres musste her. Was war gut genug, um sie auf der Stelle zum Weinen zu bringen? Temari senkte den Blick und merkte, wie ihre Augen feucht wurden. Das funktionierte ja besser als gedacht … „Schon gut“, sagte sie mit belegter Stimme, „ich vermisse sie nur so sehr.“ Anschließend wandte sie sich ab, unterdrückte den Würgelaut, der sich nach dieser Aussage in ihrer Kehle anbahnte, und hoffte, dass den beiden Damen die Fragerei erst einmal vergangen war. Flink bahnte sie sich einen Weg an den schwatzenden Männern vorbei, deren Gespräch sich trotz Manryous Ermahnung hauptsächlich gegen Shikaku – oder besser gesagt – um die Unfähigkeit seines Sohnes drehte. Shikamaru, der immer noch in der Ecke saß, schien sich dafür herzlich wenig zu interessieren. Das hieß, wenn sie seinen Blick richtig interpretierte, was bei seiner Mimik meistens eine echte Herausforderung war. Sie sank neben ihm auf die Sessellehne. „Weiber!“, fluchte sie leise und setzte ironisch nach: „Ach ja, und danke für deine Hilfe.“ „Du sahst aus, als hättest du alles im Griff“, antwortete er wiederum mit einer gehörigen Portion Sarkasmus in der Stimme. „Witzig“, merkte seine Freundin trocken an, verkniff sich aber jeden weiteren Spruch, auch wenn sie ihm nur zu gerne ein entsprechendes Kontra um die Ohren gehauen hätte. Nein, nach den letzten Wochen wollte sie zumindest ihm gegenüber mal ›brav‹ sein. Sofern das bei ihrem Charakter überhaupt möglich war. Er musterte sie kurz von der Seite. „Hast du geweint?“, fragte er skeptisch. Temari erwiderte seinen Blick und antwortete: „Nein, ich hab nur so getan. Mehr oder weniger.“ Shikamaru hob eine Braue. „Irgendwie musste ich diese beiden neugierigen Tratschtanten doch loswerden“, argumentierte sie. „Also hab ich bei der Frage, was denn meine Mutter hiervon hält, gemeint sie wäre tot und einfach ein bisschen auf die Tränendrüse gedrückt.“ „Und das haben sie dir geglaubt?“ „Warum auch nicht? Sie wissen ja nicht, dass das schon fast zwanzig Jahren her ist.“ „Dir ist auch jedes Mittel recht, was?“ „Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen“, legte sie mit einem Grinsen fest. „Vielleicht hatte Kankurou doch Recht und ich hätte wirklich Schauspielerin werden sollen.“ „Ich glaub nicht, dass das in dem Fall unbedingt für dich spricht“, meinte ihr Freund, der die betroffene Szene noch gut im Gedächtnis hatte. „Aber solange du so was nicht mit mir abziehst, bitte.“ „Du musstest dir ja auch nicht jahrzehntelang seinen Spott anhören“, zitierte sie Inoichi mit einem breiten Lächeln. „Wenn er sich die ganze Zeit wie ein Idiot aufführt, muss er auch damit rechnen, dass er es zurückbekommt.“ „In idiotischem Benehmen seid ihr beide wirklich Experten.“ Seine Freundin zwickte ihm in den Nacken, musste dann aber doch lachen. Ja, in dem Punkt war sie Kankurou tatsächlich ähnlich. ════════════════════════════════════════════════════ Erinnert sich jemand eigentlich noch an die Szene vor dem Zeitsprung, in der die drei Väter in einer Bar zusammengesessen und Sake getrunken haben und Shikaku sich über Inoichi lustig gemacht hat, weil er als Einziger in dem Trio eine Tochter hat? Fand ich damals so herrlich, sodass ich diese Spöttelei einfach aufgreifen musste. :D Der Name Manryou bedeutet übrigens Spitzblume. Myrsinengewächse, der Fachbegriff hierfür, gehören zur Familie der Primelgewächse; Alpenveilchen sind wohl die bekanntesten Vertreter dieser Unterfamilie. Ich wünsche euch einen guten Rutsch ins Jahr 2012! =) Kapitel 30: Das perfekte Geschenk --------------------------------- Ein herzliches Dankeschön an alle Kommentatoren vom letzten Mal und auch an diejenigen, die sich die Zeit genommen haben, an der Umfrage teilzunehmen. Danke, danke! :) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 30: Das perfekte Geschenk Gegen halb acht warf Chouza den Grill an. Inoichi und Manryou verschwanden unter dem Vorwand, sie hätten etwas Wichtiges zu Hause vergessen – ein extravagantes Geschenk, wie Shikamaru wusste und was sie schon so machten, solange er denken konnte –; Yuri half Yoshino beim Salat und Temari, die zwar höflicherweise gefragt hatte, ob sie helfen sollte, wurde zum Ausruhen verdonnert. Diese kam mit der Abweisung bestens zurecht, da sie sich ohnehin nicht um die Gesellschaft der zwei Frauen riss und von vornherein einen gemütlichen Platz im Gras am Teich angepeilt hatte. Shikamaru, der sich Besseres vorstellen konnte als sich an seinem freien Tag zusätzliche Arbeit aufzuhalsen, wollte es ihr gleichtun – für ein wenig Entspannung war er schließlich immer zu haben –, wurde allerdings aufgehalten, kaum das er den Fuß über die Verandaschwelle getan hatte. „Psst!“, hörte er jemanden von der Seite flüstern. Er wandte sich nach rechts und entdeckte Shikaku, der verstohlen hinter der Schiebetür des Gästezimmers hervorlugte und eine ziemlich merkwürdige Erscheinung bot. Wenn Shikamaru es nicht besser gewusst hätte, hätte er spontan darauf getippt, dass sein Vater irgendetwas ausgefressen hatte und nun verzweifelt versuchte sich vor Yoshino zu verstecken. „Was denn?“, entgegnete der Angesprochene – oder eher Angezischte – irritiert. „Lamentier nicht herum und komm herein“, gab Shikaku zurück. „Ich brauch mal deine Meinung …“ Seine Meinung? Seit wann war denn seine Meinung gefragt? Oder war es doch bloß ein Vorwand, um ihn zu einem peinlichen Vater-Sohn-Gespräch zu locken? Ha, selbst wenn Letzteres der Fall war: Der Zug war bei ihm nun sowieso abgefahren. Ja, so ein Gespräch hätte man vor drei Jahren mit ihm führen sollen – bevor er an Temari geraten war. „Jetzt komm schon her“, meinte sein Vater nachdrücklich, da er sich anscheinend immer noch nicht in Bewegung setzen wollte. „Es ist wichtig!“ Okay, nun war sich Shikamaru sicher, das es zu neunundneunzig Prozent peinlich werden würde … Na ja, vielleicht hatte er dann zur Abwechslung auch mal wieder was zu lachen. Solche Momente waren in den letzten Wochen schließlich eher rar gesät. Kaum dass er das Zimmer betreten hatte, schloss Shikaku hektisch die Tür, schritt zur Kommode herüber und zog die oberste Schublade heraus. „Und, was hältst du hiervon?“, fragte er mit einer seltsamen Begeisterung in der Stimme, die so gar nicht zu ihm passte. Sein Sohn warf einen kurzen Blick hinein und erwiderte: „Na, und?“ „Es gefällt dir nicht?“, antwortete er ernüchtert. „Ich dachte, es wäre das perfekte Geschenk für deine Mutter …“ Nein, das perfekte Geschenk für sie ist eine Bratpfanne, kam es ihm spontan in den Sinn. Ach, diese klischeebelastete Darstellung starker Frauen in Comics bekam er seit seiner frühen Kindheit einfach nicht mehr aus dem Kopf. Bei der Mutter wohl auch keine Überraschung. „Ist ein Ring nicht völlig überflüssig, wenn man verheiratet ist?“, fragte Shikamaru stattdessen. „Ring?“, wiederholte Shikaku verwirrt. „Nein, der doch nicht. Ich meine das, was daneben liegt!“ Ein Gutschein, dachte er, wie kreativ. Wenn er Temari so etwas schenkte, war sie mindestens für drei Tage beleidigt … „Ich versteh zwar nicht viel von Frauen, aber mit einem Gutschein liegt man immer daneben“, äußerte sich Shikamaru und kam sich plötzlich in Gegenwart seines nichtwissenden Vaters wie ein Experte in dem Thema vor. „Das ist ein Prospekt“, verbesserte der Ältere ihn. „Ich hab für den Herbst eine Reise dorthin gebucht, wo deine Mutter und ich unsere Flitterwochen verbracht haben.“ „Okay“, entgegnete sein Sohn schulterzuckend und setzte nur aufgrund Shikakus fordernden Blickes nach: „Schön?!“ „Das ist alles, was dir hierzu einfällt?!“ Während er das aussprach, sah er so dermaßen enttäuscht aus, als hätte Shikamaru mit seiner Aussage die größtmöglichste Schande über die Familie gebracht. So machte es auf diesen jedenfalls den Anschein. „Als ob ich ’ne Ahnung davon hätte, was Frauen geschenkt bekommen wollen – von Gutscheinen mal abgesehen“, redete er sich rasch heraus. „Manchmal frag ich mich echt, wie ihr mich zustande gebracht habt.“ Shikaku schmunzelte. „Und das ausgerechnet aus deinem Mund“, feixte er. Okay, das war nun wirklich ein Eigentor gewesen … Shikamaru zuckte mit den Schultern und entgegnete gleichmütig: „Das eine hat ja nicht unbedingt was mit dem anderen zu tun.“ „Wie wahr …“, stimmte sein Vater belustigt zu und fragte neugierig: „Sag mal, was schenkst du ihr eigentlich so?“ Er deutete durch das Fenster auf Temari. „Meistens orangefarbene Gerbera.“ „Blumen sind aber auch nicht gerade einfallsreich.“ „Wenn man eine Freundin hat, die in der Wüste aufgewachsen ist, schon“, konterte er. „Mit Geschenken hast du es dann wohl ziemlich leicht.“ „Ja, was ich vom Rest aber nicht unbedingt behaupten kann …“ „So sind Frauen!“, sagte er amüsiert. „Ich hab dich immer vorgewarnt, aber anscheinend wolltest du wohl nicht auf mich hören.“ Ja, sein Vater war in dem Bereich wirklich immer ein abschreckendes Beispiel gewesen. „Doch“, widersprach Shikamaru ihm. „Sie ist nämlich besser.“ „Solange du mit deiner Wahl zufrieden bist, ist alles in Ordnung.“ Dann brach Shikaku in Gelächter aus und gab seinem Sohn einen deftigen Klaps auf den Rücken. „Apropos“, setzte er anschließend nach, „kannst du vielleicht einen Ring gebrauchen?“ --- „Darf ich mich kurz setzen?“ Temari, die inständig hoffte, dass sie halluzinierte, wandte sich um. Es war tatsächlich Choujis Mutter. Um nicht unhöflich zu sein, nickte sie und die Frau nahm neben ihr Platz. „Ich wollte mich noch mal für vorhin entschuldigen. Manryou und ich waren wohl ein wenig aufdringlich.“ „Nicht so schlimm“, gab sie schulterzuckend zurück. „Ich bin’s in letzter Zeit ja nicht anders gewohnt.“ „So ist das, wenn man schwanger ist. Man steht ständig im Mittelpunkt.“ Sie antwortete nicht darauf und fragte: „Seh ich eigentlich wirklich so jung aus?“ Yuri blickte sie sprachlos an. „Sie haben mich doch vorhin gefragt, was meine Mutter dazu sagt, dass ich so jung ein Kind bekomme?!“, setzte sie nach. „Nun ja, ich würde dich und Shikamaru so in ein Alter schätzen. Oder liege ich damit daneben? Jünger als er siehst du nicht unbedingt aus.“ Temari grinste schief und erwiderte: „Ich werde im August dreiundzwanzig. Ich bin also über drei Jahre älter als er.“ Die Augenbrauen der Frau verschwanden vor Überraschung fast unter ihrem Pony und ihre Wangen bekamen einen leichten Rotschimmer. Anscheinend war es ihr unangenehm, dass sie sich so verschätzt hatte. „Dreiundzwanzig ist heutzutage schon ein normales Alter, um Kinder zu bekommen“, bemerkte Yuri schließlich. „Eben.“ „Aber ist es für eine Kunoichi auf dem Jounin-Rang nicht eher unüblich?“ Mist, woher wusste sie, dass sie Jounin war? „Selbst wenn“, entgegnete Temari schulterzuckend, „man muss ja nicht immer mit dem Mainstream gehen.“ „Du meinst das, was die meisten tun?“, hakte die Frau nach, da sie mit dem Begriff nicht viel anfangen konnte. Sie nickte lediglich. „Natürlich muss man das nicht unbedingt, aber … Ich hab es gerade mal mit Hängen und Würgen zur Chuunin gebracht, doch hätte ich das Talent gehabt wie du zu einer begabten Jounin zu werden, hätte ich einen ganz anderen Weg eingeschlagen.“ „Nehmen Sie mir meinen Fächer weg und ich bin nicht mehr als ein durchschnittlicher Genin“, sagte Temari. „Außerdem schaffe ich es nicht mal einfachere Genjutsu aufzulösen. Von begabt kann also nicht die Rede sein.“ „Nun ja, jeder hat so seine Schwächen“, erwiderte Yuri. „Ich hatte trotzdem bloß Glück. Es zahlt sich eben aus, wenn man Beziehungen zu Leuten hat, die was zu sagen haben.“ „Mein Kind, du solltest deine Fähigkeiten nicht so herunterreden. Nur durch Glück und Beziehungen wird man nicht zum Jounin ernannt.“ „Und wenn schon“, gab sie resigniert zurück. „Ich bin schon ganz froh, dass es so gekommen ist. Wenn ich es recht bedenke, hab ich schon länger keine große Lust mehr, mich mit Fremden um irgendwelche Schriftrollen zu kloppen.“ Sie strich kurz über ihren Bauch. „Nein, ich glaube, der Beruf Mutter passt inzwischen ein bisschen besser zu mir.“ --- Ein paar Minuten später rettete Shikamaru sie aus dieser Unterhaltung. Temari sah Yuri hinterher, bis sie im Haus verschwunden war und sagte: „Jetzt haben die beiden wieder was zum Tratschen.“ „Was hast du ihr denn erzählt?“ „Nichts Erwähnenswertes. Ich hab nur versucht, sie mit meinem Charme zu bezirzen.“ Darunter konnte er sich nichts vorstellen – nein – er wollte es nicht. „Keine Bange, es ist ’ne ganz andere Art und Weise als ich dich einwickle“, meinte sie belustigt. Kommentarlos setzte er sich zu ihr und seine Freundin musterte ihn missmutig. „Du könntest ruhig auch mal über meine Witzeleien lachen“, klagte sie. Er ließ sich ganz aufs Gras nieder und entgegnete gleichmütig: „Beim nächsten Mal vielleicht.“ „Du bist in letzter Zeit viel zu ernst.“ War das in Anbetracht der Situation denn so überraschend? Shikamaru sprach diesen Gedanken nicht laut aus und fragte: „Ist das so?“ Temari nickte. „Du hast früher wirklich viel mehr gelacht.“ Er unterdrückte ein ›Menschen verändern sich eben mit der Zeit‹ – sie selbst war dafür sogar ein Paradebeispiel –, da er sie nicht unnötig beunruhigen wollte und gab lieber den Unwissenden. „Das kommt dir sicher nur so vor, weil du früher weniger gelacht hast.“ Sie überlegte einen Moment und entgegnete: „Finde ich nicht. Mit Fünfzehn war das vielleicht so, aber das ist doch schon ewig her.“ „Meinst du nicht, dass dich Außenstehende in dem Punkt besser beurteilen können?“ „Selbst wenn, wen interessiert’s?“, gab sie schulterzuckend zurück. „Tatsache ist, dass du viel zu ernst bist.“ „Ich bin auch keine Fünfzehn mehr“, merkte er sachlich an und wiederholte: „Also, wen interessiert’s?“ „Mich“, legte sie fest und seufzte. „Du machst mich manchmal echt wahnsinnig …“ „Genau das wollte ich erreichen“, schloss er mit einem amüsierten Grinsen. Seine Freundin lächelte. Vielleicht irrte sie sich mit dem Ernstsein ja doch … --- Inoichi und Manryou kehrten wenig darauf mit einer Blumengirlande zurück. Sie war etwa einen Meter fünfzig hoch, in Herzform gebogen und mit Rosen in den verschiedensten Farben bestückt. In ihrer Mitte war eine kunstvoll versilberte Zwanzig – so lange waren Shikaku und Yoshino inzwischen verheiratet – angebracht. Von weitem erinnerte sie entfernt an die, die Chouza zu seinem vierundvierzigsten Geburtstag bekommen hatte, wirkte von nahem allerdings völlig anders. Temari hätte diese Konstellation auf jeden Fall extrem kitschig gefunden, wenn sie Blumen nicht so sehr gemocht hätte. Aber dass sie plötzlich auf solche Sachen ansprang, konnte sie auch auf ihre Schwangerschaft schieben – so quasi als Ausrede. Es musste schließlich niemand wissen, dass sie, die Klischees und Kitsch aufs Tiefste verabscheute, auch gerne mal eine Ausnahme machte. Besonders wenn es mit Blumen zu tun hatte. „Soll ich dir auch mal so was schenken?“, fragte Shikamaru, der diese Eigenart natürlich kannte. Um ihre Neigung zum offensichtlichen Kitsch nicht preiszugeben, meinte sie: „Nö, das wäre ja keine Überraschung mehr.“ „Okay, das ist wohl ein klares Ja.“ Sie schnitt eine Grimasse. „Warum fragst du mich überhaupt, wenn du es sowieso besser weißt?“ Er antwortete mit einem Schulterzucken und meinte im Anschluss: „Da du Blumen so magst, verstehe ich erst recht nicht, warum du zu Gunsten eines im besten Fall kleinen Balkons auf einen Garten verzichtest.“ „Blumen sind mir nicht so wichtig wie mein Seelenfrieden.“ Sie lugte einen Augenblick zu Yoshino herüber und fuhr fort: „Ich frag mich eh, warum du wieder damit anfangen musst. Ich dachte, das hätten wir geregelt.“ Ach, sich über seine Entscheidungen hinwegzusetzen und alleine zu bestimmen nannte sie also regeln … Nun ja, wenn er mal kurz darüber nachdachte, war das bei ihr nicht unbedingt etwas Neues. „Ich wollte es doch nur mal angemerkt haben“, erwiderte ihr Freund trocken. Aus seinem Unterton hörte sie heraus, dass das Thema für ihn lange noch nicht gegessen war, beließ es allerdings dabei, um nicht auf ihre künstliche Art und Weise wieder einmal einen Konflikt zu schüren. In allem, was eine neue Wohnung betraf, kamen sie in nächster Zeit nämlich unter Garantie nicht auf einen Nenner. Außerdem war es nicht gerade angebracht, das ausgerechnet jetzt auszudiskutieren und so Shikaku und Yoshino womöglich noch den Hochzeitstag zu versauen. --- Nach einem üppigen Abendessen, das dank Chouza zum Hauptteil aus den verschiedensten Sorten Fleisch bestanden hatte, gab es für diejenigen die noch nicht genug hatten Eis als Nachtisch. Temari, die bei dem schönen Wetter etwas Kaltem nicht abgeneigt war, lud sich eine großzügige Portion ihrer Lieblingsgeschmacksrichtungen auf. Shikamaru beobachtete, wie sie die ersten Löffel verspeiste und verspürte urplötzlich die Lust, sie zu ärgern. „Wie war das noch? Du wolltest weniger Süßes essen?“, zog er sie auf. Sie hielt inne und erwiderte dann gelassen: „Ich halte mich doch bloß an das, was du gesagt hast.“ „Nach einer halben Portion sieht das aber nicht gerade aus.“ „Nein, aber eine Halbe, auf die ich bewusst verzichtet hab, plus eine weitere halbe Portion ergibt eine Ganze. Nach meiner Logik darf ich heute also so viel essen.“ „Nach deiner Logik macht eins plus eins wohl auch drei“, scherzte er. „Macht doch wirklich Sinn“, pflichtete sie ihm mehr oder weniger bei. „Du plus ich plus wenn das Baby da ist: Drei. Wenn das nicht logisch ist, weiß ich auch nicht.“ Diese Rechnung brachte ihn zum Schmunzeln. Auf solch verrückte Ideen konnte in letzter Zeit auch nur sie kommen. „Du hast übrigens Eis am Mund kleben“, bemerkte er, als sie aufgegessen hatte. Sie wischte es mit ihrem Handrücken weg. „Früher hättest du’s mir weggeknutscht“, meinte sie anschließend. „Warum machst du so was eigentlich nicht mehr?“ „Wozu denn?“ „Einfach so als Geste.“ „Na ja, damals musste ich auch noch versuchen, dich irgendwie zu halten – Jetzt bist du schwanger und ein Kind bindet automatisch, sodass ich dich auch ohne klischeehafte Gesten nicht mehr so schnell loswerde.“ „Wow“, entgegnete Temari ironisch, „da spricht echt der Romantiker aus dir.“ „Du sagst doch selbst immer, dass du nicht auf Klischees stehst.“ „Und du bist, wenn es um so etwas geht, ein unverbesserlicher Schwarz-Weiß-Maler. Du könntest in deinen Ansichten wirklich ein paar Graustufen vertragen.“ „Leider sind deine Graustufen schlecht zu erkennen, da sie sich von den Extremen fast nicht unterscheiden“, gab er Kontra. „Hey, das ist meine Metapher“, legte sie belustigt fest. „Aber wo du Recht hast, hast du Recht.“ „Heißt das, dass ich auch in Zukunft nicht versuchen muss, deine schrägen Andeutungen zu interpretieren?“ Sie schüttelte den Kopf, grinste und wollte gerade etwas erwidern, als ein überlautstarkes Kreischen ertönte: Yoshino war ihrem Gatten mit einem Freudeschrei um den Hals gefallen – diesmal allerdings ohne Erstickungsgefahr für Shikaku. Nachdem sie sich wieder von ihm losgeeist hatte, prasselte Manryou gleich neugierig mit der ersten Frage los: „Was hast du denn bekommen?“ „Eine Reise!“, entgegnete Yoshino und reichte ihrer Freundin überschwänglich vor Begeisterung das Prospekt, das diese wiederum augenblicklich genauestens studierte. Yuri schaute ihr dabei über die Schulter und gab einen beeindruckten Ton nach dem anderen von sich, bis sie fragte: „Chouza, wäre das nicht auch was für unseren nächsten Hochzeitstag?“ Da der Angesprochene wegen seines vollen Mundes nicht direkt antworten konnte, sprang Inoichi für ihn ein: „Yuri, das kannst du ihn doch nicht fragen, bevor er nicht die Speisekarte gesehen hast“, flachste er. Shikaku amüsierte sich über diesen Spruch köstlich und warf ein: „Wenigstens bin ich heute nicht der Einzige, der sein Fett weg bekommt!“ „Wo hast du bloß diese Geschmacklosigkeiten her?“, kritisierte Manryou ihren Ehemann. „In Zukunft bekommst du zum Mittagsessen wohl besser keinen Sake mehr.“ „Liebling, sei doch an diesem schönen Tag keine Spielverderberin!“, konterte dieser, zog sie an sich und drückte ihr wie ein übermütiger Teenager einen tölpelhaften Kuss auf die Wange. „Geht’s nur mir so oder fühlst du dich gerade auch so alt?“, murmelte Temari ihrem Freund in Anbetracht dieser Kindereien zu. Shikamaru nickte zustimmend und sagte: „Na ja, besser so als mit dem Alter völlig verbittert zu werden, oder?“ „Allerdings“, pflichtete sie ihm bei. --- Als sich die Aufregung um die Reise nach einer Weile gelegt hatte, übergaben auch die Gäste ihre Präsente. Chouza und Yuri überreichten ihren Freunden einen hübsch eingepackten Karton, in dem sich ein übergroßer und aufwändig verzierter Teller mit einer Porträtzeichnung des Hochzeitsfotos der Eheleute befand. Er sah sehr teuer aus. Anschließend holten Inoichi und Manryou ihre Girlande hervor, die sie auf der Vorderseite des Hauses abgestellt hatten und platzierten sie in unmittelbarer Nähe zum Tisch. Beide Geschenke verfehlten ihre Wirkung nicht. Während sich Shikaku seriös bedankte, sich trotzdem aber offensichtlich freute, drückte Yoshino ihre Freunde mit Freudentränen in den Augen einen nach dem anderen herzlich. In Temari kam unterdessen ein ungutes Gefühl auf. Jetzt war es bloß noch eine Frage der Sekunden, bis – Yuri war die Erste, dich sich zu Shikamaru und ihr umdrehte. „Und, was habt ihr Schönes mitgebracht?“, fragte die Frau direkt, aber ohne böse Hintergedanken. Temari erwiderte ihren Blick zwar, brachte aber kein Wort – geschweige denn eine sinnvolle Erklärung – heraus. Natürlich, wer rechnete auch schon damit, dass jemand tatsächlich so dumm war ohne Geschenk zu einer Hochzeitstagsfeier aufzukreuzen? Manryou setzte Yuris Frage noch das I-Tüpfelchen auf und meinte: „Los, spannt uns nicht weiter auf die –!“ „Wir schenken nichts“, warf Shikamaru ganz unverhofft ein und entlockte den beiden Frauen so einen erstickten Aufschrei höchster Empörung. Bevor die Zwei allerdings dagegen protestieren und ihren Unmut kundtun konnten, kam Yoshino ihnen zuvor. „Das braucht ihr ja auch nicht“, sagte sie beruhigend und mit einem Lächeln. „Ein Enkel ist schließlich das beste Geschenk, das Shikaku und ich uns wünschen können!“ ════════════════════════════════════════════════════ Ja, da hat Yoshino in letzter Sekunde doch noch mal Partei ergriffen. Sie ist wohl wirklich nicht so ein Drache, wie man immer annimmt. |D Das Wort „Mainstream“ habe ich ganz bewusst untergebracht, obwohl mir natürlich klar ist, dass das kein Charakter in der Naruto-Welt jemals sagen würde. Nun ja, der satirische Unterton (ist der überhaupt jemandem aufgefallen?) dieser Geschichte macht’s möglich. :D Kapitel 31: Grüne Jade, dunkelblauer Komet, scharlachrote Flamme ---------------------------------------------------------------- @ : Na ja, für Temari ist sie jedenfalls die schlimmste notorische Schwiegermutter der Welt! :D @ : Ich bekomme auch gerne Gutscheine, schrecklich unpersönlich sind sie aber trotzdem und zeugen nicht gerade von Kreativität. Ich werde auch oft für jünger gehalten, aber auf fünfzehn hat mich noch niemand geschätzt. Für ein Hörbuch müsste ich aber einen guten Sprecher engagieren. Ich kann selbst nämlich überhaupt nicht laut lesen. :D @ : Vorgeplant habe ich die Geschichte im Grunde eigentlich gar nicht. Dass ich den Titel im dreißigsten Kapitel verwurstet habe, ist mir auch gar nicht aufgefallen, bis du es erwähnt hast. Was für ein Zufall! @ : Freut mich, dass dir die Geschichte gefällt! @ all: Ein herzliches Dankeschön für euer Feedback! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 31: Grüne Jade, dunkelblauer Komet, scharlachrote Flamme Ein Strich noch … Fertig! Kritisch betrachtete Temari ihr erstes Werk, ein Stillleben aus Aquarellfarben. Das Motiv war die Sonnenblume, die sie sich extra für dieses Bild – um sich in puncto Hobby auszuprobieren – gekauft hatte. Hastig flogen ihre Augen vom Original zur gemalten Kopie und sie verglich so sämtliche Einzelheiten. Mit jedem Blick verzog sich ihr Gesicht immer mehr zu einer Grimasse zwischen Belustigung und Frustration. Von einem schrägen Lachen untermalt warf sie den Pinsel beiseite und ließ sich auf die Couch fallen, um ihre Schöpfung aus etwas weiterer Entfernung zu betrachten. Die Farbtöne hatte sie gut getroffen, das musste sie sich lassen, aber der Rest … Man konnte zwar erkennen, dass es eine Blume darstellen sollte, doch damit hörten die Gemeinsamkeiten auch schon auf. An sich musste das zwar nicht unbedingt etwas Schlechtes sein, aber … „Fertig?“, fragte Shikamaru interessehalber, als er vom Duschen aus dem Bad kam. Temari antwortete nicht darauf und stellte nüchtern fest: „Im Malen bin ich definitiv talentfrei.“ „Ach, was! Übung macht den Meister!“, redete er ihr gut zu. Sie lachte merkwürdig auf – was er beinahe als gruselig bezeichnet hätte – und sagte: „Bei mir hilft auch jahrelanges Üben nicht.“ Um sich selbst einen Eindruck zu verschaffen und seine Freundin vom Gegenteil zu überzeugen, ging er zum Sofa herüber, warf einen Blick auf das Kunstwerk … und erstarrte. Er hatte zwar geahnt, dass sie zum Anfang kein Meisterwerk auf die Leinwand zauberte, doch dass es so schlecht werden würde … Sie hatte keinesfalls mit ihrer Einschätzung untertrieben. „So schlimm ist es doch nicht“, erwiderte er nach kurzem Zögern. „Ist Ehrlichkeit nicht ein wichtiger Bestandteil in einer Beziehung?“, fragte Temari spitz. „Schon gut“, gab Shikamaru rasch nach und meinte: „Wahrscheinlich würde das selbst Hiruzen besser als du hinbekommen.“ „So genau wollte ich es auch wieder nicht wissen.“ „Du wolltest doch, dass ich ehrlich bin.“ „Ein bisschen beschönigen darfst du schon.“ „Okay, es sieht nicht so gut aus.“ Seine Freundin sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein. „In puncto Feingefühl ist bei dir wirklich alles verloren“, legte sie fest. „Aber darüber reg ich mich nicht mehr auf.“ Na, das hätte er gerne schriftlich gehabt … „Versuchst du es eigentlich noch mal oder suchst du dir jetzt wieder ein anderes Hobby?“, fragte er anschließend. „Meinst du denn, dass es bei meinem Talent Sinn macht, noch weiter zu üben?“ „Nein.“ „Na, da hast du deine Antwort“, schloss sie unmissverständlich. Einen Moment lang musterte er die vielen Farbtuben, die – wie es sich ihm leider aufdrängte – eine ganze Stange Geld gekostet haben mussten. Seine Frage danach musste er dezent verpacken, wenn er nicht riskieren wollte, dass sie deswegen einen Wutanfall bekam. „Und was machst du nun mit den ganzen Farben?“, forschte er in bemüht beiläufigem Tonfall nach. „Die kann Sai natürlich wiederhaben.“ Ein Tick Erleichterung machte sich in seinem Gesicht breit. Kaum auszudenken, wenn sie sich das alles neu im Geschäft gekauft hätte … „Keine Sorge, bis auf die Leinwand hab ich alles nur geliehen“, fuhr sie fort, da ihr seine Mimik nicht verborgen geblieben war. „Und die hat im Doppelpack mit der anderen gerade mal fünfzig Ryo gekostet.“ Shikamaru fühlte sich ertappt. War er denn so leicht zu durchschauen? Nun ja, immerhin hatte er es mit Temari zu tun, die ihn in manchen Punkten besser kannte als jeder andere … So gesehen war es also ziemlich dumm, seine Bedenken vor ihr verbergen zu wollen. Früher oder später bekam sie es ja doch heraus. „Danach hab ich gar nicht gefragt“, erwiderte er schließlich. „Aber dran gedacht“, gab sie zurück und seufzte. „Wirklich, du machst dir wegen dem Geld einfach viel zu viele Gedanken. Das ist weder gerechtfertigt noch nötig.“ Ihr Freund schwieg. Ehrlichkeit hin oder her: Bei diesem Thema machte es keinen Sinn mit ihr zu reden. Entweder verstand sie seine Sorgen nicht oder tat sie als nebensächlichen Kleinkram ab. Was für eine beneidenswerte Unbekümmertheit … „Würde es ein Hobby geben, das nichts kostet, würde ich es gleich als erstes ausprobieren, aber das gibt’s eben nicht“, setzte sie nach. „Wie wäre es mit lesen?“, schlug er vor. „Bücher kannst du dir massenhaft in der Bibliothek ausleihen.“ „Und die Leihgebühr?“ „Die paar Ryo tun schon nicht weh.“ „Warum teilst du mir nicht gleich ein monatliches Taschengeld zu, mit dem ich dann machen kann, was ich möchte?“ „Red doch keinen Unsinn.“ „Warum? Das ist mein voller Ernst!“ „Wenn ich das machen würde, würde es doch bedeuten, dass ich dir den richtigen Umgang mit Geld nicht zutraue, was einfach nicht stimmt“, legte Shikamaru fest. „So eine bescheuerte Regelung brauchen wir nicht.“ „War ja auch nur so ein Vorschlag …“ Nicht, dass sie es selbst darauf anlegte … Sie war schließlich kein verwöhnter Teenager – und noch nie gewesen – der die Kohle ohne Rücksicht auf Verluste mit vollen Händen aus dem Fenster warf. „Steck deine kreativen Ideen lieber in ein Hobby“, meinte ihr Freund, als er seine Chuunin-Weste anzog. „Dann bis heute Abend.“ „Bis dann! Und geh mit den übriggebliebenen Suna-Genin nicht so hart ins Gericht.“ Temari lachte. Wie könnte ich auch?, dachte er mit einem Schmunzeln, hob kurz zum Abschied die Hand und verschwand im Flur. --- Nach einer Zwischenmahlzeit in Form mehrerer kleiner Äpfel schnappte sich Temari die zweite Leinwand und beschloss nach einigem Überlegen doch einfach draufloszumalen. Wenn ihr Stillleben schon nicht lagen, war abstrakte Kunst vielleicht eher was für sie. Irgendwie musste sie schließlich die Zeit totschlagen und da Sai momentan auf Mission war konnte sie ihm seine Farben ohnehin noch nicht wiedergeben. Sie öffnete die Tuben der verschiedensten Farben und tat jeweils einen großzügigen Klecks auf die Palette. Dann schnappte sie sich den Pinsel der am nächsten lag, tauchte ihn in das schöne Orangegelb, das sie schon beim ersten Bild so an ihre Lieblingsblume erinnert hatte, und machte die ersten Striche. Frei nach ihrer Laune bewegte sich ihr Handgelenk, als hätte es ein Eigenleben entwickelt, und sie ließ es spontan die Führung übernehmen, um ihre Gedanken schweifen zu lassen … Mit einer ungewohnten Aufgeregtheit in der Magengegend betrat Temari den Trainingsplatz neben dem noch recht neuem Gebäude der Ninja-Akademie von Sunagakure. Gerade vor einer halben Stunde hatte sie von ihrem jüngerem Bruder erfahren, dass sie erst einmal von den regulären Missionen befreit war, um den erkrankten Sensei einer Gruppe Genin zu vertreten. Das hieß, wenn sie denn auch wollte. Ohne lange zu überlegen hatte sie begeistert zugestimmt. So eine reizvolle Aufgabe hatte sie sich schließlich schon seit Langem gewünscht … Schon von weitem erkannte sie das Trio, das sie die nächsten Monate anführen würde. Sie kannte die Drei noch aus dem Praxisunterricht für den Umgang mit Waffen, den sie im vorigen Jahr an der Akademie vertretungsweise gegeben hatte. Ja, warum hatte Gaara eigentlich den Hang dazu gehabt, sie ständig bloß als Vertretung einzusetzen? Bis auf die Planung der Chuunin-Prüfung in Zusammenarbeit mit Konoha war sie für keine Aufgabe dauerhaft gesetzt und immer nur die Aushilfe zu spielen war wirklich nicht unbedingt nach ihrem Geschmack gewesen. Aber damit war es nun ja zum Glück vorbei. Sie warf einen raschen Blick auf ihren Bauch und lächelte. „Wo bleibt Akishou-sensei denn heute schon wieder?“, schallte die Stimme des einzigen weiblichen Teammitglieds, Hisui Midori, zu ihr herüber. „Ach, wahrscheinlich hat er wieder mal eine Sitzung beim Psychologen und vergessen, uns das zu sagen“, flachste der Junge mit dem weißen Lockenkopf, Suisei Koniro, herum. „Koniro, darüber macht man keine Witze!“, schalt seine Teamkollegin ihn. „Du weißt doch genau, dass unser Sensei es in letzter Zeit nicht gerade einfach hat.“ Der Letzte der Truppe, Honou Shuiro, spielte mit einem Kunai herum und meinte unbeteiligt: „Das ist doch nicht erst seit gestern so. Er war doch schon von Anfang an ein Nervenbündel und wenn man solch offensichtliche Probleme hat, übernimmt man doch keine Genin.“ „Allerdings“, pflichtete Koniro ihm bei. „Wir können von Glück reden, dass wir noch keine ernsthafte Mission hatten. Mit so einem Sensei wären wir doch echt todgeweiht, wenn’s hart auf hart kommt!“ Midori verschränkte die Arme. „Ihr beide seid wirklich extrem bescheuerte Pessimisten!“ „Lieber ein lebender Pessimist als ein toter Optimist“, konterte Shuiro tonlos und rammte seine Waffe eindrucksvoll in den Baumstumpf neben sich, „oder, Temari-sensei?“ Temari hielt einen Moment inne, begutachtete das Mischmasch an Aquarell-Farben auf ihrer Leinwand und lachte bei dem Gedanken. In gewissem Maße hatte Shuiro damals Recht gehabt, doch im Augenblick war sie viel lieber Optimist. Seine beiden Teamkollegen wandten sich um und Midori ging sofort in eine höfliche Verbeugung über. „Hör auf, so zu schleimen! Ist ja ekelig!“ Koniro machte einen Würgelaut in ihre Richtung. Schnell richtete sie sich wieder auf und blaffte zurück: „So was nennt man ›Respekt zollen‹, du Depp! Aber für ’nen unkultivierten Holzkopf wie dich ist das natürlich ein Fremdwort.“ „Schleim, schleim, schleim, schleim, schleim …“, flötete ihr Kollege daraufhin im Singsang und brachte den unbeteiligten Shuiro dazu, sich peinlich berührt wegzudrehen. „Ich kenne euch beide nicht …“, nuschelte er wie im Selbstgespräch vor sich hin. Temari bekam bei dem Szenario einen Lachanfall. „Schön“, meinte sie, „dass ihr euch seit der Akademie nicht verändert habt.“ Sofort hörten die zwei Streithähne auf und Midori widersprach: „Doch, wir sind seitdem viel erwachsener geworden!“ Koniro lachte trocken und neckte sie: „Ja, alle außer dir!“ Seine Teamkollegin biss sich auf die Unterlippe, um sich offensichtlich eine grobe Beleidigung zu verkneifen, und lenkte ab: „Hat sich Akishou-sensei für heute krank gemeldet?“ „Nicht nur heute, sondern für die nächsten Wochen“, erklärte Temari. „Das war ja so was von klar!“, empörte sich Shuiro. „Irgendwann musste es dazu kommen. Warum bekommen wir auch ausgerechnet ein psychisches Wrack als Sensei zugeteilt?“ Sein Freund warf sich seufzend auf den Boden. „Und was nun?“, fragte er. „Ohne Lehrer werden wir doch nie Chuunin!“ Auf Temaris Lippen schlich sich ein amüsiertes Grinsen. Sie kam sich dabei wie ein Kind vor, das sich unendlich freute, da es nach langem endlich das, was es sich am meisten gewünscht hatte, bekam. „Genau deswegen bin ich ja hier“, klärte sie die Situation auf. „Ich werde Akishou-sensei nämlich so lange vertreten, bis er sich wieder fähig fühlt, euch was beizubringen.“ Die allgemeine Stimmung der Gruppe stieg augenblicklich wieder spürbar an. „Endlich wurden meine Gebete erhört!“, jubelte Koniro und verbesserte sich: „Nicht, dass ich beten würde, aber … Endlich! Warum konnte das nicht viel eher passieren?“ Midori stieß ihn mit ihrem Ellenbogen zwischen die Rippen und schimpfte: „Reiß dich doch bitte mal zusammen! Du willst erwachsen sein? Da lachen ja die Hühner …“ Er bemühte sich, sich den Schmerz in seiner Seite nicht anmerken zu lassen und erwiderte provokant: „Und du bist das Größte von ihnen! Fehlt nur noch, dass du Eier legst!“ Erneut bekamen sich die Zwei in die Haare. Shuiro warf seiner neuen Lehrmeisterin einen hilfesuchenden Blick zu. „Beruhigt euch!“, forderte sie die beiden auf. „Oder wollt ihr, dass noch andere hier in der Psychiatrie enden?“ Es klingelte an der Wohnungstür. Temari legte die Farbpalette beiseite. Um diese Zeit konnte es nur eine Person sein … „Hallöchen!“, trällerte Yoshino als Begrüßung und drückte ihr wie bei jedem Besuch einen prallgefüllten Obstkorb in die Hand. „Geht es meiner Enkelin auch gut? Hat sie sich heute schon fleißig bewegt?“ „Sie lässt mir keine ruhige Minute mehr“, pflichtete ihre notorische Schwiegertochter ihr bei. Die Ältere grinste breit übers ganze Gesicht und betrat anschließend unaufgefordert die Wohnung. Eine Eigenschaft, die Temari wohl nie sonderlich gefallen würde … „Du malst?“, stieß sie entzückt aus, als sie das Wohnzimmer erreichte. „Das wusste ich ja gar nicht!“ „Ist auch das erste und letzte Mal.“ „Ach, warum denn? Diese Farbkombination ist doch der reinste Augenschmaus. Erinnert mich ein klein wenig an eine Wüste.“ Temari dachte spontan an Koniros Formulierung. Schleim passte in diesem Fall wie die Faust aufs Auge. Es gab natürlich noch die verschwindend kleine Möglichkeit, dass Yoshino das was sie sah wirklich gefiel – oder sie hatte endlich gelernt, dass sie sich mit ihr besser nicht anlegte. Doch Letzteres war wohl zu schön um wahr zu sein. „Der blaue Komet hier und der grüne Stein wirken vielleicht ein wenig befremdlich“, plapperte die Frau weiter, „aber die schöne rote Flamme unterstreicht die Hitze solcher Gegenden perfekt!“ „Wann bist du unter die Kunstkritiker gegangen?“, flachste Temari. „Ich hab in meiner Jugend viel gemalt und einen kleinen Blick für so was. Wenn du fleißig übst, dann –“ „Ach, Quatsch!“, winkte sie ab. „Das ist doch nicht mehr als ein willkürliches Wirrwarr an Farben. Ein Kindergartenkind bekommt das besser als ich hin.“ Und dass es früher mal Yoshinos Hobby gewesen war, war gleich noch mal ein Grund mehr, sich eine andere Beschäftigungstherapie zu suchen … „Kann es sein, dass du den Hang dazu hast, dich ständig zu unterschätzen?!“ Yoshinos Frage war mehr eine Feststellung. „Nö, sieht doch ’n Blinder, dass ich keinerlei Talent besitze“, erwiderte sie provozierend. „Außer nörgeln und meckern, versteht sich. Aber das können wohl die meisten Frauen ganz gut.“ Der Seitenhieb in Form eines Augenzwinkerns folgte unweigerlich. Eigentlich war Temari ja froh, dass sie sich mit ihr wieder einigermaßen versöhnt hatte, doch hier und da eine Auseinandersetzung mit ihr war recht unterhaltsam. Das nannte man wohl streitsüchtig. Tja, sie war eine echte Dramaqueen, das musste sie sich eingestehen. Aber als schwangere Frau, die kurz vorm letzten Drittel stand und vor Langeweile umkam, gönnte man sich ja sonst nichts. Es war schließlich nicht so, dass sie seit Beginn der Schwangerschaft so drauf war … Hoffentlich hatte sie das bald endlich hinter sich. Momentan war sie wirklich alles andere als umweltverträglich auf ihre Mitmenschen. Yoshino ging diesmal nicht auf die Provokation ein – Zum Glück! – und fragte: „Wo wohnst du denn, wenn das Baby da ist? Diese Wohnung erscheint mir auf Dauer etwas klein für eine Mutter mit Kind.“ Hatte sie in ihrer Rechnung nicht jemanden vergessen oder glaubte sie, dass ihr Sohn weiterhin bei ihr zu Hause leben würde? „Mal gucken!“, gab sie schulterzuckend zurück. „Mal gucken?“ „Wir haben halt noch nichts Passendes gefunden.“ Die Frau schien einen Augenblick zu überlegen und schlug dann vor: „Dann zieh doch einfach zu uns. Wir haben so viel Platz im Haus und für Shikamaru wäre es so auch praktischer, wenn er von der Arbeit kommt.“ Praktischer? Meine Güte, sie glaubte ja tatsächlich, dass er in seinem Elternhaus wohnen blieb! „Ach, wäre es das?“, meinte Temari langsam, wobei sie sich krampfhaft verkneifen musste, laut loszulachen. „Natürlich, so muss er schließlich täglich einen Umweg machen.“ „Ja“, sagte sie, „um dich und Shikaku zu besuchen.“ Yoshinos Augen weiteten sich, als wäre sie soeben zu einer schockierenden Erkenntnis gekommen. „Wie war das?“, fragte sie unsicher. Okay, diesmal versuchte sie, etwas diplomatischer zu bleiben. Des lieben Friedens wegen und da Shikamaru es sonst wieder als Vermittler ausbaden musste. „Jetzt überleg doch mal“, begann Temari. „Wie oft hat er bei euch zu Hause übernachtet, seit ich im April hierher gekommen bin?“ War das jetzt ein guter Anfang gewesen? Egal … Wortlos starrte die Frau zurück. „Genau“, fuhr sie fort, „nicht ein einziges Mal. Warum sollte er also ausgerechnet wieder damit anfangen, wenn das Baby erst auf der Welt ist?“ „Um auszuschlafen?“, antwortete Yoshino mit einem halbherzigem Lächeln. „Natürlich wusste ich schon länger, dass es bis dahin nicht mehr weit ist, aber nun ja“ – sie stieß einen Seufzer aus – „ich glaube, für keine Mutter ist es leicht, wenn sie ihr einziges Kind ziehen lassen muss.“ Etwas verstimmt setzte sie nach: „Vor allem, wenn es noch so jung ist.“ Temari trat intuitiv einen Schritt zurück und eine schuldbewusste Miene machte sich in ihrem Gesicht breit. „Manchmal frag ich mich schon, ob ich etwas falsch gemacht und so seine Entwicklung in diese Richtung begünstigt habe, aber dir gebe ich keine Schuld“, lenkte die Frau rasch ein. „Obwohl … Nun ja, bisweilen stellt sich mir die Frage, warum du dir keinen Mann in deiner Altersklasse gesucht hast.“ Sollte das jetzt ein schlechter Scherz sein? „In meiner Altersklasse?“, wiederholte sie perplex. „Also, so alt bin ich auch nun wieder nicht.“ „Ja, aber –“ „Ich versteh nicht“, unterbrach sie den Protest, „warum ein Altersunterschied nur in Ordnung sein soll, solange der Mann der Ältere ist und nicht –“ „Nein, das wollte ich damit doch gar nicht …“, stammelte ihr Yoshino ins Wort. „Ach, lassen wir das. Ich bin gerade wohl nicht so ganz auf der Höhe und außerdem macht die Liebe ja bekanntlich ohnehin was sie will.“ Temari sah sie nur sprachlos an und ihre Schwiegermutter in spe setzte im Gegenzug ein äußerst kurioses Lächeln auf. „Ich geh dann auch besser, bevor ich noch mehr Unsinn von mir gebe. Grüß Shikamaru von mir und sag ihm, er soll ruhig mal wieder öfter vorbeischauen“ – sie kicherte merkwürdig auf – „Nein, Letzteres vielleicht besser nicht.“ Anschließend stürmte die Frau aus dem Wohnzimmer und schloss nur wenige Sekunden später die Haustür hinter sich. Verwirrt blickte Temari auf die Stelle, auf der sie bis eben noch gestanden hatte. Was war denn das bitte für ein Auftritt gewesen? Aber alles war besser, als wieder mit ihr aneinanderzugeraten, auch wenn das Ganze irgendwie suspekt war. Schmunzelnd wandte sie sich ab und widmete sich wieder der Vollendung ihres Kunstwerkes. --- „Und, wer ist weiter? Erzähl!“ Das war die Begrüßung, die sich Shikamaru nach einem langem Arbeitstag schon immer gewünscht hatte … „Darf ich vielleicht erstmal reinkommen und mich hinsetzen?“, entgegnete er tonlos. Seine Freundin trat mit einem erwartungsvollen Grinsen, das vom einem Ohr zum anderen reichte, zurück. „Danke.“ Er saß noch keine drei Sekunden auf der Couch und schaffte es noch nicht einmal kurz durchzuatmen, als sie auch schon ungeduldig fragte: „Also?“ „Was ist denn bloß mit dir los? Ist doch wie jedes halbe Jahr nur die Chuunin-Prüfung.“ „Hey, immerhin sind meine ehemaligen Schüler dabei.“ „Sind die Genin aus Suna nicht irgendwie alle mal deine Schüler gewesen?“ „Ich meine nicht die, die ich auf der Akademie unterrichtet hab.“ „Und welche dann?“ „Hörst du mir eigentlich überhaupt mal richtig zu?“ „Kommt ganz drauf an.“ „Na, danke schön“, meinte sie beleidigt, dachte allerdings nicht daran, sich die Laune verderben zu lassen und erklärte stolz: „Nein, ich war doch mal für drei von denen ein paar Monate lang Aushilfs-Sensei. Fällt’s dir nun wieder ein?“ „Ja, irgendwas war da mal“, erwiderte er. „Aber ich kann mir doch nicht jede Kleinigkeit merken, die du erzählst.“ „Das war keine Kleinigkeit“, legte sie fest. „Als ich darauf das nächste Mal hier war, hab ich dich tagelang mit nichts anderem zugequatscht!“ „Dann muss ich’s wohl verdrängt haben.“ Temari verzog angesäuert das Gesicht und wetterte: „Du bist manchmal echt so was von unsensibel!“ Ihr Freund deutete ein Schulterzucken an und entgegnete: „Ist das denn so überraschend?“ „Leider nicht“, bedauerte sie. Dann lehnte sie sich zurück, schaute an die Decke und setzte leicht wehmütig nach: „Irgendwie hätte ich schon Lust wieder ein Genin-Team anzuführen – aber richtig und nicht so wie letztes Mal nur für drei Monate.“ Shikamaru hob die Augenbrauen. „Na, dann hättest du dir das mit dem Kind aber früher überlegen sollen.“ „Ja, genau“, sagte sie sarkastisch, „Als ob ich großartig die Wahl gehabt hätte … Ach, so ’n Mist.“ Ihr Tonfall schwang abermals plötzlich um und sie fragte: „Und wie haben die Drei jetzt abgeschnitten?“ „Wie heißen sie denn?“ „Hisui Midori, Suisei Koniro und Honou Shuiro.“ „Ich glaube, sie waren dabei.“ „Du glaubst es? Geht das nicht ein bisschen präziser?“ „Warum bist du nicht mitgekommen, wenn du so scharf auf das Ergebnis bist?“ „Erstens hab ich mit der Prüfung nichts mehr zu tun und zweitens bin ich als Schwangere nicht mal zugelassen, da ja einer der Genin oder deren Sensei vielleicht auf die Idee kommen könnte, Amok zu laufen.“ „Wo hast du denn den Quatsch her?“ „Kakashi-sama hat das genau so zu mir gesagt“, entgegnete sie. „Recht hat er. Man sollte den anderen Dörfern wirklich nur bedingt über den Weg trauen. Man weiß ja schließlich nie.“ „Muss ich jetzt Angst haben, dass du irgendwann nachts über mich herfällst und mir die Kehle aufschlitzt?“ „Auf jeden Fall, wenn du den Teil mit dem Aufschlitzen streichst.“ „Klar, dass du das sagen musstest.“ „Dann gib mir doch einfach nicht solche Vorlagen“, feixte sie und wurde wieder ernst: „Aber zurück zum Thema. Sind die Drei nun im Finale oder nicht?“ Shikamaru war es ein Rätsel, wie man innerhalb von ein paar Minuten fünfmal die Stimmung wechseln konnte – das war sogar für Temari ein absoluter Rekord – aber nun gut. „Wie sehen sie denn aus?“, fragte er anschließend. „Mit den Namen allein kann ich nicht allzu viel anfangen.“ „Der Eine hat rote Haare, der andere weiße Locken und das Mädchen ist braunhaarig. Oder gibt’s noch mehr Teams mit dieser Haarfarbenkonstellation?“ Er schüttelte den Kopf. „Und?“ „Ja, sie sind in der Endrunde. Nun zufrieden?“ „Zufrieden ist gar kein Ausdruck!“, gab seine Freundin begeistert zurück. „Ich wusste, dass sie es schaffen.“ „Wenn du es gewusst hast, hätten wir uns das Theater eben ja sparen können“, merkte er trocken an. „Sei doch nicht gleich wieder so ein Spielverderber. Ich freue mich doch bloß ein bisschen darüber – und deine Tochter anscheinend auch.“ Shikamaru legte seine rechte Hand auf ihren Bauch, spürte unmittelbar ein paar deutliche Bewegungen und meinte: „Na, was für ein Zufall.“ „Das ist kein Zufall, sondern Absicht.“ „Ja, sie tritt so zu, um dich von deinem Euphorie-Trip wieder herunterzubekommen“, konterte er. „Du hast keine Beweise.“ Du auch nicht, dachte er, ging allerdings lieber zu einem anderen Thema über: „Was soll das eigentlich sein?“ Er deutete auf die Leinwand. „Die künstlerische Darstellung meiner heutigen Laune“, erwiderte Temari. „Deiner Mutter hat’s jedenfalls gefallen.“ „Besser als die Kritzelei von heute Morgen ist es wirklich allemal, aber …“ Ihr Freund brach ab, da ihm die passende Beschreibung fehlte. „Aber?“, hakte sie nach und sagte gespielt angriffslustig: „Wenn der Experte mich kritisieren möchte, bitte!“ „Als ob ich auch nur den blassesten Schimmer von Kunst hätte – besonders wenn sie so abstrakt ist“, meinte er schulterzuckend. „Was soll es denn darstellen?“ „Ach“ – sie winkte ab – „nur ein Stein – eine grüne Jade, um genau zu sein –, ein dunkelblauer Komet und eine scharlachrote Flamme in der Wüste“, erklärte sie und lachte. ════════════════════════════════════════════════════ Das Kapitel hat zwar nicht viel zum eigentlichen Plot beigetragen, aber die Hobbysuche-Thematik und die Teilnehmer der Chuunin-Prüfung haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Der Titel ist übrigens eine Anspielung auf die Namen der drei Genin, die Temari kurzzeitig trainiert hat: Honou Shuiro bedeutet scharlachrote Flamme, Hisui Midori kann man mit grüne Jade übersetzen und Suisei Koniro heißt dunkelblauer Komet (sein Name wird übrigens Kon-i-ro ausgesprochen, nicht Ko-ni-ro!). Ein Gruppenbild der Drei habe ich vor einer Weile schon dieser FF zugeordnet und ist auf der Übersichtsseite dieser Geschichte zu sehen. Akishou, der psychisch labile Sensei der Drei macht seinem Namen alle Ehre und ist wirklich ein labiler Charakter. :D Kapitel 32: Western, Krimis und Horrorgeschichten ------------------------------------------------- Vielen Dank für eure Kommentare! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 32: Western, Krimis und Horrorgeschichten „Das Meer so blau, der Himmel grau, die Wolken weiß –“ Temari hielt inne, überlas die Zeilen noch einmal und kam zu dem Schluss: „Mensch, ist das vielleicht ’n Scheiß!“ Sie zerknüllte das Stück Papier mit dem Geschriebenen, an dem sie die letzte Stunde gesessen hatte, und warf es über die Couchlehne in die nächste Ecke. „Immerhin hat es sich gereimt“, merkte Shikamaru belustigt an. „Das bringt mir die verlorene Zeit auch nicht zurück“, entgegnete sie. „Ich kann nicht malen, Gedichte schreiben liegt mir auch nicht … Vielleicht sollte ich die Hobbysuche lieber aufgeben.“ „Das war doch erst dein zweiter Versuch. Irgendeine Beschäftigung wirst du schon finden“, sagte er aufmunternd. „Außerdem ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“ „Ich liebe diese altklugen Sprüche“, erwiderte seine Freundin sarkastisch. „Aber es ist doch so. Mount Rushmore wurde auch nicht an einem Tag und erst recht nicht von einem Amateur geschaffen.“ „Was?“ „Die eingemeißelten Gesichter der Hokage.“ Sie seufzte. „Ich wäre ja schon zufrieden, wenn ich etwas zustande bekommen würde, bei dem es sich wenigstens lohnt, es in einer Mappe abzuheften und sich gelegentlich wieder anzusehen.“ „Dein Wüstenbild steht hier doch auch noch hier herum“, warf er ein. „Ja, aber nur, weil ich noch keinen Platz dafür gefunden hab.“ „Dann behältst du es?“ „Ich denke schon. So schlecht sieht’s ja nicht aus.“ „Warum malst du dann nicht wieder?“ „Ich hab halt keine Lust, immer nur Farbgewusel zu fabrizieren, weil ich für alles, das anspruchsvoller ist, kein Talent habe.“ „Warum schreibst du die Geschichte, die du Hiruzen erzählt hast, nicht einfach auf?“ „Als ob ich mich an die jetzt noch erinnern könnte …“ „Du bist echt nicht ausdauernd.“ „Das muss ich wohl von dir haben“, sagte sie trocken. Auf das Niveau ließ er sich gar nicht erst herab. „Suchst du ein Hobby oder ich?“, entgegnete er. Temari blickte ihn einen Augenblick verdrießlich an. „Gut gekontert“, meinte sie dann. „Und ich kann trotzdem nichts.“ Ja, weil du nichts länger als fünf Minuten ausprobierst, dachte Shikamaru. Aber wenn er das aussprach, drehten sie sich ja doch nur wieder im Kreis. Seine Freundin drehte ihren Kugelschreiber kurz zwischen den Fingern und warf ihn anschließend auf den Tisch. „Und was probiere ich als nächstes aus?“ „Du könntest Bücher lesen. Dafür brauchst du nicht mal Talent.“ „Irgendwelche Vorschläge?“ „Satire, Fantasy, Thriller, Dramen“, zählte er auf, „Kitschromane wie den, den du mitgebracht hast … Irgendwas Interessantes wirst du schon finden.“ „Na ja“, sagte sie nachdenklich, „ich könnte heute Nachmittag ja mal den nächsten Buchladen durchstöbern …“ Genau das hatte er mit seinem Vorschlag nicht bezwecken wollen. „Ich kann ja zuerst am Grabbeltisch nach preisreduzierten Mängelexemplaren Ausschau halten, wenn es dich beruhigt“, setzte Temari nach. Und wieder hatte sie ihn eiskalt erwischt. Konnte sie etwa seine Gedanken lesen? „Quatsch, brauchst du nicht.“ „Dein Blick hat gerade aber was anderes gesagt.“ „Das hast du dir bestimmt nur eingebildet.“ „Da du bei dem Thema ja anscheinend nicht offen mit mir reden kannst oder willst: Gut, halluziniere ich eben.“ „Da gibt’s auch nichts zu bereden.“ „Natürlich nicht“, pflichtete sie ihm ironisch bei. „Ach, da fällt mir gerade ein, dass ich neulich ein interessantes Buch gesehen habe, dass dreihundert Ryo kostet. Das werd ich mir dann kaufen.“ „Okay“, erwiderte er gleichgültig. Die Mir-ist-alles-egal-Masche also … Da spielte sie doch gerne ein bisschen mit, um ihn aus der Reserve zu locken. „Ich kauf’s noch heute!“, sagte sie provokant. Er zuckte allerdings nur mit den Schultern und meinte: „Von mir aus.“ „Ich mach’s wirklich!“ „Mach!“ „Gut, wenn du drauf bestehst …“ Mit einem Augenrollen wandte er sich von ihr ab. Was tat man nicht alles, um jemanden vom Gegenteil zu überzeugen … --- Gegen Mittag verließ Temari die Wohnung und da sie bis zum Treffen mit Genma noch eine gute Stunde Zeit hatte, beschloss sie dem örtlichen Buchladen einen Besuch abzustatten und sich so auf ihr womöglich neues Hobby einzustellen. Dort angekommen stand sie erst einmal eine Minute lang unentschlossen da. Sie hatte keinen Schimmer, in welches Genre sie sich orientieren sollte. Ihr Blick schweifte zuerst zu den Liebesromanzen, die sie selbst normalerweise als Schundromane bezeichnete und verschmähte. Und so blieb es auch in Zukunft, legte sie für sich fest. Ihr eigenes Leben hatte schon genügend Kitscheinlagen, da musste sie so etwas nicht auch noch lesen. Ein Sammelband mit Witzen lief ihr über den Weg, doch nach kurzem Blättern legte sie es wieder beiseite. Doofe Sprüche wusste sie zu genüge – und auch, wann man sie unpassend einsetzte. Dann die Sachbücher. An sich ja wirklich interessant, aber sie wollte lieber ein Buch mit einer fesselnden Story anstatt trockener Erklärungen. Anschließend folgte die Ecke mit den Western. Geschichten über Colts, Indianer und lange Pferderitte über die Prärie juckten sie nicht die Bohne. Dasselbe galt für Science Fiction. Außerirdische, fremde Planeten und der unvorstellbare technische Schnickschnack konnten ihr wie die meist vorhandenen Kriege zwischen den Völkern gestohlen bleiben. Mit Fantasy konnte sie ebenfalls nicht viel anfangen, da es dort ja wie mit den Aliens war – mit Ausnahme, dass sich die Elfen, Zwerge und andere kuriose Gestalten in einer meist mittelalterlich angehauchten Welt mit Schwertern und Äxten gegenseitig die Köpfe abschlugen. Und auf mordlüsterne, seelenlose Drachen hatte sie noch weniger Lust. Historische Romane kamen da schon eher infrage, doch die x-te Interpretation von Oda Nobunagas Wirken vor gefühlten Millionen von Jahren schenkte sie sich lieber. War ohnehin immer derselbe Einheitsbrei. Einige Krimis fielen ihr ins Auge. Warum sich nicht mal einen Hund von Baskerville oder einen Mord im Orient-Express reinziehen? Ja, mit einem Holmes oder Poirot machte man doch garantiert nichts verkehrt! Das Lesen verschiedener Klappentexte ernüchterte sie. Die Autoren schienen abwechslungsreich und kreativ wie ein Stück Toast zu sein und der Buchladen hatte sämtliche Doyles und Christies wohl aus seinem Sortiment verbannt. Und das in einem Dorf wie Konoha, das eigentlich schon einer Kleinstadt glich … Jämmerlich! In Suna waren die Läden jedenfalls nicht so spießig, dass sie nur Geschreibsel aus dem eigenem Land anboten. Aber hier hatten sie ja ohnehin eine ungesunde Portion Nationalstolz. Allein das Wille-des-Feuers-Gequatsche sprach Bände … Temari wandte sich ab und widmete sich der nächsten Kategorie: Thriller und Horror. Und ja, der Reiz war auf Anhieb groß. Diverse Horrorfilme hatte sie schon gesehen und sie gruselte sich gerne mal – manchmal vielleicht ein wenig zu sehr –, aber in Büchern blieben Überraschungseffekte, die sie zusammenzucken ließen, und übertrieben ekelhafte Splatter-Effekte ja eher aus. So schnappte sie sich die Taschenbuchausgabe eines bekannten Romans und ging ohne weiter zu überlegen zur Kasse. Sie bezahlte die gut hundert Ryo ohne ein schlechtes Gewissen. Noch verdiente sie eigenes Geld und da sollte sich Shikamaru mal nicht so anstellen mit seiner Wir-müssen-sparen!-Mentalität. Das ging ihr momentan auch schon genug auf die Nerven. Draußen vor dem Geschäft entsorgte sie den Kassenbon im nächsten Mülleimer und vernichtete so die Beweise, um einer möglichen Predigt zu entgehen – der Herr zu Hause konnte so ignorant tun, wie er wollte: Sie führte er nicht hinters Licht. Um sie zu überzeugen, dass es ihm nicht ums Finanzielle ging, musste er sich schon etwas anderes einfallen lassen. Im Anschluss kaufte sie sich noch ein Pfefferminzeis in der Waffeltüte – diese Sorte hatte es ihr angetan – und ließ sich auf der nächsten Bank nieder, um die verbliebene halbe Stunde zu überbrücken. Sie lehnte sich zurück und starrte in den Himmel. Ein eintöniges Azurblau war der einzige Anblick, der sich ihr bot. In Momenten der Langeweile hatten auch Wolken ihre Daseinsberechtigung. Angeödet wandte sie sich ab und blätterte rasch das Buch durch. Es gab kein Inhaltsverzeichnis, aber das war ihr nur recht, da sie nicht unnötig gespoilert werden wollte und manche Kapiteltitel den Hang hatten, genau das zu tun. Sie klappte es wieder zu und stopfte es in ihre – für diesen Zweck – eindeutig zu kleine Umhängetasche direkt neben ihr Portmonee, das vor Kleingeld fast aus den Nähten platzte und so noch mehr vom ohnehin schon knappen Stauraum klaute. Mit Müh und Not zog sie einhändig den Reißverschluss zu und beförderte den Totschläger neben sich auf die Sitzfläche. Ha, jetzt sollte mal einer auf die Idee kommen, sie anzugreifen … Mit dieser Waffe würde sich derjenige mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus wiederfinden! Sie kicherte leise vor sich hin und widmete sich endlich ihrem Eis, das aussah, als hätte es schon eine halbe Kernschmelze hinter sich. Was auch immer eine Kernschmelze sein mochte. --- Nachdem sie es aufgegessen hatte, schlenderte sie gemütlich in Richtung Hokage-Turm. Auf dem Platz vor dem Gebäude hatten sich etwa zwei Dutzend Genin – alle Teilnehmer der Endrunde – und deren Sensei versammelt und Temari wunderte sich ein wenig, dass bei der Anzahl keine Vorausscheidung veranstaltet wurde. Aber für das Finale war das sicherlich nur förderlich und erhöhte den Spannungsgrad. Ziemlich weit links in der Reihe erkannte sie Konohamaru samt Anhang Moegi und Udon. Ihretwegen nahm er erst diesen Sommer an der Prüfung teil, obwohl er schon lange das Zeug zum Chuunin hatte. Anscheinend hatte sich Konohamaru das Wort Teamwork ganz fett auf die Stirn geschrieben. Wirklich vorbildlich, dachte sie. Doch eine Nervensäge war er trotzdem. Sie erhaschte Baki-sensei in der Menge, der sichtliche Mühe hatte die Vorfreude und Aufregung der sechs Genin, die er beaufsichtigte, zu drosseln. Drei von ihnen erkannte Temari auf den ersten Blick und ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer. Seit sie das Trio das letzte Mal vor vier Monaten gesehen hatte, waren sie ganz schön gewachsen. Oder sie selbst war geschrumpft oder hatte schlichtweg nur einen Knick in der Optik. Sie bahnte sich einen Weg zu ihrem ehemaligen Lehrmeister, tippte ihm von hinten auf die Schulter und sagte: „Hallo, Baki-sensei!“ Dieser drehte sich zu ihr um und stieß ein perplexes „Hey, Temari-chan!“ aus. Die Angesprochene schmunzelte. „Temari-chan?!“, wiederholte sie. „So hast du mich ja ewig nicht mehr genannt.“ „Entschuldige.“ „Ach, Quatsch!“ Seine ehemalige Schülerin winkte ab und schüttelte den Kopf. „Da fühl ich mich doch glatt wieder einige Jahre jünger.“ „Du klingst wie ’ne alte Schachtel!“, scherzte Baki und lachte. „Tja, meine Jugend ist eindeutig vorbei und bis zur alten Schachtel ist es nicht mehr allzu weit“, witzelte sie im Gegenzug und stimmte kurzzeitig in sein Lachen mit ein. Anschließend musterte er sie einen Moment und bemerkte mit einem breiten Grinsen: „Du hast seit deiner Versetzung wohl ein bisschen zu sehr die Sau rausgelassen, was?“ „Höchstens bedingt“, legte sie mit einem Schmunzeln fest und tätschelte ihren Bauch. „Aber das hier gab’s auch geraume Zeit vorher schon – auch wenn’s weniger aufgefallen ist.“ „Hast du dich deswegen auch versetzen lassen?“ „Jup. Haben meine beiden Plappermäuler von Brüder dir denn nichts gesagt?“ „Kein Wort.“ Baki schüttelte den Kopf. „Aber wie bist du bloß auf die Idee gekommen, deine Schwangerschaft hier in Konoha zu verbringen? Weil hier die Luft besser ist?“ „Das und weil wir leider kein Ichiraku’s in Suna haben“, flachste Temari. „Nein, im Ernst: Ihr Vater ist dummerweise ein Mitbürger dieses Dorfes und du kennst ja diesen Wille-des-Feuers-Quatsch“ – sie zog eine Grimasse – „auf das die Leute hier so viel Wert legen. Da blieb mir gar nichts anderes übrig, als herzuziehen.“ „Du hattest schon immer keinen Sinn für patriotische Werte“, entgegnete er. „Wie viele Frauen.“ „Du bist immer noch derselbe Macho wie früher!“ Seine ehemalige Schülerin stieß ihm sachte ihren Ellenbogen zwischen die Rippen. Er verkniff es sich kurz über die schmerzende Stelle zu reiben und gab zurück: „Und du bist anscheinend genauso ungestüm wie früher.“ Sie grinste jugendlich – sie fühlte sich einen Moment tatsächlich, als wäre sie wieder fünfzehn – und fuhr dann in geschäftlichem Tonfall fort: „Genug gespaßt. Möchtest du mir die Drei übergeben oder hast du vor, dich um sechs Genin gleichzeitig zu kümmern?“ „Gott bewahre!“, meinte er rasch. „Aber wie willst du die Bande in dem Zustand denn trainieren?“ „Keine Bange, für Ersatz hab ich gesorgt.“ „Ist er gut?“ „Nicht gut, großartig!“ --- „Mit wem spricht Baki-san denn?“ Midori stellte sich neugierig auf die Zehenspitzen. „Ist doch wurscht, wenn’s kein Trainer für uns ist“, resignierte Koniro. „Alles andere geht mir nämlich am Allerwertesten vorbei!“ Seine Teamkollegin machte eine genervte Miene und drängte sich zwischen zwei Genin hindurch – die mindestens einen Kopf größer waren als sie –, um besser sehen zu können. Nach einem unüberhörbaren Jubelschrei kam sie fünfzehn Sekunden später schon zurück. „Das ist Temari-sensei!“, rief sie begeistert und stichelte in Koniros Richtung: „Aber wahrscheinlich interessiert’s dich immer noch nicht.“ Dieser ignorierte ihre Bemerkung, doch sein meist gelangweilter Gesichtsausdruck erhellte sich und er sprudelte los: „Das nenn ich mal ’nen Jackpot! Besser als ein Sechser im Lotto! Mit ihr als Trainerin werden wir locker dreimal Chuunin!“ „Freut euch bloß nicht zu früh“, warf Shuiro ein. „Guckt mal genauer hin!“ Diesmal musste Midori sich nicht die Mühe machen und sich durch die Menge drängen, da sich zuerst Baki und anschließend Temari zu den Dreien umdrehte. Letztere begrüßte ihre Schützlinge mit gehobener Hand und einem strahlendem Lächeln. Doch zu einem Lächeln war bis auf Shuiro niemand in der Lage. Koniros Euphorie verebbte abrupt und an ihre Stelle trat ein Ausdruck tiefster Enttäuschung. Bei Midori sah es nicht viel anders aus; sie starrte ungläubig und mit offenem Mund vor sich hin. Ihr gefasster Teamkollege murmelte ihnen ein belustigtes „Ihr seid echt noch Kinder! Oder habt ihr etwa geglaubt, dass sie kein Privatleben hat?