Shitsui no Jidai von Aoiyuki (Findest du aus der Vergangenheit?) ================================================================================ Kapitel 6: D.S.G. ----------------- Es vergingen einige Tage. Mio war immer mit Jaden und Syrus zusammen, die sie desöfteren auf der Insel herumführten. Sie waren zum Beispiel an der verlassenen Unterkunft, bei der schon viele mysteriöse Dinge passiert waren, wie das Verschwinden von Alexis‘ Bruder Atticus oder einige Schattenduelle. „Also wenn ihr mich fragt, erinnert mich das an eine Geistervilla“, hatte Mio gesagt, als sie zum ersten Mal das Gebäude sah. Vielleicht ergab sich irgendwann eine Gelegenheit, um an diesem Ort ein Schattenduell auszutragen. Möglich war es. Manchmal kam die Schwarzhaarige auch mit Alexis ins Gespräch, jedoch nicht sehr allzu oft, was Mio recht schade fand. Lag es daran, dass die Obelisk Blue Schülerin eifersüchtig auf sie war? Offenbar schon. Bestimmt würde es in nächster Zeit eine Gelegenheit geben, dass sie mit Alexis darüber sprechen könnte. Denn das dunkelblonde Mädchen war eine selbstbewusste, nette Person, die Mio sehr sympathisch war. Abgesehen davon, dass sie sich gut duellieren konnte. Sie hoffte, dass beide sich bald anfreunden können, egal unter welchen Umständen. Etwas, das die Schwarzhaarige noch störte, waren die männlichen Studenten. Dadurch, dass man Mio mit Jaden und Syrus abhängen sah und sie sogar noch öfters mit Alexis Rhodes plauderte, wurde sie von keinem übersehen. Immer wieder lagen deren Blicke auf ihr, wenn sie den Gang zum Unterricht entlang lief. Auch heute war es so. Mio war mal wieder mit Jaden und Syrus auf dem Weg zu Crowlers Unterricht, als alle sie anstarrten. Besonders die von Obelisk Blue. „Sag mal“, flüsterte sie zu Syrus, „kann das nicht bald mal aufhören? Das geht schon seit ich mich gegen Princeton duelliert habe so!“ „Naja“, antwortete Syrus, „das bezweifle ich! Du bist mit Jaden, dem besten Duellant unseres ersten Jahrgangs, befreundet. Außerdem redest du öfters mit Alexis, dem beliebtesten Mädchen von der Schule. Dass du dann noch dich gut duellieren kannst, ist Nebensache!“ Nachdenklich sah Mio nach vorn. ‚Wo er recht hat, hat er recht. Ich werde wohl noch einige Wochen damit leben müssen. Ist halt nur ungewohnt…‘ Endlich erreichten sie den Hörsaal, wo Crowlers Stunde begann. Mio gähnte gelangweilt. Crowler erzählte irgendeinen Unsinn über seine „brillianten und unzerstörbaren“ Antiken Golems, die man auf jeden Fall in seinem Deck haben sollte. Außerdem versuchte er, den Studenten „seine eigenen entworfenen Theorien“ beizubringen. Was für ein unfähiger Lehrer. Doch ein aufgeregtes Flüstern hinter Mio weckte ihr Interesse. Sie drehte sich neugierig um und sah keine andere Person als den ‚guten Chazz‘. Es war einfach wunderbar gewesen, ihm nicht über den Weg gelaufen zu sein. Aber irgendwann mussten sie sich natürlich wiedersehen. Genervt verengten sich ihre Augen. Er hat gerade ein paar Schülern erzählt, dass Mios Sieg anscheinend nur Glück und er selbst in einer schlechten Verfassung gewesen sei. Das ließ das Mädchen natürlich nicht lange auf sich sitzen. „Hör mal“, zischte sie ihm verärgert zu, „diese Lügen kannst du gerne für dich behalten!“ Chazz blickte bloß spöttisch auf sie herunter. „Und wenn es doch so war? Ich lasse mich doch nie von solchen Neulingen wie dich besiegen!“ „Und was war denn mit Jaden?! Er war auch neu, genau wie du! Und er hat gegen viele Duellanten gewonnen, die schon lange an der Schule gewesen waren! Nicht zu vergessen seinen Sieg gegen Kagemaru!