I hate that I love you von Tamanna (L x Light) ================================================================================ Kapitel 10: Flucht ------------------ Toda Matsuda litt an diesem Morgen an immensen Kopfschmerzen. Seit seiner bestandenen Prüfung der Polizeischule hatte er nicht mehr soviel getrunken. Klar war das mit seinen 26 Jahren noch ganz normal, bei einem großen Fest viel zu trinken, aber dafür musste er am nächsten Tag wieder arbeiten. Und das war mit üblem Kater gar nicht mal so einfach. Der Chiefinspektor wird sicher sauer sein… Apropos Chiefinspektor. Dieser kam gerade im Eiltempo auf ihn zu gerannt. Er wirkte irgendwie so gehetzt, als wäre der Teufel hinter ihm her. Verwirrt warf Matsuda einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war doch noch genug Zeit, bis zum Arbeitsbeginn, den sie mit Ryuzaki vereinbart hatten. Kein Grund also, so gehetzt zu sein. Überhaupt kam der Chef doch sowieso nie zu spät. Wieso also die Eile? „Äh… guten Morgen, Chef. Was ist denn los?“ „Matsuda! Wir müssen uns beeilen!“, rief ihm Soichiro entgegen und rannte in die Hotellobby. Matsuda versuchte, trotz Kater, Schritt zu halten. „Aber wieso denn?“, keuchte er. „Wir sind doch gar nicht zu spät!“ „Es geht nicht um die Arbeitszeit, Matsuda!“ Soichiro rannte am Fahrstuhl vorbei und zu Matsuda’s Leidwesen ins Treppenhaus. „Es geht um die neuesten Ermittlungsergebnisse! Ich muss Ryuzaki unbedingt davon erzählen!“ Matsuda, der seine Hand in die Hüfte presste, weil sich langsam schmerzhaftes Seitenstechen bemerkbar machte, sah überrascht auf. „Es gibt neue Ergebnisse? Wirklich?!“ Soichiro eilte weiter die Treppen rauf, ohne auf Matsuda’s Frage einzugehen. Nach einigen Minuten waren sie endlich oben angekommen. Dort erwarteten sie Aizawa und Watari – Mogi befand sich in der Polizeistelle, als Ansprechpartner – und alle beide wirkten sehr aufgebracht. „Aizawa, Watari, was ist passiert?“, wunderte sich Soichiro. Matsuda sank erschöpft neben ihn auf den Boden. Aizawa kratzte sich nervös am Kopf, unschlüssig, ob er seinem Chef die Nachricht überbringen sollte. Dann entschied er sich doch dafür und reichte seinem Chef einen Brief. Light hatte ihn geschrieben. Lieber Vater, verzeih, dass ich es dir auf diesen Weg mitteile, aber ich will damit verhindern, dass du mich aufhältst – und das würdest du, das weiß ich. Der Punkt ist, dass ich mich in Ryuzaki verliebt habe – und er liebt mich auch. Da wir aber wissen, dass du und die anderen dagegen sein werden, haben wir beschlossen, an einen Ort zu gehen, an dem wir ungestört zusammen sein können. Versuch bitte nicht, uns zu finden. Alles, was wir wollen, ist glücklich miteinander zu werden. Ich hoffe, du kannst mich eines Tages verstehen… Vergib mir, Vater. Light Soichiro klappte vor Entsetzen die Kinnlade runter. Er konnte kaum fassen, was er da las. Er rang nach Luft, suchte nach den richtigen Worten. „Das glaube ich nicht!! Das dürfen wir nicht zulassen! Wir müssen da sofort etwas unternehmen!“, rief er schließlich. Aizawa näherte sich seinem Chef vorsichtig. „Chef, ich weiß ja, dass Sie ein Problem damit haben, aber ich finde, Sie sollten versuchen, die Gefühle Ihres Sohnes zu akzeptieren. Auch wenn es schwer fällt…“ „Nein, nein, nein“, fuhr ihm Soichiro heftig dazwischen, „darum geht es jetzt wirklich nicht! Ich meine etwas ganz Anderes!“ Matsuda, der endlich wieder zu Atem gekommen war, erhob sich und fragte verblüfft: „Das haben Sie auf dem Weg hierher auch schon gesagt. Was gibt es denn für wichtige neue Erkenntnisse im Fall Kira?“ Soichiro fuhr sich gestresst durch die stark ergrauten Haare, dann setzte er sich erschöpft auf einen Sessel. „Ich… wir müssen die beiden unbedingt finden. Ryuzaki… ist wohlmöglich in Lebensgefahr. Ich… habe eindeutige Beweise, die belegen, dass… mein Sohn Light… Kira ist.“ In der Zwischenzeit durchfuhr der Shinkansen gerade den letzten Bahnhof vor Nagano. Light sah aus dem Fenster und beobachtete die Menschen, die in den Zug einstiegen. Nach ein paar Minuten ertönte das Signal, dass die Türen sich schlossen, und der Zug fuhr weiter. Sie passierten eine wunderschöne Landschaft, mit vielen Hügeln auf der einen Seite, kristallklares Wasser auf der anderen Seite. Light betrachtete diese wunderschöne Aussicht mit gemischten Gefühlen. Einerseits war er in diesem Augenblick wahnsinnig glücklich, andererseits fürchtete er sich vor dem, was noch kommen würde. Eine weitere Person spiegelte sich neben ihm im Fenster. Ryuzaki saß neben ihm und legte ihm besorgt eine Hand auf den Arm. Light erwiderte diese Geste mit einem sanften Lächeln, als Zeichen, dass es ihm gut ginge. Erleichtert schmiegte sich Ryuzaki an Light’s Schulter und genoss es, dass der Jüngere ihm sanft durch die schwarzen Haare strich. Ich weiß, dass unser Glück nicht von Dauer sein wird. Aber jetzt in diesem Moment, ist das egal. Wir werden einfach nur unsere gemeinsame Zeit genießen. Ryuzaki schloss seine Augen und dachte an gestern Abend zurück… Rückblick Das Feuerwerk neigte sich langsam dem Ende. Light und Ryuzaki standen immer noch dicht beieinander auf der Brücke, obwohl man durch den dichten Rauch, der durch die vielen Explosionen entstand, kaum noch etwas sehen konnte. Light, der immer noch einen Arm um Ryuzaki gelegt hatte, spürte, wie dieser zu zittern anfing. „Ist dir kalt? Sollen wir uns irgendwo aufwärmen?“ Der Ältere schüttelte den Kopf. „Nein, schon gut. Ich halte es noch aus. Ich möchte noch nicht zurück. Wir…“ Ein Wassertropfen landete plötzlich auf Ryuzaki’s Nase und unterbrach ihn. Kleine Regentropfen fielen auf die Erde herab, die sich innerhalb weniger Sekunden in einen kräftigen Platzregen verwandelten. Light und Ryuzaki waren klatschnass. „Also… jetzt ist mir doch kalt“, murmelte Ryuzaki und zitterte heftig. Light sah sich um. „Lass uns irgendwo Unterschlupf suchen. Sonst erkälten wir uns noch!“ Er packte Ryuzaki am Arm und rannte mit ihm die Straße hinunter. Nach einigen Metern kamen sie schließlich an einer verlassenen Kirche an und gingen rasch hinein. Drinnen stellten sie fest, dass außer ihnen niemand hier war. „Meinst du, dass es in Ordnung ist, wenn wir hier einfach reinspazieren und hier schlafen?“, warf Ryuzaki ein und sah sich unsicher um. Der Brünette zog den Meisterdetektiv durch die Kirche auf der Suche nach einem Platz, wo sie bleiben konnten. In einem Hinterzimmer wurden sie schließlich fündig. Überrascht, dass sie dort ein fast sauberes Zimmer samt intaktem Kamin vorfanden, traten sie ein. „Dafür, dass hier keiner mehr wohnt, sieht das hier aber noch sehr ordentlich und gut erhalten aus“, stellte Ryuzaki fest, während Light den Kamin anzündete und den Vorhang vor der Balkontür zuzog, der nur wenige Löcher hatte. Dann musterte der Brünette nachdenklich das Bett im Raum. „Es gibt scheinbar nur ein Bett hier. Sieht ganz so aus, als ob wir uns das teilen müssten.