“ zu. Beide antworteten nicht und das verbuchte er als rhetorischen Sieg für sich. Ein Gefühl, dass in der Gesellschaft der zwei Chaoten viel zu selten aufkam. Temari runzelte bei dem Anblick die Stirn und merkte an: „Ihr beide macht ja ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter!“ Sie schwiegen weiterhin. „Hab ich Dreck an der Nase oder irgendwas ausgefressen?“ „Ausgefressen trifft den Nagel auf den Kopf“, meinte Koniro beleidigt und fügte an sich selbst gerichtet hinzu: „Shit! Warum muss das ausgerechnet immer mir passieren!“ „Hey, Shuiro und ich sind doch genau wie du ohne Trainer“, lenkte Midori ein, da sie ihre Fassung wiedererlangt hatte. „Freu dich doch wenigstens ein bisschen!“ Ihr Teamkollege verschränkte die Arme und sagte: „Nö! Oder weißt du, wie mir ein kleiner Schreihals dabei helfen soll, Chuunin zu werden?!“ „Nein, aber …“ „Aber?“ „Du bist einfach ziemlich blöd, wenn du wegen so was nachtragend bist.“ „Dann hättest du dein Gesicht eben mal sehen sollen! Sahst aus, als ob gleich die Apokalypse ausbricht.“ „Ich war halt überrascht!“, verteidigte sie sich. „Wärst du doch genauso, wenn du deine große Schwester monatelang nicht gesehen hättest und plötzlich mit Babybauch bei dir aufkreuzt!“ „Ich hab doch gar keine Schwester!“ „War ja auch nur ein Beispiel.“ Temari grinste, während sie die Auseinandersetzung verfolgte. Bis auf die Größe hatten sie sich wirklich gar nicht verändert … „Genug gestritten!“, warf sie schließlich ein. „Euer Trainer für die nächsten vier Wochen ist ganz scharf drauf, euch kennenzulernen!“ Abrupt brachen die beiden Streithähne in Schweigen aus. Für ein paar Augenblicke zumindest. „Trainer?“, fragte Midori perplex. „Kann ja nur ’ne Lusche sein“, bemerkte Koniro abwertend. Temari zog eine Braue hoch und sagte: „Na, das wird er aber nicht gern hören.“ „Mir schnurz. Alle guten Shinobi mit Erfahrungen aus unserem Dorf sind entweder an andere Genin vergeben“ – der Blick des Jungen haftete für den Bruchteil einer Sekunde auf ihr, bis er vollendete: „oder schwanger – bleiben also nur die Nieten übrig.“ „Es muss ja nicht unbedingt jemand aus Sunagakure sein, oder?“, entgegnete sie. „Und wer soll es dann sein?“ Seine ehemalige Lehrerin antwortete nicht direkt darauf, meinte stattdessen „Na, kommt einfach mal mit!“ und ging an den Dreien vorbei zum Eingang des Gebäudes. --- „Und was habt ihr diesmal mit Akishou-sensei angestellt?“, fragte Temari scherzhaft, als sie im Erdgeschoss langsam durch einen langen Gang gingen. „Das Übliche: Chronische Überforderung mit uns – warum auch immer – und zu Hause lief’s auch wieder nicht … Also hat ihn sein Seelenklempner für einige Wochen auf Kur geschickt“, ratterte Shuiro als Erklärung herunter. „Wie kann man mit euch nur überfordert sein?“, fragte sie kichernd, obwohl die psychische Verfassung ihres Kollegen grundsätzlich mehr zum Weinen war. Die beiden Jungs sagten daraufhin nichts, doch Midori konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. „Tja, wenn wir keine Chuunin werden, stehen wir ohne Sensei da“, merkte Shuiro nüchtern an. „Tolle Aussichten“, schnaufte sein Teamkollege plötzlich. „Und das nur, weil jemand hier meint, er müsse ein Kind bekommen.“ Na, wenn das nicht die pure Zuneigung war, wusste Temari auch nicht … Aber um das ernst zu nehmen kannte sie den Jungen zu gut. „Jetzt lass mal die Kirche im Dorf!“, empörte sich Midori. „Kirche?“, wiederholte er mit einem gespielt dümmlichen Miene. „Was soll denn das sein?“ „Ist doch nur ein Sprichwort“, erwiderte sie beiläufig. „Und das bedeutet, dass du übertreibst!“ Er ging nicht weiter darauf ein und fragte stattdessen: „Sensei, kannst du uns nicht trotzdem trainieren? Wird schon nichts passieren!“ Sie schüttelte den Kopf und meinte: „Glaub mir, damit tu ich mir und dir erst recht keinen Gefallen. Oder willst du die Prüfung nicht bestehen?“ „Doch!“ „Dann hör auf zu schmollen und guck dir erstmal den exzellenten Ersatz an, den ich organisiert habe – Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass er dir viel mehr beibringen kann als ich!“ Vor allem im sechsten Schwangerschaftsmonat, vollendete sie in Gedanken. Anschließend stieß sie ohne zu klopfen die Tür zu ihrer Linken auf, grüßte die dort wartende Person flüchtig und schickte die Drei in den Raum. Schweigend reihten sie sich auf und musterten den Shinobi – besonders Koniro, der von der Situation immer noch extrem angepisst war – kritisch. „Das ist Shiranui Genma“, erklärte Temari, „euer Trainer für die nächsten vier Wochen.“ Sie wandte sich an den Angesprochenen und fuhr fort: „Genma, das sind Midori, Shuiro und Koniro.“ Eisiges Schweigen brach aus, da sich die Vier nur gegenseitig anstarrten. „Okay, wie ich merke, habt ihr euch viel zu erzählen“, witzelte sie ein klein wenig in der Hoffnung, so das Eis zu brechen. Dann kehrte sie um und verließ mit einem „Viel Spaß beim Trainieren!“ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Genma blickte ihr ein wenig hilflos nach. ════════════════════════════════════════════════════ Der inhaltliche Stilbruch ist euch sicher aufgefallen. Mount Rushmore, Kernschmelzen, Western, Hercule Poirot und Sherlock Holmes entspricht absolut nicht der Naruto-Welt, aber ich habe einfach gemerkt, dass mir das Schreiben mit Anspielungen auf reale Dinge einfach viel mehr Spaß macht, als mich krampfhaft an jedes winzige Detail zu halten, das Kishimoto uns vorgegeben hat. Ob’s euch gefällt oder nicht, ist mir letztendlich egal. Das Wichtigste ist schließlich, dass ich Spaß daran habe. Wäre ja auch dumm, wenn ich mir mein liebstes Hobby verderben würde, nur damit ein paar Leser nichts zu meckern haben. Außerdem ist es ja nicht so, dass diese Geschichte plötzlich Alternate Universe, Out of Ninja oder wie man Fanfics sonst noch nennt, die nicht im Canon spielen, wird. Nein, ansonsten bleibt alles beim Alten, auch wenn eine Erwähnung von Frodo oder Gollum von nun an nicht mehr ausgeschlossen ist. :) Danke fürs Lesen! Kapitel 33: Von Spritzern an der Wand und einer Leiche in der Badewanne ----------------------------------------------------------------------- @ : Du scheinst Genma ja wenig zuzutrauen … Na, wer weiß? @ : Nein, den Stilbruch halte ich in Maßen, auch wenn er in diesem Kapitel vielleicht ein bisschen aus dem Ruder geraten ist. :D @ : Danke für dein Verständnis. Ich versuche auch, es für die Leser so verträglich wie möglich zu halten. :) @ : Da ich mich per ENS schon ausführlich bedankt habe, hier die Kurzform: Danke, danke, danke! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 33: Von Spritzern an der Wand und einer Leiche in der Badewanne Mit kleinen weißlichgrauen Klumpen durchsetzte große Spritzer getrockneten Blutes verklebten die Tapete … Temari lief es eiskalt den Rücken herunter. Es war eine ziemlich widerliche Vorstellung, ein Hotelzimmer zu betreten, in dem gerade einem Mann das Gehirn – das sich in tausend kleinen Stückchen zusammen mit einer Menge Blut im Raum verteilt hatte – weggepustet worden war. Und als ehemalige Kunoichi hatte sie ja schon einiges gesehen und erlebt … Sie platzierte das Lesezeichen zwischen den Seiten und klappte das Buch zu. Der Wasserkocher hatte sich vor einigen Sekunden ausgeschaltet und sein Inhalt wartete darauf, dass er über einen Kräuterteebeutel in eine Tasse geschüttet wurde. Also ging sie in die Küche, machte sich ihren Tee und kehrte mit diesem ins Wohnzimmer zur Couch zurück. Nachdenklich starrte sie den Dampf an, der von dem heißen Getränk emporstieg. Heute fühlte sie sich nicht besonders wohl – und dummerweise schien die Geschichte einen gewissen – wenn auch geringen – Anteil daran zu haben. Auf der einen Seite war sie, an einem düsteren Regentag allein zu Hause – auf der anderen eine Familie, die in einem Hotel gefangen waren, in dem die seltsamsten Dinge vor sich gingen … Welche Person an ihrer Stelle würde sich da nicht unwohl fühlen? Wahrscheinlich keine außer mir, dachte sie ironischerweise und begann, am Faden des Teebeutels herumzufuchteln, damit sich das Aroma schneller im Wasser ausbreitete. Und um sich von widerwärtigen Gehirn- und Blutspritzern an der Wand abzulenken. Das klappte auch für eine geschlagene halbe Minute, dann war das leicht beklemmende Gefühl wieder da. Sie kam sich wie der größte Hasenfuß der Welt vor, da sie sich von einem Roman paranoid machen ließ. Wie dämlich das war! Wenn davon in Sunagakure auch nur eine einzige Person erfuhr, war ihr Ruf ruiniert – nicht dass sie jemals großen Wert darauf gelegt hatte – und Gelächter so sicher wie die Erde keine Scheibe war. Und in dem Punkt hatte sich Galilei tausendprozentig nicht geirrt. Temari drückte den Beutel zwischen den Fingern aus, damit die restliche Flüssigkeit nicht quer über den Tisch lief und verbrannte sich dabei prompt. Fluchend ließ sie ihn neben die Tasse fallen, auch wenn er im Mülleimer besser aufgehoben war. Doch da ihr Magen rebellierte, machte sie sich nicht die Mühe noch einmal aufzustehen und ihn wegzuwerfen. Sie legte sich zurück auf die Couch und schielte zur Uhr herüber. Viertel nach vier … Aller Wahrscheinlichkeit nach kam Shikamaru also innerhalb der nächsten Stunde von seiner lästigen Pflicht, wie er das Überwachen der verschiedenen Genin-Teams nannte –angemerkt, dass er nur dank ihr immer für die Frühschicht eingeteilt war –, nach Hause. Und wenn er erst zurück war, würde sie für den Rest des Tages wie eine Klette an ihm kleben und so das paranoide Unwohlsein vertreiben. Ihr inaktives Töchterchen war ihr, was das betraf, heute bisher keine große Hilfe gewesen. Sie griff wieder nach dem Buch, obwohl sie wusste, dass es vielleicht besser war, es nicht weiterzulesen und auf etwas Harmloseres auszuweichen. Aber dafür gruselte sie sich zu gerne – mit allen Konsequenzen. Gute Unterhaltung glich den einen oder anderen Moment des Verfolgungswahns schließlich wieder massig aus. --- Sie lief durch einen dunklen Flur. Beunruhigt schaute sie ständig über ihre Schulter hinter sich. Aus der Ferne vernahm sie ein Rascheln – fast so, als würde sich eine Schlange durch Gras schlängeln. Sie beschleunigte ihre Schritte und strauchelte plötzlich, sodass sie zu Boden fiel. Einen Moment lang rieb sie sich den Arm, mit dem sie sich abgefangen hatte und wollte anschließend wieder aufstehen, doch irgendetwas hielt ihren linken Fuß fest. Sie wandte sich um und entdeckte eine Pflanzenranke, die aus dem Teppich herausragte und sich um ihr Gelenk geschlungen hatte. Es schien, als wäre das Dschungelmuster gerade dabei, sich selbstständig zu machen … Nein, das hatte es natürlich schon. Angst stieg in ihr auf, als sich unmittelbar darauf eine weitere Ranke um ihr Handgelenk schloss. Sie versuchte sich loszumachen, doch mit jedem Ruck zogen sich die Arme der Schlingpflanze nur fester um sie, gruben sich auf schmerzhafte Weise tiefer in ihre Haut und färbten das Grün des Teppichs allmählich blutrot. Panisch stellte sie fest, dass das Schlängeln mit jedem Augenblick lauter wurde, bis letztendlich eine bizarre Schlange im Lichtkegel der schwachen Wandbeleuchtung auftauchte. Das Reptil wirkte wie die schlechte Parodie eines veralteten Wasserschlauchs, wenn nicht die vielen scharfen Zähne gewesen wären, die gefährlich blitzten und es kaum erwarten konnten, sich in ihr Fleisch zu bohren und blutige Stücke herauszureißen. Verzweifelt schaute sie sich um, suchte nach einer Lösung, um dieser Situation noch irgendwie zu entkommen. Doch es gab keine. Sie saß auf einem Teppich, aus dem immer mehr Schlingen schossen und die sich wie Fesseln um sie legten und weit und breit keine Spur eines Menschen, der ihr eventuell zu Hilfe kommen konnte. Es war aussichtslos. Mit weit aufgerissenem Maul kam die Schlange Stück für Stück auf sie zu, schnellte letzten Endes auf sie zu und – Ein lautes Geräusch hinter ihr ertönte und alles um sie herum löste sich in weißes Nichts auf. Temari schlug die Augen auf und verengte sie sofort wieder zu Schlitzen, als das Licht der Deckenlampe sie blendete. In ihrer rechten Hand verspürte sie eine gewisse Taubheit. Sie war mit dem Buch in der Hand eingeschlafen. Sie klappte es zu und versuchte ihre Finger zum Aufwachen zu bewegen, was auch einigermaßen funktionierte. Im Flur waren Schritte zu hören. „Verdammt gutes Timing“, murmelte sie vor sich hin und verschwendete nur noch einen kurzen Gedanken an den Traum – pardon, Albtraum. Die Zeit für eine richtige Definition musste sein. Obwohl das, was sie sich im Unterbewusstsein zusammengesponnen hatte, wohl eher die Bezeichnung totale Scheiße verdiente. Nichts anderes war es nämlich gewesen. Sie rollte sich zur Seite und war drauf und dran, sich mal wieder auf den Bauch zu legen – so lag es sich nach einem beschissenen Traum zusammen mit einem weichen Kissen und einer Bettdecke, die man sich über den Kopf zog, eben am besten –, aber die Kugel, die sich dort gebildet hatte, wusste das zu verhindern. Seltsam, nur ein einziges Hirngespinst in nicht schwangerem Zustand und schon hatte sie für einen Moment vergessen, dass sich ein gut dreißig Zentimeter großer Fetus in ihrem Unterleib tummelte. Und wie er sich tummelte! Ihr Töchterchen feierte gerade wohl eine Ein-Mann-Party! Nein, Ein-Frau-Party passte natürlich besser. Warum erst jetzt?, dachte sie verdrießlich. Immer, wenn man Aufmunterung gebrauchen konnte, kam sie nicht und wenn sie mehr oder weniger überflüssig war, drängte sie sich einem auf. Das wiederum war verdammt beschissenes Timing. Aber so die regen Lebenszeichen seines ungeborenen Kindes zu bezeichnen, war wohl eher unpassend. Sehr unpassend. Shikamaru kam gut durchnässt ins Wohnzimmer und das Erste, das sich ihr in den Sinn schlich, war begossener Pudel. Auch wenn er mit einem Pudel überhaupt keine Ähnlichkeit hatte. „Schon mal was von einem Regenschirm gehört?“, neckte sie ihn zur Begrüßung und merkte, dass sie sich in der Magengegend gleich deutlich wohler fühlte. „Schon mal was von einer anständigen Begrüßung gehört?“, konterte er, obwohl er sich gar nicht daran störte. Dieses tägliche Blabla Schatz, wie war dein Tag? – Super! – Knutsch, knutsch! wie es in Yoshinos Soaps immer dargestellt wurde, war schließlich schon unendlich ausgelutscht. Nicht, dass etwas dagegen sprach, sich nach dem Tag des Partners zu erkundigen, doch man musste sich ja nicht hundertprozentig an das von allem und jedem assoziierte Schema halten. Seine Freundin ging nicht auf seine Bemerkung ein und fragte stattdessen: „Willst du gar nicht wissen, was ich den ganzen Tag so gemacht habe?“ „Okay, wie war dein Tag?“ Toll, jetzt stellte er diese Frage ja doch … „Langweilig wie immer.“ Wenn’s mal so gewesen wäre, bedauerte sie insgeheim. Aber dass sie sich stundenlang auf die Couch verkrümelt hatte, weil sie vor einem fiktiven Setting ein bisschen Schiss hatte, erzählte sie ihm trotzdem nicht. Machte ja die Illusion kaputt, dass sie eine uneingeschränkt starke Frau war … Wobei er das ohnehin schon lange besser wusste. Allerdings musste sie dieses Image ja nicht unbedingt noch unterstreichen. Oder sie schob ihre paranoiden Anwandlungen auf ihre Schwangerschaft … Na, wer’s glaubt, wird selig. Nicht mal der größte Hohlkopf würde ihr das abkaufen und Shikamaru konnte man höchstens gelegentlich im Umgang mit Frauen so betiteln. Intelligenz hatte eben auch seine Grenzen. „Liest du das Buch denn nicht?“, fragte er weiter. „Doch, aber ich kann ja nicht den ganzen Tag nur lesen. Außerdem müsste ich mir dann alle drei Tage ein neues kaufen.“ „Du brauchst echt dringend ein Hobby.“ „Ha, ha“, bemerkte sie trocken. „Wenn du kein Talent hast, lern ’ne Fremdsprache.“ „Und welche?“ „Englisch, Chinesisch, Deutsch – ganz egal!“ „Wir sprechen Deutsch!“ „Ich schon, aber bei dir bin ich mir manchmal nicht so sicher“, ärgerte er sie. „Was soll denn das heißen?“ „Du betonst manche Wörter anders – wie alle aus Suna mit ihrem Dialekt.“ „Ich hab keinen Dialekt!“, protestierte sie. „Das ist höchstens ’ne Mundart, wenn überhaupt.“ „Du weißt, dass Mundart nur ein Synonym für Dialekt ist?!“ „Klugscheißer.“ Er grinste und erwiderte: „Ein Synonym wäre Besserwisser.“ Temari griff spontan nach dem nächsten Kissen, feuerte es mit Schwung in seine Richtung – und verfehlte ihn knapp. Ihr Freund verschwand mit einem siegreichen Grinsen auf den Lippen ins Bad. --- Es war dunkel. Ihre ungeborene Tochter befand sich gerade wohl im tiefsten Schlummerland und die langsamen und flachen Atemzüge ihres schlafenden Vaters neben ihr waren das Einzige, das die Stille der Nacht begleitete. Automatisch griff Temari zu dem Digitalwecker, der seit neuestem auf dem Schrank neben dem Bett stand – Shikamaru hatte ihn mitgebracht, da die analoge Uhr vor einigen Tagen unter mysteriösen Umständen kaputtgegangen war –, und betätigte die Taste für die Beleuchtung. Es war kurz vor Mitternacht. Geisterstunde, dachte sie augenblicklich und kam sich anschließend gehörig dumm vor. Das Märchen der Geisterstunde hatte sie schon als sechsjähriges Mädchen nicht mehr geglaubt – und ausgerechnet jetzt, fast achtzehn Jahre später, stellten sich leicht die Härchen in ihrem Nacken auf?! Unglaublich … Noch unglaublicher war allerdings, dass sie bereits seit einer Dreiviertelstunde wach lag, weil sie dringend aufs Klo musste – die unberechenbare Blase einer Schwangeren eben –, sich aber nicht traute, aufzustehen und alleine ins Badezimmer zu gehen, das keine zehn Meter entfernt lag. An sich wäre das wahrscheinlich das kleinste Problem gewesen, da sie ja die Nachttischlampe anschalten konnte, doch … Ihre Nackenhaare stellten sich bei dem Gedanken noch mehr auf und sie bekam eine Gänsehaut. Diese verdammte tote Frau in der Badewanne von Zimmer Nummer 217! Die Szene, wie der kleine Junge versucht den Raum zu verlassen, verfolgt von der aufgequollenen Leiche, ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf. Einfach eine grausige Vorstellung! Und das ganz ohne Splatter-Effekte. Sie legte sich auf die Seite und kniff die Oberschenkel zusammen. Der Druck auf ihre Blase verschwand einen kurzen Moment lang, um dann unangenehm mit voller Wucht zurückzukehren. Mist, wenn sie nicht bald ging, machte sie noch wie ein Kleinkind ins Bett … Einige Minuten lag sie noch so da, die Vorderzähne vor Anspannung fest auf die Unterlippe gepresst, bevor sie zu einem Entschluss kam: Keine würgende – nebenbei bemerkt nicht mal existierende – tote Frau konnte sie länger von der Toilette fernhalten! Okay, vielleicht konnte sie es noch etwas so aushalten, aber wenn ihre Tochter spontan beschloss, Salsa in die falsche Richtung zu tanzen, geschah wirklich ein Unglück. So schaltete sie die Nachttischlampe ein – es war inzwischen sieben nach Mitternacht –, schlug die Bettdecke zurück und stand langsam auf, wobei es in dieser Bewegung noch mehr drückte als zuvor. „Höchstens eine halbe Minute“, flüsterte sie ermutigend vor sich hin und machte selbstbewusst die ersten Schritte. Mitten im Raum, außerhalb des Lichtkegels der Lampe, verflog ihr Mut abrupt und sie blieb stehen. Im Halbdunkel des Zimmers hatte sie ein Etwas namens Angst wieder eingeholt – oder besser gesagt sein kleiner, etwas harmloserer Bruder namens Schiss. Und den hatte sie nun unbestreitbar: Eine gehörige Portion Schiss. Wie angewurzelt stand sie auf der Stelle – mit einer so vollen Blase, dass sie fürchtete, sie würde in wenigen Augenblicken explodieren – und starrte die dunkle Badtür an. Sie starrte und starrte scheinbar ohne zu blinzeln, damit ihr auch ja nicht die kleinste verdächtige und bedrohliche Veränderung der Schatten entging, unfähig, sich vorwärts oder zumindest rückwärts ins Bett zurück zu bewegen. Ironischerweise dachte sie wieder einmal an ihr Ansehen, das einen gehörigen Knacks wegbekommen würde, wenn ein Außenstehender sie so sah. Jeder Akademieschüler würde sich über sie lustig machen – von gestandenen Chuunin und Jounin ganz zu schweigen – und in der Wildnis wäre sie ein gefundenes Fressen für jeden feindlichen Shinobi. Wobei sie bei einer Begegnung mit Letzterem eine geringe Überlebenschance hatte, wenn dieser sich bei ihrem Anblick totlachte. Gut, dass sie sich ihre Wohnung ausgesucht hatte, um sich zum Affen zu machen, denn dort gab es außer ihrer Tochter keine weiteren Zeugen – und diese konnte sich in ein paar Jahren sicher nicht mehr daran erinnern, dass sich ihre Mutter wegen einer Gruselgeschichte fast in die Hose gemacht hatte, weil sie befürchtete, auf der Toilette einer wandelnden Leiche zu begegnen. Ein Knarren ertönte plötzlich. Temari zuckte unter einem leisen Aufschrei zusammen und wandte sich abrupt um, darauf gefasst, dass ein Zombie hinter ihr stand. Ihre Muskeln entspannten sich rasch wieder und eine Spur Erleichterung machte sich in ihr breit. Als Zombie konnte man Shikamaru nach dem Aufwachen tatsächlich bezeichnen, da sich sein Wortschatz für gute zwanzig Sekunden genau auf die Darstellung eines dieser Untoten beschränkte, doch nun war sie bloß froh, dass er wach war. „Was schreist du denn so?“, murmelte er verschlafen vor sich hin und klang dabei so routinemäßig, als würde es ihn nicht interessieren – was es, ehrlich gesagt, mitten in der Nacht auch nicht wirklich tat, aber als guter Partner fragte man eben nach. In erster Linie natürlich, um schnellstmöglich weiterschlafen zu können. „Nichts, ich dachte nur, ich hätte eine Maus gehört“, antwortete sie für seinen Geschmack ein wenig zu schnell. Eine Maus … Er war zwar verpennt, aber nicht blöd. „Dieser Bau ist gerade mal drei Jahre alt. Da gibt’s keine Mäuse“, bemerkte er. „Ich sagte ja auch, dass ich dachte, ich hätte eine gehört“, verbesserte seine Freundin. „Selbst wenn … Du hast ein Fünftel deines Lebens draußen verbracht, da hat man keine Angst vor kleinen Nagern.“ „Von Angst war ja auch keine Rede …“ „Gut, und jetzt die Wahrheit: Warum schreist du um Viertel nach Zwölf herum?“ Sie schwieg. „Lass mich raten. Du traust dich nicht aufs Klo, weil du dir vorstellst, eine Leiche könnte im Bad auf dich losgehen?“ „Woher weißt du das?“, entfuhr es ihr perplex. Scheiße, jetzt war sie im Eimer … „Geraten“, gab er zurück, nicht gerade überzeugend. Temaris Augenbrauen zuckten leicht. „Wie wär’s mit der Wahrheit?!“, forderte sie ihn ruhig, aber bestimmt, auf. Okay, mal wieder Zeit für alte Geschichten … „Ich kenne die Verfilmung und die wandelnde Leiche hat mich auch nicht ruhig schlafen lassen“, antwortete er in völlig ernstem Tonfall. „Tatsächlich?“ „Tatsächlich“, legte ihr Freund fest, „vor elf Jahren zumindest.“ Das schadenfrohe Lachen – obwohl sie dafür gar nicht in der richtigen Position war; absolut nicht –, das sich in ihrer Kehle angebahnt hatte, löste sich komplett in Luft auf. „Warum guckt sich ein Achtjähriger Horrorfilme an?“ „Langeweile?!“, nahm er schulterzuckend an. „Nee, keine Ahnung. Hast du dich nie heimlich nachts zum Fernsehen ins Wohnzimmer geschlichen?“ „Nachts nicht, aber frühmorgens, um mir Zeichentrickserien anzugucken.“ „Ist doch dasselbe.“ „Ich glaube nicht, dass man ein paar niedlich gezeichnete Mumins mit mordlüsternden Zombies und Monstern in Realoptik vergleichen kann.“ „Mu-was?“ „Mumins“, wiederholte sie. „Kennst du nicht diese weißen Trolle, die wie Nilpferde aussehen?“ „Hab ich frühmorgens vor der Glotze gesessen?“ „Natürlich nicht“, pflichtete sie ihm bei. „Langschläfer wie du pennen ja auch lieber bis zum Mittagessen und verschwenden den halben Tag mit Schlafen.“ Wie streitlustig sie mal wieder war … Wenn sie in ihrem Element war, vergaß sie einfach alles. Zeit also, sie ans Wesentliche zu erinnern. „Musstest du nicht aufs Klo?!“, merkte er gelassen an und traf damit voll ins Schwarze. Die Lust zu dissen verging ihr augenblicklich. Temaris Blick glitt erneut zur Badtür herüber und sie stammelte: „Ja, aber …“ „Soll ich mitkommen und aufpassen, dass keine Leiche aus der Wanne steigt und dich anfällt?“, fragte er rasch. „Nicht nötig“, antwortete sie kopfschüttelnd angesichts dieser absoluten Blamage, überwand die letzten Meter und verschwand – natürlich nachdem sie das Licht angeschaltet hatte – ruckzuck mit einem flauen Gefühl in der Magengrube ins Badezimmer. Quasi in Rekordzeit verließ sie es wieder. Innerlich war sie so erleichtert, dass sie sich fühlte wie ein neuer Mensch. Hastig kroch sie zurück ins Bett, schaltete die Lampe aus und kuschelte sich ohne Rücksicht auf Verluste an ihren Freund. Jetzt war wirklich alles in bester Ordnung. Zumindest bis zum nächsten Klogang, der hoffentlich erst nötig war, wenn es draußen hell war. Shikamaru starrte in die Dunkelheit und überlegte, ob er ihr das unter die Nase reiben sollte, entschied sich aber dagegen. Erstens war es total unreif und zweitens zog es wahrscheinlich nur wieder Stress nach sich. Und dass in einer Schwangerschaft einiges anders lief, wusste er ja inzwischen, aber dass Paranoia zu einer Begleiterscheinung gehörte, hatte er noch nie gehört – und bezweifelte es auch stark. Trotzdem waren gegen menschliche Schwächen ja nichts auszusetzen – er hatte auch genug davon –, selbst wenn es sich um die nach außen hin fehlerlose Temari handelte. „Weißt du, was das wirklich Gruselige an dem Buch ist?“, fragte er schließlich. „Was denn?“ „Die ganzen Rechtschreibfehler.“ Sie musste herzhaft lachen. ════════════════════════════════════════════════════ Die deutsche Ausgabe von The Shining, aus der übrigens der erste Satz des Kapitels stammt (ich muss mich ja ans Zitatrecht halten), ist in puncto Rechtschreibung wirklich eine bodenlose Frechheit. Dafür ist es meiner Meinung nach aber wirklich eins der unheimlichsten Romane von King. Der Herr schafft es, mich gut zu unterhalten, doch gegruselt hab ich mich bis auf diese Ausnahme noch bei keinem seiner Bücher so richtig. Thematisch war dieses Kapitel (zum Glück! :D) erstmal das Letzte, das aus dem Rahmen fällt. Ab dem Nächsten geht es endlich wieder mit dem Plot weiter. Kennt hier eigentlich noch jemand die Mumins? Die fand ich als Kind so klasse! :D Ich wünsche ein frohes Osterfest und danke fürs Lesen! =) Kapitel 34: Genmas Problem -------------------------- @ : Nein, also so was setze ich euch bestimmt nicht vor. Aber in Form eines Traums … Warum eigentlich nicht? ;) @ : The Shining ist ein recht lesenswerter Roman, allerdings hat man auch nicht allzu viel verpasst, wenn man es nicht kennt. Und falls man gut Englisch kann, vielleicht lieber zum Original greifen. Die ganzen Fehler in der deutschen Version stören den Lesefluss leider enorm. @ : Ich bin am Wochenende extra früh aufgestanden, um sie zu gucken. Ich fand die Mumins auch immer extrem gruselig. :D @ : Ich erschrecke mich auch leicht, versuche aber, mich momentan abzuhärten. Silent Hill 2 hab ich (als Zuschauerin) schon mal gut überlebt. Mit den Schlangenzähnen hast du natürlich Recht. Das nenne ich mal ein Plothole. Außer dir ist es aber auch niemandem aufgefallen. Aber vielleicht gibt es ja wildgewordene Feuerwehrschläuche mit vollständigem Gebiss? *lach* Ein Dankeschön an alle für eure netten Kommentare! =) Viel Spaß beim Lesen. ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 34: Genmas Problem Acht Tage nach Beginn des Trainings für die Genin, die an der Endausscheidung der Chuunin-Prüfung teilnahmen, stand Shiranui Genma auf der Matte. Temari starrte ihn an und fragte: „Was verschafft mir denn die Ehre deines Besuchs?“ „Ich dachte, ich könnte dir allmählich mal ein bisschen Feedback über die Drei geben“, antwortete er, doch sie vermutete, dass das nur die Halbwahrheit war. „Und deswegen besuchst du mich extra bei mir zu Hause?“, erwiderte sie. „Oder willst du doch nur versuchen, mich in einem schwachen Moment zu verführen?“ Entsetzt blickte er sie an und stammelte: „Nein, du bist schließlich … ähm … schwanger und –“ „Versteh schon. Ich bin nicht attraktiv genug …“, meinte sie enttäuscht. „Nein … ich meine doch, du bist … nun ja, aber du bist auch … na, du weißt schon!“ Temari bekam einen Lachkrampf. Der coole Genma war doch nicht so cool, wie er sich immer gab. „Entspann dich. War doch nur ein schlechter Witz!“, klärte sie die Situation auf. „Und ich dachte schon …“ Der Jounin atmete auf. „Hättest du nicht jemand anderen veralbern können?“ „Wen denn? Bei Shikamaru zieht diese Nummer nicht und generell durchschaut er mich viel zu schnell. Außerdem ist es so öde, seit ich zum Nichtstun verdonnert wurde.“ „Hast du denn keine Hobbies, mit denen du dir die Zeit vertreiben kannst?“ „Wenn ich die hätte, würde ich mich höchstwahrscheinlich nicht langweilen, oder?“ „Da ist wohl was dran“, gab er zu. Sie trat einen Schritt zurück und sagte: „Na, dann komm erstmal herein und setz dich.“ Er tat wie ihm gehießen und folgte ihr durch den kleinen Flur ins Wohnzimmer, wo er sich im Sessel niederließ. „Okay, dann erzähl mal“, forderte Temari ihn auf. „Wie schlagen sich die Drei?“ Genma wog die Formulierung ab und antwortete: „An und für sich ziemlich gut.“ An und für sich … Allein das sprach schon mehr als tausend Worte. „Nur ziemlich gut?“, fragte sie. „Warum nicht Alles ist bestens!? Rück schon raus mit der Sprache!“ Der Jounin fühlte sich wie auf frischer Tat ertappt. Unheimlich, was für eine gute Auffassungsgabe diese Suna-Shinobi hatten … Er atmete durch und erwiderte: „Okay, ich fürchte, ich hab mich mit dem Training von gleich drei Genin wohl ein wenig übernommen.“ Ihre rechte Augenbraue wanderte argwöhnisch nach oben und wäre unter ihrem Stirnband verschwunden, wenn sie es getragen hätte. „Und woran machst du das fest?“, fragte sie. „Nun ja, mit Midori und Koniro läuft alles soweit glatt – von den regelmäßigen Reibereien der beiden abgesehen –, aber Shuiro …“ Er beendete den Satz nicht. „Was ist mit Shuiro?“ „Nun ja, er hat sich von uns abgekapselt und trainiert lieber für sich allein“, erklärte Genma. „Er sagte, bloßes Gekloppe könne er sich auch selbst beibringen.“ Temari schmunzelte. „So eine Aussage passt zu ihm.“ Ihr Gegenüber war alles andere als zum Lachen zumute. „Langsam bin ich mit meinem Latein am Ende“, fuhr er fort. „Wenn ich mit ihm darüber reden möchte, verschließt er sich nur noch mehr. Hast du nicht vielleicht ’ne Idee?“ „Spontan nicht, aber wenn du mich ein bisschen darüber nachdenken lässt, fällt mir vielleicht eine Lösung ein, mit der alle zufrieden sind.“ Na, wenn das mal so einfach war …Obwohl, wenn sie es recht überdachte, war es das ja tatsächlich! Sie schwieg ein paar Sekunden lang, die Genma wie Minuten vorkamen, und setzte nach: „Okay, ich glaube, bei mir hat’s gerade klick gemacht.“ „Und wie hört sich dein Klick an?“, fragte er. „Wie Beethovens Neunte Symphonie in den Ohren eines Klassik-Liebhabers!“ „Und das wiederum heißt?“ „Verrate ich noch nicht.“ Sie grinste. „Warum nicht?“ „Ich muss das Ganze erstmal mit Hokage-sama besprechen und es wäre ja nicht unbedingt nett von mir, wenn ich dir falsche Hoffnungen mache.“ „Wenigstens ein Tipp?“ Genmas Blick erinnerte sie an den eines bettelnden Dackels. „Ich mache mir auch gerne falsche Hoffnungen!“ Temari stand vom Sofa auf. „Du musst ja echt verzweifelt sein“, bemerkte sie und nahm ihren Schlüssel vom Tisch. „Darf ich bitten?“ Der Jounin sprang auf die Füße. „Du fragst ihn sofort?“ „Klar“, sagte sie. „Ich hab im Moment ja ohnehin nichts Wichtiges zu tun.“ „Welche Beschäftigung wäre denn auch schon so wichtig?“ „Wäre ich Schriftstellerin und säße gerade inspiriert an einem Roman, hätte ich dir beim Auftauchen schon eine drübergezogen.“ Ihr Lächeln hatte etwas Beunruhigendes und Genma bezweifelte nicht, dass sie es ernst meinte. Temari trauerte flüchtig einer entgangenen Autoren-Karriere nach. Doch bei ihrem Talent fügte sie sich bloß in die lange Reihe der vielen schlechten Schreiber ein. Und wie King ja einmal gesagt hatte: Aus einem schlechten Schreiber konnte niemals ein passabler Schreiber werden. Im Ausgleich dafür, dass sie es nicht einmal versuchte, wäre der gute Mann ihr sicher aber auch gerne in den Hintern getreten. --- Gelangweilt saß Shikamaru auf einem Baumstumpf und schaute einem Genin und seinem Übergangssensei aus Kumogakure beim Training zu. Diese Aufgabe war wirklich ganz und gar nicht spannend und die drei Wochen, die ihm in diesem Gefilde noch bevorstanden, hätten ihn wahrscheinlich an den Rand eines Selbstmordes getrieben, wenn er Single und nicht so verdammt nahe an der Gründung einer Familie gewesen wäre. Egoismus war schon eine tolle Sache, wenn man keine Verantwortung tragen musste. Er sah auf seine Uhr. Der wohlverdiente Feierabend war mit vier Stunden noch lange nicht in greifbarer Nähe. Das Klappern der aufeinanderschlagenden Kunai zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Warum konnte dem Genin – oder dem Jounin – nicht ein klitzekleines Missgeschick passieren und ihn bis nach der Prüfung ins Koma schicken? Verlockender Gedanke, wenn da nicht die Sache mit der Verantwortung wäre. Dreieinhalb Wochen mit Schlafen zu verbringen klang vielversprechend, die Folgen davon nicht. Es fiel ihm ja immer noch schwer, sich an den Gedanken des baldigen Vaterseins zu gewöhnen und vierundzwanzig Tage Dauerschlaf lösten dieses Problem nicht in Luft auf. Nein, nach einem vorgezogenen Winterschlaf stand er nur noch mehr unter Stress, da er vierundzwanzig Tage weniger Zeit hatte, um sich mit seinem ungeborenen Töchterchen anzufreunden. Der zwanzigste Oktober … Es war zwar erst Juni, doch für ihn war dieses Datum erschreckend nah. Und mit jedem verstrichenen Tag fühlte er sich unbehaglicher. Torschlusspanik, zehn Minuten nach Beginn der ersten Halbzeit, ohne große Aussicht auf Nachspielzeit. Das Leben war halt nicht so einfach wie Fußball. Und erst recht nicht so spaßig. „War die Nacht der Zeugung deines Kindes so schlecht oder warum machst du so ein Gesicht?“ Kotetsus Grinsen war breit wie ein Betrunkener mit drei Promille im Blut. „Ach, halt die Klappe“, sagte Shikamaru mürrisch. „Also hab ich richtig geraten?!“ „Neidisch?“ „Nun ja, besser schlechter Sex als gar keiner, oder?“ „Beides kannst du sicher besser beurteilen.“ Der Chuunin verzog beleidigt das Gesicht. „Du riskierst ’ne ganz schön große Lippe, seit du eine schwangere Freundin hast.“ „Die du ständig anglotzen musst, weil bei dir selbst nichts läuft.“ „Temari ist halt ein ziemlich steiler Zahn mit gehörig Charisma.“ Er klopfte ihm kumpelhaft auf den Rücken. „Schade, dass du mir zuvorkommen musstest.“ Ja, wirklich schade, dachte Shikamaru und schämte sich augenblicklich. Das versteckte Egoistisches-Arschloch-Gen war für den Bruchteil einer Sekunde aus seinem Loch gekrochen, um der Welt den Stinkefinger zu zeigen. Gott sei Dank nur in Gedanken. „Du hattest ja auch nicht genug Zeit, sie um ein Date zu bitten“, bemerkte er sarkastisch. „Du hattest aber viel mehr Zeit als ich“, legte Kotetsu fest. Am besten erzählte er ihm nicht, dass keiner irgendwen um ein Rendezvous gebeten hatte. Er fragte sich allerdings, wie der Abend damals verlaufen wäre, wenn Kotetsu seine Stelle eingenommen hätte. Falls das Resultat dasselbe war – was er nicht glaubte –, basierte ihre Beziehung tatsächlich nur auf Willkür. Aber er konnte ja nicht in der Zeit zurückreisen, um das herauszufinden. Ein Teil von ihm wollte das auch gar nicht. Ein erschreckend kleiner Teil … „Wenn du sie loswerden willst: Ich nehm sie gerne!“ „Nur zu. Ihre Launen und unerträglichen Stimmungsschwankungen gibt’s gratis dazu“, erwiderte Shikamaru teilnahmslos. „Und vergiss nicht den kleinen nervigen Schreihals, der in vier Monaten aus ihr herausflutschen wird.“ Shit, hatte er das wirklich ausgesprochen? Das Arschloch-Gen war heute wohl auf Konfrontation aus – leider nicht auf leisen Sohlen wie das Grauen in Silent Hill, sondern mit Krach und Bumm wie in einem von Arnies Actionfilmen. „Wie sprichst du denn von deinem Kind?!“, sagte Kotetsu empört. „Dir ist anscheinend gar nicht klar, was für ein Glück du hast.“ „Oh ja, ich hab wirklich wahnsinniges Glück.“ „Du bist fast zehn Jahre jünger als ich und hast trotzdem schon viel mehr erreicht: Du hast ’ne wunderbare Freundin, die bald ein Kind von dir bekommt, und in der Auswahl für die neuen Jounin stehst du auch wieder. Ich würde nur zu gerne mit dir tauschen!“ War er eingeschlafen und träumte oder kam das tatsächlich von dem Kotetsu, der sonst nur dumme Sprüche auf Lager hatte und an dem der Ernst des Lebens völlig vorbeiging? Das musste ein Traum sein … Er kniff sich in den Unterarm … und erwachte nicht. Der Wach-Clown vom Haupttor hatte wirklich seine Schminke abgewischt und zeigte sein wahres Gesicht. „Wärst du öfter so tiefsinnig, würden sich auch viel mehr nette Frauen für dich interessieren“, sagte Shikamaru. „Mehr fällt dir nicht ein?“ „Ich bin – vielleicht mit Ausnahme von Temari – niemandem Rechenschaft schuldig.“ „Du scheinst aber wohl eher zu niemandem zu tendieren“, entgegnete Kotetsu. „Oder weiß sie, dass dich das Ganze nur ankotzt?“ „Mich kotzt überhaupt nichts an!“, legte er fest und wurde mit jedem Wort lauter. „Oder ist es verboten, dass man im beschissen jungen Alter von neunzehn Bedenken hat?“ Er bemerkte, dass der Jounin und sein Schützling ihren Trainingskampf unterbrochen hatten, und neugierig zu ihm herüberschauten. „Was glotzt ihr denn so?“, blaffte er die unerwünschten Zuhörer an. „Trainiert gefälligst weiter!“ Der Ältere flüsterte seinem Schüler etwas zu und sie setzten rasch ihr Duell fort. „Du hast echt schlecht gefrühstückt, was?“, meinte Kotetsu in seiner gewohnten Stimmlage. Es schien ihm die bessere Idee zu sein, nicht weiter auf Shikamaru einzureden. Er konnte seine – nun ja – Laune nachvollziehen – in gewisser Weise –, auch wenn er sie nicht guthieß. Dieser blickte ihn finster an. „Was willst du hier eigentlich? Ich meine, außer dich in Angelegenheiten einzumischen, die dich einen feuchten Dreck angehen?“ „Hokage-sama schickt mich, damit ich dich ablöse“, erklärte er nüchtern. „Er hat eine andere Aufgabe für dich.“ „Und die wäre?“ „Ich bin nur ein durchschnittlicher Chuunin Ende Zwanzig, der keine Ahnung vom Leben hat. Mir erzählt man nichts.“ Shikamaru stand vom Stamm auf, murmelte ein „Viel Vergnügen“ und ging, ohne seinen gelegentlichen Teamkameraden noch eines Blickes zu würdigen. --- Vertieft in seine Papiere brachte das Klopfen an der Tür den amtierenden Hokage aus dem Konzept und er verschmierte mit einem Tintenklecks ein wichtiges Dokument. Er seufzte, schob es beiseite und griff den Hefter neben sich, den er sich für das Gespräch bereitgelegt hatte. „Herein!“, rief er anschließend. Shikamaru betrat das Büro. „Was gibt’s?“, fragte er tonlos. Kakashi wunderte sich über diesen unhöflichen Auftritt, der für ihn wirklich unüblich war, sparte sich aber eine Predigt. Ein Mensch konnte nicht immer super drauf sein und strahlend durch die Weltgeschichte spazieren. „Hallo, Shikamaru!“, grüßte er ihn und lehnte sich vor. „Ich nehme an, Kotetsu hat dich informiert?!“ „Mehr oder weniger.“ „Nun gut. Es hat ein unerwartetes Problem gegeben.“ Das er nun natürlich ausbaden musste. Wer auch sonst? Der Hokage hantierte mit ein paar Zetteln herum und als er den Richtigen gefunden hatte, fuhr er fort: „Shiranui Genma bereitet drei vielversprechende Genin auf die Endrunde vor und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass ihm nicht genügend Zeit zur Verfügung steht, um alle drei ausreichend zu betreuen.“ Okay, entweder sollte er Genma assistieren oder die Gruppe ganz übernehmen. Mit Letzterem war er selbst aber mindestens genauso aufgeschmissen wie er. „Er ist also überfordert.“ Shikamaru hatte diesen Satz als Frage geplant, allerdings war er als Feststellung die logischere Variante. „So würde ich es nicht ausdrücken“, entgegnete Kakashi. „Es ist nur so, dass einer der Drei seine Trainingsmethoden infrage stellt. Die Chemie zwischen den beiden stimmt nicht, könnte man sagen.“ Er schwieg. „Der Junge ist jedenfalls der Intellektuelle der Gruppe und hat die größten Aussichten darauf, ein Chuunin zu werden. Es wäre sehr schade, wenn er gezwungen wäre, die Prüfung im Winter zu wiederholen, nur weil wir seine Entwicklung nicht angemessen gefördert haben.“ Und eins plus eins machte ... Zusammenzählen konnte so einfach sein. „Ich soll also sein Training übernehmen, richtig?!“ „Scharfsinnig wie erwartet.“ Der Hokage schmunzelte. „Du bist der ideale Trainer für den Jungen.“ Etwa weil der kleine Grünschnabel etwas Grips in der Birne hatte? Allerdings machte ein hoher IQ noch lange keinen guten Sensei aus. „Hab ich irgendwelche Vorteile, wenn ich den Job mache?“, fragte Shikamaru. „Bekomme ich mehr Geld oder so?“ Kakashi runzelte die Stirn. Diese Frage kam äußerst unerwartet. „Falls das Training erfolgreich verläuft und er zum Chuunin ernannt wird, lässt sich mit dem Rat von Sunagakure sicher eine Prämie aushandeln.“ Okay, das reichte ihm. Vorerst. „Wie heißt der Junge?“ Das rechte Auge des Hokage huschte über das Blatt. „Honou Shuiro.“ Der Name kam ihm bekannt vor. Sehr sogar. Eigentlich hätte es ihm schon auffallen müssen, als Genma erwähnt wurde, spätestens aber, als das Wort Sunagakure fiel. Temari steckte also dahinter. Es war ihm ein Rätsel, wie sie ausgerechnet auf ihn gekommen war, vor allem, da sie sich ständig beschwerte, dass er zu wenig Zeit für sie hatte. Es machte absolut keinen Sinn, denn das Training fraß nur noch mehr von seiner kostbaren Freizeit und den gemeinsamen Stunden mit ihr. Diese Angelegenheit musste ihr extrem wichtig sein. „Shikamaru?“ Sein Blick fixierte sich auf das Dorfoberhaupt, das offensichtlich auf ein Ergebnis wartete. „Also gut, ich versuche ihm in den nächsten Wochen was Nützliches beizubringen“, antwortete er sachlich. Eine mögliche Prämie in Form von Ryo war Grund genug, um den Job zu übernehmen. Kakashi lächelte. „Das wird deine Herzensdame sicher freuen.“ Shikamaru erwiderte das Lächeln nicht. ════════════════════════════════════════════════════ Zu dieser Entwicklung sag ich jetzt mal nichts. Also interpretiert mal schön drauflos. :D Stephen Kings vollständiges Zitat lautet übrigens: » Zwar kann man aus einem schlechten Schriftsteller keinen passablen und aus einem guten Schriftsteller kein Genie machen, doch ist es mit sehr viel harter Arbeit, Hingabe und Unterstützung möglich, von einem passablen zu einem guten Autor zu werden. « Die deutsche Übersetzung stammt aus Das Leben und das Schreiben (sehr empfehlenswertes Buch übrigens). Ich danke fürs Lesen! :) Kapitel 35: Hoffnung und Ernüchterung ------------------------------------- Dankeschön für eure Kommentare! =) Diesmal ohne großes Blabla: Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 35: Hoffnung und Ernüchterung „Ich erwarte dich dann in drei Stunden wieder hier, damit du dich ausreichend mit Shuiro bekannt machen kannst. Bis dahin kannst du nach einer Pause Hagane Kotetsu in seine Aufgabe einweisen.“ Er nickte dem Hokage zu und wollte gehen, doch … „Ach, Shikamaru“, warf dieser ein. „Hast du dich schon entscheiden, ob du der Amterhebung zum Jounin diesmal zustimmst? Es wäre ein herber Verlust für unsere militärische Präsenz, wenn du mit deinem Können für den Rest deines Lebens ein Chuunin bleiben würdest.“ Militärische Präsenz … Was interessierte ihn das schon? Er scherte sich einen Scheißdreck um diese Machtspiele. „Ich überleg’s mir“, antwortete er und verließ den Raum. --- „Wow, Shuiro, du hast es echt geschafft, dich blöd genug anzustellen, dass man dir einen neuen Lehrer gibt“, spottete Koniro. Midori verpasste ihm mit der flachen Hand einen Klaps auf den Hinterkopf. „Sei nicht so unverschämt!“, tadelte sie ihn. „Wenn bei den beiden das Karma nicht stimmt, kann man es nicht ändern.“ „Karma?! So ein Scheiß!“, murmelte ihr Teamkollege abwertend. „Daran glauben nur so naive Mädchen wie du!“ Diesmal fuhr ein Schmerz durch seinen Nacken. Sie hatte ihn gekniffen. „Blöde Zicke!“, fluchte er. „Warum kann ich nicht derjenige sein, der Einzeltraining bekommt?“ „Weil du mit Genma-sensei super zurechtkommst“, bemerkte Shuiro. „Wie kann man auch nicht mit ihm zurechtkommen? Er ist der beste Lehrer, den wir je hatten!“, erwiderte Koniro und ergänzte: „Neben Temari-sensei natürlich.“ „Und er ist extrem cool!“ Midoris Augen glänzten. Ihre beiden Teamkollegen verdrehten angesichts dieses Fangirlism die Augen. „Was?“, fragte sie. „Er ist doch wirklich cool und sein Ninjutsu kann sich mehr als sehen lassen.“ „Wo sie Recht hat …“ Shuiro seufzte. „Für euch zwei mag er vielleicht der richtige sein, aber ich hab eben andere Anforderungen an einen Trainer. Ich will mich im Kopf weiterentwickeln und nicht nur stumpf Jutsu trainieren, die ich ohnehin schon kann. Der Klügere überlebt schließlich eher als ein Einfaltspinsel, der nur draufhaut.“ „Hältst dich wohl wieder mal für schlauer als wir, was?“, stichelte Koniro. „Ist er doch auch“, ergriff Midori für ihn Partei. „Sein IQ ist zweiundzwanzig Punkte höher als deiner.“ „Und um dreiundzwanzig höher als deiner“, konterte er. „Der Test war vor einem Jahr. Ich wette, ich hab dich seitdem weit überholt!“ „Bis das nicht bewiesen ist, hast du trotzdem einen Punkt weniger als ich.“ Koniro grinste sie überlegen an und fing sich den nächsten Nackenkniff ein. „Au!“, stieß er aus und rieb sich am Hinterkopf. „Brutales Machoweib!“ „Deine Beleidigungen werden nicht gerade kreativer, wenn du schon bei Ranma ½ abkupfern musst.“ „Wovon redest du?“ „Ach, tu doch nicht so. Die Serie war in unserem letzten Akademiejahr doch Gesprächsthema Nummer Eins!“ „Na, und? Du bist ja auch genauso brutal wie Tendou Akane. Der Vergleich passt also!“ „Hab ich hier was vom Streiten oder vom Trainieren gesagt?“ Genma kam auf das Trio zu und musterte die beiden Streithähne streng. Midori streckte Koniro die Zunge entgegen und startete einen Angriff. Ihr Teamkollege parierte ihre Attacke geschickt. „Meinst du, ich kann die Zwei ein Stündchen unbeaufsichtigt lassen?“, fragte Genma den verbliebenen der Dreiertruppe. „Um sich gegenseitig umzubringen, mögen sie sich zu sehr“, antwortete Shuiro schulterzuckend. „Gut, dann stelle ich dir deinen neuen Mentor vor. Temari-san persönlich hat ihn für dich ausgewählt.“ Der Junge horchte auf. Also erwartete ihn kein Konoha-Shinobi, der nicht zu gebrauchen war? Wenn Temari-sensei ihn selbst ausgesucht hatte, musste er einiges draufhaben. „Von mir aus können wir los“, sagte er und versuchte, die Euphorie in seiner Stimme zu verbergen. „Du scheinst mich wohl nicht schnell genug loswerden zu wollen, was?“ „Nur wenn es ums Training geht. Ansonsten sind Sie echt nett.“ „Na, das ist doch immerhin etwas.“ Genma schmunzelte. --- Däumchen drehend fixierte Shikamaru den Gang. Es nervte ihn, dass er als einziger rechtzeitig anwesend war und die anderen ihn einfach so sitzen ließen. Die Unpünktlichkeit an sich störte ihn weniger; die wirren Gedanken in seinem Kopf waren das Hauptproblem. In den vergangenen Tagen stellte er viel zu oft fest, dass Alleinsein ihn zum Grübeln anregte und in diesem Moment war der Drang besonders stark. Dabei wollte er nichts weiter, als sich nervlich auf seine Rolle als Sensei für einen halbstarken Bengel einzustellen. Alles andere konnte warten – nein, das wünschte er sich nur. Seine persönliche Krise hatte natürlich absoluten Vorrang, aber vielleicht half seine neue Aufgabe ihm, wieder einen klareren Kopf zu bekommen. Wahrscheinlich Wunschdenken. „Wartest du schon lange?“ Temari schaute aus dem Büro des Hokage heraus. Nur gefühlte hundert Jahre, dachte er und antwortete laut: „Nein, erst ein paar Minuten.“ Sie trat auf den Flur und schloss die Tür hinter sich. „Und bist du froh, dass du den verhassten Beobachter-Job los bist?“ Er zuckte mit den Schultern. „Werd ich sehen. Viel schlimmer als das kann das Training nicht werden.“ Seine Freundin lachte. „Ja, wenn du Shuiro geistige Beschäftigung gibst, kann nicht viel schief gehen.“ „Es sei denn, er kann mich wie Genma nicht ausstehen.“ „Du bist in letzter Zeit ganz schön pessimistisch.“ „Das war ich schon immer.“ „Schon, aber nicht solch ein Pessimist.“ Abermals ein Schulterzucken. „Dein Optimismus gleicht es aus.“ „Vielleicht.“ Shikamaru fühlte sich etwas besser. Wenn man in einer tiefen Krise steckte, konnte man doch unmöglich mit der betroffenen Person ein so normales Gespräch führen, oder? Ach, was machte er sich da bloß vor?! Als ob ein bisschen lockeres Gequatsche sein Problem aus der Welt schaffte … „Warum musstest du ausgerechnet mich dafür vorschlagen?“, fragte er. „Weil ich wusste, dass dir das Überwachen nicht unbedingt Spaß macht und weil ich dir vertraue“, erwiderte sie ehrlich. Weil ich dir vertraue … Das hörte sich für ihn momentan wie eine leere Phrase an. „Bist du nicht sonst der Meinung, ich könnte anderen höchstens beibringen, wie man den Tag verschläft und Löcher in die Luft starrt?!“ „Wenn du das jemals ernst genommen hast, bist du ziemlich blöd.“ Sie lächelte und küsste ihn flüchtig. „Ich weiß doch, dass du dich aufs Wesentliche konzentrieren kannst, wenn du willst.“ Er erinnerte sich an einen Satz zu seinem Arbeitsverhalten, der zu seinen Akademiezeiten jedes Jahr auf seinem Zeugnis stand: Er erfasst Aufgaben schnell und setzt sie gut um – wenn er will. Meistens wollte er nicht. „Und wenn ich ihm gar nichts beibringen will?“, fragte Shikamaru. „Dann haben wir beide ein ernsthaftes Problem.“ Ernsthafter als das Problem, das er jetzt schon hatte, konnte es unmöglich sein. „Aber anscheinend willst du ja doch, sonst hättest du abgesagt“, setzte Temari nach. „Ich sagte, dass ich es versuche.“ „Das ist doch schon mal was“, sagte sie mit einem Lächeln. „Ich bin mir auch sicher, dass Shuiro und du euch verstehen werdet. Geistig seid ihr so ziemlich auf einer Höhe – mit dem Unterschied, dass Shuiro noch sehr unruhig ist.“ Geistig waren sie fast gleichwertig … Sollte das ein Kompliment sein oder war es als unterschwellige Beleidigung gemeint? „Er denkt gerne nach, kann aber genauso unbedacht handeln wie Koniro. Vielleicht schaffst du es ja, ihn ein wenig zu bremsen. Dann steht ihm bestimmt eine große Karriere als Shinobi bevor.“ Eine die du schon lange haben könntest, las er aus ihrem Blick. Pure Einbildung. Das letzte Mal hatte sie ihn auf die mögliche Ernennung zum Jounin bei ihrer Rückkehr Ende April angesprochen. Seitdem – und auch schon lange davor – hatte sie nicht einmal den Hauch einer Andeutung gemacht, dass er diesen Scheiß-Rang endlich annehmen sollte. Wahrscheinlich hatte sie schon seit Wochen nicht mal einen Gedanken daran verschwendet. Langsam wurde er paranoid. „Na ja, du sollst ihn ja nur gut durch die Prüfung bekommen. Auf das, was er daraus macht, haben wir keinen Einfluss.“ Sie sah auf ihre Armbanduhr und sagte: „Genma lässt sich aber ganz schön Zeit.“ „Vielleicht hat Shuiro es sich anders überlegt und möchte doch keinen neuen Trainer.“ „Dann hast du die beiden noch nicht zusammen trainieren sehen. Wenn man das überhaupt trainieren nennen kann. Er ist garantiert schon ganz scharf drauf, dich kennenzulernen.“ --- Zehn Minuten später trafen die Zwei endlich ein. Während die Erwachsenen noch die letzten Formalitäten klärten, musterte Shuiro seinen neuen Sensei eingehend. Schon nach wenigen Sekunden stellte sich vor allem ein Gefühl bei ihm ein: Das der maßlosen Enttäuschung. Der Typ machte absolut keinen starken Eindruck. Er glotzte extrem gelangweilt aus der Wäsche, als hätte er null Bock auf alles und jedes und wirkte alles andere als intelligent – ja, er strahlte eher die pure Blödheit aus. Und dann war noch sein Alter. Er war maximal sieben Jahre älter als er, brachte kaum Lebenserfahrung – wenn überhaupt – mit sich und war selbst noch nicht über den Rang des Chuunin hinausgekommen. Eine Flasche, der sich mit den einfachen und gemütlichen Dingen im Leben zufriedengab und keinen Ehrgeiz besaß. Was hatte sich Temari-sensei bei der Wahl bloß gedacht? Ja, irgendetwas musste doch dahinter stecken! Konnte sie ihn vielleicht nicht leiden und hatte ihm aus Heimtücke einen schlechten Lehrer zugeteilt? Das musste es sein! Er vermutete schon lange, dass sie Midori und Koniro lieber mochte als ihn. Jetzt hatte er die Bestätigung. Genma legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter. „Warum machst du ein Gesicht wie sieben Jahre Sandsturm?“, fragte er. „Bist du nicht froh, dass du mich los bist?“ Shuiro zog die Augenbrauen hoch und schwieg. „Er ist schwer zu begeistern.“ Temari lächelte ihrem ehemaligen Schüler zu. „Stimmst, Shuiro?“ Er zuckte nichtssagend die Achseln. „Waren wir nicht alle so, als wir in die Pubertät gekommen sind?“, flachste Genma und brachte seine Kollegin so zum Lachen. Shikamaru verzog keine Miene und das ließ ihn in Shuiros Gunst ein wenig – einen halben Millimeter vielleicht – steigen. Ganz so doof konnte er wohl doch nicht sein, wenn er über platte Witze nicht mal schmunzeln konnte. Oder er hatte schlichtweg keinen Sinn für Humor. Umso besser. Das konnte das Training nur begünstigen. „Ihr zwei seid heute aber ganz schön griesgrämig“, meinte Temari. „Jetzt bin ich mir hundertpro sicher, dass ihr zusammenpasst.“ Diesmal war es Genma, der herzhaft lachte. Shuiro sah genervt zu seinem neuen Übergangslehrer herüber und für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke – und seiner sagte genau das aus, was er gerade dachte. Der Kerl wurde ihm immer sympathischer! Vielleicht hatte er doch zu vorschnell sein Fazit über ihn gezogen und er hatte mehr drauf als das wonach er aussah. Aber das musste nichts heißen. Shinobitechnisch konnte er immer noch eine Lusche sein. Ein anspruchsvollerer Geschmack, was Humor betraf, sagte nichts über Können aus. „Bei euch ist wirklich Hopfen und Malz verloren“, sagte Temari amüsiert und knuffte Shikamaru in die Seite. Diese Geste hatte für Shuiro etwas Verstörendes. Shinobi verschiedener Dörfer gingen so niemals miteinander um, wenn sie sich respektierten. Und Temari-sensei war immer respektvoll gegenüber anderen und pflegte eine höfliche Distanz. „Je eher wir dieses sinnlose Gefasel hinter uns haben, desto früher hab ich Feierabend“, bemerkte er trocken. „Deinen Feierabend bekommst du schon noch früh genug.“ „Es ist ja auch nicht so, dass ich schon seit sechs Uhr unterwegs bin, während du es dir noch bis halb zehn im Bett gemütlich gemacht und geschlafen hast.“ „Hormone, mein Lieber“, betonte sie, „Hormone!“ „Ist ja was ganz Neues …“ „Ihr beide seid wie ein altes Ehepaar!“, mischte sich Genma belustigt ein. „Ich könnte euch stundenlang zuhören!“ „Du bist wohl auch ein Fan von schlechten Soaps, was?“ Temari lächelte schelmisch. „Eigentlich nicht, aber manchmal –“ „Könntet ihr euren Smalltalk auf später verschieben?“, warf Shikamaru rasch ein. Sie machte eine Grimasse und sagte: „Okay, Shuiro, dann erzähl doch mal, was du so kannst.“ Der Junge schloss seinen Mund, der von der verfolgten Konversation offen stand, zählte knapp die Jutsus auf, die er beherrschte und wie er in einem Kampf normalerweise vorging. „Warum glaubst du, dass es sinnvoll ist, wenn ich einen Doton-Nutzer trainiere?“, murmelte er seiner Freundin zu. Doton war ausgerechnet eins der Gebiete, von denen er am wenigsten Ahnung hatte. „Du sollst ihn ja auch geistig fördern, nicht neue Techniken mit ihm einstudieren. Bring ihm einfach ein paar nützliche Taktiken bei. Das kannst du doch so gut.“ Im Ausdenken solcher war er tatsächlich gut, aber ob er das auf weitere Personen übertragen konnte, war eine andere Frage. Und mehr als schiefgehen konnte es nicht – zumindest nicht schiefer als der Rest seines momentanen Daseins. „Noch Fragen?“ Da niemand etwas sagte, setzte sie nach: „Dann viel Spaß beim Trainieren!“ Temari scheuchte die Anwesenden mit einer Geste aus dem Raum. Dann sammelte sie die Papiere zusammen, die auf dem Tisch verstreut lagen. Diese unnötige Bürokratie war ihr schon immer gegen den Strich gegangen, aber nun war sie wirklich aus allem, was mit der Prüfung zu tun hatte, heraus. „Ähm, Temari-sensei …“ Sie drehte sich um. Shuiros skeptischer Blick sagte ihr alles, was sie wissen musste. „Er sieht vielleicht nicht so aus, aber er ist hochintelligent!“, versicherte sie ihm mit einem Lächeln. „Aber … Er wirkt so desinteressiert!“ „Das ist ganz normal.“ Sie lachte. „Wenn du das Gefühl hast, er beschäftigt sich nicht richtig mit dir und vernachlässigt das Training, motiviere ihn einfach ein bisschen. Zur Not darfst du ihm auch in den Hintern treten.“ „Aber –“ „Du hast meine offizielle Erlaubnis dafür.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Nur eines musst du mir versprechen.“ „Was denn?“ „Dass du ihn bitte in einem Stück lässt“, antwortete sie. „Er ist nämlich derjenige, der für das hier verantwortlich ist.“ Shuiro blinzelte ungläubig und starrte auf ihren Babybauch. Okay, das erklärte natürlich einiges. Warum sollte man auch dem Vater seines Kindes distanziert gegenüber sein? Jetzt machte alles Sinn – wenn man von Temari-senseis Männergeschmack mal absah. „Ich werde drauf achten“, erwiderte er und stürzte aus dem Raum. --- Er schaute in beide Richtungen des Flures. Sein neuer Sensei war nirgends zu sehen. Also lief er die Treppen herunter. Bei dem schönen Wetter wartete er mit Sicherheit draußen. Auf dem Vorplatz des Hokageturms war auf den ersten Blick keine Spur von ihm, bis er ihn im Schatten des Gebäudes entdeckte. Er lag im Gras und betrachtete den schwach bewölkten Himmel. „Können wir dann jetzt trainieren gehen?“, fragte Shuiro hoffnungsvoll. Shikamaru gab keine Antwort. Seine Augen fixierten eine Wolke, die ihn sehr an ein schlafendes Baby erinnerte – momentan assoziierte er jedes Wölkchen mit etwas Babyhaftem. Schnuller, Rassel, Lätzchen, Windeln: Heute hatte er schon alles gesehen. „Hallo?“ Der Junge beugte sich über ihn und versperrte ihm die Sicht. „Was ist mit dem Training?“ Er schloss kurz die Augen und sagte: „Geh zurück zu deinen Freunden, Kleiner.“ Kleiner … Diese Anrede war so hassenswert, dass die blanke Wut in ihm aufstieg. Er hasste es, wie ein kleines Kind behandelt zu werden – besonders von einem, der selbst gerade mal ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hatte. Aber wenn er respektlos war, konnte Shuiro das genauso. „Du bist mein Sensei. Du bekommst Geld dafür, dass du mich trainierst!“ Dreimal Du in einem Atemzug … Gegenüber jeder anderen fremden Person hätte er sich in Grund und Boden geschämt, doch hier verschaffte es ihm Genugtuung. Er wartete auf eine beleidigte Reaktion seines Trainers, aber dieser schaute exakt so gleichmütig drein wie zuvor. „Ich hab heute schon eine Acht-Stunden-Schicht hinter mir“, erklärte Shikamaru sachlich. „Ich möchte jetzt einfach nur noch nach Hause und mich ausruhen – was mit der Freundin nicht ganz einfach ist. Nebenbei bemerkt stört es mich überhaupt nicht, wenn du mich duzt. Ich mache mir nicht viel aus Höflichkeitsfloskeln.“ Gut, das war nach hinten losgegangen. Aber einen kleinen Rückschlag konnte er verkraften. „Ich konnte heute – eigentlich die ganze letzte Woche schon – nicht ein einziges Mal richtig trainieren und die Endrunde ist in drei Wochen“, argumentierte Shuiro mit Nachdruck. „Ich hab’s satt! Ich hab dieses dämliche Dorf und seine noch dämlicheren Bewohner satt!“ „Wenn du Chuunin werden möchtest, wirst du aber bleiben müssen.“ Die Gelassenheit seines Lehrers ging ihm auf die Nerven. Der Kerl war wirklich noch schlimmer als er gedacht hatte. Temari-sensei konnte echt nicht alle Sinne beisammen gehabt haben, als sie sich auf den eingelassen hatte. Andererseits … Machte Gelassenheit nicht einen guten Shinobi aus? Ach, was für ein Scheiß! „Und ich muss trainieren! Ansonsten kann ich auch gleich aufgeben und wieder nach Hause gehen.“ „Dann ruh dich heute noch etwas aus und morgen früh fangen wir an.“ Shikamaru schloss wieder die Augen. Er hatte große Lust auf ein ausgiebiges Schläfchen. „Und wann?“, fragte Shuiro. „Um sechs?“ „Um zehn.“ „Warum so spät?“ „Ich will ausschlafen …“, murmelte er und glitt rasch von seinem Dämmerzustand in einen leichten Schlaf hinüber. Die Proteste des Jungen hörte er nicht mehr – und auch die Stimme, die ihn seit wenigen Tagen nervte, hatte vorübergehend Sendepause. Endlich. ════════════════════════════════════════════════════ Na, wenn das mal nicht eine erfolgreiche Zusammenarbeit verspricht, weiß ich auch nicht. :D Ihr braucht übrigens nicht zu befürchten, dass euch nun über mehrere Kapitel bloßes Training bevorsteht. Mit Gekloppe und Taktikbesprechungen möchte ich euch nicht langweilen (diese FF ist schließlich auch so schon viel zu lang). Danke fürs Lesen! :) Kapitel 36: Shikamarus Krise ---------------------------- Ein herzliches Dankeschön für eure Kommentare! :) Was die Länge der Geschichte betrifft, seid ihr nicht gerade geteilter Meinung, und ich habe auch nicht vor, innerhalb der nächsten zehn Kapitel Schluss zu machen (das wäre inhaltlich gar nicht möglich – momentan bin ich in der groben Planung so bei 55 Kapitel), allerdings wird sich das Baby genauso wenig in nächster Zeit die Ehre geben. Wenn ihr deswegen nicht mehr weiterlesen möchtet, kann ich es sehr gut nachvollziehen – mir gefallen die Ausmaße, die diese Fanfic inzwischen angenommen hat, auch nur bedingt, aber ich möchte jetzt auch nicht alles schnell abarbeiten und einiges, das ich noch vorhabe, verwerfen. Das käme mir so lieblos vor und würde die zweieinhalb Jahre, die ich bisher in diese Geschichte hineingesteckt habe, sinnlos erscheinen lassen. Ich wünsche (trotz jeglicher Langatmigkeit) viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 36: Shikamarus Krise „Guten Morgen!“ Unsanft wurde Shikamaru aus dem Schlaf gerissen. „Wie spät ist es?“, murmelte er. „Halb acht.“ „Dann gute Nacht!“ Er zog sich die Decke über den Kopf, um weiterzuschlafen. Temari zerrte sie ein Stück zurück und sagte: „Du hast genug gepennt! Zeit, um dich seelisch auf das Training vorzubereiten.“ „Noch vorbereiteter kann meine Seele nicht sein“, erwiderte er und dachte: Im Gegensatz zu anderen Dingen zumindest. „Weck mich um halb zehn wieder. Frühestens.