I hate that I love you von Tamanna (L x Light) ================================================================================ Kapitel 12: Aussprache ---------------------- Ich werde ihn niemals töten! Diesen Entschluss fasste Light Yagami, nachdem er zum ersten Mal auf Ryuzaki traf. Ryuk konnte das damals nicht nachvollziehen, immerhin handelte es sich bei Ryuzaki um L und der wollte Kira, also Light, enttarnen und verhaften. Doch Light war das egal. Nach dem Vorfall mit Lind L. Taylor hatte er sich fest vorgenommen, niemals wieder einen Unschuldigen zu töten. Kira existierte schließlich nur, um all die Verbrecher zu richten, die ihrer gerechten Bestrafung durch das Gesetz entgangen waren! Der Meisterdetektiv L hatte zwar das Ziel, Kira aus dem Verkehr zu ziehen, aber streng genommen war das ja kein Verbrechen. Sollte es L also gelingen, ihn zu überführen, würde Light ihn dennoch nicht töten, sondern entweder einen Ausweg suchen oder, falls dieser nicht existierte, sich geschlagen geben. Doch dann geschah etwas, dass Light Yagami nicht einkalkuliert hatte – er verliebte sich. Und nun waren sich ergeben oder davonlaufen keine Optionen mehr. Ja, nicht einmal seine Enttarnung gehörte noch zu den möglichen Abläufen. Stattdessen überlegte Light, wie er Kira möglichst unauffällig wieder verschwinden lassen könnte, damit Ryuzaki und er zusammen leben könnten. Seinem Liebsten die Wahrheit zu sagen, zog er kurzzeitig ebenfalls in Betracht. Doch Light kannte Ryuzaki inzwischen gut genug um zu wissen, dass dieser ihm nie verzeihen könnte, würde er die Wahrheit erfahren. Und er sollte recht damit behalten. Als sein Lügengebilde schließlich wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel, stand Ryuzaki die Enttäuschung und der Schmerz ins Gesicht geschrieben. Doch trotz der misslichen Lage, in der er sich nun befand, flüsterte eine leise Stimme in Light ihm zu, dass Ryuzaki vielleicht doch noch mit sich reden ließ. Also setzte Light alles auf eine Karte und schickte Ryuk los, um Ryuzaki zu holen, damit sie unter vier Augen noch einmal über alles in aller Ruhe sprechen konnten. Dass neben Ryuzaki aber auch Rem erscheinen würde, verwirrte Light – und er fand es ziemlich beunruhigend. Immerhin war es nicht abwegig, dass Rem sich für den Mord an Misa rächen wollte. Aber darum konnte sich Light auch später noch kümmern. Jetzt musste er seine Beziehung retten, auch, wenn die Chancen nur sehr gering waren. „Na schön“, seufzte Ryuzaki schließlich. „Du wolltest mich sprechen. Also sag einfach, was du zu sagen hast. Obwohl ich ehrlich gesagt nicht weiß, was das noch bringen sollte.“ Light lächelte nur, schlenderte den Gang entlang und strich dabei gedankenverloren über die Bänke. „Weißt du, wo wir hier sind?“ „Wir sind in der Kirche“, antwortete Ryuzaki bemüht kühl, obwohl dieser Ort ihm sehr wichtig war und voller schöner Erinnerungen. Was für ein cleverer Schachzug von Light, ihn ausgerechnet hierher zu locken, um sich mit ihm auszusprechen. „Ja, hierher sind wir geflohen, als wir auf dem Awa-Odori waren. Wir haben uns geküsst, uns das Feuerwerk angesehen und dann fing es zu regnen an. Wir rannten in diese Kirche und sind uns näher gekommen.“ „Das weiß ich alles noch, ich habe schließlich kein Alzheimer!“, rief Ryuzaki und wandte das Gesicht ab, damit Light den Schmerz in seinen Augen nicht sah. „Worauf willst du hinaus?!“ Light blieb mit dem Rücken zu Ryuzaki stehen. „An diesem Ort habe ich zum ersten Mal in meinem Leben aufrichtig über meine Gefühle gesprochen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich jemals so ehrlich war – zu anderen oder zu mir selbst. Und deswegen habe ich entschieden, dass an diesem Ort, an dem alles anfing… jetzt alles enden soll.“ Endlich drehte sich Light zu Ryuzaki um. Der saß inzwischen auf einer der vorderen Bänke und sah ihn nicht an. Aber er hörte ihm aufmerksam zu, das wusste Light. „Ich nehme an, ich kann mir sparen, dir meine Beweggründe zu erklären?