“ Ryuzaki zuckte nur mit den Schultern und begann, seinen Yukata auszuziehen. Light zuckte zusammen. „Wa.. Was machst du denn da?“ „Meinen Sachen ausziehen. Die sind doch völlig durchnässt. Das solltest du übrigens auch besser tun. Sonst erkältest du dich noch.“ Light überlegte kurz, dann zog auch er sich aus. Als Ryuzaki das mitbekam, errötete er und sah rasch weg. Was hatte er da bloß heraufbeschworen? Es kam nicht oft vor, dass Ryuzaki eine Entscheidung bereute. Doch jetzt, in diesem Augenblick, wünschte er sich, er wäre dagegen gewesen, dass er und Light sich die nassen Sachen auszogen und im selben Bett schliefen. Eigentlich hatte sich das so harmlos angehört, aber nun, wo sie es in die Tat umgesetzt hatten, fühlte sich diese ganze Situation so unangenehm an. Die Decke schön hochgezogen und eng an den Körper gepresst, mit hochrotem Kopf und lautstark klopfendem Herzen lag Ryuzaki nackt im Bett, das Gesicht der Balkontür zugewandt, und betete, dass der ebenso nackte Light nicht auf irgendwelche Ideen kommen möge. Doch seine Gebete wurden nicht erhört. Plötzlich spürte er eine Bewegung neben sich und Light’s Stimme drang an sein Ohr. „Ryuzaki?“ Der Angesprochene zuckte zusammen, errötete noch mehr und stammelte: „J... Ja?“ „Mir ist kalt. Darf ein bisschen zu dir rüberrutschen?“ Ryuzaki schluckte schwer. „W… Wärmt dich… die Decke denn nicht…?“ „Nicht wirklich... Ist das so eine Qual für dich?“ Light klang sehr geknickt, daher wollte Ryuzaki nicht so sein. „Nein, so ist das nicht…“ Ein leises Kichern drang an sein Ohr. „Ich versteh schon. Pass auf…“ Light schnappte sich sein Kissen. „Das legen wir hier einfach zwischen uns, dann spürst du nichts. Einverstanden?“ Ryuzaki konnte kaum antworten, da legte sich der Brünette direkt hinter ihn, sodass der Schwarzhaarige dessen Wärme spüren konnte. Er schluckte schwer, sein Kopf wurde noch röter – falls das noch möglich war – und er presste nervös die Decke gegen seine Brust. Gut, das Kissen half wirklich und verhinderte, dass Ryuzaki wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett sprang, trotzdem war es immer noch zu nah. Dabei hatte Ryuzaki durchaus schon sexuelle Erfahrungen mit Anderen gemacht. Nun musste er allerdings feststellen, dass es etwas völlig anderes war, wenn man Jemandem so nahe war, den man liebte. Es verstrich einige Zeit, in der es Ryuzaki vor lauter Nervosität nicht gelang, einzuschlafen – nicht, dass er das vorgehabt hätte. Dafür schien Light eingeschlafen zu sein. Zwar konnte Ryuzaki es nicht sehen, weil er sich nicht traute, sich umzudrehen, trotzdem war er sich sicher. Zunächst war er erleichtert, glaubte er doch, dass Light wenigstens keinen Unsinn anstellte. Dann allerdings legte der Brünette seinen Arm um ihn und schmiegte sich eng an seinen Rücken. Ryuzaki starb tausend Tode. Er konnte nichts weiter tun, als die Augen fest zusammen zu pressen und zu hoffen, dass die Nacht schnell vorbei sein würde. Ein Kitzeln in der Nase, gefolgt von einem Nieser war es, dass Ryuzaki dann aus dem Schlaf holte. Schläfrig rieb er sich die Nase mit dem Zeigefinger und sah sich kurz im Raum um, zwecks der Orientierung. Als ihm wieder einfiel, wo er war, ließ er sich rücklings ins Kissen zurückfallen und starrte die Decke an. Er überlegte. Wie lange war es her, dass er eine ganze Nacht durchgeschlafen hatte? Bestimmt einige Jahre. Zumindest seit er seine Tätigkeit als L aufgenommen hatte. Seit er sich mit den ganzen Kriminellen und deren Opfern auseinandersetzte, viel es ihm schwer, nachts Ruhe zu finden. Der Schmerz der Opfer und die Gräueltaten der Verbrecher schienen ihn sogar im Schlaf zu verfolgen und nicht mehr loszulassen. Darum miet er den Schlaf sooft er konnte. Und wenn er schlief, dann nur solange es nötig war. Aber in dieser Nacht hatte er endlich mal wieder einen friedlichen, geruhsamen Schlaf hinter sich. Das konnte eigentlich nur an Light gelegen haben. Seine Umarmung verscheuchte die Schrecken in seinem Kopf. Apropos Light. Wo war er überhaupt? Ryuzaki wandte den Kopf neben sich, da lag aber kein Light. Dann wandte er den Kopf auf die andere Seite und stellte fest, dass die Balkontür ein Spalt breit offen war. Er musste wohl nach draußen gegangen sein. Also hievte sich der Meisterdetektiv wieder hoch, schnappte sich seinen inzwischen wieder trockenen Yukata, zog ihn sich schnell an und trat hinaus auf den Balkon. Einen Blick in Innenhof werfend, der leicht vom Nebel verhüllt wurde, erspähte Ryuzaki den Brünetten dann. Er kniete vor einem Blumenbeet und betrachtete wohlwollend die weißen Schwertlilien, die dort zahlreich blühten. Ryuzaki beobachtete ihn eine Weile, dann rief er ihm schließlich zu: „Guten Morgen, Light!“ Light drehte sich zu ihm um und schenkte ihm ein sanftes Lächeln. „Es ist ein wunderschöner Morgen, nicht wahr? Jetzt, wo es aufgehört hat, zu regnen…“ Ryuzaki erwiderte sein Lächeln, doch wirkte es irgendwie betrübt. So viele Dinge gingen ihm durch den Kopf. Fragen, auf die er gerne eine Antwort hätte, aber einfach keine fand. Vielleicht wusste Light sie ja? „Light? Warum sind wir uns begegnet?“ Light, der sich gerade wieder den Blumen zugewandt hatte, riss überrascht die Augen auf und drehte sich wieder um. „Was meinst du?“ Der Schwarzhaarige wich seinem Blick aus, fixierte stattdessen einen Punkt am Geländer, während er seinen Sorgen endlich Luft machte. „Ich wüsste gerne, warum wir uns begegnet sind. Warum ich mich gerade in dich verliebt habe, obwohl du doch der Hauptverdächtige in diesem Fall bist. Warum nur? Ich verstehe so vieles, was in den letzten Monaten passiert ist, nicht…“ Light spürte einen leichten Stich in seinem Herzen, aber der kam nicht nur daher, weil Ryuzaki ihn immer noch als »Hauptverdächtigen« bezeichnete. Nein, etwas ganz anderes schmerzte ihn noch mehr. „Bereust du… deine Gefühle für mich?“, fragte er vorsichtig. „Nein! Nein, das ist es nicht“, antwortete Ryuzaki hastig, ohne Light anzusehen. „Ich fühlte mich nur so unsicher, so verletzlich, so schwach, jedesmal wenn du nicht bei mir warst. Und… das kenne ich so gar nicht. Es ist alles so eigenartig. Obwohl wir uns doch so nah sind, kommt es mir vor, als würde eine riesige, unüberwindbare Mauer zwischen uns stehen…“ Light betrachtete den Älteren eine Weile, dann trat er entschlossen unter den Balkon und sagte mit fester Stimme: „Mir ist keine Mauer zu hoch! Für dich überwinde ich jedes Hindernis! Ryuzaki, du bist mein Leben! Wenn du bei mir bist, fürchte ich gar nichts mehr! Mir ist völlig egal, für wen man mich hält. Der Vorzeigesohn, der Musterschüler oder Kira. Ich bin DEIN Light. Etwas Anderes will ich nicht sein.