“ „Ohne vernünftiges Frühstück kommst du mir aber nicht aus der Wohnung.“ „Weil?“ „… du sonst absolut nicht zu gebrauchen bist!“, vollendete sie. „Du sollst Shuiro schließlich nicht zeigen, wie man den Tag auf ’ner Wiese verpennt, weil du nicht mal genug Energie hast, um dich wach zu halten.“ „Gut, ich ess nachher was, wenn du mich jetzt noch eineinhalb Stunden in Ruhe schlafen lässt. Ich hab letzte Nacht kaum ein Auge zugekriegt.“ „Ja, weil du gestern drei Stunden auf einer Wiese verschlafen hast.“ „Und?“ „Du hast Shuiro damit stinksauer gemacht! Er kam zu mir und wollte, dass ich ihm einen zuverlässigeren Sensei zuteile.“ „Hast du?“ „Selbstverständlich nicht.“ Irgendwie schade … Der Junge machte nämlich einen sehr anspruchsvollen Eindruck auf ihn – so anspruchsvoll wie einer dieser hyperaktiven Border Collies, die man den ganzen Tag über beschäftigen musste. „Vielmehr stört mich aber an deinem ausgiebigen Nickerchen, dass es drei Stunden waren, die dein Kind und ich unnötig auf dich verzichten mussten.“ Schon verflüchtigte sich Shikamarus Müdigkeit. Seine Krise hatte ihm mit einer deftigen Ohrfeige einen wunderschönen guten Morgen gewünscht und mit einem Arschtritt in die harte Realität zurückbefördert. „Okay“, murmelte er. „Ich steh auf.“ „Ach, Quatsch, das brauchst du nicht“, wehrte Temari ab. „Das war doch eben nur so dahergefaselt. Du kannst ruhig noch schlafen und die verlorenen Stunden ein anderes Mal nachholen.“ Sie küsste ihm auf die Schläfe, stand vom Bett auf und ging in die Küche. Verlorene Stunden … Davon schien er bald eine ganze Menge zu haben. Als er diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, überkam ihn ein solches Ekelgefühl, dass er eine Gänsehaut bekam. Nur ein widerlicher Mistkerl bezeichnete die gemeinsame Zeit mit seiner Familie als verloren. --- Shuiro wartete am Eingang des Hokageturms, tippte nervös mit den Füßen auf und ab und starrte auf die Uhr. Es war zwar erst zwanzig vor zehn und somit zwanzig Minuten vor Trainingsbeginn, doch er hatte das Bedürfnis, seiner Wut freien Lauf zu lassen, wenn sein neuer Sensei nicht innerhalb der nächsten zweihundertvierzig Sekunden aufkreuzte. Und der Typ war augenscheinlich von der Sorte, die gerne mal zu spät kam. Shit, warum hatte er nicht versucht, sich mit Genma-senseis Trainingsmethoden anzufreunden? Tja, das hatte er nun davon. Er war von der Gurke zur Zucchini weitergereicht worden – beides grün und fad im Geschmack. Ein Prüfungsteilnehmer und sein Sensei – der nebenbei bemerkt einen starken Eindruck machte – kamen aus dem Gebäude und schlenderten nah an ihm vorbei. Shuiros Blick verdunkelte sich und er spürte den blanken Neid in sich aufsteigen. Womit hatte er es verdient, nur an Flaschen zu geraten? „Du solltest anderen lieber nicht neidisch hinterher gucken, sondern um dich selbst kümmern.“ Der Junge wandte sich hektisch zur Seite und entdeckte seinen Ich-bin-selbst-fast-noch-grün-hinter-den-Ohren-Lehrer. Aber grün oder nicht: Das plötzliche Auftauchen beeindruckte ihn ein wenig. „Schleichen Sie sich nicht so an!“, erwiderte er und erinnerte sich an gestern, als er sich geschworen hatte, diesem Kerl gegenüber niemals höflich zu sein. „Ich meine, schleich dich nicht so an!“ Unter normalen Umständen hätte Shikamaru wahrscheinlich geschmunzelt, aber danach war ihm wirklich nicht zumute. „Wenn du so kopflos in einen Kampf gehst, wird es auch für den dümmsten Gegner kein Problem sein, dich zu töten“, sagte er. „Außerdem steh ich hier schon seit zehn Minuten. Von Anschleichen kann also keine Rede sein.“ Shuiro blickte ihn sprachlos an. „Ich hatte also gut tausend Gelegenheiten, dir die Kehle aufzuschneiden, wenn ich gewollt hätte.“ Der Junge starrte weiter. Diese Direktheit beeindruckte ihn wirklich. All seine vorigeren Lehrer – Temari-sensei inbegriffen – hatten sich immer eher durch die Blume ausgedrückt. Nicht, dass das etwas Schlimmes war, aber in diesem Moment fühlte sich Shuiro irgendwie mehr respektiert und weniger wie ein kleines Kind behandelt. „Wir sind doch mitten im Dorf“, antwortete er langsam. „Die Wahrscheinlichkeit, dass hier jemand ausgerechnet mich angreift, ist doch verschwindend gering.“ „Aber sie ist vorhanden“, sagte Shikamaru. „Und momentan sind viele Leute verschiedener Länder hier. Und man weiß nie, ob sich jeder an das Friedensabkommen halten wird.“ „Dann darf ich dir genauso wenig vertrauen.“ „Doch, vor mir hast du nichts zu befürchten.“ „Warum sollte ich das glauben?“ „Ich hänge an meinem Leben“, erwiderte er. „Und wenn ich dir etwas tue, bringt Temari mich um.“ Shuiro gelang es nicht ganz, sich das Lachen zu verkneifen und schnaubte belustigt. Seinen Ärger hatte er vorübergehend vergessen. „Hast du bei deiner Einstellung denn generell keine Angst, dass sie dich nachts im Schlaf erwürgt oder so?“ „Manchmal schon, generell nicht.“ Shikamaru rang sich ein kleines Lächeln ab und wartete auf die Reaktion des Jungen. Diesmal prustete er laut los. „Temari-sensei kann manchmal wirklich zum Fürchten sein“, japste Shuiro, als er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Dann fragte er: „Gehen wir dann jetzt trainieren?“ „Wie du willst.“ Sehr viel zuversichtlicher als noch vor ein paar Minuten folgte er seinem neuen Sensei. --- Das Kagenui schloss sich um Shuiros Hand- und Fußgelenke und machte ihn bewegungsunfähig. „Das war’s dann wohl“, bemerkte Shikamaru. Frustriert entspannte der Junge seine Muskeln und die Schattennähte zogen sich zurück. Selbst Genma-sensei hatte eine Viertelstunde gebraucht, um ihn in die Ecke zu drängen, und der war immerhin Jounin. Und nun besiegte ihn ein Konoha-Chuunin in weniger als fünf Minuten? Wie peinlich war das denn? „Du bist gar nicht schlecht“, fuhr sein Lehrer fort. „Nur ein bisschen nachlässig, was deine Deckung betrifft. Und du musst den Gegner genauer beobachten.“ „Ich hab’s ja versucht, aber wenn man nicht weiß, was der Gegner so kann, ist es echt schwierig.“ „Man weiß im Normalfall nicht, was der Feind an Techniken beherrscht. Deswegen beobachtet man ihn.“ Dieses Neunmalkluge ging Shuiro gehörig gegen den Strich. Er hatte zwar Recht, keine Frage, aber die Art und Weise, ihm diese Erkenntnis aufs Brot zu schmieren, war zu viel des Guten. „Ha ha“, machte der Junge sarkastisch. „Auf den Sinn und Zweck des Beobachtens wäre ich nie gekommen.“ Ja, das war eindeutig Temaris Schüler … „Mime nicht die Zicke. Frauen machen uns Männer mit ihrem Gezicke das Leben schon schwer genug, da musst du nicht auch noch damit anfangen“, erwiderte Shikamaru. „Ich meine es nur gut mit dir. Oder legst du es drauf an, in einem Kampf den Löffel abzugeben? Wenn ja, kannst du dich gleich verziehen, denn dann brauche ich meine wertvolle Zeit nicht mit dir verschwenden.“ Shuiro war erneut sprachlos und imponiert. Der Typ steckte irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn … „Nein, nein …“, nuschelte er schließlich. „Sorry, ich –“ Ja, was war mit ihm eigentlich? So bescheuert hatte er sich sonst nie aufgeführt. Oder versuchte er ihm den Job zu vermiesen, weil … „Du bist sauer, weil Temari dich nicht trainieren kann und ich derjenige bin, der dafür verantwortlich ist, stimmt’s?“, sprach Shikamaru seinen Gedankengang laut aus. „Nein, ich bin doch nicht nachtragend wie Koniro!“, stritt er sofort ab. „Ich bin doch kein dummes kleines Kind mehr.“ Bingo, ein Volltreffer ins Schwarze! „Trotzdem scheinst du irgendein Problem mit mir zu haben“, fuhr er sachlich fort. „Ist es mein Alter?“ Erneut zuckte Shuiro leicht zusammen und bestätigte seine zweite Vermutung. „Ich hab mir mein Alter nicht ausgesucht“, sagte er. „Aber wenn du wirklich Chuunin werden willst, musst du wohl oder übel über deinen Schatten springen und das, was dir an mir nicht passt, ausblenden.“ „Ich hab aber keine Pro–“ Der eindringliche Blick seines Sensei ließ ihn verstummen. Es war sinnlos, das Gegenteil zu behaupten. Er hatte einfach eine viel zu gute Auffassungsgabe, um auf so dumme Art und Weise hinters Licht geführt zu werden. Shikamaru lehnte sich gegen den nächsten Baumstamm und sah nach oben, auf der Suche nach einer Wolke. Fehlanzeige. „Warum willst du überhaupt Chuunin werden?“, fragte er anschließend. „Soll das ein Witz sein?“, entgegnete Shuiro. „Natürlich damit ich auf bessere und spannendere Missionen gehen kann! Entlaufene Haustiere fangen und eskortieren ist stinklangweilig!“ Okay, der Junge war gerade erst dreizehn Jahre alt – Teenager in dem Alter sahen die Dinge eben noch etwas anders und das konnte er ihm nicht verübeln –, doch diese Einstellung hatte absolut nichts mit einem ausgeprägten und gesunden Menschenverstand oder Intelligenz zu tun, dem seine Freundin ihrem ehemaligen Schüler zugesprochen hatte. „Gut“, begann Shikamaru, „dann sind wir hier fertig. Geh nach Hause!“ Shuiro klappte vor Empörung der Mund auf. „Was?“ „Du hast mich schon richtig verstanden.“ „Aber du bist mein Sensei!“, protestierte er. „Du wirst dafür bezahlt, mich zu trainieren.“ „Von den paar mickrigen Ryo mehr kann ich mir nicht mal ein Eis leisten“, gab er zurück. „Wenn ich dich weiter trainieren soll, überlege, warum du wirklich Chuunin werden möchtest. Shinobisein ist kein spaßiges Abenteuer, sondern bitterer Ernst.“ Er drehte sich um und hielt auf den Wald zu. „Warte!“, rief der Junge ihm nach. „Kannst du mir nicht wenigstens einen kleinen Tipp geben?“ „Nein, nicht solange du dich wie ein Kleinkind benimmst“, antwortete Shikamaru und setzte provozierend hinzu: „Sogar mein Patenkind ist vernünftiger als du und das ist noch nicht mal drei Jahre alt!“ Dann verschluckten ihn die Schatten der Bäume. Shuiro sah ihm einen Moment hinterher und brach vor Wut in Tränen aus. --- Izumo winkte Shikamaru zu sich heran, als er das Haupttor passierte. „Na, wie gefällt dir dein neuer Job?“, fragte er neugierig. „Wie soll das Training mit einem kleinen aufmüpfigen Bengel schon sein?“ „Seh’s doch einfach als kleine Übung für später an. Dein Kind wird auch irgendwann mal dreizehn Jahre alt werden.“ „Zum Glück wird es ein Mädchen und bis es soweit ist, vergehen noch mehr als dreizehn Jahre.“ „Bei der Mutter wird es bestimmt eine kleine Zicke“, flachste Izumo. „Temari war als junge Teenagerin garantiert nicht ohne.“ „So schlimm wie Ino kann sie nicht gewesen sein.“ „Unsere Dorfoberzicke ist wirklich unschlagbar!“, pflichtete der ältere Chuunin ihm bei und brach in schallendes Gelächter aus. Shikamaru bemühte sich, ebenfalls ein wenig amüsiert auszusehen. Anderen etwas vorzumachen hatte ihm noch nie viel Spaß gemacht … „Ist der Junge vorhin hier vorbei gekommen?“, unterbrach er Izumos Lachanfall. Der Angesprochene hustete und rieb sich den Bauch, da sein Zwerchfell ganze Arbeit geleistet hatte. „Ja, vor einer guten halben Stunde“, sagte er. „Sah ganz schön verschwitzt aus. Du hast ihn wohl ordentlich durch die Mangel genommen, was?“ Dann hatte er wohl auf eigene Faust weitertrainiert … „Es ist Training, kein Waldspaziergang.“ „Ich hätte nicht gedacht, dass du mal so reden würdest. Das baldige Vatersein scheint dir wohl gut zu tun.“ Oh ja, besser ging es nicht … „Ich bekomme ’ne Sonderzahlung, wenn der Junge Chuunin wird“, meinte Shikamaru. „Das ist genug Anreiz und hat mit momentanen und zukünftigen Umständen nichts zu tun.“ „Verstehe. Ein bisschen zusätzliche Kohle kann man gebrauchen, wenn man sich ’ne überteuerte Baby-Erstausstattung zulegen muss“, sagte Izumo. „Ich hab’s ja vor ein paar Jahren bei meiner älteren Schwester gesehen. Die Preise … Meine Fresse, alle frischgebackenen Eltern müssen pleite sein!“ Sein größtes Problem auf einem Silbertablett präsentiert … Was könnte schöner sein? „Hast du Kurenai schon mal gefragt, ob sie vielleicht ein paar Sachen an euch abtreten würde?“, plapperte er munter weiter. „Ich meine, einen Wickeltisch und Babybett wird sie in nächster Zeit nicht mehr brauchen und nach weiteren Nachwuchs sieht es bei ihr ja auch erstmal nicht aus.“ „Nein, aber so sehr eilt das noch nicht.“ „Sag das mal nicht. Frühgeburten sind von Temaris Seite aus nicht ausgeschlossen.“ „Sie kam aber sogar fünf Tage später auf die Welt als errechnet. Sagt sie zumindest.“ „Dann nimm Kazekage-sama! Er kam viel zu früh. Im siebten Monat, hab ich gelesen … War nicht viel größer als ’ne Handvoll.“ „Hör bloß auf, diese dämlichen Klatschzeitschriften zu lesen. Da steht zu neunundneunzig Prozent nur Müll drin.“ „Hey, das hat mir meine Schwester erzählt“, verteidigte sich Izumo. „Ich les doch nicht freiwillig Die Lunte und wie diese anderen Schundblätter so heißen.“ „Sagtest du nicht: Im siebten Monat, hast du gelesen …?“ „Okay, okay. Ich hab mich aufm Klo gelangweilt.“ „Dann guck nächstes Mal lieber aus dem Fenster und beobachte ein paar Wolken“, sagte Shikamaru. „Glaub mir, davon hast du viel mehr als von Schweinejournalismus.“ Der Chuunin grinste bedummdusselt – um es mit Annie Wilkes Lieblingswort auszudrücken – und sagte: „Ich nehm es dir übrigens ein bisschen übel, dass sie Kotetsu wegen dir vom Wachdienst abgezogen haben. Jetzt muss ich drei Wochen lang alleine das Tor hüten und mit mir selbst Maumau spielen.“ „Bedank dich bei Temari. Es war ihre Idee.“ Izumo schüttelte den Kopf. „Ich bin ein Gentleman“, meinte er. „Außerdem ist sie schwanger.“ „Das heißt nicht, dass sie keine Kritik mehr verträgt.“ „Nein, das ist trotzdem nicht mein Stil …“ „Ja, das ist gar kein Stil“, legte Shikamaru fest. „Weißt du was? Ich richte ihr deine Beschwerde einfach aus.“ „Nein, nein, nein!“, winkte er ab. „So schlimm ist es auch wieder nicht.“ --- „Du musst ja ein Intensivtraining veranstaltet haben, wenn du neun Stunden unterwegs warst!“, meinte Temari begeistert. Ihr Freund wunderte sich über diese Äußerung. Er hatte hundertprozentig damit gerechnet, dass Shuiro zu ihr gehen und von dem – zumindest aus seiner Sicht – Debakel berichten würde. Umso besser, wenn sie nicht wusste, dass er den Jungen gegen halb drei nachmittags wegen Naivität zurück zu seinen Kameraden geschickt und die restlichen vier Stunden im Wald vertrödelt hatte. „Nicht so intensiv, wie du denkst“, erwiderte er. Sie lachte. „Und wie macht er sich so?“ „Wenn man mal davon absieht, dass er völlig falsche Vorstellungen vom Shinobisein hat, recht gut.“ „Falsche Vorstellungen?“ „Er glaubt, als Chuunin erlebt man spannende, ungefährliche Abenteuer.“ „Na ja, er ist ja fast noch ein Kind. Wäre doch traurig, wenn er alles nüchtern wie ein Erwachsener sehen würde.“ „Zum Träumen hatte er genug Zeit“, sagte Shikamaru trocken. „Wenn er das zumindest in dem Punkt nicht sehr bald aufgibt, hoffe ich, dass er für die nächsten Jahre Genin bleibt.“ Temaris Lächeln verschwand. „Das ist aber hart von dir.“ „Warum? Weil ich keine toten Halbwüchsigen sehen möchte, die eine Mission zur sehr auf die leichte Schulter genommen haben?!“, fragte er. „Ich bilde doch nicht jemanden aus, nur damit er ein paar Wochen später aus Leichtsinnigkeit draufgeht.“ „Aber –“ „Ich geh duschen!“, unterbrach er sie und griff nach seinem Duschtuch, das zum Trocknen über dem Heizkörper im Wohnzimmer hing. „Soll ich irgendwas zu essen machen?“ „Nicht nötig. Chouji hat mir erst vor einer halben Stunde eine Portion Ramen spendiert“, log er, ging ins Bad und schloss die Tür hinter sich. --- Temari lag auf der Couch und las einen weiteren Horror-Roman, der als Bücherei-Leihgabe schon ein wenig abgegriffen war. „Und hattest du schon Albträume?“, fragte Shikamaru, der sich gerade die Haare trocken rubbelte. Sie sah auf und schmunzelte. „Schön, dass du deine schlechte Laune mit der Dusche den Ausguss heruntergespült hast.“ Dann antwortete sie: „Nein, über die paranoide Phase bin ich endlich hinaus.“ Er hängte sein Handtuch über die Stuhllehne und bemühte sich, ein normales Gespräch zu beginnen. „Ist es interessant?“ „Das kann man wohl sagen. Interessant ist der perfekte Ausdruck dafür, wie dieser Leland Gaunt die Stadtbewohner gegeneinander ausspielt und dazu anstachelt, sich gegenseitig umzubringen“, sagte sie. „Das Buch gefällt mir auf jeden Fall schon mal besser als The Shining.“ Sie lachte und setzte nach: „Liegt aber nicht nur an der Geschichte an sich, sondern vielleicht auch an der guten Rechtschreibung.“ Shikamaru biss sich auf die Unterlippe und zwang sich zu einem Lächeln. Er kam sich total dämlich vor und fragte sich, ob er auch so aussah. Da seine Freundin sich allerdings nichts anmerken ließ, musste er wohl überzeugend genug gewesen sein. Etwas, das ihm momentan wirklich nicht leicht fiel. Temari klappte das Buch zu und setzte sich auf, um Platz für ihn zu machen. „Du kannst ruhig liegenbleiben!“, warf er ein. „Ich hab den halben Tag schon gelegen. Jetzt hab ich keine Lust mehr.“ Sie gähnte und beim Strecken knackte ihr Nacken gefährlich. „Hörst du, ich roste langsam schon ein.“ „Dann solltest du dich bei der nächsten Generalüberholung mal richtig ölen lassen.“ Gott, wie versaut klang das denn? „Na, du weißt schon“, setzte er nach, in der Hoffnung, so seinen Satz zu entschärfen. Seine Freundin kicherte über seine Bemerkung, ging aber nicht darauf ein. „Eine Generalüberholung ist bei mir zwecklos“, sagte sie und scherzte: „Der Alterungsprozess schreitet bei mir fort und ist nicht aufzuhalten. In spätestens zehn Jahren geh ich am Stock!“ Da er nicht wusste, was er darauf erwidern sollte, zuckte er mit den Schultern. „Danke, dass du immer ein paar aufmunternde Worte parat hast“, meinte Temari in einem Anflug Ironie. Ein erneutes Achselzucken. „Gern geschehen.“ Shikamaru setzte sich neben sie auf die Couch. „Schon einen Plan für den angebrochenen Abend?“, fragte sie dann. „Wie wär’s mit entspannen?“ Eigentlich legte er es gar nicht darauf an, den Rest des Tages stumpf vor der Glotze zu verbringen – er war für alles dankbar, das ihn von seinen Problemen ablenkte –, aber im Moment war es wohl am Besten, wenn er einfach wie er selbst klang. Und der alte Shikamaru begnügte sich nun mal mit Herumgammeln und Nichtstun. „Ist genehmigt. Das hast du dir heute auch redlich verdient!“ Dies war einer der Augenblicke, der ihm ins Gedächtnis zurückrief, warum er sich in sie verliebt hatte. Diesmal fühlte es sich aber irgendwie falsch an. „Fernsehen?“ Er nickte. --- „Das ist mit Abstand der schlechteste Film, den ich je gesehen habe“, meinte Temari in der dritten Werbepause. „Dann kennst du Ghosts of Mars noch nicht.“ „Wenn der noch schlechter ist, hab ich wohl nichts verpasst. Nächstes Mal guck ich mir lieber die x-te Wiederholung von Scrubs oder so an. Das ist im Gegensatz zu diesem vorpubertären Humor wenigstens lustig.“ Sie zappte durch die Programme und schaltete den Fernseher schließlich auf lautlos. „Ich hab dir übrigens noch gar nicht richtig dafür gedankt, dass du Shuiros Training übernimmst“, sagte sie. „Auch wenn es sich vorhin vielleicht nicht so angehört hat, geb ich dir natürlich Recht. Ich möchte genauso wenig, dass Shuiro, Midori oder Koniro während einer Mission sterben müssen, nur weil ein unfähiger Dilettant sie trainiert hat. Die Drei sind mir echt wichtig.“ Temari drückte ihm einen Kuss auf. „Genau deswegen hab ich dich und Genma ausgewählt.“ Genma war tatsächlich einer der fähigsten Jounin, die er kannte. Aber dass seine Freundin von ihm selbst auch solch große Stücke hielt, war das größte Kompliment – mit Abstand das Größte –, das sie ihm je gemacht hatte. Freuen konnte sich trotzdem nicht darüber. „Kein Problem“, erwiderte er. „Das Überwachen der Genin hab ich ohnehin gehasst.“ „Mir egal. Ich danke dir trotzdem.“ Sie lächelte und setzte nach: „Und wenn ich richtig sage, meine ich auch richtig.“ Sie drückte rasch die Austaste der Fernbedienung, löste das Band ihres neuen Morgenmantels, schwang sich auf seinen Schoß und küsste ihn abermals. Spontaner Sex war nach drei Jahren Beziehung nichts Überraschendes – besonders, wenn man mit einer durchgeknallten Schwangeren zusammen war –, doch er fühlte sich völlig überrumpelt. Die Plötzlichkeit war nicht das Problem, doch da er im Kopf nicht bei der Sache war – was sich in den nächsten fünf Minuten auch nicht ändern würde –, endete es bloß in einer großen Enttäuschung. Darauf hatte er gerade noch weniger Lust als auf Sex. Shikamaru löste sich aus seiner Erstarrung und tastete sich zu ihren Schultern hoch. Er stellte fest, dass sie außer ihrem Morgenmantel nichts weiter trug. Von wegen spontan … Sanft drückte er sie von sich weg. „Wirklich, keine große Sache“, sagte er nachdrücklich und in der Hoffnung, dem bevorstehendem Unglück zu entgehen. „Für mich schon“, hauchte sie ihm zu und entwand sich seinem Griff, um dort weiterzumachen, wo er sie unterbrochen hatte. Er kam sich gerade genauso hilflos vor wie Dexter, als seine Freundin Rita das erste Mal über ihn herfallen wollte. Und Shikamaru wollte wie er im Moment einfach nur weg. Nur wie brachte er das Temari bei, ohne dass sie beleidigt war oder etwas Komisches darin hineininterpretierte? Erneut schob er sie ein wenig von sich weg. Nur so weit, dass ihre Lippen ihn nicht mehr erreichen konnten. Entschlossen, sich nicht anmerken zu lassen, dass etwas nicht stimmte, sagte er: „Es war ein langer Tag und ich bin echt todmüde.“ Sie lächelte ihm zu und er bekam den Eindruck, dass sie diesmal Verständnis für ihn hatte. Falsch gedacht. „Ich hatte auch einen langen Tag voller Langeweile“, erwiderte sie, „und erwarte doch nicht zu viel, wenn ich dich für ein Viertelstündchen für mich haben möchte, oder? Das macht gerade mal ein Sechsundneunzigstel vom Tag aus.“ Wohl eher ein Sechzigstel des Tages, denn schlafen und essen musste man ja auch noch. Normalerweise gab er spätestens jetzt nach – ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, weil sie sich vernachlässigt fühlte, klappte immer –, aber dieses eine Mal wollte er standhaft bleiben. Er seufzte. „Ich muss morgen wieder früh raus und brauche jede Minute Schlaf.“ „Es ist doch nur ’ne Viertelstunde.“ „Nächstes Mal bekommst du von mir aus eine ganze Stunde, aber –“ Ihr Blick ließ ihn verstummen. „Okay, ich versteh schon“, murmelte sie. „Ich wusste, dass es irgendwann so weit kommen würde.“ Sie strich flüchtig über ihren Bauch und rutschte von seinem Schoß herunter. „Ich geh dann schon mal vor. Gute Nacht!“ Mit wehendem Mantel rauschte sie an ihm vorbei zum Bett herüber. Er starrte einige Sekunden vor sich hin. Großartig, jetzt glaubte sie, dass er sie nicht mehr attraktiv fand. Dabei war das aber gerade nicht der Grund. Warum war es für sie nur so schwer zu glauben, dass er tatsächlich müde war? Okay, das war wirklich gelogen, aber immer noch besser als ein Ich habe keine Lust auf Sex, weil ich wegen dir eine persönliche Krise durchlebe. So ein verdammter Mist aber auch! Er drehte sich um. Sie stand vor dem Bett und war dabei, sich ihr Nachthemd überzustreifen. „Temari“ – er sprang auf und er und ging zu ihr herüber – „vergiss das Teil!“ Er nahm es ihr ab, griff ihre Handgelenke und stieß sie behutsam aufs Bett. Dann beugte er sich über sie und begann, sie zu küssen. Die Stimme in seinem Hinterkopf protestierte gegen sein Tun. Er missachtete sie, auch wenn er wusste, dass es seiner Freundin gegenüber nicht fair war, ihr etwas vorzumachen. Manchmal musste man eben Opfer bringen, um die vorgetäuschte Harmonie zu wahren. ════════════════════════════════════════════════════ Erwähnenswerte Anspielungen: Die Lunte – Parodie auf eine sehr ähnlich klingende, belanglose Klatschzeitschrift Annie Wilkes – Hauptprotagonistin, Fanatikerin und irre Krankenschwester aus King’s Roman »Misery« Leland Gaunt – Charmanter Antagonist und Teufel in Menschengestalt aus King’s Roman »Needful Things« Ghosts of Mars – Ein wirklich grottenschlechter Science-Fiction-Horrorfilm Dexter [Morgan] – Hauptcharakter, Serienkiller und Blutspritzeranalyst bei der Miami Metro Police aus der gleichnamigen US-Serie (absolute Guckempfehlung! – natürlich vorausgesetzt, dass ihr auch volljährig seid ;D) Danke fürs Lesen! Kapitel 37: Dunkler Begleiter ----------------------------- Ein dickes Dankeschön für eure Kommentare vom letzten Mal! Ich bin beruhigt, dass euch die Länge nicht abschreckt. =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 37: Dunkler Begleiter „Wow“, keuchte sie, „und das wolltest du dir entgehen lassen?“ Okay, es war tatsächlich alles andere als schlecht gewesen, aber es hätte ihm definitiv besser gefallen, wenn er richtig bei der Sache gewesen wäre. Gut, dass Temari in dem Punkt anderer Meinung zu sein schien. Tja, vielleicht war an ihm ein Schauspieler verloren gegangen. Nicht, dass er in diesem Fall stolz darauf war … „Na ja“, entgegnete er. „Es hätte aber auch komplett schiefgehen können.“ „Aber das ist es nicht.“ Seine Freundin senkte ihre Stimme. „Und zwar ganz und gar nicht …“ Dann hauchte sie ihm einen Kuss auf, der für ihn nicht unbedingt etwas Gutes verhieß. Überhaupt nichts Gutes … „Belassen wir es doch dabei, bevor wir uns den Moment versauen, ja?“, warf er ein. „Jetzt kann ich nämlich wirklich nicht mehr.“ Shikamaru schickte ein Stoßgebet gen Himmel und hoffte, dass sie ihm glaubte. Zwar entsprach es wieder nicht ganz der Wahrheit, aber er brachte es nicht über sich, ihr noch einmal etwas vorzuspielen, ohne danach den Drang zu verspüren, Selbstmord begehen zu müssen. Schauspielern und eine intakte Welt vorzugaukeln, war allgemein schon keine einfache Sache, aber beim Sex war es eine absolute Herausforderung. Und auf eine zweite Erfahrung dieser Art konnte er verzichten, bevor er ihr tatsächlich noch einen Orgasmus vorspielen musste. Er hatte ohnehin keine Ahnung, wie das bei ihm als Mann überhaupt funktionieren sollte – nein, er wollte es auch nicht wissen. „Du weißt ja, dass ich eigentlich nie was gegen ’ne zweite Runde hab“ – sie lachte – „Aber ich gebe zu, dass ein Schläfchen mir gerade lieber ist.“ Temari ließ von ihm ab und bettete sich auf ihrem Kissen. Innerlich atmete er auf. Für heute war er aus dem Schneider … „Sag mal“ – sie stützte sich auf ihren Ellenbogen und sah ihn an – „Bekommst du das so noch mal hin?“ „Jetzt?“ „Ach, willst du etwa doch?“ „Nein!“, japste er und stammelte: „Später vielleicht … irgendwann …“ „Von was anderem sprach ich auch gar nicht.“ Seine Freundin schmunzelte. „Und?“ Er hatte zwar keine Ahnung, was er Großartiges gemacht hatte, aber … „Ich kann nichts versprechen.“ „Weißt du was? Ich lass mich einfach überraschen!“ Sie drückte ihm einen Gute-Nacht-Kuss auf und legte sich zurück. „Setz dich also bloß nicht unter Druck.“ Nein, wie konnte er auch nur? Als ob der Druck jetzt schon nicht hoch genug war … „Schlaf gut“, murmelte er und löschte das Licht. „Du auch.“ Shikamaru bezweifelte stark, dass das ohne Weiteres funktionierte. --- Die Dunkelheit wirkte seltsam beruhigend auf ihn. Am liebsten hätte er sich ganz in ihr verborgen, bis er wieder klar denken konnte. Im Moment fühlte er sich aber eher, als befände er sich in einem dieser Restaurants, in denen man komplett im Finsteren saß. Und vor ihm stand eine Kerze, doch ihm fehlte das passende Feuerzeug oder Streichholz, um sie anzuzünden; die zündende Idee, um sich selbst aus der Scheiße zu ziehen. Er rollte sich auf die Seite und versuchte zu erkennen, ob Temari schon eingeschlafen war. Ihr Atem ging flach und ruhig und ihre Augen waren geschlossen. Leise schlug Shikamaru die Decke zurück und glitt ans Bettende herab. Zum ersten Mal verfluchte er seinen Fensterplatz. Als er aufstand, streifte er ihren Fuß. Angespannt verharrte er in seiner Position und legte sich eine Ausrede zurecht. Doch sie blieb reglos liegen. Er sammelte seine Sachen vom Boden auf und zog sich rasch Hose und T-Shirt an. Dann tastete er sich im Dunkeln zur Kommode neben der Tür herüber, wo er immer seinen Schlüssel ablegte. Bevor er sie erreichte, stieß er sich das Bein an. Das unbekannte Ding klapperte laut und war im Begriff umzufallen, aber er konnte es gerade noch rechtzeitig festhalten. Er stellte das Wüstenbild seiner Freundin zurück an seinen Platz, rieb sich kurz das schmerzende Schienbein und griff den Schlüsselbund, der im fahlen Mondlicht glänzte. „Wo willst du hin?“ Er schrak zusammen, als wäre ein hungriger Zombie mit einer Axt hinter ihm aufgekreuzt. „Nur in die Küche, eine Kleinigkeit essen“, antwortete er schnell. „Warum ziehst du dich dafür an?“, fragte sie schlaftrunken. Shit, sie hatte ihn erwischt! „Danach wollte ich noch mal kurz frische Luft schnappen gehen.“ „Ich dachte, du wärst müde.“ „Du hast mich wach gemacht. Ausnahmsweise mal nicht mit Gequatsche.“ Die Bettdecke raschelte und er befürchtete, sie würde aufstehen. Dann stellte er allerdings fest, dass sie sich nur anders hingelegt hatte. „Ist ja mal was ganz Neues“, murmelte sie. „Aber wenn du meinst … Viel Spaß!“ „Also ist es okay für dich?“ „Klar, warum auch nicht?“ Ihr Unterton gefiel ihm nicht besonders. Vielleicht bildete er sich ihre Bissigkeit auch nur ein. „Sorry, ich wollte dich nicht wecken.“ „Schon okay.“ Nach einem kleinen, notwendig gewordenen Abstecher in die Küche, verließ er die Wohnung. Temari hörte, wie die Tür ins Schloss fiel. Ihre Gedanken kreisten um diese eine Bemerkung. Frische Luft schnappen? Er war nach dem Vögeln noch nie frische Luft schnappen gegangen. Vor allem, da er eben gerade noch betont hatte, wie müde er war. Seine kleinen seltsamen Ausflüchte häuften sich in letzter Zeit verdächtig … Er war noch nie ein guter Lügner gewesen. Mit einem ernüchternden Gefühl schlief sie wieder ein. --- Shikamaru ging zum Westtor, dem einzigen Dorfzugang, der in der Nacht geöffnet war. Die Wache war auf ihrem Platz eingenickt und schnarchte selig vor sich hin. Er schlich sich an ihr vorbei in den Wald. Im Grunde war es zwar egal, ob er gesehen wurde, aber in seiner jetzigen Situation konnte er keine Zeugen gebrauchen. Er wusste nicht, inwiefern diese Person mit Shikaku zu tun hatte, doch wenn dieser erfuhr, dass sich sein Sohn so spät draußen herumtrieb, anstatt zu Hause bei seiner schwangeren Freundin zu sein, warf das wahrscheinlich nur unangenehme Fragen auf. Und mit seinen Problemen wollte er ganz allein ins Reine kommen. Mitwisser machten es nur unnötig kompliziert. Die Ruhe des Waldes beruhigte ihn ein wenig. Er blieb einen Moment stehen und ließ die Geräusche auf sich wirken. Eine Eule gurrte in der Nähe, in entgegengesetzter Richtung zirpten ein paar Grillen und in der Ferne … Ja, was war das eigentlich? Wenn er genauer hinhörte, klang es nach verschiedenen Stimmen, die sich ihm rasch näherten. Bloß keine Zeugen!, dachte er und sah sich nach einem geeigneten Versteck um. Mit einem dichten, mittelgroßen Busch wurde er fündig, machte sich hinter ihm so klein wie möglich und wartete ab. Kurz darauf bog Rock Lee um die Wegkurve. Auf dem Rücken trug er ein undefinierbares Knäuel, das sich beim näheren Hinsehen als Maito Gai herausstellte. Wie die Wache schnarchte er laut und Shikamaru konnte sogar im Mondschein erkennen, dass seine Wangen rot glühten. Er musste sturzbetrunken sein. „Tenten, Neji, macht mal einen Schritt schneller! Setzt die Kraft eurer Jugend frei!“, trällerte er seinen beiden Teamkollegen entgegen. „Jugend? Ich fühl mich gerade eher wie ’ne alte Frau“, murmelte Tenten laut vor sich hin und keuchte. „Und das alles nur, weil sich Gai-sensei besaufen musste.“ „Seh es positiv. Dafür kannst du morgen früh das Ausdauertraining sausen lassen“, sagte Neji in seiner nüchternden Art. „Werd ich bei dem Muskelkater wohl auch müssen.“ Sie blieb stehen und lud das schwere Gepäck ab. „Ich brauch ’ne Pause.“ Shikamaru sog scharf die Luft ein. Warum konnte sie sich nicht die paar Meter bis zum Tor noch zusammenreißen? Nein, Frauen mussten ihm das Leben immer schwer machen, das schien ein ungeschriebenes Gesetz zu sein. „Jetzt hab dich mal nicht so. Du lässt nach!“, tadelte Lee. Er schnallte sich die Tasche, die für Tenten gefühlte zwei Tonnen wog, auf den Rücken und trug Gai fortan auf den Armen, wie ein Prinz, der gerade seine Prinzessin gerettet hatte. „Ich bin jetzt in den Zwanzigern. Da lässt man normalerweise etwas nach“, sagte seine Teamkollegin. Das sind ja tolle Aussichten, dachte Shikamaru, dem ihr scherzhafter Unterton entgangen war. „Manchmal bist du wirklich typisch Frau“, bemerkte Neji, der ihren Witz ebenfalls nicht verstanden hatte. Tenten zog eine Grimasse. „Und du bist einfach typisch Neji.“ „Das muss ich nicht verstehen, oder?“, fragte dieser. Seine Teamkollegin kicherte. „Nein.“ Sie wandte sich zu Lee um und sagte: „Jetzt bist du aber derjenige, der herumtrödelt!“ „Das Zeug ist echt verdammt schwer!“, stöhnte er. „Sind das Backsteine?“ Neji seufzte und drehte sich ebenfalls um, um ihm Gai abzunehmen, zögerte aber nach wenigen Schritten. Er war auf ein Gebüsch in der Nähe fixiert und sein Blick traf sich mit dem von Shikamaru. „Ist da drüben irgendetwas?“, fragte Tenten. Er schüttelte den Kopf. „Nur ein Tier.“ Dann schulterte er Gai, den Lee nur unter großem Protest übergab. „Jammer nicht. Du hättest dich beim Training nicht so verausgaben sollen“, kommentierte Neji und hielt auf das Westtor zu. Aus den Augenwinkeln linste er noch einmal zu dem Busch herüber. Und stellte sich ein paar Fragen. [align type="center"]---[/align] Als die Gruppe sich endlich verflüchtigt hatte, verließ Shikamaru sein Versteck. Wenn Neji sein Byakugan aktiviert hatte, hatte er ihn definitiv gesehen, aber wahrscheinlich hatten seine Adleraugen ihn auch so erspäht. Mist, so viel zu: Bloß keine Zeugen … Das kommt davon, wenn du dich wie ein Krimineller im Wald verstecken musst!, tadelte ihn eine bekannte Stimme. Eine Stimme, die er eine lange Zeit nicht mehr gehört hatte. „Asuma?“, fragte er und kam sich dabei total lächerlich vor. Tote konnten nicht mehr lebendig werden. Zumindest nicht, seit Kabuto mit seinem verbesserten Edo Tensei in die ewigen Jagdgründe eingegangen war. Hier drüben! Shikamaru ging der Stimme nach und schaute nach links. Ein von Mondschein umgebener Asuma lehnte am nächsten Baum und rauchte eine Zigarette. „Gott, ich werde paranoid“, murmelte er vor sich hin und schlurfte zu der Stelle herüber, an der eigentlich nichts sein durfte. Freust du dich nicht, mich zu sehen? Der Fantasie-Asuma ließ ein Grinsen aufblitzen. „Würde ich, wenn ich nicht wüsste, dass du seit Jahren mausetot bist.“ Gegenüber einer anderen Person hätte er diese Formulierung niemals benutzt, doch da er gerade allein im Wald stand und offensichtlich Selbstgespräche führte, interessierte ihn die Etikette herzlich wenig. Genauso pessimistisch wie früher, sagte Asuma amüsiert. „Und anscheinend bekloppt, da ich mich wie Dexter Morgan mit einer Einbildung unterhalte.“ Mit dem Unterschied, dass du kein Serienmörder bist. „Ein schwacher Trost, wenn ich bedenke, dass ich verrückt werde und wie er meiner Freundin etwas vormache.“ Ihm wurde etwas leichter ums Herz. Irgendwie tat es gut, Letzteres endlich mal ausgesprochen zu haben. Der Geist zog an seiner Zigarette. Der normalerweise stinkende Rauch roch nach nichts. Wie erwartet. Ich beneide dich, Shikamaru, sagte er anschließend. Du bekommst nun nämlich das, was mir verwehrt geblieben ist. „Von mir aus hätte es ruhig noch ein paar Jahre länger warten können.“ Und warum denkst du so? Glaubst du, dass dir irgendetwas entgeht, wenn du statt zu feiern Zeit mit deiner Tochter verbringst? „Ich und feiern?“ Shikamaru lachte ironisch. „Hast du während deines Aufenthalts im Jenseits vergessen, wer ich bin?“ Jedenfalls kein Party-Draufgänger, sagte Asuma schmunzelnd. Was ist dann dein Problem? Kinder schlafen viel. Wenn du dich ausruhen möchtest, leg dich auch hin. Du wirst immer ein wenig Zeit für dich finden. Die Verantwortung lastet nicht nur auf dir allein. „Ich weiß“, sagte er seufzend. „Wenn ich es recht bedenke, macht mir das auch nichts aus. Ich hab genug für ein Leben gefaulenzt. Aber …“ Aber? Forschend sah er seinen ehemaligen Schüler an. „Nun ja, ein Kind kostet so schrecklich viel Geld. Und dann möchte Temari auch noch eine richtige eigene Wohnung beziehen, anstatt mit ins Haus meiner Eltern einzuziehen, in dem massenhaft Zimmer leer stehen.“ Kannst du ihr das verübeln? Yoshino ist ein schwieriger Mensch und welche erwachsene Frau, die sich gerade etwas eigenes aufbaut und eine Familie gründet, möchte schon unter dem Scheffel der Schwiegermutter stehen? „Schon klar“, pflichtete Shikamaru bei. „Ich versteh sie auch – gewissermaßen –, aber ich weiß jetzt schon nicht, wie wir das finanziell auf die Reihe bekommen sollen. Die Auftragslage ist beschissen. Vorerst unnötige Mehrkosten können wir uns nicht leisten.“ Ich denke, du schätzt das alles falsch ein. Es gibt genügend Chuunin, die als Alleinverdienende ihre Familien gut ernähren können. „Und was, wenn die Lage noch schlechter wird? Ich möchte den beiden mehr bieten können, als einen Schlafplatz unter der Brücke.“ Auf Friedenszeiten folgen auch Zeiten der Unruhe. Leider, sagte Asuma. Aber niemand wird jemals unter einer Brücke schlafen müssen. Nicht auf Dauer. Du machst dir viel zu viele Sorgen, Shikamaru. „Als mein Hirngespinst hast du verdammt gut reden“, legte dieser fest. Und für dein Hirngespinst hab ich verdammt Recht!, sagte er heiter und schnippte seine Phantom-Zigarette auf den ausgetretenen Boden. Denn falls deine schlimmste Befürchtung irgendwann wahr werden sollte, wird Temari freiwillig mit zu deinen Eltern ziehen – übergangsweise jedenfalls. Shikamaru musste schmunzeln. „Nein, sie würde wohl eher einige Nächte im Freien bevorzugen, als Tür an Tür mit meiner Mutter zu hausen.“ Du hast dir wirklich eine kluge Frau ausgesucht. Der Geist lachte herzlich. Ein zu Lebzeiten seltenes Asuma-Lachen. „Von ausgesucht kann keine Rede sein.“ Möchtest du mir davon erzählen? Er schüttelte den Kopf. „Lieber nicht!“ Schade, dabei hab ich aufrichtiges Interesse – für eine Fantasiegestalt, versteht sich. „Selbst eine Fantasiegestalt muss nicht alles wissen.“ Erneut lachte er los. Du hast dich kaum verändert – im positiven Sinne! „Nicht so positiv, wie du glaubst“, sagte Shikamaru. Schwarzseher, meinte Asuma. Weißt du denn wenigstens, was du nun zu tun hast? „Ich denke, für den Moment schon“, erwiderte er und wandte sich zum Gehen. „War nett mit dir zu plaudern.“ Tust du mir noch einen Gefallen? „Hm?“ Grüß Kurenai und Hiruzen von mir. Shikamarus Mund verzog sich zu einem Grinsen. „Ich bin doch nicht bescheuert!“ Das Phantom hob amüsiert die Augenbrauen. „Okay, nach diesem Gespräch bin ich es wahrscheinlich doch“, sagte er. „Aber von mir aus. Dann denken die Zwei eben, dass ich nicht mehr alle Tassen im Schrank habe.“ Du wirst bestimmt ein guter Vater. Und falls nicht, ging er bei dem Versuch wenigstens bei voller Fahrt mit gesetzten Segeln unter. --- Leise schloss er die Tür auf und stahl sich in die Wohnung. Das Scheiß-Gefühl, dass er vorhin verspürt hatte, hatte sich auf ein Minimum reduziert, sodass er es kaum – wenn überhaupt – bemerkte. Dieses Selbstgespräch, oder was auch immer es gewesen war, hatte tatsächlich gewirkt. Irgendwie. Er schlüpfte aus seiner Kleidung, räumte sie auf den kleinen Schrank im Flur und schlich sich ins Wohn- und Schlafzimmer. Temari lag seitlich recht weit am Rand des Bettes. Wenn er Glück hatte, konnte er sich unbemerkt zurück auf seine Seite legen, ohne sie zu wecken. Das hieß, falls sie überhaupt schlief. Die Decke bewegte sich und bestätigte seine Annahme. Entweder hatte er es geschafft oder sie war schon vorher wach gewesen. Im Grunde war ihm das aber gleich. Besser jetzt, als wenn sie ihn morgen früh zur Rede stellte. „Du warst lange weg“, sagte sie. „Es tut mir leid.“ Das tat es ihm tatsächlich und er war erleichtert, dass er anscheinend doch noch nicht völlig abgestumpft war. „Ein nächtlicher Spaziergang?“, fragte sie. „Ich bitte dich! Das ist nichts, wofür man sich entschuldigen müsste.“ Auch wenn es ihr trotzdem seltsam vorkam. Er erwiderte nichts, sondern schlang seinen Arm um ihre Taille und streichelte ihren Bauch. Sie seufzte wohlig, murmelte ein „Schlaf gut!“ und schloss die Augen. Shikamaru war ihr dankbar, dass sie nicht weiter nachhakte. Er gehörte wirklich nicht allein draußen in den Wald – nein, sein Platz war genau hier. Er hoffte inständig, dass die Talfahrt mit dieser Erkenntnis endlich vorbei war und es – wenn auch langsam – wieder bergauf ging. Er selbst hatte es nicht verdient; seine Freundin dafür umso mehr. ════════════════════════════════════════════════════ Die Szene mit Team Gai musste irgendwie sein. Soweit ich mich erinnere, hab ich den Vieren noch keinen nennenswerten Auftritt spendiert. Ich hab ja schließlich versprochen, immer mal wieder Nebencharaktere einfließen zu lassen. :) Des Rest des Kapitels ist eine einzige Anspielung auf die Serie Dexter. Sogar der Titel bezieht sich auf Dexters Dark Passenger – allerdings sind damit nicht die Fantasie-Gespräche mit seinem verstorbenen Adoptivvater Harry gemeint, die er ab der dritten Staffel in jeder Episode führt, sondern einfach nur sein Drang zu morden. Trotzdem fand ich den Titel in Bezug auf Asuma irgendwie passend. :D Danke fürs Lesen! =) Kapitel 38: Meinungsverschiedenheiten ------------------------------------- Vielen Dank wieder für eure Kommentare! Fühlt euch gedrückt, aber nicht erdrückt! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 38: Meinungsverschiedenheiten In den folgenden Tagen fiel er mehr und mehr in den alten Gemütszustand zurück. Mit jeder Stunde verflüchtigten sich die Einzelheiten des Gesprächs der Dritten Art und die Erinnerung daran wurde immer vager – und damit der positive Nachgeschmack, den es hinterlassen hatte. „Hörst du mir eigentlich zu?“ Temari fuchtelte wild mit ihrer Hand vor seinen Augen herum. „Ja, warum?“, fragte Shikamaru. „Weil du die ganze Zeit so apathisch vor dich hin starrst.“ „Ist mir gar nicht aufgefallen.“ „Das ist mir klar.“ Sie verzog genervt das Gesicht und fuhr fort: „Ich wiederhole: Deine Mum hat uns heute zum Mittagessen eingeladen.“ „Ach, hat sie?“ „Ja“, sagte sie. „Und ich hab’s gestern Abend auch schon mal erwähnt, aber du hängst anscheinend lieber irgendwelchen Fantasien nach, anstatt mir zuzuhören.“ „Ich hänge keinen Fantasien nach!“, verteidigte er sich. „Dann eben nicht. Ist mir eigentlich auch egal, solange du nicht von irgendwelchen langbeinigen Supermodels träumst.“ „Kennst du nach über drei Jahren meinen Geschmack immer noch nicht?“ „Das war rhetorisch gemeint“, sagte sie seufzend. „Aber was erwarte ich auch von dir? Du bist ’n Kerl!“ „Und du gerade eine extreme Zicke“, legte er fest. „Stellst Ino meilenweit in den Schatten.“ Hatte er das wirklich gesagt? Egal. Wenn sie ihn nun deswegen umbrachte, hatte er es wenigstens hinter sich und konnte mit Asuma im Jenseits wieder ein paar Partien Shougi spielen. Sehr reizvoll. „Ja, ja, die Schwangerschaft bekommt mir nicht.“ Temari rollte mit den Augen. „Das ist nichts, das nicht ohnehin schon jeder weiß.“ Shikamaru sah sie nur an und schwieg. Ihr Blick wurde ernster. „Ich weiß nicht, was in letzter Zeit mit dir los ist“, sagte sie, „aber ich weiß, dass es mir nicht gefällt.“ „Mit mir ist gar nichts los.“ „Eben“, meinte sie nachdrücklich. „Überfordert dich das Training mit Shuiro?“ „Nein, mit ihm läuft alles bestens“, log er. Ich hab ihn auch seit Mittwoch nicht mehr gesehen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis herauskam, dass er das Training des Jungen abgebrochen hatte. Und wenn es so weit war, konnte er sich warm anziehen. Dann war nicht nur Temari auf ihn sauer, sondern ganz Sunagakure und alle anderen, die ihr Vertrauen in ihn gesetzt hatten. „Was ist es dann?“ Und jetzt? Was sollte er ihr darauf antworten? Vielleicht war die Wahrheit doch mal angebracht – ein kleiner Teil davon. „Es stört mich, dass die Wohnungssuche nicht vorankommt und die Zeit langsam knapp wird“, sagte Shikamaru. „Du bist schließlich nicht ewig schwanger.“ „Nein, aber einige Wochen haben wir noch, bevor ich nur noch unbeweglich auf dem Sofa liegen kann“, erwiderte seine Freundin. „Außerdem hab ich dir doch von dieser netten Vier-Zimmer-Wohnung erzählt. Sie liegt am Dorfrand und weit von Yoshino entfernt.“ „Aber sie übersteigt unsere Finanzen.“ „Nein, nicht wenn ich mein Gespartes in die Baby-Ausstattung investiere. Und der Rest reicht locker noch für drei Monatsmieten.“ „Und wie soll es danach weitergehen? Nur von Luft und Liebe können wir nicht leben.“ „Du hast schon vergessen, dass du ein relativ festes Gehalt beziehst?!“ „Das extrem mickrig ist.“ „Ach, bitte, du übertreibst. So mickrig ist es auch wieder nicht.“ „Du hast als Jounin mehr als das Doppelte bekommen.“ „Seit Kriegsende nicht mal annähernd“, legte sie fest. „Und davor war ich Truppenführerin, musste permanent meinen Arsch riskieren und für jeden Scheiß den Hals hinhalten. Da ist es nur gerecht, wenn man ein paar Ryo mehr bekommt als die Kollegen ohne Verantwortung.“ „Schlecht verdient hast du bis zuletzt trotzdem nicht.“ „Also bitte, als Aushilfslehrerin hatte ich gerade mal tausend Ryo mehr als das, was du jetzt bekommst. Das sind Peanuts für die Fünfzig-Stunden-Wochen, die ich teilweise machen musste“, erklärte sie. „Wenn man es umrechnet, fällt dein Stundenlohn sogar deutlich höher aus als meiner.“ Dem hatte Shikamaru nichts entgegenzusetzen. Temari hatte es ihm exzellent vorgerechnet. „Willst du mal wissen, was Kankurou für eine lächerliche Fünfunddreißig-Stunden-Woche im Wachdienst bekommt?“ Er starrte sie bloß an und schwieg. Sie sagte es ihm ohnehin, egal, wie seine Antwort ausfiel. „Ein Drittel mehr als ich. Für im Schatten herumsitzen, Limo schlürfen und in die Wüste glotzen“, sagte sie bitter. „Und ich reiße mir gleichzeitig für ein paar Kröten den Arsch an der Akademie auf und mache massenhaft Überstunden. Ist das gerecht, oder was?“ Ihr Freund schüttelte zustimmend den Kopf. Hätte er gewusst, dass er sie mit dem Thema so in Rage brachte, hätte er es gar nicht erst angeschnitten. Apropos Rage … „Komm mal wieder runter. Die Kleine findet es bestimmt nicht so toll, wenn du dich so aufregst“, meinte er. „Außerdem ist es nun ja mit zehnstündigen Arbeitstagen vorbei.“ „Ja, bald muss ich mich vierundzwanzig Stunden an sieben Tagen die Woche um einen Schreihals kümmern“, erwiderte Temari. „Aber das ist immer noch besser, als tagein tagaus Papierkram abzuarbeiten und zu versuchen, manchem Hohlkopf was beizubringen.“ „Ich dachte, das Unterrichten hat dir Spaß gemacht!“ „Hat es meistens auch, aber einen Geninanwärter, der fast nur Scheiße baut, gibt es irgendwie in jeder Klasse. Bei den älteren Jahrgängen jedenfalls.“ Sie seufzte. „Ich weiß schon, warum ich die Akademie-Anfänger lieber unterrichtet habe … Aber zurück zum Thema.“ Er erschrak sich innerlich bei ihrem plötzlichen Tonwechsel, da er gehofft hatte, sie hätte es vergessen. „Hast du denn gar kein Erspartes?“ „Doch, aber daran wollte ich erst gehen, wenn es wirklich nötig ist.“ „Und ein halbwegs schönes Zuhause für unser Baby ist nach deiner Auffassung etwa nicht nötig?“, fragte sie kritisch. „Natürlich …“, stammelte Shikamaru und dachte: Aber was nützt das, wenn man ihm sonst nichts zu bieten hat? „So selbstverständlich scheint das für dich anscheinend nicht zu sein“, wetterte sie weiter, bis ihre Stimmlage erneut umsprang. „Egal. Du kannst ja drüber nachdenken, während ich ein kleines Schläfchen mache. Weck mich in eins, zwei Stunden.“ Zu seiner Erleichterung sprach sie ihn danach nicht mehr darauf an. --- „Wie geht’s meiner kleinen, süßen Enkelin?“ Yoshino quiekte dabei entzückt wie ein neugeborenes Ferkel. Temari antwortete mit einem „Gut“ und fragte sich, wie man einen Fetus, der nur ansatzweise auf Ultraschallbildern zu sehen war, als süß bezeichnen konnte. Was, wenn es nach der Geburt hässlich wie die Nacht war? Okay, davon ging sie wirklich nicht aus, auch wenn wahrscheinlich keine bildhübsche Suri Cruise dabei herauskam. Aber Neugeborene sahen ohnehin die ersten Tage ziemlich zerknautscht aus. Wenn man neun Monate lang wie saure Gurken in Fruchtwasser eingelegt war, konnte man auch nur verschrumpelt sein. Die Frau tätschelte ungefragt ihren Bauch und sie ließ es widerwillig über sich ergehen. Wenn sie sich aufregte, brachte sie nur ihren Urlaub in Gefahr. Und sie hatte nicht vor, Sunagakure wegen so einer Bagatelle erst in frühestens drei Jahren wiederzusehen. Ein halber Wutanfall reichte für einen Tag. „Das Essen ist auch schon fast fertig“, sagte Yoshino. „Ihr könnt euch schon mal setzen.“ „Was gibt es denn?“, fragte Shikamaru beiläufig, der von seiner Mutter bisher nur mit einem raschen Blick bedacht worden war. Soviel zu ihrem Du-bist-mein-einziger-Sohn-und-ja-so-wichtig!-Geschwafel. Keinen Ryo war es wert, seit sie sich vertragen hatten. Aber sobald der erste Enkel unterwegs war, drehte sich alles nur noch und die werdende Mutter und das Baby, als ob er überhaupt keinen Anteil beigetragen hätte. Okay, biologisch gesehen war es tatsächlich ein sehr kleiner Teil, physisch und vor allem psychisch ertrug er dafür umso mehr. Wahrscheinlich musste er sich damit abfinden, für andere nur Luft zu sein. „Reis mit Hühnchenfleisch!“ Die Begeisterung verschwand abrupt aus Temaris Blick. Und dafür komme ich extra hierher?, sagte er aus. „Gibt’s wenigstens eine leckere Soße dazu?“, fragte sie hoffnungsvoll. Jägersoße, Jägersoße, Jägersoße … „Selbstverständlich nicht!“, antwortete Yoshino. „Das ist alles viel zu fett und ungesund für dich! Du hast schließlich schon genug zugenommen.“ Wenn Temari etwas nicht leiden konnte, war es, wenn jemand statt Wohlfühlfaktor Tausend an ihrer Figur herumkrittelte. „Ich wiege jetzt neunundfünfzig Kilo“, sagte sie langsam und nach Beherrschung ringend, „und selbst wenn ich noch mal zehn Kilo zunehmen sollte, geht dich das einen absoluten Scheißdreck an!“ Yoshino machte einen Gesichtsausdruck, als hätte sie eine deftige Ohrfeige verpasst bekommen. „Ich möchte ’ne Soße dazu, ansonsten esse ich keinen Bissen!“, fuhr Temari fort. „Und du möchtest doch sicher nicht, dass deine Enkelin hungern muss, oder?“ Imponiert betrachtete Shikamaru seine Freundin. Wäre er geistig nicht irgendwo durch die dunkelsten Ecken Mordors gewandert, hätte er das definitiv antörnend gefunden. Eine Frau, die seiner Mutter solches Paroli gab, konnte sexuell nur anregend sein. --- Pappsatt ließ Temari den Esslöffel in die leere Schüssel fallen. Sie war, obwohl sie ihren Reis nicht wie die anderen mit Stäbchen gegessen hatte – mit Soße war das ein einziger Krampf! –, als Letzte fertig geworden. Sie hatte extra getrödelt, um eine weitere Figurpredigt seitens Yoshino zu umgehen. Diese hatte allerdings von ihrem letzten Kontra noch genug und bemühte sich um ein normales Gespräch, während sie den Tisch abräumte. „Warst du nicht damals mit dem amtierenden Kazekage in einer Gruppe?“, fragte sie beiläufig. „Ja, warum auch nicht?“, erwiderte sie. „Er ist schließlich mein jüngerer Bruder.“ War das denn wirklich so eine Neuigkeit? Das wusste inzwischen doch jeder, der nicht blind, taub und tot war. „Oh …“, machte die Frau beeindruckt. „Und was ist eigentlich mit deinen Eltern? Ich würde sie gerne mal kennenlernen.“ „Das wird schwierig, wenn du nicht zurück durch die Zeit reisen kannst. Sind beide nämlich mausetot.“ Auch keine Neuigkeit, da Gaaras Vergangenheit nach seiner Ernennung zum Kazekage in sämtlichen Klatschzeitschriften ausgeschlachtet worden war. Aber da sie den familiären Zusammenhang anscheinend tatsächlich nicht kannte, konnte sie das wohl nicht wissen. Yoshino hielt kurz inne und machte eine betretende Miene. „Tut mir leid …“ „Muss es nicht. Meine Mutter starb, als ich drei war und meinem Vater war sein Amt als Kazekage immer wichtiger – Um den muss man nicht unbedingt trauern.“ – Kein großer Verlust, dass Oro ihn abgemurkst hat, dachte sie zu Ende. Tatsächlich hatte sie um ihn keine Träne vergossen und bei seiner Beerdigung hatte sie nur der Etikette wegen teilgenommen. Als gute – nicht liebende – Tochter gehörte sich das schließlich so. „Dein Vater war also der vierte und dein Bruder ist nun der fünfte Kazekage?! Was für eine erfolgreiche Familie!“ Sie klatschte begeistert in die Hände und schenkte ihrem Sohn das erste Mal an diesem Nachmittag Aufmerksamkeit. „Shikamaru, warum nimmst du dir daran nicht mal ein Beispiel?“ Halt doch die Klappe!, dachte dieser verdrießlich, sprach es aber nicht aus. „Es reizt mich nicht, Kage zu werden“, antwortete er knapp. „Dann werde doch wenigstens endlich Jounin! Deine Freundin ist schließlich auch eine.“ Shikamaru verdrehte die Augen, stand vom Tisch auf und ging in den Garten. Auf ein dämliches Streitgespräch hatte er keine Lust. Temari sah ihm stirnrunzelnd nach. „Das war jetzt aber ganz schön daneben von dir“, bemerkte sie. „Weil ich ihm einen Schubs in die richtige Richtung geben wollte?“, fragte Yoshino schulterzuckend. „Und sind wir mal ehrlich: Für den finanziellen Stand einer Familie wäre es vorteilhafter, wenn er zum Jounin aufsteigen würde.“ „Ach, das ist doch Blödsinn! Selbst wenn ich noch mal fünf Kinder bekommen würde“ – Gott bewahre sie davor! – „verdient ein Chuunin genug, um uns alle satt zu machen und wir ein Dach über dem Kopf haben“, sagte sie überzeugt. „Ich hab außerdem auch nicht vor, für den Rest meines Lebens in einem Schaukelstuhl vor mich hinzuvegetieren und langweiligen Oma-Hobbies wie Stricken und Nähen nachzugehen.“ „Jetzt überleg doch mal –“ „Nein, ich möchte nicht Witwe und alleinerziehende Mutti spielen, weil er auf einer S-Rank-Mission – die man ja als Chuunin nicht zugeteilt bekommt – draufgegangen ist.“ Yoshino legte die Stirn in Falten und seufzte. „Wirst du jemals aufhören, mir bei jeder Gelegenheit zu widersprechen?“ Temari grinste. „Nein, niemals.“ --- Draußen setzte Shikamaru sich in die Nähe des Teiches ins Gras. Es war so ziemlich die Stelle, an der seine Freundin nach ihrer Ankunft vor gut zwei Monaten gelegen und geschlafen und er selbst noch überhaupt keine Ahnung gehabt hatte, was ihn erwartete. Es waren nur zwei Monate, aber ihm kamen sie vor, als wären in der Zwischenzeit Jahre vergangen. „Alles in Ordnung?“, fragte Shikaku. Er wandte sich nicht zu seinem Vater um und erwiderte tonlos: „Klar, wieso auch nicht?!“ „Du bist so ernst in letzter Zeit.“ „Bin ich nicht.“ „Dein Gesichtsausdruck sagt aber was anderes.“ „Den kannst du gerade doch gar nicht sehen.“ „Aber vorhin am Esstisch.“ Shikamaru schwieg. „Möchtest du vielleicht über irgendetwas reden?“ „Ich wüsste nicht was.“ Shikaku setzte sich neben ihn. „Weißt du, wem ich gestern im Wald begegnet bin?“ Er zuckte mit den Schultern. „Dem Jungen aus Sunagakure. Er hat allein trainiert.“ Erneut erwiderte er nichts. „Ich hab ihn gefragt, wo du bist und er sagte, du würdest dich weigern, ihn zu trainieren.“ Wieder Schweigen. „Du verletzt deine Aufsichtspflicht“, fuhr Shikaku fort. „Eigentlich hätte ich Hokage-sama schon gestern darüber informieren müssen, aber ich wollte erst selbst mit dir sprechen. Also warum lässt du den Jungen so im Stich?“ „Weil er glaubt, dass Shinobisein ein Heidenspaß ist. Mit der Einstellung ist er schneller tot, als er blinzeln kann“, sagte Shikamaru. „Warum sollte ich mir also die Mühe machen, einer zukünftige Leiche was beizubringen?“ „Du möchtest also verhindern, dass er zum Chuunin wird, damit er länger am Leben bleibt?!“ „So in etwa. Obwohl mir eigentlich egal wäre, was aus ihm wird, wenn er Temari nicht so wichtig wäre.“ Sein Vater gab einen Zischlaut von sich. Wohl das Ergebnis eines unterdrückten Lachens. „Lass das bloß niemandem aus Sunagakure hören“, erwiderte er hörbar amüsiert. „Bei denen bin ich eh unten durch, seit ich die Schwester des Kazekage geschwängert habe“, sagte er humorlos. „Also was soll’s. Ein paar Feinde mehr oder weniger machen da keinen Unterschied mehr.“ „Aber du musst es mit deinem Verhalten nicht noch unnötig fördern“, meinte Shikaku. „Und statt den Jungen allein im Wald trainieren zu lassen, solltest du ihn lieber in die richtige Bahn lenken. Bläu ihm einfach ein wenig von deinem Verstand ein.“ Shikamarus Augenbrauen zuckten kurz, fielen dann aber in ihre neutrale Position zurück und verpassten ihm wieder diese ausdruckslose Miene. „Ach, ich habe welchen?“, fragte er. „Selbstverständlich.“ „Wenn ich den hätte, hätte ich nicht mit neunzehn eine schwangere Freundin.“ Shikaku lachte schallend. „Keine Sorge, irgendwann werden alle Männer Opfer ihrer Hormone.“ „Und ihrer grenzenlosen Dummheit“, ergänzte sein Sohn trocken. Irgendwie war es ihm gerade schleierhaft, warum er sich immer nur auf Temari und ihre Versicherung, dass sie die Pille wirklich nahm, verlassen hatte. Warum hatte er sich selbst nicht mal um Verhütung gekümmert? Das war doch typisch Mann: Wenn es um Sex ging, setzten die Gehirnzellen einfach aus und der IQ senkte sich schlagartig um hundertfünfzig Punkte. Er fühlte sich gerade wie ein einziges Klischee. Aber wozu überhaupt die Aufregung, wenn doch die verdammten Magentabletten an allem Schuld waren? Diese kleinen Biester hatten seine Freundin schließlich kurzzeitig fruchtbar wie eine Oase gemacht. In seiner Fantasie machte sich ein irres Szenario breit: Fünf Tabletten fassten sich an den Händen und umtanzten eine Eizelle, die sich in ihre schickste Sonntagskleidung geworfen hatte und verführerisch zwinkerte. Und alle sangen: Les doch die Packungsbeilage, du Idiot! Les sie, les sie, ansonsten bist du selbst Schuld! Sie wiederholten den Reigen immer wieder und verspotteten ihn, bis – „Shikamaru?“ Shikaku musterte ihn eindringlich. „Hm?“ „Was unternimmst du jetzt deswegen? Ich möchte dich nur ungern melden.“ Weswegen melden? Wegen Lesefaulheit? „Denkst du, es wäre möglich, das Training mit ihm fortzusetzen?“, fragte sein Vater weiter. Es ging also nicht um irgendwelche Packungsbeilagen. Natürlich. „Wenn er zur Vernunft kommt, sicher“, sagte er. „Ich werd morgen mal mit ihm reden.“ „Mehr wollte ich gar nicht wissen.“ „Du wirst also erstmal niemandem davon erzählen?“ „Nein, erst sollst du die Chance bekommen, diesen Fehler wieder auszubügeln“, erwiderte Shikaku und flachste: „Außerdem müssen wir Männer doch zusammenhalten. Vor allem, da wir in dieser Familie bald in der Unterzahl sind.“ Shikamaru konnte partout nicht über diese Bemerkung schmunzeln und musste sich zu einem Lächeln zwingen. Einem sehr müden Lächeln. Er wusste, dass seine Fassade langsam bröckelte und das passte ihm ganz und gar nicht. „Bist du wahnsinnig?!“, tönte plötzlich Yoshinos Stimme aus dem Haus. Sie kreischte regelrecht und schien nahe einem hysterischen Anfall zu sein. Die Männer bedachten sich mit einem Stirnrunzeln und wandten sich um. Temari kam finster dreinblickend in den Garten hinausgestapft und schrie zurück: „Von dir lasse ich mir gar nichts vorschreiben!“ „Das ist dumm und verantwortungslos!“, grölte die Frau ihr nach. „Hör wenigstens dieses eine Mal auf mich!“ „Ich denk ja nicht dran!“ Sie packte ihren Freund am Oberarm, zog ihn auf die Beine und zischte wütend: „Verschwinden wir, bevor ich noch einen Mord begehe!“ Er tauschte mit seinem Vater noch einen irritierten Blick aus und tat, was sie verlangte. --- „Was war denn los?“, fragte Shikamaru ein paar Straßen weiter, als die gruselige Ader auf Temaris Stirn verschwunden war. „Ich hasse sie …“, murmelte sie vor sich hin. Wenn schon das Wort hassen fiel, musste die Apokalypse ausgebrochen sein. „Sie will mir die Reise nach Suna verbieten!“, sagte sie angriffslustig. „Was glaubt sie eigentlich, wer sie ist? Mein Babysitter oder Vormund?“ Er wusste, dass er sich mit folgender Aussage wahrscheinlich keinen großen Gefallen tat, aber – „Sie ist doch nur besorgt. Es ist ja schließlich kein gemütlicher, zweistündiger Spaziergang zur nächsten Stadt.“ „Ich weiß aber selbst am besten, was gut für mich ist!“, erwiderte sie zähneknirschend. „Ich hab es nicht nötig, mich von so einer Wichtigtuerin anschreien und beleidigen zu lassen.“ Beleidigen? Temari musste gerade eine neue Definition für das Wort erfunden haben. „Sie hat doch nur gesagt, dass dein Verhalten dumm ist, nicht du als Mensch“, verbesserte er. „Zielt das nicht auf dasselbe ab?“ „Nur in deiner Welt.“ „Dankeschön für die Unterstützung“, sagte sie tonlos. „Was kann ich dafür, wenn du ihre Worte in den falschen Hals kriegst?“ Er merkte, dass es nach einer Provokation klang und fuhr ruhiger fort: „Du weißt, dass du bei mir an der falschen Adresse bist, um dich zu beschweren, weil ich mit ihr – ausnahmsweise mal – so ziemlich einer Meinung bin. Diese Reise ist verantwortungslos.“ „Aber –“, setzte sie ohne sinnigen Widerspruch an und fluchte: „Ach, scheiße!“ Und für den Rest des Weges war sie auch genauso gelaunt. ════════════════════════════════════════════════════ Tja, so ähnlich und doch so verschieden. Freunde werden Temari und Yoshino in dieser Geschichte wohl nicht mehr. :D Tausend Ryo sind etwa hundert Euro. Temari hat verdiensttechnisch also wirklich jeden Grund zu meckern. Danke fürs Lesen! :) Kapitel 39: Blöde Fragen, kluge Antworten ----------------------------------------- Kapitel 39: Blöde Fragen, kluge Antworten Zurück in der Wohnung verzog sie sich schmollend auf die Couch und blätterte ein paar Zettel durch, die auf dem Tisch lagen. Shikamaru war recht froh über ihre Reaktion – sie hätte schließlich viel schlimmer ausfallen können – und der mit ihr verbundenen fünf Minuten Ruhe, die sein wackeliges Kartenhaus wieder stabilisierte. Heute war er in verräterischer Plauderstimmung, wie er an dem Gespräch mit seinem Vater festgestellt hatte, anstatt einfach die Klappe zu halten, wenn es angebracht war. Sonst trug er sein Herz ja auch nicht gerade auf der Zunge und es war nicht von Vorteil, wenn er ausgerechnet jetzt damit anfing. „Guck dir das mal an“, sagte Temari, als sie sich satt gesehen hatte. Er nahm die Blätter und musterte sie. „Und?