“ „Ja. Ich weiß, warum du mit der Mordserie begonnen hast. Und ich gebe zu, dass ich das nachvollziehen kann. Aber warum hast du all diese Menschen getötet?“ „Das Gesetz kann nicht jeden Verbrecher bestrafen. Das war die Lektion, die ich durch diesen Vorfall mit Romy auf schmerzlichste Art gelernt habe. Und als ich Ryuk traf… und dieses… Notizbuch in meinen Händen hielt… da war das für mich wie ein Zeichen! Als wollte irgendjemand, dass ich die Macht bekomme, all jene zur Strecke zu bringen, die das Gesetz nicht bestrafen kann. Und ich entschied mich, diese Macht zu nutzen und die Welt zu einem sichererer und besseren Ort für alle zu machen.“ Ryuzaki schwieg. Er musste zugeben, dass sich das gar nicht so schlimm anhörte. Jedenfalls konnte er auf den ersten Blick nichts Schlechtes daran finden. Aber Light hatte gemordet und für Mord gab es nun einmal keine Entschuldigung! Der Zweck heiligt die Mittel war doch bloß eine Ausrede, sich der Methoden der Bösen zu bedienen, um seine Ziele zu erreichen. Doch wenn man zu den Guten zählte, musste man auch Gutes tun! Böses zu tun, erzeugte nur noch mehr Böses in der Welt – und diese Spirale musste durchbrochen werden! Nur dann kann die Welt sichererer und besser für alle werden! Doch davon abgesehen… gab es etwas viel wichtigeres zu klären. Er hatte zwar Rem bereits dazu befragt, aber er musste es einfach aus Light’s Mund hören! „Und… was ist mit mir?“, wagte er schließlich zu fragen. „Bitte antworte ehrlich. Keine Lügen mehr!“ „Der einzige Punkt, in dem ich gelogen habe, war die Sache mit Kira. Bezüglich meiner Gefühle für dich habe ich niemals gelogen. Ich habe mich ernsthaft in dich verliebt. Als ich bemerkte, was ich empfand, habe ich mit den Morden aufgehört. Der Mord an Misa war der Einzige, den ich danach begangen hab und das auch nur, weil sie dein Leben bedroht hatte.“ Ryuzaki sagte nichts dazu, aber eine innere Stimme sagte ihm, dass es wahr sein musste, da Kira mit den Morden aufhörte, zum selben Zeitpunkt, als er sich Light zu erkennen gab. Alle begangenen Morde seit diesem Tag waren auf Misa’s Konto zurückzuführen. „Was hast du jetzt vor?“, fragte Ryuzaki schließlich. „Ich hatte niemals vor, dich zu töten. Selbst, als ich erfuhr, wer du warst. Ich habe auch jetzt nicht vor, dich zu töten.“ „Und stattdessen?“ Light lächelte. Er schritt den Gang wieder hinunter und baute sich vor dem Schwarzhaarigen auf. Er musterte sein Gegenüber ernst. „Ich habe gründlich über den nächsten Schritt nachgedacht. Und ich denke, ich weiß nun, was ich zu tun habe.“ Light kramte in seiner Jackentasche und zog eine Gürtelschnalle hervor. Ryuzaki erkannte sie sofort: es war eine der Gürtelschnallen, die Watari den Mitgliedern der Sonderkommission überreicht hatte. Sollte sich einer von ihnen in Schwierigkeiten befinden, genügte ein Druck auf die Mitte der Schnalle um einen Hilferuf an das Hauptquartier zu senden. Verstärkung würde dann sofort ausgesandt werden. Ryuzaki verstand nicht so ganz, was Light jetzt damit tun wollte. Doch noch bevor er danach fragen konnte, betätigte der Brünette den Knopf und sandte einen Hilferuf aus. Ryuzaki war entsetzt. „Was tust du denn da?! Jetzt wissen dein Vater und die Anderen doch, wo du dich aufhältst!“ Light lächelte mild. „Ich weiß. Darum geht es doch.“ „…Ich verstehe nicht.“ „Ich habe vor, mich zu stellen. Das ist es doch, was du willst?“ Ryuzaki schüttelte den Kopf. Das konnte doch nicht sein ernst sein! Und wie kam Light überhaupt darauf, dass er das wollte? „Willst du mir damit etwa beweisen, dass du mit dem Morden aufhören willst?“, fragte Ryuzaki im gequälten Tonfall. „So ist es“, antwortete Light ohne zu zögern. „Ich habe nicht vor, weiter als Kira zu agieren. Doch sei ehrlich, Ryuzaki. Würde ich einfach sagen, dass ich mit dem Morden aufhöre und Kira einfach so in der Versenkung verschwinde würde, wäre dir das genug?“ Ryuzaki öffnete den Mund, um zu antworten, brachte aber keinen Ton heraus. „Wir wissen doch beide, dass es dir dein Gerechtigkeitssinn verbietet, diese Lösung anzunehmen. Er fordert eine gerechte Strafe für Kira, ist es nicht so?