“, konterte Mio frech. Offenbar musste das ziemlich effektiv gewesen sein, denn Chazz erhob laut seine Stimme, sodass nun jeder das Gespräch hören konnte. „Halt die Klappe! Das hat alles nichts mit Jaden zu tun!“ Mio wurde ebenfalls laut. „Und ob es das tut! Stell dir vor, Jaden hat ganze zwei Duelle gegen dich gewonnen! Der angeblich ‚Super-Duellant Chazz‘ lässt sich also einfach so besiegen? Dann kann deshalb auch jeder – wirklich JEDER gegen dich gewinnen! Und auch ‚Neue Studenten‘ wie ich können das!!“ Jaden in der Zeit errötete leicht. Die beiden unterhielten sich äußerst prächtig über seine Duellkarriere. Chazz brüllte wütend Mio an. „Ach was?!! Na los, hier und jetzt eine Revan…..“ „SCHLUSS JETZT!!!“, unterbrach plötzlich Crowler den Streit von Mio und Chazz. Die beiden hatten ihn und den Unterricht vollkommen vergessen. „Niemand, aber auch wirklich niemand unterbricht meinen Unterricht! Wisst ihr, was das bedeutet?? Nachsitzen!!“ „WAS?!“, riefen die Streitenden im Chor. Mio hoffte, sich verhört zu haben. Nochmal sollte sie nachsitzen? Das war das zweite Mal bei Crowler… sie war sich absolut sicher, dass sie bei ihm unten durch war. Vor allem, wenn sie noch mit so einem Idioten wie Chazz in einem Raum sein musste. Dieser war genauso begeistert wie Mio. „Hören Sie mal, Dr. Crowler, ich verstehe nicht, warum ich auch zum Nachsitzen muss! Sie hatte angefangen!!“ Der Lehrer lächelte fies. „Wieso denn? Ich denke, du kannst Mio bestimmt viel über die Unterrichtsstunden im ersten Halbjahr erzählen. So kann sie viel nachholen und die Zeit sinnvoll nutzen!“ „Ich soll sogar noch mit ihr reden?!!“ Auch die Studentin war damit nicht einverstanden. „Das ist doch nicht Ihr Ernst! Ich kann mir den Stoff auch selbst beibringen, Dr. Crowler! Chazz würde mich bloß dabei behindern!“ „Was? Behindern? Ich war mit einer der Besten unseres Jahrgangs, der…“ „…gegen mich verloren hat!“, führte Mio den Satz grinsend zuende. „Na warte…!“ „Seid jetzt still!!“, rief Crowler immer zorniger. „Hört auf, meine Entscheidungen infrage zu stellen. Zur Strafe müsst ihr genau eine Woche nach den Vorlesungen hierherkommen und lernen!“ „Das gibt’s nicht!“, beschwerten sich Mio und Chazz gleichzeitig. Ein Tag war doch schon schlimm genug, warum musste es auch noch eine Woche sein? „Ende der Diskussion! Ich fahre jetzt mit dem Unterricht fort….“ Das Machtwort war gesprochen. Eine Diskussion half auch nicht, also musste Mio sich dem Beschluss Crowler wohl hingeben. Jaden klopfte ihr auf die Schulter. „Mach dir mal nicht so viele Gedanken! Wird halb so schlimm sein! Ich hebe auch noch etwas Essen für dich auf, okay?“ Das Mädchen nickte stumm. Wirklich toller Trost. Sehr toll… Nach zwei weiteren Vorlesungen verabschiedete sich Mio von Jaden und Syrus. „Also dann… ich geh dann mal…“, murmelte sie mit trüber Stimmung. „Komm schon, Chazz ist doch voll in Ordnung!“, versuchte der Blauhaarige sie zu beruhigen. „Meinst du? Naja…“ Mio machte noch eine Abschiedsgeste und begab sich zu Crowlers Unterrichtsraum. Dort befand sich auch schon Chazz, der mit Armen verschränkt auf seinem Platz saß. Statt sich in die Nähe von ihm zu setzen, ging das Mädchen auf die andere Seite des Raumes. Beide warteten auf Crowler. Die Studentin sah auf die Uhr. Schon zwanzig Minuten waren vorbei. Dreißig. Fünfzig. Eine Stunde. Sie seufzte. „Warum kommt er denn nicht? Da kann ich auch genauso gut gehen…“ Mio schloss die Augen. Wenn er nicht kam, konnte sie auch ein wenig schlafen. Gemütlich lehnte sie sich zurück und döste ein. Chazz sah grimmig nach vorne. Statt hier dumm herumzusitzen, hätte er auch sein Zimmer neu renovieren können. Aber nein, die vorlaute Göre musste ihnen unbedingt Nachhilfe einbrocken. Neben ihn erschien plötzlich der gelbe Ojama. „Hey, Boss! Was machst du hier so? Lass uns doch Party machen!!