“ Die Mundwinkel seiner Freundin – soeben noch ansatzweise zu einem Lächeln verzogen –, sanken nach unten. „Ich möchte diese Wohnung!“, meinte sie gereizt. „Wenn ich auch nur einen Meter näher an deiner Mutter wohnen bleibe, drehe ich durch!“ „Sie ist aber zu teuer!“, argumentierte er. „Und wozu brauchen wir mit einem Kind überhaupt vier Zimmer?“ „Ich möchte nicht wieder umziehen müssen, wenn irgendwann ein zweites Baby kommt.“ „Das Eine ist noch nicht mal da und du planst schon das Zweite?! Großartig“, sagte Shikamaru sarkastisch. „Ich plane überhaupt nichts“, legte sie fest. „Ich finde es einfach traurig, wenn ein Kind ohne Geschwister aufwachsen muss.“ „Mir hat jedenfalls nichts gefehlt.“ Sie verzog eine genervte Miene. „Und wie kann man etwas vermissen, das man nie hatte?“, fragte er kritisch. Temari ignorierte seine Bemerkung und sagte: „Zu teuer ist übrigens auch Quatsch.“ Auf das Rechenbeispiel war er nun gespannt. „Okay, vielleicht wird’s das erste Jahr etwas eng, aber ich hab sowieso vor, wieder arbeiten zu gehen, sobald die Kleine ihren ersten Geburtstag hatte.“ Genau das wollte er eben nicht. Sie sollte nicht zur Arbeit gezwungen sein, nur damit sie sich über Wasser halten konnten. „Und was ist mit ’ner vernünftigen Einrichtung?“, fragte er. „Irgendwo müssen wir essen und schlafen und unsere Klamotten können auch nicht ewig in irgendwelchen Umzugskartons vergammeln.“ „Können sie schon“, verbesserte sie. „Und mir macht es nichts aus, wenn ich eine Weile auf einem ausgerollten Futon auf dem Boden schlafen muss. Haben die Leute früher nicht anders gemacht. Außerdem mag ich’s schlicht und steh nicht auf diesen überteuerten Krimskrams.“ Seit wann zählte ein Bett zu überteuertem Krimskrams? „Eine Küche müssten wir uns auch nicht anschaffen, da die momentanen Mieter sich für ihr Haus eine neue kaufen werden“, fuhr sie fort. „Wäre also quasi geschenkt und wir hätten eine Sorge weniger. Dafür, dass sie gebraucht ist, ist sie in einem Top-Zustand. Und schlecht sieht sie auch nicht aus, wie du siehst.“ Sie hielt ihm das letzte Blatt vor die Nase. Auf dem zweiten Foto der Seite war ein umzäunter Vorgarten – vielleicht fünfunddreißig Quadratmeter groß – zu sehen. Seltsam, dass sie ihn noch nicht erwähnt hatte. Kommentarlos zog er es ihr aus der Hand und legte es zurück auf den Tisch. „Und woher sollen wir achttausend Ryo für die Monatsmiete nehmen? Das ist mehr als die Hälfte von meinem Gehalt“, erwiderte Shikamaru und betonte: „Das können wir uns nicht leisten. Punkt. Ende. Aus.“ In einer Mischung aus Enttäuschung und Faszination starrte sie ihn an. „Irgendwie macht’s mich an, wenn du mir so widersprichst“, sagte sie. „Wie bitte?“ Temari grinste eindeutig. Na, das hatte ihm gerade noch gefehlt … „Wir hatten doch erst letzten Mittwoch Sex!“, meinte er in einem Anflug Verzweiflung. „Erst?“, wiederholte sie. „Das ist fast vier Tage her!“ „Na, und? Ich bin nicht so in Stimmung dafür. Dieser Prüfungskram stresst mich!“ In Wirklichkeit war er natürlich überhaupt nicht gestresst – wie auch, wenn er die halbe Woche bloß im Wald herumgegammelt hatte? –, aber die letzte Nummer hatte ihm in dem Punkt erstmal psychisch den Rest gegeben. Vielleicht schreckte es sie ja für eine Weile ab, wenn er versagte, doch so physisch tot war er dann leider noch nicht, wie er erst vor ein paar Tagen festgestellt hatte. „Es ist Sonntagnachmittag! Wie kannst du nach gut achtundvierzig Stunden Wochenende gestresst sein?“ „Kopfsache“, sagte er. „Dann schalt dein Hirn ab.“ Sie rückte an ihn heran und flüsterte: „Den Rest erledige ich schon.“ Ihr letzter Satz klang für ihn wie eine Drohung. Irgendwie eigenartig … Immer, wenn sie zwischen den Prüfungen nicht da war, hatte er quasi die Stunden bis zu ihrem Besuch gezählt – in freudiger Erwartung auf das nächste Bettgewusel, das nach monatelanger Durststrecke immer etwas Besonderes war. Und nun konnte er es theoretisch jeden Tag haben und er wollte nicht. Aber so sah es wohl in vielen Beziehungen aus, wenn die Wiedersehensfreude nach dem Zusammenziehen abgeebbt war. „Versuch lieber erstmal, deine Hormone in den Griff zu bekommen“, entgegnete er bemüht sachlich. „Die machen momentan sowieso, was sie wollen“, sagte sie. „Und wer sagt, dass ich sie gerade überhaupt in den Griff bekommen will?“ Auf der Suche nach einem Argument schnappte er nach Luft. Er wollte keinen Streit vom Zaun brechen, aber wie ihr persönlicher Sklave musste er sich auch nicht behandeln lassen. „Mir egal. Ich hab keinen Nerv dafür und das musst du jetzt einfach mal so hinnehmen. Und nein, es hat absolut nichts mit deiner Attraktivität zu tun!“ Toll, jetzt hatte er genau das ausgesprochen, was er letzten Mittwoch noch für sich behalten hatte. Wenn er gewusst hätte, dass er heute in Plauderstimmung kommen würde, hätte er sich den Aufwand neulich auch schenken können. Temari lächelte und er wusste, dass er es nur noch schlimmer gemacht hatte. „Je länger du dich mir widersetzt, desto länger zögerst du das Unvermeidbare heraus“, sagte sie unbeeindruckt. „Dann mach ich eben so lange weiter, bis du aufgibst.“ Wollte er von ihr direkt in die Hölle geschickt werden, oder was war gerade mit ihm los? Aber irgendwie fing dieses Spiel an, ihm Spaß zu machen. Genau, am besten provozierte er sie einfach so lange weiter, bis sie die Lust verlor und ihn frustriert aus der Wohnung schmiss. Das war ihm im Moment auf jeden Fall lieber, als sich wieder zu einem Ich-bin-nicht-bei-der-Sache-und-mach-dir-etwas-vor!- Nümmerchen herabzulassen. Ihr Lächeln nahm richtig gruselige Züge an und er rückte instinktiv etwas von ihr weg. Irgendwie hatte sie etwas völlig Verrücktes an sich – fast so wie Jack Nicholson in der Verfilmung von The Shining, nur dass sie glücklicherweise keine Axt griffbereit hatte. Aber Sex konnte bekanntermaßen auch eine furchtbare Waffe sein. „Würdest du das bitte lassen?“, fragte er, nicht so sicher wie erhofft. „Mit deinem Verhalten löst du höchstens das Gegenteil aus.“ Bevor seine Freundin etwas erwidern konnte, klingelte es an der Tür und ihr Gesichtsausdruck normalisierte sich. „Dein Glück“, sagte sie. „Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“ Dummerweise hatte sie damit Recht, aber es reichte ja schon, es solange hinauszuzögern, bis sich sein Geisteszustand wieder beruhigt hatte. Nach aktuellem Stand war das höchstens eine Frage von ein paar Jahren. „Shuiro ist hier“, hörte er Temari aus dem Flur rufen. „Er sagt, er möchte mit dir etwas wegen des Trainings besprechen.“ Das überraschte ihn nun wirklich. Shikamaru stand von der Couch auf und sein Magen machte einen unangenehmen Hüpfer. Wenn der Junge wollte, konnte er jetzt alles auffliegen lassen. „Möchtest du nicht reinkommen?“, fragte sie ihren ehemaligen Schüler. Dieser schüttelte den Kopf. „Nein, hier draußen ist’s im Gegensatz zum Wüstenklima ganz angenehm.“ Sie lachte und stimmte ihm zu. Shuiro stierte in den dunkleren Flur und sah, wie sein aktueller Trainingsverweigerer zur Tür kam und ihn ausdruckslos musterte. Es juckte ihm auf der Zunge, ihn in Verlegenheit zu bringen, indem er Temari-sensei alles erzählte, doch er schluckte diesen Drang wieder hinunter. Er war schließlich eher diplomatisch und nicht so ein unbeholfener Quatschkopf wie seine beiden Teamkollegen. Sie starrten sich einen Augenblick an, bis Shikamaru fragte: „Was gibt’s?“ Als ob du dir das nicht denken kannst, du schlechter Schauspieler!, dachte der Junge verdrossen, antwortete aber sachlich: „Können wir draußen reden?“ Sein Blick streifte kurz seine einstige Lehrerin und diese runzelte die Stirn. „Ist mir irgendwas entgangen?“, fragte sie. Ihr Freund ging wortlos an ihr vorbei und die Treppen herunter; Shuiro folgte ihm. --- Die beiden schlenderten einige Minuten schweigend nebeneinander her. „Endlich zur Besinnung gekommen?“, unterbrach Shikamaru die Stille. Der Junge runzelte die Stirn. „Das könnte ich dich genauso fragen.“ „Warum? Du bist schließlich derjenige mit der falschen Einstellung.“ „Und du bist dafür da, um mir die richtige Einstellung beizubringen“, konterte Shuiro und setzte nach: „Was findet Temari-sensei nur an einem durchschnittlichen und langweiligen Typen wie dir? Ich versteh es einfach nicht!“ Keine Ahnung und Woher soll ich das wissen? kam ihm in den Sinn, doch er beschloss, in die Offensive zu gehen. Eine Schocktherapie war manchmal die beste Methode. „Sie ist wohl der Meinung, ich wäre recht gut im Bett“, antwortete er geradeheraus und ließ den Jungen ungesund erröten. Shikamaru hob die Augenbrauen und sah zu ihm, doch Shuiro blickte beschämt zu Boden. „Du hast mich was gefragt und ich hab darauf geantwortet“, sagte er. „Oder hat man dich mit deinen fast vierzehn Jahren immer noch nicht aufgeklärt?“ „Doch, doch“, murmelte er und errötete noch mehr. „Aber so genau wollte ich’s gar nicht wissen.“ „Mit so einer Antwort musst du rechnen, wenn du danach fragst.“ „Aber ich konnte doch nicht wissen, dass …“, stammelte er und fluchte: „Ach, Mist!“ Shikamaru lachte innerlich. So drehte man einen Nachteil erfolgreich zu einem Vorteil. „Und worüber möchtest du reden?“, fragte er und holte Shuiro so gnädigerweise aus seiner Erstarrung. „Du klingelst sicher nicht aus Spaß an anderer Leute Haustüren.“ Der Junge schaute ihn entschlossen an. „Ich möchte, dass du mich wieder trainierst! Alleine komme ich keinen Schritt weiter.“ Seine Antwort überraschte ihn nicht. Mit dem Training war es teilweise wie mit einem Buch: Wenn man es einmal durchgelesen hatte, bot es einem nichts Neues mehr. „Wie schon gesagt“, sagte er, „ich trainiere dich wieder, wenn du mir einen guten Grund gibst. Abenteuerlust ist für mich aber kein guter Grund.“ „Ich geb ja zu, dass ich immer noch Chuunin werden möchte, weil ich mich bei C- und D-Missionen langweile, aber …“ „Aber?“ „Ist es denn so schlimm, wenn man seine Fähigkeiten nicht verkümmern lassen will?“ „Falsche Antwort.“ Aus Shuiros Blick entwich der Mut. „Wäre es dir lieber, wenn ich lügen würde?“, fragte er. „Soll ich mir eine dämliche, sentimentale Geschichte aus den Rippen schneiden?“ „Brauchst du nicht, schließlich bist du kein Charakter in einem klischeebehafteten Shounen-Manga“, meinte Shikamaru trocken. „Und nein, indem du lügst, würdest du alles nur schlimmer machen.“ „Schlimmer als jetzt? Wie soll das denn gehen?“ „Weil ich dann dafür sorgen würde, dass du in diesem Dorf keinen Ersatz für mich bekommst und man dich von der Prüfung ausschließt.“ Die Wut kochte wieder in Shuiros Innerem. „Dann macht dir Temari-sensei die Hölle heiß!“, entgegnete er flapsig. „Glaubst du etwa, das macht sie in letzter Zeit nicht sowieso schon jeden Tag?“ Er lachte ohne eine Spur Belustigung. „Ja, vielleicht wäre sie sauer auf mich, aber irgendwann wird sie dankbar dafür sein, dass ich dich naiven Rotzlöffel nicht in den sicheren Tod geschickt habe.“ „Tse, mir passiert schon nichts.“ Der Junge verschränkte die Arme vor der Brust und setzte eine selbstsichere Miene auf. „Kann schon sein“, sagte Shikamaru, den das Getue überhaupt nicht beeindruckte. „Das Glück ist schließlich mit den Dummen.“ „Ich bin nicht dumm!“ „Das vielleicht nicht, aber du bist unendlich naiv. Und naive Menschen haben in dieser Welt meist nicht so viel Glück.“ „Kannst du auch mal aufhören, in Rätseln zu sprechen?“ „Warum hörst du nicht auf, so begriffsstutzig zu sein?“ Shuiro biss sich verdrossen auf die Unterlippe. „Ich möchte doch nur wissen, was ich tun muss, damit du mich wieder trainierst! Ich bin dreizehn und noch lange kein Erwachsener und darf demnach noch etwas begriffsstutzig sein.“ „Das ist der erste einigermaßen kluge Satz, den du heute von dir gegeben hast.“ „Wirklich?“, fragte er hoffnungsvoll. Shikamaru antwortete nicht und löste so wieder Ernüchterung in ihm aus. Niedergeschlagen schaute er hinunter zu seinen Füßen, die nach wie vor unbewusst einen Schritt nach dem anderen machten. „Mal ’ne andere Frage: Gibt es jemanden, der dir wichtig ist?“ „Ein Mädchen?“, fragte Shuiro. Er seufzte. „Ich meinte eher Menschen, für die du dein Leben riskieren würdest. Gibt es jemanden, der dir das wert ist?“ „Ich denke schon.“ „Und wer ist es?“ Der Junge dachte einen Moment nach und antwortete: „Meine kleine Schwester … und die beiden Chaoten – auch wenn sie manchmal ziemlich doof sein können.“ Er lachte auf. „Klingt das nicht schon eher nach einem vernünftigen Grund, warum du Chuunin werden solltest?“ Shuiro nickte und Shikamaru fuhr fort: „Wenn du niemanden hast, den du beschützen möchtest, hast du schon verloren. Und es hört sich jetzt vielleicht kitschig an – wahrscheinlich ist es das auch –, aber wirklich stark wird man erst, wenn man diesen ganzen Mist für die Menschen macht, die einem etwas bedeuten. Wenn du aber nur aus Spaß kämpfst, wirst du früher oder später unachtsam und so zu einem leichten Ziel.“ Er musterte den Jungen, der ihn wie gebannt anstarrte und setzte nach: „Hast du das begriffen?“ „Absolut!“, antwortete er beeindruckt. „Gut, dann bis morgen früh um acht.“ „Also trainierst du mich wieder?“ „Nein, wir machen einen gemütlichen Waldspaziergang“, sagte er nüchtern. Shuiro schaute erst etwas verdattert drein, jauchzte dann aber vor Freude. In seinen Beinen zuckte es, als wollten sie einen Luftsprung machen, doch diese Kinderei verkniff er sich. „Aber keine Alleingänge mehr, auch wenn dir meine Trainingsmethoden nicht passen sollten.“ „Würde mir nicht im Traum einfallen!“, versprach er, hastete an seinem zurück gewonnenen Lehrer vorbei und schlug die Richtung zur Pension ein. Nach wenigen Metern blieb er allerdings stehen und drehte er sich wieder um. „Eine Frage noch!“ „Hm?“ „Hast du denn jemanden, den du unbedingt beschützen willst?“ Die Frage war gar nicht so dumm. Bis vor einiger Zeit hätte er zu dem Thema wahrscheinlich eine endlos lange Liste mit Personen aufgestellt, die es in seinen Augen wert waren, dass man sich für sie opferte, aber inzwischen war sie auf ein halbes Dutzend Namen gekürzt und davon war gerade einmal die Hälfte in dicken, schwarzen Buchstaben geschrieben. Bevor er antwortete, lachte Shuiro laut los. „Was für eine blöde Frage!“, sagte er. „Ist doch offensichtlich.“ Shikamaru bemerkte nicht, wie sich seine Mundwinkel zu einem kleinen Schmunzeln verzogen. „Findest du?“ „Klar. Temari-sensei und euer Kind. Stimmt’s oder hab ich Recht?“, fragte er und plapperte munter weiter: „Ich an deiner Stelle würde für die beiden jedenfalls mein Bestes geben und mir den Hintern aufrei... Ups.“ Shuiro brach ab, lachte erneut und rannte mit einem flüchtigen Abschiedsgruß los. Shikamaru blickte ihm noch nach, als er längst in der nächsten Querstraße verschwunden war. Gab er denn sein Bestes? Er musste nicht lange überlegen, um zu wissen, dass er es nicht tat. Mühe gab er sich, doch selbst diese war noch ausbaufähig. Ihm fiel eine Bemerkung ein, die seine Mutter vorhin fallen gelassen hatte. Er tat es nicht gern, aber vielleicht war es ja die Lösung seiner Probleme – oder zumindest der erste Schritt dahin. Ein Versuch konnte nicht schaden. Er drehte sich um und schlug den Weg zurück zur Wohnung ein. Der Gedanke an sein Vorhaben beschleunigte seine Schritte. Jetzt wusste er, was er zu tun hatte. Die bequemen, einfachen Jahre seines Lebens waren damit vorbei, aber seine Entscheidung fühlte sich irgendwie ziemlich gut an. ════════════════════════════════════════════════════ Da es mir gesundheitlich eine Weile nicht besonders gut ging, musste diese Geschichte leider pausieren, aber nun wird es erstmal wie gewohnt weitergehen. Entschuldigt bitte die lange Wartezeit! Bei dem Gespräch zwischen Shikamaru und Shuiro hing ich eine ganze Weile fest, aber die Richtung, in die ich es gelenkt habe, ist ganz in Ordnung, denke ich. 8000 Ryo wären momentan etwa 780 Euro (Kishimoto sagte mal, dass 1 Ryo 10 Yen entsprechen) Meine Angaben zu Shikamarus Verdienst sind natürlich rein spekulativ. Es ist natürlich Quatsch, die Finanzen der Narutowelt mit Deutschland gleichzusetzen; ich wollte nur einen kleinen Anhaltspunkt geben, damit man sich ein paar grobe Vorstellungen machen kann. Vielen herzlichen Dank für eure Kommentare und fürs Lesen! =) Kapitel 40: Emotional wie Eiscreme ---------------------------------- Kapitel 40: Emotional wie Eiscreme Temaris Blick war gesenkt, als sie an diesem heißen Julimorgen das Krankenhaus verließ. Normalerweise hatte sie keinen Grund, um Trübsal zu blasen. Dem Baby ging es trotz der enger werdenden Fruchtblase so wunderbar wie ein sich vor Freude im Dreck wälzender Hund; ihre Gynäkologin hatte ihr im Besein von Sakura grünes Licht für die anstehende Reise nach Sunagakure gegeben und den Zuschlag für die gewünschte Wohnung, die ab Mitte August frei war, hatte sie ebenfalls bekommen. So gesehen lief alles bestens – zumindest oberflächlich. Innerlich fühlte sie sich wie eine Flasche mit einem abgestandenen Rest Wasser drin: ein Schluck bis zur vollkommenen Leere. Wie konnte das Leben nur so verdammt glatt laufen und dann wieder nicht? Sie steuerte die nächste Eisdiele an, kaufte sich ihre beiden Lieblingssorten in der Waffeltüte und setzte sich auf den Rasen in den Schatten eines Baumes. Ihr Bauch behinderte sie beim Hinsetzen und der harte Boden war nicht sonderlich bequem, doch momentan hatte sie ein anderes Problem, das solche Kleinigkeiten zur absoluten Nichtigkeit degradierte. Gedankenlos starrte sie vor sich hin, nahm die wenigen vorbeigehenden Passanten kaum wahr. „Dein Eis läuft dir gerade weg.“ Temari sah auf und erblickte Genma, der ein paar Meter von ihr entfernt auf dem Weg stand und auf ihre rechte Hand deutete. Sie fixierte sich auf ihre Waffeltüte und konnte nur zusehen, wie sich ein Klumpen Pfefferminzeis löste und auf ihr T-Shirt tropfte. „Shit!“, fluchte sie und suchte nach etwas, womit sie Schadensbegrenzung betreiben konnte, fand aber nichts und wandte sich hilfesuchend an den Jounin. „Hast du zufällig ein Taschentuch für mich?“ Er zog eine Packung aus eine seiner Westentaschen und reichte ihr eins. „Danke“, murmelte sie, verschmierte den Fleck mit dem Tuch aber nur. „Großartig! Es ist ja nicht so, dass mein Bauch nicht schon genug auffällt …“ Genma legte die Stirn in Falten und sagte nichts. Temari zerknüllte das Taschentuch und ließ es neben sich ins Gras fallen. „Wo hast du eigentlich Koniro und Midori gelassen?“, fragte sie ein wenig besser gelaunt. „Die beiden haben seit einer halben Stunde trainingsfrei, damit sie für die Finalkämpfe gut ausgeruht sind. Ich wollte gerade zu dir und es berichten.“ „Die Mühe hättest du dir aber nicht machen müssen.“ „Wenn du drauf bestehst, kann ich sie auch zurückrufen und bis zur letzten Minute auspowern, damit sie bei der Prüfung vor Erschöpfung umfallen“, scherzte er. Sie lachte. „Nein, du bist ihr Trainer und weißt, was am besten für die Zwei ist.“ „Danke“, stammelte Genma perplex. Sie lächelte und wandte sich wieder dem Fleck auf ihrem Shirt zu, das die klebrige Masse anscheinend mit Freuden wie ein Schwamm aufgesogen hatte. „Das kann ich wohl vergessen“, seufzte sie und biss in das, was von der oberen Kugel noch übriggeblieben war, damit sie sich nicht auch noch ihren Rock einsaute. „Sonst alles in Ordnung bei dir?“, fragte sie anschließend. „Zwei so vorbildliche Schüler sind ein Traum für jeden Lehrer. Also ja, ich kann nicht klagen. Und selbst?“ Temari blickte ihn ein paar Sekunden an und antwortete langsam: „Nun ja, der Kleinen geht’s bestens; eine größere Wohnung haben wir auch gefunden und ab Montag muss ich Yoshino drei Wochen lang nicht sehen.“ „Klingt doch perfekt.“ „So ziemlich, wenn man mal davon absieht, dass Shikamaru sich komisch benimmt.“ „Komisch?“, wiederholte der Jounin. „Nun ja, er ist nur sehr wenig zu Hause und wenn ich mal nicht eins dieser typischen Nullachtfünfzehn-Gespräche mit ihm führen möchte, druckst er herum, als wenn er was vor mir zu verbergen hat.“ Sie lächelte grimmig. „Wenn ich nicht wüsste, dass er von Chemie keine Ahnung hat, müsste ich befürchten, dass er wie der Hauptcharakter aus Breaking Bad heimlich Drogen herstellt, um an Geld zu kommen.“ Genma, der den Vergleich höchst amüsant fand, verkniff sich ein Grinsen. „Geht es euch finanziell denn so schlecht?“ „Nicht so dermaßen schlecht, dass er in einer abgelegenen Hütte im Wald Crystal Meth kochen müsste.“ „Das klingt aber nicht unbedingt berauschend.“ „Wir schwimmen nicht im Geld, aber es geht schon“, erwiderte Temari. „Er ist eben kein gut bezahlter Jounin und ich kann – gehandicapt wie ich bin – in den nächsten Monaten nicht großartig was machen.“ Sie lachte trocken. „Wahrscheinlich könnte ich ohne Hilfe nicht mal wieder aufstehen.“ Automatisch hielt er ihr seine rechte Hand entgegen. Sie griff sie kommentarlos und ließ sich von ihm hochziehen. Ihre linke Braue zuckte. „Siehst du?!“ --- Shuiro rieb sich die Schläfen. Vom vielen Nachdenken tat ihm der Kopf weh, aber wenn er seinen Sensei überwinden wollte, durfte er sich keine Pause gönnen. Er spitzte die Ohren und lauschte. Ein leises Rascheln von links … nein … hinter ihm! Ohne sich umzudrehen sprang er zur Seite und sprintete los. Ein Blick zurück und er wusste, was los war: Ein verformter Schatten verharrte an der Stelle, an der er eben noch gestanden hatte. Aufmerksam sah er sich um und stoppte, als er einen Pfiff hörte – das Zeichen, dass die Übung beendet war. Shikamaru trat in unmittelbarer Nähe hinter einem Baum hervor und der Junge lief zu ihm herüber. „Wie war ich?“, fragte er aufgeregt. „Wirklich gut“, erwiderte sein Lehrer. „Zweieinhalb Stunden einem Chuunin auszuweichen schafft kaum jemand in deinem Alter.“ Shuiros Wangen nahmen fast die Farbe seiner Haare an. Solch ein Lob hatte er noch nie bekommen. „Was üben wir als nächstes?“, wollte er wissen. „Noch ein paar Strategien oder so?“ „Nichts mehr.“ „Wie, nichts mehr?“ „Das war deine letzte Trainingseinheit.“ Der Junge blinzelte ungläubig und protestierte: „Aber das Finale ist doch erst in drei Tagen! Außerdem hast du mich gerade mal eineinhalb Wochen trainiert.“ „Ach, du schaffst das schon“, sagte Shikamaru zuversichtlich. „Du hast, obwohl wir so wenig Zeit hatten, viel gelernt. Deine Gegner können sich schon mal warm anziehen.“ „Glaubst du wirklich, ich hab eine Chance?“ „Natürlich. Du musst das Finale auch nicht mal gewinnen, um Chuunin zu werden. Manchmal reicht es schon, wenn man in einem einzigen Kampf seine Fähigkeiten unter Beweis stellt.“ „Und woher weißt du das?“ „Bei mir war es so, obwohl ich in der ersten Runde rausgeflogen bin“, antwortete er. „Gegen wen hast du denn verloren?“, fragte Shuiro neugierig. Shikamaru schmunzelte. „Ich hab aufgegeben, weil ich keine Lust hatte, und Temari gewinnen lassen. Dummerweise hat man mich trotzdem zum Chuunin ernannt.“ „Du hast Temari-sensei besiegt?!“ Sein Schüler klang, als wäre es das Unmöglichste der Welt. „Aber wie kommt es dann, dass sie schon seit Jahren Jounin ist und du nicht?“ „Ich soll schon seit Jahren zu einem ernannt werden, aber bisher wollte ich das nie“, erklärte er. „Wozu soll man auch unnötige Risiken eingehen, wenn man so ganz gut leben kann?“ Der Junge grinste süffisant. „Mit anderen Worten: Du bist einfach nur zu faul, stimmt’s?“ Shikamaru zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich hänge nun mal an meinem Leben.“ „Na, wer tut das nicht?“ Er scharrte mit den Füßen am Boden, legte einen Stein frei und kickte ihn weg. „Und was mache ich jetzt noch drei Tage lang?“ „Dich ausruhen. Und wehe, ich erwische dich dabei, wie du heimlich trainierst. Dann kannst du dir die Prüfung wirklich abschminken.“ „Hey!“, meinte sein Schüler empört, ruderte im selben Atemzug aber wieder zurück: „Okay, okay, ich rühre keinen Finger mehr.“ „So ist’s brav“, flachste er und wuschelte durch Shuiros Haar. Dieser verzog das Gesicht zu einer Grimasse, sagte aber nichts. „Magst du zum Abschluss vielleicht ein Eis?“, fragte sein Lehrer beschwichtigend. „Klar!“ Der Junge nickte. „Aber nur, wenn du bezahlst!“ --- „Glaubst du nicht, dass du das Ganze vielleicht ein wenig zu schwarz siehst?“, fragte Genma, als die beiden auf einer freien Bank Platz genommen hatten. „Das Training von Shuiro nimmt sicher sehr viel Zeit in Anspruch.“ „Das wäre zumindest eine Erklärung für sein Wegbleiben“, sagte Temari, „aber warum er mir ausweicht, verstehe ich immer noch nicht.“ „Und wenn es beim Training Probleme gibt?!“ Sie schüttelte den Kopf. „Shuiro kommt jeden Morgen hoch motiviert bei uns vorbei, um ihn abzuholen. Die Zwei verstehen sich blendend.“ „Hmm … Hast du schon mal daran gedacht, dass er vielleicht Torschlusspanik haben könnte?“ Fragend hob sie die Augenbrauen. „Ich meine, wie lange ist es noch bis zur Geburt? Drei Monate sind nicht unbedingt eine lange Zeit.“ „Du denkst, er geht auf Abstand, weil er sich der Sache nicht gewachsen fühlt?“ „Wäre das nicht möglich?“ „Schon, aber ich glaube nicht, dass es das ist. Bisher hat er auf mich immer einen gefassten Eindruck gemacht, wenn es ums Baby ging. Wenn er mir in dem Punkt etwas vormachen würde, hätte ich es bestimmt gemerkt.“ Genma schwieg. „Vielleicht hat er sich doch eine zweite Freundin angelacht“, setzte Temari nach. „Monogamie ist heutzutage bei vielen ja nicht mehr so angesagt.“ „Glaubst du wirklich, dass er das tun würde?“ „Das ist in etwa so wahrscheinlich wie das mit dem geheimen Drogenlabor“, antwortete sie nüchtern. „Und worüber zerbrichst du dir dann den Kopf?“ --- Shuiro saß im Gras, kühlte seine Füße im Bach ab und schaufelte ein Löffel Pistazieneis nach dem anderen in sich hinein. „Warum hast du dir keins gekauft?“, fragte er schmatzend. „Ich bin einfach kein Eisesser“, entgegnete Shikamaru knapp. „Dabei gibt es an einem heißen Sommertag doch nichts Besseres!“ Schweigend beobachtete sein Lehrer weiterhin die Blätter der Linde, die in der sanften Brise hin und her wogen. „Wird es irgendwann nicht langweilig, ständig in den Himmel zu starren?“ „Nur wenn wie heute keine Wolken zu sehen sind. Aber Bäume tun es zur Not auch“, erwiderte er. „Manchmal hilft es auch, einen klaren Kopf zu bekommen.“ Der Junge grinste. „Dann sollte ich vielleicht auch damit anfangen.“ „Aber übertreib es nicht. Sonst denken die Leute noch, du wärst faul.“ „So wie die meisten über dich?“ Er zuckte mit den Schultern. „Faul würde ich dich nicht nennen, aber gemütlich.“ Shuiro nahm den letzten Bissen und zerdrückte den Pappbecher in der Faust. „Auf jeden Fall ergänzt du Temari-sensei ganz gut. So ein Ruhepol wie du kann ihr nur gut tun.“ Shikamaru erwiderte nichts. Wenn das sogar ein Halbwüchsiger so sah, musste wohl etwas Wahres dran sein. „Gibt es ein Mädchen, das du magst?“, fragte er dann. Sein Schüler drehte sich perplex zu ihm um und schüttelte den Kopf. „Mädchen interessieren mich überhaupt nicht!“, sagte er in einem Ton, als müsste er sich verteidigen. „Dachte ich mir.“ Er riss sich vom Anblick der Blätter los und schaute den Jungen an. „Ich war in deinem Alter genauso. Aber wenn die Hormone irgendwann die Überhand gewinnen – und das werden sie –, widersteh ihnen so lange es geht.“ Shikamaru schmunzelte. „Ansonsten endest du vielleicht so wie ich.“ Shuiro lachte. „Na, so schlecht wäre das doch nicht. Du gibst trotz des Alters sicher ’nen guten Vater ab.“ „Meinst du?“ „Klar! Warum auch nicht?“ „Weil du mich anfangs für einen dummen Nichtsnutz gehalten hast?“ „Nein, ich …“, stammelte er los, entschied sich aber gegen eine dumme Ausrede. „Irren ist menschlich! Ich wollte halt unbedingt Chuunin werden und war wohl ein bisschen … na ja, übereifrig!“ „Ein bisschen?“ „Dann eben sehr übereifrig.“ Der Junge zog eine neckische Grimasse und zielte auf den Mülleimer, der in der Nähe stand. „Ich könnte mir aber auf keinen Fall vorstellen, mit zwanzig schon Vater zu sein.“ Er warf, doch das Pappknäuel prallte von der Kante ab. „Mist!“ Shuiro hob es auf und beförderte es auf dem herkömmlichen Weg in den Müll. „So früh Vater … An die Verantwortung möchte ich nicht mal denken.“ Ich auch nicht, dachte er, sagte aber stattdessen: „Dann mach’s einfach besser als ich.“ Sein Schüler lachte über die Bemerkung und fragte: „Wie ist es eigentlich passiert? Ich meine, Temari-sensei kam mir immer so verantwortungsbewusst und klug vor und du wirkst auf mich auch nicht gerade wie auf den Kopf gefallen. Also ich möchte jetzt keine Details hören …“ „Mit deiner Aufklärung scheint es trotzdem nicht weit her zu sein“, bemerkte Shikamaru und fragte scherzhaft: „Sicher, dass du keine Einzelheiten wissen möchtest?“ Shuiro lief ein kalter Schauer über den Rücken. „Bloß nicht!“ --- Temari schwieg eine Weile und antwortete dann: „Keine Ahnung, vielleicht hab ich auch nur zu viel Freizeit. Schlimm, wenn man plötzlich so viel Zeit zum Nachdenken hat.“ „Ich hätte nichts dagegen, wenn wir eine Weile tauschen würden“, sagte Genma heiter. „Ich arbeite schon ein Dreivierteljahr durch und bin echt urlaubsreif.“ „Ich glaube nicht, dass du das wirklich möchtest“, meinte sie schmunzelnd. „Ich merke nämlich langsam die ersten, schwangerschaftsbedingten Zipperlein. Stell dir mal vor, du setzt dich irgendwo hin, kommst alleine nicht mehr hoch und musst darauf warten, dass dir jemand hilft. Das ist deprimierender als eine Zehn-Stunden-Schicht.“ Über das Gesicht des Jounin huschte ein Grinsen. „Dann hab ich es im Gegensatz zu dir wohl gut, oder?“ „Spätestens seitdem ich im letzten Drittel bin. Ich bin langsam reif für die Geburt.“ --- „Du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet“, drängte Shuiro. „Dafür, dass dir das Thema anscheinend so peinlich ist, bist du aber ganz schön hartnäckig.“ „Ich bin ein neugieriger Teenager“, antwortete er nüchtern. „Also, wie ist es nun passiert?“ Eine Verkettung unglücklicher Zufälle, kam es Shikamaru spontan in den Sinn. Aber diese Definition war Mist, selbst wenn sie irgendwie stimmte. „Es ist einfach dumm gelaufen. Zur falschen Zeit am falschen Ort, könnte man sagen.“ „Klingt so, als hätte Murphy’s Law wohl voll bei euch zugeschlagen, was?“ „So in etwa“, sagte er tonlos. Shuiro runzelte die Stirn. „Sag mal, freust du dich eigentlich auf das Kind?“, fragte er. „Bei Temari-sensei ist es offensichtlich – sie redet ja von fast nichts anderem –, aber …“ Er verstummte und warf seinem Lehrer einen raschen Blick zu. „Ich weiß noch, als meine Schwester vor sechs Jahren unterwegs war. Meine Eltern waren fast die ganze Zeit vor Freude nicht zu halten.“ Shikamaru musterte seinen Schüler. „Wie alt war dein Vater, als deine Schwester geboren wurde?“ Er überlegte und antwortete: „Dreiunddreißig.“ „Dann war er bei dir ungefähr sechsundzwanzig“, legte er fest. „Und wie alt bin ich? Ein kleiner Unterschied, oder? Aber ja, ich freue mich, auch wenn ich es emotional nicht jedem so mitteilen muss wie Temari. Ist einfach nicht so mein Ding.“ „Genauso wie Eiscreme“, sagte Shuiro und lachte. ════════════════════════════════════════════════════ Nach über zwei Monaten Pause schaffe ich es jetzt doch mal wieder, ein Kapitel zu posten. Leider werden längere Durststrecken in Zukunft nicht ausbleiben, da ich Ende März selbst Mama werde und mein Sohn natürlich absolute Priorität hat. (Was aber ja nicht heißt, dass ich nie wieder zum Schreiben kommen werde.) Bis dahin werde ich aber versuchen, noch so viele Kapitel wie möglich vorzuschreiben. Des Weiteren werde ich bei Bedarf die neue, direkte Antwortfunktion unter den einzelnen Kommentaren nutzen (und auf die Weise auch noch alle beantworten, die ich beim letzten Kapitel bekommen habe). Wer also brennend eine Antwort von mir lesen möchte, sollte von nun an dort vorbeischauen. :D Vielen Dank für eure Geduld und fürs Lesen. :) Kapitel 41: Schweigen ist nicht immer Gold ------------------------------------------ Kapitel 41: Schweigen ist nicht immer Gold „Was wollen wir denn hier?“ Shuiros Blick wanderte über das große Gebäude, in dem er erst einmal gewesen war. Es beeindruckte ihn noch immer, auch wenn nicht auf so imposante Weise wie der Hauptsitz des Kazekage. „Wir?“, argwöhnte Shikamaru. „Nichts. Du kannst zurück zur Pension gehen und brauchst mir nicht mehr wie ein treudoofer Dackel hinterherlaufen.“ „Ich mag Hunde“, spaßte der Junge, dachte aber nicht daran, zu gehen. „Okay, was willst du dann hier?“ „Geht dich das denn was an?“ „Ich bin immerhin dein bester Schüler!“ Er grinste. „Mein einziger Schüler“, ergänzte er. „Aber okay.“ Gespannt blickte Shuiro seinen Lehrer an. „Die Chuunin-Prüfung ist für mich gelaufen. Ich muss dafür sorgen, dass weiter Geld in mein Portmonee fließt.“ Enttäuschung machte sich im Gesicht seines Schülers breit. „Wirklich? Ich dachte, du wärst wie die letzten Male Schiedsrichter!“ „Könnte man einem Schiedsrichter nicht Parteilichkeit vorwerfen, wenn sein naseweiser Schüler im Ring steht?“, erwiderte Shikamaru. „Denk mal drüber nach.“ Der Junge zog eine beleidigte Miene. „Wahrscheinlich warst du einfach nur zu schlecht.“ „So schlecht wie du im Kontern war ich als Schiri jedenfalls nicht.“ Über diesen Spruch ärgerte Shuiro sich noch mehr, doch diesmal sagte er nichts. „An deiner Gelassenheit musst du noch arbeiten. Du lässt dich immer noch zu schnell anstacheln, auch wenn du eigentlich wissen müsstest, dass es nicht ernst gemeint ist“, meinte er. „Aber diese Eigenschaft scheinen alle in Suna zu haben. Mit Ausnahme von Gaara.“ „Kennst du Kazekage-sama gut?“ „Fast schon zu gut.“ „Wie?“ „Er hat mich beinahe abgemurkst.“ Der Junge kicherte. „Hat er dich und Temari-sensei beim Knutschen erwischt?“ „Nein, er hatte einfach nur ein paar psychopathische Gedanken und Lust, jemanden ins Jenseits zu schicken“, fuhr Shikamaru trocken fort. „Zum Glück haben zwei andere vor mir seinen Weg gekreuzt.“ „Ach, er hat’s sicher nicht so gemeint.“ Sein Lehrer runzelte die Stirn. „Wenn du das sagst … Und nun hau schon ab!“ „Nur wenn du mir versprichst, dass du beim Finale im Stadion bist und zuguckst!“ „Nichts leichter als das. Temari wird schon dafür sorgen, dass ich ihre Lieblingsschüler auch anfeuere.“ Er lächelte schief. „Weißt du, sie hat ein paar sehr überzeugende Argumente.“ „Eine Bratpfanne?“ „Nein, aber ihr übergroßer Fächer parallel zu meinem Schädel tut’s auch.“ Shuiro lachte schallend. --- „Du willst immer noch was?“, kreischte Yoshino hysterisch. Und wieder dieselbe Leier … Als ob der Zoff vor gut zwei Wochen nicht ausgereicht hätte, nein, sie musste gleich noch mal von vorne anfangen. „Ganz recht. Am Montag geht’s trotzdem nach Suna!“, sagte Temari selbstsicher. Das Gespräch mit Genma hatte sie so positiv gestimmt, dass sie das Gefühl hatte, sie könnte Berge mit einem Fingerschnipsen spalten – und ihrer Schwiegermutter die Meinung geigen erst recht. Und wenn sie mit ihr fertig war, ging es dem Herrn der Schöpfung an den Kragen. Ihn presste sie in ein paar Stunden so aus wie eine Orange. Geheimnistuerei ade! „Wie kannst du nur so wahnsinnig sein?“ Die Frau war so aufgebracht, dass ihre Augen leicht aus den Höhlen hervortraten. „Du bist im siebten Monat schwanger und kannst nicht so eine beschwerliche Reise auf dich nehmen.“ „Ich kann und ich werde auch und es ist mir scheißegal, was du oder andere davon halten.“ „Willst du zur Mörderin werden? Das ist dein Kind!“ Ja, immer her mit der Moralkeule! Schön gewürzt mit ein paar Beschuldigungen schmeckte sie doch am allerbesten. „Ach, ich hab schon einem guten Dutzend Leuten die Kehle aufgeschlitzt, da macht einer mehr auf meiner Todesliste auch keinen Unterschied.“ Gelassen winkte sie ab und wartete auf Yoshinos Reaktion. Ihr entsetztes Schweigen war ganz nach ihrem Geschmack und als die Frau aufstand und ging, wusste sie, dass sie dieses Duell gewonnen hatte. Fehlte nur noch die letzte Trotzreaktion. „Glaub ja nicht, dass ich zulasse, wie du mit meinem Enkelkind auch nur einen Fuß vor die Tore dieses Dorfes setzt!“, schrie ihr Lieblingshausdrachen im Flur. „Oh ja, versuch doch, mich aufzuhalten!“, rief sie zurück. „Willst du mich hinterrücks überfallen und fesseln? Ich glaube nicht, dass das deiner Schnutzi-Putzi-Enkelin besonders gefallen würde, solange sie noch in ihrer inzwischen schlecht gepolsterten Fruchtblase festsitzt.“ „Du wirst ja sehen!“ Die Tür schlug mit einem lauten Knall zu, dann war es still. Temari fühlte sich, wie sich der Sieger nach dreieinhalbtausend Kilometern Tour de France fühlen musste: Ausgelaugt, aber großartig. --- Shikamaru lehnte im obersten Stock an der Wand. Er starrte auf die Tür vor ihm, hinter der seit einer Weile leises Gemurmel zu hören war. Eigentlich hatte er keine große Lust, nach diesem langen Tag so blöd in der Gegend herumzustehen, geschweige denn, diesen einen Schritt zu tun, der sein Leben noch anstrengender machen würde, als es ohnehin bald war. Er schloss die Augen und stellte sich vor, wie er sich wieder aus dem Staub machte. Zu gerne hätte er dieser Vorstellung nachgegeben, doch er hielt ihr mühelos stand. Er war kein kleiner Teenager mehr, der sich am liebsten vor allem drückte, auch wenn er sich manchmal diese Zeiten zurückwünschte. So wie jetzt. Die Tür knarrte, als sie aufging, und ein Jounin, den er nur vom Sehen kannte, verließ das Zimmer. Sie grüßten sich flüchtig, dann galt Shikamarus Aufmerksamkeit wieder dem dunkelbraunen Holz der Tür. Er trat vor und klopfte an. Zweimal. Dreimal. --- Das geöffnete Buch rutschte von ihrem Bauch, als sie sich im Schlaf auf die Seite drehte, und schlug mit einem dumpfen Geräusch auf dem Teppich auf. Temari blinzelte kurz, resignierte und schlief weiter – oder zumindest hatte sie das vor, doch ihre Tochter verpasste ihr ein paar deftige Tritte und ihr Unterleib begann unangenehm zu pochen. Sie legte sich wieder auf den Rücken, hielt es in dieser Position aber nicht lange aus. Ihr Steißbein, ihr Nacken, ihre komplette Rückseite tat tierisch weh. So musste sich eine alte Frau nach fünfundzwanzig Jahren Fließbandarbeit fühlen. Sie ertappte sich dabei, wie sie diese Schwangerschaft zum ersten Mal so richtig verfluchte. Es reichte ja nicht, dass es sie mit jedem Tag mehr in der Bewegung einschränkte, nein, die einzig bequeme Schlafposition war der werten Dame auch nicht recht. Was, verdammt, hatte dieses Kind nur gegen die Seitenlage, wenn es oben und unten ohnehin nicht unterscheiden konnte? Temari setzte sich auf und beugte sich nach vorne. Sie konnte den Fußboden gerade noch mit den Fingerspitzen berühren, ohne dass es schmerzhaft auf ihren Bauch drückte. Ihr Blick fiel auf das heruntergefallene Buch. Sie hob es auf, musterte das Cover und bekam unweigerlich Mitleid mit der schwangeren Hauptprotagonistin. Wenn sie sich jetzt schon so beklagte, was sollte dann erst Fran Goldsmith in dieser grausamen, entvölkerten Welt, fern der Annehmlichkeiten der modernen Zivilisation, sagen? Ja, im Gegensatz zu ihr hatte Temari wirklich nichts zu meckern. Andererseits war sie aber auch nicht wie Fran ein fiktiver Charakter in einem Roman. Gab es ihr dann nicht doch das Recht, sich zu beschweren? Na ja, es war eben nicht einfach, wenn man plötzlich so eingeschränkt war. Besonders, wenn man vorher so flink und wendig wie ein Wiesel gewesen ist. Apropos Wiesel: Was Kamatari jetzt wohl machte? Seit Monaten hatte sie an ihren treuesten Gefährten seit Kindheitstagen nicht einmal gedacht. Sie schämte sich ein wenig und hatte durchaus Verständnis dafür, wenn er ihr bei ihrer Ankunft in Sunagakure zur Begrüßung eine seiner Sicheln entgegenpfefferte. Die Wohnungstür fiel ins Schloss und Temari sah auf. Ihre Krawallbereitschaft hatte sich verzogen und sie war nur noch eine schwangere Frau unter vielen, die froh war, dass ihr Freund nach zehnstündiger Abwesenheit endlich zu Hause war. Shikamaru ließ den Wohnungsschlüssel auf die Ablage fallen und blieb im Türrahmen stehen. Seine Freundin runzelte die Stirn und fragte: „Was ist denn mit dir los?“ Dies löste ihn aus seiner Erstarrung. „Nichts weiter“, antwortete er beiläufig, setzte sich zu ihr auf die Couch und griff nach der Fernbedienung. „Ich bin nur jetzt Jounin.“ Er schaltete die Flimmerkiste an und setzte nach: „Was gibt’s zu essen?“ Temari musterte ihn fassungslos von der Seite. „Du bist was?“, fragte sie langsam. „Ich hab der Ernennung zum Jounin zugestimmt.“ Er starrte weiter auf den Fernsehbildschirm. „Ich dachte, ich geb endlich nach, bevor mich die da oben noch die nächsten Jahrzehnte damit nerven.“ Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. Eigentlich sollte sie sich darüber freuen, doch das tat sie nicht. „Und wie sieht’s mit der Wahrheit aus?“, fragte sie ernst. „Das ist die Wahrheit!“ „Ach, bitte! Ich weiß, dass es dir scheißegal ist, was für eine Karriere andere für dich vorgesehen haben.“ „Und?“ Sein gleichgültige Reaktion und dass er sie so offensichtlich anlog, regte sie auf. „Du hast tausend Mal betont, dass du niemals Jounin werden möchtest“, sagte sie und schaffte es kaum, nicht die Beherrschung zu verlieren. „Also warum hast du deine Meinung so plötzlich geändert? Und wag es ja nicht, mich anzulügen!“ Er wandte sich um und schaute sie ausdruckslos an. „Wenn du nicht mal mit mir darüber reden kannst, mit wem dann?“ Shikamarus antwortete wieder nicht, senkte aber den Blick, der nun auf ihrem deutlich gerundeten Bauch lag. Der Dreh- und Angelpunkt in dieser Geschichte. Temari überschlug die Beine – wenigstens etwas, das noch einigermaßen funktionierte – und lehnte sich zurück. Wie sollte sie ihn bloß zum Reden bringen? „Wenn du ’ne andere hast, sag’s gleich und erspar mir weitere Rätseleinlagen“, sagte sie plötzlich. „Red keinen Stuss“, antwortete er im Affekt. „Das muss ich ja anscheinend, da du sonst nicht mit mir redest!“ Ihr Freund schwieg und setzte die Situation somit wieder auf den Nullpunkt zurück. „Großartig!“ Sie stand auf und hetzte in den Flur. „Wo willst du hin?“, rief er ihr nach. „Ich brauch ein bisschen frische Luft. Die Atmosphäre hier macht mich krank!“ Lautstark warf sie die Tür hinter sich zu. --- Kakashi blickte auf und auf seiner Maske zeichnete sich ein Lächeln ab. „Shikamaru“, begann er, „wie läuft das Training mit dem Jungen?“ „Ziemlich gut“, erwiderte er. „Er hat auf jeden Fall das Zeug zum Chuunin.“ Er lächelte wohlwollend und fragte sachlich: „Aber du bist bestimmt nicht hier, um mir das zu sagen, oder?“ Ein längeres Schweigen trat ein, bis Shikamaru antwortete: „Ich möchte der Ernennung zum Jounin zustimmen.“ Ihm schien, dass sich auf dem sichtbaren Teil von Kakashis Gesicht ein Hauch Verblüffung ausbreitete. „Bist du sicher, dass du das möchtest?“ „Noch sicherer geht nicht.“ Er hielt dem forschende Blick des Hokage stand. Eine Schwachstelle, die ihn veranlasste, ihn mit weiteren Fragen zu nerven, konnte er heute vergeblich bei ihm suchen. Kakashi nickte, zog aus dem Regal hinter ihm einen Ordner und schlug ihn auf. Er fand das erforderliche Dokument auf Anhieb, heftete es aus und schob es umgedreht an die Tischkante. „Dann bitte ich dich, hier zu unterschreiben.“ Shikamaru nahm einen Kugelschreiber vom Tisch und setzte ohne zu zögern seine Unterschrift. Kakashi zeichnete gegen und heftete es in einen anderen, noch viel dickeren Ordner. „Es freut mich natürlich, dass du dich umentschieden hast“, fuhr er fort, „aber es überrascht mich doch ein wenig.“ Er legte den Stift zurück und zuckte mit den Schultern. --- Temari stützte sich vor der Wohnung aufs Geländer und starrte auf den vier Meter unter ihr liegenden Weg. Sie atmete tief durch, in der Hoffnung, dass die Luft wirklich etwas bewirkte, doch sie fühlte sich keinen Deut besser. Natürlich gab ihr seine Verschlossenheit das Recht, wütend zu sein, aber sie hatte definitiv überreagiert. Wieder einmal. Sie hörte, wie die Wohnungstür geöffnet und geschlossen wurde, wandte sich aber nicht um. „Ich hab das nicht für mich, sondern für euch getan“, durchbrach Shikamaru nach einer Weile die Stille. „Für uns?“, wiederholte sie tonlos. „Was haben wir denn davon, wenn du auf einer A- oder S-Mission draufgehst?“ „Theoretisch kann man auf jeder Mission umkommen“, sagte er. „Die Wahrscheinlichkeit ist nur geringer.“ „Ein schwacher Trost.“ Er lehnte sich in ihrer Nähe an die Brüstung und warf seiner Freundin einen Seitenblick zu. Temari erwiderte ihn nicht und blickte weiter starr hinunter. „Versteh doch“, setzte er an und suchte nach einer passenden Erklärung. „Ich bin auch nicht unbedingt scharf drauf, aber wir brauchen das Geld.“ Mist, wo war die Rückspultaste, wenn man sie brauchte? „Geld, Geld, Geld … Wenn ich das schon höre!“, zischte sie ärgerlich. „Du weißt doch selbst, dass man als Chuunin dauerhaft nicht genug verdient, um –“ „Verdammt noch mal!“, fuhr sie ihn an. „Ein Kind braucht kein Leben im Überfluss, sondern Liebe!“ Ihre Hände verkrampften sich um das Geländer. „Ein Vater ist wichtiger als haufenweise Spielzeug und Markenklamotten!“ „Es geht mir nicht um Bauklötze, Plüschtiere und drei dämliche Streifen.“ „Und worum dann bitteschön?“ Shikamaru zögerte. Sollte er ihr seine Beweggründe wirklich sagen? Aber wenn er es nicht tat, verschlimmerte er die Situation nur … „Hast du eigentlich eine Ahnung davon, wie sehr mich die Vorstellung, dass ich nicht allein für dich und das Baby sorgen kann, unter Druck setzt?“ Erneut biss sie auf ihrer Unterlippe herum. „Wie soll ich die haben, wenn du nicht mit mir redest?“ „Ich dachte, ich bekomme das Ganze alleine auf die Reihe und wollte dich nicht damit belasten.“ „Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht vorhabe, für den Rest meines Lebens zu Hause zu hocken. Sobald die Kleine aus dem Gröbsten raus ist, werde ich –“ „Ich will aber nicht, dass du gezwungen bist, arbeiten zu gehen, weil ich nicht genug verdiene“, sagte er entschlossen. „Ob ich was dazuverdienen möchte, ist ganz allein meine Sache“, entgegnete sie und seufzte. „Ich möchte doch nicht mehr, als das unsere Tochter einen Vater hat, der sich liebevoll um sie kümmert …“ Sie stockte einen Moment. „Verdammt, ich will nicht, dass du auf gefährlichere Missionen gehst! Und noch weniger möchte ich, dass unser Kind ohne Vater aufwachsen muss.“ „Hältst du mich wirklich für so schwach? Denkst du ernsthaft, ich gehe bei der nächsten Mission drauf?“ Temari schüttelte den Kopf. „Das nicht, aber ich will dich nicht verlieren, weil du einen Auftrag annehmen musst, nur um uns ein übermäßig gutes Leben bieten zu können!“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern und plötzlich wurde ihm bewusst, dass sie weinte. „Alles in Ordnung?“, fragte Shikamaru. Irgendwie fühlte er sich ziemlich hilflos. „Klar“, murmelte sie erstickt, „wie könnte es mir mit den Aussichten nicht bestens gehen?“ Wortlos legte er seinen Arm um ihre Schulter und zog sie an sich. ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 42: Nur ein bisschen Egoismus ------------------------------------- Kapitel 42: Nur ein bisschen Egoismus Der Geruch staubiger Erde stieg Shuiro in die Nase. Er schmeckte den widerlich metallischen Geschmack seines Blutes, schaffte es aber nicht, es auszuspucken. Vier Kämpfe hatte er heute hinter sich gebracht und nun war er am Ende seiner Kräfte. Und das ausgerechnet im entscheidendem Finalkampf. Das Leben konnte so ungerecht sein … Der Junge schloss die Augen und wartete auf den letzten Tritt oder Schlag seines Gegners – ein etwa sechzehnjähriger Bengel aus Konoha, dem jeder zujubelte –, hörte aber stattdessen, wie der Schiedsrichter das Duell beendete. Nun war er offiziell Zweiter, Gewinner der undankbaren Silbermedaille … „Meine Güte, dieser Artikel ist ganz schön aufgeblasen“, sagte Temari und klappte die Zeitung zu. „Dabei ist es doch wirklich keine Schande, gegen Konohamaru zu verlieren.“ „Patriotismus“, bemerkte Shikamaru. „Du weißt ja, wie die Leute sind, wenn jemand aus den eigenen Reihen antritt – besonders, wenn es der Enkel des dritten Hokage ist.“ „Wenn es nach mir geht, sollte immer der Bessere gewinnen – egal, wo er herkommt.“ „Denkst du das auch noch, wenn du einem Shinobi über den Weg läufst, der dir überlegen ist und dich abmurksen will?“ „Klar, ich würde ihm meine Kehle auf einem Silbertablett präsentieren“, konterte sie trocken und musterte das Farbfoto der Finalisten auf dem Titelblatt. Beide Jungs schauten lädiert in die Kamera; Konohamaru mit einem echten Lächeln, Shuiro mit einem gezwungenem. „Schade, dass Konohamaru der Bessere war“, setzte sie ernüchtert nach. „Er wird trotzdem Chuunin“, erwiderte ihr Freund. „Eure Ratsvertreter wären jedenfalls ziemlich dumm, wenn sie es nicht tun würden.“ „Allerdings. Aber bei denen ist ja alles möglich“, sagte sie humorlos. „Sei froh, dass das nicht mehr dein Problem ist.“ „Ach, hier gibt’s doch auch genügend verschrobene alte Knacker. Der Rat in beiden Ländern müsste mal komplett neu besetzt werden.“ Shikamaru erwiderte nichts. Aus Politikfragen hielt er sich gerne heraus. „Fertig?“, fragte er stattdessen. „Wenn wir noch länger trödeln, dürfen wir heute Nacht im Wald schlafen.“ „Irgendwann müssen wir das ja sowieso“, sagte Temari achselzuckend, stand aber auf. „Wer begleitet uns eigentlich noch außer Sakura?“ „Naruto und Sai.“ Sie zog eine Miene, die von purer Begeisterung sprach. „Naruto?“, fragte sie. „Ernsthaft?“ Er griente belustigt. „Was hast du denn gegen den größten Helden, den unser Dorf zu bieten hat?“ „Vielleicht hat er in glorreichster Shounen-Manga-Manier die Welt vor ein paar Wahnsinnigen gerettet, aber an seiner nervig-naiven Art hat sich nichts geändert.“ „Dafür findest du weit und breit kaum einen besseren Aufpasser als ihn.“ „Ich glaube, ihr drei würdet auch ohne ihn ziemlich gut auf mich aufpassen.“ „Ziemlich gut reicht mir aber nicht“, legte er fest. „Naruto kommt mit oder du bleibst hier.“ In ihrem Gesicht breitete sich Entsetzen gepaart mit ein paar Wutfalten aus, doch dann überlegte sie es sich anders und kniff nur verdrossen den Mund zusammen. „Du hast diese Reise angezettelt und musst demzufolge auch mit den Konsequenzen leben.“ Sie schaffte es gerade noch, nicht laut loszulachen. Vom Anzetteln mit Konsequenzen hatte nicht nur sie große Ahnung. Aber den Spruch behielt sie lieber für sich, da er sich gerade erst von seiner Krise erholte. „Okay, okay“, lenkte sie ein, „schaden kann es ja nicht, wenn er mitkommt.“ Zumindest nicht physisch, setzte sie in Gedanken nach. --- Am Haupttor wachte Izumo mit auf dem Tisch gekreuzten Füßen und grinste. „Da sehen wir uns mal eineinhalb Wochen nicht und schon sieht es aus, als wäre dein Kind um das Doppelte gewachsen!“, begrüßte er sie. „Sicher, dass es keine Zwillinge werden?“ Shikamaru sah, dass der Chuunin ihm anerkennend zuzwinkerte, und seine Laune fiel noch weiter in den Keller. Ja, eine Frau zu schwängern war eine großartige Leistung! Deshalb war ja auch jeder Trottel dazu in der Lage … „Ganz sicher. Bei mehr als einem bin ich nämlich leider gezwungen, Harakiri zu begehen!“, scherzte sie und lachte. Ihrem Freund machte die Aussicht auf ein einziges Kind diesen Gedanken schon schmackhaft. Zumindest für ein paar Sekunden, bis ihm einfiel, dass er seine Lieblingskrise auf eine Weltreise ohne Wiederkehr geschickt hatte. Jetzt musste er nur noch ihre abartigen Hinterlassenschaften beseitigen. Izumo lachte kurz auf und fragte ernsthafter: „Mutest du dir mit der Reise auch nicht zu viel zu?“ „Ich bin fit, Sakura und noch zwei weitere Aufpasser kommen mit … Es kann nichts schief gehen!“, sagte sie optimistisch. „Hab’s schon gehört. Naruto läuft schon seit Stunden wie ein aufgescheuchtes Huhn durchs Dorf und posaunt herum, dass er eine wichtige Mission nach Sunagakure machen darf.“ Der Chuunin grinste erneut und setzte nach: „Du glaubst gar nicht, wie froh Kakashi-sama ist, dass er ihn erstmal einige Tage los ist. Er soll wohl schon seit Wochen mehrmals täglich bei ihm aufkreuzen, weil ihm so langweilig ist.“ „Warum hat er ihm dann keinen Genin zum Trainieren zugeteilt?“ „Hältst du das wirklich für ’ne gute Idee?“ Izumo zog die Augenbrauen hoch und schmunzelte. „Na ja, das eine oder andere Sexy-no-Jutsu hätte bestimmt Verwirrung gestiftet.“ Shikamaru schlug sich gedanklich die Hand gegen die Stirn. Mit Sakura in der Gruppe wurden solche Sinnlos-Gespräche garantiert zur Normalität und er selbst konnte in die Röhre schauen, da man mit Naruto und Sai keine vernünftigen Unterhaltungen führen konnte. Nun ja, falls er großen Redebedarf hatte, konnte er sich wieder Asuma einbilden – und sich danach in die nächste Irrenanstalt einliefern lassen. Um dem Geflachse zwischen seiner Freundin und Izumo nicht weiter zuhören zu müssen, schaute er in den Himmel und schaltete seine Ohren auf Durchzug, was ziemlich gut klappte, bis ein lautes Durcheinander von Stimmen ihn zurückholte. Das ehemalige Team Kakashi war eingetrudelt. „Mensch, du hast ja ganz schön zugenommen!“, merkte Naruto an und fing sich gleich einen Ellbogenstoß seitens Sakura zwischen die Rippen ein. „Wäre mir nie aufgefallen“, erwiderte Temari sarkastisch. „Naruto, sei nicht immer so unsensibel!“, tadelte ihn seine Teamkollegin. „Du müsstest doch inzwischen wissen, dass sie schwanger ist.“ „Ich kann mir doch nicht alles merken“, sagte er und wandte sich wieder an die werdende Mutter. „Wie hast du denn das geschafft?“ „Durch Luftbestäubung.“ „Ach, das geht?“ Ein erneuter Rippenstoß. „Au! Wofür war das jetzt wieder?“ „Für deine blöde Fragerei“, entgegnete Sakura. „Natürlich kann man nicht durch Luftbestäubung schwanger werden.“ „Aber sie hat’s doch gesagt!“ „Das nennt man wohl Sarkasmus“, bemerkte Sai trocken. Naruto zog eine Grimasse, sparte sich aber einen Spruch in seine Richtung. „Okay, kann’s dann losgehen oder wollt ihr hier Wurzeln schlagen?“ Auffordernd schaute er in die Runde. „Bist du bereit, Temari, oder brauchst du noch ein paar Minuten?“ Sakura musterte ihre Freundin genau, damit ihr auch ja nicht das kleinste Anzeichen von Schwäche entging. „Klar, ich bin ja nicht aus Zucker.“ Sie lächelte schief und ging los. Sai hatte in seinem Leben kaum ein Lächeln gesehen, das aufgesetzter gewesen wäre. --- Als sie das Dorf verlassen hatten, ließ Temari sich hinter Sakuras Team fallen und warf einen prüfenden Blick zurück zum Haupttor. „Wartest du noch auf jemanden?“, fragte Shikamaru beiläufig. „Mehr oder weniger“, sagte sie. „Deine Mutter hat mir schließlich angedroht, dass sie mich von der Reise abhält.“ „Du kennst sie doch. Viel Gerede, nichts dahinter.“ „Dein Vater hat ihr wohl ins Gewissen geredet, oder?“ „Wahrscheinlich.“ Sie wandte sich vom Tor ab und schaute wieder nach vorne. „Gut, dass du eher nach deinem Vater kommst. Sonst wären wir wohl keine Freunde geworden.“ Er erwiderte nichts, doch das verdruckste Lachen seiner Freundin verpasste seiner schlechten Laune einen gehörigen Tritt. Vielleicht wurde diese Reise doch nicht so schlimm, wie er befürchtet hatte. --- Die Mittagssonne brannte vom Himmel. Obwohl die umstehenden Bäume großzügige Schatten auf den Boden warfen, schirmte Temari die Sonnenstrahlen mit der Hand ab. Ihr war warm und obwohl sie erst ein paar Stunden unterwegs waren, ging es ihr bescheiden. Sie kniff die Lider zusammen und erkannte die Dreiertruppe um Naruto, die vor einer Weile das Tempo verschärft hatte und vorging, um ein Auge auf die Umgebung zu haben. Aber waren sie wirklich schneller oder war sie einfach bloß langsamer geworden? Sie wusste es nicht und es war ihr auch schnurz. Wenn doch nur diese verdammte Hitze nicht wäre … Sie blieb stehen und schloss die Augen, um sich von der kaum erwähnenswerten Brise abkühlen zu lassen. Für einen Moment half es, bis sie abflaute und sich die schwüle Luft auch im Schatten ausbreitete. „Gibst du schon den Geist auf?“ Shikamaru stand direkt vor ihr und sie hatte nicht einmal bemerkt, dass er zu ihr gekommen war. „Scheiß Wetter!“, murmelte sie, holte aus ihrer Umhängetasche – das einzige Gepäck, das sie tragen durfte – ihre Flasche Mineralwasser heraus und trank sie aus. Eineinhalb Liter in vier Stunden hatte sie noch nie geschafft. Das Klima machte sie zum Schluckspecht. Ihr Freund reichte ihr eine neue Flasche und fragte: „Soll ich dich tragen?“ „Mir geht’s blendend!“, winkte sie ab. „Außerdem hast du schon genug zu schleppen.“ Missmutig schaute sie den großen Rucksack an, den er trug und der ungefähr zwanzig Kilo wiegen musste. Sie kam sich mir ihrem Täschchen, in das gerade mal eine Flasche und ein Taschenbuch passte, einfach jämmerlich vor. „Du und dein Starke-Frau-Getue“, seufzte er und hob sie auf die Arme. „Lass mich wieder runter“, sagte sie halbherzig. „Du schwächelst offensichtlich und so kommen wir nun mal besser voran.“ Temari protestierte nicht, obwohl es ihr nicht passte, so eine Last zu sein. Was hatte sie sich bei dieser Reise nur gedacht? Aber umzukehren kam nicht infrage, auch wenn sie sich ein wenig schämte, dass sie ihrer Tochter gegenüber so egoistisch war. --- Am späten Nachmittag erreichten sie ein kleines, gemütliches Gasthaus. Das Ende der ersten Etappe. Sakura untersuchte ihre Freundin, die sich inzwischen wieder erholt hatte, da Shikamaru sie die ganze Zeit – trotz gelegentlicher Widersprüche ihrerseits – getragen hatte. „Du merkst wohl selbst, dass alles in Ordnung ist, oder?“, schloss sie die Untersuchung und lächelte. Temari zog ihr Top herunter und erwiderte das Lächeln. „Die Kleine ist quietschfidel wie immer.“ Sakura blickte über ihre Schulter und grinste. „Was man vom ihrem Vater wohl nicht unbedingt behaupten kann.“ Sie folgte ihrem Blick. Shikamaru lag im Gras und schlief. Ihr schlechtes Gewissen tanzte in ihrem Kopf ausgelassen Samba. „Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns ab morgen alle paar Stunden mit dem Tragen abwechseln würden“, schlug ihre Freundin vor. „Vorausgesetzt, es macht dir nichts aus, dich von Naruto und Sai durch die Gegend schleppen zu lassen.“ Ein bisschen gruselig fand sie die Vorstellung schon, aber noch viel weniger wollte sie für den Vater ihres Kindes in Sunagakure ein Grab ausheben lassen müssen. „Wird schon gehen“, sagte sie. „Aber wenn einer der beiden mich fallen lässt, darfst du ihn gerne verprügeln.“ „Es wird mir ein Vergnügen sein!“, flachste Sakura. --- Shikamaru wachte erst auf, als es dämmerte. Er streckte sich und spürte die ersten Ausläufer eines Muskelkaters in beiden Oberarmen. Wohl nichts Ungewöhnliches, wenn man sieben Stunden lang ohne längere Pausen eine Frau getragen hatte, die es inzwischen auf ungefähr sechzig Kilo brachte. Nicht, dass das zu viel wäre – auf keinen Fall, denn mit ihren Rundungen war sie ganz nach seinem Geschmack –, doch auf lange Sicht machte es sich eben doch bemerkbar. Da sie aber ein gutes Tempo vorgelegt hatten, erreichten sie Suna in spätestens dreieinhalb Tagen und so lange hielt er schon noch durch. Irgendwie. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und sah in den Himmel. Er war wolkenlos, doch der farbenfrohe Übergang vom tiefsten Schwarz im Osten zum Orangerot im Westen war nicht zu verachten. Und nach Sternbildern zu suchen machte sich als kurzweiliger Zeitvertreib auch nicht schlecht. „Ausgeschlafen?“ Temari saß etwas weiter versetzt hinter ihm im Gras. „Geht so“, murmelte er und sie schnaufte belustigt. „Morgen sind die anderen beiden mit dem Tragen dran“, sagte sie. „Es sei denn, du bestehst drauf, es selbst weiterhin zu tun.“ „Ab und zu eine kleine Ablösung wäre schon ganz nett.“ „Nur ab und zu?“ „Was meinst du, was ich mir für Vorwürfe machen würde, wenn einer der beiden Mist baut, während er dich trägt?“, erwiderte er ruhig. „Okay, dann gehe ich zwischendurch lieber zu Fuß weiter. Dann brauchst du dir nicht mehr vorzustellen, wie Naruto auf einer Bananenschale ausrutscht und ich im nächsten Busch lande.“ Ihr Lachen vertrieb seine Sorge wieder. „Aber du weißt, dass wir dann länger unterwegs sein werden und der Urlaub automatisch kürzer wird?“, warf er ein. „Das ist immer noch besser, als dich vorzeitig ins Grab zu bringen.“ Shikamaru schmunzelte. „Das schaffst du früher oder später sowieso.“ Temari knuffte ihm in den Oberarm und lachte wieder. Anschließend legte sie sich neben ihn und betrachtete die schöne Abenddämmerung. „Weißt du, was mich wundert?“, warf er irgendwann ein. „Was denn?“ „Dass du dich so widerspruchslos tragen lässt. Ich hab mehr Protest von dir erwartet.“ „Normalerweise würde ich sogar lieber auf dem Zahnfleisch kriechen. Aber es geht ja nicht nur um mich und diese Reise ist ohnehin schon egoistisch genug von mir.“ „Frühe Einsicht“, bemerkte er ironisch. „Der kleinen Zicke geht es prima. Nur zu deiner Information“, erwiderte sie angriffslustig. „Dann kommt sie eindeutig nach dir. Wenn du nicht gerade schwanger bist, bist du ja auch eher hart im Nehmen“, sagte er und setzte amüsiert nach: „Du tust zumindest so.“ Temari runzelte die Stirn, dann musste sie lachen. „Das kriegst du irgendwann noch mal zurück.“ Ihr Freund schmunzelte, antwortete aber nicht. In Vergeltungsfragen hielt sie ihre Versprechen immer. --- Der zweite Tag verging wie im Flug und Temari bemerkte voller Vorfreude, wie die Landschaft nach und nach karger wurde. Wo vor einer Stunde noch üppige Bäume den Weg gesäumt hatten, machten sich nun eher Sträucher breit. Auch das Gras ging langsam von einem satten Grün in einen gelblichen Farbton über und an manchen Stellen bedeckte nur noch eine Staubschicht den Boden, den der trockene Wind hie und da aufwirbelte. Die ersten Ausläufer der Wüste machten sich bemerkbar. Obwohl sie die Möglichkeit hatten, die Nacht in der letzten Pension zwischen der Grenze zum Feuerreich und Sunagakure zu verbringen, zog Temari es vor, draußen auf einem größeren Flecken Sand zu schlafen. Es war zwar nicht so gemütlich wie eine Matratze, doch der Anblick des klaren Sternenhimmels machte es wieder wett. --- Früh am Morgen brachen sie zur nächsten Etappe auf. Anfangs hoffte Temari noch, dass sie ihre Heimat vielleicht am späten Abend erreichten, doch die schwüle Luft machte ihr einen Strich durch die Rechnung, sodass sie einige Stunden pausieren mussten und erst abends, als es kühler geworden war, weiterreisen konnten. Die eiskalte Nacht zog sich wie Kaugummi in die Länge, bis die angenehm warme Morgensonne sie ablöste, um später wieder sengende Hitze zu verbreiten. Gegen Mittag des vierten Tages kamen, verzerrt vom Hitzeflimmern, schließlich doch die Felsen in Sicht, die die Mauer von Sunagakure bildeten. Temari lief einige Meter vor und nur Naruto konnte noch mit ihr Schritt halten. „Jetzt beeilt euch mal ein bisschen!