“ Ryuzaki lächelte, diesmal aus tiefstem Herzen. Ob es nun Light’s Ausdruck in den Augen war oder die Tatsache, dass soviel Wahrheit in seinen Worten lag, konnte er nicht genau sagen. Aber irgendetwas in diesem Moment ließ Ryuzaki ihm endlich glauben schenken. „Ryuzaki, lass uns von hier verschwinden!“, schlug Light ernst vor. „Irgendwohin, wo wir zusammen leben können. Wo uns niemand kennt. Was sagst du?“ Der Schwarzhaarige brauchte gar nicht zu überlegen. „Ja. Lass uns gehen.“ Rückblick Ende Eine Durchsage holte Ryuzaki in die Gegenwart zurück. „Sehr geehrte Reisende. Wir erreichen in wenigen Minuten den Hauptbahnhof von Nagano auf Gleis 4. Dort haben sie Anschluss an den Shinkansen nach Tokio und Takasaki. Allen Aussteigenden wünschen wir noch einen schönen Tag.“ Light und Ryuzaki tauschten kurze Blicke miteinander aus, dann nickten sie zustimmend und standen auf. Hier in Nagano wollten sie heute bleiben. Am Bahnhof erkundigte sich Light nach einem guten Hotel in der Nähe. Tatsächlich wurde er auch fündig: das Kurohime-Hotel war günstig und dennoch gut. Als er Ryuzaki schnappen und ins Hotel verschwinden sollte, stellte er erschrocken fest, dass dieser verschwunden war. Hektisch suchte Light den Hauptbahnhof nach seinem Liebsten ab und war erleichtert, als er ihn schließlich im Touristenzentrum fand. Er schmökerte in einer Broschüre mit allen Sehenswürdigkeiten der Präfektur Nagano. Light lächelte. Für Ryuzaki war es heute wohl das erste Mal, dass er in eine Gegend kam und Zeit hatte, sich mit dessen Sehenswürdigkeiten zu beschäftigen. Nun gut, wenn er sich gerne etwas ansehen wollte, dann sollte er ruhig eine kleine Sightseeing-Tour bekommen. Light spähte ihm über die Schulter. „Und? Etwas gefunden?“ „Ja, hier zum Beispiel! Nagano ist berühmt für seinen Zenko-Ji Tempel. Den würde ich mir gern mal anschauen.“ „Ah ja, der Zenko-Ji. Gut, dann lass uns erstmal das Hotelzimmer buchen und dann ziehen wir los. Okay?“ Ryuzaki nickte und hakte sich bei dem Brünetten ein. Nachdem sie im Kurohime-Hotel eingecheckt hatten, machten sich die beiden Frischverliebten auf den Weg zum Tempel. Einige Meter vorher kündete ein Schild an, dass heute der Hibutsu betrachtet werden konnte. Ryuzaki war hocherfreut. Der Hibutsu war ein verstecktes Buddha-Idol, das den Buddha Amida darstellen sollte, der in diesem Tempel verehrt wurde. Dieser Hibutsu wurde nur alle 6 bis 7 Jahre der Öffentlichkeit präsentiert. Ihn sehen zu können, war also quasi eine seltene Ehre. Erwartungsvoll betraten die Beiden die Haupthalle. Dort erstreckte sich ein enger, stockdunkler Gang. Light fasste Ryuzaki’s Hand, weil ihn diese vollkommene Dunkelheit etwas unangenehm war. Ryuzaki gluckste leise, führte den Brünetten aber durch den Gang. Nach einigen Schritten erkannten sie schließlich einen Schlüssel, der von der Decke herabhing. Es hieß, wenn man diesen berührte, erlangte man die Erleuchtung. Light und Ryuzaki streckten gleichzeitig ihre Hände danach aus und berührten nicht nur den Schlüssel, sondern auch einander. Sie lächelten sich sanft an, dann küssten sie sich. Hand in Hand schlenderten sie dann durch das große Tor, um sich den Rest des Tempels anzuschauen. Nach einigen Stunden kamen Light und Ryuzaki schließlich aus der Burg geschlendert. Light sah auf seine Uhr. „Es ist jetzt halb zwei. Gehen wir was essen?“ „Gute Idee“, antwortete Ryuzaki, der seine Nase wieder in die Broschüre gesteckt hatte. „Und dann sollten wir unbedingt nach Shinano fahren.“ „Shinano? Was willst du denn da?“ „Ins Kurohime-Märchenhaus. Dort sammeln sie die Märchen aus aller Welt.“ Light lachte leise. „Das ist wohl ein kleines Zugeständnis an das Kind in dir, hm?“ Ryuzaki sah auf. „Ich hab als kleines Kind so gerne Märchen gehört. Meine Mutter hatte mir jeden Abend eines vorgelesen. Und zwar nicht nur Märchen aus unserem Land, sondern aus allen Ländern der Welt. Das hier wäre eine schöne Erinnerung an meine Kindheit.“ Light lächelte. Er musste den Schwarzhaarigen einfach auf die Wange küssen. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren.“ Fröhlich machten sie sich auf den Weg. Ganz in Gedanken versunken bemerkte keiner von ihnen die bösen Blicke, die die Person hinter der Säule ihnen zuwarf. Ryuzaki biss ein großes Stück von seinem Crepe ab. Dieser Tag war großartig! Überhaupt war jeder Tag großartig, den er mit Light verbrachte. Nachdem sie den Nachmittag im Märchenhaus in Shinano verbracht hatten, besuchten sie nun die Kirmes, die nun in Nagano halt machte. „Amüsierst du dich?“, fragte Light und zupfte ein Stück von seiner Zuckerwatte ab. „Ja, das tue ich. Und das verdanke ich nur dir.“ Ryuzaki schnappte sich Light’s Hand und lächelte ihn an. Light fand das schön, Hand in Hand über die Kirmes zu schlendern. Früher wäre ihm das peinlich gewesen. Aber mit Ryuzaki kam ihm das alles absolut normal vor. Normal und schön. Außerdem freute es ihn zu sehen, wie Ryuzaki am heutigen Tag wieder aufblühte. Er wirkte wieder wie ein kleiner Junge. Das erinnerte ihn an den Tag, als sie sich kennen lernten. Als sich Light in ihn verliebte. Dessen war er sich nun sicher. Bei diesem Gedanken musste Light schmunzeln. Es klang wie ein Märchen: Zwei Menschen, die sich kennen lernen und sich innerhalb eines Tages ineinander verlieben. Ryuzaki zupfte an Light’s Arm. „Sieh mal, Light! Lass uns Karussell fahren!“ Light wirkte skeptisch. „Wirklich? Findest du nicht, dass wir zu alt für Karussells sind?“ „Nein, finde ich nicht.“ Ryuzaki musterte Light verwirrt. „Wie kann man denn zu alt sein, um sich zu amüsieren?“ Light spielte kurz mit dem Gedanken, dem Schwarzhaarigen zu erklären, dass es ziemlich albern wirkte, in ihrem Alter auf kleinen Karussellpferdchen zu sitzen, aber er nahm zurecht an, dass der Ältere diese Erklärung nicht durchgehen lassen würde. Also fügte er sich in sein Schicksal. Letztendlich war es toll. Und das lag natürlich wieder nur an Ryuzaki. Dieser saß freudig auf einem Pferd und strahlte mit den Lichtern um die Wette. Light beobachtete ihn fasziniert. „Was ist?“, fragte Ryuzaki. „Du bist wunderschön, wenn du lächelst.“ Jetzt errötete der Schwarzhaarige und wandte sich verlegen lächelnd von dem Jüngeren ab. „Dann sollte ich dich immer in meiner Nähe haben. Ich muss in deiner Gegenwart immer lächeln…“ Einige Stunden später machten sich die beiden Verliebten auf den Weg ins Hotel. „So oft, wie in den letzten Monaten, war ich in den letzten Jahren nicht auf einer Kirmes“, bemerkte Light schläfrig. Ryuzaki horchte auf. „Wie? Du warst noch nie auf der Kirmes?