“, fuhr Light fort. Ryuzaki rankte nach den richtigen Worten. Es stimmte, der Meisterdetektiv L würde ohne zu zögern dafür sorgen, dass Kira seiner gerechten Strafe zugeführt würde. Aber L hatte sich verändert. Früher war es ihm nur wichtig, Verbrecher zu fassen – sein Privatleben war praktisch nicht vorhanden. Doch seit L auf Light Yagami traf, hatte sich das geändert. Zum ersten Mal in seinem Leben spürte er, wie sich Freundschaft anfühlte – und später dann wie es war, zu lieben und wieder geliebt zu werden. Und der jetzige L würde niemals wollen, dass der Mann, den er liebte, ins Gefängnis ging oder schlimmer noch, hingerichtet werden würde. Nein, das würde er niemals zulassen! Ganz gleich, was vorgefallen war. „Ich möchte nicht, dass du ins Gefängnis kommst“, antwortete Ryuzaki ruhig. „Dass du gelogen hast, kann ich eigentlich schon verstehen. Immerhin bin ich Derjenige, der Kira verhaften will. Und auf Kira’s Taten steht die Todesstrafe. Da kannst du natürlich nicht einfach so sagen, dass du Kira bist.“ „Und… das mit uns?“, hakte Light vorsichtig nach. „Glaubst du mir, dass ich dich wirlich liebe?“ Ryuzaki legte eine kurze Pause ein, dann sagte er leise: „Mein Herz sagt ja. Und wenn du mich nicht lieben würdest, hättest du wohl kaum die Sonderkommission gerufen.“ Light atmete erleichtert aus und setzte sich neben den Schwarzhaarigen. „Das ist wundervoll. Jetzt kann ich beruhigt sterben.“ „Das will ich aber nicht!“, fuhr ihn Ryuzaki an. „Du sagtest doch eben, dass du mit den Morden für immer aufhören und Kira verschwinden lassen willst. Wenn du das tust, würde mir das völlig reichen!“ Light musterte ihn fassungslos. „Aber… Vater und die anderen wissen doch, dass ich Kira bin! Das könnte doch niemals funktionieren!“ „Dann verschwinden wir eben! Niemand hat je erfahren, wo sich L aufhielt, dass könnten wir uns zunutze machen!“ „Du willst mit mir verschwinden?! Weißt du, was du da sagst?! Wenn sie uns erwischen, wirst du ebenfalls bestraft!“ „Nicht, wenn wir alle Beweise vernichten! Auf dem Video ist zwar zu sehen, wie Katsuragi stirbt und du sagst, dass du die Welt verändern willst, aber wie soll man das beweisen, wenn das Notizbuch verschwindet? Wir sagen, das Video wäre eine Fälschung!“ Light schüttelte den Kopf. Er konnte nicht glauben, dass Ryuzaki das für ihn tun wollte. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. „Warte! Das wäre ein großer Fehler von dir“, mischte sich nun Rem ein. Die ganze Zeit hatte sie schweigend dagestanden und das Geschehen beobachtet, doch sie konnte unmöglich zulassen, dass die beiden sich versöhnten und verschwanden, um irgendwo glücklich zusammen zu leben! Light hatte Misa getötet und dafür musste er bestraft werden! „Wenn du Light Yagami vertraust, unterschreibst du dein Todesurteil!“, fuhr Rem eindringlich fort. „Er wird dich töten, so wie Misa!“ Ryuzaki schüttelte den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht! Wenn es so wäre, hätte er mich doch schon längst getötet. Und warum sollte er sich sonst stellen wollen?“ „Das ist ein Trick, um dein Vertrauen zurück zu gewinnen! Und du lebst nur noch, weil er deinen richtigen Namen nicht kennt! Du solltest dich schützen, indem du das Death Note nutzt und ihn damit tötest!“ „Das ist nicht wahr. Er kennt meinen richtigen Namen. Ich habe ihn gesagt, wie ich heiße.“ Rem riss die Augen auf. „Was hast du?“, sagte sie fassungslos. „Und was dieses Notizbuch betrifft…“ Ryuzaki zog das Death Note hervor, dass Rem ihm kurz zuvor gegeben hatte, damit er sich im Notfall verteidigen konnte, und hielt es über eine der brennenden Kerzen, die Light angezündet hatte. Unter den entsetzten Augen Rem’s fing das Death Note ihrer geliebten Misa Feuer! „WAS TUST DU DA!!!