“, rief sie zurück. „Wir sind doch fast da!“ Shikamaru und Sakura tauschten – erschöpft von den Temperaturen – ein paar amüsierte Blicke aus. „Sie hat die Reise besser weggesteckt, als ich gedacht habe“, sagte sie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Viel zu gut“, bemerkte er mit einem Lächeln und folgte seiner Freundin. Kapitel 43: Wieder zu Hause --------------------------- Kapitel 43: Wieder zu Hause Es dauerte noch drei Stunden, bis sie Sunagakure erreichten. Temaris Euphorie war mit jedem Schritt in der brennenden Sonne verdampft, doch als sie in den Schatten der Felsmauer eintauchte, kam sie zurück. Es war schon ein extrem gutes Gefühl, wenn man nach monatelanger Abwesenheit und viertägiger Reise nach Hause kam. Wie sehr sie sich auf ihre Brüder und Matsuri freute. Ha, was die für Augen machen würden, wenn sie ihren Bauch sahen! Okay, Gaara war nicht gerade für seine Emotionen bekannt, aber Kankurous und Matsuris Gesichtsausdrücke machten das garantiert wett. Mit einem breiten Grinsen begrüßte sie die beiden Wachtposten und einer von ihnen lief gleich los, um den Kazekage von ihrer Ankunft zu informieren. Shikamaru, der im Sand saß, um sich auszuruhen – Warum in aller Welt hatte er sich zu dieser Reise breitschlagen lassen? –, sah dem Mann missmutig nach. Nun war es nur noch eine Frage von Minuten, bis Kankurou ihn mit seinen Marionetten aufpiekste oder Gaara ihn mit seinem Sabaku Kyuu in die ewigen Jagdgründe schickte. Mist, warum hatte er sich damals bloß auf Temari eingelassen? Warum war er nicht gleich ohne jegliches sexuelles Interesse geboren worden? Aber nein, er hatte vor den menschlichen Trieben einfach klein beigegeben und sich dann auch noch verliebt, anstatt es dabei zu belassen. Und Temari hatte ihrer sonstigen Art auch keine Ehre gemacht. Wer dachte denn auch schon, dass sie mal ernsthaft vorhatte, sich so relativ früh und dann auch noch an einen deutlich Jüngeren zu binden? Ach, Scheiß drauf. Jetzt war es ohnehin zu spät, um sich noch aus der Affäre zu ziehen. Ja, hätte er die Konsequenz eines frühen Ablebens mal eher bedacht! „Dich bringt schon keiner um!“, sagte seine Freundin belustigt. „Hab ich das etwa behauptet?“, erwiderte er sachlich. Sie setzte sich neben ihn auf den Boden. Es sah ein wenig unbeholfen aus und er zweifelte nicht daran, dass er ihr wieder aufhelfen musste. Aber er war nicht blöd genug, um sich darüber lustig zu machen. Es war auch absolut nicht witzig, dass die Schwangerschaft sie mit jedem Tag mehr einschränkte. „Nein, aber dein Blick!“ Sie lächelte überlegen und setzte nach: „Du überschätzt Gaara und Kankurou.“ „Nicht, wenn ich an unsere Chuunin-Prüfung zurückdenke.“ „Warum läuft dir dann beim Anblick von mir grausamen Miststück kein kalter Schauer über den Rücken?“ Shikamaru zuckte die Schultern. „Du bist eben doch nicht ganz so gruselig, wie du manchmal aussiehst.“ Temari grinste. „Wie schade.“ --- Mit großen Schritten und einem fast schon Angst einflößendem Gesichtsausdruck kam Kankurou auf Shikamaru zu, packte ihn am Kragen und schüttelte ihn heftig durch. „Was hast du mit meiner Schwester gemacht?“, wetterte er los und versprühte dabei eifrig Speichel. Sein Opfer starrte ihn sprachlos an. Temari schmunzelte innerlich über diesen herzlichen Empfang – genau mit so einer Aktion hatte sie ja gerechnet – und sagte: „Du bist doch keine fünfzehn mehr. Also lass ihn schon los.“ Ihr Bruder folgte augenblicklich ihrer Aufforderung – oder war es eine Bitte? – und musterte sie. Sein schockierter Blick blieb an ihrem Bauch hängen. „Wie siehst du denn nur aus?“ „Hast du noch nie eine schwangere Frau im siebten Monat gesehen?“, entgegnete sie gelassen. Erneut krallte er sich den Saum von Shikamarus T-Shirt. „Wie konntest du ihr das bloß antun?“ Ja, wie konnte er nur? Irgendwie fragte er sich das in Anbetracht der Situation selbst gerade. „Lass ihn los!“, wiederholte Temari, diesmal forscher. „Sonst ist nicht er gleich der nächste Tote hier, sondern du!“ Kankurou knurrte ihm ein bedrohliches „Dein Glück!“ ins Ohr, ließ los und wich ein paar Schritte zurück. „Na, also!“ Seine Schwester klopfte ihm begeistert auf den Rücken und scherzte: „Und wenn es dich beruhigt, verspreche ich dir, dass ich in meinem nächsten Leben keinen Sex vor der Ehe haben werde.“ „Na, das will ich doch hoffen …“, murmelte er und verschränkte die Arme vor der Brust. „Apropos: Wann wollt ihr eigentlich heiraten?“ Shikamaru erstarrte bei dieser Frage. Gut, dass er im Moment ohnehin nichts zu sagen hatte. „Wie wär’s mit gar nicht?!“, gab Temari zurück. „Aber du kannst doch kein uneheliches Kind zur Welt bringen!“, sagte Kankurou empört. „Und warum nicht?“ „Es ist … unmoralisch.“ Sie hob belustigt eine Augenbraue. „Du meinst, so wie Sex vor der Ehe?“ „Na ja …“ Seine Schwester seufzte. „Ich hätte nicht gedacht, dass du noch Ansichten aus dem Mittelalter hast“, meinte sie. „Aber wenn es danach geht, hab ich ja ohnehin schon gegen die Regeln verstoßen. Also was soll’s.“ Ihr Bruder starrte sie entgeistert und mit offenem Mund an. „Das ist doch …“, stammelte er, besann sich aber eines Besseren und fragte: „Und welchen Nachnamen soll das Kind dann bekommen?“ „Natürlich seinen.“ Sie deutete auf Shikamaru. Dieser schaute seine Freundin perplex an, was sie nicht bemerkte. Dass sie das einfach so festlegte – und das auch mehr oder weniger zu seinen Gunsten –, damit hatte er nicht gerechnet. Aber da sie darüber noch nicht gesprochen hatten … „Warum denn das?“, regte sich Kankurou auf. „Weil unserer einfach ziemlich blöd klingt“, erklärte Temari. „Hast du irgendwas an meiner Entscheidung auszusetzen?“ „Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber –“ „Es wird sowieso ein Mädchen. Wenn du also willst, dass unser Nachname noch Generationen erhalten bleibt, musst du schon selbst einen Sohn in die Welt setzen.“ „Ein Mädchen?“ Er legte die Stirn in Falten. „Na, wenn’s noch nicht mal ein Stammhalter wird …“ Sie verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. „Denk nicht mal dran, genauso ein dämlicher Macho wie unser Vater zu werden!“ „Schon gut, schon gut!“ Kankurou stöhnte und rieb sich den Schädel. „Das war doch nicht ernst gemeint.“ Seine Schwester zog eine Grimasse und wechselte das Thema: „Willst du deine Liebste denn gar nicht begrüßen?“ --- Temari beobachtete das Szenario mit einem gewissen Fremdschämfaktor. Es war ja schön, dass ihr Bruder eine feste Freundin gefunden hatte, aber musste er sie zur Begrüßung überschwänglich durch die Luft wirbeln und schmalzige Liebesbekundungen machen? Wenn sie das so sah, war sie irgendwie froh, dass es mit Shikamaru komplett anders gelaufen war. Aber so ein peinliches Schauspiel wie Kankurou hätten sie vor anderen eh nicht zum Besten gegeben. Da es Sakura aber anscheinend nicht zu stören schien … Nun ja, jedem das Seine. Ihr Blick fiel auf Naruto, der sich demonstrativ abwandte. Es war kein Geheimnis, dass er seit Ewigkeiten auf seine Teamkollegin stand und irgendwie tat er ihr leid. Trotzdem hatte sie Besseres zu tun, als sich bei fremden Angelegenheiten einzumischen. Besonders, wenn einer ihrer Brüder involviert war. --- „Du hast dich ja ganz schön verändert!“, sagte Matsuri und drückte ihre Freundin zur Begrüßung an sich. „Dein Glück, dass das Baby so gut gepolstert ist“, keuchte Temari und entwand sich aus der Umklammerung. Die Jüngere grinste keck, grüßte einmal quer durch die Runde, stoppte kurz bei Shikamaru und kehrte zum Ausgangspunkt zurück. „Du hast mich damals ja ganz schön verarscht!“, sagte sie belustigt. „Dabei hättest du ruhig zugeben können, dass er der Vater ist.“ „Und du hättest es gewusst, wenn du auf meine Wortwahl geachtet hättest. Er war der Einzige, den ich nicht verneint habe.“ Matsuri kicherte und zwinkerte Shikamaru zu. „Du hast deinen Job als Leibwächter wohl ein bisschen zu ernst genommen, was?“ „Haha.“ Er lachte trocken. „Was? Shikamaru ist der Vater?“, streute Naruto verwirrt ein. Sakura schlug sich die Hand vor den Kopf. „Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“ „Doch! Warum sagt ihr mir auch nichts?“ „Weil es mehr als offensichtlich war? Aber Zusammenhänge erkennen war ja noch nie so deine Stärke.“ Er beachtete seine Teamkollegin nicht weiter und murmelte: „Kein Date, aber dann so was …“ „Den habt ihr ja schön auf Glatteis geführt, was?“, bemerkte Matsuri mit einem breiten Grinsen. Temari zuckte die Schultern. --- Eine halbe Stunde später verließ die Gruppe Gaaras Büro und Shikamaru wusste, dass er noch ein paar Tage länger zu leben hatte, wenn Kankurou nicht spontan beschloss, ihn im Schlaf zu überraschen und in die ewigen Shinobigründe schickte. Gaaras Reaktion hatte ihn ohnehin überrascht. Kein böser Blick – zumindest nicht böser, als er normalerweise dreinschaute –, keine Fragen und erst recht keine Morddrohungen. Nein, der Kazekage war zu ihm genauso höflich wie zu den anderen gewesen, von dem Anflug eines debilen Grinsens ganz zu Anfang mal abgesehen. Nun ja, vielleicht machte er sich innerlich über die Wahl seiner Schwester lustig. Was auch immer lustig daran war, dass sie von einem drei Jahre jüngeren, ehemals antriebslosem Chuunin aus einem anderen Dorf schwanger war. Aber wahrscheinlich ging seine Fantasie gerade wieder mit ihm durch. Gaara hatte nie den Eindruck gemacht, dass er sich für solche Dinge interessierte. Und da die befreundeten Dörfer fleißig Listen mit Rangänderungen austauschten, wusste er inzwischen, dass er Jounin war, was seine Meinung von ihm vielleicht ein bisschen verbesserte hatte. Wenn er denn jemals schlecht über ihn gedacht hatte. Da er nun also erfolgreich überlebt hatte, kam er endlich auch geistig dazu, sich näher in Sunagakure umzusehen. Die abgerundeten Bauten aus Sandstein, die er bisher nur auf Bildern gesehen hatte, sahen für seinen Geschmack ziemlich merkwürdig aus und in den Vorgärten der Häuser wuchsen gelblich-braune Wüstengräser; an sehr schattigen Plätzen prangten hie und da auch mal ein paar Blumen, die im Vergleich mit der farbenprächtigen Vegetation des Feuerreiches aber mehr als kümmerlich wirkten. Shikamaru fühlte sich völlig fremd an diesem Ort und wusste, dass er sich niemals an das stickige Wüstenklima, die komische Architektur und die fahle Gegend gewöhnen konnte. Nicht einmal Temari zuliebe. Er konnte nur zu gut nachvollziehen, warum sie sich so schnell für Konoha entschieden hatte. Heimat hin oder her, aber neben dem blühenden Konoha wirkte Sunagakure wie ein verdörrter alter Baum. Er hasste es, dass er diesen Eindruck von der Heimat seiner Freundin hatte und wünschte sich, es wäre anders. Vielleicht stellte sich das heimische Gefühl in den nächsten Tagen noch ein, doch er glaubte nicht daran. Sie bogen nach links auf ein Grundstück ein. Shikamaru musterte das Haus, in dem Temari aufgewachsen war. Da es zuerst dem Vierten und nun Fünften Kazekage gehörte, hatte er es sich sehr viel größer und auffälliger vorgestellt, aber es sah wie jedes andere zweistöckige Gebäude aus. Sein schlechtes Gewissen verpasste ihm einen Schlag. Er schämte sich, dass er es in fast dreieinhalb Jahren Beziehung nicht einmal geschafft hatte, sie zu besuchen. Andererseits … Wie hätte er das auch bewerkstelligen sollen, wenn sein gesamter Jahresurlaub in der Zeit nach der Prüfung draufging und seine Freundin darauf bestanden hatte, ihren in Konoha zu verbringen? Ach, das war doch eine faule Ausrede! Genauso gut hätte er sich freiwillig für einen Botengang hierher melden können. Aber nein, stattdessen latschte er lieber nach Kumogakure, weil es dort nicht so warm war. Gott, er war wirklich der schlechteste Lebenspartner der Welt … Kankurou zog einen Schlüssel aus der Hosentasche und schloss die Haustür auf. „Zieht bitte die Schuhe aus“, sagte er. „Die Bude ist frisch geputzt!“ Matsuri deutete demonstrativ auf sich selbst und wich einem Ellenbogenstoß in die Seiten gekonnt aus. „War der reinste Saustall!“, meinte sie mit einem süffisanten Grinsen. „Na, was auch sonst?“ Temari lachte herzhaft. „Zum Glück bin ich für ihr Ordnungsproblem jetzt nicht mehr zuständig.“ „Und ich hab ’nen gut bezahlten Nebenjob und ein paar zusätzliche freie Tage!“ Ihre Freundin kicherte. --- Nach dem Abendessen – sie hatten sich Pizzen in verschiedenen Geschmacksrichtungen liefern lassen – brachten Kankurou und Sakura aufgrund von Platzmangel – zwei ehemalige Schlafzimmer waren zu Werkstatt und Büro umfunktioniert worden – Naruto und Sai zur nächstgelegenen Pension. Matsuri räumte rasch den Tisch ab und setzte sich mit einem strahlenden Lächeln auf einen freien Sessel im Wohnzimmer und Temari wusste, dass irgendeine neugierige Frage oder dumme Bemerkung kommen musste. „Wie seid ihr beide eigentlich zusammengekommen?“, fragte sie, wie erwartet. Zusammengekommen? Sollte sie das wörtlich nehmen und ihre Freundin so in Verlegenheit bringen? Reizende Vorstellung, wirklich. „War bestimmt total romantisch, oder?“, setzte Matsuri nach. Temari suchte Shikamarus Blick, doch dieser schien gedanklich gerade ganz woanders zu sein. Oder es war ihm egal. Was auch immer. „Romantischer geht’s nicht“, erwiderte sie ironisch. „Das heißt, wenn du zwei übermüdete und gestresste Leute, die aus einer Laune heraus vögeln, unter Romantik verstehst.“ Die Jüngere lachte. „Ach, veralbere mich doch nicht.“ „Tu ich das denn?“ Sie grinste, stand von ihrem Platz auf und ließ ihre Freundin mit einer reichlich verwirrten Miene zurück. Kapitel 44: Blamieren geht über studieren ----------------------------------------- Kapitel 44: Blamieren geht über studieren Temaris Zimmer lag am Ende des Flures und wirkte vor allem eins: Schlicht. Eingerichtet war es hauptsächlich in hellem Holz – daraus bestand zumindest ihr Kleiderschrank, der Schreibtisch und das Bücherregal; die Wände waren mit ein paar bunten Fächern dekoriert und – „Warum hast du ein Doppelbett?“ „Was soll denn die Frage?“, erwiderte sie und machte es sich darauf gemütlich. Shikamaru schwieg. „Ich hab’s extra vor drei Jahren wegen dir gekauft, aber du wolltest ja nie herkommen.“ Peinlich berührt wandte er sich ab. „Ach, Quatsch!“, fuhr sie fort und lachte. „Ich hab das Teil vor zehn Jahren zum Geburtstag bekommen, nachdem ich eine Weile auf einer Matratze auf dem Boden schlafen musste, weil Kankurou mein altes Bett auseinandergenommen hat.“ Er sagte wieder nichts. „Ist doch nicht schlimm, dass du noch nie hier warst. Wenn ich so scharf drauf gewesen wäre, dass Matsuri und Kankurou uns permanent auf den Keks gehen und aushorchen, hätte ich es schon gesagt. Und jetzt komm schon her!“ Temari stand kurz auf und zog ihren Freund zu sich aufs Bett. „War trotzdem ziemlich egoistisch von mir.“ Er seufzte. „Wenn du es unbedingt wieder gutmachen möchtest, wüsste ich da was“, sagte sie und drückte ihm einen Kuss auf. --- Mit schmerzender rechter Seite wachte sie am Morgen auf. Sie drehte sich nach links, doch auch das wurde bald unbequem. Nachdem sie nach wenigen Minuten in der Rückenlage Herzrasen bekam, stand sie auf. Ihre Blase war ohnehin so dermaßen voll, dass weiteres Herumliegen sinnlos war. Schwerfällig und lustlos stand sie auf und schlenderte zum Badezimmer. Sie drückte die Klinke herunter und nichts passierte. Die Tür war abgeschlossen. Temari klopfte mehrmals gegen das Holz und rief: „Beeilung, eine Schwangere muss mal ganz dringend!“ Keine Antwort. Sie legte ein Ohr an und hörte das Rauschen von Wasser. Jemand duschte gerade. Fluchend wandte sie sich ab. Zum Glück gab es noch eine Toilette im Obergeschoss, die sonst nur Gaara benutzte. Temari stieg die steilen Stufen hinauf. Oben angekommen, musste sie erst einmal einen Moment verschnaufen. Treppensteigen wurde langsam extrem anstrengend … Gut, dass nach dem Urlaub der Umzug ins Erdgeschoss anstand, bevor sie in wenigen Wochen getragen oder auf allen Vieren zu ihrer Wohnung hoch kriechen musste. Das kleine Bad war blitzblank geputzt. Offensichtlich gab sich Matsuri hier beim Putzen besondere Mühe, auch wenn es irgendwie ein wenig traurig war, dass sie es nicht auf andere Weise schaffte, Gaara zu imponieren. Das hieß, falls er von der übertriebenen Sauberkeit überhaupt Notiz nahm. --- Anschließend kehrte sie in ihr Zimmer zurück, kuschelte sich unter ihre Decke – in letzter Zeit fror sie häufig – und versuchte, wieder einzuschlafen. Nach einer Weile schaute sie auf die Uhr. Es war viertel vor sechs. Und ihr kamen die komischsten Gedanken. Zuerst fragte sie sich, wer so früh duschte – alle außer Gaara hatten Urlaub und dieser schlief, seitdem er Shukaku los war, zu dieser Uhrzeit noch tief und fest. Sie stellte sich vor, dass Matsuri in der Badewanne übernachtet hatte und Kankurou aus Spaß das Wasser angestellt hatte. Ein Grinsen schlich sich auf ihre Lippen, doch sie kam sich in Anbetracht dieser Fantasie albern und blöd vor – was sie zu ihrem Kind und der Frage brachte, ob eine Mutter überhaupt über so dümmliches Zeug lachen durfte. Et cetera, et cetera. So verging eine halbe Stunde. Shikamaru neben ihr hatte sich noch keinen Millimeter geregt und sie spielte mit dem Gedanken, ihn zu wecken. Nachdem sie alle Für und Wider gegeneinander abgewogen hatte – die Wider gewannen mit einem deutlichen Vorsprung – ließ sie ihn schlafen und beschloss, aufzustehen und nach einem kleinen Frühstück einen Spaziergang durch ihre Heimat zu machen. In der kleinen, fensterlosen Küche brannte Licht. Sakura saß in Kankurous Bademantel gehüllt an dem winzigen Tisch, der sonst nicht benutzt wurde, und aß eine Portion Cornflakes. „Guten Morgen!“, sagte sie. „Schon so früh wach?!“ „Dasselbe könnte ich über dich sagen“, entgegnete Temari und setzte sich auf den wackeligen Hocker, der schon im Raum stand, seit sie denken konnte. „Kankurou schnarcht wie ein Sägewerk.“ Sakura machte eine ironische Miene. „Und da ich nicht mehr schlafen konnte, dachte ich mir, ich geh schnell duschen und mach einen Abstecher zum Gewächshaus.“ „So früh morgens ist es da schön ruhig ohne die ganzen Touristen. Hast du was dagegen, wenn ich mich selbst einlade?“, fragte ihre Freundin. „Shikamaru schnarcht zwar nicht, aber mein Rücken bringt mich noch um, wenn ich auch nur eine Minute länger liegen muss.“ „Bewegung ist gegen solche Zipperlein die beste Medizin“, meinte sie mit einem Lächeln. „Dann kann ich ja nicht Nein sagen.“ --- Im Gewächshaus herrschte eine idyllische Stille. Temari legte sich auf den harten Boden ins Gras nahe des künstlich angelegten Bächleins. Dies war ihr absoluter Lieblingsort und perfekt zum Entspannen … Sie bereute einen Moment, dass sie Shikamaru nicht hierher mitgenommen hatte, denn ihm hätte es mindestens genauso gefallen wie ihr, doch sie hatte ja genug Zeit, dies in den nächsten Tagen noch nachzuholen. Vielleicht konnte sie ihren Freund ja so von der Schönheit ihrer Heimat überzeugen, denn allzu begeistert schien er bisher nicht sein. Sie kicherte vor sich hin. Shikamaru tat sich ja immer etwas schwer damit, Begeisterung zu zeigen. Am besten erwartete sie keine Wunder von ihm, was das betraf. Temari lauschte dem Fließen des Wassers und fiel in einen leichten Dämmerzustand, der von einem sehnsüchtigen Gefühl begleitet wurde und ihr wurde schmerzhaft bewusst, wie sehr sie Sunagakure vermisse. Verdrossen öffnete sie wieder die Augen, legte sich auf die Seite und beobachtete die Wasseroberfläche. Sie bekam den Gedanken nicht aus dem Kopf, dass sie ihren Entschluss, nach Konoha zu ziehen, ein wenig bereute. Gerne hätte sie einen sofortigen Rückzieher davon gemacht, doch wie erklärte sie das Shikamaru, nachdem sie ihm wochen- und monatelang weisgemacht hatte, dass sie auf jeden Fall bei ihm wohnen bleiben würde? Das war total absurd und sie wusste, dass sie ihre Entscheidung nicht rückgängig machen würde. Heimweh war etwas ganz normales und nur, weil sie sich dauerhaft nach ihrem Lieblingsplatz sehnte – wovon es im Feuerreich tausend vergleichbare Orte gab –, verpasste sie ihrem Freund nicht diesen Tritt in den Hintern. Außerdem musste sie dann die tolle Wohnung aufgeben, in die sie bald zogen, und das kam absolut nicht infrage, nachdem sie so lange etwas Geeignetes gesucht hatte. In ihrem Bauch zuckte es. „Du hast völlig Recht!“, stimmte Temari ihrem Kind zu und schmunzelte. Damit sie ihr ganzes Leben über den Haufen warf, musste schon etwas anderes als ein bisschen Heimweh kommen. Aber das hatte sie ja erst vor wenigen Monaten erlebt. --- „Du siehst aber entspannt aus“, bemerkte Sakura, als sie ihre Freundin vorfand. „Na ja, geht so.“ Etwas unbeholfen rappelte sie sich auf und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass ihre Rückenschmerzen verschwunden waren. Zumindest bis sie sich das nächste Mal für längere Zeit irgendwohin setzte. „Vielleicht sollte ich bis zur Geburt nur noch draußen schlafen.“ „Hattest du das Problem in Konoha auch schon?“ Sie schüttelte den Kopf. „Dann ist deine Matratze wahrscheinlich zu weich. Probier’s doch mal mit Yoga. Das soll helfen.“ „Kannst du mir nicht einfach ’nen neuen Rücken besorgen?“, scherzte Temari. Sakura lachte. „Ich würde, wenn ich könnte, aber so einfach ist das leider nicht.“ „Schade, aber in gut drei Monaten hab ich’s ja geschafft.“ Noch drei Monate? Das konnte ja echt was werden, wenn sie sich jetzt schon so beklagte … --- Shikamaru lag auf einer Blumenwiese und blickte in den strahlend blauen Himmel. Kleine Wolken wie Wattebällchen in den verschiedensten Formen zogen am Firmament entlang und hinterließen den Eindruck tiefster Entspannung bei ihm. An diesem Ort wollte er bleiben, alle Sorgen – hatte er im Moment überhaupt welche? – für immer hinter sich lassen. Plötzlich eine leichte Vibration. Vögel flogen schreiend auf, der Himmel zog sich dunkel wie bei einem Gewitter zu. Tiere liefen aus dem Wald wie auf der Flucht an ihm vorbei, der Boden bebte immer stärker. Irritiert sprang Shikamaru auf und sah sich nach der Quelle der Unruhe um. Die Erde vor ihm brach auf und der Spalt schnellte auf ihn zu. Er drehte sich um und wollte losrennen, doch es war zu spät. Der tiefschwarze Schlund holte ihn ein, verschlang ihn und er fiel ins Bodenlose … Er schreckte mit einem leichten Schweißfilm auf der Stirn aus dem Schlaf. „Wie kann man nur so lange schlafen?“, fragte Temari tadelnd. Shikamaru blinzelte. Die Hände seiner Freundin lagen immer noch fest auf seinen Schultern. So viel also zu dem Erdbeben in seinem Traum. „Du hast Gras im Haar hängen“, bemerkte er resigniert und schloss wieder die Augen, um weiterzuschlafen, aber … Moment! Gras? Saftig grünes Gras? Wo hatte sie das denn her? Waren sie etwa doch nicht in Sunagakure und er hatte sich die Reise nur eingebildet? Hatte er ein paar Tage im Koma oder so gelegen? Egal … Temari fischte nach dem Grashalm und schnippte ihn aus dem geöffneten Fenster. „Jetzt steh schon endlich auf!“, sagte sie. „Du hast zwölfeinhalb Stunden geschlafen! Das muss doch langsam mal reichen …“ „Ich hab dich auch gut vier Fünftel des Weges hierher getragen“, murmelte er. „Das ist wie viel Kilo zusätzliches Gepäck?“ Verärgert biss sie die Zähne zusammen, beachtete seine Provokation aber nicht weiter. „Dann leg dich heute Nachmittag von mir aus noch mal ein paar Stunden hin“, meinte sie bemüht sachlich. „Jetzt springst du aber erstmal unter die Dusche – du müffelst nämlich wie ’ne tote Ratte – und dann gehen wir zusammen frühstücken und ich zeige dir ein bisschen das Dorf.“ Shikamaru seufzte. „Müssen wir gleich eine Wanderung veranstalten? Ich bin von der Reise immer noch völlig fertig.“ Seine Freundin grinste schadenfroh. „Wenn du mich vorher mal besucht hättest, würde dir das heute erspart bleiben.“ Sie drehte sich um und verließ das Zimmer. Wie eine tote Ratte? Er roch an sich und rümpfte die Nase. Ganz so schlimm war es zwar noch nicht, aber in puncto Geruch hatte er dringend Handlungsbedarf. Vielleicht fühlte er sich nach einer Dusche auch nicht mehr wie fünfmal durch den Fleischwolf gedreht. Einen Versuch und den Seelenfrieden war es allemal wert. --- Eine halbe Stunde später fühlte sich Shikamaru tatsächlich besser – nun ja, zumindest hatte eine leichte Verbesserung von völliger Scheiße zu nicht mehr ganz so beschissen stattgefunden. Die breiige Masse in seinen Beinen und vor allem in den Armen, die mal Muskeln gewesen waren, hatte sich zu unbeständigem Wackelpudding zusammengesetzt. An sich machte es ihm ja nichts aus, vor Erschöpfung wie ein Betrunkener durch die Gegend zu schwanken, doch wenn einen die Freundin, die bekannt war wie ein bunter Hund, durch ihre Heimat schleifte, machte sich das nicht mehr so gut. Am besten fragte er Sakura nach ein paar starken Schmerztabletten, damit er sich nicht ganz so bloßstellte … Temari begrüßte ihn im Wohnzimmer mit einem strahlenden Lächeln. „So gefällst du mir doch gleich viel besser!“ Es irritierte ihn etwas, dass sie ihm anscheinend die – absolut nicht ernst oder böse gemeinte – Anspielung auf ihr Gewicht nicht übel nahm, aber das sollte ihm Recht sein. Wahrscheinlich bekam er das später zehnfach zurück. „Tatsächlich?“, entgegnete Shikamaru gleichmütig und gähnte. Er war echt froh, wenn er die Tour hinter sich hatte und sich wieder aufs Ohr hauen konnte … „Deine Motivation ist großartig wie immer“, gab sie zurück, „aber wenigstens stinkst du nicht mehr.“ Sie lachte. Ganz zu seiner Überraschung. „Du scheinst ja ganz scharf drauf zu sein, dich mit mir in der Öffentlichkeit zu blamieren.“ Temari hob die Augenbrauen. „Meinst du, ich würde dich mitnehmen, wenn du mir peinlich wärst?“ Anscheinend nicht, dachte Shikamaru ironischerweise. Kapitel 45: Trautes Heim ... ---------------------------- Kapitel 45: Trautes Heim … Shikamaru hatte keine Ahnung, wie viele Stunden sie schon durch Sunagakure streiften – sein Zeitgefühl hatte auf dem Weg hierher das Zeitliche gesegnet –, doch eines wusste er sicher: Dass es nach seinem Geschmack schon viel zu lange dauerte. Seine Beine fühlten sich, als hingen tonnenschwere Gewichte dran – nur ein Rock Lee hätte sich davon nicht aufhalten lassen – und er musste sich arg zusammenreißen, um die Füße richtig anzuheben und nicht wie ein krankes Faultier über den Boden schleifen zu lassen ... Verpatzt! Er kam fast ins Straucheln und zog eine Spur im Sand hinter sich her. Diese blöden, versandeten Wege! Warum konnten hier nicht auch neunzig Prozent der Gehwege und Straßen geteert wie in Konoha sein? Und dazu noch diese Hitze ... Sunagakure wurde ihm nicht sympathischer! Etwas verdrießlich betrachtete er Temari, die ein paar Schritte vor ihm ging. Es war ja schön, dass sie ihm ihre Heimat näherbringen wollte, aber musste es denn ausgerechnet heute sein? Der erste Tag nach der Reise, auf der er sich halb zu Tode geschleppt hatte?! Das war doch die reinste Schikane! Hatte sie ihm etwa immer noch nicht verziehen, dass er zum Jounin aufgestiegen war? Oder hatte sie einfach nur Spaß dran, ihn an seine körperlichen Grenzen zu bringen? Nun gut, Letzteres kannte er ohnehin schon von ihr, aber die Art und Weise, wie sie dies sonst tat, war ihm sehr viel lieber. Tatsächlich hätte er eine halbe Stunde Sex diesem gemütlichen Spaziergang vorgezogen. Beim Vögeln konnte man schließlich liegen. Obwohl andererseits … Nein, das war nur auf eine andere Art und Weise anstrengend. Und heute konnte er nichts dergleichen gebrauchen. Shikamaru fuhr sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. Wenn ihm gleich nicht vor Erschöpfung die Beine abfielen, starb er an innerlicher Austrocknung. So muss sich ein Teilnehmer beim Todesmarsch fühlen, kurz bevor er aufgibt und erschossen wird, dachte er voll Selbstmitleid, war allerdings froh, dass niemand eine Knarre auf ihn richtete und darauf wartete, einen Grund zum Abdrücken zu haben. Wenn man mal davon absah, dass es in dieser Welt ohnehin keine Schusswaffen gab, war das definitiv kein schöner Gedanke. Aber ein Typ, der ihn mit einem Kunai oder einem aussagekräftigen Jutsu bedrohte, hatte in etwa denselben Effekt. Gedanklich verpasste er sich eine Ohrfeige. Sein Gehirn war durch die sengende Hitze geschmolzen. Jetzt wartete er nur noch darauf, dass es ihm zu den Ohren hinauslief ... Temari blieb abrupt stehen und da er selbst so KO war, bereitete es ihm keine Probleme, seine Freundin nicht über den Haufen zu rennen. Wenigstens hatte seine körperliche Verfassung etwas Gutes ... Ohne nachzudenken ließ sich Shikamaru auf den nächsten Stuhl fallen. „Was wird das, wenn’s fertig ist?“ „’ne Pause?!“, erwiderte er hoffnungsvoll. „Wir sind nicht mal eine Stunde unterwegs – da brauchen wir auf keinen Fall so was wie ’ne Pause.“ Nicht einmal eine Stunde war vergangen? Das konnte doch gar nicht sein. Das musste ein schlechter Scherz sein ... „Du brauchst vielleicht keine, aber ich schon!“, widersprach er – zu ihrer, aber vor allem, seiner eigenen Überraschung. „Okay“, gab sie nach, „in zehn Minuten geht’s weiter!“ Dann durfte er also noch ein wenig länger leben. Wie großzügig von ihr! --- Aus den geplanten zehn wurden zwanzig und schließlich dreißig Minuten, denn zu seinem Glück hatte er bei einem Café Platz genommen und allein diese Tatsache weckte Temaris Heißhunger auf Eis so sehr, dass sie sich gleich eine extragroße Portion bestellte. Shikamaru trocknete sich derweil weiterhin fleißig die Stirn. Obwohl er im Schatten saß, lief der Schweiß wie ein Wasserfall an ihm herunter. Ein gewisses Unwohlsein kam in ihm auf. Bestimmt starrten ihn alle Leute deshalb an und zerrissen sich hinterher die Mäuler darüber, als ob sie noch nie einen schwitzenden Touristen gesehen hätten. Moment! Seit wann interessierte ihn das bitte? Es war ihm schon immer egal gewesen, was andere dachten. Warum sollte er das ausgerechnet jetzt, nach fast zwanzig Jahren, ändern? Das mussten die ersten Anzeichen eines Sonnenstichs sein … „Du hättest dir auch ein Eis bestellen sollen“, merkte Temari an. „Auch wenn du es nicht besonders magst: Besser was Ekeliges essen, als zu verhungern – oder in deinem Fall: zu schmelzen.“ Ihr Freund antwortete nicht. Diesen neunmalklugen Satz hätte sie auch für sich behalten können. Sie seufzte, legte den Löffel beiseite und schob ihm den Rest ihrer Portion vor die Nase. „Danke, aber ich kann mir auch selbst eins bestellen.“ „Iss schon. Hier ist es so voll, dass es ewig dauert, bis du dein Eis bekommst“, erwiderte sie. „Außerdem hab ich keinen Mopp dabei, um das was von dir übrig bleibt, aufzuwischen.“ --- Eiscreme war bei Temperaturen um die vierzig Grad nicht übel, legte er für sich fest. Ganz und gar nicht. Temari grinste ihn an. „Was denn?“, fragte er, ohne wirklich interessiert zu klingen. „Irgendwie erinnert mich das hier an unser erstes Date.“ Shikamaru verstand nicht, warum sie sich in dieser fast gegensätzlichen Situation daran erinnerte. Das Einzige, was mit dem damaligen Treffen übereinstimmte, war, dass sie sich in einem Café aufhielten. Und ansatzweise die Uhrzeit. „Weil?“, erwiderte er und bereute es beinahe, dass er nachgefragt hatte. Er wollte sich nur ungern an die Verklemmtheit und das peinliche Schweigen erinnern. Seine Freundin zuckte die Achseln. „Ach, ich weiß auch nicht … Ich musste nur gerade daran denken.“ Drei große Fragezeichen erschienen über seinem Kopf – das hieß, wenn er eine Figur in einem Comic gewesen wäre. Doch sinnbildlich passte es perfekt. Besonders für die Zeit, seit er von ihrer Schwangerschaft wusste. Ihr Verhalten war seitdem ein einziges Fragezeichen. Dann denk an was anderes, sagte er in Gedanken zu ihr, bevorzugte es allerdings, den Mund zu halten. Nicht, dass er angesichts ihrer Sensibilität einen Streit anzettelte, bei dem er letzten Endes doch nachgab. Nein, das war es ihm nicht wert. Auch wenn die Verabredung wirklich, wirklich beschissen gewesen war. „Ich weiß, es war grauenvoll“, sagte Temari mit einem Lächeln, das Shikamaru ernsthaft irritierte. „So schlecht, dass man eigentlich nur noch drüber lachen kann, oder?!“ Erwartete sie etwa, dass er darauf antwortete? Er rang sich ein „Wie man’s nimmt“ ab und suchte nach einer Ablenkung. Der Eislöffel kam ihm gerade recht und er drehte ihn zwischen seinen Fingern hin und her. Seine Lust, diesen unsäglichen Tag von vor drei Jahren Revue passieren zu lassen, hielt sich stark in Grenzen. „Man könnte meinen, dass du nicht drüber reden willst“, bohrte sie weiter. „Gibt’s denn da was, worüber man reden sollte?“ „Ich dachte nur, dass es ganz witzig wäre, in Erinnerungen zu schwelgen.“ Nun war er derjenige, der mit den Schultern zuckte. „Schade“, bedauerte sie. Ihr Grinsen verschwand allerdings nicht. --- Temari genoss den Ausflug in ihr Heimatdorf in vollen Zügen. Auch wenn erst drei Monate seit ihrer Abreise vergangen waren, kam es ihr der Zeitraum bedeutend länger vor. Es gab nur einen Wermutstropfen. Und der schlurfte gerade wie ein altersschwacher Untoter hinter ihr her. „Sollen wir die Sightseeing-Tour beenden?“, fragte sie, da sie sich das Elend, das Shikamaru war, nicht weiter ansehen konnte. „Nein, ich bin topfit“, japste er voll Ironie. „Ich könnte noch Stunden so weiter laufen.“ „Ha, ha“, machte sie, klang aber alles andere als belustigt. „Weißt du eigentlich, dass du noch nie so jämmerlich ausgesehen hast?“ Er antwortete nicht. Selbst wenn das stimmte – und daran zweifelte er nicht – verschwendete er doch nicht seine letzte Energie, um auf ihre Provokation einzugehen. Seine Freundin wiederum ignorierte seine Ignoranz und ging weiter. „Da geht’s aber nicht zu dir nach Hause!“, rief Shikamaru ihr nach. „Ich weiß“, sagte sie, „aber der Ort, den ich dir zeige, wird dir bestimmt gefallen!“ Hatte sie nicht gesagt, dass mit der Besichtigung für heute Schluss war? Er schleppte sich hinter ihr her – in der Erwartung, dass jeder Schritt sein letzter sein konnte. --- „Und? Gefällt’s dir?“, fragte sie ohne eine Antwort zu erwarten. Ihr Freund kommentierte das Gewächshaus natürlich nicht, schwankte zur nächstbesten Stelle und schloss die Augen. Es vergingen nicht einmal zwei Minuten und er schlief. Temari war etwas ratlos, was sie nun tun sollte. Am liebsten wäre sie weiter durch Sunagakure gewandert, um ihren Lieblingsplätzen und -geschäften einen Besuch abzustatten. Andererseits bezweifelte sie stark, dass Shikamaru den Weg zurück zum Haus fand – wie auch in einem fremden Dorf? – und deswegen blieb sie. Sie war zwar heute schon mal hier gewesen, aber es war angenehm kühl im Gegensatz zu draußen – tatsächlich steckte sie das Klima nicht so gut weg, wie es nach außen hin schien – und das Wichtigste: Es gab Toiletten. Und falls sie doch Hunger bekam, verschwand sie eben für zehn Minuten. Wie wahrscheinlich war es schon, dass Shikamaru ausgerechnet dann aufwachte, wenn sie sich was zu essen kaufte? Sie setzte sich in seine Nähe und schaute ein wenig umher. Das Innere des Gewächshauses erinnerte wirklich stark an Konoha. Ein großer Teil der Pflanzen stammte auch aus dem Feuerreich. Sie starrte einen Baum mit länglichen Blättern an – sie erinnerte sie im Entfernten an eine Tanne – und überlegte, wie die Sorte hieß. Sie beobachtete zwar gerne Pflanzen zur Entspannung, aber sie hatte sich nie sonderlich belesen, was das betraf. Dass sie Eichen, Kastanien und Buchen unterscheiden konnte, war schon das Höchste der Gefühle und – Lärche! Ein plötzlicher Geistesblitz erhellte sie und sie war froh, dass sie das Thema somit abhaken konnte. Wie sie sich kannte dachte sie sonst in einer Stunde noch darüber nach. Aber so ging es wohl jedem, wenn ihm etwas auf der Zunge lag. Ihr Blick schweifte ihren Freund und sie schmunzelte. Na ja, fast jedem. --- Temari langweilte sich unsäglich. Shikamaru schlief und schlief und sie selbst konnte nur herumsitzen und irgendwelchen Gedanken nachhängen. Sogar die Kleine war weniger aktiv als sonst. Ein paar halbherzige Tritte – so fühlten sie sich jedenfalls an – und das war es schon. Nicht, dass sie das äußerst angenehme Bearbeiten ihrer Blase und ihres Magens vermisste, aber nun war es eine willkommene Ablenkung für sie. Sie piekte sich ein paar Mal sanft in den Bauch und hoffte, dass ihre Tochter auf diese Provokation einging, doch Fehlanzeige. Noch gar nicht auf der Welt und schon kommst du ganz nach deinem Vater, dachte sie amüsiert. Oder dir ist es da drin auch einfach zu heiß. Zweiteres war zwar im Grunde genommen Schwachsinn, aber vielleicht wirkte es sich doch ein wenig auf ihr Kind aus, dass sie sich noch nicht wieder ans Klima gewöhnt hatte. Unbedacht fummelte sie an der Rinde des Baumes hinter ihr herum. Den Schnitt in die Handfläche bemerkte sie erst, als sie das Blut auf ihrem Top verschmierte. Temari betrachtete die Wunde. Sie war nicht tief und hörte in wenigen Minuten sicher auf zu bluten und machte eine Versorgung damit überflüssig. Außerdem brachte sie sie auf eine großartige Idee … Sie platzierte ihre Hand neben sich auf dem Boden und murmelte: „Kuchiyose no Jutsu!“ Kamatari, das Sichelwiesel, erschien in einer Rauchwolke. Es machte einen Sprung nach vorne, warf seinen Schwanz mit der Waffe nach vorne und fällte den nächsten Baum. Irritier sah es sich um. „Warum rufst du mich, wenn du gar nicht kämpfst oder trainierst?“, maulte es los. „Davon mal abgesehen hättest du dich ruhig mal bei mir melden können, anstatt mich sechs Monate in Unwissenheit versauern zu lassen. Ich dachte schon, du hättest dir einen anderen Kuchiyose-Partner gesucht …“ Temari musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Erst meckern und dann beschwerte er sich doch. Diese Gesprächigkeit war an Kamatari eine ganz neue Seite. „Entschuldige, ich war mit den Gedanken in letzter Zeit ganz woanders“, sagte sie. „Du solltest dich schämen, dass du nicht einmal an deinen alten Freund gedacht hast!“ „Hast du nicht mal gesagt, dass du das Wetter in Konoha nicht magst?“ Das Wiesel sah sie vorwurfsvoll an. „Schon gut, Schande über mich!“, setzte sie nach. „Ich verspreche dir, dass das nicht noch einmal vorkommt.“ „Das will ich doch schwer hoffen!“, schnaubte er. Er setzte sich neben sie und ließ sich den Hals kraulen. „Wenn du willst, kannst du wieder bei mir einziehen. Dann hast du in einem guten Jahr einen brauchbaren Spielkameraden.“ Nun kraulte sie ihn hinter den Ohren. Kamatari gab einen Schnurrlaut von sich. „Verzichte. Ich bin doch kein Haustier!“ Temari lachte. „Du benimmst dich aber gerade wie eins!“ Kapitel 46: Prinzipien sollte man treu bleiben! ----------------------------------------------- Kapitel 46: Prinzipien sollte man treu bleiben! Shikamaru beobachtete sie schon eine ganze Weile. Temari hatte ihm zwar mal erzählt, dass Kamatari bei ihr zu Hause aufgewachsen war, aber eine so innige Freundschaft zwischen Kuchiyose-Partnern hatte er noch nie erlebt. Er streckte sich kurz, als die beiden nicht in seine Richtung sahen. Er fühlte sich so erholt wie ein Braunbär nach dem Winterschlaf – okay, seine Armmuskulatur streikte immer noch ein wenig, aber das gab sich bis morgen früh. Er drehte sich etwas und sah durch ein Fenster ein Stück vom Wüstenhimmel. War er tatsächlich leicht orange gefärbt oder bildete er sich das ein? Ein schlechter Zeitpunkt, um keine Uhr zu tragen … Er schloss die Augen. Mit Dösen konnte er die Zeit immer gut überbrücken. Wir haben’s schon getrieben! Wozu brauchen wir dann überhaupt noch so was wie ein erstes Date? Ein Blinzeln. Warum war ihm ausgerechnet dieser Gedankenfetzen gekommen? Die Erinnerung an damals nervte schon ziemlich und er hätte sie zu gerne gelöscht. Und den ganzen Blödsinn vom Abend zuvor auch – bis zu einem gewissen Maße. Obwohl … Nein, daran zu denken war gar nicht so übel. Klar, dass Temari vorher eine Flasche vergorenen Wein getrunken hatte und alle Prinzipien über die Reling geschickt hatte, hatte einen merkwürdigen Beigeschmack, aber ... Ja, schlecht war es nicht gewesen. Eigentlich war es sogar recht gut. So gut, dass es sich lohnte, sich daran zu erinnern. „Lass uns ’ne Pause machen“, sagte Temari unerwartet. Shikamaru starrte sie einen Moment entgeistert an. Hatte sie das tatsächlich gesagt oder war er inzwischen so überarbeitet, dass er sich Dinge einbildete? Sie erwiderte seinen Blick und zog die Augenbrauen hoch. „Hast du ’nen Zombie gesehen oder warum starrst du so?“, fragte sie, nahm die Liste der Prüfungsteilnehmer und warf sie gereizt auf den Tisch. „Wir sind mit diesem Scheiß ohnehin so spät dran, dass es auf zehn Minuten länger auch nicht mehr ankommt. Außerdem brauch ich was zu trinken.“ „Jetzt ist aber nichts mehr da.“ Er griff nach der leeren Flasche. „Das hier war der Rest.“ „Du kannst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass in diesem großen Haus nicht irgendwas Trinkbares zu finden ist!“ „Du kannst dich ja an der Wasserleitung bedienen.“ „Nein, danke“, gab sie zurück. „Wenn du so auf das Zeug stehst, hättest mir ja die Cola lassen können. Oder du wärst vorher einkaufen gegangen. Du bist ein furchtbarer Gastgeber!“ Shikamaru seufzte. Ihre Launen waren unerträglich, wenn sie gestresst war. So wie jetzt. „Ich hab dich hundert Mal gefragt, ob du was abhaben möchtest“, sagte er ruhig. „Und woher sollte ich wissen, dass dir Wasser aus der Leitung plötzlich nicht mehr gut genug ist?“ „Stilles Wasser ist langweilig. Ich musste es auf dem Weg hierher schon die ganzen Tage trinken und es hängt mir zum Hals raus.“ „Immer noch besser als zu verdursten, oder?“ „Dann wähle ich den Tod“, sagte sie mit einer Ernsthaftigkeit, die ihn richtig wurmte. Sie hatte es mal wieder geschafft. Er fluchte und stand auf, um etwas Trinkbares zu suchen. Das Einzige, auf das er stieß, war eine geöffnete Flasche Wein im Kühlschrank. Sie stand dort schon mindestens eine Woche lang, seit seine Eltern verreist waren. Und obwohl er wusste, dass sie gleich wieder meckern würde, nahm er sie mit. „Hier“, sagte er und drückte sie ihr in die Hand. „Was Besseres hab ich nicht.“ Temari goss ein wenig in ihr Glas, schaute skeptisch und nahm einen Schluck. „Gar nicht übel“, meinte sie überrascht. Sie trank den Rest, füllte sich nach und leerte es mit einem Zug. Anschließend schenkte sie sich noch mal ein. Shikamaru sah, wie ihre Wangen einen seltsamen Rosaton annahmen. „Du kannst dich doch jetzt nicht einfach so betrinken!“, empörte er sich. „Sieht das nach betrinken aus?“, erwiderte sie gelassen. „Ein bisschen Wein hat nicht die geringste Wirkung auf mich. Reg dich also nicht so auf.“ Er verkniff es sich, sie auf ihre Gesichtsfarbe anzusprechen und setzte sich wieder. Wenn das Zeug dafür sorgte, dass sie weniger schlechte Laune hatte, bitte. Er nahm sich das nächste Formular von seinem meterhohen Stapel. Und ließ seine Kollegin trinken. Keine zehn Minuten vergingen und Shikamaru stellte fest, dass Temari ihre Trinkfestigkeit eindeutig überschätzt hatte. Okay, von betrunken war sie vielleicht noch ein wenig entfernt, aber als nüchtern und fähig, auch nur irgendetwas zu planen, konnte man sie definitiv nicht mehr bezeichnen. Und dass sie ihm belustigt auf die Finger guckte, anstatt ihre eigene Aufgabe zu erledigen, förderte seine Arbeitsmoral auch nicht gerade. „Würdest du bitte diesen Quatsch sein lassen?!“, fuhr er sie an. „Leg dich hin und schlaf von mir aus deinen Rausch aus, aber lass mich in Ruhe arbeiten.“ In Ruhe arbeiten? Irgendwas lief gewaltig schief, wenn er schon so dachte. „Okay“, sagte sie, „wenn du mitkommst, gerne.“ Sein Herz setzte einen Augenblick aus. Jetzt war er sich sicher, dass sie nicht mehr klar denken konnte. „Hör auf zu spinnen und nerv mich nicht“, erwiderte Shikamaru, diesmal mit weniger Überzeugung in der Stimme. „Ich hab zu tun.“ Temari schien sich überhaupt nicht dafür zu interessieren, was er sagte. Sie entriss ihm die Papiere, packte ihm am Kragen seines T-Shirts und zog ihn mit sich zu Boden. „Verschwenden wir unsere Zeit doch nicht mit so ’nem Kram und widmen uns lieber angenehmeren Dingen.“ Ungläubig starrte er sie an. „Ist dir der Alkohol zu Kopf gestiegen oder was ist plötzlich mit dir los?!“ Gott, was für eine überflüssige Frage … Das war doch offensichtlich! „Nein, mir geht’s bestens“, sagte sie überzeugt. „Mir ist nur gerade eingefallen, dass wir mit unserer Zeit was Besseres anfangen könnten.“ Ihre Lippen verzogen sich zu einem unheimlichen Lächeln, was ihm spontan einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Es war schon wieder einer der Momente, in denen Temari einfach zum Fürchten war! „Und was soll das sein?“ Dämliche und überflüssige Frage Nummer Zwei! Was sie meinte war noch offensichtlicher als ihre Angetrunkenheit. Und das hieß schon was. Er starrte sie perplex an und sie lachte. „Du bist doch kein kleiner Teenie mehr, dem ich so was erklären muss, oder?“ Ihre Hände gruben sich tiefer in den Stoff seines T-Shirts. Sie zerrte daran, um ihn noch näher an sich zu ziehen, aber er widersetzte sich geistesgegenwärtig. „Sei doch nicht immer so verdammt anständig“, sagte sie und lockerte ihren Griff wieder. „Sei einmal spontan und besorg’s mir!“ Weiteres Starren. Shit, das konnte doch nicht ihr Ernst sein! Dieser blöde Alkohol … Warum hatte er ihn nicht in den Ausguss gegossen, anstatt ihn ihr zu geben? Dann befände er sich jetzt nicht in dieser Zwickmühle. Moment, Zwickmühle? Dachte er gerade tatsächlich darüber nach, es zu tun? Einerseits hatte er keine Lust, sich auf etwas Kompliziertes einzulassen. Und andererseits … War es nicht saudumm von ihm, wenn er so eine Chance verstreichen ließ? Wie oft kam es im Leben schon vor, dass eine ganz passabel aussehende – deutlich passabler, als er zugab – Frau, mit der er sonst eher nur aneinandergeriet, einen uninteressanten und eher langweiligen Typen wie ihn eindeutig zum Vögeln aufforderte? Wahrscheinlich nur einmal, wenn überhaupt. Aber nein – so leicht überließ er seinen Hormonen nicht das Feld. „Du bist doch verrückt!“, sagte er, klang aber nicht so überzeugt, wie er es gerne gehabt hätte. Temari zuckte die Schultern. „Verrückt und angetrunken genug, um mit dir zu schlafen.“ Ihre Selbsterkenntnis verpasste ihm einen Schlag. Das klang nicht so, als wäre nur ihre Alkohollaune dafür verantwortlich. Zumindest nicht ausschließlich. Nein, seinen Prinzipien musste man treu bleiben. Auch wenn es noch so verlockend war. „Dann komm wieder, wenn du geistig auf der Höhe bist“ – was war denn das für eine Aussage? – „aber ich hör mir morgen bestimmt keinen Scheißdreck von dir an, dass ich dich ausgenutzt hätte.“ Ja, wenn das nicht seinen Standpunkt untermauerte, wusste er auch nicht. Sie murmelte ein „Wie nobel!“, zog erneut und ein Loch riss ins Shirt. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast. „Und nein, ich mache dir keine Vorwürfe. Meinst du, ich wäre so hartnäckig, wenn ich es mir nicht gut überlegt hätte?“ „Unter Alkoholeinfluss ist nichts gut überlegt“, widersprach er, merkte aber, dass die Versuchung immer größer wurde. Ihre Argumente waren so gut wie im nüchternen Zustand, was es ihm nicht einfacher machte. Wenn sie den Wein nicht getrunken hätte, dann … Ja, was sprach dann dagegen? Aber da das nun mal nicht zur Wahl stand … „Gegen ein bisschen Stressabbau ist doch nichts einzuwenden, oder?“ Genau sein Gedanke! Scheiß Prinzipien … Sollten sie für heute doch in der Hölle schmoren! „Du stresst mich gerade am meisten“, sagte er, gab nach und küsste sie. Er erinnerte sich, dass ihre Lippen nach Wein geschmeckt hatten – was ihn seltsamerweise aber nicht im Geringsten gestört hatte –, die erste Berührung ihrer Haut und einer Stelle, die sie sonst nicht zur Schau stellte – und alles, was danach kam. Ja, diese Erinnerung lohnte sich tatsächlich … „Ich würde zu gerne wissen“ – er hörte Temaris Stimme direkt neben sich – „woran du gerade denkst!“ Shikamaru schreckte aus seinem Tagtraum. Sie saß zu seiner Linken und präsentierte ihm ein ausgeprägtes Grinsen. Er starrte sie an und fühlte sich ertappt. „Ich höre!“ Sie zog die Augenbrauen hoch und demonstrierte Aufmerksamkeit. „Ich hab an gar nichts gedacht“, erwiderte er, obwohl es sinnlos war. Das nahm sie ihm nie im Leben auch nur für eine Sekunde ab. „Genau, du grinst einfach nur so in der Gegend herum“, flachste sie. „Du bist so ein schlechter Lügner!“ „Okay“, gab er nach. „Ich hab mich an was erinnert.“ „Und an was?“ „Irgendwas. War nicht so wichtig.“ Sie klatschte auf eine Eingebung hin in die Hände. „Verstehe“, sagte sie und lächelte breit. „Du hast also doch an unser erstes Date gedacht. Rückblickend ziemlich lustig, was?“ „Es ist mir ein Rätsel, wie du das überhaupt als Date bezeichnen kannst.“ Temari zuckte die Achseln. „Na, irgendwie muss man dieses Ereignis ja definieren.“ „Muss man nicht“, entgegnete Shikamaru tonlos. „Zumindest nicht so.“ „Gut, dann schlag einen besseren Zeitpunkt dafür vor.“ „Warum bist du nur so versessen darauf, irgendein Treffen als erstes Date festzulegen?“ Seine Freundin seufzte. „Vielleicht die tief verborgene Romantikerin in mir?“ „Gibt es die denn?“ „Falls sie existiert, versteckt sie sich gut“, sagte sie und lachte. „Und hatte ich Recht?“ „Womit?“ „Dass du an das furchtbare Mittagessen damals gedacht hast, das andere als Date bezeichnen würden?“ „Nicht ganz“, erwiderte er, „aber du bist nah dran.“ „Der Abend davor oder danach?“ „Davor.“ Ihr Blick verklärte sich ein wenig. „Nicht schlecht“, sagte Temari wieder mit einem Grinsen auf den Lippen. „Auch wenn ich leicht alkoholisiert war und es moralisch hart an der Grenze ist, dass du mich trotzdem flachgelegt hast.“ „Du hast doch drum gebettelt, dass ich’s tue!“ Shikamaru war von seiner eigenen Hartnäckigkeit überrascht. Aber in dem Punkt hörte er sich keine Vorwürfe von ihr an. „Ich weiß“, pflichtete sie ihm bei und seine Abwehrhaltung verschwand. „Und ich bereue es nicht.“ „Nein?“ „Das war der perfekte Stressabbau. Keine Prüfungsvorbereitung, die danach kam, war so entspannend.“ An die Arbeit an sich erinnerte er sich nicht mehr großartig, an das ganze Drumherum schon. Er erinnerte sich sogar verdammt gut daran. „Ich würde gerne mal für ’nen Tag die Zeit zurückdrehen“, setzte sie nach. „Warum?“ „Wir hatten keine Sorgen, kein Babybauch war im Weg und so motiviert warst du danach nie wieder.“ „Danke“, murmelte er sarkastisch und sagte: „Und was war gestern? Obwohl ich dich tagelang herumgetragen habe?“ „Eine Motivation wie Ich mach’s, damit sie Ruhe gibt! ist doch nicht dasselbe“, sagte sie und rollte mit den Augen. „Außerdem hab ich den Großteil der Arbeit gemacht.“ „Ich hab dich getragen. Tagelang“, wiederholte er. „Da muss ein zum Ziel kommen auch mal reichen.“ „Schon gut, schon gut, ich seh’s ja ein“, sagte sie. „Das war ohnehin schon mehr, als ich erwartet hab.“ Hauptsache erstmal meckern, dachte Shikamaru und hakte das Thema für sich ab, doch … „Aber wenn zum Ziel kommen dein einziger Anspruch ist …“ „Fängst du schon wieder damit an!“ „Ach, das war doch nur Spaß.“ Temari winkte ab und schenkte ihm ein Lächeln. „Ich liebe dich und bin im Großen und Ganzen zufrieden.“ Was sie mit im Großen und Ganzen meinte, wollte er gar nicht genauer definiert haben. „Dann lass uns mal gehen“, sagte sie im Anschluss. „Ich bin hungrig und dir scheint es ja wieder gut zu gehen, wenn du in solchen Erinnerungen schwelgst.“ Er stand auf, reichte seiner Freundin die Hand und zog sie hoch. „Wo ist denn dein Haustier?“ „Kamatari?!“, erwiderte sie. „Er ist gegangen, während du dir im Kopfkino unseren Privatporno angesehen hast.“ „Das war kein –“ Er brach ab. Den Widerspruch, dass er gedanklich bis dahin gar nicht gekommen war, schenkte er sich. Kapitel 47: Das soll ein Date sein? ----------------------------------- Kapitel 47: Das soll ein Date sein? „Was machst du denn schon wieder hier?“, fragte Temari, als sie das Wohnzimmer betrat. Matsuri begrüßte sie von der Couch mit einem Grinsen. „Ich koche heute das Abendessen.“ „Ja, sicher. Und das ist der einzige Grund, warum du hier bist.“ „Das hab ich nicht behauptet.“ Temari zog die Augenbrauen zusammen. „Sag bloß, das von gestern beschäftigt dich immer noch.“ „Was meinst du denn?“, erwiderte sie scheinheilig. „Tu doch nicht so. Ich weiß, wie neugierig du bist.“ Ihre Freundin grinste erneut. „Das war doch ein Scherz, oder?“ „Was denn?“ Matsuri errötete und stammelte: „Na, das mit dir“ – sie nickte in Shikamarus Richtung – „und ihm!“ „Ich bin fast an einem Stück Apfel erstickt und er kam auf einem weißen Pferd angeritten und hat mich gerettet“, erzählte Temari nüchtern. „Und wenn wir nicht gestorben sind, dann leben wir noch heute glücklich und zufrieden in unserer Welt aus rosa Wattebällchen.“ Matsuris Grinsen verschwand. „Das ist doch Schneewittchen!“, meinte sie. „Verarsch mich nicht!“ Ihre Freundin lachte los. „Sorry“, sagte sie. „Aber es ist einfach zu süß, wie du an deiner kitschigen Auffassung von romantischer Liebe festhältst.“ „Was ist so falsch daran?“ „Es ist halt nicht immer so“, sagte Temari. „Ich versteh dein Problem nicht.“ „Womit denn?“ „Na, dass ich gestresst und angetrunken war und ihn so lange genervt hab, bis er mit mir geschlafen hat.“ Ihr klappte der Mund auf. „Du warst auch noch betrunken?“ „Nur ein bisschen.“ Matsuri starrte sie weiter vor Entsetzen an, dann wandte sie sich an Shikamaru. „Sie macht doch ’n Witz, oder?“ Dieser schüttelte nur den Kopf. „Wie plump ist das denn bitte?“, regte sie sich auf. „Warum hast du das überhaupt mitgemacht?“ „Entschuldige, dass wir dein Weltbild zerstören, aber es ist, wie es ist“, sagte Temari und versuchte es mit einem Themenwechsel. „Wolltest du nicht Abendessen machen?“ Ihre Freundin überging sie und gab ihre Empörung weiter zum Besten. „Das kann doch nicht euer Ernst sein! Wie bescheuert ist das denn? Wie beknackt seid ihr Männer denn, wenn ihr gleich die nächstbeste Gelegenheit nutzt, wenn sich euch ’ne offensichtlich Betrunkene um den Hals wirft?“ Shikamaru bereute es, dass er sich in seiner Unbedarftheit neben dieses aufdringliche Mädel auf die Couch gesetzt hatte. Warum war er stattdessen mit Temari nicht noch ein Eis essen gegangen? Er träumte lieber die nächsten zehn Jahre von diesem blöden Treffen am Tag danach, als auch nur ein Wort zu diesem Thema zu sagen. „Ich hab dich was gefragt!“ Matsuri stierte ihn mit dem Blick eines hungrigen Wolfes an und stand in puncto Gruseligkeit keiner Frau nach – inklusive seiner Freundin. „Ich hab noch versucht, mich zu wehren“, sagte er und suchte nach dem schnellstmöglichen Fluchtweg. Am besten stand er einfach auf und ging. Was in der Theorie leider sehr viel einfacher war. Zumal diese wissbegierige Nervensäge selbst zwei Beine zum Laufen hatte. „Versucht?! Wie lange?“, wetterte sie weiter. „Zehn Sekunden? Wenn ich das schön höre! Das ist die dämlichste Ausrede, die ich je gehört hab!“ Temari lachte sich innerlich kaputt. Und obwohl sie die Diskussion selbst ausgelöst hatte, hielt sie sich heraus. Ihr Magen knurrte und Shikamaru war kein Kind, das nicht selbst entscheiden konnte, was es erzählte. Und da es ihr ohnehin egal war, wie viel Matsuri von dieser absurd anmutenden Geschichte erfuhr, brauchte sie auch kein schlechtes Gewissen haben. Andererseits … Konnte sie so undankbar sein und den Vater ihres Kindes so auflaufen lassen? Na ja, eine kleine Hilfe hatte er sich nach dem Geschleppe der letzten Tage verdient. „Drei Minuten“, sagte sie. „Vielleicht auch nur zwei.“ Sie fing seinen verzweifelten Blick auf und setzte ein Grinsen auf. „Aber willst du ihr nicht lieber von unserem tollen Date erzählen?“ Nein, wollte er nicht. Aber das war immer noch besser als sich von einer Göre wegen angeblich fehlender Standhaftigkeit anschnauzen zu lassen. „Ein Date?“ Die gefährliche Ader auf Matsuris Stirn verschwand und hinterließ eine Miene purer Entzückung. „Vorgeschichte hin oder her – das war doch bestimmt romantisch, oder?“ Temari klinkte sich aus dem ungleichen Gespräch aus, ging in die Küche und durchwühlte den Schrank nach etwas Essbaren, das schnell ging. Eine Packung Muffins fiel ihr in die Hände. Sie nahm sich den mit den Schokostücken heraus, biss hinein – und erinnerte sich. Temari schob den Teller, auf dem sich ihr Mittagessen befunden hatte, von sich und schlug die Mappe mit der Arbeit vom Vortag auf. Sie starrte auf das erste Blatt. Es war zur Hälfte beschrieben. Der letzten Satz zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie hatte ihn nicht einmal zu Ende geschrieben und selbst die Zeilen davor waren vom Inhalt her fraglich. Dämlicher Wein … Vielleicht passten Alkohol, Stress und Arbeit bei anderen besser zusammen, aber sie hatte sich davon zu einem dämlichen Fehler verleiten lassen. Die Bilder, wie sie heute Morgen in seinem Bett aufgewacht war, kamen ihr in den Sinn. Zuerst dachte sie in ihrer Schlaftrunkenheit, dass sie nur bei ihm übernachtet hatte, aber nach einem Blick unter die Bettdecke dämmerte es ihr. In einem Anflug Überforderung zog sie sich an, kritzelte ihm eine Nachricht, schnappte sich einen Teil ihrer Papiere und machte sich aus dem Staub. Sie roch an ihrem Arm und ihr kam es so vor, als klebte sein Geruch trotz der Dusche immer noch an ihr. Verdammt, warum hatte sie sich dazu verleiten lassen, mit ihrem Kollegen zu schlafen? Und warum hatte er das überhaupt quasi ohne Widerstand mitgemacht? Weil er ein Mann ist, dachte sie. Und Männer waren nun mal so. Ja, normalerweise, aber Shikamaru war nicht normal, was das betraf. Er hatte vorher nie auch nur das kleinste Bisschen Interesse an ihr gezeigt und dann das? Hatte er auch getrunken und sie hatte es nur nicht mitbekommen? Anders konnte es gar nicht sein, wenn er sich zu so einer Sache hinreißen ließ. Ohne großen Widerspruch. Temari sah auf ihre Uhr. Es war fünf Minuten nach der Zeit, die sie auf den Zettel geschrieben hatte. War sie so durch den Wind gewesen und hatte so geschmiert, dass er ihre Schrift nicht lesen konnte? Konnte es sein, dass er gar nicht vorhatte, aufzutauchen? Ja, warum auch? Etwa weil sie gevögelt hatten und nun so was wie ein Date brauchten? Oder machte er gerade noch einen Umweg zu ein paar Gesetzeshütern um sie festnehmen zu lassen, weil sie einen schweren Fall von Verführung eines Minderjährigen begangen hatte? Das musste es sein. Er wurde in ein paar Monaten siebzehn, und sie …? Gut, er verhielt sich nicht wie ein Teenager und ein Tête-à-tête mit einem Kindskopf wie Naruto oder Kiba wäre auf jeden Fall fragwürdiger gewesen, aber … Gott, sie war fast zwanzig und hatte mit einem Sechzehnjährigen Sex gehabt! Dafür konnte man sie nur zur Rechenschaft ziehen. Ihr Kopf fiel mit einem Klonk! auf die Tischplatte. Ihr Leben war vorbei. Und das alles nur wegen einer Fehlentscheidung im angetrunkenen Zustand. Das konnte doch nur ein schlechter Traum sein … Sie hörte das Schieben eines Stuhls und wie sich jemand setzte. „Du willst reden?“, fragte Shikamaru monoton. Sie sah nicht auf und murmelte: „Von wollen kann nicht die Rede sein.“ Sein Seufzen, das darauf folgte, erinnerte sie auf unangenehme Weise an die letzte Nacht. Scheiße, warum hatte sie nicht wenigstens so betrunken, dass sie einen Filmriss hatte? Aber nein, stattdessen kamen ihr Erinnerungen an diverse Geräusche und Gerüche, seine Berührungen und Küsse. Ihr Magen drehte sich und auf ihren Armen zeichnete sich eine Gänsehaut ab. Nicht, dass sie eine große Erwartungshaltung gehabt hätte, aber fürs höchstwahrscheinlich erste Mal hatte er sich nicht schlecht angestellt. Erwartungshaltung … Hatte man so was überhaupt, wenn man getrunken hatte? Klappe!, schalt sie ihre Gedanken. Es war ja noch schöner, wenn sie anfing, dem Ganzen etwas Gutes abzugewinnen. Es gab nichts Positives an der Sache. „Dein Glück“, begann er trocken, „dass sich Chouji momentan mit Hieroglyphen beschäftigt. Dein Gekrakel konnte man kaum lesen.“ Temari riss ihren Kopf hoch, schlug mit der rechten Hand auf den Tisch und schaute ihn voller Entsetzen an. „Du hast es ihm erzählt?