“ „Naja… Nur einmal. Und das war nicht gerade… schön.“ Light sah betreten zu Boden. „Ich… war 5. Wir sind zum ersten Mal als ganze Familie in einen Vergnügungspark gegangen. Ich hatte mich wochenlang darauf gefreut. Wir waren gerade mal eine halbe Stunde da, da bekam meine Schwester plötzlich starke Bauchschmerzen. Meine Eltern wollten sie sofort nach Hause bringen. Das war natürlich blöd für mich, aber ich hab mich gefügt. Auf den Weg zum Auto kamen wir an einem Clown vorbei, der Luftballons an die Kinder verteilt hatte. Ich wollte unbedingt einen haben. Ich hatte meinen Eltern noch zugerufen, dass sie auf mich warten sollen. Ich hatte den Clown nicht mal erreicht, da merkte ich, dass meine Eltern plötzlich weg waren. Ich hatte sie überall gesucht, aber sie waren einfach verschwunden. Ein Mann vom Sicherheitsdienst ist dann auf mich aufmerksam geworden und hat meine Eltern zuhause angerufen. Sie hatten bis zu diesem Zeitpunkt nicht mal bemerkt, dass sie mich vergessen hatten… Vater holte mich aus dem Büro des Mannes ab. Wir haben nie wieder ein Wort darüber verloren…“ Light seufzte tief, dann wandte er sich an Ryuzaki – und stellte fest, dass dieser nicht da war! Erschrocken sah er sich um, doch weit und breit war kein Ryuzaki zu sehen. Light schluckte. Plötzlich fühlte er sich wieder wie damals. Aber diesmal würde er nicht bleiben und warten. Gekränkt machte er sich allein auf den Weg zum Hotel. Light drehte nervös seine Armbanduhr an seinem Arm. Ryuzaki war immer noch nicht zurück. Das überraschte den Brünetten sehr. Er war eigentlich davon ausgegangen, dass der Ältere bereits vorgegangen war. Wo konnte er denn nur hingegangen sein? Hätte er ihn suchen sollen? Vielleicht war ihm etwas zugestoßen! Light hielt es nicht mehr aus. Entschieden sprang er vom Bett auf und wollte sich auf die Suche machen, da klopfte es an der Zimmertür. Sofort öffnete der Brünette die Tür und war sehr erleichtert, als Ryuzaki vor ihm stand. Dieser lächelte geheimnisvoll. „Wo warst du denn?!“, schimpfte Light. Ryuzaki lächelte ihn fröhlich an, dann holte er etwas hinter seinem Rücken hervor: jede menge Luftballons! „Ich hab lange suchen müssen, aber dann hab ich noch jemanden gefunden, der noch Luftballons hatte“, erklärte Ryuzaki. „Die sind alle für dich… damit du nur noch positive Erinnerungen an die Kirmes hast!“ Light war sprachlos. Er betrachtete die vielen, bunten Ballons und spürte eine wohlige, unglaublich schöne Wärme, die sich im ganzen Körper ausbreitete. Dann packte er Ryuzaki und zog ihn einfach in seine Arme… Am nächsten Tag frühstückten die beiden Jungs im Speisesaal des Hotels. Light goss sich einen Kaffee ein. „Hast du dir schon überlegt, wo wir als Nächstes hinfahren? Wir haben gestern ja keinen Flug oder so buchen können.“ „Das stört mich nicht. Weißt du, ich wollte mir noch einiges an Sehenswürdigkeiten angucken, wo wir schon mal hier sind. Ich dachte, wir fliegen dann einfach übermorgen weiter. Ist das okay?“ Light überlegte. Eigentlich sollten sie so schnell wie möglich weiter. Es dürfte für seinen Vater und die Anderen kein Problem sein, sie hier in der Chubu-Region ausfindig zu machen, wenn sie das nicht schon längst getan hatten. Und wenn sie sie fanden, würden sie sie mit Sicherheit voneinander trennen. Das dürfte auf keinen Fall passieren! Aber… Ryuzaki hatte den Großteil seines Lebens in Isolation verbracht und wahrscheinlich kaum etwas von der Welt gesehen. Das hier war vielleicht die einzige Chance für ihn, das nachzuholen. Und Light wollte seinem Liebsten diesen Wunsch nicht verwehren. „Klar ist das okay. Aber wir müssen vorsichtig sein, damit sie uns nicht finden. Ich will auf keinen Fall wieder von dir getrennt werden…“ „Ich auch nicht.“ „Gut, dann iss auf und dann geht’s los zur nächsten Sideseeing-Tour!“ Nach dem Frühstück reisten die beiden Jungs nach Matsumoto. Diese Region war berühmt für die Burg Matsumoto, eine der schönsten Burgen in Japan. Da sie eine der wenigen, noch original erhaltenen Burgen zählt sie heute zu Japans Nationalschätzen. Sie wird auch „Krähenburg“ genannt, wegen ihrer schwarzen Farbe und den „ausgebreiteten Flügeln“. Die Burg war für Touristen ein beliebtes Ziel, zumal sie von Tokio aus sehr leicht zu erreichen war. Ryuzaki fand allerdings, dass der Hype, den alle um die Burg machten, unberechtigt war. Enttäuscht beendete er frühzeitig die Tour. Um ihn Milde zu stimmen, schlug Light vor, noch das Ukiyo-e-Museum zu besuchen. Da es in Matsumoto ansonsten nichts Interessantes gab, bestand Ryuzaki darauf, nach Suwa weiterzufahren. In der Nähe des Suwa-Sees aßen sie verspätet Mittag. Besorgt betrachtete Light den Schwarzhaarigen. „Du bist heute so ungehalten.“ „Kein Wunder. Ich hab mir mehr von dem Vormittag erhofft. Stattdessen habe ich mich tödlich gelangweilt“, erwiderte Ryuzaki missmutig, schob sich ein Stück Schokoladenkuchen in den Mund und warf einen Blick hinaus auf den See. „Der See ist wunderschön…“ Light kam eine Idee. „Was hältst du von einer Bootsfahrt? Wir mieten uns ein Ruderboot und paddeln rüber zum Suwa-Taisha.“ „Zum Suwa-Taisha? Aber Light, das ist verdammt weit!“ „Und? Wir haben heute doch sonst nichts vor, oder? Außerdem werde ich paddeln.“ Ryuzaki legte die Gabel ab und musterte ihn kritisch. „Du bezweckst damit doch irgendwas.“ Light grinste. „Ja, aber ich sag dir nicht, was.“ Ryuzaki zog eine Schnute und versuchte, das Geheimnis aus Light herauszubekommen, doch dieser blieb verschwiegen. Schließlich ruderten sie im Boot über den Suwa-See zum Schrein. Auch während der Fahrt äußerte sich Light nicht zu seinem Vorhaben. Ryuzaki wurde langsam ungehalten. Er mochte keine Geheimnisse und Überraschungen, obgleich beides von seiner Seite stets zu erwarten war. Als sie dann am Steg ankamen, legte Light die Ruder beiseite, stieg zuerst aus dem Boot und reichte Ryuzaki die Hand, um ihm rauszuhelfen. Ryuzaki sah ihn verwirrt an, dann ließ er sich helfen. Beim Aussteigen stolperte er allerdings über einen unsauber eingehämmerten Nagel und fiel in Light’s Arme. „’Tschuldigung“, nuschelte Ryuzaki und sah auf – angesichts von Light’s sanftem Lächeln stockte ihm der Atem. Seine Verärgerung über diese ganze Geheimniskrämerei wich nun Aufregung. Was hatte Light nur vor? Die beiden Liebenden betraten dann den Schrein. Während Light einem Priester lauschte, der etwas erzählte, stand Ryuzaki etwas weiter abseits und beobachtete ihn. Dabei hörte er zufällig ein Gespräch von zwei Frauen mit. „Was für ein schöner See.“ „Ja. Kennst du die Legende vom See?