“ Chazz ignorierte ihn. Gerade jetzt, wo er sowieso schon schlechte Laune hatte, musste noch dieser verblödete Ojama auftauchen. Wunderbar. Jedoch… wenn die gelbe Nervensäge schon mal auftauchte, konnte er mal die Gelegenheit nutzen, um ihn ein paar Fragen zu stellen. „Hey, gelber Ojama!“ Das kleine Monster blickte auf. „Hm, was gibt’s, Boss?“ „Du siehst doch dieses Mädchen, da, auf der anderen Seite“, er deutete auf sie. „Achso! Du magst sie und traust es ihr nicht zu sagen?“, fragte der Gelbe neugierig. „Quatsch! Hör mir erstmal zu!!“ Chazz hasste diese vorlauten Kommentare. „Beim Duell letztens hat sie mit einem Monster gesprochen – hat sie also auch einen Duellgeist?“ „Ja, ich glaube…“, der Ojama rieb sich über das Kinn, „…ich habe sie gesehen. Ganz kurz. Das war so eine Frauengestalt, mit bleichen langen Haaren. Sie hat ein Feuergewand getragen.“ Chazz nickte nachdenklich. „Aber hör mal, Boss! Wenn du das wissen willst, heißt es doch, dass du an diesem Mädchen interessiert bist!“ Chazz stand wütend auf. „Halt endlich die Klappe! Dieses Mädchen ist mir egal und…“, der Junge stoppte. Er hörte plötzlich Schritte. „Mist, Crowler kommt!“ Er sah kurz zu Mio. Sie döste. „Ojama, weck sie!“ „Geht klar, Boss!“ Der Gelbe verschwand und erschien auf der anderen Seite des Raumes. „HEY, AUFWACHEN!!“ Mio zuckte zusammen. „W-wa… huch?“ Sie musterte die kleine gelbe Monstergestalt. „Hast du mich geweckt?“ Er nickte. Die Schwarzhaarige spürte jemanden, der sich dem Raum näherte. Das musste Crowler sein. „Danke, Kleiner! Bist du…“, sie sah kurz zu Chazz, „… sein Duellgeist?“ Ojama nickte erneut. „Ganz genau! Ich sollte dich wecken, um dir zu sagen, dass Chazz dich ma…“ „..dass Crowler kommt!“, unterbrach ihn ärgerlich eine etwas weiter entfernte Stimme. Es war Chazz, der auf der anderen Seite des Raumes saß. Mio nickte ihm kurz zu. Mehr Zeit blieb auch nicht, da nun Crowler hereinkam. „Ich bin leider etwas verspätet gekommen, weil ich noch mit Kanzler Sheppard etwas absprechen musste.“ ‚Ist klar!‘, dachte sich Mio. ‚Und das dauert selbstverständlich so lange… er hatte einfach nur keine Lust!‘ „So, und nun… gebe ich euch die Aufgaben!“ Mio fielen beinahe die Augen aus dem Gesicht. Vor ihnen lag zwei riesige Packen mit Aufgaben. „Das.. ist doch nicht sein Ernst!“, seufzte Mio. Crowler fuhr fort: „Das alles müsst ihr in einer Woche machen! Viel Spaß!“ Er grinste noch schadenfroh, ehe er sich vorne auf ans Pult hinsetzte. „Übrigens“, fügte der Lehrer hinzu, „das wird benotet!“ „Auch das noch!“, fluchte die Studentin. Was hatte Crowler sich noch ausgedacht? Dass sie vor der ganzen Schule ein Theaterstück vorspielen müssen, zum Beispiel? Die beiden Studenten holten sich jeweils ihre Packen ab und begannen jetzt, in der verbliebenden Stunde, so viel wie möglich zu erledigen. „Wird schon nicht schwer sein“, versuchte Mio sich einzureden. Sie nahm sich das erste Blatt. Dort war folgende Frage abgebildet: „Seit wann gab es im alten Ägypten schon Duelmonsters?“ Mio las noch einmal die Frage und dann noch einmal. „Mann…“ Sie sprach zu Crowler gewandt: „Aber Dr. Crowler, das machen wir gar nicht im Unterricht! Da sprechen wir über Monsteranalyse und Strategien!