“ Natürlich, er war sein bester Freund und Kerle erzählten sich die neuesten Bettgeschichten untereinander. Warum sollte er in dem Punkt eine Ausnahme sein? Ein Kopfschütteln, sie atmete auf und eisiges Schweigen brach aus. Sie nahm ihre benutzte Gabel vom Teller und drehte sie zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger herum. Mann, kam sie sich gerade bescheuert vor. Wie war sie nur auf die Idee gekommen, ihn zu einem Treffen in der Öffentlichkeit zu bestellen? Und dann noch mit dem Vorsatz, ihre kleine Nummer auszudiskutieren? Gab es da überhaupt etwas zum Diskutieren? Reichte ein Schwamm drüber, vergessen wir’s! nicht? Nein, es reichte nicht. Sie hatte Klärungsbedarf, das Vergessen kam hinterher. Aber wie sie sich kannte, vergaß sie das eh nicht. Es konnte Gras drüber wachsen. Mehr nicht. Und am besten fing sie damit sofort an. Sie öffnete den Mund, aber es kam kein Wort heraus. Wo zur Hölle sollte sie anfangen? Sie beobachtete, wie er sich etwas zum Mittag bei einer barbusigen Kellnerin bestellte. Und im Gegensatz zu ungefähr neunzig Prozent der Männer würdigte er den großzügigen Vorbau keines Blickes. Der Rest setzte sich größtenteils aus Homo- und Asexuellen zusammen und das konnte er nicht sein, denn sonst hätte er sich nicht so leicht zum Sex überreden lassen … Wahrscheinlich stand er einfach nur nicht auf große Oberweiten. So eine hatte sie selbst mit ihrem B-Körbchen auch nicht zu bieten. Gott, woran dachte sie eigentlich? Seine sexuellen Vorlieben konnten ihr doch am Arsch vorbeigehen. Es interessierte sie allerdings, warum er mitgemacht hatte. Ein wenig Sympathie reichte nicht, um mit jemandem ins Bett zu gehen. Schon gar nicht, wenn man auf Anstrengungen jeder Art sonst keine Lust hatte. Vielleicht war das gerade der Knackpunkt. Er hatte ja so was von gar nicht den Eindruck auf sie gemacht, dass er keine Lust hatte. Nein, ganz im Gegenteil. Temari piekte sich mit der Gabel in den Handrücken. Diese verklärten Gedanken konnte sie überhaupt nicht gebrauchen. Sie verspürte den Wunsch, sich volllaufen zu lassen, sich in ihrer Gästewohnung einzuschließen und das Ganze für ein paar Stunden zu vergessen. Aber nein, stattdessen saß sie mit ihrem One-Night-Stand vor einem Lokal Schrägstrich Café und gab sich der Peinlichkeit des Schweigens hin. Als Ablenkung nahm sie sich die Karte mit dem Nachtisch. Obwohl es erst früher Mittag war, liebäugelte sie mit einem Schokomuffin. Spontan gab sie mit einem Becher Eis die Bestellung auf. Wenn sie aß, musste sie wenigstens nicht krampfhaft nach einem Gesprächsthema suchen, das sich letztendlich eh nur um das Eine drehte. Sie brauchte zwanzig Minuten für ihre drei Eiskugeln und weitere sieben für den Muffin, den sie in kleine Happen zerbröselte, um die Zeit zu strecken. Irgendwie hoffte sie, dass Shikamaru genug von der Warterei hatte und gehen würde, aber er blieb sitzen und beobachtete mit gleichmütigem Gesichtsausdruck ein paar Wolken. Im Zeittotschlagen war er Profi, das musste sie ihm lassen. Auch wenn es sie in puncto Problemlösung kein Stück weiter brachte. Verdammt, warum war er gestern Abend nicht so beharrlich geblieben? Warum hatte er sie nicht zur Not mit Kagemane gefesselt und – Gott, ihre Gedanken wurden ja immer schlimmer! Sie musste es klären. Auf der Stelle. „Warum machen wir das hier überhaupt?“, fragte sie und ärgerte sich über ihre falsche Fragestellung. „Du wolltest, dass ich herkomme“, bemerkte er, ohne seinen Blick vom Himmel abzuwenden. „Oder warst du immer noch betrunken, als du den Zettel gekritzelt hast?“ „Sehr lustig“, sagte sie trocken. „Wenn ich ja so betrunken war“ – sie merkte, dass die peinliche Blockade verschwunden war – „warum hast du mich dann gevögelt?“ Seine Miene veränderte sich nicht und er zuckte unbeteiligt mit den Schultern. „Hast du sonst nichts dazu zu sagen?“ Shikamaru seufzte und sah sie nun direkt an. „Du hattest es irgendwie nötig, ich war schwach – Vergessen wir’s!“ Temari wollte gerade antworten, da entdeckte sie zwei alte Damen am Nebentisch, die sie schockiert anstarrten. Blöde neugierige Schachteln … Sie nahm ihre Mappe, die immer noch aufgeklappt dalag und tat, als würde sie einen Text üben. „Wir haben’s schon getrieben!“, sagte sie angriffslustig. „Wozu brauchen wir dann überhaupt noch so was wie ein erstes Date?“ Ihre Augen wanderten wieder zu ihm zurück und sie fragte in normalem Ton: „Klang das überzeugend genug?“ Shikamaru, irritiert von der Aktion, nickte. Sie wedelte demonstrativ mit der Mappe herum, warf den Frauen ein Lächeln zu und sagte: „Wir üben für ein Theaterstück! Es heißt“ – sie änderte ihren Tonfall – „Steckt eure Nasen verdammt noch mal nicht in fremde Angelegenheiten!“ Ertappt wandten sich die beiden ab und vertieften sich in ein Gespräch über eine neue Stricktechnik. „Denen hast du’s jetzt aber gegeben.“ Es erfüllte Temari mit Unbehagen, ihn anzusehen, aber sie tat es. Für einen Moment. „Ich hasse Leute, die Privatgespräche belauschen.“ Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf ihr halbvolles Colaglas. Was sie gleich zum gestrigen Abend zurückbrachte. Mist, warum hatte sie sich keine Limo oder gleich eine Flasche Wodka bestellt? Letzteres war perfekt um – nein, jetzt fing das schon wieder an. „Nötig hin oder her“, fing sie das Thema wieder auf. „Ich hätte von dir ein bisschen mehr Standhaftigkeit erwartet. Ich belabere dich zwei Sekunden und du machst gleich mit. Also wirklich …“ „Soll das ein Vorwurf sein?“ „Nein.“ Und es stimmte. Sie machte ihm keine Vorwürfe, dass er als Mann seinen Hormonen erlegen war. „Du bist ja nicht zuerst auf die Idee gekommen, mit mir zu schlafen, oder?“ „Bestimmt nicht.“ Ein erneuter Seufzer. „Ich seh schon: Bei dir wird’s wohl so schnell nichts mit dem Vergessen, was?“ Sie gab keine Antwort. „Denk dran, dass wir einen Job zu erledigen haben und uns nicht an so einer Kleinigkeit aufhängen können.“ „Kleinigkeit“, murmelte sie vor sich hin. „Wenn’s mal so einfach wäre …“ „Blend es aus. Wir haben ohnehin keine andere Wahl und müssen die nächsten sieben Wochen irgendwie miteinander auskommen.“ Noch sieben Wochen? Nun ja, in der Zeit konnte eine ganze Menge Gras drüber wachsen. Musste es einfach. „Bekomm ich trotzdem noch ’ne Antwort auf meine Frage?“ Sie biss die Zähne zusammen und schaute ihn wieder an. „Damit ich das Ganze abhaken kann?!“ Ein Achselzucken, dann sagte er: „Ich bin halt auch nur ein Mensch.“ Eine bessere Erklärung hatte sie jetzt, drei Jahre später, immer noch nicht bekommen, aber das spielte auch keine Rolle mehr. Wenn er damals nicht beschlossen hätte, sich wie ein Mensch zu benehmen, stände sie nun nicht mit Babybauch in der Küche und verputze einen Muffin, der sie an damals erinnerte. Temari aß das letzte Stück ihres Snacks, mit dem sich ihr Magen für die nächste halbe Stunde hoffentlich zufrieden gab, und setzte für die Quasselstrippe einen Topf mit Wasser auf. Im Wohnzimmer haute Matsuri Shikamaru immer noch tausend Fragen um die Ohren, da er ihr im besten Fall wage antwortete. Ja, um direkte Antworten drückte er sich immer noch gerne. „Wolltest du nicht kochen?“, unterbrach sie den Redeschwall ihrer Freundin. „Ja, gleich!“ Matsuri winkte ab. „Ist er eigentlich immer so schweigsam? Egal, was man fragt, man bekommt nichts aus ihm heraus!“ „Frag doch einfach nicht so viel. Schon gar nicht so privaten Kram.“ „Hey, das ominöse Date hast du selbst eingeworfen. Also?“ „Okay“, gab Temari nach. „Die Kurzform: Es war kein Date. Wir haben uns getroffen, eine halbe Ewigkeit peinlich berührt angeschwiegen und dann ausdiskutiert, wie wir mit der Situation umgehen. Punkt.“ „Mehr nicht?“ „Mehr nicht.“ „Das ist weder ’n Date noch in irgendeiner Weise romantisch.“ „Sag ich ja.“ Matsuri schürzte kurz vor Enttäuschung die Lippen, dann schien sie einen Geistesblitz zu haben. „Warte mal …“ Sie grinste wieder. „Wie seid ihr denn mit der Situation umgegangen?“ „Später vielleicht. Und jetzt koch endlich, bevor mein Kind verhungert.“ Temari schubste ihre Freundin vor sich her in die Küche und gönnte Shikamaru damit seine verdiente Pause. Kapitel 48: Graswachstum im Stillstand -------------------------------------- Kapitel 48: Graswachstum im Stillstand Ein Scheppern in der Küche. Temari fluchte. Shikamaru überlegte, ob er nachsehen sollte, doch Matsuris Gelächter und Sticheleien erübrigten diese Entscheidung. Mit einer kleinen Verbrennung kam sie schon alleine zurecht. Dafür riskierte er nicht, mit dämlichen Fragen überhäuft zu werden. Er schloss die Augen. Und dachte an damals. Demotiviert blätterte er seine Zettelwirtschaft hin und her. Er wollte arbeiten – zwangsweise –, aber ohne seine Kollegin machte es wenig Sinn. Die Kollegin, mit der er saudämlicherweise am Vorabend geschlafen hatte und die ihm seitdem nicht einmal mehr länger als zwei Sekunden in die Augen sehen konnte. Wenn Temari noch länger mit Abwesenheit glänzte, konnten sich die Genin-Teams, für die sie zuständig waren, gleich in der Gosse einrichten. Mist, warum musste das ausgerechnet jetzt passieren und nicht erst, wenn die Dreiergruppen schon im Wald unterwegs waren? Da konnte sie ihm zwar auch nicht ununterbrochen vor Scham aus dem Weg gehen, aber zumindest waren sie dann nicht dazu gezwungen, Zeit miteinander zu verbringen. Oder zu reden. Warum hatte er diese möglichen Folgen nicht bedacht, bevor er mit ihr ins Bett gegangen war? Eins stand fest: Dies war die dritte und letzte Chuuninprüfung, an der er sich an der Planung beteiligte. Vor allem in Zusammenarbeit mit einer unberechenbaren Frau, die alkoholisiert der Meinung war, ihren Stress mit Sex abbauen zu müssen. Sieben Wochen noch, dann hatte er seine Ruhe. Aber bis dahin … Shikamaru stand auf und warf eine Tiefkühlpizza in den Ofen. Und wenn er sie gegessen hatte, stattete er einer gewissen Kunoichi einen Besuch ab. Nur weil sie der Meinung war, wegen einer kleinen Dummheit ihren Job schleifen zu lassen, hieß das nicht, dass er sich von ihr mitreißen ließ. Und wenn ihr das nicht passte, dann musste sie eben einen Ersatz organisieren, mit dem man vernünftig arbeiten konnte. Er ließ sich wegen ihr jedenfalls nicht von Tsunade zur Sau machen, weil sie die Planung vermurkst hatten. Er sammelte den Papierkram zusammen und als er ihn in einen Rücksack stopfte, klingelte es an der Tür. „Schön, dass du dich schon blicken lässt“, begrüßte er Temari. „Ja ja, sorry“, sagte sie. „Ich musste erst fünf Stunden duschen.“ Ihre Erklärung nervte ihn. So sehr, dass er es nicht dabei belassen konnte. „Freut mich, dass dich mein Geruch so anwidert“, entgegnete er ironisch. „Hey, irgendwo muss man halt anfangen, Gras über die Sache wachsen zu lassen. Ging ja nicht direkt gegen dich.“ Irgendwie doch, dachte er, aber vermutlich hatte sie in dem Punkt Recht. Und wenn ihr eine ewig lange Dusche dabei half, gut. Sie zog ihre Schuhe aus, ließ sie achtlos liegen – wenn seine Mutter das gesehen hätte, hätte sie sich was anhören dürfen – und er sich erst recht, wenn sie jemals hinter das Techtelmechtel kam. Wir sind einmal im Urlaub und schon nutzt du das schamlos aus!, hörte er sie fluchen. Schäme dich! Ich dachte, dein Vater und ich hätten dich zu einem anständigen Jungen erzogen! Und dann Temaris Worte: Sei doch nicht immer so verdammt anständig! Ja, ein einziges Mal war er es nicht gewesen und gleich war das Leben kompliziert. Mist. Genau das war der Grund, warum er sich eigentlich noch ein paar Jahre Zeit mit den Frauen lassen wollte. Seine Kollegin wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum und sagte: „Wenn du von gestern träumst, vergiss das bloß schnell wieder.“ Shikamaru schüttelte den Kopf, wandte sich ab und ging in die Küche. Sie folgte ihm und fläzte sich auf einen Stuhl. „Warum hast du den Kram zusammengepackt?“ Sie deutete auf den Rucksack. „Ich wollte gerade zu dir.“ „Warum denn?“ „Um dich zur Vernunft zu bringen.“ „Und wie?“ Was sollte die Frage? „Keine Ahnung“, gab er zurück. „Hat sich jetzt auch erledigt.“ „Und anderes hoffentlich auch“, meinte sie. „Das gestern hat niemals stattgefunden, okay?“ „Von mir aus.“ Ein Schulterzucken. „Ich denk schon nicht mehr dran.“ Was nicht stimmte, aber das wusste sie zum Glück nicht. Er bezweifelte auch, dass sie nicht mehr daran dachte. So schnell konnte Gras gar nicht wachsen. Er aß rasch seine Pizza, dann machten sie sich im Wohnzimmer – ein neutraler Platz, was man von seinem Zimmer definitiv nicht behaupten konnte – an die Arbeit. Ein Platz, an dem es kein Bett gab, das Erinnerungen, die verdrängt werden sollten, wieder hochspülte und die Arbeitsmoral senkte. Drei Stunden ging die Planung gut voran – sie hatten viel Zeit verloren und es war fast unmöglich, sie wieder aufzuholen – dann begann die schlechte Laune von vorn. Temari zerknüllte ein Blatt, zischte ein „Ich krieg gleich die Krise!“ und ließ ihren Kopf theatralisch auf den Tisch fallen. Shikamaru wusste, dass er die Frage bereuen würde, aber … „Wo ist das Problem?“ „Zu viele Teams, zu wenig Unterkünfte“, brummte sie. „Das Übliche also.“ „Dann steck eine Person mehr in jedes Zimmer und dann passt es schon“, schlug er vor. „Gar nichts passt! Ich soll die Teams nicht trennen, aber die Mädchen dürfen auf keinen Fall mit bei den Jungs schlafen“ – eine Geschlechtertrennung unterschrieb er nach gestern auch bei den Prüfern – „Und diesmal sind verdammt viele Mädchen dabei. Weißt du was? Ich geb’s auf.“ „Du gibst gar nichts auf“, widersprach er. „Mach zehn Minuten Pause und dann reiß dich gefälligst zusammen.“ „Nein, ich kann das nicht!“ Sie setzte sich wieder auf und pfefferte ihre Mappe auf den Teppich. „Dieser Stress macht mich fertig. Ich kapituliere. Bürokram ist nichts für mich.“ „Pech, da musst du jetzt durch“, sagte er und kam sich neunmalklug vor. „Ich hab selbst genug zu tun und kann deine Aufgaben nicht auch noch mitmachen.“ Shikamaru hob die Zettel auf, die sie in den letzten Stunden ausgefüllt hatte und legte sie vor ihr hin. Er wollte noch mal an ihr Gewissen appellieren, aber das erübrigte sich, als er sie ansah. Temari stützte ihr Kinn auf ihrem aufgestellten Arm ab, starrte vor sich hin – und lächelte. Es war ein Lächeln wie nach einem Geistesblitz. „Okay“, sagte sie schließlich, „vielleicht hilft mir ja ein wenig Entspannung.“ Er dachte erst, sie wollte den Fernseher anschalten, doch als sie auf Knien um den niedrigen Tisch herum kam, machte dieser Gedanken einem anderen Platz. Sie wollte doch nicht etwa …? Doch, sie wollte. Geistesgegenwärtig wich er zurück und sprang auf. „Ich hab auch Cola gekauft“, sagte er konfus. „Ich hol –“ „Die brauch ich jetzt nicht.“ Sie stand galant wie eine Gazelle auf, packte ihn am Handgelenk und schubste ihn auf die Couch. Von wegen noch sieben Wochen. Er meldete sich gleich morgen von der Prüfung ab. Scheiß auf Tsunades Predigt und die Flüche seiner Mutter, solange er keine Sekunde länger mit dieser Verrückten zusammenarbeiten musste! Einen Augenblick hoffte er noch, dass sie sich nur einen kleinen Spaß erlaubte, aber als Temari sich auf seinen Schoß setzte und gegen die Lehne drückte, wusste er, dass es kein Spaß war. „Hast du schon wieder getrunken?“, fragte er in seiner Verzweiflung. „Oder du redest doch ständig von Gras wachsen lassen. Hast du welches geraucht?“ „Weder noch“, sagte sie und näherte sich ihm bedrohlich. Shikamaru roch ihren Atem. Ein Hauch Minze von ihrer Lieblingskaugummisorte, aber von Alkohol oder illegalen Rauschmitteln keine Spur. Sie hatte also tatsächlich alle Sinne beisammen – mehr oder minder – und wollte trotzdem … Nein, das musste ein Missverständnis sein. Oder ein schlechter Traum. Irgendwas in der Art. „Lass den Scheiß“, sagte er. „Das willst du doch gar nicht …“ Das willst du doch gar nicht?! Was wollte er denn mit der Aussage bezwecken? Als ob er sie mit so einer abgedroschenen Floskel zum Aufhören bewegte. Aufhören? Wollte er überhaupt selbst, dass sie aufhörte? Nicht wenn er heute Nacht noch den Löffel abgab. Aber da die Wahrscheinlichkeit darauf so gering war und er keine Lust auf weiteren Stress mit ihr hatte – und der kam garantiert, wenn er es jetzt drauf anlegte und nachgab –, war das, was er selbst wollte, zweitrangig. „Ich bin unentspannt“ – ein Schulterzucken – „und da mir nichts Besseres einfällt, um damit fertig zu werden …“ Was war denn das für ein Argument? Ihr fiel nichts Besseres ein … Als ob Vögeln ihr Problem in Luft auflöste. Lachhaft! Wenn er gestern gewusst hätte, dass sie zur Wiederholungstäterin mutieren würde, dann … Sie küsste ihn und vertrieb so das Ende seines Gedankengangs. Er erwiderte den Kuss nicht, dafür war er zu verstört von dem Ganzen. In was für eine Geschichte war er da nur hineingeraten? Warum traf es ausgerechnet ihn? Warum hatte sie sich dafür nicht ein anderes Opfer ausgeguckt? Er wollte doch nur seine Ruhe … Temaris Hände wanderten unter sein T-Shirt und bei der Berührung zog sich auf wohlige Weise sein Magen zusammen. Im Grunde hatte er zwar keine Lust auf etwas, das so kompliziert war, aber wenn er nicht gleich etwas dagegen tat, ließ er sich mit Freuden ein zweites Mal auf sie ein. Und diesen Fehler musste er um jeden Preis vermeiden. Für seinen Seelenfrieden. Bevor Shikamaru etwas tun musste oder konnte, löste sie sich von ihm. „Siehst du endlich ein, dass das hier eine schlechte Idee ist?“, fragte er, obwohl er es besser wusste. „Nein“, sagte sie und lachte. Ein gruseliges Lachen. „Und ein bisschen Entspannung schadet dir offensichtlich auch nicht.“ Sie machte sich an seinem T-Shirt zu schaffen und setzte den Kuss fort. Der fruchtige Geruch ihres Shampoos wehte zu ihm herüber und er sah seinen Seelenfrieden in rapidem Tempo den Bach runtergehen. Vom Verstand her war es so einfach, sie von sich runter zu schieben und für diesen Wahnsinn aus dem Haus zu schmeißen, aber sein Körper war zu seinem Leidwesen anderer Meinung – völlig anderer Meinung. Erneut ließ sie von ihm ab. „Gestern warst du nicht so angespannt“, bemerkte sie und zog ihr Top aus. Er fluchte innerlich über ihren Versuch, ihn zu manipulieren. Vor allem, weil es funktionierte. Und was war überhaupt los mit ihr? Am Mittag druckste sie herum und bestand darauf, alles zu vergessen und neun Stunden später zog sie sich freiwillig aus. So eine Dreistigkeit war echt nicht zu fassen … Was ging in diesem Weib nur vor? „Hat’s dir gestern etwa nicht gefallen?“, setzte Temari nach und beförderte ihren Rock zu ihrem Oberteil auf den Boden. Nicht doch, dachte er voll Ironie. Genau das war sein Problem und der Grund, warum sie immer noch auf seinem Schoß saß. Nur in Unterwäsche bekleidet. Ein paar Kilo mehr hätten der Frau zwar noch besser gestanden, aber – Denk an den Stress, der dir bevorsteht!, mahnte er sich in Gedanken, doch die Wirkung blieb aus. Verdammt, die Natur war ein Sadist, wenn man nicht ohne jegliches sexuelles Interesse geboren worden war. Shikamaru seufzte. Das Wort Anständigkeit konnte man im Zusammenhang mit ihm endgültig streichen. „Du hast gewonnen“, gab er nach – in dem Wissen, dass er es wahrscheinlich bereuen würde. Er hatte es nie bereut. Ihm kam der Satz, den er Shuiro vor einigen Tagen gesagt hatte, in den Sinn. Das war der Zeitpunkt, an dem er den Verstand ausgeschaltet und vor seinen Hormonen kapituliert hatte.. Matsuri bekam einen Kicheranfall in der Küche und er fragte sich, was Temari ihr erzählt hatte. Aber solange sie vor ihren Brüdern nicht jedes Detail breittrat – die dann wirklich einen Grund hatten, ihn umzubringen –, sollte es ihm egal sein. Und bisher hatte sie das Thema nur grob angerissen und knappe Antworten auf die Fragen ihrer Freundin gegeben – nicht so wie damals, als sie in Redelaune gewesen war und die Vokabel totschweigen spontan aus ihrem Wortschatz gestrichen hatte. Ihr warmer, schwerer Atem streifte seine Schulter. Er fühlte ihre Brust, die sich im selben Takt hob und senkte, an seiner eigenen; ihre Arme, die immer noch verschränkt auf seinem Rücken lagen und ihr rechtes Bein an seinem Oberschenkel. Sie hatten Dummheit Nummer Zwei begangen und nach der Euphorie, die jetzt, nachdem sie fertig waren, allmählich abklang, machte sich langsam so etwas wie Ernüchterung breit. Gestern war es irgendwie einfacher gewesen, da sie beschwipst, wie sie war, einfach eingeschlafen war, aber diesmal war sie weder angetrunken noch war die kleine Couch der richtige Ort um sich auszuschlafen. Von der Uhrzeit und die Arbeit, die noch vor ihnen lag, mal abgesehen. „Was hast du dir dabei gedacht?“, fragte Temari und er hatte nicht den blassesten Schimmer, wie er ihren Ton deuten sollte. „Was hast du dir dabei gedacht?“, gab Shikamaru zurück. „Stressbewältigung.“ Diesmal spürte er ihren Atem an seinem Hals. Er löste einen Anflug Wohlbefinden in ihm aus. Genau das, was er in diesem Moment nicht gebrauchen konnte. „Großartige Methode“, sagte er nüchtern. „Wirklich großartig.“ „Beschwerst du dich gerade?“ Ein ersticktes Lachen. „Dann verklag mich doch. Du bekommst hundertprozentig Recht.“ „Nein, danke. Hinterher erfährt noch jeder hiervon.“ Auf die Berichterstattung der Medien konnte er verzichten – und noch mehr auf die Reaktion seiner Mutter, die ihm dann die Hölle auf Erden bereitete. Außerdem hatte er nicht vor, Temari vor Gericht zu zerren. Klar, sie hatte ihn dreist ausgenutzt, aber es war ja nicht so, dass sie ihn dazu gezwungen hatte. Okay, er glaubte nicht, dass sie ihm letzten Endes groß die Wahl gelassen hätte, aber da er, bis auf den Anfang, freiwillig mitgemacht hatte … „Muss ich auch nicht haben“, sagte sie. „Und scharf auf ’nen Knastaufenthalt bin ich auch nicht gerade.“ „Darüber hast du wirklich nachgedacht?“ „Die Rechtslage ist eindeutig, oder?“ „Über so was denkst du ernsthaft nach?“ „Wenn man sich zu so was Blödem hinreißen lässt, sollte man auf alles gefasst sein.“ Ja, sicher. Weil er selbst an nichts anderes gedacht hatte … Seiner Meinung nach war es sinnvoller, wenn sie ihre Energie in die Planung der Prüfung steckte, anstatt sie in einen solchen Unsinn zu investieren. Er und sie verklagen … Weil sie etwas mit ihm angestellt hatte, das ihm gefallen hatte? Unbegreiflich, diese Frauenprobleme. „Okay“, unterbrach sie die Pause, „wir machen jetzt Folgendes: Wir ziehen uns an und dann ist das hier nie passiert.“ „Und du meinst, das funktioniert?“ Temari lachte. Warum auch immer. Aber zumindest gestaltete ihr Lachen die Ausgangssituation schon mal ein wenig angenehmer. Keine peinliche Stille, Ausweichungen und Gezicke wie am Mittag. Und das, obwohl es erst ein paar Minuten her war, dass sie sich auf dem Sofa gewälzt hatten. Das mussten die berüchtigten Endorphine sein. Und wer weiß, wie kratzbürstig sie war, wenn die Wirkung nachließ. „Nein“, sagte sie. „Nicht, solange du noch auf mir liegst.“ „Ich würde aufstehen, aber du hältst mich fest“, bemerkte Shikamaru. Sie löste ihre Umarmung und sie setzten sich auf. Doch anstatt sich anzuziehen, fuhr sie sich mit den Fingern durch die zerzausten Haare und entfernte die zwei übriggebliebenen Haargummies. Er reichte ihr ihre Kleidung hoch, zog sich selbst an und setzte sich zurück an den Tisch. „Mit dem Totschweigen hast du es wohl nicht eilig“, meinte er schließlich und bemühte sich darum, sie nicht anzustarren. Und es war schwierig, die Frau, mit der er eben geschlafen hatte, nicht anzustarren. Besonders, wenn sie immer noch nackt war. Was, wenn seine Eltern gleich nach Hause kamen und sie so sahen? Nein, ihre Reaktionen darauf wollte er gar nicht wissen. „Ach, ist doch sinnlos.“ – Temari streifte sich nun doch ihr Top über – „Das erste Mal kann man vielleicht noch verdrängen, vergessen oder was auch immer, aber nach dem zweiten Mal gibt’s nichts mehr schönzureden. Machen wir einfach das Beste draus.“ Sie erwiderte seinen Blick und sah auch nicht weg. Die Phase des peinlich berührten Wegschauens schien sie überwunden zu haben. Das passte ohnehin nicht zu ihr. „Und das heißt?“ „Wir sind beide Single und falls es uns mal wieder überkommen sollte: Warum eigentlich nicht? Wozu braucht man so was wie Freundschaft, wenn man Sex haben kann?“ Schön, dass sie das mal so eben festlegte, ohne ihn gefragt zu haben. Nicht, dass er groß Einwände dagegen hatte, aber trotzdem. Dass sie sich nicht um seine Meinung scherte, hatte sie seit gestern mehrmals bewiesen. Sie stand auf und bemerkte mit einem Lächeln: „Du hast Glück. Die Couch ist sauber geblieben.“ „Den Bezug kann man waschen“, sagte er beiläufig – was im Notfall tatsächlich Glück war – und zwang sich, woanders hinzusehen, als sie sich Slip und Rock anzog. „Vergiss den bloß nicht.“ Er deutete auf ihren BH. Wenn den seine Mutter fand: Gute Nacht. Dann war alles verloren. Er hatte leider keine Schwester, die er als Ausrede vorschieben konnte. Temari stopfte ihn in ihre Tasche – wozu auch anziehen? – und setzte sich zurück an ihren Platz. Sie starrte einen Moment auf die Liste und lächelte. „Wie viele leerstehende Zimmer habt ihr hier?“, fragte sie. „Vier. Wieso?“ „Dann bring ich einfach hier drei Teams unter. Der vierte Raum ist für die Mädels.“ „Vergiss es.“ „War auch nur ’n Scherz.“ Sie notierte sich mit zufriedener Miene etwas auf dem Zettel und fuhr fort: „Siehst du, dein Einsatz hat sich gelohnt. Zweck erfüllt.“ Am selben Abend erfüllte es seinen Zweck noch einmal und so war ihre Affäre – ja, so konnte man es wohl nennen – ins Rollen gekommen. Und mit jedem Tag wurde es trotz der Lockerheit, mit der sie das Ganze angingen, ein klein wenig komplizierter, als er merkte, dass er gerne Zeit mit ihr verbrachte. Nicht nur, weil sie miteinander schliefen, sondern vor allem, weil er sie mochte. „Geht’s noch ein bisschen schwammiger?“ Shikamaru öffnete die Augen und sah zum Esstisch herüber, wo sich Matsuri aufregte. „Dann hätte ich mich auch weiter mit deinem Freund unterhalten können. Da kommt genauso viel bei rum.“ „Ist eben nicht sonderlich spannend“, sagte Temari mit einem Schulterzucken und verteilte die Teller. „Aber man verliebt sich doch nicht, nur weil man zweimal zusammen in der Kiste war.“ Sie grinste. „Zweimal? Wie niedlich!“ „Dann dreimal?“ „Pack noch ’ne Null hinter und nimm es mal zwei, dann kommt es in etwa hin.“ Matsuris Augen weiteten sich, als sähe sie einen Untoten. „Was?“ „Du hast schon richtig gehört“, sagte sie und breitete das Besteck aus. „Sechzig Mal ist ein bisschen hoch gegriffen, aber ja, irgendwas im mittleren, zweistelligen Bereich wird’s wohl gewesen sein.“ „Was?“ „Nun ja, wenn man die Grenze einmal überschritten hat, kommt der Rest quasi von selbst. Außerdem ist es für uns Prüfer immer recht langweilig, wenn die Genin im Wald herumwuseln und anschließend einen Monat fürs Finale trainieren. Irgendwie muss man die Zeit bis dahin ja überbrücken.“ „Aber doch nicht damit!“, protestierte Matsuri. Temari zuckte erneut die Achseln. „Ist doch nichts dabei, wenn zwei Singles mal ein bisschen Spaß haben. Und wenn du es auf sieben Wochen umrechnest, kommst du auf einmal am Tag. Nicht gerade ein Weltrekord.“ „Aber was hat das bitte mit Liebe zu tun?“ „Nichts.“ „Und warum seid ihr dann überhaupt zusammen? Weil bei euren Eskapaden offensichtlich was schief gegangen und du schwanger geworden bist?“ „Genau so ist es. Dumm gelaufen“, sagte sie ernst. Ein Blick auf ihre entsetzte Freundin und sie schnaubte vor Belustigung. Matsuri schürzte beleidigt die Lippen. „Du verarscht mich schon wieder, oder?“ „Nur, weil du doch so leicht verarschen lässt“, erwiderte sie mit einem Lächeln. „Und jetzt denk mal nach: Meinst du, ich würde mit einem, den ich außer für Sex ätzend finde, freiwillig die nächsten Jahrzehnte verbringen geschweige denn ein Kind von ihm bekommen wollen?“ „Wahrscheinlich nicht.“ „Definitiv nicht.“ „Schön und gut, aber irgendwann musst du doch gemerkt haben, dass da Gefühle im Spiel sind, die über ’ne Bettgeschichte hinausgehen.“ „Ja, kann schon sein.“ „Kann schon sein?“ Temari lächelte nur. Kapitel 49: Liebesbriefe und Verflossene ---------------------------------------- Kapitel 49: Liebesbriefe und Verflossene „Erzählst du jetzt weiter?“ Matsuri stierte Temari an, kaum dass sie die Gabel weggelegt hatte. „Worum geht’s denn?“ Kankurou sah von seinem Essen auf und blickte seine Schwester interessiert an. „Wollt ihr jetzt doch heiraten?“ Es war ein Risiko, aber … „Warst du denn schon mit Sakura im Bett?“, erwiderte sie forsch und als sie die verunsicherte Miene ihres Bruders sah, wusste sie, dass der Punkt an sie ging. „Nein?! Wie bemitleidenswert, aber jetzt hast du wenigstens auch eine Antwort auf deine Frage.“ „Wir lassen uns Zeit“, fauchte er. „Und was, wenn ihr beide nicht kompatibel seid?“ „Das kann gar nicht sein. Und wenn doch, ändert es nichts an meiner Liebe zu ihr.“ Sie rollte mit den Augen, als er gerade nicht zu ihr sah und stand auf. Dass Matsuri und Kankurou ähnliche Auffassungen von Liebe und Beziehung hatten, wusste sie, aber auf einen Haufen war es belustigend und widerlich zugleich. Klischees wie Wir sind ja so verliebt und warten auf den richtigen Zeitpunkt oder Ohne Liebe gibt es auf gar keinen Fall Sex waren im Ansatz nicht verkehrt, aber sie konnte nichts damit anfangen. Vielleicht auch gerade deswegen, weil es bei ihr genau andersherum gelaufen war. Und weil dieses ganze schnulzige Liebesgetue, wie es frisch Verliebte gerne demonstrierten, einen Lachanfall oder Brechreiz bei ihr auslöste. Je nach Stimmung und Härtegrad des Kitsches. Zum Glück war Sakura gerade nicht da, um dem Ganzen den Lorbeerkranz aufzusetzen. Ja, was schätzte sie sich glücklich, dass sie an jemanden geraten war, der genauso wenig Gespür für Romantik hatte wie sie selbst und es auch nicht darauf anlegte, dies zu ändern. „Jetzt erzähl schon!“, forderte Matsuri sie ein weiteres Mal auf. „Dann hast du auch deine Ruhe vor mir.“ „Keine Zeit“, sagte Temari. „Ich hab was zu tun, nachdem ich mich gleich übergeben hab.“ „Schwangerschaftsübelkeit?“ „Nein, eine allergische Reaktion auf eure verklärten Ansichten.“ --- Das Erbrechen blieb aus – Rettung in letzter Sekunde! – und so konnte sie sich in Ruhe und mit vollem Magen an die Suche machen. Shikamaru schaute ihr zu, wie sie ihre Schränke durchwühlte und diverse Inhalte auf dem Boden verteilte. Er staunte, wie viel Schminke, Parfüms und anderen Weiberkram sie besaß, obwohl sie das Zeug kaum benutzte. Oder es war ihm nie aufgefallen, aber an Lippenstift, lackierte Nägel und eine zehn Zentimeter dicke Make-up-Schicht hätte er sich trotz seiner Unaufmerksamkeit wahrscheinlich erinnert. „Was suchst du eigentlich?“, fragte er, als sie die vierte Schublade ausleerte. „Den Schlüssel für mein Schließfach“, sagte sie. „Ohne den komm ich nicht an mein Erspartes.“ „Dann liegt es nicht irgendwo hier herum?“ So machte er es zumindest. Sein Geld lag sicher in einem Karton unter dem Bett. „Du hast schon den Inhalt meines Kleiderschranks gesehen? Bevor ich schwanger wurde, hatte Geld, das hier herumflog, kein langes Leben. Manchmal wundert’s mich, dass ich überhaupt so viel gespart hab.“ Sie musterte die ungefähr eine Million Kleidungsstücke, die sie sich im Laufe der letzten Jahre angeschafft hatte. „Einiges davon lässt sich vielleicht sogar noch verkaufen.“ „Wozu denn?“ Da er jetzt Jounin war, konnte sie sich den Aufwand zwar schenken, aber … „Der Großteil passt ohnehin nicht mehr“ – sie legte es auch nicht drauf an, wieder hineinzupassen; eine Schwangerschaft veränderte den Körper nun mal, ob es einem passte oder nicht – „und es wäre schade drum, wenn die Klamotten im Müll landen.“ Sie nahm ihr Lieblingskleid heraus und musterte es. Dieses wegzugeben tat am meisten weh, aber für ein eng geschnittenes Cocktailkleid hatte sie nach der Schwangerschaft ohnehin keine Verwendung mehr. Die Zeit der überschwänglichen Feiern war vorbei. Nicht, dass sie jemals groß gefeiert hatte, aber … Temari hing es zurück und sagte: „Ach, ich schenk den Kram Matsuri und Sakura. Sollen sie sich darum prügeln.“ Und wenn sie es schon an jemanden abtreten musste, dann waren die beiden ihr noch am liebsten. Sie widmete sich nun der Schreibtischschublade. Beim Überfliegen der Zettelwirtschaft stach ihr zwar kein Schlüssel, aber ein rosa Briefumschlag ins Auge. Sie öffnete ihn, las die ersten Zeilen und lachte los. „Herrlich!“, japste sie und wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Wenn du was zu lachen haben willst“ – sie reichte ihn an Shikamaru weiter – „Was Besseres findest du in ganz Sunagakure nicht.“ Das pinke Briefpapier war übersät mit hundert aufgeklebten Herzen, die der schnörkeligen Sonntagsschrift fast die Schau stahlen. Aber eben nur fast. Und das schnulzige Gedicht setzte dem Ganzen das I-Tüpfelchen auf. Meine liebste Temari, du bist mein Sonnenschein, ich möchte immer bei dir sein. In deiner Nähe geht es mir gut, du bist in meinem Herzen die Glut. So wie du kann mich keine andere erfreuen, keine Sekunde an deiner Seite werd ich bereuen. Ewige Treue schwör ich hier, ich wünschte, ich könnt jetzt sein bei dir. In Liebe, dein dich vermissender Teddybär „Wer schreibt denn so was?“, fragte er. Seine Belustigung hielt sich allerdings stark in Grenzen. „Du zum Glück nicht“ – sie lachte wieder – „sonst wärst du jetzt unter Garantie nicht hier.“ Tolle Antwort … „Von wem ist das?“ „Ach, das war noch vor deiner Zeit“, sagte sie und winkte ab. „Ich hab mich ein paar Wochen mit ihm getroffen, dann hat er mir zu viel geklammert und ich hab ihn abserviert. Dieses ekelhaft zuckersüße Gedicht hab ich nach drei Wochen bekommen. Ich meine Hallo?, welcher Mensch, der noch bei Sinnen ist, schreibt so was nach drei Wochen? Wie kann man so eine Kitschkacke überhaupt schreiben?“ Shikamaru sah sie ohne zu blinzeln an. „Was?“, fragte sie und bekam das Gefühl, dass sie ihm das Geschreibsel ihres Verflossenen – wenn man den Typ überhaupt als das bezeichnen konnte – besser nicht gezeigt hätte. „Warum hast du ihn nie erwähnt?“ Okay, das war eine berechtigte Frage, trotzdem fand sie es befremdlich, dass Eifersucht, die vorher in ihrer Beziehung nie eine Rolle gespielt hatte – wenn man im Moment schon von Eifersucht sprechen konnte –, plötzlich so präsent war. Erst das Top, mit dem sie viele Blicke auf sich gezogen hatte, was ihm gar nicht gefallen hatte; die Szene, die sie ihm gemacht hatte, nur weil er sich mit dem Mädel aus der Entschlüsselungseinheit unterhielt, das scharf auf ihn war und gleich nahm er sie wegen eines kindischen Liebesbriefs in die Mangel. In manchen Momenten war es doch von Vorteil, wenn man Single war. Da blieben einem unangenehme Diskussionen erspart. „Weil es belanglos ist.“ „Belanglos?“ „Du hast mich halt nie gefragt!“, verteidigte Temari sich. „Was kann ich dafür, wenn du nie Interesse an meinem früheren Liebesleben gezeigt hast?“ Früheres Liebesleben? Oje, falsche Vokabel gewählt … Und zwar die völlig falsche Vokabel. „Also lief bei euch was?“ Ein Blinzeln. Lügen war zwecklos. „Ein paar Mal“, gab sie zu. „Ein paar Mal?“, wiederholte Shikamaru ruhig. „Es war nicht besonders.“ „Aha …“ Sie seufzte. Er schien sich wirklich zu ärgern. Die Frage war nur worüber. Etwa weil sie es ihm nie erzählt hatte oder über die Tatsache, dass sie vor ihm mit einem anderen im Bett gewesen war? Pah, war doch seine eigene Schuld, wenn er ihr diese Frage nie gestellt hatte … „Ich war fast neunzehn und neugierig! Was ist so schlimm daran?“ „Nichts.“ Nichts? Wem wollte er das bitte weismachen? Es war ja nicht so, dass er Sex mit Gefühlen, die anfangs nicht über Freundschaft hinausgingen, mit ihr betrieben hatte. Sollte er sich mal schön an seine eigene Nase fassen! „Na, und? Dann warst du eben nicht mein Erster. Wen interessiert’s?“ Ein Schulterzucken. Was gab sie jetzt nicht dafür, um in diesem Augenblick im Austausch von Matsuri ausgequetscht zu werden? Das war tausend Mal angenehmer als dieses Gespräch zu führen. Gut, wahrscheinlich hatte Shikamaru ein Recht auf ein angekratztes Ego, aber so hatte sie sich seine Reaktion nicht vorgestellt. „Okay“, gab sie nach, „auch wenn ich es für nicht so wichtig halte, hätte ich es dir sagen sollen.“ Er antwortete nicht und sie wusste auch nicht, wie sie seinen neutralen Gesichtsausdruck interpretieren sollte. Und er beschwerte sich, dass Frauen schwer zu verstehen waren … „Was willst du denn noch hören?“ Temari merkte, wie sich ihre Beherrschung langsam verabschiedete. „Dass es total langweilig war und es mit dir eine Million mal besser ist?! Schön, ist noch nicht mal gelogen!“ Er gab ihr wieder keine Antwort und gerade, als sie sich den nächsten Spruch überlegte, fragte er: „Teddybär?“ Und ihre Anspannung verflog. Sie fragte sich zwar, was das Ganze sollte, wenn er sich im Grunde null dafür interessierte, aber sie hakte besser nicht nach. „Frag bloß nicht“, sagte sie. „Das ist zu widerlich kitschig, um es zu erzählen.“ --- Temari durchforstete eine weitere Dreiviertelstunde ihr Zimmer, dann räumte sie alles grob zurück an seinen Platz und fiel aufs Bett. „Ich geb’s auf. Der Schlüssel ist futsch.“ Und somit auch das Geld. Sie krallte ihre Finger in ihr Kopfkissen und malträtierte es auf jede Weise, die ihr gerade einfiel. So ein Mist … Ohne ihr Erspartes mussten sie die nächsten Monate wirklich auf Sparflamme leben und die Wohnung … Ja, die konnte sie sich abschminken. Und da die, in der sie momentan in Konoha lebte, auch nicht mehr lange zur Verfügung stand … Nein, Yoshino als Zimmernachbarin konnte sie auf keinen Fall akzeptieren. Da beging sie nach der Geburt freiwillig Selbstmord, bevor sie in das Haus dieser Frau zog. „Suchst du den hier?“ Ein Geräusch von Plastik, das auf Metall schlug, erklang und Shikamaru hielt ihr einen Schlüssel mit Anhänger vor die Nase. Sie riss ihm ihn aus der Hand und setzte sich abrupt auf. „Wie lange hast du ihn schon?“ „’ne Viertelstunde vielleicht“, antwortete er. Sie war hin und hergerissen zwischen den Möglichkeiten, einen Jubelschrei auszustoßen, ihn für diese Frechheit zu erwürgen – nur fast, schließlich brauchte sie ihn noch – oder beides auf einmal. „Ich hasse dich gerade ein bisschen“, sagte sie. „Tust du nicht.“ „Ich sagte ja auch ein bisschen.“ Temari lachte und betrachtete den Schlüssel ausgiebig. Sie war schon lange nicht mehr so erleichtert darüber gewesen, dass sie einen Gegenstand wiedergefunden hatte. „Wo lag er denn?“, fragte sie. „Hier auf dem Boden.“ Er deutete auf den Spalt zwischen Bett und Nachttisch. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn irgendwann dort platziert zu haben, aber das war jetzt egal. „Und warum hast du es mir nicht eher gesagt?“ „Du hieltst es auch nicht für nötig, mir von irgendwelchen Exliebhabern zu erzählen.“ Gut, aus dem Blickwinkel betrachtet hatte sie es verdient. Interessant aber, dass er das noch mal zur Sprache brachte. „Dann ärgert es dich also doch!“, bemerkte sie und ein Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. „Nur, dass du mir nichts von dem Typ erzählt hast“, erwiderte er. „Das andere war schon lange offensichtlich.“ „Offensichtlich? Inwiefern?“ „Wer kommt schon auf die Idee, Stress mit Sex abzubauen, wenn er ihn vorher nie hatte?“ „Bestimmt mehr als du denkst“, sagte sie. „Aber warum hast du nicht mal nachgefragt, wenn es so offensichtlich war?“ „Wozu, wenn es für mich keine Rolle spielt? Und du hast mich auch nie gefragt.“ „Ja, weil du fast siebzehn warst und absolut kein Interesse an Frauen gezeigt hast. Mir ist es ein Rätsel, warum du überhaupt und dann auch noch so schnell auf mich angesprungen bist.“ „Du hattest ein paar überzeugende Argumente.“ „Die hat so gut wie jede Frau“, gab sie zurück. „Das klingt so billig … Das passt nicht zu dir.“ „Was passt denn deiner Meinung nach zu mir?“ „Zumindest nicht, dass ich dich nur küssen und ein bisschen zu befummeln brauchte, damit du mit mir schläfst. Ich meine, du warst damals nicht heimlich in mich verliebt, dann hätte ich es verstanden – wer lässt sich auch schon so eine Chance entgehen –, aber das? Dieses ganze Affären-Ding macht für mich rückblickend wenig Sinn, wenn ich genauer drüber nachdenke.“ „Dann denk lieber nicht so viel.“ Und mit einem Kuss beendete er die Diskussion. Kapitel 50: Wenn es keine Liebe ist ... --------------------------------------- Kapitel 50: Wenn es keine Liebe ist … „Zweimal in gerade mal vierundzwanzig Stunden?“, fragte Temari. „Macht dich mein Gequatsche von der Vergangenheit so an oder was ist los? Das ist fast unheimlich …“ „Zu selten, zu oft …“ – Shikamaru seufzte und zog die Decke zu sich heran – „Egal, wie man es macht, es ist dir nie recht.“ Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und sagte belustigt: „Das täuscht. Du glaubst gar nicht, wie recht mir das gerade war.“ Ein Lachen. „Ich gewöhne mich gerne wieder an die Häufigkeit von damals. Zumindest solange es noch geht.“ Also nicht mehr lange, setzte sie in Gedanken nach. Sie tätschelte ihren Bauch und als Reaktion folgte ein sanftes Ruckeln. Das wiederholte sich noch ein paar Mal, dann bewegte sich nichts mehr. „Dein Kind hat anscheinend auch nichts dagegen, wenn es gleich wieder in den Tiefschlaf fällt“, bemerkte sie. Sie bekam keine Antwort und hörte stattdessen ein leises, regelmäßiges Atmen. Temari sah zu ihm herüber. Vor zwei Minuten hatte sie noch mit ihm geredet und jetzt schlief er, obwohl er schon den halben Tag verschlafen hatte. Und sie hatte inzwischen sechzehn Stunden hinter sich und war immer noch hellwach. Irgendwas lief da schief. Sie drehte sich auf die Seite. Vor drei Jahren hätte sie nie im Leben gedacht, dass sie heute noch neben ihm liegen würde. Von dem Kind, das sie von ihm erwartete, ganz zu schweigen. Sie schloss die Augen und ihre Gedanken schweiften ab. In die Vergangenheit. „Du bist gar nicht so dominant, wie du immer tust“, bemerkte Shikamaru amüsiert. Temari sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Bild dir bloß nichts ein, weil du mal oben sein durftest.“ „Mal?“ Sie zwickte ihm in die Seite und lachte. Er drückte ihr einen Kuss auf und legte sich zu ihr. In Momenten wie diesen fühlte sie sich besonders merkwürdig. Obwohl die Prüfungsvorbereitung seit drei Wochen vorbei und sie nicht mehr gezwungen waren, Zeit miteinander zu verbringen, trafen sie sich jeden Tag. Er blieb dann eins, zwei Stunden, je nachdem, wie lange er sich loseisen konnte, ohne Verdacht zu schöpfen. Meist schliefen sie miteinander, aber nicht immer. Und er ging nie sofort, wenn sie fertig waren, wie das bei einer Affäre so üblich war. Erst vögeln, dann gehen. Aber er blieb. Sie redeten viel. Über ihre Aufgaben bei der Prüfung, den Tag, Gott und die Welt. Über alles Mögliche. Wie ein normales Paar. Es war befremdlich. Und irgendwie schön. Sie verbrachte gerne ihre Zeit mit ihm. Weil sie in Konoha sonst niemanden zum Reden hatte. Aber war das der einzige Grund? Das konnte sie sich nicht vorstellen, aber sie wusste auch nicht, woran es noch liegen könnte. „Was ist das hier eigentlich zwischen uns?“, fragte sie. Wollte sie darauf überhaupt eine Antwort haben? Es gefiel ihr, wie es war, also warum ging sie die Gefahr ein, dass sich etwas änderte? „Ist das nicht eindeutig?“, erwiderte Shikamaru. „Du wolltest es so.“ „Und du etwa nicht?“, gab sie zurück. „Am Anfang nicht.“ Sehr zum Anfang, dachte sie, fragte aber stattdessen: „Und jetzt?“ „Schon.“ Temari seufzte. Das kam davon, wenn sie von ihm eine klare Ansage erwartete. „Geht’s noch ein bisschen unpräziser?“ Ein Achselzucken, dann fragte er: „Was willst du hören?“ Ja, was wollte sie hören? Warum hatte sie diese Unterhaltung vom Zaun gerissen, anstatt einfach weiter still hier mit ihm zu liegen? Aber nein, stattdessen hatte sie beschlossen, über Gefühle zu reden, wo keine waren. Zumindest keine Tieferen. „Einfach nur, wie es ist.“ Eigentlich war es schwachsinnig, mit ihm darüber zu reden. Wenn sie selbst das Ganze nicht einordnen konnte, konnte er es erst recht nicht. Eine kurze Pause, dann sagte er: „Wir haben Spaß, es gefällt mir und ich kann dich gut leiden, obwohl du ’ne Frau bist.“ Seine Wortwahl brachte sie zum Schmunzeln. „Du kannst mich gut leiden?“, wiederholte sie. „Ich glaube, so was Nettes hast du noch nie zu mir gesagt.“ „Okay, wenn man’s genau nimmt, mag ich dich sogar“, warf er ein und sie musste lachen. „Übertreib es bloß nicht“, sagte sie. „Und ist es nicht das Mindeste, dass man die Person, mit der man vögelt, wenigstens mögen sollte?“ „Keine Ahnung. Davon versteh ich nicht viel.“ „Nicht viel?“ „Hm … Es ist so kompliziert.“ Kompliziert … Mit dem Wort hatte er einen absoluten Volltreffer gelandet. Besser konnte man das, was sich zwischen ihnen abspielte, nicht beschreiben. Von einer kleinen, oberflächlichen Affäre konnte keine Rede sein. Aber was es genau war, wusste sie auch nicht. „Stimmt“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu ihm. Sie spürte seine Hand an ihrer und sie konnte sich nicht erinnern, ob er ihre oder sie seine genommen hatte. Noch so eine Sache, die nach ihrer Auffassung nicht vorkommen sollte, wenn man Sex ohne Liebe hatte. Liebe … Wie hirnrissig. „Bist du etwa schwanger?“, fragte er. Die Frage überraschte sie. „Legst du es etwa drauf an?“, gab sie im Affekt zurück. „Nein.“ Ein einfaches Nein. Mehr nicht. Ihn konnte wirklich nichts aus der Fassung bringen. Von den beiden Malen, als sie ihn dazu überredet hatte, mit ihr zu schlafen, mal abgesehen. Er fragte sie, ob sie schwanger war, wie andere Leute nach der Butter am Frühstückstisch. Unglaublich. „Wie kommst du dann darauf?“ „Weil du auf einmal so merkwürdige Dinge fragst.“ „Die übermäßige Ausschüttung von Glückshormonen macht mich wohl ein bisschen gefühlsduselig.“ Das musste es sein. Warum dachte sie sonst über so einen Unsinn wie Liebe nach? Das hatte die Natur wirklich geschickt eingerichtet. „Übrigens schön, dass du dich mit der Verhütungsfrage beschäftigst, nachdem wir es etwa drei Dutzend Male getrieben haben.“ „Du hast mitgezählt?“ Er überging das Wesentliche schon wieder. Und sie ärgerte sich nicht mal darüber. „Nur ’ne grobe Schätzung“, sagte Temari. „Du fragst mich, ob ich schwanger bin und ich stelle komische Fragen? Wie kommst du auf die Idee?“ „Müsstest du nicht inzwischen mal dein Frauenproblem gehabt haben?“ „Solange wie das hier läuft, verschwende ich doch nicht vier Tage damit“, entgegnete sie. „Deshalb nehm ich die Pille durch. Im Gegensatz zu dir denke ich mit.“ „Meinst du, dass ich während der Prüfungsvorbereitungen nicht jeden Abend gesehen habe, wie du sie eingenommen hast?“ „Und was, wenn es Kopfschmerztabletten gewesen wären?“ „Jeden Tag um dieselbe Uhrzeit?“ „Okay, der Punkt geht an dich“, gab sie zu. „Eigentlich hätte ich mir denken können, dass du nicht so dermaßen leichtsinnig bist. Und was Kinder betrifft, kannst du mich in zehn Jahren noch mal fragen.“ In zehn Jahren? Warum hatte sie denn das jetzt gesagt? Als ob dieses Was-auch-immer überhaupt so lange hielt … „Eventuell komm ich drauf zurück“, sagte Shikamaru amüsiert und sie war froh, dass er sie mit dieser Aussage nicht aufzog. Langsam verfluchte sie diese Endorphine. In Zukunft hielt sie unmittelbar nach dem Vögeln die Klappe. Dann kam wenigstens kein Blödsinn heraus. Sie schaute auf die Uhr und obwohl sie sich bei dem Gedanken ertappte, dass sie gerne noch ein bisschen länger so mit ihm gelegen hätte – was zum Teufel war das nur? ,– war es höchste Zeit für ihn zu gehen. „Es ist gleich halb elf“, bemerkte sie. „Und?“, fragte er. Seine Teilnahmslosigkeit überraschte sie. „Musst du nicht los?“ „Jetzt oder in einer Stunde …“ Er zuckte die Schultern. „Wo ist der Unterschied? Stress gibt’s sowieso.“ Sie hatte den Vorteil – wenn man es so nennen konnte, dass man in ihrem Alter keine Eltern mehr hatte – und musste sich vor niemandem rechtfertigen. Sie hatte ihre Brüder, aber sie waren drei Tage entfernt und das, was sie in ihrer Freizeit tat und mir wem sie sich traf, ging beide nichts an. Nicht im Geringsten. Er hingegen hatte einen Hausdrachen als Mutter, die ihn mit Adleraugen überwachte. Eine Tatsache, um die sie ihn nicht beneidete. Gerne hätte sie ihm zugestimmt und es dabei belassen – seine Probleme zu Hause waren schließlich seine Sache –, aber … „Du musst es ja nicht noch schlimmer machen, als es ist.“ Sie ließ seine Hand los und zog ihm die Decke weg. „Also hau schon ab, bevor ich dich eigenhändig rausschmeiße. Du hängst hier eh schon viel zu lange herum.“ Ein erneuter Blick auf die Uhr. Er war wirklich schon seit viereinhalb Stunden hier. Und nur zwanzig Minuten davon waren für Sex und das Drumherum draufgegangen. Was hatten sie nur die restliche Zeit gemacht? So lange konnte man doch nicht reden, ohne dass einem die Gesprächsthemen ausgingen, wenn man sich jeden Tag sah. Dieses – sie wusste es immer noch nicht – nahm ganz absurde Züge an. Ein Seufzen, dann stand er widerwillig auf und zog sich an. „Und jetzt raus!“, sagte sie, um ihren Standpunkt zu untermauern. „Du weißt, wo die Tür ist.“ Sie erntete einen genervten Gesichtsausdruck, dann murmelte Shikamaru ein „Bis dann“ und verschwand in den Flur. Temari hörte noch das Knarren der Wohnungstür, als sie aufging, dann war es still. Sie drehte sich auf die Seite und starrte auf den türlosen Rahmen in der Wand, durch den er eben gegangen war. Ein paar Zeilen eines Liedes liefen in ihrem Kopf ab. Sie hatte keine Ahnung, warum sie ausgerechnet jetzt daran dachte, aber es passte ausgesprochen gut zu ihrer Situation. Ihre Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln und die Frage, die sie beschäftigte, nahm Form an: Wenn es keine Liebe ist, warum fühlt es sich dann so verdammt gut an? Die Antwort darauf hätte sie nur zu gerne gekannt. Und andererseits … Warum dachte sie in den letzten Tagen so viel darüber nach? In fünfzehn Tagen war die Chuuninprüfung vorbei und mit ihr … Dieses Wir-haben-Sex-und-mögen-uns-Dingens, das sie mit ihm hatte, hatte ein Ablaufdatum. Und das war der Tag ihrer Abreise. Gut, mit einer Ausrede schaffte sie es vielleicht noch, sie ein wenig hinauszuzögern, aber dann? Es gab kein Dann. Spätestens Mitte Juli war die Sache erledigt und jeder ging seines Weges, als wäre nie etwas gewesen. So einfach war das. Wenn es keine Liebe ist, spielte es sich in ihren Gedanken ab. Vielleicht war es doch so etwas wie Liebe und sie konnte sich das nur nicht eingestehen?! So ein Schwachsinn … Sich in einen Typen aus einem Dorf zu verlieben, das so weit entfernt war, sprach gegen jede Logik. Diese verfluchten Hormone … Jetzt redeten sie ihr schon ein, dass sie eventuell dabei war, sich zu verlieben. Emotional war das nicht ganz von der Hand zu weisen – es war zumindest eine Erklärung dafür, warum sie sich in seiner Gegenwart fühlte, wie sie sich fühlte –, aber rational machte es null Sinn. Das war wirklich die komplizierteste Scheiße, in der sie sich je befunden hatte. Und dabei hatte alles so simpel mit ein wenig Spaß angefangen. Wahrscheinlich war es ein Fehler gewesen, nach dem Abschluss der Prüfungsvorbereitungen weiterzumachen. Von ursprünglichen Stressabbau war schließlich lange keine Rede mehr. Nein, inzwischen hatte sich Gewohnheit eingeschlichen. Genau, das war das Problem: Sie hatte sich an ihn gewöhnt. Nicht weniger und vor allem nicht mehr. Mit Liebe hatte das nichts zu tun. Temari bekam eine Gänsehaut. Nicht, weil sie ihre Gefühle ein wenig geordnet und erkannt hatte, sondern weil ihr kalt war. Sie zog sich die Decke bis unter ihr Kinn und schaute zu dem großen Fenster, unter dem das Bett stand. Es war geschlossen. Und die beiden, die sich in der Küche und im Bad befanden, waren definitiv zu. Sie seufzte. Dieser Idiot hatte wahrscheinlich die Wohnungstür nicht richtig geschlossen, als er gegangen war. Idiot … Sie lächelte. So hatte sie ihn selbst in ihren Gedanken schon lange nicht mehr genannt. Sie setzte sich auf, fischte das T-Shirt, das sie zum Schlafen trug, vom Bettende und warf es sich über. Sie fröstelte und sie verkreuzte die Arme, um sich zu wärmen. Dann ging sie zur Tür und blieb an der Schwelle stehen. Die Wohnungstür stand tatsächlich offen. „Hab ich dir nicht gesagt, dass du abhauen sollst?“, fragte sie, fühlte sich aber gleichzeitig irgendwie erleichtert, dass er nicht auf sie gehört und gegangen war. Die liebe Gewohnheit. „Es regnet“, sagte Shikamaru. „Und ich friere“, bemerkte sie. „Also mach die Tür zu. Egal, von welcher Seite.“ So egal war es ihr nicht, aber sie wollte sich nicht anmerken lassen, dass es ihr ganz recht war, wenn er noch blieb. Er schloss die Tür. Von innen. Die Raumtemperatur kam ihr ohne den Wind von draußen gleich ein paar Grad wärmer vor. Sie ließ von ihren Armen ab und fragte: „Sicher, dass du dir solchen Ärger einhandeln möchtest?“ „Es regnet“, wiederholte er, wandte sich zu ihr um und zuckte die Schultern. „Von daher hab ich ’ne einigermaßen brauchbare Ausrede.“ Temari warf einen Blick aus dem Wohnzimmerfenster. Okay, die Äste der Bäume wogen hin und her, hier und da schlugen Regentropfen gegen die Scheibe, aber viel mehr als Nieselregen war das nicht. Und somit keine brauchbare Ausrede für ihn. „Ganz sicher?“, fragte sie noch einmal. Er antwortete nicht und während sie ihn ansah, sprang die Melodie des Liedes wieder in ihren Gedanken an. Wenn es keine Liebe ist, übersetzte sie für sich. Warum fühlt es sich dann so gut an? Sie hatte immer noch keine Antwort darauf und langsam bezweifelte sie, dass sie sie überhaupt fand. In zwei Wochen ist es vorbei, dachte sie. Sobald sie Konoha hinter sich gelassen hatte, musste sie sich mit solch schwierigen Fragen nicht mehr beschäftigen. Aber bis dahin … „Ich übernehme nicht die Verantwortung, wenn dich deine Mutter morgen früh umbringen sollte“, bemerkte sie und lächelte. „Na, dann komm ins Bett. Ich bin müde.“ Sie wartete nicht auf ihn, ging zurück ins Wohnzimmer und legte sich hin. Komm ins Bett … Sie hätte niemals gedacht, dass sie das mal zu ihm sagen würde, ohne es als Aufforderung zum Sex zu meinen. Nein, sie wollte tatsächlich schlafen. Und diesmal war sie dabei nicht allein. Die erste Nacht seit Wochen, die sie nicht allein verbringen musste. Eine merkwürdige Vorstellung. Aber seit Kurzem war ohnehin alles merkwürdig. Nur noch zwei Wochen … Verdammt, warum stimmte sie diese Aussicht nicht euphorisch? Was zur Hölle ging nur in ihr vor? Und was ging in ihm vor, dass er freiwillig so einen Stress in Kauf nahm? Scheiße, war das kompliziert. Wenn sie das gewusst hätte, dann … „Fühlst du dich wohler, wenn ich auf der Couch schlafe?“ Shikamaru saß am Bettende. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er ihr gefolgt war. Sie schaute ihn an und runzelte die Stirn. „Wir treiben’s miteinander“, sagte sie. „Da wäre es lächerlich, wenn ich dich zum Schlafen auf die Couch verbannen würde.“ Er deutete zur Wand hin. „Auf die Seite?“ Ein Nicken. Sie zog die Beine etwas an und er rückte an ihr vorbei. Dann lehnte sie sich über die Bettkante und schaltete die Lampe aus. Als sie sich zurücklegte, spürte sie seinen Oberarm an ihrer Seite. Sie drehte sich nach rechts und starrte in die Dunkelheit. Nur wenige Zentimeter von ihr entfernt lag er. Und obwohl sie nicht gerade eben mit ihm geschlafen hatte, musste sie zugeben, dass es sich gar nicht so übel anfühlte, dass er einfach nur da war und ihr beim Schlafen Gesellschaft leistete. Sie schloss die Augen. Was auch immer es war: Es fühlte sich wirklich verdammt gut an. Temari schmunzelte. Sie wusste nicht, warum sie es zu dem Zeitpunkt noch nicht eingesehen hatte, aber natürlich war es Liebe gewesen. Gefühle konnte man eben nicht immer mit Verstand und Logik erklären. Kapitel 51: Unkompliziert ... ----------------------------- Kapitel 51: Unkompliziert … Shikamaru starrte auf die Uhr und verfolgte den Sekundenzeiger. Das regelmäßig wiederkehrende Ticken war in der morgendlichen Stille deutlich zu hören, doch anstatt ihn zu nerven, hypnotisierte es ihn eher auf faszinierende Weise. Tick tack, tick tack, tick – Er blinzelte, schüttelte den Kopf und sah erneut hin. Sein Dämmerzustand war verschwunden und mit ihm die Faszination. Geblieben war der öde Anblick einer einfachen, violetten Wanduhr mit weißen Ziffern und Zeigern. Er wandte sich ab und beobachtete Temari. Sie schlief ruhig und selig vor sich hin, als hätte sie keine Sorgen und dergleichen. Hatte sie momentan wohl auch nicht, so glatt, wie es für sie lief. Es war nicht so, dass es ihm schlecht ging – absolut nicht, seit er die größten Zweifel hinter sich gelassen hatte –, aber ein bisschen beneidete er sie trotzdem darum. Die Uhr zog erneut seinen Blick auf sich. Es war fünf vor sechs und er ausgeschlafen. Kurios. Um die Zeit war er sonst nie wach, wenn nicht gerade eine lästige Aufgabe auf ihn wartete. Nur ganz selten wachte er vor seiner Freundin auf, die ihm Gegensatz zu ihm Frühaufsteherin war. Aber für sie war es vielleicht nicht so schlecht, dass sie mit relativ wenig Schlaf auskam. Dann steckte sie das nächtliche Aufstehen in ein paar Monaten besser weg. Nächtliches Aufstehen … Davor graute es ihm jetzt schon. Er wandte sich wieder ab. Temaris Lider zuckten, ein Lächeln deutete sich an, dann lag sie wieder still und reglos da. Irgendwie betrachtete er sie gerne beim Schlafen, wenn er die Gelegenheit dazu hatte. Das war schon früher so gewesen. Ihre Haare waren etwas länger und eventuell war sie ein klein wenig gealtert – minimal und kaum der Rede wert, denn das brachte der Zahn der Zeit so mit sich –, aber ansonsten sah sie noch genauso aus wie damals. Damals, vor drei Jahren, als das Leben auf andere Weise kompliziert gewesen war. Shikamaru schaute an die Decke. Das sanfte Licht der vorangeschrittenen Morgendämmerung schien durchs Fenster und Vogelgezwitscher drang an seine Ohren. Die Regenfront letzte Nacht hatte sich schon vor Stunden verzogen, aber den Stress, der ihn erwartete, hatte sie leider nicht mitgenommen. Klar, eine Standpauke hätte es auch für ihn gegeben, wenn er gestern so spät nach Hause gekommen wäre, aber das war wahrscheinlich Fliegendreck auf der Fensterbank zu dem, womit er heute rechnen konnte. Das Seltsame daran war, dass er es bewusst in Kauf genommen hatte, als er sich dazu entschieden hatte, hierzubleiben. Er vernahm ein leises Atmen zu seiner Linken. Er konnte sich nicht erinnern, dass er Temari überhaupt schon beim Schlafen gesehen hatte. Während der Prüfungsvorbereitungen hatte sie das eine oder andere Mal bei ihm übernachtet, als seine Eltern noch im Urlaub gewesen waren. Sie war immer vor ihm wach gewesen – oder gleich verschwunden. Meist Letzteres. Er überlegte, ob er es ihr gleichtun sollte, doch das war Quatsch. Dieses wortlose Verschwinden war nicht so seins und sein Bleiben wurde dann auch sinnlos. Sinnlos … War es das nicht sowieso, da sie nur nebeneinander geschlafen hatten? Shikamaru erinnerte sich an das merkwürdige Gespräch gestern. Es war wirklich angenehm, so viel Zeit mit ihr zu verbringen. Klar, der Sex hatte einen gewissen Anteil, aber hauptsächlich lag es daran, dass Temari so wenig anstrengend wie nie zuvor war. Sarkastische Kommentare brachte sie immer noch, aber alles in allem wirkte sie irgendwie gelassener, zufriedener als sonst. Er mochte sie sowieso, aber diese Seite, die sie bisher immer so gut verborgen hatte, gefiel ihm besonders. Langsam musste er sich die Frage stellen, auf was er sich da eingelassen hatte. Aber nicht jetzt. Die Antwort darauf zu finden war sicher mühselig und erstmal gab es andere Probleme, die gelöst werden mussten. Und das Größte von ihnen wartete, sprungbereit wie eine Wildkatze, zu Hause mit einer tiefen Wutfalte im Gesicht auf ihn. Seine Mutter traute ihm eh schon nicht über den Weg, aber dass er nun über Nacht weggeblieben war, machte alles viel schlimmer. Das hatte Temari gestern schon richtig erkannt. Verdammt, war es das wirklich wert gewesen? Er beobachtete sie wieder und das Nein, das sich in seinen in seinem Kopf geformt hatte, verschwand in einem wirren Durcheinander verschiedener Gedankenfetzen. Er wusste es nicht. Er wusste es wirklich nicht. Weil es so kompliziert war. ~~~ Shikamaru wartete noch, bis ihr Wecker um halb acht klingelte – warum stand sie an einem freien Tag freiwillig so früh auf? –, und machte sich auf den Heimweg. Er fragte sich, warum er sich das zu so früher Morgenstunde antat, anstatt noch etwas bei Temari zu bleiben oder sich die Zeit mit ziellosem Schlendern durchs Dorf zu vertrödeln. Yoshino hatte am Morgen immer die schlechteste Laune, aber so hatte er es wenigstens hinter sich und musste nicht den Tag mit der Angst leben, dass sie ihm irgendwo auflauerte und vor anderen Leuten zur Sau machte. Leise und mit einem gewissen Unwohlsein in der Magengegend drückte er die Klinke der Haustür herunter. Es war noch abgeschlossen. Natürlich. Da das Aufschließen zu viel Lärm machen würde, ging er um das Haus herum und schaute nach, ob irgendwo ein Fenster offen stand. Beim Badezimmer hatte er Glück. Wenn irgendeine höhere Macht – wenn es so was überhaupt gab – einsichtig war, gelang es ihm vielleicht, sich unbemerkt in sein Zimmer zu schleichen. Die Erklärung, warum er erst so spät nach Hause gekommen war, war er seiner Mutter dann zwar weiterhin schuldig, aber das war immer noch besser, als sich für eine Nacht, in der er mit Abwesenheit geglänzt hatte, rechtfertigen zu müssen. Shikamaru öffnete die Tür einen Spalt und lugte auf den Flur. Niemand war zu sehen. Er trat auf den Gang, wandte sich in die entgegen gesetzte Richtung und – Das Licht ging an und direkt vor ihm tauchte ein dunkles Paar Augen auf, das ihn missgelaunt anfunkelte. Er war direkt in den Schlund der Riesenschlange geraten. „Ach, auch schon hier?!“, fragte Yoshino und stemmte ihre Hände in die Hüften. „Weißt du eigentlich, wie spät es ist?“ „Kurz vor acht“, antwortete er und wunderte sich über seine Gelassenheit. In einem Anflug Übermut setzte er nach: „Und?“ „Und?“ Sie sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein. „Du bleibst die ganze Nacht weg und fragst mich nach dem Und?“ Er zuckte die Achseln. Er hatte keine Lust, ihr eine Rechtfertigung abzuliefern. „Auf Missionen war ich schon tagelang von hier weg“, sagte er. „Also was ist so schlimm daran?“ Die Augenbrauen seiner Mutter zuckten bedrohlich. Das war definitiv nicht seine klügste Antwort gewesen. „Wo hast du dich herum getrieben?“, bohrte sie weiter. „Und wehe, deine Erklärung ist nicht gut.“ Die Wahrheit lag ihm auf der Zunge und die Vorstellung, sie damit zu schocken, hatte seinen Reiz, aber so lebensmüde war er dann doch nicht. „Ich war bei Chouji“, war die naheliegendste Ausrede, die ihm einfiel. „Wir haben uns ein paar Filme reingezogen und weil ich mitten in der Nacht keine Lust mehr hatte herzukommen, bin ich dageblieben.“ „Filme?“, wiederholte sie skeptisch. „Was denn für welche?“ „Trashige, alte Zombie-Streifen“, antwortete er im Affekt. „Kennst du eh nicht.“ Merkwürdig, dass ihm das zuerst in den Sinn gekommen war. Für Untote und so komisches Zeugs interessierte er sich nicht und es gab ungefähr tausend Filme, die er sich wahrscheinlich eher angesehen hätte, aber … Er wusste, dass Temari ein Faible für diesen Schund hatte. Erst gestern hatte er sich mit ihr darüber unterhalten. Die Ader auf Yoshinos Stirn pulsierte bedrohlich, dann wurde ihre Miene etwas sanfter. Zumindest vorübergehend. „Ist dieser Kram nicht größtenteils erst ab achtzehn freigegeben?“, fragte sie kritisch. „Ich glaube nicht, dass du dieses Alter schon erreicht hast.“ „Als Shinobi hab ich schon früher viel schlimmere Dinge im echten Leben gesehen“, argumentierte er. „Schlecht gemachter Splatter mit massenhaft Kunstblut kann mich da nicht mehr schocken.