“ „Nein. Erzähl mal!“ „Also, der Erbe des Schreins, Take-mi-nakata soll in einem Ruderboot den See überquert haben, um seine zukünftige Frau Yasakatome zu treffen. Es heißt, wenn zwei Liebende in einem Ruderboot den See überqueren, dann wird ihre Liebe ewig währen.“ „Wie schön~.“ Das war es also! Was für eine süße Idee von Light. Dieser wandte sich ihm gerade zu und rief: „Hey, Ryuzaki! Kommst du?!“ Der Schwarzhaarige nickte nur. Mit geröteten Wangen und klopfendem Herzen tapste Ryuzaki hinter Light her. Im Hotel angekommen, hatte sich Ryuzaki immer noch nicht wieder gefangen. Light war schon ganz beunruhigt, weil der Detektiv so schweigsam war. „Ryuzaki, geht es dir gut? Du bist so still…“ Light verstummte schnell, als Ryuzaki ganz plötzlich die Arme um ihn legte und sich an seinen Rücken schmiegte. „Ich… möchte dir ganz nahe sein… Näher als sonst.“ Der Brünette schluckte schwer, wusste er doch, was damit gemeint war. Und er wollte es auch. Sanft drückte er Ryuzaki’s Hände, da dieser leicht zu zittern anfing. „Ich hab Angst“, murmelte Ryuzaki, „und mir kommen fast die Tränen… aber warum… bin ich dann so glücklich?“ „Lassen wir es langsam angehen. Wir haben alle Zeit der Welt“, erwiderte Light ruhig, drehte sich um und küsste den Älteren sanft. Er konnte ja nicht ahnen, dass ihre gemeinsame Welt nicht lange bestand haben würde… „Habt ihr sie schon gefunden?“ Soichiro platzte in den Raum hinein. Er hatte viel zu schnell sein Abendessen zu sich genommen, sodass jetzt sein Magen leicht durchdrehte, aber das kümmerte ihn im Moment nicht wirklich. Ihn interessierte nur der Aufenthaltsort der beiden Jungs. Doch wieder wurden seinen Hoffnungen zunichte gemacht. Aizawa schüttelte betrübt den Kopf. „Wir können sie einfach nicht finden. Ihre Spur führte bis nach Nagano, dann waren sie verschwunden. Hätten sie doch bloß ihre Handys nicht hier gelassen, dann könnten wir sie orten! Hach… aber so leicht wollen sie es uns nicht machen.“ Soichiro setzte sich auf einen Stuhl und tippte wieder auf der Tastatur rum. Dabei spornte er seine Leute weiter an: „Sucht weiter nach ihnen! Wir müssen sie finden, bevor es zu spät ist!“ Dann fügte er noch leise hinzu: „Ich hoffe nur, dass dir nichts zugestoßen ist… Ryuzaki.“ „Ich war 7 Jahre alt, als meine Eltern gestorben sind. Das war das… erste und letzte Mal, dass ich geweint habe. Stunden… manchmal auch tagelang. Meine Eltern waren sehr vermögend, daher stand ich nicht auf der Straße. Unsere Hausangestellten haben sich um mich gekümmert und versucht, mir den Verlust zu erträglich wie möglich zu machen. Ein Jahr später… löste ich einen Fall, der mit Bombenlegern zu tun hatte, und lernte dabei Watari kennen. Er war von meinem Intellekt fasziniert, wie er mir sagte. Er wollte unbedingt, dass ich mit ihm komme. Er hatte ein Waisenhaus für Hochbegabte errichtet, in dem ich auch leben sollte. Er entließ die Angestellten meiner Eltern und nahm mich mit nach England. Dort lebte ich dann fünf Jahre, bis Watari entschied, dass ich »reif« bin. Du musst wissen, Watari hat die Klügsten der Waisenkinder mit einem Buchstaben versehen. Das ist sozusagen so was wie eine Auszeichnung. In jeder Generation kann ein Buchstabe nur einmal vergeben werden. Ich… war das L. Die »Absolventen« agieren dann weltweit im geheimen. Ich aber wollte ein Stück weit in die Öffentlichkeit treten. Ich wollte den Menschen Gerechtigkeit verschaffen und Verbrecher bestrafen. Und so… wurde der Meisterdetektiv L geboren. Zwölf Jahre ist das jetzt her… und obwohl die Menschen bezüglich meines Charakters immer schlecht von mir sprachen, habe ich diesen Schritt nie bereut… Aber jetzt… jetzt würde ich darauf verzichten… um mit dir zusammen zu sein.“ Ryuzaki drehte den Kopf auf dem Kissen zur Seite und sah Light neben sich in die Augen. Es war das erste Mal, dass er irgendjemanden von seiner Vergangenheit erzählte. Light lächelte dankbar und strich dem Älteren sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du musst nicht darauf verzichten. Ich wäre auch bereit, mit dir zu gehen.“ „Aber… Dann musst du wie ich in der Isolation leben. Willst du das wirklich?“ „Hey, du willst ja auch für mich dein bisheriges Leben aufgeben.“ „Und… dein Vater?“ Light seufzte und starrte an die Decke. „Mein Vater… … … Ich denke, ich habe lange genug getan, was mein Vater wollte.“ „Wie meinst du das?“ „Ich hab dir doch die Geschichte im Vergnügungspark erzählt. Diese ganze Sache bedrückte mich noch Jahre lang. Seit der Geburt meiner kleinen Schwester waren meine Eltern nur noch auf sie fixiert, weil sie früher als andere Kinder laufen und sprechen konnte. Ich war zwar sehr intelligent, aber irgendwie fehlte mir die Motivation, meinen Verstand zu gebrauchen. Aber nach der Sache im Vergnügungspark… fühlte ich mich schlecht… und auch ungeliebt. Ich wollte unbedingt, dass meine Eltern stolz auf mich sind. Als ich dann in die Schule kam, habe ich immer viel gelernt und die besten Noten nach Hause geholt. Meine Mutter war sehr stolz auf mich, aber mein Vater… Er fragte mich eines Tages, warum ich denn soviel lerne. Als ich ihm sagte, dass ich auch mal Polizist werden möchte wie er, erst da habe ich gespürt, dass er stolz auf mich war. Ja, wenn ich so genau darüber nachdenke, war es eigentlich nie wirklich mein Wunsch, Polizist zu werden. Alles, was ich in meinem Leben getan habe, diente nur dazu, die Liebe meines Vaters für mich zu gewinnen. Ich glaube, dass war auch der Grund, warum ich mit Romy zusammenkam und meine Zukunft mit ihr plante. Aber jetzt… jetzt ist Schluss damit! Jetzt zählst nur noch du. Als mir klar wurde, dass ich dich liebe, wurde mir auch bewusst, was für eine Lüge ich die ganze Zeit gelebt hatte.“ Light wandte sich wieder Ryuzaki zu. „Danke… dass du mich aus diesem Albtraum befreit hast.“ Ryuzaki lächelte und gab ihm einen Kuss. „Dasselbe gilt auch für dich.“ Glücklich schmiegte sich der Schwarzhaarige an seinen jüngeren Liebsten. Dieser wurde plötzlich verlegen. „Ähm… Ryuzaki? Könnten wir… noch mal?“ Ryuzaki kicherte. „Natürlich. Sooft du willst!“ „Sieh dir die vielen Bäume an, Light! Im Frühling, wenn die Bäume voll von Kirschblüten sind, muss es wunderschön hier sein. Lass uns im Frühling auf jeden Fall noch mal herkommen!