“ Dieser lächelte bloß so verständnisvoll wie möglich. „Das verstehe ich, aber man braucht dafür Grundkenntnisse! Deshalb habe ich euch auch diese Aufgaben gegeben. Und nun macht mal schön weiter!“ Missmutig sah Mio die weiteren Blätter durch. Duelmonstersgeschichte… Pharao Abidos… Hieroglyphen.. . Verzweifelt raufte sie ihre Haare. „Ich verstehe das alles nicht!! Wer war denn Abidos?“ Sie sah hinüber zu Chazz. Dieser füllte fleißig alles aus. „Hm… im Moment könnte ich ihn echt beneiden…“ Ohne irgendetwas ausgefüllt zu haben, waren insgesamt zwei Stunden Nachsitzen vorbei. Mio verstaute die Blätter in ihrer Tasche und verließ nach Chazz missmutig den Vorlesungsraum. Nachsitzen für heute war vorbei. Draußen wurde es dunkel, als sie aus dem Hauptgebäude traten. Chazz ging schweigend vor Mio. Den ganzen Weg lang zur Unterkunft redete keiner von ihnen. Der Schwarzhaarige ging zum Speiseraum, Mio folgte ihm. Alles war abgedunkelt und verlassen. Die anderen mussten also schon gegessen haben. Auf einem Tisch waren noch zwei Portionen Reis, Fisch und Misosuppe. Die Studentin nahm das Tablett mit auf ihr Zimmer, Chazz tat es ihr gleich. Das Mädchen sah verwundert zu, wie Chazz in die Tür neben ihr eintrat. ‚Stimm ja, Chazz ist neben mir..‘ Völlig erschöpft trat sie durch die Tür und stellte ihr Essen auf den Schreibtisch ab. Danach ließ sie sich auf ihr Bett fallen. „Maaaannn!! Was für ein Scheiß-Tag!“, fing sie sofort an zu meckern. Feuerprinzessin erschien neben ihr. „Wenn man sich auch alles selbst zuzuschreiben hat..“ „Was?“, Mio setzte sich abrupt auf. „Ich hab mich wohl verhört! Warum soll das meine Schuld sein?!“ „Nun ja..“, ihr Duellgeist machte eine kleine Pause, „…du hast dich sehr provozieren lassen, Mio. Normalerweise bist du immer ruhig geblieben, wenn du in ähnlichen Situationen warst.“ „Pah! Bin ich doch immer noch!“, erwiderte sie stur. Feuerprinzessin blieb ernst. „Du hast dich verändert, Mio…“, sie lächelte. „Das freut mich.“ Ehe die Schwarzhaarige etwas erwidern konnte, war ihr Geist verschwunden. „Ich.. habe mich verändert?“ Sie nahm ihr Essen und setzte sich wieder auf ihr Bett. „Mag sein… vielleicht hat sie recht.“ Am nächsten Tag traf sie sich wieder mit Jaden und Syrus, um zum Unterricht zu gehen. „Und? Wie war’s?“, fragten beide neugierig. Mio seufzte. „Schrecklich! Crowler hat uns zwei dicke Packen, ungefähr so groß“, sie zeigte es mit ihren Händen, „gegeben. Alles über die Geschichte der Duelmonster! Ich verstehe da gar nichts!“ Jaden lächelte. „Habe ich auch nie, weil ich in den Stunden immer geschlafen habe, oder, Syrus?“ Der Blauhaarige nickte. „Ja… und ich habe es auch nie wirklich verstanden. Aber hör mal, frag doch Chazz, der weiß das bestimmt!“ Mio zuckte bei seinem Namen zusammen. „Nicht doch! Der würde mir bloß ‘n Vogel zeigen und mich einfach so stehen lassen! Außerdem würden Kommentare kommen wie ‚Habe ich es mir doch gedacht!‘ oder ‚Du bist echt eine Niete!‘…“ „Wer weiß! Ein Versuch ist es immer wert!“ Die drei beließen es dabei und setzten ihren Weg fort. Dabei trafen sie Alexis. „Hey, Leute!“, begrüßte sie die drei lächelnd. Mio merkte, dass etwas nicht stimmte. „Alexis, was ist los? Du bist so..beunruhigt..“ Verwundert, dass das Mädchen es bemerkt hatte, weiteten sich ihre Augen. „Echt, stimmt was nicht?“, fragte Jaden, der mal wieder nichts geahnt hatte. Alexis atmete kurz durch. Dann antwortete sie mit zittriger Stimme: „Jasmin und Mindy sind verschwunden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)