“ „Altersfreigabe ist Altersfreigabe. Punkt“, legte sie fest. „Und das mit Chouji werd ich nachprüfen.“ Und da hatte er ihn: Den ersten Fehler in seinem Plan. Daran, dass ihre Familien so eng befreundet waren, hatte er nicht gedacht. Wenn Choujis Eltern nicht zufällig unterwegs gewesen waren, hatte er sich ein noch größeres Problem als vorher eingebrockt. Verdammt, was hatte ihn nur dazu gebracht, über Nacht bei ihr zu bleiben? Dabei hatte sie ihn sogar noch gewarnt … Und was nun? „Okay“, gab er zu, „ich war nicht bei Chouji zu Hause.“ Die Augen seiner Mutter verengten sich zu Schlitzen. „Du wagst es tatsächlich, mich anzulügen?“, fragte sie langsam. „Wo bist du gewesen?“ Als er keine Antwort gab, näherte sie sich ihm und atmete ein paar Mal tief durch die Nase ein. Auf diese Weise nahm sie ihren Gatten in die Mangel, wenn sie den Verdacht hatte, dass er sich wieder betrunken hatte. Was Alkohol betraf, hatte Shikamaru sich nichts vorzuwerfen, aber er war froh, dass er nach dem Aufstehen noch kurz duschen gegangen war. Er wollte sich gar nicht vorstellen, welch grausamer Tod ihn jetzt erwartet hätte, wenn er es nicht getan hätte. „Kein Alkohol“, stellte sie fest. „Hast du die Nacht etwa wie ein Penner auf der Straße verbracht?“ Er hatte keinen Schimmer, was er ihr darauf antworten sollte. Warum hatte er zugegeben, dass der Filmeabend mit seinem bester Freund nur eine Ausrede war? Lief sein Gehirn an einem Samstagmorgen um diese Uhrzeit noch auf Sparflamme oder lag es daran, dass er gerade mal sieben Stunden geschlafen hatte? Yoshino packte ihn fest an den Schultern. Er befand sich vollends im Griff der Würgeschlange. Gute Nacht, nun konnte er sich von der Welt verabschieden … „Los, red mit mir!“, blaffte sie ihn an. „Und wehe, du tischt mir noch so eine Lüge auf, dann –“ „Es reicht, Liebling!“, unterbrach Shikaku sie. Seine Frau sah ihn verständnislos an. „Er war die ganze Nacht nicht hier!“, sagte er aufgebracht. „Ich will eine verdammte Erklärung, sonst –“ „Lass ihn“, fuhr er ins Wort. „Die Prüfung ist harte Arbeit. Bestimmt ist er nur vor Erschöpfung auf einer Wiese eingeschlafen. Oder, mein Sohn?“ Shikamaru starrte ihn einen Moment irritiert an, dann murmelte er: „Klar.“ Seine Mutter ließ von ihm ab und warf den beiden noch ein paar böse Blicke zu. Dann zischte sie: „Das Thema ist für mich noch lange nicht gegessen!“ und ließ sie alleine auf dem Flur zurück. „Du schuldest mir was“, sagte Shikaku amüsiert. Er ging nicht darauf ein. Irgendwie verstand er nicht, warum sein Vater den Zorn seiner Ehefrau auf sich nahm und ihm zu Hilfe gekommen war. „Sag schon“ – er stieß ihn den Ellenbogen in die Seite – „hat es mit einem Mädchen zu tun?“ Er war dankbar, dass er ihm eben den Hals gerettet hatte, aber … „Nein“, sagte er. Wenn er es genau nahm, war es nicht mal gelogen. Da Temari nächsten Monat zwanzig wurde, konnte von Mädchen keine Rede sein. „Nicht?“, erwiderte sein Vater enttäuscht. „Worum geht es dann?“ „Es ist zu kompliziert, um es zu erklären“, sagte Shikamaru mehr zu sich selbst und verschwand in sein Zimmer. ~~~ „Schön, dass du dich auch mal blicken lässt.“ Ino setzte eine beleidigte Miene auf und verschränkte die Arme. „Ich dachte schon, du gibst dich mit uns gar nicht mehr ab. Oder was meinst du, Chouji?“ Der Angesprochene zuckte die Achseln und aß in aller Ruhe sein vorgezogenes Mittagessen weiter. „Vielen Dank!“, maulte sie. „Auf euch beide ist wirklich Verlass.“ „Ich hab halt mit der Prüfung zu tun“, sagte Shikamaru. „Da bleibt für so was keine Zeit.“ „Seltsam, dass es die letzten beiden Male funktioniert hat“, bemerkte Ino mit kritischem Unterton. „Diesmal sind auch deutlich mehr Teilnehmer in der Endrunde.“ „Und es gibt dementsprechend mehr Leute, die das Training überwachen. Also was soll die blöde Ausrede?“ Jetzt fing sie auch noch damit an. Großartig. „Wenn ich mir Vorhaltungen anhören möchte, wäre ich zu Hause geblieben“, erwiderte er. „Also lass mich mit dem Scheiß in Ruhe.“ Seine ehemalige Teamkollegin runzelte die Stirn und seufzte. „’tschuldige, ich konnte ja nicht wissen, dass du heute so empfindlich bist“, sagte sie. „Hängt der Haussegen mal wieder schief oder was ist los?“ „Schiefer geht’s nicht.“ „Was hast du denn diesmal Schlimmes angestellt?“, fragte Ino belustigt. „Bist du zehn Sekunden zu spät nach Hause gekommen oder hast du aus Versehen ihr Lieblingsglas zerdeppert?“ Ihre Fragestellung war berechtigt. Er musste sich seiner Mutter wirklich wegen jedem belanglosen Mist erklären und das nervte. Er war fast siebzehn und sie behandelte ihn immer noch wie ein Kleinkind. „Es waren mehr als zehn Sekunden“, gab Shikamaru zurück, „aber ja, Volltreffer.“ „Deine Mutter geht auch bei jeder Kleinigkeit an die Decke“, kommentierte Chouji zwischen zwei Bissen. Wie wahr … Bei unentschuldigtem Wegbleiben über Nacht behielten wohl die wenigstens Mütter einen kühlen Kopf, aber seine musste es natürlich übertreiben. „Ich hab sie mir nicht ausgesucht“, schloss er das Thema. „Und was gibt’s bei euch so Neues?“ Ino fing an zu kichern. „Ich glaube, die Frage gebe ich gleich an dich zurück.“ Ihm lief ein Schauer über den Rücken. So grinste sie nur, wenn sie einer – in ihren Augen – interessanten Neuigkeit auf der Spur war. Toll. Wer oder was hatte ihn verraten? Oder spinnte sie sich wieder irgendwas zusammen? „Ich hab nichts zu erzählen“, sagte Shikamaru. „Ja, genau“, entgegnete sie voll Ironie. „Alle anderen Prüfer gammeln nachmittags vor Langeweile in Cafés herum und du sagst, dass du keine Zeit für uns hast, obwohl ich dich fast jeden Abend durchs Dorf schleichen sehe? Glaubst du ernsthaft, dass ich dir das abkaufe?“ „Mir doch egal, was du darüber denkst.“ Anstatt ihm einen schmerzhaften Ellenbogenstoß zwischen die Rippen zu verpassen, wurde ihr Grinsen noch breiter. „Sagte ich alle anderen Prüfer?“, fuhr sie fort. „Ich meinte natürlich alle, mit Ausnahme von einer.“ Gott, warum war er nicht zu Hause geblieben? Eine Schlange, die ihn in die Ecke trieb, reichte ihm völlig. Aber nein, jetzt hatte sich noch eine zweite hinzugesellt. „Woher soll ich wissen, was Temari in ihrer Freizeit so treibt?“ „Woher weißt du denn, dass ich sie meine?“ Sie zog ihre Augenbrauen hoch und spielte nicht sehr überzeugt die Überraschte. Verdammt, Inos Falle hatte mit Erfolg zugeschlagen. Nur dass er es hier im Gegensatz zu seiner Mutter, der Boa Constrictor, mit einer harmlosen Blindschleiche zu tun hatte. „Gut, wir treffen uns manchmal“, gab er zu. Chouji hörte augenblicklich auf zu essen und blickte ihn vor Erstaunen an und seine Teamkollegin präsentierte ein Siegerlächeln. „Wusste ich’s doch!“, kreischte sie los. „Warum druckst du so herum und sagst uns nicht gleich, dass du ’ne Freundin hast?“ Eine Freundin? Guter Witz … „Du missverstehst da wohl etwas“, erwiderte Shikamaru nüchtern. „Da man mich als ihr Aufpasser abgestellt hat, muss ich ab und zu nach dem Rechten sehen. Mehr nicht.“ „Genau, und ich bin die Prinzessin auf der Erbse!“, sagte Ino ironisch. „Das kannst du vielleicht einer alten schwerhörigen Oma erzählen, aber mir nicht.“ „Glaub doch, was du willst“, resignierte er. „Ach, jetzt hab dich nicht so!“ Sie klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Mir ist schon klar, dass du nicht so der Typ bist, der offen über seine Gefühle redet, aber –“ „Da gibt es nichts zu bereden“, unterbrach er sie genervt. „Du hast von nichts die geringste Ahnung, also halt den Mund!“ Wortlos, als hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst, schaute sie ihn an. Dann verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem Lächeln. „Süß“, meinte sie. „Also ist es was Ernstes?“ – sie rückte so nah an ihn heran, dass es ihm unangenehm wurde – „Na los, raus mit der Sprache!“ Blitzschnell brachte er etwas Distanz zwischen sich und seiner Teamkollegin. Ihre penetrante Art und Weise und ihr Drang, alles wissen zu müssen, war ihm schon immer gegen den Strich gegangen, aber jetzt nervte es besonders. Weil es sie einen Scheißdreck anging. „Nein“, sagte er bestimmt. „Wir sind nur befreundet. Können wir jetzt endlich das Thema wechseln?“ Unzufrieden setzte sie sich auf ihren Platz zurück und murmelte etwas Unverständliches. Chouji ließ seine Gabel auf den Teller fallen, grinste in die Runde und fragte: „Jemand Lust auf einen Nachtisch?“ ~~~ Shikamaru verbrachte die Zeit bis zum Nachmittag mit den beiden. Da Ino die Klappe hielt, was irgendwelche Liebesdinge betraf, waren die Stunden sogar recht angenehm. Keine schwierigen Fragen, die ihm im Kopf herum schwirrten und für eine Weile vergaß er sogar den Ärger mit seiner Mutter, die nur auf den kleinsten Fehler von ihm wartete. Chouji war der Erste, der aufstand und sich verabschiedete. Er tat es seinem besten Freund rasch nach, um Ino nicht die Gelegenheit zu geben, ihm nervige Fragen zu stellen. Sie schwieg sich ohnehin schon verdächtig lange dazu aus. Aber den rechten Zeitpunkt, um zu verschwinden, hatte er verpasst. „Du gehst wohl wieder zu ihr, was?“, fragte sie mit einem breiten Grinsen. Er wollte sich von ihr abwenden, hielt aber inne und erwiderte: „Warum sollte ich?“ „Jetzt tu doch nicht so“, sagte seine Teamkollegin, als wäre es das Offensichtlichste auf der Welt. „Als ich dich vorhin auf sie angesprochen habe, hast du ganz schön die Verteidungsgeschütze aufgefahren. Das machst du nur, wenn dir etwas nicht egal ist.“ „Deine Fragerei nervt halt.“ „Wenn dich etwas nur nervt, dann schaltest du auf Durchzug“, bemerkte sie. „Das hast du aber nicht.“ „Und?“ „Gib doch einfach zu, dass es nicht nur Freundschaft ist.“ Okay, jetzt reichte es … Shikamaru zog einen Geldschein aus der Hosentasche, um seinen Anteil an der Rechnung zu begleichen, und klatschte ihn mit der flachen Hand auf den Tisch. Dann warf er Ino einen missgelaunten Blick zu, murmelte „Warum sollte ich etwas zugeben, das nicht wahr ist?“ und ging. Sprachlos sah sie ihm nach. Kapitel 52: … und kompliziert ----------------------------- Kapitel 52: … und kompliziert Ein paar Minuten, nachdem er Ino im Yakiniku Q sitzen gelassen hatte, schaute er sich um, doch zum Glück – ihrem Glück! – folgte sie ihm nicht. Shikamaru verfluchte sich, dass er so einem theatralischen Abgang hingelegt hatte, aber wenigstens hielt es sie davon ab ihm nachzuspionieren. Und er verfluchte den Tag. Egal, wo er sich aufhielt, irgendwer ging ihm auf die Nerven. Er war froh, wenn die Prüfung endlich vorbei war und alles wieder seinen geregelten Ablauf hatte. Seine Mutter gab dann Ruhe, weil er pünktlich zu Hause war und Ino stellte ihre blöden Vermutungen ein, weil er ihr keinen Anlass zum Spekulieren gab. Morgen in zwei Wochen hatte diese Heimlichtuerei ein Ende. Gott sei Dank. Er setzte sich auf die nächste Bank und schaute in den Himmel. Das Weiß der Schleierwolken verliehen dem Blau einen schönen Kontrast. Die Farbkombination wirkte so leicht und unbeschwert und Shikamaru wünschte sich, dass sein Leben wenigstens im Ansatz so war. Okay, es gab einen Platz, wo er der Realität entfliehen konnte und nicht darauf achten musste, was er tat oder sagte. Ironischerweise war dieser Ort bei der Person, die ihm diese Unannehmlichkeiten erst eingebracht hatte. Die Wolken verselbstständigten sich vor seinen Augen und bildeten die Worte: Ist es was Ernstes? Er schüttelte den Kopf. Nein, war es nicht. Absolut nicht. Verfluchte Ino mit ihren verfluchten Fragen. Was dachte sie sich mit ihrer hoffnungslos romantischen Auffassung von Liebe eigentlich? Das echte Leben war so nicht. Nicht seins. Er fluchte und stand auf. Warum musste alles nur so verdammt kompliziert sein? Er hatte keine Lust, sich über so schwierige Dinge den Kopf zu zerbrechen. Mist, warum musste er ausgerechnet heute frei haben? Shikamaru ging einige Schritte und blieb stehen. Was machte er hier überhaupt? Es hatte doch keinen Sinn, so ziellos durchs Dorf zu schlendern. Zurück zum Lokal, um sich von seiner Teamkollegin zutexten zu lassen, wollte er allerdings nicht und seiner Mutter wollte er bei ihrem Kaffeekränzchen mit ihren Freundinnen auch auf keinen Fall Gesellschaft leisten. Er wollte verdrängen, vergessen. Was er brauchte, war ein Ort, an dem er diesem ganzen unangenehmen Scheiß entfliehen konnte. Und wenn es nur für eine Weile war. ~~~ Er starrte auf die Tür. Sein rechter Finger lag auf dem Schalter der Klingel, doch er betätigte ihn nicht. Er verstand nicht so recht, warum er ausgerechnet hierher gekommen war, wenn es ein verspäteter Mittagsschlaf auf einer Wiese auch getan hätte. In seinen Träumen konnte er wunderbar vergessen. Warum hatte er das nicht bedacht? Nein, statt sich der Leichtigkeit des Schlafes hinzugeben, stand er nun vor ihrer Tür. Die Räume dahinter waren verlockend, wie eine andere Welt, in der er seinen Problemen entkommen konnte. Die Welt, die ihm die Probleme eingebrockt und die einfach und kompliziert zugleich war. Shikamaru schüttelte den Kopf. Seit wann machte er sich so poetische Gedanken? Das war doch alles Unsinn. Seine Hand begann von der angespannten Haltung zu zittern und er ließ seinen Arm sinken. Was brachte es ihm, wenn er jetzt klingelte? Sie machte ihm die Tür auf und er trat ein. Dann redeten sie und wenn sie vom Reden genug hatten, hatten sie Sex. Gestern hatte es bis dahin vier Stunden gedauert. Über schlechte Filme hatten sie schwadroniert, über die Kindheit, die Jahreszeit, die sie am liebsten mochte. All so einen Kram, für die man sich nicht interessieren sollte, wenn man nur eine Affäre hatte. Der Herbst. Die bunten Blätter an den Bäumen, die Regenschauer und den damit verbundenen Wind. Sie liebte ihre Heimat, die Wüste. Doch wenn sie hier war, mochte sie den Herbst, der einen so krassen Kontrast darstellte. Sie bedauerte es, dass die Chuuninprüfung nicht in dieser Jahreszeit stattfand, hatte sie ihm gesagt und mit einem Lachen angemerkt, dass sie ein wenig neidisch war, dass er im zweitschönsten Monat im Jahr Geburtstag hatte. Der Schönste war für sie der Oktober, wenn sich der Herbst mit seinen prächtigen Farben von der besten Seite zeigte. Er wunderte sich, dass er sich das alles gemerkt hatte. Seine Aufmerksamkeitsspanne war, was solche Kleinigkeiten betraf, nicht sonderlich lang. Aber er erinnerte sich an vieles, das sie ihm in den letzten Wochen von sich erzählt hatte. Seltsam. Seine Hand wanderte wieder zur Klingel, doch er hielt in der Bewegung inne. Die Moralpredigten seiner Mutter schwirrten ihm im Kopf herum. Und in den vergangenen Wochen waren es viele gewesen. Zu viele. Er war unvorsichtig geworden, seit die Vorbereitung zur Prüfung vorbei war. Viele Eltern hatten wahrscheinlich kein Problem damit, wenn das fast erwachsene Kind nicht pünktlich zum Abendessen zu Hause war, aber er hatte sich in der Vergangenheit immer an die Regeln gehalten. Nun tat er es nicht mehr. Und das machte ihn verdächtig. Er hatte Temari nicht einmal die Hälfte von dem erzählt, was seine Mutter deswegen für ein Theater veranstaltete. Klar, sie war der Grund dafür, aber er gab ihr keine Schuld daran. Es war seine eigene Entscheidung gewesen, dass er sich auf sie eingelassen hatte und von daher musste er allein mit den Konsequenzen leben. Nur leider reichte es ihm so langsam. Er hatte genug davon, jeden Abend aufs Neue mit dem Hausdrachen aneinander zu geraten. Aber was hatte er für eine Wahl? Er konnte den Ärger die verbliebenen zwei Wochen über sich ergehen lassen. Oder die Treffen auf ein Minimum reduzieren. Oder die beste Variante: Es ganz beenden. Es beenden … Das löste all seine Probleme mit einem Schlag. Seine Mutter beäugte ihn dann zwar immer noch einige Tage kritisch, aber irgendwann gab sie es auf. Doch dasselbe passierte auch, wenn Temari gegangen war. Dann pendelte sich der Alltag wieder ein. Aber was, wenn er dem Drachen in den nächsten vierzehn Tagen noch mehr Anlässe gab, ihm zu misstrauen? War es das wert, dieses Risiko einzugehen? Nein, war es nicht. Das Beste war es, wenn er mit dieser freundschaftlichen Bettgeschichte auf der Stelle Schluss machte. Schluss machen … Als ob er ihr mit dem Ende dieser Zweckgemeinschaft das Herz brechen würde … Das klang so lächerlich dramatisch. Sein Arm schnellte vor und er betätigte die Klingel. Es dauerte einige Sekunden, dann hörte er auf der anderen Seite Schritte. Die Klinke senkte sich und die Wohnungstür ging nach innen auf. „Deine Mutter hat dich ja in einem Stück gelassen!“, schmetterte sie ihm zur Begrüßung entgegen. Ihre offene Art war noch ein Punkt, den er an ihr mochte. Sie war sehr direkt und das machte den Umgang mit ihr … einfach war das falsche Wort, aber einfacher. Da ihm keine schlagfertige Antwort einfiel, deutete er ein Schulterzucken an. „Hat sie dich verwanzt oder was ist los?“, scherzte Temari und lächelte. Ihr Lächeln … Es war ihm schon früher aufgefallen, aber diesmal wünschte er sich, dass es nicht so einen Eindruck bei ihm hinterlassen hätte. Das erschwerte alles nur. Als er wieder nichts sagte, verschwand es und machte einer neutralen Miene Platz. Er versuchte sich vorzustellen, wie sie auf seine Bitte, das Techtelmechtel zu beenden, reagieren würde, aber es funktionierte nicht. Wahrscheinlich hatte sie Verständnis dafür, wenn er ihr seine Situation erklärte, doch es konnte genauso gut sein, dass sie wütend und enttäuscht sein würde. Warum auch immer, schließlich führten sie keine Beziehung. „Du warst auch schon gesprächiger“, bemerkte sie mit einem Schmunzeln. „Wenn du weißt, warum du hier bist, kannst du ja reinkommen.“ Sie wandte sich ab und ging zurück ins Wohnzimmer. „Aber vergiss nicht, die Tür zuzumachen.“ Shikamaru starrte auf die Stelle, an der sie bis vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte. Warum sagte er ihr nicht einfach Es war nett mit dir, aber ich hab zu viel Ärger am Hals? Wie konnte es sein, dass er es nicht mal über sich brachte, das auszusprechen? Großartig, sein Plan bröckelte. Er seufzte. Wahrscheinlich sorgte sein schlechtes Gewissen dafür. Es war wirklich nicht die feine Art, ihr das zwischen Tür und Angel zu sagen. Er trat auf den Flur, zog die Wohnungstür hinter sich zu und folgte ihr. Sie saß auf der Couch und blätterte in einem Buch. Es war ein Bildband mit Naturaufnahmen der Umgebung. Ein Andenken, das sich Touristen als Erinnerung an ihre Reise kauften. Und sie, weil sie die Vielfalt der Pflanzen im Feuerreich so sehr mochte. Wieder so eine Kleinigkeit, die er sich gemerkt hatte. „Und, wie hat sie reagiert?“, fragte Temari, ohne ihren Blick von der Fotografie einiger Ahornbäume abzuwenden. Die Blätter auf dem Bild schimmerten gelborange und vereinzelt rot. Das Foto war im Herbst aufgenommen worden. Kein Wunder, dass es ihr gefiel. Gab es eine günstigere Gelegenheit, um ihr zu erklären, dass es besser für ihn war, wenn sie aufhörten? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber … „Ging so“, sagte er. „Es hätte schlimmer sein können.“ „Wirklich?“, erwiderte sie überrascht. „Ich hätte eher damit gerechnet, dass sie dir ein Jahr Hausarrest aufdrückt.“ Ihre Mundwinkel zuckten zu einem Grinsen. Sie zog ihn gerne damit auf, wie sehr er unter dem Scheffel seiner Mutter stand, aber sie wechselte nie auf die beleidigende und persönliche Ebene. „Selbst wenn: Ich lass mich von ihr doch nicht wie ein ungezogenes Kleinkind behandeln“, gab er zurück, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach. Sie lachte, fragte aber nicht weiter nach. Noch eine Eigenschaft, die er an ihr schätzte. Er betrachtete sie von der Seite. Er suchte nach den passenden Worten für den Anfang, doch ein anderer Gedanke drängte sich ihm auf. Diese unangenehme Sache – dieses lächerlich klingende Schlussmachen – konnte noch etwas warten. Zwanzig Minuten, dreißig Minuten oder eine Stunde. Was machte da schon groß den Unterschied? Dieser Anflug Egoismus schmeckte ihm nicht, aber er wollte sie ein letztes Mal. Einmal, dann war es gut. Dann konnte er diese komplizierte Traumwelt hinter sich lassen. Tse, was für ein kitschiger und poetischer Schwachsinn … Ein weiterer Grund, das Ganze so schnell wie möglich ad acta zu legen und in den Alltag zurückzukehren. „Temari?“ Sie blätterte eine Seite weiter und entgegnete beiläufig: „Hm?“ Shikamaru überlegte, ob es wirklich sinnvoll war, das zu tun, bevor er diese absurde Situation endgültig hinter sich brachte, aber … Er bemerkte, dass sie ihn aus den Augenwinkeln ansah und verwarf seine Bedenken wieder. Einmal … Was sprach schon dagegen? Albern, dass er sich darüber überhaupt Gedanken machte. Er beugte sich zu ihr herüber und küsste sie. Sie ließ das Buch los und es rutschte von ihrem Schoß zu Boden. Dann legte sie ihre Arme um seine Schultern, lehnte sich zurück und zog ihn mit sich. Sie stellte keine Fragen, was das sollte und auch, wenn sie fertig waren, diskutierte sie nicht herum. Es war unkompliziert und – aus welchen Gründen auch immer – kompliziert zugleich. Und während sie seinen Kuss erwiderte und seine Hände sich einen Weg unter ihr Top bahnten, wurde ihm etwas klar. Er wusste, dass es nicht das letzte Mal war. Dass er es nicht beenden würde. Weil nicht nur der Sex den ganzen Stress wert war, nein, sondern sie war es irgendwie auch. Was ist das hier eigentlich zwischen uns?, hörte er sie in Gedanken fragen. Er hatte wirklich nicht die geringste Ahnung. Shikamaru blinzelte. Er hatte auch keine Ahnung, wie er damals die Antwort auf diese Frage gefunden hatte. Obwohl … Na ja, vielleicht doch. Zum Ende hin hatte sich das Ganze für ihn quasi von selbst erklärt, aber bis dahin hatte ihm dieser verwirrende Gefühlskram das Leben wirklich schwer gemacht. Dinge, die man nicht mit Logik und Verstand erklären konnte, waren nicht so seins. Damals nicht und heute auch nicht. Kapitel 53: Eine unerwartete Frage ---------------------------------- Kapitel 53: Eine unerwartete Frage Shikamaru beobachtete, wie der große Zeiger auf die Acht wanderte. Zwanzig vor sieben … Mit Erinnerungen konnte man die Zeit natürlich auch totschlagen. Er wunderte sich ohnehin, dass er seit gestern so viel in der Vergangenheit herumwühlte. Es hieß doch, dass das Leben erst an einem vorbeizog, wenn man im Sterben lag, aber es war ihm neu, dass er diesen Zeitpunkt schon erreicht hatte. Tja, vielleicht war das so was wie eine Vorahnung. Wahrscheinlich lauerte ihm Kankurou auf dem Weg zum Bad auf und murkste ihn heimtückisch ab. Er gähnte. Weil er ihn dafür hasste, dass Temari wegen ihm weggezogen war. Oder weil es ihm nicht passte, dass er seine Schwester geschwängert hatte, aber vorerst nicht heiraten wollte. Oder aus welchem Grund auch immer. Irgendeine dämliche Begründung fand er sicher, um seinen Tod zu rechtfertigen. Ach, Quatsch, so weit kam es nicht. Kankurou war wie der Rest der Familie gruselig und er musste damit rechnen, dass er ihn verprügelte oder so, aber so weit, dass er ihm eine Reise ins Jenseits ohne Rückticket schenkte, würde er nicht gehen. Dafür sorgte Temari schon. Er musste sich nur für die Dauer des Aufenthalts mit ihr gut stellen, dann war er auf der sicheren Seite. Shikamarus Augen verfolgten wieder den Sekundenzeiger und es schien ihm, als würde er sich im besten Fall in Zeitlupe bewegen. Im Urlaub früh wach sein, war mit das Langweiligste, das ihm je untergekommen war. Jetzt bereute er, dass er kein Shōgibrett mitgenommen hatte. Gefühlte tausend Kilo Gepäck hatte er hierher geschleppt, aber so etwas Wichtiges hatte er vergessen. Nicht, dass es einen großen Reiz auf ihn ausübte, gegen sich selbst zu spielen, doch das war immer noch unterhaltsamer als dem Verlauf der Zeit zuzusehen. Er wandte sich von der Uhr ab und obwohl es ihm widerstrebte, stand er auf und ging zu dem runden Fenster herüber. Das kleine Stück vom Himmel, das er sehen konnte, war blau und er konnte nicht den Hauch einer Wolke ausmachen. Wie der merkwürdige Baustil der Gebäude war die Wüste nicht sein Ding. Es war trocken, tagsüber viel zu heiß und wer hatte schon Lust, dauerhaft auf den Wasserverbrauch zu achten? Von seiner nervigen Mutter abgesehen, war er in den richtigen Platz hineingeboren worden. Die Bettdecke raschelte. „Du bist schon wach?“, fragte Temari müde. Sie setzte sich auf und rieb sich die Augen. „Träum ich etwa noch?“ Shikamaru schüttelte den Kopf und musterte sie. „Du siehst nicht gerade ausgeschlafen aus“, bemerkte er. „Kein Wunder, wenn man nicht einschlafen kann“ – sie hielt sich die Hand vor den Mund und gähnte – „und dann auch noch gefühlt jede Viertelstunde aufwacht, weil man aufs Klo muss.“ Sie schlug die Decke zurück und stand auf. Sie trug eins von Kankurous alten, ausgefransten T-Shirts, das sie sich von ihm zum Schlafen geliehen hatte. Es war furchtbar gespannt im Bauchbereich und auf merkwürdige Weise fiel ihm jetzt erst auf, wie sehr ihr Bauch in den letzten Wochen gewachsen war. Sie ging zur Tür, drückte die Klinke herunter und warf einen Blick zurück über ihre Schulter. „Heute kommst du mir übrigens nicht so davon wie gestern“, sagte sie mit einem Lächeln. „Heute zeig ich dir jede Ecke. Und wenn es bis in die Nacht dauert.“ „Wenn das eine Drohung sein soll, wirkt sie bei mir nicht“, erwiderte er. „Du ächzt doch spätestens, wenn du den Mittagsschlaf ausfallen lassen musst“, stichelte Temari. Dann lachte sie und verließ das Zimmer. --- Shikamaru ächzte nicht. Nicht mal im Geringsten. Klar, die Hitze war alles andere als angenehm, aber im Vergleich zu gestern konnte er sie durchaus ertragen. Der Dauerschlaf, den er am Vortag gehalten hatte, zahlte sich aus. Dafür sah seine Freundin umso weniger fit aus. Ihre Haut wirkte im grellen Sonnenlicht fahl und die Helligkeit ließ die Schatten unter ihren Augen noch dunkler erscheinen. Und ihre Stirn glänzte ein wenig. „Ich glaube, du könntest einen Mittagsschlaf vertragen“, merkte er an, wusste aber nicht so recht, ob er wie sie am Morgen amüsiert darüber sein sollte. „Gibt’s nicht“, protestierte sie. „Wir haben einen Tag verloren und einen strengen Zeitplan.“ „Wir sind im Urlaub und nicht auf einer Mission. Wir haben keinen Zeitplan.“ Temari seufzte. „Doch“, widersprach sie. „Wir müssen uns in spätestens elf Tagen auf den Rückweg machen.“ „Und elf Tage reichen nicht, um mir deine Heimat zu zeigen?“, erwiderte er. „So viel zu sehen gibt es hier auch wieder nicht.“ Sie antwortete nicht. „Kann es sein, dass du irgendwie deprimiert bist?“, fragte er. „Ich meine, du zählst die Tage jetzt schon rückwärts, obwohl wir erst seit vorgestern hier sind.“ „Ja, ein bisschen vielleicht“, gab sie zu. „Ich bin hier geboren und aufgewachsen, musste plötzlich wegziehen und komme frühestens in zwei Jahren wieder hierher. Es wäre seltsam, wenn ich nicht deprimiert wäre.“ Und er war verantwortlich dafür. Großartig. „Tut mir leid“, meinte Shikamaru. „Muss es nicht“, erwiderte sie mit einem Schulterzucken. „Mir war schon bewusst, dass ich das tun muss, falls ich schwanger werde, als ich diese Beziehung mit dir eingegangen bin.“ Der Satz ging direkt an sein schlechtes Gewissen und hinterließ kein gutes Gefühl dort. „Mach dir mal keine Gedanken“, setzte Temari nach. „In einer Fernbeziehung muss immer jemand Kompromisse eingehen, wenn es ernst wird.“ Und er hatte es nicht getan. Nicht mal im Ansatz war er irgendwie auf sie zu gegangen. Verdammt. „Ich wusste von deinen Verpflichtungen und diesem ganzen Kram und hab mich trotzdem auf dich eingelassen“, fuhr sie fort, „also bin ich selbst Schuld.“ „Bist du nicht“, warf er ohne Sinn ein, nur um ihren Monolog zu unterbrechen. „Doch, bin ich. Ich hab schließlich beschlossen, gefühlsduselig zu werden und mich in dich zu verlieben.“ „Beschlossen?“ Sie seufzte. „Ach, du weißt schon, was ich meine. Oder was war dein Grund, dich auf die Reinkarnation deiner Mutter einzulassen?“ „Du bist nicht mal annähernd die Reinkarnation meiner Mutter“, legte er fest. „Ich hoffe, das weißt du.“ „Und ich hoffe, dass du das wirklich so siehst und es nicht nur sagst, damit ich Ruhe gebe.“ „Warum sollte ich?“ Sie lachte nur und setzte sich auf die nächste Steinbank. „Holst du mir ein Eis?“ „Klar“, sagte er. „Und welche Sorten?“ „Du müsstest mich doch inzwischen kennen, oder?“, erwiderte sie und lächelte. „Wenn du die Falschen holst, hau ich’s dir um die Ohren.“ Da es ihm so vorkam, dass er in diesem Moment nicht das Recht hatte, mit ihr zu diskutieren, antwortete er ihr nicht und schlug den Weg zur der Eisdiele ein, an der sie eben vorbei gegangen waren. --- Temari lehnte sich zurück und schaute in den Himmel. Er war in einem strahlendem Blau und wie die meiste Zeit stand nicht ein Wölkchen am Himmel. Sie schmunzelte. Es war ein Aspekt, der die Tatsache, dass sie Shikamaru gefragt hatte, ob er es sich vorstellen könnte, zu ihr zu ziehen, zur absoluten Dummheit machte. Ein Leben ohne seine heißgeliebten Wolken … Das ging doch nicht. Sie beobachtete einen Falken, der dort oben seine einsamen Runden zog. Ja, sie würde ihre Heimat definitiv vermissen, doch sie wusste, wofür sie es tat und hatte sich damit abgefunden. In ihrem Bauch ruckelte es und sie spürte ein paar Tritte in Richtung Niere. Sie waren noch sanft genug, dass es nicht unangenehm war, aber viel fehlte bis dahin nicht mehr. Sie platzierte ihre Hände um den Nabel und merkte so von außen, wie die winzigen Hände ihrer ungeborenen Tochter von innen gegen die Bauchdecke drückten. Nach der Ruhe der letzten Tage war es ein wenig befremdlich, aber schön. Sie hatte sich wegen ihrem Egoismustrip zu viele Gedanken gemacht und es beruhigte sie, dass es ihrem Kind nach der langen Reise offensichtlich so gut ging. Temaris Blick lichtete sich. Der Falke war aus ihrem Sichtfeld verschwunden und nun erstreckte sich weit über ihrem Kopf nur noch ein schönes, aber ödes Blau. Ohne etwas, auf das man seine Augen fixieren konnte, war der Himmel wirklich langweilig. Sie schmunzelte. Für Menschen wie Shikamaru, die diesem Hobby nachgingen, war Sunagakure wirklich der falsche Ort. „Temari?“ Automatisch wandte sie sich um. Sie fragte sich einen Moment, woher sie die Stimme und die Person, zu der sie gehörte, kannte, dann … Na, toll. Gestern hatte sie sich erst seit Ewigkeiten wieder seinen Brief angeguckt und heute stand ihr Ex, den sie mindestens genauso lange nicht gesehen hatte, hinter ihr. Was für ein Zufall. „Manabu“, erwiderte sie mit einem gezwungenen Lächeln. „Wie nett.“ Sie empfand die Begegnung alles andere als nett. Und zwar, weil sie wusste, wie sie ablaufen würde. Er würde erst einen Smalltalk starten, zwischendrin immer mal wieder betonen, dass er sie vermisste und sie zum Schluss fragen, ob sie sich nicht doch vorstellen könnte, die Beziehung wieder aufzunehmen. Zumindest war es die letzten drei Male genau so abgelaufen. Er warf ihr ein breites Grinsen zu – das nett hatte er allem Anschein nach zu wörtlich genommen –, ging um die Bank herum … und stockte. Temari war einen Augenblick lang von seiner Reaktion überrascht, dann wurde ihr klar, dass es auf gar keinen Fall wie die letzten Male verlaufen würde. Im besten Fall schüttelte er ihr in Anbetracht ihres überdeutlichen Babybauchs kurz die Hand und verzog sich dann wieder. Hoffte sie. Ihr Exfreund sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein und stieß ein „Wow!“ aus. Sie schaute ihn nur mit neutralem Gesichtsausdruck an und sagte nichts. „Du bist schwanger?“, fragte er und seinem Tonfall schwang eine Prise Enttäuschung mit. „Ja“, sagte sie. „Wer ist denn der glückliche Vater?“ „Kennst du nicht.“ Manabus Blick erhellte sich. „Oder bist du etwa wieder Single?“ Hoffte er tatsächlich, dass sie ihm in den Fall den Ersatzvater spielen lassen würde? Gott, das konnte doch nicht sein Ernst sein! Den Kerl in den Wind zu schießen war die beste Entscheidung ihres Lebens gewesen. Und vorher ein paar Mal mit ihm zu schlafen war eine weniger Gute gewesen. „Nein“, legte sie fest. „Wenn ich sage, dass du ihn nicht kennst, kennst du ihn nicht.“ „Sicher?“ „Er ist aus Konoha.“ „Sicher, meine Liebe …“ Er setzte sich zu ihr, berührte sie an der Schulter und sie verspürte den Wunsch, ihm eine zu scheuern. Nur weil sie vor vier Jahren eine kurze Zeit lang mit ihm zusammen gewesen war, gab ihm nicht das Recht, sie wie eine Freundin zu behandeln. Temari packte ihn am Handgelenk und zog seine Hand von sich herunter. „Behalt deine Finger bloß bei dir!“, sagte sie mit Nachdruck. „Den engsten Körperkontakt haben wir lange hinter uns und es reizt mich nicht mal ansatzweise, ihn in irgendeiner Form wiederaufleben zu lassen.“ Manabus Grinsen verschwand. „Das ist wohl eindeutig.“ „War ich das früher etwa nicht?“, entgegnete sie. „Immer wenn wir uns zufällig über den Weg laufen, versuchst du es wieder. Dass dich die Tatsache, dass ich bald Mutter werde, nicht mal abschreckt, finde ich bemerkenswert.“ „Du warst eben meine große Liebe“, sagte er und lächelte traurig. Sie fühlte sich unwohl und gab ihre Abwehrhaltung auf. Sie hatte ihn nicht einmal annähernd so gesehen. „Es tut mir leid, dass du es nach vier Jahren immer noch nicht geschafft hast, über mich hinweg zu kommen, aber wenn du ehrlich bist, haben wir nie zusammen gepasst.“ Ihr Exfreund blinzelte sie an. Er schien wirklich keine Ahnung zu haben, worüber sie redete. „Du bist der totale Romantiker“, fuhr Temari als Erklärung fort. „Ich nicht. Ich steh nicht drauf, wenn man mir jeden Tag tausend Liebesgeständnisse macht und mir kitschige Briefe schreibt, die im Bestfall Lachanfälle oder Erbrechen bei mir auslösen. Ich möchte nicht zu jeder Gelegenheit mit Blumen und Geschenken überhäuft werden und Händchen haltend durchs Dorf spazieren.“ Sie legte eine Pause ein, musterte ihn und setzte nach: „Und vor allem wollte ich nie nach ein paar Wochen Spaß schon meine Zukunft verplanen.“ „Spaß?“ Er sah aus, als brach er gleich in Tränen aus, aber das beeindruckte sie nicht. „Spaß“, bestätigte sie. „Es tut mir irgendwie leid, das zu sagen, aber mehr war es nie für mich. Und als du angefangen hast, so zu klammern, war es nicht einmal mehr das für mich.“ „Ist das dein Ernst?“, fragte er. „Absolut“, erwiderte sie. „Sex hat für mich nicht automatisch etwas mit Liebe zu tun. Und ich weiß nicht nur von deinem Fall, wovon ich spreche.“ Manabu sah sie wie ein geprügelter Hund an und sie bekam Gewissensbisse. Sie bereute es, dass sie ihm das nicht schon vor Langem so klar gesagt hatte. „Sieh es mal so“, sprach sie weiter. „Du bist romantisch, aufopfernd, eine naive Person, die von der einzig wahren Liebe träumt. Aber ich bin eine unromantische Realistin und somit das genaue Gegenteil. Wir beide waren nie kompatibel miteinander und werden es auch niemals sein.“ Temari sah, wie ein Lächeln über sein Gesicht huschte. Nicht, dass sie sich großartig um ihn scherte – bis gestern hatte sie in den letzten Monaten nicht einen Gedanken an ihn verschwendet –, aber dass er es vielleicht doch eingesehen hatte, erleichterte sie ein wenig. „Das hast du aber nett gesagt.“ „Man tut, was man kann.“ Sie winkte ab. „Ich hab einfach keine Lust, dass du mir noch jahrelang nachtrauerst und deshalb allein enden musst. Irgendwo da draußen gibt es eine Frau, der diese Kitschkacke gefällt und die somit die Richtige für dich sein wird.“ „Meinst du?“ „Klar. Wenn ich mit meiner Romantikallergie jemanden gefunden habe, der zu mir passt, dann ist das für dich ein Kinderspiel.“ Sie klopfte ihm zur Aufmunterung auf den Rücken – nicht zu lange, damit er es nicht wieder fehl interpretierte und sich falsche Hoffnungen machte – und warf ihm den Anflug eines Lächelns entgegen. „Jammerschade.“ Manabu seufzte. „Dabei warst du so ein guter Fang.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nicht für dich.“ „Es ist trotzdem schade, dass du nie dasselbe empfunden hast, das ich für dich empfinde.“ „Liebe kann man nicht erzwingen“, meinte Temari, „und schlussendlich macht sie ohnehin, was sie will.“ Sie lachte. „Glaub mir, davon versteh ich auch eine ganze Menge.“ Sie wandte ihren Blick von ihm ab und schaute nach vorne. Ihre Hände fuhren sanft über ihren Bauch. Ihr Kind war wieder ruhig. „Sag mir eins“, setzte er an. „Bist du jetzt glücklich?“ Die Frage kam unerwartet, doch sie kannte die Antwort, ohne über sie nachdenken zu müssen. „Ja“, antwortete sie und ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Das bin ich.“ Kapitel 54: Kompromisse eingehen -------------------------------- Kapitel 54: Kompromisse eingehen Manabu verabschiedete sich mit den besten Wünschen und ging. Temari schaute ihm nicht nach. Sie hatte die Sache mit ihm schon lange abgeschlossen und nun war sie froh, dass er es allem Anschein nach auch angehen und in die Zukunft blicken wollte. Trotzdem geisterte seine Frage noch in ihrem Kopf herum. Bist du glücklich? Ja, das war sie, doch leider war ihre Antwort darauf nicht mehr ganz so klar wie die, die sie ihrem Exfreund gegeben hatte. Sie war glücklich, definitiv, aber mit Abstrichen. Sie hatte sich zwar damit abgefunden, aber es fiel ihr trotzdem schwer, fast alles, das ihr lieb und teuer war, hinter sich zu lassen. Ihre Brüder; Matsuri; den Sand; das Dorf – alles, wofür ihre Heimat stand. Und das nicht, weil sie es wollte, sondern weil sie es musste. Sie erwartete nun mal ein Kind von jemandem, der nicht aus Sunagakure stammte und da er sich ihr nicht anpassen konnte oder wollte, musste sie es eben tun. Sie trug eine Verantwortung und diese untersagte es ihr, einfach zu Hause wohnen zu bleiben. Das war ihrer Tochter gegenüber, die ihren Vater so vielleicht zweimal im Jahr zu Gesicht bekommen würde, nicht gerecht. Und Temari selbst wollte es auch nicht. Sie hatte genug von einer Fernbeziehung, die auf Dauer keinen Bestand hatte. Nicht mal mit Kind. Auch wenn die Konsequenz daraus einen faden Beigeschmack für sie hatte. „Pfefferminzeis hatten sie nicht“, riss Shikamaru sie aus ihren Gedanken. „Dafür hab ich Erdbeere genommen.“ „Danke“ – sie winkte ab – „passt schon.“ Sie nahm ihm das Eis ab und aß erstmal die Stellen weg, die schon bedenklich angeschmolzen waren. „Du hast ziemlich lange gebraucht“, bemerkte sie. „Du bist nicht die Einzige, die bei dem Wetter Eis essen möchte“, erwiderte er. „Bei dem Wetter?“, entgegnete sie. „Es ist hier das ganze Jahr über so warm.“ „Ach, du weißt doch, wie ich es meine.“ Sie antwortete mit einem flüchtigen Nicken. „Was wollte der Typ eben eigentlich von dir?“, fragte er. „Nicht viel.“ „Und das heißt?“ „Ich musste ein bisschen Seelentrösterin spielen, weil es ihm so schwer fiel, die Vergangenheit ruhen zu lassen.“ „Also war das dein Ex?“ „Der Verfasser des Briefes und dein Vorgänger, ja“, sagte sie. „Und ehrlich, irgendwie hat er mir leid getan.“ Er zog die Augenbrauen hoch und schwieg. „Ich hab ihm damals das Herz gebrochen und er trauert mir nach über vier Jahren immer noch nach. Findest du das nicht bemitleidenswert?“ „Irgendwie schon“, antwortete er. „Aber ich kann mir vorstellen, dass sich das ziemlich scheiße anfühlen muss.“ „Wahrscheinlich“, sagte sie. „Also wenn du irgendwann keinen Bock mehr auf mich haben solltest, sprich Klartext mit mir. Das hab ich bei ihm nämlich die letzten Jahre verpasst. Und sich irgendwelchen falschen Hoffnungen hinzugeben, muss ziemlich ätzend sein.“ „Ich glaub zwar nicht, dass es jemals dazu kommen wird“, erwiderte er, „aber ich werd bei Bedarf dran denken.“ „Wenn nicht“, erwiderte sie und lächelte schief, „wirst du es bereuen.“ „Meinst du, ich weiß das nicht?“ Sie lachte nur und widmete sich ihrem Eis. --- Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel und Temari fühlte sich, als stände sie kurz vor einem Sonnenstich. In ihrem Kopf drehte sich alles und sie schwitzte, obwohl ihr gar nicht übermäßig warm war. Vielleicht war es doch besser, wenn sie etwas langsamer machte und die Besichtigung ihrer Heimat über mehrere Tage verteilte, bevor sie noch eine unschöne Quittung dafür bekam. Sie tauchte in den Schatten eines Gebäudes ein und da keine Bank in der Nähe war, sank sie auf die Knie, machte es sich im Sand bequem und lehnte sich an die kühle Mauer aus Sandstein. Ihr Blick glitt am gegenüberliegenden Wegesrand entlang. Sie war in der Vergangenheit unzählige Male hier vorbei gekommen und der Gedanke, dass es heute für lange Zeit das letzte Mal sein konnte, kam ihr so unwirklich vor. Sie schaute weiter nach rechts und der Sitz des Kazekage fiel ihr ins Auge. Er überragte die Häuser und verdeckte einen gewaltigen Teil des Himmels. Wenn sie nun loslief, konnte sie ihrem Bruder in fünf Minuten Gesellschaft leisten, doch sie blieb sitzen. Gaara hatte sicher Besseres zu tun, als mit seiner Schwester ein vorgezogenes Mittagessen einzunehmen und bei einer möglichen Ratssitzung wollte sie ihn auf keinen Fall stören. Sie seufzte innerlich. Jetzt, da sie in ihrer Heimat war und keine Aufgaben hatte, kam sie sich noch nutzloser als in Konoha vor. Sie wusste nicht einmal, wie sie die verbliebenen Tage sinnvoll gestalten sollte, ohne das Gefühl zu haben, dass sie jemanden bei der Arbeit hinderte und so auf die Nerven ging. Temari beobachtete, wie ein Falke in einem der oberen Fenster vom Arbeitsplatz ihres Bruders landete. Sie fragte sich, was er wohl gerade für eine Nachricht überbrachte, dann wurde ihr bewusst, dass sie all das nichts mehr anging und egal sein konnte. Sie platzierte ihre Hände auf ihrem Bauch und lächelte. Was machte es schon, dass sie nutzlos war, wenn sie im Großen und Ganzen glücklich war und demnächst ohnehin erstmal etwas viel Wichtigeres zu tun hatte? Etwas, das so wichtig war, dass die Pflichten eines Shinobi zu einer Sache ohne Relevanz machte? Nein, sie hatte wirklich keinen Grund, sich schlecht zu fühlen. Sie blinzelte und der Vogel verschwand im Gebäude und machte den Himmel zu dem, was er für Shikamaru wohl schon seit ihrer Ankunft war: Langweilig. „Und wie findest du es hier?“, fragte Temari, um die Stille zu unterbrechen. Er schwieg einen Moment und antwortete dann: „Ganz okay.“ Sie musterte ihn aus den Augenwinkeln, doch seine Miene regte sich nicht. „Nur okay?“ „Es ist zu warm, zu trocken und zu sandig“, erwiderte er. „Und zu wolkenlos.“ „Das dachte ich mir schon“, meinte sie belustigt. Dann blickte sie wieder nach vorn und fragte: „Beschäftigt dich irgendwas?“ „Nein“, antwortete er monoton, „nichts Großartiges.“ „Und das heißt?“ „Nichts Großartiges eben.“ „Jetzt sag schon“, forderte sie ihn auf. „Ich hab keine Lust auf Rätselraten. Das musste ich in letzter Zeit viel zu oft.“ Shikamaru seufzte und erwiderte: „Ich bin egoistisch. Sie schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Worauf beziehst du dich?“ Er sagte nichts, sondern deutete flüchtig auf sie und dann auf die Umgebung. „Darüber denkst du jetzt nach?“, fragte sie überrascht. Ein Schulterzucken. „Dann ja, in gewissem Maße bist du egoistisch“, stimmte sie ihm zu. „Aber so schlimm ist es auch wieder nicht.“ „Meinst du?“ „Ja“, sagte sie. „Deine Pflichten sind zwar größtenteils selbstauferlegt, aber wenigstens hast du welche und bist im Gegensatz zu mir nicht völlig nutzlos, was das betrifft.“ Sie nahm seine Hand und drückte sie zur Aufmunterung. --- Als Temari am späten Abend über den Flur ging, bemerkte sie einen schmalen Lichtschein, der aus dem Wohnzimmer schien. In der Annahme, dass es einer ihrer Brüder war, stieß sie die Tür auf, aber es war Sakura, die auf der Couch saß. „Noch so spät auf?“ Die Jüngere sah kurz von der Tageszeitung auf. „Ja“, murmelte sie, „ich kann nicht schlafen.“ Ihre Augen huschten zu der Seite mit den Meldungen aus dem Feuerreich zurück, doch beim genaueren Hinsehen bemerkte Temari, dass sie sich nicht bewegten. „Alles in Ordnung?“, fragte sie nach. Sie faltete das Blatt zusammen und holte tief Luft. „Geht so“, erwiderte sie. „Mir geht momentan einiges durch den Kopf.“ Es drängte sie, wieder zurück ins Bett zu gehen und einfach weiterzuschlafen, doch stattdessen ließ sie sich auf den Sessel fallen. „Wenn du möchtest …“, setzte sie an. „Ich kann gut zuhören.“ Sakura lächelte flüchtig, lehnte sich zurück und fixierte ihren Blick auf die Deckenlampe. „Wie habt ihr beide das eigentlich die letzten Jahre geschafft?“ Temari zog die Augenbrauen zusammen und fragte: „Was genau meinst du?“ „Na, dass eure Beziehung trotz der Distanz nicht in die Brüche gegangen ist.“ „Gute Frage“, antwortete sie und dachte einen Augenblick nach. „Vielleicht weil wir genau gewusst haben, worauf wir uns eingelassen haben?!“ Sakura runzelte die Stirn. „Ist das alles?“ „Das allein ist es sicher nicht, aber ein bisschen Realismus schadet trotz rosaroter Verliebtheit nicht“, merkte sie an. „Nicht, dass bei uns viel rosarot war, aber …“ Sie brach ab, als ihre Freundin amüsiert lächelte. „Ich kann mir wirklich vorstellen, dass es bei euch ein bisschen rustikaler zugegangen ist“, sagte sie. „Shikamaru und du scheint mir keine ausgeprägten Romantiker zu sein.“ Rustikal? Sie wollte gar nicht wissen, was sich Sakura darunter vorstellte … „Sind wir auch nicht“, sagte Temari. „Aber es funktioniert gut ohne diesen romantischen Kitschkram.“ „Ich beneide euch beide wirklich“, meinte sie und seufzte. „Obwohl ihr euch bis vor kurzem nur so selten gesehen habt, läuft es so gut zwischen euch.“ Es war definitiv nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen – auf diese Utopie legte sie es auch nicht an –, aber ja, es lief tatsächlich ziemlich gut. „Soll ich dir mal was sagen?“, begann sie und Sakura schaute sie aufmerksam an. „Ich hätte niemals gedacht, dass es so lange hält.“ „Warum?“ „Weil Fernbeziehungen auf Dauer einfach Mist sind“, sagte Temari. „Sie sind zum Tode verurteilt. Und unsere wäre es auch gewesen, wenn ich nicht schwanger geworden wäre. Die ganzen Kompromisse, die ich eingehe, mache ich in erster Linie nur der Kleinen zuliebe.“ „Das klingt jetzt aber hart“, erwiderte Sakura. „Ich dachte, du hast es getan, weil du ihn liebst.“ „Das tue ich auch“, pflichtete sie ihr bei, „aber nur seinetwegen hätte ich meine Familie und meine Heimat sicher nicht so früh aufgegeben.“ „Und in ein paar Jahren?“ „Vielleicht. Aber viel wahrscheinlich wäre es das schon vorher gewesen.“ „Und warum glaubst du das?“, fragte sie. „Ich meine, ihr habt euch doch immerhin regelmäßig gesehen.“ „Natürlich ist es schön, wenn man zwei Monate am Stück so viel Zeit miteinander verbringen kann, wenn man sich vorher lange nicht gesehen hat“, sagte sie, „aber was ist mit den vier Monaten, die darauf folgen, in denen man sich nicht sehen kann? Hättest du dir das über Jahre hinweg antun wollen?“ Die Jüngere zog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein. „Wohl nicht“, gab sie zu. „Hättest du irgendwann die Konsequenzen daraus gezogen?“ „Sicherlich.“ Sakura seufzte wieder und biss sich auf die Unterlippe. „Warum machen es sich die Leute so schwer?“, flüsterte sie. „Warum sind sie so dumm und machen Schluss, obwohl sie sich lieben?“ Die Frage brachte Temari zum Schmunzeln – allerdings nicht, weil sie sie besonders lustig fand. „Weil sie Versprechen einlösen möchten“, meinte sie, „oder weil sie andere Verpflichtungen haben. Oder weil sie es vielleicht auch einfach nicht wollen.“ „Verstehe“, murmelte Sakura. „Und was waren deine Verpflichtungen, die dich vom Wegziehen abgehalten hätten?“ „Meine Brüder.“ „Deine Brüder?“ Sie nickte. „Wir sind ohne Mutter aufgewachsen und unser Vater hatte als Kazekage nie Zeit für uns. Und da ich die Älteste von uns dreien bin, fühle ich mich verantwortlich für die beiden.“ „Aber sie sind doch inzwischen erwachsen und können auf sich selbst aufpassen.“ „Ich weiß“, sagte sie. „Aber bekomm jahrelanges Denken mal einfach so aus dem Kopf heraus. Das geht nicht so leicht, wie es sich anhört.“ „Und trotzdem ist es für mich nichts, an der eine Beziehung scheitern sollte.“ Temari sparte sich ein ›Du hast keine Geschwister und weißt nicht, wie das ist‹ und fragte stattdessen: „Wärst du bereit, deine Heimat und alles, was du dort hast, ohne Weiteres aufzugeben?“ Sakura schwieg. „Also nicht“, legte sie fest. „Dann müsstest du ja verstehen, wie ich mich an einem Ort fühle, der so weit von allem entfernt ist, das mir über lange Zeit das Wichtigste war und noch immer wichtig ist, oder?“ „Wahrscheinlich schon …“ „Es gibt sicher Menschen, die alles spontan hinter sich lassen können“, fuhr sie fort. „Aber ich gehöre nicht dazu. Und du offensichtlich auch nicht.“ Ihre Freundin blickte sie ernüchtert an, doch das hielt Temari nicht davon ab weiterzusprechen. „Wenn man eine Fernbeziehung führt, die Bestand haben soll, muss zumindest einer der Betroffenen Kompromisse eingehen“, fuhr sie fort. „Und ich sag’s nicht gerne, aber Kankurou ist absolut nicht der Typ, der dies tun würde. Nicht mal mit tiefrosaroter Brille auf der Nase.“ Sakuras Miene versteinerte. „Danke für deine Ehrlichkeit“, flüsterte sie tonlos und sie setzte ein falsches Lächeln auf. „Es ist spät geworden. Möchtest du nicht lieber wieder zu Bett gehen?“ Kapitel 55: Der kleinste gemeinsame Nenner ------------------------------------------ Kapitel 55: Der kleinste gemeinsame Nenner Temari verabschiedete sich mit einem „Gute Nacht!“ und schlich sich zurück in ihr Zimmer. Sie legte sich ins Bett, rückte etwas weiter zur Mitte und drehte sich auf die Seite. Sie spürte, dass Shikamarus flacher Atem ihren Nacken streifte, doch das störte sie nicht. Fetzen von dem Gespräch schwirrten durch ihre Gedanken und bei Sakuras ›Ich dachte, du hast es getan, weil du ihn liebst‹ blieb sie hängen. Sicher, wenn es nicht so wäre, hätte sie nicht mal in Erwägung gezogen, in Konoha zu bleiben, aber im Großen und Ganzen spielte es nur eine untergeordnete Rolle. Ihre Hand glitt zu ihrem Bauch. Er trug den Löwenanteil daran, warum sie sich so entschieden hatte. Alle anderen Faktoren konnte sie im Gegensatz dazu vernachlässigen. Sie schloss die Augen und dachte an den Tag vor drei Jahren zurück, an dem das, was sie jetzt hatte, noch undenkbar gewesen war. „Hörst du mir eigentlich zu?“ Kankurou winkte wild vor ihren Augen herum und sie blinzelte. „Entschuldige“, murmelte Temari, „ich war gerade in Gedanken woanders.“ „Was ist denn mit dir los?“, fragte er. „Du freust dich nicht mal, mich nach zwei Monaten zu sehen und dann träumst du auch noch so komisch vor dich hin. Bist du von der Prüfung so überarbeitet?“ Da ihr diese Ausrede ganz recht kam, erwiderte sie: „Ja.“ Sie legte eine kurze Pause ein und setzte nach: „Ich überlege, ob ich diesen Job abgeben soll. Dieser ganze Papierkram und das anschließende Überwachen der Teilnehmer ist nichts für mich.“ Skeptisch verzog ihr Bruder die Brauen. „Und das fällt dir erst auf, nachdem du es schon fast dreimal hinter dir hast?“ „Na ja, ich dachte, ich muss mich erst einarbeiten, aber irgendwie … Nein, das wird nichts.“ Kankurou verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich zurück und musterte seine Schwester eingehend. „Du hast doch letztes Mal noch so davon geschwärmt, wie viel Spaß dir die Prüfungsvorbereitungen trotz des Stresses macht“, bemerkte er. „Irgendwie passt das für mich nicht zusammen.“ „Muss es das denn?“, gab sie ironisch zurück. „Ich hab eben meine Meinung geändert. Das Wieso-weshalb-warum braucht dich nicht zu interessieren.“ Er seufzte und erhob sich von seinem Platz auf der Couch. „Es geht mich sehr wohl etwas an“, sagte er beherrscht. „Du repräsentierst schließlich unser Dorf und ich bin immer noch der Meinung, dass das niemand besser kann als du.“ Er zwinkerte ihr zu. „Aber wenn du schlechte Laune gefrühstückt hast oder dir die Luftfeuchtigkeit hier nicht bekommt, lass es nicht an mir aus.“ „Ich bin nicht schlecht gelaunt“, protestierte sie. „Ich bin einfach nur müde. Jeden Tag neun Stunden lang als Zuschauer Trainingseinheiten überwachen kann ziemlich anstrengend sein.“ Kankurou prustete vor Belustigung los. „Kann ziemlich anstrengend sein?“, wiederholte er. „Das klingt gar nicht nach dir! Du verbringst eindeutig zu viel Zeit mit diesem Nara-Typen, wenn du hier bist.“ „Ha, ha“ – sie lachte humorlos – „wie lustig …“ „Was ist denn jetzt schon wieder? Du hast doch selbst gesagt, dass er dir bei dem Papierkram keine große Hilfe ist, weil er lieber faulenzt.“ „Ja, er braucht manchmal schon einen Schubs in die richtige Richtung, aber dann macht er seine Arbeit gut.“ Ihr Bruder verzog amüsiert das Gesicht. „Die Luft hier bekommt dir wirklich nicht“, flachste er und schlenderte hinüber zum Türrahmen, „aber bald musst du sie ja nicht mehr atmen.“ Als Temari nichts erwiderte, fuhr er fort: „Dein Humor ist hier im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt, was?“ Feuerreich und verbrannt, wie unglaublich witzig … „Mir ist einfach nicht nach Lachen zumute“, antwortete sie trocken und hielt sich demonstrativ die Stirn. „Ich glaube, ich werd krank.“ „Dann sagst du Gaara heute besser nicht mehr Hallo“, stellte Kankurou fest und warf ihr einen besorgten Blick zu. „Dann ruh dich mal aus, damit du am Montagmorgen wieder fit bist.“ „Wird schon werden“, murmelte sie monoton. „Und jetzt hör auf, dir Sorgen um mich zu machen und verzieh dich!“ „Wie du befiehlst, Schwesterherz!“ Mit einem Grinsen auf den Lippen verschwand er in den Flur. Fünf Sekunden später fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Temari senkte ihren Arm und seufzte. Sie war weder müde, noch krank, noch sonst irgendwas Negatives in körperlicher Hinsicht. Es war etwas Emotionales, das sie so herunterzog, und dagegen half keine Medizin und kein Schlaf dieser Welt. Montagmorgen … Heute war schon Donnerstag und bis dahin waren es nur noch dreieinhalb Tage. Drei, wenn man die kommende Nacht abzog, zu der es nicht mehr weit war. Die letzten Male hatte sie es kaum erwarten können, zurück in ihre geliebte Heimat zu kommen, doch jetzt? Sie verfluchte diese verdammte Gefühlsduseligkeit, die von ihr Besitz ergriffen hatte und die ihr Leben momentan so schwer machte. Sie verabscheute sie mit jeder Faser ihres Herzens und wenn sie greifbar gewesen wäre, hätte sie sie schon vor Tagen – nein, Wochen –herausgerissen und im Klo heruntergespült. Aber da es nicht so einfach ging, musste sie sich ihrem beschissenen Problem selbst stellen. Scheiß Gefühle, scheiß – Es klingelte. Temari fuhr kurz zusammen. Entweder war es Kankurou, weil er seine Zeitung vergessen hatte, oder … Nein, ihr Bruder machte sich nichts aus einem veralteten Tagesblatt und war es bestimmt nicht. Also kam nur einer als Besucher infrage. Sie legte sich hin und obwohl ihr nicht kalt war, zog sie sich die Wolldecke über den Kopf. Sie würde einfach so liegen bleiben und das Ganze aussitzen, bis die Person, die vor ihrer Tür stand, aufgab und wieder ging. Und falls er in den kommenden Tagen noch mal bei ihr auftauchen sollte, machte sie es genauso. Sie würde sich krank stellen, um nicht beim Finale der Chuunin-Prüfung im Stadion anwesend sein zu müssen und am Montag ging es dann ohnehin zurück nach Sunagakure. Unterwegs würde sie Gaara erklären, dass sie sich von der Prüfungsplanung zurückzog und falls irgendwelche Missionen nach Konoha für sie angedacht waren, würde sie sich irgendwie davor drücken. Ja, das löste ihr kleines Problem am besten. Nicht sofort, aber mit der Zeit vergaß sie diesen Gefühlskram, der so dämlich und unsinnig war, sicher … Ein erneutes Klingeln. Verdammt, vielleicht war ihr Weg für sie der Leichteste und Bequemste, aber war sie ihm nicht wenigstens eine winzige Erklärung schuldig? Nein, war sie nicht. Es war schließlich nur Sex. Von seiner Seite aus war es das zumindest, also warum sollte sie ihm auch nur einen Grund nennen, der ihn eh nicht interessierte? Wenn sie ihr Vorhaben durchzog und ihn bis zu ihrer Abreise ignorierte, würde er ihr wohl kaum hinterher reisen und in Sunagakure zur Rede stellen … Ja, es war unwahrscheinlich, doch das Risiko wollte sie nicht eingehen. Sie musste es klären, bevor sie am Montag Konoha Auf Nimmerwiedersehen! sagte. Es klingelte ein drittes Mal. Genau, sie brachte es jetzt schnell hinter sich und in einer halben Stunde konnte sie die Sache abhaken und sich ein bisschen in Selbstmitleid suhlen, bis sie vor Wut auf sich selbst, weil sie ihre Gefühle abgesägt hatte, eingeschlafen war. Ein bisschen Blabla, bei dem sie das, was sie empfand, herunterspielte; dann warf sie ihn raus – aus der Wohnung und aus ihrem Leben – und zum Schluss kam das Verarbeiten ihrer eigenen Dummheit. Dass sie so blöd gewesen war und sich in einen Kerl aus einem anderen Dorf verliebt hatte. Ja, so machte sie es. Temari stand auf und lief in den Flur. Ihr Schädel pochte, ihr wurde kalt und einen Augenblick lang dachte sie, dass sie wirklich krank wurde. Dann wurde ihr bewusst, dass es eine normale Reaktion ihres Körpers auf das Unangenehme sein musste, das sie vor sich hatte. Sie öffnete die Tür, drehte sich wieder um, ohne den Besucher anzusehen oder ihm etwas zu sagen, und ging zurück ins Wohnzimmer. Dort griff sie die Decke und überlegte, ob sie ihm die Kranke vorspielen sollte, aber da ihr dies das Gespräch nicht ersparte, legte sie sie nur zusammen. Im Anschluss begann sie in ihrer Tasche herumzuwühlen. Nicht, weil sie etwas Wichtiges suchte, sondern zur Ablenkung. „Ist es nicht noch etwas zu früh, um deine Sachen zu packen?“, hörte sie Shikamaru fragen und ein kalter Schauer und der Gedanke überkam sie, dass es doch keine so gute Idee gewesen war, noch mal mit ihm reden zu wollen. Aber dafür war es zu spät. „Wir gehen am Montag“, antwortete sie beiläufig, „und ich möchte nichts vergessen.“ „Bist du denn so vergesslich?“ Sie beugte sich etwas vor, damit ihre Haare, die sie nach der Dusche am Nachmittag nicht wieder zusammengebunden hatte, über ihre Schultern fielen und das Schmunzeln verdeckte. Sie wusste nicht einmal, warum sie schmunzelte, schließlich hatte er nichts gesagt, das übermäßig witzig war, doch sie tat es trotzdem. Ganz ohne Sinn. Genauso wie die vielen Male, die sie in den letzten Wochen mit ihm geschlafen hatte, ohne Sinn waren, wenn sie das Befriedigen menschlicher Bedürfnisse ausklammerte. „Nein“, sagte Temari, „aber man weiß ja nie …“ „Ansonsten nimmst du es eben in einem halben Jahr wieder mit“, meinte er. „Es kommt ja nichts weg.“ Sie war versucht, ihm zu sagen, dass sie nicht einmal wieder herkommen würde, wenn sie ihren Fächer vergessen hätte, aber sie ließ es bleiben. Sie hatte keinen Grund, ihm gegenüber sarkastisch zu werden. „Sicher“, entgegnete sie tonlos. Shikamaru schwieg einen Moment, dann fragte er unerwartet: „Stimmt irgendwas nicht?“ Dank dir stimmt überhaupt nichts mehr!, wollte sie erwidern, sagte aber stattdessen: „Nein, Kankurou war eben hier und er war wohl der Meinung, dass er die Ironie, die er in den zwei Monaten meiner Abwesenheit angesammelt hat, an mir auslassen muss.“ „Du bist doch selbst ironisch und sarkastisch ohne Ende“, bemerkte er. „Also kann es dich nicht so stören, oder?“ Natürlich hatte er Recht und es schmeckte ihr nicht, dass er inzwischen so gut über sie Bescheid wusste. „Vielleicht muss ich mich auch erst wieder dran gewöhnen“, gab sie zurück. „In letzter Zeit hatte ich ja eher weniger mit schlagfertigen Leuten zu tun.“ „Wenn das eine Anspielung auf mich sein soll: Das trifft mich nicht.“ „Du bist immer noch schlagfertiger als alle anderen zusammen, die ich hier kenne.“ „Wen kennst du hier außer mir denn schon großartig?“, fragte er scherzhaft. Temari antwortete nicht. Dieser bescheuerte Smalltalk … Anstatt auf den Punkt zu kommen, redeten sie über belanglosen Mist. Und dann brachte seine Anwesenheit sie schon etwas durcheinander, was es ihr nicht leichter machte, das Wesentliche anzusprechen. Wenn das so weiter ging, war er in einer Viertelstunde nicht wie geplant auf dem Weg nach Hause, sondern wälzte sich mit ihr auf ihrem Bett herum. Nicht, dass Letzteres schlecht war – ob sie es gestern oder heute zum letzten Mal getan hatten, war doch egal –, aber … Nein, gegen diese verdammten Gefühle musste sie dringend etwas tun. Sie zog den Reißverschluss ihrer Tasche zu, sah auf und suchte nach der schnellstmöglichsten Variante, um sich auf Distanz zu bringen. Sie erblickte das leere Wasserglas als letzten lebensrettenden Strohhalm, griff es sich rasch vom Tisch und brachte es in die Küche. Dort stellte sie es in die Spüle und schaute sich nach weiteren Arbeiten um, die sie sich spontan aufhalsen konnte, um nicht mit ihm reden zu müssen. Sie fand nichts. Es war ordentlich, denn sie hatte erst vor ein paar Stunden nach einem frühen Feierabend alles erledigt. Von dem Glas, das sie eben hergebracht hatte, abgesehen. Temari nahm es, wusch und trocknete es ab und stellte es zurück in den Schrank. Dann schnappte sie sich den Lappen, ging zum kleinen, blitzblanken Tisch, der an der Wand stand und – Was machte sie eigentlich? Anstatt ihr Problem aus der Welt zu schaffen, schuf sie sich Ausflüchte, die dieses dumme Gespräch nur einige Minuten nach hinten verschoben. Sie war fast zwanzig, erwachsen und verhielt sich normalerweise auch so, aber jetzt führte sie sich wie eine alberne Teenagerin auf, die den Mund nicht aufbekam. Sie warf den Lappen zurück auf die Ablage über dem Wasserhahn und ging über den kleinen Flur zurück ins Wohn- und Schlafzimmer. Shikamaru hatte sich in der Zwischenzeit auf die Couch gesetzt und überflog die Zeitung aus Sunagakure, die Kankurou mitgebracht hatte. „Bei euch passiert nicht viel, was?“, bemerkte er ohne aufzusehen. „Gaara macht seinen Job halt gut“, erwiderte sie. „Also was hast du erwartet?