“ Ryuzaki lief aufgeregt über die Brücke, die zur Burg Takato führte, der schönsten Sehenswürdigkeit in Ina. Die Stadt Ina war ihre letzte Station, bevor sie dann morgen mit dem Flugzeug nach Los Angeles fliegen wollten. Light folgte dem Meisterdetektiv über die Brücke und lächelte. Ihre Beziehung hatte sich durch die gestrigen Gespräche noch vertieft und Ryuzaki schien dadurch endgültig aufzublühen. „Scheint so, als würdest du ihm gut tun, Kleiner“, ertönte eine Stimme hinter ihm. Light hatte sie schon lange nicht mehr gehört, obwohl er sich stets bewusst war, dass er die ganze Zeit in seiner Nähe war. „Er tut mir genauso gut, wie ich ihm, Ryuk“, antwortete Light leise. Ryuk flog hinter Light her. In den letzten Tagen hatte er die Geschehnisse stumm verfolgt. Zunächst war er über die Entwicklung nicht wirklich glücklich, fand er diesen ganzen Liebeskram doch fad und langweilig. Doch als Light beschlossen hatte, mit Ryuzaki zu fliehen, wurde es doch ein wenig interessant. Vor allem eins beschäftigte ihn seitdem permanent. „Light? Wenn er dir so gut tut, wie du sagst, wirst du ihm dann sagen, dass du Kira bist?“ Light blieb ruckartig stehen, sodass Ryuk fast gegen ihn geprallt wäre. Er landete, zog seine Flügel ein und trat näher. „Oder willst du ihn weiterhin belügen? Er ist zwar in dich verliebt, aber ob er das immer noch ist, wenn er erfährt, dass du ein Massenmörder bist? Oder glaubst du, seine Liebe ist so stark, dass er Verständnis für dich haben wird?“ Light überlegte. „Ich weiß, dass ich es ihm sagen muss. Aber ich habe Angst. Dass er mich versteht oder mir verzeiht, bezweifle ich. Ich befürchte, dass er mich verlassen wird.“ „Und was gedenkst du, dagegen zu tun?“ „Naja… vielleicht muss ich es ihm ja nicht sagen… wenn Kira einfach wieder verschwindet.“ „Häh?“ „Ich spiele mit dem Gedanken, dir das Death Note wieder zurückzugeben.“ „Das ist sehr lobenswert, Light Yagami. Für die Liebe auf das Death Note zu verzichten.“ Überrascht drehte Light sich um. Rem stand hinter ihm. „Rem?! Wo kommst du denn her?“ „Ich bin hier, um dich zu warnen, Light Yagami.“ Light hob eine Augenbraue. „Wieso? Womit willst du mir denn nun schon wieder drohen?“ Doch Rem schüttelte nur den Kopf. „Es geht nicht um mich. Glaub mir, mein Zorn gegen dich hat sich in dem Moment gelegt, als mir klar wurde, dass du diesen Ryuzaki aufrichtig liebst. Da wurde mir klar, dass du ein gutes Herz hast. Bedauerlicherweise gibt es da jemanden, der das nicht so sieht, wie ich.“ Light wurde kreidebleich. „Misa…“ Rem nickte. „Ich hab sie noch nie so wütend gesehen…“ Rückblick Es war am Tag des Festes. Du hattest Misa versprochen, mit ihr das Feuerwerk anzuschauen. Als du dann kurz vor Beginn immer noch nicht aufgetaucht bist, ging sie los, um dich zu suchen… und sah dich mit dem Jungen auf der Brücke stehen, wir ihr euch umarmt und euch geküsst habt. Mich hat es nicht gestört, aber Misa… Rem beugte sich vorsichtig zu Misa hinunter. „Misa… nimm es nicht so schwer. Natürlich ist das hart für dich. Aber wenn man jemanden wirklich liebt, sollte dessen Glück an oberster Stelle stehen. Und egal was passiert, er wird dir immer ein Freund sein.“ „SEI ENDLICH STILL!!!!“, schrie Misa. Ihre Augen funkelten vor Zorn. „Diese albernen, abgedroschenen Sprüche kannst du dir schenken! Light soll nicht »ein« Freund sein, sondern »mein« Freund, klar?! Dieser komische Typ da wird es noch bereuen, dass er mir meinen Light stehlen will!“ Entschlossen stakste sie wieder zurück zum Marktplatz. Dort empfingen sie Sayu und Sachiko, die beide sehr besorgt drein sahen. „Wo ist denn Light auf einmal?“, fragte Sayu. „Er hat einen Freund getroffen. Sie unterhalten sich gerade. Frau Yagami, könnten Sie mir einen Gefallen tun? Ich muss jetzt nach Hause, weil ich morgen früh raus muss. Ich brauche aber noch ein Notizheft, das habe ich dummerweise bei Light im Zimmer vergessen. Dürfte ich mir das schnell holen?“ „Äh… aber sicher. Kein Problem.“ Einige Zeit später war Misa zuhause. Sie saß an ihrem Schreibtisch, vor sich das aufgeschlagene Death Note, ein Stift in der Hand – eigentlich hinderte sie nichts daran, den komischen Kerl, der ihr ihren geliebten Light stehlen wollte, zu töten. Wieder erkannt hatte sie ihn. Es war der Typ, den sie damals bei Light’s Immatrikulationsfeier gesehen hatte und der ihr einen falschen Namen genannt hatte. Sie hatte damals seinen richtigen Namen gelesen – es wäre also kein Problem, diesen Namen aufzuschreiben und so den verhassten Nebenbuhler auszulöschen. Leider gab es ein Problem… Misa knallte wütend ihren Stift auf den Tisch und grub ihre Finger in ihre blonden Haare. „Ahhhhrrrggghhhh!!!!! Ich kann mich nicht an diesen blöden Namen erinnern!!“, fluchte sie. „Ich hab täglich hunderte… nein, tausende von Namen gesehen. Da ist seiner einfach untergegangen… Was mache ich denn jetzt bloß?“ „Sieh es doch einfach als Zeichen, dass du es besser lassen solltest“, schlug Rem vorsichtig vor. Seit Stunden sah sie zu, wie die Blondine ihre grauen Zellen bemühte und sich dabei gründlich überforderte. Misa verdrehte die Augen und stöhnte genervt auf. „Rem, wenn deine Ratschläge nicht dafür gedacht sind, meinen Plan in die Tat umzusetzen, dann verkneif sie dir gefälligst!“ Wütend schlug sie das Heft zu und drehte sich mit ihrem Schreibtischstuhl zu Rem um, dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und zog einen Schmollmund, wie ein trotziges Kind. Rem seufzte. Eine Weile sagte keine von beiden etwas, dann klatschte Misa aufgeregt in die Hände. „Ich hab’s! Ich schaue mir einfach noch mal sein Gesicht an! Dann kann ich seinen Namen noch mal lesen und ihn dann aufschreiben! Ja, so wird’s gemacht!“ Voller Elan sprang Misa vom Stuhl auf, schnappte sich ihr Death Note und ihre Tasche und lief zur Tür hinaus. Rem folgte ihr. „Wo willst du denn hin? Du weißt doch gar nicht, wo sich dieser Junge aufhält!“ „Ach, ich bin sicher, dass er bei Light zuhause ist. Und wenn nicht, wird seine Mutter oder Sayu wissen, wo ich die beiden finde. Sie werden ganz sicher zusammen unterwegs sein!“ Rem musterte Misa aufmerksam. Obwohl sie im Begriff war, jemanden zu töten, schien sie voller Elan und Vorfreude. Rem konnte darüber nur den Kopf schütteln. Es war bereits früher Morgen, als sie an der Tür der Familie Yagami klingelte. Im Haus waren nach dem Klingeln ein lautes Poltern und schnelle Schritte, die sich der Tür näherten, zu hören. Die Tür wurde regelrecht aufgerissen. Eine völlig aufgelöste Sachiko sah Misa aufgeregt an. Als sie das Mädchen erkannte, starb die Hoffnung in ihren Augen und sie beruhigte sich wieder. „Frau Yagami, was ist denn los?“, fragte Misa überrascht. „Light… ist verschwunden. Heute Morgen lag ein Zettel auf seinem Bett, auf dem stand, dass er einen Mann lieben und mit ihm durchbrennen würde… Ich kann es immer noch nicht fassen, dass er mir so was antut…“ Misa hörte nicht mehr weiter zu. Ihre Augen wurden ganz glasig und sie schienen durch die Frau vor ihr hindurch zu sehen. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und ging einfach. „Misa?