“ Als Antwort bekam sie nur ein Schulterzucken und da das Blatt offensichtlich doch nicht so uninteressant für ihn war – was ihr ganz recht war – fläzte sie sich ebenfalls aufs Sofa, angelte den Roman, den sie gerade las, vom Tisch und schlug ihn auf. Temari starrte auf den Kapiteltitel, ohne ihn zu lesen. Wie beknackt und absurd war es denn, dass sie in ihrer Freizeit zusammen saßen und jeder irgendetwas für sich las? Wie ein altes Ehepaar, das sich gerade nicht viel zu sagen hatte. Mit dem Unterschied, dass sie weder eine Ehe führten, geschweige denn ein Paar waren. Nein, sie beschränkten sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner mit den drei Buchstaben. Der Nächstkleinere war das dumme L-Wort und von dem wusste nur sie, dass er in diesem Zusammenhang überhaupt existierte. Sie begann als Ablenkung nun doch mit dem Lesen und nach ein paar Absätzen trat dieser Gedanke in den Hintergrund, bis er in ihrem Hinterkopf fast durchsichtig geworden war. Sie blätterte um – einmal, zweimal, dreimal –, dann … „Du verhältst dich seit ein paar Tagen ein wenig merkwürdig“, durchbrach Shikamaru die Stille. Ihr Gedanke manifestierte sich wieder und war deutlicher als vorher. Verdammt. „Das bildest du dir nur ein“, gab sie zurück. „Vielleicht verhältst du dich ja anders und denkst, ich wäre anders, obwohl ich mich dir nur anpasse?“ „Unsinn“, sagte er gleichmütig, „ich bin wie immer.“ „Gut, das bin ich nämlich auch.“ Sie hörte das Rascheln der Zeitung, als er sie zusammenfaltete und als er sie weglegte, streifte sein Arm kurz ihre Schulter. Ihr Magen führte einen lustigen Tanz auf und sie schauderte. Wie sie diese dämlichen Reaktionen hasste. Sie waren besonders lächerlich, wenn sie daran dachte, wie oft er schon seinen ganzen Körper an sie gepresst hatte, und jetzt brachte sie eine flüchtige Berührung schon auf einen emotionalen Höhenflug? „Du bist nicht wie immer“, widersprach er. „Tatsächlich?“, kommentierte sie trocken. „Du musst es ja wissen, schließlich scheinst du mich besser zu kennen als ich mich selbst.“ „Sarkasmus“, merkte er an. „Ich hab also Recht.“ Es juckte sie in den Fingern, sich selbst zu ohrfeigen. Warum zum Teufel hatte sie sich dazu hinreißen lassen, in seiner Gegenwart so viel über sich auszuplaudern? Wenn sie es nicht getan hätte, wäre sie jetzt wahrscheinlich nicht in dieser Situation und würde nicht so einen Schwachsinn wie Liebe empfinden. „Von mir aus“, gab Temari nach, „wenn’s dich glücklich macht …“ „Nein, tut es nicht“, erwiderte Shikamaru beiläufig. „Nur weil man einmal Recht hat, wird man nicht automatisch glücklicher.“ Sie seufzte innerlich. Natürlich, so eine Antwort musste kommen. Womit hatte sie auch sonst gerechnet? Dass er sie minutenlang mit seinem verbalen Sieg, den sie ihm geschenkt hatte, aufzog? Dass er sich nicht wie viele Gleichaltrige auf ein kindisches Niveau herabließ, war eine Eigenschaft, die sie an ihm schätzte. Sie schätzte sie zu sehr, schließlich hatte sie einen gewissen Anteil daran, warum sie so fühlte. Er verhielt sich vernünftig und er prahlte auch nicht damit, dass er mit einer Frau schlief, die drei Jahre älter war als er, wie es der Großteil seiner Altersklasse sicher getan hätte. Seine Eltern und seine Freunde verhielten sich völlig normal, wenn sie ihnen zufällig über den Weg lief. Nur Ino war ihr einmal mit einer penetranten Fragerunde auf die Nerven gegangen, an deren Ende sie zu dem Schluss gekommen war, dass sie heimlich ein paar harmlose Dates hatten. Nicht einmal seinem besten Freund hatte er davon erzählt und generell schien niemand etwas von der Affärengeschichte zu ahnen. Dafür war sie ihm ziemlich dankbar. „Also was ist nun?“, holte er sie aus ihrer Gedankenwelt zurück. Sie starrte weiterhin auf ihr Buch, tat als würde sie lesen und erwiderte: „Was soll schon sein?“ Unerwartet zog er ihr den Roman auf der Hand und legte ihn außerhalb ihrer Reichweite ab, sodass sie gezwungen war, ihn anzusehen. „Mir geht so eine Heimlichtuerei ziemlich auf die Nerven“, sagte Shikamaru, „also red schon.“ „Ach, hör doch auf mit dem Scheiß“, entgegnete Temari mit ausdrucksloser Miene. „Wir wissen beide, dass du nicht zum Reden hier bist.“ „Doch“, gab er zurück, „im Moment schon.“ „Wenn ich aber im Moment nicht reden möchte?“ „Dann warte ich, bis du es tust. Ich hab Zeit.“ Sie wusste, dass er sie nicht hatte, wenn er sich keinen zusätzlichen Ärger einheimsen wollte und sie selbst hatte sie auch nicht, wenn sie nicht noch tiefer in diesem Gebilde aus romantischen Gefühlen versinken wollte. Aber sie wollte jetzt nicht reden. „Dann warte eben“, sagte sie teilnahmslos. „Gut“, meinte er, „mach ich.“ „Darauf kannst du aber lange warten.“ „In Ordnung.“ „Gibst du mir dann bitte mein Buch zurück?“ Wortlos reichte er es ihr und sie suchte die Stelle heraus, an der sie stehen geblieben war. Sie las einen Satz und hielt inne. Was zum Teufel sollte das? Was brachte ihr dieses Hinauszögern, außer dass es nur noch schwerer für sie wurde? Temari überlegte, wie sie am besten aus der Sache herauskommen konnte, ohne zu viel Gefühlsduselei an den Tag zu legen, dann klappte sie den Roman wieder zu. Ihre Gedanken nahmen Form an, doch als sie ihn ansah, ging ihr Mund nicht mit. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr widerte sie dieses gefühlsduselige Blabla an. Sie wollte diesen Quatsch nicht aussprechen und sie wollte erst recht nicht wissen, wie Shikamaru darauf reagierte. Und das brachte sie zu ihrem ursprünglichen Plan zurück. Die nächsten eins, zwei Stunden würde sie noch wie gewohnt laufen lassen, doch sobald er gegangen war, machte sie das, was sie schon vor einer halben Stunde hätte tun sollen: Ihn bis zur Abreise ignorieren und aus dem Weg gehen. Und im Anschluss hieß es: Nie wieder Chuunin-Prüfung, nie wieder Konoha. Dann löste sich ihr Problem irgendwann in Luft auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass er ihr nachkam, stand sowieso fast bei null. Warum sollte er sich auch die Mühe machen? Das Buch wanderte ein paar Mal von ihrer Linken in die Rechte, dann warf sie es auf den Tisch. Sie wollte nicht mit ihm reden und da er sich definitiv nicht mit einer dummen Ausrede abspeisen ließ, gab es nur eine Möglichkeit. Die Vorstellung daran ließ das wichtigste Organ in ihrer Brust höher schlagen. Ihr bescheuertes, verliebtes Herz pochte und steigerte kontinuierlich seine Taktfrequenz. Dieses Miststück. Sie spürte, wie ihre Hände zu zittern begannen, aber sie überspielte es, indem sie das tat, was sie in den letzten Wochen häufiger getan hatte: Sie schwang sich auf seinen Schoß und begann ihn zu küssen. Als sie ihn gegen die Lehne drücken wollte, gab er jedoch nicht wie gewohnt nach, sondern widerstand ihr. Sie merkte seine Finger auf ihren Schultern und in einem Moment der Verwirrung machte er sich von ihr los. „So läuft das nicht“, legte er fest. Der ernste Tonfall seiner Stimme überraschte sie zwar, beeindruckte sie aber nicht. „Doch, so läuft das zwischen uns“, erwiderte sie gefasst. „Ich stelle dir keine Fragen, also stellst du mir auch keine.“ Irgendetwas in seinem Blick sagte ihr, dass er nicht zufrieden mit ihrer Antwort war, doch als sie seine Handgelenke umfasste, lockerte er seinen Griff. Sie nahm seine Hände, geleitete sie zu ihrer Hüfte und schob sie unter ihr Top. Sie wartete noch einen Augenblick und da er sich ihr nicht länger widersetzte, küsste sie ihn erneut. Und er erwiderte ihren Kuss. Kapitel 56: Eine Krankheit namens Liebe --------------------------------------- Kapitel 56: Eine Krankheit namens Liebe Temari spürte seinen Hals an ihrer einen und den Bezug der Couch an ihrer anderen Wange. Sein warmer Atem streifte ihren Nacken. Er war noch ein wenig schleppend, aber nicht mehr so unkoordiniert wie ihr eigener. Sie roch ihrer beider Schweiß, der sich zu einem Duft vermischt hatte und der ihr eine Gänsehaut über den Körper trieb. Ihre Armmuskulatur spannte sich an und ihre Umklammerung verstärkte sich, als sie sich an die Einzelheiten erinnerte, wie er trotz vorangegangenem Widerspruch mit ihr geschlafen hatte. So läuft das nicht, hörte sie Shikamaru in Gedanken sagen und ihr schlechtes Gewissen klopfte an. Sie hatte ihm auf so simple Weise Kontra gegeben und mundtot gemacht, aber das hatte nur einen leicht unschönen Beigeschmack. Sie bereute ihre kleine Ego-Nummer nicht, schließlich war es nicht so, dass sie in dem Punkt die einzige Schuldige war. Nein, er hatte es andersherum schon genauso gemacht und obwohl es für sie offensichtlich gewesen war, dass er es nicht nur aus Lust und Laune getan hatte, hatte sie nicht nachgefragt, sondern ihm den Gefallen getan. Sie hatte ihm die unangenehme Fragerei erspart – sogar mehrmals –, also musste er es im Gegenzug auch. Das war nur fair. Was nicht sonderlich fair war, war das, was sie vorhatte. Wenn er nicht von alleine ging, würde sie ihn unter irgendeinem Vorwand rauswerfen und das war es dann mit etwas Glück. Klar, es würde nicht leicht werden, ihn für die restlichen paar Tage auf Abstand zu halten, aber wenn sie eine A-Rank-Mission mit Leichtigkeit meisterte, gelang ihr so etwas Banales doch im Halbschlaf. Aber bis es so weit war, gönnte sie ihrem dummen, liebeshungrigen Herzen noch ein wenig seine Nähe, bevor es wieder zu dem wurde, was es war: Einem inneren Organ, dem sie trotz seiner Lebenswichtigkeit keine größere Bedeutung mehr zuschreiben musste. Ja, ein paar Minuten noch, dann … Seine Brust hob sich an ihrer, als er einen tiefen Atemzug nahm. Ein Seufzen folgte, dann hörte sie ihn fragen: „Möchtest du vielleicht jetzt reden?“ Sie öffnete die Augen. Der rote Sofabezug verdeckte ihr die Sicht und so fixierte sie ihren Blick auf ein loses schwarzes Haar, das im Stoff fest hing. Es war recht lang und glatt und verlief geradlinig über die Rückenlehne, nicht so wie ihre eigenen blonden Haare, die mit ihrer störrischen Naturwelle machten, was sie wollten, wenn sie sie nicht mit einem Haargummi bändigte. Er tat es wie sie genauso mit seinen, weil sie offen nervten, er sie aus Gewohnheit aber nicht abschneiden lassen wollte. Die dumme Gewohnheit. Erst hatte sie sich an ihn gewöhnt und dann zu allem Überfluss in ihn verliebt. Schöne Scheiße. Und jetzt fragte er wieder nach, obwohl er doch keine Fragen stellen sollte. Noch schönere Scheiße. „Nein“, antwortete Temari. „Es interessiert dich doch auch gar nicht, oder?“ „Wenn es so wäre, hätte ich nicht gefragt“, gab Shikamaru zurück. „Also?“ Und da ging ihr Plan dahin. Er schwamm an ihr vorbei wie ein toter Fisch, der von einer Strömung erfasst worden war. „Ich stelle dir keine Fragen, also gilt das auch umgekehrt für dich.“ „Die Regel hast du selbst aufgestellt“, bemerkte er. „Außerdem hab ich dich nicht davon abgehalten, nachzufragen.“ Widerstrebend löste sie ihre Umarmung, stand auf und warf sich das Top über, das sie getragen hatte. „Warum hätte ich das auch tun sollen?“, fragte sie, vermied es aber, ihn direkt anzusehen. „So ist das nun mal, wenn man nur vögelt.“ „Und das sagt wer?“ „Ich sage das“, legte sie fest und fluchte: „Es ist nur Sex! Nur verdammter Sex!“ Er schnaubte vor Belustigung. „Noch so eine tolle Regel von dir, was?“ Sie stieg in ihren Slip, warf sich auf die Couch und blickte stur geradeaus. Sie ärgerte sich, dass sie kurz die Beherrschung verloren hatte. „Hör auf, ironisch zu sein“, sagte sie ruhiger. „Das kannst du nämlich nicht besonders gut.“ „Dann red nicht so ’nen Unsinn“, entgegnete er. „Sogar ich weiß, dass es nicht nur Sex ist.“ „Und was ist es dann deiner Meinung nach?“ Ihr Gedanke flog kurz zu einem dieser schnulzigen Romanzen, an deren Ende die Hauptprotagonisten zueinander fanden und sich ihre Liebe gestanden, aber so einen Murks konnte sie von ihm wirklich nicht erwarten. So einen widerlichen Kitsch wollte sie von ihm sowieso nicht hören. Und auch nichts anderes mehr. „Du weißt überhaupt nichts“, fuhr sie fort, da er ihr keine Antwort gab. „Aber das ist jetzt eh egal. Ab sofort ist es nämlich gar nichts mehr.“ „Dann willst du es beenden, hm?“ Er sprach mit seiner üblichen monotonen Stimmlage und das bedeutete für sie, dass es ihn kalt ließ. Natürlich ließ es das, schließlich war es nur Sex. Und für den konnte er sich genauso gut eine andere suchen. Temari stützte ihre Ellenbogen auf ihren Oberschenkeln ab und fuhr sich mit den Händen über die Stirn. „Nein“, erwiderte sie, „ich will nicht, ich muss.“ „Und warum?“, fragte Shikamaru. „In ein paar Tagen gehst du und dann war es das doch ohnehin.“ „Ich weiß“, sagte sie, „aber ich kann das hier einfach nicht mehr.“ „Wo ist dein Problem?“ In einem Anflug Wut zog sie ihre Brauen zusammen. Er verstand nichts. Aber was erwartete sie auch von einem fast Siebzehnjährigen, der erst vor ein paar Wochen die Vorzüge des Vögelns erfahren hatte? Auf einmal kam ihr absurd vor, dass sie es überhaupt mit ihm getan hatte. Und noch absurder war es, was sie inzwischen für ihn empfand. „Du bist mein Problem!“, fuhr sie ihn an. „Ich?“, gab er zurück und klang tatsächlich zumindest im Ansatz überrascht. „Das, was zwischen uns ist, ist mein Problem“, setzte sie nach. „Meine dummen Gefühle für dich sind das Problem!“ Da war es raus. Es war ihr leichter gefallen, als sie gedacht hatte, aber besser fühlte sie sich nicht. „Ich weiß, wie lächerlich das ist“, sagte sie, nun deutlich gefasster. „Ich will es nicht mal, aber ich kann’s nun mal nicht ändern.“ Sie lugte aus den Augenwinkeln zu ihm herüber. Sein Gesichtsausdruck war immer noch neutral und sie konnte nicht sagen, ob er überhaupt den kleinsten Schimmer davon hatte, dass sie ihm eine unterschwellige Liebeserklärung gemacht hatte. Obwohl … Nein, so begriffsstutzig konnte er nicht sein. Wahrscheinlich dachte er nur gerade darüber nach, was er darauf antworten sollte, ohne dass es zu hart klang. Bei sensiblen Themen konnte er durchaus Fingerspitzengefühl beweisen, das hatte sie in den letzten Wochen mehrmals festgestellt. Trotzdem wollte sie gar nicht hören, was er dazu zu sagen hatte. Das hieß, wenn er überhaupt etwas dazu zu sagen hatte. Sie sah, dass er kurz einatmete und zum Sprechen ansetzen wollte. „Sag am besten nichts“, kam sie ihm zuvor. „Mir ist klar, wie dumm und bescheuert das Ganze ist, also …“ Sie stand auf und setzte nach: „Ich geh jetzt für fünf Minuten ins Bad und wenn ich wieder komme, bist du verschwunden, okay?“ Sie wartete nicht, ob er noch etwas darauf erwiderte, sondern lief ins Badezimmer und zog die Tür hinter sich zu. Sie rastete für einen Moment ein und öffnete sie sich wieder einen Spalt breit. Temari beließ es dabei, trat ans Waschbecken und schaute in den Spiegel. Sie fuhr sich durch ihre Haare und hielt ihren Blick auf ihr Spiegelbild gerichtet. Sie fand nicht, dass sie anders als sonst aussah, wenn sie ihren vom Schweiß leicht verklebten Pony außen vor ließ. Sie drehte den Wasserhahn auf, wusch ihr Gesicht und trocknete es. Ihre Augen wanderten zur Badewanne und sie spielte mit dem Gedanken zu duschen, aber sie beschloss damit zu warten, bis er definitiv gegangen war. Sie setzte sich auf den heruntergeklappten Toilettendeckel und lehnte sich zurück, bis ihr Hinterkopf die kühlen Fliesen berührte. Die tiefliegende Sonne schien durch das kleine Badfenster direkt auf den Spiegel und sie betrachtete die Reflektierung des Lichtscheins an der gegenüberliegenden Wand neben der Tür. Sie atmete ein paar Mal tief durch und stellte fest, dass sie sich gar nicht so furchtbar fühlte, wie sie angenommen hatte. Sie hatte ihm diese bescheuerte Liebesgeschichte gestanden und da er nichts erwidert hatte, war die Sache klar und so konnte sie sie nun abhaken und zur Tagesordnung übergehen. Viel besser hätte es gar nicht laufen können. Ihr Herz verkrampfte sich. Wenn sie gewusst hätte, dass sich Liebe so dermaßen beschissen anfühlte, hätte sie sich irgendeinen Idioten von der Straße zum Stressabbau genommen, gegen den sie hundertprozentig gefühlsresistent gewesen wäre. Aber nein, sie hatte aus Bequemlichkeiten den leichtesten Weg gewählt und sich den genommen, mit dem sie zusammenarbeitete und mit dem sie die ersten Wochen einen Großteil des Tages verbringen musste. Das wäre an sich kein Problem gewesen, wenn sie es bei den Malen in der Vorbereitungsphase belassen hätten, als es tatsächlich nur Spaß gewesen war. Doch anstatt zur rechten Zeit die Reißleine zu ziehen, hatten sie angefangen, sich nach der Arbeit zu treffen, absurd lange Gespräche zu führen und dabei nach und nach festzustellen, wie gut sie sich verstanden. Wenn sie sich das alles in Erinnerung rief, wunderte sie sich nicht, dass sie diese Gefühle für ihn entwickelt hatte. Denn wie er selbst einmal gesagt hatte: Er war nur ein Mensch und dasselbe galt auch für sie. Und Menschen verliebten sich nun mal, egal, ob sie es wollten oder nicht. Und sie hatte es nicht gewollt. Schon gar nicht in ihn. Sie fühlte einen kurzen, angenehmen Windzug, der das gekippte Fenster und die Badtür zum Klappern brachte. Er musste gegangen sein. Die Anspannung fiel von ihr ab und machte einer gewissen Erleichterung Platz. Sie richtete sich auf, atmete einmal tief durch, sah auf die Uhr – die fünf Minuten waren längst um – und zog die Tür auf. Sie trat hindurch und blieb stehen, als sich das Organ, das sie im Moment mehr als andere verfluchte, in einem Krampf zusammenzog. Er war noch da. Er hatte sich angezogen und war verdammt noch mal immer noch da. Und er blickte sie mit dieser gleichmütigen Miene an, mit der er ihr in der Vergangenheit nicht erst einmal auf die Nerven gegangen war. Diesmal nervte sie nicht – ihr stand nicht der Sinn danach, sich darüber aufzuregen –, denn sie ärgerte sich über seine bloße Anwesenheit. Irgendwie. Und irgendwie nicht. Scheiß Gefühle. „Was soll das?“, fragte Temari beherrscht. „Warum machst du es mir so schwer?“ Sie lenkte ihren Blick von ihm auf den Tisch zu ihrem Roman. Wie gern sie jetzt mit diesem toten Stück Holz getauscht hätte … Das Ding musste sich mit so einem Blödsinn wie Liebe nicht abgeben. „Weil es ist nicht okay ist“, antwortete Shikamaru. „Als ich sagte, dass du verschwinden sollst, hab ich es nicht als Frage gemeint“, gab sie zurück. „Es war eine Aufforderung.“ „Für mich war es eine Frage“, bemerkte er mit einer Spur Belustigung in der Stimme. Sie malte sich aus, wie sie ihm dafür ganz untypisch eine Szene machte und aus der Wohnung und ihrem Leben warf, aber ihr war nicht danach zumute. Stattdessen setzte sie sich auf den Rand der Couch, legte die Hände in den Schoß und betrachtete sie. Vor zwei Minuten hatte sie gedacht, dass sie es hinter sich hatte, doch nun war die Situation noch schlimmer als vorher. „Sehr lustig“, murmelte sie tonlos. „Finde ich nicht.“ In Gedanken gab sie ihm mit ihrem Sarkasmus Kontra, aber sie ließ ihn unausgesprochen. „Kannst du nicht einfach gehen?“ Da es diesmal keine Frage, sondern vielmehr eine Bitte war – und das Letztere war noch deutlich schlimmer als das – korrigierte sie sich: „Ich meinte: Hau endlich ab! Verzieh dich! Verschwinde von hier!“ Sie konnte ihn zwar nicht sehen, aber er schien keine Anstalten zu machen, ihrer Aufforderung in irgendeiner Weise nachkommen zu wollen. Langsam brachte er sie an die Grenzen ihrer Geduld. Es war nicht ihre Art, theatralisch zu sein, aber wenn er nicht gleich aufstand und endlich ging, konnte sie nicht mehr garantieren, dass sie ihm nicht ein paar Beleidigungen um die Ohren warf. „Gott, war das immer noch nicht deutlich genug?“, zischte sie. Er ignorierte sie und fragte: „Und was machst du, wenn ich weg bin?“ Was sollte die Frage? Ach, ihr Plan war gescheitert, also war jetzt eh alles egal … „Duschen“, sagte sie. „Und weiter?“ „Dann hätte ich mich bis Montag krank gestellt, um dir nicht über den Weg laufen zu müssen; meinem Bruder auf dem Rückweg gesagt, dass ich die Prüfungsvorbereitung nicht mehr mache und nie wieder einen Fuß in dieses verdammte Dorf gesetzt.“ Da er ihr abermals nicht antwortete, setzte sie nach: „Gut, ich schließe jetzt die Augen, zähle bis zehn und wenn ich sie dann wieder aufmache, bist du gefälligst durch die Wohnungstür verschwunden.“ Sie wartete keine Antwort von ihm ab, schloss die Lider und begann zu zählen. Eins … zwei … drei … Ein Seufzen. Vier … fünf … sechs … Er regte sich endlich. Sieben … acht … neun … Sie spürte, wie er seine Lippen auf ihre legte und sie küsste. Temari hatte keine Ahnung, was das sollte und was er damit bezweckte, doch da ihr klopfendes Herz ihr weismachte, dass es gut war, warf sie die Zehn über Bord und begann seinen Kuss zu erwidern. Sie küssten sich und schnell stellte sie fest, dass es irgendwie anders war als sonst. Es waren nicht diese erwartungsvollen Küsse, die sie als Übergang austauschten, bis sie zur Sache kamen, und obwohl sie es genoss, kam es ihr doch merkwürdig vor. Sie machte sich von ihm los, schaute ihn skeptisch an und sagte: „Du musst mir nichts vormachen, um mich noch mal flachzulegen.“ „Du bist nervig“, erwiderte Shikamaru. „Wir hatten es gerade eben erst, also warum sollte ich mir die Mühe machen, dir dafür etwas vorzumachen?“ „Sicher? Du scheinst mir genug Spaß dran zu haben, um –“ Er unterbrach sie, indem er sie wieder küsste. ~~~ Eine warme Abendbrise wehte durch das geöffnete Fenster und streichelte ihre Wange. Vor einer halben Stunde hatte sie in Gedanken ihre Zeit im Dorf bereits abgehakt, doch anstatt sich deprimiert vom Fernseher berieseln zu lassen, weil sie den Menschen, den sie dummerweise liebte, aus ihrem Leben verbannt hatte, lag sie nun in seinen Armen. Er hielt ihre Hand und zum ersten Mal überhaupt kam ihr diese Geste nicht komisch vor. Durch ihr rechtes Ohr, dass sie an seiner Brust gebettet hatte, hörte sie das Rauschen seines Blutes durch seine Adern und den beschleunigten Herzschlag, der sich nur allmählich beruhigte. „Es ist nicht schlecht, das aus so etwas Lästigem wie Liebe zu tun, oder?“, fragte er. Seine Frage brachte sie zum Schmunzeln. „Von meiner Seite war es nicht das erste Mal“, meinte sie, „aber da du es anscheinend aus demselben Grund getan hast, ja. Das heißt, wenn es denn dein Grund war.“ „Es ist zwar nervig“, sagte er, „aber ja, irgendwie war er das wohl.“ „Irgendwie?“, erwiderte sie amüsiert. „Du findest auch an allem etwas Schlechtes, was?“ „Du meinst, wie du?“ „Ich hab dir doch schon mal gesagt, dass dieser Gefühlskram nicht mein Ding ist. Bevor ich ihn zulasse, beseitige ich ihn lieber. Ohne ihn ist das Leben schließlich sehr viel einfacher.“ „Dann hatten wir wohl in etwa denselben Gedanken, hm?“ „Du wolltest du es auch beenden?“, fragte sie. „Wann denn?“ „Vor zwei Wochen ungefähr.“ „Was hat dich davon abgehalten? Der Spaß am Sex?“ „Nein.“ Shikamaru drückte ihre Hand. „Oder nicht nur. Es ist auch schön, einfach nur mit dir zu reden.“ Temari lachte. „Das würde ich an deiner Stelle jetzt auch behaupten.“ Sie warf einen Blick auf die Uhr und setzte nach: „Es ist spät geworden. Solltest du nicht besser gehen?“ „Ich sollte“, gab er zurück, „aber ich tu’s nicht.“ „Aber –“ „Nach der Prüfung erwartet mich ohnehin zwei Monate Ausgangssperre, wenn ich nicht gerade auf Mission geschickt werde. Und ehrlich, mir ist es egal, ob es noch ein Monat mehr wird. Du bist schließlich nicht hier.“ Sie verstärkte ihre Umarmung und seufzte. „Macht eine Fernbeziehung denn Sinn, wenn man sich regelmäßig für so lange Zeit nicht sieht?“ Er drückte ihr einen Kuss auf und sagte: „Das wird sich zeigen.“ Es hatte Sinn gemacht, selbst wenn es in manchen Momenten nicht ganz leicht für sie gewesen war und sie sich zusammenreißen musste, um nicht die eine oder andere Träne heimlich in ihr Kopfkissen zu vergießen. Sie hasste es, unnötig sentimental zu sein, wenn sie sich doch wiedersahen. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Sie ging diese Kompromisse natürlich nicht nur wegen ihrem Baby ein, auch wenn sie es anderen und sich selbst gerne weismachte. Wenn es darum ging, sich etwas einzugestehen, war sie tatsächlich nicht die Schnellste. Kapitel 57: Wir müssen reden! ----------------------------- Kapitel 57: Wir müssen reden! „Es ist alles okay“, sagte Sakura, „es sind nur ein paar harmlose Vorwehen. Du musst dir also keine Sorgen machen.“ „Na, Gott sei Dank!“ Temari atmete erleichtert auf, zog ihr Top über ihren Bauch und streichelte ihn. „Es ist schließlich noch ein bisschen zu früh für dich, um da rauszukommen.“ Sakura beobachtete sie mit einem Lächeln und meinte: „Die Überlebenschancen sind zwar nicht so schlecht, aber man muss es ja nicht herausfordern.“ Dann hob sie ihre Stimme und fuhr mit Nachdruck fort: „Also schone dich. Mit den stundenlangen Wanderungen durch die pralle Mittagshitze ist es also vorbei – generell mit allen Gängen, die länger als eine Dreiviertelstunde dauern.“ „Schade“, seufzte sie, „aber was tut man nicht alles für sein Kind?“ „Und für eine Freundin, damit sie Ruhe gibt“, ergänzte die Jüngere in einer Mischung aus Missbilligung und Belustigung. „Solange ich für deine Gesundheit und somit auch für die des Babys verantwortlich bin – also bis wir durch Konohas Haupttor spaziert sind –, werde ich nichts dulden, was euer Wohl in irgendeiner Weise gefährden könnte.“ „Danke“, erwiderte Temari, wusste aber nicht so recht, ob sie für ihren übertriebenen Ehrgeiz wirklich allzu dankbar sein sollte, „aber ich werde von nun an mehr auf mich achten.“ „Das hoffe ich doch“, sagte Sakura und lächelte auf einmal. „Und vergiss nicht, dass ich ein Auge auf dich habe.“ „Auf gar keinen Fall! Ich bin ja schließlich nicht lebensmüde!“ Ihre Freundin lachte los und sie stimmte mit ein, doch das Lachen verging ihr schnell wieder, als sich ihr Unterleib krampfartig zusammenzog und ihr Bauch hart wurde. Sakura runzelte die Stirn und meinte scherzhaft: „Das bedeutet dann wohl leider auch bis auf Weiteres Lachverbot. Tut mir leid.“ --- „Und was hat sie gesagt?“, fragte Shikamaru, als sie zurück ins Wohnzimmer kam. Temari legte sich auf die Couch und antwortete: „Es sind nur Vorwehen. Also alles ganz harm…“ Das -los verlor sich auf halben Wege, als sie die nächste Muskelkontraktion ereilte. Sie biss sich auf die Unterlippe und fluchte innerlich. Wenn diese Art Wehen harmlos waren, warum fühlten sie sich nicht so an? Wie wurden dann erst die, die sie unter der Geburt zu erwarten hatte? Nein, das wollte sie sich überhaupt nicht vorstellen. „Wirklich?“, erwiderte er skeptisch. „Sie sind zwar unangenehm, aber harmlos, ja“, sagte sie. „Ich hab übrigens eine gute Nachricht für dich.“ „Und die wäre?“ „Mit den Sightseeing-Touren ist Schluss“, antwortete sie. „Sakura besteht darauf, dass ich erst mal nur noch kurze Spaziergänge mache.“ Sie schloss die Augen und setzte nach: „Ich verschlaf dann den Nachmittag und hoffe einfach, dass heute Abend wieder alles in Ordnung ist.“ „Mach das.“ Ein monotones Mach das … Seine Sorge um ihr gemeinsames Kind kannte wirklich keine Grenzen. Wenn er in gut drei Monaten auch so die Ruhe behielt, hatte sie vermutlich ein Problem weniger. Diese Aussicht klang für sie nicht allzu schlecht, denn sie würde wahrscheinlich Nervenbündel genug für sie beide sein. „Im Schrank drüben liegt übrigens ein Schachspiel herum“, unterbrach sie die Stille. „Es ist zwar kein Shōgi, aber für dich vielleicht besser als nichts.“ Sie vernahm das hohe Quietschen der Schranktür, als er sie aufmachte und die leisen Geräusche, als er den Stapel mit den Brettspielen durchging. Sie konnte nicht sagen, ob er es gefunden hatte, denn sie schlief vorher ein. --- Shikamaru ging der Reihe nach die weißen Figuren und alle Züge durch, die ihm möglich waren. Schließlich nahm er einen schwarzen Springer ins Visier und schlug ihn mit einem Läufer. Er griff die Figur und stellte sie neben dem Brett auf den Tisch zu den drei Bauern, die er auf dieser Seite bereits an sich genommen hatte. Im Anschluss überblickte er die schwarze Reihe, doch auf der Suche nach dem klügsten Zug unterbrach er sich selbst. Herkömmliches Schach war nicht schlecht – im Gegensatz zu anderen Brettspielen, bei denen es nur auf Würfelglück ankam, war es sogar ziemlich gut –, aber ihm fehlten die ganzen taktischen Möglichkeiten, die er beim Shōgi hatte. Er richtete seinen Blick auf den weißen König und stieß ein ernüchtertes Seufzen aus. Diese Variante des Schachs war definitiv zu einfach, um sich noch länger damit auseinander zu setzen. Dieses Spiel beendete er noch, aber dann suchte er sich eine andere Beschäftigung, bis Temari wieder wach wurde. Er schaute zum Regal herüber. Bisher hatte er es nicht beachtet, aber vielleicht gab es ja das eine oder andere halbwegs interessante Buch her – und wenn nicht, konnte er es seiner Freundin immer noch gleichtun, auch wenn ein Nachmittagsschläfchen gerade nicht den größten Reiz auf ihn ausübte. Shikamaru bewegte einen schwarzen Bauern ein Feld vor und konzentrierte sich wieder auf die weißen Spielfiguren. Er streckte den Arm nach einem Turm aus, doch die Untermalung von lauten Schritten auf dem Flur ließ ihn innehalten. Einen Moment später stürmte Kankurou ins Wohnzimmer. Er beäugte seine Schwester eingehend, ließ ein Knurren verlauten, wandte sich von ihr ab und – Er sah Shikamaru direkt an – mit von einer Wutfalte durchzogenen Stirn – und sagte entschlossen: „Aufstehen! Wir müssen reden!“ Er ahnte zwar, dass ihn wahrscheinlich nichts Gutes erwartete, aber er kam der Aufforderung – nein – dem Befehl nach. Normalerweise ließ er sich ungern auf so unfreundliche Weise herumkommandieren, aber in diesem Fall schien das Hinnehmen und Nachkommen die einzig kluge Entscheidung zu sein. Kankurou starrte ihn im Vorbeigehen wie ein hungriges Raubtier an und nickte dann in Richtung Haustür. O Gott, er wollte auch noch draußen mit ihm reden. Das bedeutete definitiv nichts Gutes. Shikamaru warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Schachbrett zurück – auf einmal konnte er sich nichts Besseres vorstellen, als den ganzen Nachmittag Figuren hin und her zu schieben – und fügte sich seinem Schicksal. --- Aus dem Augenwinkel musterte er eine Uhr, die außen an einem Geschäft befestigt war. Seit einer Viertelstunde spazierte er nun schon mit Temaris Bruder ziellos durch die Gegend. Er lebte noch und das erleichterte ihn irgendwie und ließ ihn auf absurde Weise sogar hoffen, dass er heil aus der Sache herauskam, doch allmählich kam er sich ein wenig albern vor. Shikamaru verstand nicht, was Kankurou damit bezweckte. Wollte er ihn so lange durch das Dorf und die Hitze scheuchen, bis er elendig verreckte – was ein vergebliches Unterfangen sein würde, so gut, wie seine Schwester ihn in den vergangenen Tagen in dem Punkt abgehärtet hatte? Oder suchte er womöglich doch nur eine ruhige Ecke, in der er ihn unauffällig aus dem Weg räumen konnte? Oder erhoffte er sich, dass er sein potenzielles Opfer mit einem Psychospiel des Schweigens zermürbte? Er kannte Kankurou nicht allzu gut, aber immerhin so gut, dass er ihm alle drei Möglichkeiten zutrauen konnte – vielleicht sogar alles fein säuberlich hintereinander abgearbeitet. „Was ist an meiner Schwester verkehrt?“, fragte er plötzlich. „Nichts“, erwiderte er im Affekt. „Lügner!“, fuhr Kankurou ihn an. „Irgendwas muss dir an ihr nicht passen!“ „Weil?“, gab Shikamaru zurück. „Weil’s so ist.“ Okay, er kapierte absolut nicht, worauf er hinauswollte. Warum konnte der Kerl sich nicht präzise ausdrücken? Direktheit war in dieser Familie schließlich sonst kein Problem. „Und woher willst du das wissen?“, fragte er, wobei er versuchte, möglichst unbeeindruckt zu klingen. „Okay, ja, sie hat vielleicht ’ne große Klappe, ist manchmal anstrengend und ihre Launen können ganz schön nerven, aber –“ „Davon rede ich nicht!“, unterbrach ihn sein Gegenüber. Er streute eine Denkpause ein und setzte nach: „Es sei denn, das sind die Gründe.“ „Gründe wofür?“ „Gründe, wegen denen du sie nicht heiraten willst!“ „Was?“, entgegnete er perplex und murmelte ohne Sinn: „Nein!“ „Und was ist dann dein Problem?“, fuhr Kankurou unbeirrt fort und auf einmal flackerte in seinem Gesicht so etwas wie eine Erkenntnis auf. „Sie ist dir doch zu alt, stimmt’s?“ Shikamaru blinzelte ungläubig. Seine Vermutungen wurden ja immer absurder! Was kam als nächstes? „Ich wusste es!“, wetterte er empört los. „Du verdammter –“ „So ein Schwachsinn!“, fuhr er ihm ins Wort, bevor er sich in eine richtige Wutrede hineinsteigern konnte. „Ihr Alter ist mir total egal und wird es auch immer sein.“ An Kankurous Miene erkannte er, dass er mit dieser klaren Antwort nicht gerechnet hatte. Er schaute nahezu ernüchtert drein und das wiederum bestärkte ihn. Er hatte eine Chance gegen ihn. Er hatte eine Chance, diesen durchgeknallten Marionettenspieler zumindest in rhetorischer Sicht auszustechen. Vielleicht reichte das ja aus, um … „Jetzt juckt es dich vielleicht noch nicht“, sagte er langsam, „aber wer sagt mir, wie es in zehn, zwanzig Jahren aussehen wird?“ Okay, Shikamaru plante selbst gerne ein wenig im Voraus, aber das war einfach lächerlich! In zwanzig Jahren … So viel Zeit hatte er bis jetzt noch nicht mal auf der Erde verbracht. Woher sollte er wissen, was in zwei Jahrzehnten war? Wobei, eines wusste er ganz genau. „Ich würde sie selbst in tausend Jahren nicht wegen ihres Alters verlassen!“, entgegnete er mit Nachdruck. „Wen interessieren schon drei Jahre?“ „Gut.“ Kankurou atmete kurz durch. „Das werd ich mir merken. Wenn ich jemals dahinterkommen sollte, dass das doch der Grund ist, dann bist du so was von …“ Er fluchte unverständlich und knirschte im Anschluss bedrohlich mit den Zähnen. „Und weiter?“ Sollte er ihm jetzt alle Gründe aufzählen, die auf jeden Fall keine Relevanz dafür hatten, dass er sich irgendwann heimlich, still und leise davonmachte? Wenn er das tat, war er nächste Woche ja noch nicht fertig! „Was weiter?“, fragte Shikamaru gleichmütig. Er ging lieber auf Nummer sicher, auch wenn er sich definitiv in der Lage fühlte, als Sieger aus dieser Konfrontation hervorzugehen. Er musste ihm nur so lange wie möglich alles widerlegen und Argumente entkräften war etwas, das er ziemlich gut beherrschte. Sein Gegenüber brummte unzufrieden und blaffte los: „Lässt dein Kurzzeitgedächtnis schon zu wünschen übrig?“ Er zuckte die Achseln. „Kann sein, dass es manchmal einen Denkanstoß gebrauchen kann …“ Ihm war bewusst, dass er Kankurou mit dieser Aussage wahrscheinlich auf den Kaktus brachte, aber irgendwie … Er war sonst ja eher konfliktscheu, doch dieses ungleiche Wortgefecht fing an, ihm so etwas wie Spaß zu machen. Wirklich, er verstand gar nicht mehr, warum er sich so vor einer Gegenüberstellung gefürchtet hatte. Obwohl der Dialog erst so kurz anhielt, wusste er, dass dieser Typ seiner Schwester in dieser Hinsicht klar unterlegen war. Und dank Temari wusste Shikamaru bestens, wie er mit so einer Situation umgehen musste. Kankurous Augenbrauen verschmolzen zu einer Linie und er kaute ungeduldig auf seiner Unterlippe herum. Er schien mit sich zu hadern, ob er darauf antworten sollte, oder ob er von ihm doch nur verarscht wurde, entschied sich aber offensichtlich, sachlich zu bleiben. „Es ging darum, was gegen eine Ehe mit meiner Schwester spricht.“ „Im Grunde nichts“, sagte er nüchtern. „Wenn man davon absieht, dass wir beide es unnötig finden und es deshalb nicht wollen.“ Was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Er selbst hatte es nie kategorisch ausgeschlossen – genauso wenig wie Temari, was allerdings daran lag, dass sie sich nie ernsthaft über das Thema unterhalten hatten. Und warum auch? Sie war halt nicht der Typ Mensch, für den diese Form des Zusammenlebens einen Mehrwert hatte. „Ihr bekommt aber ein Kind!“, argumentierte Kankurou weiter. „Und deswegen muss man sofort heiraten, auch wenn man gar nicht will?!“ „Das wäre vernünftig.“ Das wäre total bescheuert!, dachte Shikamaru. Der Kerl war nur ein Jahr älter als er, hatte aber Ansichten, die schon seit Jahrzehnten überholt waren. So eine Einstellung konnte auf lange Sicht nicht gesund sein – zumindest nicht für seine Mitmenschen. Und da er momentan der Hauptleidtragende war … „Wenn man extrem konservativ erzogen wurde, vielleicht“, gab er zurück. „Aber das wurde ich nicht. Und Temari im Gegensatz zu dir wohl auch nicht.“ Und wieder hatte er ihm eine Antwort gegeben, die garantiert nicht auf Kankurous Plan gestanden hatte. Er lobte sich nur ungern selbst, aber bis jetzt schlug er sich außerordentlich gut. „Ich wurde nicht …“, murrte der Angesprochene und fluchte. „Und selbst wenn doch: Es geht hier nicht darum, was für eine Erziehung ich genossen habe.“ „Und worum geht es dann?“ Seiner Stimme schwang bewusst ein provozierender Unterton mit und er wusste nicht, ob das mutig oder lebensmüde von ihm war – Kankurou war außerhalb seiner Redekunst schließlich immer noch ein imposanter Gegner –, doch er relativierte sein Gesagtes nicht. Wenn er unsinnige Fragen gestellt bekam, konnte er sie auch auf unsinnige Weise beantworten. Sein Gegenüber starrte ihn an, als wollte er ihn mit seinem Blick aufspießen – was zum Glück eine physikalische Unmöglichkeit war – und fragte außerordentlich bemüht, die Fassung zu bewahren: „Du machst es doch mit ihr, oder täusche ich mich?“ Mit der direkten Frage danach hatte Shikamaru nicht gerechnet, aber da sie so schwachsinnig war – wie beinahe alles, das Kankurou bis jetzt von sich gegeben hatte –, erwiderte er: „Was denn?“ Und – okay, das Folgende war reiner Größenwahn, aber irgendwie war es ihm das wert – er setzte nach: „Essen? Duschen? Kartenspielen?“ Abermals stieß er ein Knurren aus. „Sex!“, blaffte er ihn aufgebracht an. „Ich meinte Sex!“ Welch Überraschung … „Sex?“, wiederholte er trocken. „Nein, so was machen wir nicht.“ Ihm fiel eine Bemerkung ein, die Temari vor einigen Tagen gegenüber Naruto gemacht hatte. Und obwohl es sonst nicht seine Art war, ironisch zu sein, fuhr er fort: „Dieses Kind ist durch Luftbestäubung entstanden.“ Er musterte Kankurou unauffällig und auf einmal wirkte er nicht mehr wütend, sondern … anders. Er konnte es nicht genauer definieren. „Du enttäuscht mich“, meinte er sehr viel ruhiger. Shikamaru bemerkte sofort, dass die Aggressivität, mit der er ihm bisher gegenüber getreten war, völlig aus seinem Unterton verschwunden war. Und da Kankurous plötzlicher Stimmungsumschwung vermutlich nicht auf einer Schizophrenie basierte, beschloss er selbst, seinen Anfall Ironie erst einmal ruhen zu lassen. Auch wenn es spaßig war, so richtig wohl fühlte er sich nicht dabei. „Inwiefern?“, entgegnete er sachlich. „Ich hab dich eigentlich für eine intelligente Person gehalten, die Gleichaltrigen in einigen Aspekten weit voraus ist, aber das war wohl ein Irrtum.“ „Weil ich Fragen, die mir zu weit in die Privatsphäre gehen, nicht wahrheitsgemäß beantworten möchte?“, gab er zurück. „Weil ich es nicht leiden kann, wenn man mich verbal angeht und Vermutungen über Dinge, die ich niemals gesagt habe, als bestätigt hinstellt?“ Kankurou schwieg noch einen Augenblick, dann lachte er unerwartet los. Shikamaru glaubte kurz, er befände sich in einem wirren Traum oder in einer alternativen Realität, doch der bis eben noch ungehaltene und wütende Kerl lachte tatsächlich. „Hast du dir dieses Ich-geb-nur-ironische-Antworten-Ding von Temari abgeguckt?“, fragte er, als er sich von seiner Lachattacke erholt hatte. „Natürlich“, sagte er. „Sie ist schließlich die Beste darin.“ „Allerdings.“ Er lachte erneut. „Dann kann ich wohl doch froh darüber sein, dass du nicht so ein netter und liebenswürdiger Holzkopf wie Naruto bist. Ehrlich, ich dachte eben wirklich kurz, meine Schwester hätte eine totale Geschmacksverirrung.“ „Also hat sie das nicht?“ „Zumindest keine Totale.“ „Es beruhigt mich, dass du dieser Meinung bist.“ Kankurou setzte ein unheimliches Grinsen auf. „Ich hoffe, es beruhigt dich nicht zu sehr.“ Da er nur ein Schulterzucken als Antwort bekam, stieß er ein Seufzen der Ernüchterung aus und sagte: „Es ist echt unlustig, dass du so abgeklärt bist.“ „Ach, bin ich das?“, fragte Shikamaru monoton. Es war besser, wenn er dieser Furcht einflößenden Person nicht sagte, wie furchteinflößend sie tatsächlich war. „Leider“, bedauerte er. „Das verdirbt mir den ganzen Spaß.“ „Bedank dich bei deiner Schwester. Durch sie weiß ich schließlich erst, wie ich mich bei eurer speziellen Gattung am Klügsten zu verhalten habe.“ Abermals prustete Kankurou los – hatte er zwischendurch etwas genommen, oder warum war er auf einmal so gelassen? – und japste: „Das war tatsächlich ’ne kluge Entscheidung!“ Er schwieg. „Du bist eben auf dünnem Eis gewandelt, aber gut zu wissen, dass Temari sich jemanden angelacht hat, der doch halbwegs brauchbar ist.“ Halbwegs brauchbar … Na ja, er hatte schon deutlich nettere Komplimente bekommen, aber in diesem Fall war es höchstwahrscheinlich das Höchste der Gefühle. „Bedeutet das, dass du mich nicht bei der nächstbesten Gelegenheit umbringst und meine Überreste in der Wüste verscharrst?“ Er grinste wieder – auf die gruseligste Art, die Shikamaru jemals gesehen hatte und gegen die noch nicht einmal seine Mutter ankam – und murmelte: „Eine reizvolle Idee.“ Er ließ seine Fingerknöchel knacken, dann wich das furchtbare Grinsen einem belustigtem Lächeln. „Aber da du meiner Schwester so wichtig bist – aus welchen Gründen auch immer –, wäre es unklug, wenn ich diesem niederen Bedürfnis nachgeben würde.“ Die Möglichkeit, dass er durch Kankurou auf unschöne Weise ums Leben kam, konnte er also von seiner ungeschriebenen Liste der Tode, die ihn ereilen könnten, streichen. Wenn das keine Erleichterung war, wusste er auch nicht. Vor allem, solange er sich noch in diesem Dorf aufhielt – und solange er sich seine Freundin nicht zur Feindin machte. Shikamaru äußerte sich dazu nicht weiter – er wollte sein Glück nicht herausfordern – und fragte stattdessen: „Und was ist nun der Sinn und Zweck dieses Gesprächs?“ Kankurou legte seine Stirn in Falten. „Habe ich dir das nicht deutlich genug gemacht?“ Er seufzte. „War meine Antwort darauf nicht deutlich genug?“ „Dann war es also dein Ernst, dass eine Heirat nicht zur Debatte steht?“ „Absolut“, bestätigte er. „Und warum?“ Warum, warum … Langsam wurde ihm dieses ständige Begründen wirklich zu anstrengend. „Sie möchte es offensichtlich nicht, ich muss es auch nicht unbedingt haben …“ – er deutete ein Achselzucken an – „Also lassen wir’s halt bleiben.“ „Hat sie das denn so gesagt?“ „Zu mir nicht“, gab er zu und bevor er die Quittung für zu viel Ehrlichkeit bekam, bemerkte er: „Aber hat sie es zu dir in den letzten Tagen nicht mehrmals gesagt?“ „Schon“, sagte er, „aber ich bin mir nicht sicher, ob sie es wirklich so meint.“ Was war das denn bitte für ein Schwachsinn? Temari sprach ihre Ansichten immer klar aus, also warum sollte es ausgerechnet bei dieser Thematik anders sein? „Genau, in Wirklichkeit ist es ein Wink mit dem Zaunpfahl, der besagt: Frag mich, du Idiot!“, sagte Shikamaru, wobei er eine Spur ehrlicher Ironie nicht verbergen konnte. „Möglich wäre es“, meinte Kankurou. „Nein, eigentlich ist das sogar ziemlich wahrscheinlich.“ Nein, es war nicht wahrscheinlich, sondern einfach nur absurd. „Warum bist du so darauf aus, dass ich sie heirate?“, fragte er direkt, da er die Unterhaltung endlich hinter sich bringen wollte. „Was macht es für einen Unterschied, ob wir mit oder ohne Ring am Finger zusammenleben?“ Der Ältere schien über eine Antwort nachzudenken, dann sagte er: „Ich glaube einfach, dass ihr eine Sicherheit im Leben gut tun würde.“ „Also soll ich sie heiraten, damit sie sich im Dorf besser integriert und weniger wie eine Fremde fühlt?“ „So hätte ich es jetzt nicht ausgedrückt, aber die Richtung, in die du denkst, ist nicht so falsch.“ „Das ist doch totaler Unsinn!“, gab Shikamaru zurück. „Sie fühlt sich nicht –“ Abrupt hörte er auf zu reden. Temari hatte nie durchklingen lassen, dass sie sich in Konoha nicht wohl fühlte, aber sie hatte in der letzten Zeit übermäßig oft betont, was sie alles für ihn aufgab. Sie versicherte ihm zwar auch, dass sie sich damit abgefunden hatte, aber … „Hat sie Freunde bei dir drüben?“, fragte Kankurou. Einige Bekannte hatte sie, aber richtige Freunde? Wenn er es Recht bedachte, pflegte sie maximal mit Sakura so etwas wie eine Freundschaft. „Möchte sie überhaupt welche?“, entgegnete er. „Es kam mir nämlich nie so vor, als würde sie darauf großen Wert legen.“ „Sie ist ’ne ziemliche Einzelgängerin, klar. Aber auf Dauer wäre es für sie nur von Vorteil, wenn sie Anschluss in der Gesellschaft findet.“ „Und durch eine Heirat würde sie sich eher dazugehörig fühlen?“, fragte er skeptisch. „Das würde es ihr auf alle Fälle erleichtern, denke ich.“ Einen Hauch an Logik gab es ja tatsächlich in dieser Aussage, aber in Temaris Fall kam ihm das völlig widersprüchlich vor. „Wenn das der einzige Grund ist, der für eine Ehe spricht, finde ich ihn immer noch ziemlich schwach.“ „Hast du schon mal über die Gründe nachgedacht, die dafür sprechen könnten?“, erwiderte Kankurou ruhig. „Du hast zwar gesagt, dass du es nicht auf eine Heirat anlegst, aber komplett abgeneigt scheinst du nicht zu sein.“ „Es kann gut sein, dass ich sie in ein paar Jahren doch mal frage, aber …“ „Aber?“ Er hob die Brauen und musterte ihn forschend. Ja, was nun? Da hatte er sich in eine schöne Ecke manövriert – was leider nicht mal das Schlimmste war, denn seine Frage hatte durchaus seine Daseinsberechtigung. „Bist du dir denn nicht sicher, was meine Schwester betrifft?“, setzte er nach. „Doch“, antwortete er rasch, „natürlich.“ Und das war die absolute Wahrheit. Shikamaru wusste, dass er sich so sicher war, wie ein Mensch nur sein konnte. Er liebte sie und wollte trotz diverser Differenzen gar keine andere mehr. Und dies mit einer Eheschließung zu unterstreichen, kam ihm auf einmal nicht mehr völlig sinnfrei vor. Er spürte ein sachtes Schulterklopfen, sah sich nach dem Ursprung um und blickte direkt in Kankurous Gesicht. Er lächelte breit und sagte: „Und was hält dich dann davon ab, sie zu fragen?“ Kapitel 58: Sinn und Unsinn --------------------------- Kapitel 58: Sinn und Unsinn Shikamaru schlug mit einem schwarzen Springer den letzten gegnerischen Turm. Er nahm ihn vom Brett, musterte rasch die Situation und zog den weißen König ein Feld zurück. Im Anschluss bewegte er die schwarze Dame diagonal fünf Felder nach vorn und setzte ihn ins Schach. Er starrte die beiden Figuren an. Wenn das eine Versinnbildlichung seiner Situation sein sollte, war sie nicht nur schlecht, sondern auch ziemlich daneben. Er sparte es sich, den König den letzten Rückzug antreten zu lassen, der seine Niederlage nur eine Runde nach hinten verschieben würde, ließ sich rückwärts auf den Boden fallen und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Der Fußboden war ziemlich kühl, doch der Kontrast zum Raum, in dem es überdurchschnittlich warm – zu warm – war, kam ihm nur recht. Sein Blick glitt an der Decke aus Sandstein entlang, bis er einen kleinen Haken aus Metall entdeckte. Er vermutete, dass an ihm einmal eine Dekoration oder Ähnliches gehangen hatte, aber nun war es einfach nur ein leerer Haken ohne Sinn. Sinn, Unsinn … Nach dem skurrilen Gespräch mit Kankurou hatten sich diese beiden Worte, die so gegensätzlich waren, für ihn zu einem undefinierbaren Brei vermischt. Dieses Gequatsche von Sicherheiten, dem Ankommen in der Gesellschaft und vor allem über das Heiraten … Er hatte sich tatsächlich von im besten Fall mittelmäßigen Argumenten verunsichern lassen und nun, da die grelle Mittagssonne den Inhalt seines Schädels nicht mehr zum Kochen brachte, verstand er nicht mehr, warum er es war. Temari hatte so oft betont, dass sie am Heiraten kein wirkliches Interesse hatte, also warum sollte sie es jetzt doch haben? Wegen schwangerschaftsbedingten Stimmungsschwankungen und der Überproduktion irgendwelcher Hormone? So ein Unsinn! Was für ein – Aber war es wirklich Unsinn? Shikamaru fluchte. Er war verwirrt. --- „Ich würde den weißen Turm auf C4 setzen.“ Er zuckte fast theatralisch zusammen, als er plötzlich Temaris Stimme hörte. Sie lachte und fragte: „Hast du mich wirklich noch nicht bemerkt?“ „Nein“, erwiderte er und auf der verzweifelten Suche nach einer Frage, setzte er nach: „Wie lange bist du schon wach?“ „Seit mindestens fünf Minuten“, sagte sie. „Normales Schach scheint dir wohl zu gefallen, was?“ „Geht“, murmelte er. „Es ist besser als nichts. Wie du gesagt hast.“ „So furchtbar kann es nicht sein, wenn du drei Stunden lang nichts anderes gemacht hast.“ Shikamaru überlegte, ob er das seltsame Gespräch mit ihrem Bruder erwähnen sollte und entschied sich dagegen. Nicht, dass sie durch einen Lachanfall – den sie definitiv bekommen würde, wenn er ihr von dieser Absurdität erzählte – wieder irgendwelche Vorwehen bekam. Apropos … „Wie geht’s dir?“ „Bis jetzt ist alles ruhig“, antwortete sie gelassen. „Ich bin also vorsichtig optimistisch, aber Sex bekommst du heute trotzdem nicht mehr.“ „Den habe ich gerade ohnehin nicht im Sinn“, erwiderte er wahrheitsgemäß. „Und was hast du dann im Sinn?“, fragte Temari amüsiert. Er verfluchte seine Wortwahl. Jetzt musste schnell eine Ausrede her … Er machte den Zug, den sie ihm gesagt hatte und sagte: „Wie ich diese Mauer um deinen weißen König auflöse.“ „Meinen König?“ Sie runzelte die Stirn, wechselte zu dem Sessel, der auf der anderen Seite des Tisches stand und drehte das Schachbrett vorsichtig um neunzig Grad. „Dann versuch mal dein Glück!“ Ihre Worte trieben ihm einen Schauer über seine Haut. Sollte er wirklich sein Glück versuchen? Nein, das war immer noch Unsinn, schließlich hatte sie das Spiel gemeint. Oder doch nicht? --- „Und Schachmatt!“ Temari stieß seinen König mit ihrer Dame vom Brett. Die Figur rollte über den Tisch und fiel auf den Fußboden. Sie hob ihn auf, schüttelte ihn ein paar Male in ihrer geschlossenen Hand und präsentierte ein zufriedenes Siegerlächeln. „Ich glaube, diese Schachvariante spielen wir jetzt öfter“, setzte sie nach, erntete aber nicht mehr als ein beiläufiges Schulterzucken. Sie beobachtete, wie Shikamaru die Figuren zurück in die kleine Holzkiste räumte und fragte: „Was ist los?“ „Nichts“, erwiderte er. „Was soll schon sein?“ „Ich weiß es nicht, darum frag ich ja.“ Erwartungsvoll blickte sie ihn an und er fühlte sich genötigt und wiederholte: „Ich hab wirklich nichts.“ Sie hob die Brauen. „Kratzt es etwa an deinem Ego, dass ich gewonnen habe?“ Es interessierte ihn zwar nicht im Geringsten, dass er verloren hatte, aber dafür, dass sie ihm die perfekte Ausrede zugespielt hatte, ließ er sich gerne ein paar Sticheleien von ihr gefallen. Alles war besser, als diese dämliche Heiratsthematik aufzugreifen. „Überhaupt nicht“, erwiderte er in übertriebener Gleichgültigkeit, in der Hoffnung, dass sie es ihm abkaufte. Temari musterte ihn skeptisch, dann seufzte sie. „Natürlich“, meinte sie, „was auch sonst?“ Sie lehnte sich zurück, machte es sich im Sessel bequem und scherzte: „Ein Wunder, dass dein Ego diese Beziehung zugelassen hat.“ Er zuckte erneut mit den Achseln. „Ich hab nur gewonnen, weil du so gute Vorarbeit geleistet hast“, sagte sie und lächelte. „Also nimm’s nicht so schwer.“ „Tu ich nicht“, meinte Shikamaru beiläufig, ließ sie aber in dem Glauben. „Beim nächsten Mal spielen wir wieder Karten. Bei Glücksspielen tut es nicht so weh, gegen dich zu verlieren.“ „Hey“, protestierte sie, „ein bisschen Können gehört auch dazu.“ Er schwieg sich dazu aus und erwartete eine Stichelei von ihr, doch diese blieb zu seiner Überraschung aus. Leider, denn ein Wortgefecht wäre ihm als Ablenkung gerade recht gekommen. Also tat er die Kiste mit den Spielfiguren und dem Brett zurück an ihren Platz im Schrank und hoffte, dass Temari irgendetwas Uninteressantes ansprach, das ihn von dem Gespräch mit Kankurou abbrachte. Das tat sie bei seinem Glück natürlich nicht. Sie nahm sich stattdessen die Tageszeitung vom Tisch und fing an, sie zu lesen. Toll, als ob es nicht reichte, dass er die letzten Stunden schon mit Grübeln verbracht hatte. Wenn er das gewusst hätte, hätte er lieber noch ein paar Runden gegen sich selbst gespielt, doch so kam er sich blöd vor, wenn er das Schachspiel wieder aufbaute. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als es auszusitzen und zu hoffen, dass er dabei nicht auf komische Gedanken kam. Fünf Minuten lang klappte das sogar, dann ging die Haustür auf. Ein Schnaufen ertönte, dem das Genörgel einer hohen Stimme folgte. „Stellst du deine Einkäufe immer auf dem Flur ab?“, fragte Matsuri kritisch. „Nein“, erwiderte Kankurou genervt, „aber ich kauf auch keine Tüten voller Backsteine.“ „Du brichst beim Tragen von ein paar Tüten halb zusammen“, bemerkte sie. „Und du willst ernsthaft ein Shinobi sein?“ „Nächstes Mal schleppst du deinen Scheiß alleine, damit das mal klar ist“, brummte er. „Nur, weil du einen Teil von Temaris Aufgaben übernimmst, heißt das nicht, dass du mich so herumkommandieren darfst wie sie.“ Genauso, wie sie mich herumkommandieren wird, wenn wir erstmal zusammen wohnen, dachte Shikamaru. Und er wollte sich gar nicht ausmalen, welche Ausmaße dies annahm, wenn er tatsächlich so verrückt war und sie heiratete. Somit war das Thema für ihn vom Tisch. Obwohl … Temaris Art konnte schon ziemlich schroff sein, aber sie hatte ihm noch nie unfreundliche Befehle erteilt und kompromissresistent durch die Gegend gescheucht. Und er sah keinen Grund, warum sie demnächst damit anfangen sollte. „Wenn man dich nicht tausend Mal zu etwas auffordern müsste, wäre niemand so zu dir“, meinte Matsuri. „Kein Wunder, dass deine Freundin nicht herziehen möchte. Du bist wahrscheinlich nur in einer Fernbeziehung zu ertragen.“ „Vielen Dank!“, knurrte er. „Und du willst dich nur bei Gaara einschleimen.“ „Heute wurden die neuen Chuunin bekanntgegeben. Das ist ein Grund zum Feiern und hat mit Schleimen nicht das Geringste zu tun.“ „Dann willst du mit deinem dezenten Make-up wohl nicht bei ihm punkten, was?“, stichelte Kankurou. Er fing sich einen Tritt gegen sein Schienbein ein, dann errötete Matsuri und murmelte ein „Entschuldigung.“ Er warf ihr ein Grinsen zu, griff wieder die Einkaufstüten und schleppte sie in die Küche. „Danke!“, rief sie ihm nach und ließ sich im Wohnzimmer auf einen freien Sessel fallen. Temari sah sie über den Rand der Zeitung an. „Die neuen Chuunin sind jetzt bekannt?“, fragte sie und die Jüngere nickte. „Hast du ein paar Namen für mich?“ „Nein, so gut weiß ich dann auch nicht Bescheid“, erwiderte sie. „Ich weiß nur, dass es diesmal ein paar mehr als sonst sein sollen.“ „Und deswegen veranstaltest du gleich eine Party?“ „Das nicht, aber ich werde gleich ein riesiges Festmahl kochen.“ Sie hob eine Braue. „Um damit Gaara zu imponieren?“ Matsuris Wangen liefen puterrot an. „Nein … ich …“ „Du solltest ihn lieber direkt ansprechen“, gab Temari zurück. „Solche Gesten versteht er nicht, auch wenn sie noch so lieb gemeint sind.“ „Nicht?“ „Hättest du sonst mit ihm nicht wenigstens ein Date gehabt? Du gehst das völlig falsch an.“ „Wie soll ich es dann angehen?“ „Erstmal solltest du aufhören, so herumzudrucksen“, begann sie. Und energischer setzte sie nach: „Und dann solltest du endlich den Hintern hochbekommen und ihn fragen!“ „Und wenn er Nein sagt?“ „Ausgeschlossen. Gaara kann dich mindestens gut leiden, ansonsten dürftest du nicht ständig hier herumlungern.“ Sie zwinkerte ihr zu und lenkte ihren Blick wieder auf den Politikteil der Zeitung. „Und jetzt hau schon ab und mach dich an dein Festmahl. Und nach dem Essen möchte ich hören, dass du eine Verabredung mit ihm hast.“ Da Matsuri schwieg, ergänzte sie: „Verstanden?“ Shikamaru beobachtete, wie sie eifrig nickte. Es war ihm bis jetzt nicht aufgefallen, aber Temari schien ihre Verwandten und Freunde ziemlich unter ihrer Fuchtel zu haben … Fuchtel? Weil sie einer Freundin einen deftigen Schubs in die richtige Richtung gab, von der sie selbst keinerlei Vorteile hatte? Was für ein Unsinn! Das war einfach nur ruppige Nettigkeit und auf gar keinen Fall überzubewerten. Und worüber dachte er da schon wieder nach? Am besten überschlief er das ganze Wirrwarr in seinem Kopf und hoffte, dass er es morgen früh ein wenig entwirrt hatte. Auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich war, dass ihm das gelang, war es doch einen Versuch wert, oder? Tse, was für ein Schwachsinn … Weglaufen brachte höchstens für den Moment etwas und letzten Endes machte er es damit nur schlimmer. Er unterdrückte ein selbstironisches Schmunzeln. Damit kannte er sich inzwischen bestens aus. Es war wirklich am Sinnvollsten, wenn er Temari von dem Gespräch erzählte. Es musste sich bloß die passende Gelegenheit ergeben, dann war die Sache erledigt. So einfach war das. Warum sich das Leben unnötig schwer machen? Matsuri starrte noch kurz vor sich hin – da sich auf ihren Wangen wieder ein Rosaschimmer breit machte, stellte sie sich wahrscheinlich ein Date vor –, schließlich klatschte sie in die Hände und sprang auf. „Ich mach mich dann mal an die Arbeit“, sagte sie und raffte ihre langen Ärmel. „Das Essen kocht sich nicht von selbst.“ „Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid“, meinte Temari. „Danke“ – sie lächelte vor Belustigung und winkte ab – „aber Sakura hilft mir schon.“ Und etwas zögerlich setzte sie nach: „Außerdem sollst du dich doch ausruhen.“ „Außerdem koche ich ziemlich beschissen“, bemerkte sie trocken. „Das wolltest du eigentlich sagen, oder?“ „Ja – ich meine nein, natürlich nicht! In der Küche ist schon nicht so viel Platz und dein Bauch behindert dich da doch nur. Und eine so schlechte Köchin –“ Temaris Blick ließ sie verstummen. „Verschwinde, bevor du dich noch tiefer in die Scheiße manövrierst und dir eine einfängst“, sagte sie langsam. Matsuri starrte sie einen Moment an, dann flüchtete sie aus dem Wohnzimmer. Temari widmete sich wieder ihrer Zeitung und ihre Miene war wieder normal, als wäre nichts gewesen. „Du veralberst sie gerne, oder?“, fragte Shikamaru. „Es ist zwar nicht gerade etwas, auf das ich stolz sein sollte“, gab sie zurück und ihre Augenbrauen zucken nach oben, „aber es macht halt Spaß.“ „Aber verunsicherst du sie damit nur nicht noch mehr?“ „Ach, Quatsch. Sie weiß doch, wie ich bin. Sie kann nur nicht richtig damit umgehen. Bald hat sie sowieso ihre Ruhe vor mir.“ Sie faltete die Zeitung, legte sie auf den Tisch und seufzte. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber hier ist es wirklich langweilig, wenn man nichts zu tun hat.“ „Möchtest du Karten spielen?“ Sie dachte nach und zuckte mit den Schultern. „Ja, warum nicht?!“ --- Temari warf ihr Blatt offen auf den Tisch. Sie hatte verloren. „Wann bist du unter die Glückspilze gegangen?“, fragte sie, ohne eine Antwort zu erwarten. Sie legte sich zurück aufs Sofa und fuhr nachdenklich über ihren Bauch. „Heute ist echt nicht mein Tag …“ „Das war doch nur Zufall“, erwiderte er. „Genau aus dem Grund kann ich mit Glücksspiel nichts anfangen.“ „Und trotzdem freust du dich, wenn du mich zum siebten Mal in Folge in meinem Lieblingskartenspiel schlägst“, bemerkte sie. „Und streite es nicht ab. Ich hab dein Grinsen eben genau gesehen.“ Shikamaru zuckte die Achseln, sammelte die Karten ein und begann, sie zu mischen und auszuteilen. Sie fischte ihre vom Tisch und musterte sie ausdruckslos. Keine ihrer sechs Karten war zu gebrauchen. Theoretisch konnte sie auch gleich aufgeben, aber da es um den Rückgewinn ihrer Spielerehre ging, kam das nicht infrage. Und wenn sie noch mal sieben Spiele verlor, bevor sie eines für sich entscheiden konnte. Sie legte ab, musste zwei ziehen und legte wieder ab, doch es wurde nicht besser. Das wurmte sie, denn so viel Pech war sie bei diesem Spiel nicht gewohnt, aber sie ließ es sich nicht anmerken. Das hoffte sie zumindest. Schließlich warf er seine vorletzte Karte auf den Ablagestapel – sie musste eine Runde aussetzen – und seine letzte Karte folgte prompt. Die Muskeln auf Temaris Stirn verselbstständigten sich kurz und bildeten vor Ärger ein paar Falten, dann unterdrückte sie dieses Gefühl und bemühte sich um eine neutrale Miene. Ein neuntes Spiel gewann er sicher nicht auch noch … Ein Irrtum. Er besiegte sie deutlich. Sie ließ ihre gespielte Beherrschung fallen und beschwerte sich: „Du schummelst doch! Du gibst dir mit Absicht die guten und mir die schlechten Karten.“ „Hast du einen Beweis für diese haltlose Anschuldigung?“, gab Shikamaru unbeeindruckt zurück. Es war irgendwie amüsant zu sehen, dass seine Freundin, die im Job so bedacht handelte und sich kaum aus der Ruhe bringen ließ, sich über ein verlorenes Kartenspiel so aufregte. „Ich mische ganz normal.“ Sie setzte sich auf und riss ihm den Stapel aus der Hand. „Jetzt nicht mehr“, legte sie fest. Diesmal mischte sie die Karten und als sie sie verteilt hatte, betrachtete sie erwartungsvoll ihr Blatt. „Schwesterherz, nimm die Wutfalte aus dem Gesicht“, stichelte Kankurou los. „Sie macht dich so alt – ich meine, älter als ohnehin schon.“ Sie warf ihm einen verdrossenen Seitenblick zu – sie konnte sich nicht erinnern, wann er das Zimmer betreten hatte – und entgegnete: „Danke für das Kompliment, du Idiot!“ Trotzdem fühlte sich aber ein wenig besser. Die Aussicht, die alten Zeiten noch mal aufleben zu lassen, gefiel ihr und so entspannte sich ihre Miene. „Spielst du mit?“ „Okay“, sagte er, „weil du es bist.“ Er ließ sich neben seine Schwester auf die Couch fallen und wollte sich die obersten Karten vom Haufen nehmen, doch Temari kassierte alle blitzschnell ein. „Ich misch noch mal neu“, meinte sie rasch, „sonst ist es ja unfair.“ Shikamaru beobachtete sie mit einem Stirnrunzeln. Er wusste natürlich, dass sie es nur machte, weil ihr Blatt vermutlich nichts taugte, schwieg sich allerdings dazu aus. Er versuchte, seinen Blick auf sie fixiert zu lassen, doch schließlich huschten seine Augen zu Kankurou herüber. Er sah ihn an und spürte, wie ein gewisses Unbehagen in ihm aufstieg, schaffte es aber nicht, wieder wegzusehen, bevor es sein Gegenüber bemerkte. Temaris Bruder blickte ihn an – er starrte zurück –, und Kankurous Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. Einem Lächeln, das quasi schrie: Los, frag sie! Er schauderte und lenkte seine Aufmerksamkeit auf seine Karten. Und vorbei war es mit der Glückssträhne. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)