“ Rem beugte sich zu der Blondine hinunter. Diese gab ihm aber keine Antwort. „Misa, was machen wir hier?“ Wieder keine Antwort. Die junge Frau saß einfach auf einer Sitzbank am Bahnhof und starrte Löcher in die Gegend. „Ich sollte vielleicht wirklich aufgeben“, sagte sie schließlich. „Light hat sich entschieden. Er ist mit diesem Typen durchgebrannt. Vermutlich werde ich ihn nie wieder sehen. Ich sollte das als Zeichen sehen. Nach dem Tod meiner Eltern… bin ich in ein tiefes Loch gefallen. Light war ein richtiger Lichtblick für mich… Aber es sollte wohl nicht sein…“ Rem hatte Mitleid mit ihr. Aber es gab nichts, womit sie sie aufheitern konnte. Glaubte sie jedenfalls… Als die Todesgöttin aufsah, erkannte sie plötzlich zwei Männer auf dem Bahnhof: es waren Light und der junge Mann, mit dem er gestern zusammen war. Das dürfte Misa nicht sehen, sonst… Leider hatte Misa ebenfalls in die Richtung gesehen – und nun erwachte wieder ihre Entschlossenheit. Entschlossen stand sie auf und verfolgte die beiden heimlich… Rückblick Ende Light musste sich am Brückengeländer abstützen. Rem hob eine Hand. Dabei knackten all ihre Knochen. „Du solltest dich beeilen, Light Yagami. Rette den Mann, den du liebst, bevor Misa ihn dir für immer wegnimmt.“ Light sah sie geschockt an. „Misa ist hier, oder?“ Rem nickte. „Sie läuft irgendwo hier rum. Beeil dich und verschwindet von hier. Ich muss jetzt wieder zu Misa.“ Und schon war Rem auch schon wieder davongeflogen. Sofort suchte Light nach Ryuzaki, damit sie sich in Sicherheit bringen konnten. Verzweifelt suchte er die Menschenmenge nach dem Schwarzhaarigen ab – doch dieser war einfach verschwunden! Panik machte sich in ihm breit. Hatte Misa ihn etwa gefunden? „Light! Guck mal da!“ Ryuk deutete ein paar Meter weiter auf den Boden. Dort lagen ein Touristenführer und ein nasses Taschentuch. Light eilte sofort dorthin und hob beides auf. Das Taschentuch roch nach Chloroform! Und auf dem Touristenführer waren ihre Stationen eingekreist und unten in der Ecke war ein kleines Herz eingezeichnet, darin stand LxL. Der musste Ryuzaki gehören! Also hatte Misa ihn tatsächlich vor ihm gefunden. Doch wo hatte sie ihn nur hingebracht? Wie sollte Light seinen Liebsten finden, ehe Misa ihn umbrachte? Glücklicherweise kam ihm der Zufall zur Hilfe. Ryuk breitete wieder seine Flügel aus und schwang sich in die Lüfte. „Light, ich flieg los und suche Rem. Wenn ich sie gefunden habe, wissen wir, wo Misa ist.“ „Du hilfst mir?“ Ryuk grinste breit. „Ja sicher. Ich will schließlich wissen, wie du dich da wieder rauswinden willst. Bis später, Light!“ Light sah Ryuk nach. Er war froh, dass dieser ihm half, auch wenn sein Motiv alles andere als ehrenhaft war. Aber wenigstens würde er Ryuzaki vielleicht noch retten können. Völlig übermüdet saß Soichiro immer noch vor dem Computer und starrte den Bildschirm an. Es war ihnen immer noch nicht gelungen, Light und Ryuzaki zu finden. Und mit jeder Stunde, die ohne einen Sucherfolg verging, schwand seine Hoffnung. Aber nicht nur das. Mit jeder Stunde, die verstrich, schweiften Soichiro’s Gedanken immer mehr ab. Er dachte zum ersten Mal, seit er erfahren hatte, dass sein Sohn Kira war, darüber nach, was das eigentlich bedeutete und was Light erwartete, wenn sie ihn fanden: Sie würden ihn verhaften. Er würde vor Gericht gestellt und entweder lebenslang ins Gefängnis gesperrt oder zum Tode verurteilt werden. Eine schreckliche Vorstellung. Was hatte sich Light nur dabei gedacht? Nun ja, eigentlich konnte sich Soichiro schon denken, was seinen Sohn für ein Motiv hatte. Immerhin hatte er es ja gesehen. Nur glauben konnte er es nicht. Niemand würde das glauben können. Doch jetzt war es erst einmal wichtig, die beiden zu finden und Ryuzaki in Sicherheit zu bringen. Armer Ryuzaki. Wenn er sich tatsächlich in Light verliebt hatte, würde ihm diese Erkenntnis das Herz brechen. „Chef! Chef!!“ Matsuda eilte aufgeregt herbei. „Watari hat soeben ein Signal von Ryuzaki empfangen!“ Soichiro sprang auf. „Tatsächlich?!“ Matsuda nickte. „Anscheinend hat Ryuzaki noch ein Handy, mit dem er ein Notrufsignal an Watari senden kann, wenn irgendetwas ist. Wir haben es zurückverfolgt und wissen jetzt, wo er ist: in einer Gegend in Ina, in der Region Chubu.“ „Das ist ja gar nicht soweit weg. Gut, lasst uns schnell aufbrechen!“ „Wie weit denn noch, Ryuk?!“ Light keuchte und war völlig außer Atem, dennoch wollte er nicht stehen bleiben und verschnaufen. Ryuzaki brauchte seine Hilfe. Also rannte er trotz schmerzhaftem Seitenstechen dem Todesgott weiterhin hinterher. Dieser kehrte vor einigen Minuten zurück, mit der Nachricht, dass er Rem endlich aufgespürt hatte. Sofort nahm Light die Verfolgung auf. Nach etlichen Minuten laufen, schien sie schließlich in einem Park zu enden. Ryuk schlug mit den Flügeln und wartete, bis Light ihn eingeholt hatte. „Nicht mehr weit. Da drüben sind sie!“ Light lief weiter bis zu einer von einer einzigen Straßenlaterne erleuchteten Ecke. Unter der Laterne, vor einem Drahtzaun, saß auf einer Parkbank Misa Amane, auf ihrem Schoß das offene Death Note, in ihrer Hand ein Stift. Kalter Schweiß brach auf Light’s Stirn aus und er eilte schnell zu ihr hin. Als Misa Light erkannte, schlug sie schnell das Death Note zu und legte es mit dem Stift beiseite. „Hallo, Light“, rief sie fröhlich, als wäre nichts. „Was heißt hier »Hallo Light«?!!! Was tust du hier?!“ fauchte Light und verschnaufte endlich. Misa zuckte nur mit den Schultern und tat auf unschuldig. Das machte Light nur noch wütender. Er packte Misa an den Schultern, zog sie auf die Füße und schüttelte sie unsanft. „Verkauf mich nicht für dumm, Misa! Wo ist Ryuzaki? Hast du etwa seinen Namen schon ins Death Note geschrieben?! Sag schon!!!“ Misa begriff, dass es nichts nützte, sich weiter zu verstellen. Sie seufzte. „Nein, hab ich nicht.“ Sie lächelte ihn böse an. „Ich hab nämlich auf dich gewartet.“ „Auf mich?“ „Ich will, dass du damit einverstanden bist. Schließlich hab ich ja versprochen, dass ich nur dann Namen aufschreibe, wenn du es mir erlaubst. Ich kann natürlich nicht erwarten, dass du es selbst machst. Daher werde ich dir das abnehmen.“ „Bist du verrückt?! Du glaubst doch nicht im ernst, dass ich dir erlaube, Ryuzaki zu töten?!“ „Wieso denn nicht?!“ Misa stampfte verärgert mit dem Fuß auf. „Was findest du denn an diesem komischen Typen? Er ist überhaupt nichts Besonderes! Und außerdem ganz schön hässlich…“ Light lächelte jetzt ebenfalls böse. „Weißt du, Misa. Ein Mensch kann noch so hübsch sein, wenn er einen miesen Charakter hat und diesen dann auch noch zeigt, ist selbst der schönste Mensch potthässlich – so wie du jetzt!!!“ Misa zuckte entsetzt zurück. Doch Light legte noch nach: „Du hast überhaupt keine Ahnung, Misa. Dich interessiert nur das Aussehen, sonst nichts. Daher siehst du nicht, wie wunderschön Ryuzaki ist! Er mag auf den ersten Blick seltsam aussehen, aber er hat ein wundervolles Wesen und wenn man das erstmal erkannt hat, dann gibt es keinen schöneren Menschen, als ihn! Und er ist wohl etwas Besonderes, denn er hat sich sein Leben lang für die Menschen dieser Welt aufgeopfert! Was hast du schon groß getan, außer schick auszusehen?“ Misa schluckte ihre Tränen hinunter, bevor sie sagte: „Das ist total gemein von dir! Alle Welt liebt mich und du wagst es, mich für so einen abgewrackten Typen zu verschmähen?!“ Light schüttelte den Kopf. Misa verstand mal wieder gar nichts. Es war zwecklos, ihr etwas über wahre Schönheit beibringen zu wollen. „Wo ist Ryuzaki, Misa?“ „Was willst du von ihm?“ „Na was wohl? Ich nehme ihn mit und verschwinde! Wir werden zusammen leben.“ „Und was ist mit mir? Du weißt ganz genau, dass du alles für mich bist! Nach dem Tod meiner Eltern fühlte ich mich so allein… Erst als Kira den Mörder meiner Eltern bestraft hatte, schöpfte ich neuen Lebensmut. Und als ich dann herausfand, dass du Kira bist… du bist der wichtigste Mensch für mich, Light… wie kannst du mich nur einfach so verlassen?“ Light sah zu Boden. Trotz der Situation empfand er Mitleid mit Misa – aber mehr auch nicht. Er hatte eigentlich nie mehr für sie empfunden. „Hör zu, Misa. Es tut mir wirklich leid, was dir passiert ist. Und es freut mich, dass ich dir Frieden bringen konnte. Aber Fakt ist, dass ich dich einfach nicht ausstehen kann! Deine ganze oberflächliche und selbstverliebte Art nervt mich total! Und dann bist du immer so uneinsichtig und stur. Ich werde es dir nur noch einmal sagen: Ich liebe dich nicht. Ich finde dich nicht mal sympathisch! Du hast mir lediglich Leid getan, das war alles. Und jetzt sag mir, wo Ryuzaki ist, damit wir diesen Quatsch endlich beenden können!“ Jetzt fing Misa doch an, zu weinen. „Du sagst mir einfach so, dass du mich hasst? Nach allem, was ich für dich getan habe? Und jetzt glaubst du auch noch, ich lasse zu, dass du mit IHM verschwindest?! Aber das kannst du vergessen! Ich habe alles getan, um euch beide zu trennen! Aber ihr wolltet es ja nicht auf die friedliche Art haben! Selbst die Flyer damals haben nichts genützt…“ „Warte, warte!“ Light hob einen Zeigefinger. „Das warst du? Du hast die ganzen Flugblätter in der Uni verteilt?! Du hast das Foto von mir und Ryuzaki geschossen?!!! Was sollte das?!!!“ Misa schluckte. Jetzt hatte sie sich verplappert! Egal, jetzt machte das auch nichts mehr. „Ja, das war ich. Ich wollte dich an diesem Abend besuchen, als Sayu mir erzählte, dass eure Eltern verreist sind. Ich dachte, wir könnten uns einen schönen Abend zu zweit machen. Aber… aber stattdessen habe ich euch beide gesehen… wir ihr da standet und euch geküsst habt! Sollte ich das etwa auf mir sitzen lassen? Nein! Also hab ich euch fotografiert und Flugblätter gemacht, die ich dann in der Uni verteilt habe. Ich hatte gehofft, dass du dadurch einsiehst, wie falsch es ist, was du getan hast. Und anfangs schien es sogar so, als hätte das funktioniert. Bis zum Abend des Festes… als ich euch beide auf der Brücke wieder hab küssen sehen… Da wurde mir klar, dass ich dich nur zurückbekomme, wenn ich IHN töte. Und das werde ich auch tun! Wenn du nicht bereit bist, mir die Erlaubnis zu erteilen, dann mache ich es eben ohne! Ich werde dich von dem Fluch befreien, mit dem dich dieser Kerl belegt hat! Dann wirst du wieder zu Kira und wir können endlich zusammen leben.“ „Du hast sie nicht mehr alle, Misa“, erwiderte Light trocken. „Und nur, dass du es weißt: ich werde nie wieder Kira sein! Damit ist jetzt für immer Schluss!“ „Das sagst du jetzt, aber wenn dieser Typ erstmal weg ist, wirst du endlich wieder klar denken können, Light!“ „Ich fürchte, dazu wird es nicht kommen.“ Misa war während ihrer Erzählung einige Schritte von Light weggegangen. Jetzt drehte sie sich zu ihm um, um zu fragen, warum es denn nicht dazu käme – und erstarrte. Light stand neben der Bank, in der einen Hand den Stift, in der anderen Hand sein eigenes, aufgeschlagenes Death Note. Misa riss die Augen auf. „Was… hast du getan?“, stammelte sie. Light sah sie kühl an. „Ich hab deinen Namen aufgeschrieben, Misa. Ich kann nicht zulassen, dass du Ryuzaki etwas antust. Es tut mir wirklich leid, dass es soweit kommen musste, aber du lässt mir keine andere Wahl. Das hier… ist meine letzte Tat als Kira.“ Misa schrie. Nun mischte sich Rem ein. „Was hast du getan, Light Yagami? Du solltest sie zwar aufhalten, aber doch nicht so!“ „Es musste sein, Rem. Sein wir doch realistisch: Misa wird niemals zur Vernunft kommen, egal, was wir tun. Und nun ist sie eine große Gefahr für mich und Ryuzaki geworden. Ich muss das hier tun.“ Daraufhin wusste Rem nichts mehr zu sagen. Misa stürmte auf Light zu, fiel vor ihm auf die Knie und flehte ihn an: „Bitte! Du kannst mich doch nicht einfach so umbringen! Ich… ich liebe dich doch!“ „Ich dich aber nicht. Außerdem würdest du so was nicht tun, wenn du mich wirklich lieben würdest. Es ist vorbei, Misa. Selbst wenn ich es wollen würde, könnte ich es nicht mehr verhindern.“ Wieder schrie Misa. Sie schrie laut und weinte. Sie kroch von Light weg, setzte sich auf den Boden und suchte verzweifelt die Gegend ab, als könnte sie etwas finden, dass sie noch retten würde. Aber Rettung gab es für sie nicht mehr. Im nächsten Moment durchfuhr ein heftiger Schmerz ihren Körper. Ihr Herz blieb stehen. Panisch griff sie sich an die Brust und schnappte laut nach Luft. Dabei schrie und weinte sie immer noch. Dann, nach quälend langen Sekunden, brach sie schließlich zusammen und starb. Light seufzte schwer. Er hatte wirklich nicht gewollt, dass es dazu kam… „Komm, Ryuk. Lass uns Ryuzaki suchen und dann von hier verschwinden.“ Als dieser nicht antwortete, wandte sich Light verwirrt um. „Was ist los, Ryuk?“ Dieser grinste ihn breit an und deutete hinter ihm. „Scheinbar hast du noch mehr Probleme, Kleiner!“ Light drehte sich um. Im Dunkeln nicht zu erkennen, sehr weit links von der Bank entfernt, war ein großer Tunnel. Und in diesem Tunnel stand… „Ryuzaki!“ Light fiel fast in Ohnmacht. Hatte er das etwa mitangesehen? Sein schreckliches Geheimnis dürfte nicht ans Licht kommen. Nicht so… „Light?“ Ryuzaki trat vorsichtig aus dem Dunkel des Tunnels heraus. Er war noch blasser, als sonst und er schien sehr geschockt. „Du bist Kira… hab ich recht?“ ~ Fortsetzung folgt ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)