“, schrie die Todesgöttin. „Das wird nicht mehr gebraucht“, meinte Ryuzaki entschieden und sah ungerührt zu, wie das schwarze Notizbuch verbrannte. Dann wandte er sich an Light. „Jetzt deins, Light. Wenn du es wirklich nicht mehr verwenden willst, besteht kein Grund mehr, dass es noch länger existieren sollte.“ Rem biss wütend die Zähne zusammen. Das dürfte doch nicht wahr sein! Sie hatte gehofft, Ryuzaki als Werkzeug ihrer Rache nutzen zu können, doch dieser Mann war stur und unverbesserlich. Dann blieb ihr wohl nur noch eines übrig, um Light den Schmerz zuzufügen, den er verdient hatte. Während Light langsam das Death Note hervor holte, drehte sie sich unauffällig weg und zückte ihren Stift. Light betrachtete das Notizbuch nachdenklich. „Was hast du?“, fragte Ryuzaki, den Light’s Zögern nicht sehr erfreute. „Ich sollte dir noch etwas sagen… Wenn das Death Note zerstört wird oder ich es an Ryuk zurückgebe, verliere ich all die Erinnerungen an das Geschehen.“ Ryuzaki zuckte zusammen. „Heißt das… du vergisst auch mich?“, fragte er ängstlich. Light schüttelte den Kopf. „Nein. Nur, dass ich Kira war und die Morde verübt habe. Meine Erinnerungen was dich und unsere gemeinsame Zeit betrifft, werden dann entsprechend verändert.“ „Umso besser! Vernichten wir es!“ Light lächelte und nickte. Er streckte das Notizbuch aus und wollte es gerade an der Kerze anzünden, als Ryuzaki plötzlich zusammenzuckte und die Augen aufriss. Light stutzte. „Ryuzaki? Was hast du?“ Der Ältere antwortet ihm nicht. Er stand nur da, mit weit aufgerissenen Augen und starrte in die Leere. Dann fiel er ganz langsam zur Seite um. Geschockt ließ Light das Death Note fallen und fing seinen Liebsten auf, bevor dieser den harten Boden berühren konnte. Verzweifelt sah der Brünette ihm ins Gesicht. Er hatte dieses Verhalten oft genug gesehen, um zu wissen, was passiert war: Ryuzaki hatte einen Herzinfarkt! Doch wie konnte das nur sein? Hilflos sah sich Light in der Kirche um – und sein Blick blieb an Rem hängen, die sich mit aufgeschlagenem Death Note und Stift vor ihm aufgebaut hatte. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre lilafarbenen Lippen. „WAS HAST DU GETAN?!!!!!“, brüllte Light sie wutentbrannt an. „Hast du wirklich geglaubt, dass du ungeschoren davonkommst? Dass ich dich mit deinem Geliebten davonlaufen lasse, während Misa nie wieder die Möglichkeit erhalten wird, eine glückliche Beziehung zu führen? Du hast ihr ganzes Leben zerstört.“ „Und warum hast du dann nicht mich getötet?!!“, schrie Light. Tränen rannen ihm über das Gesicht. „Weil ich will, dass du leidest, Light Yagami. Es gibt schlimmere Dinge, als nur den Tod. Und was wäre schmerzlicher für dich, als dass der Mann, den du liebst, deinetwegen sterben muss?“ Das Lächeln erstarb und Rem betrachtete Ryuzaki ausdruckslos. „Du hättest nicht sterben müssen. Aber du hast wolltest einfach nicht auf mich hören. Tut mir leid für dich.“ Mit diesen Worten verschwand Rem. Verzweifelt sah Light wieder zu Ryuzaki hinunter. Der schenkte ihm ein letztes Lächeln, dann schloss er langsam die Augen und sackte zusammen. Light erstarrte. Ryuk sagte irgendetwas zu ihm, doch Light hörte ihn nicht. Er saß wie betäubt auf dem Boden und starrte seinen toten Geliebten an. Dann, wie in Trance, hob er Ryuzaki hoch und trug ihn in das Zimmer, in dem die beiden vor einiger Zeit die Regennacht zusammen verbracht hatten. Er stieß die Balkontür mit dem Fuß auf und schritt langsam die Treppe in den Innenhof hinunter. Da es Winter war, waren die herrlichen Schwertlilien bereits verblüht. Dennoch ließ sich Light an der Stelle nieder, an der er damals kniete, um die Blüten zu betrachten. Es schneite. Kleine, weiße Flocken, die sanft vom Himmel segeln. Eine Windböe lässt sie tanzen. Ein schöner Anblick. Doch weder die Schneeflocken, noch der kalte Wind, der hin und wieder auffrischte, konnte den jungen Mann aus seiner Starre reißen. Die Schneeflocken verfingen sich in seinen braunen Haaren, der kalte Wind zauberte seine Wangen rot – doch er blieb regungslos. Seine braunen Augen fixierten allein die leblose Person in seinen Armen. Sirenen durchbrachen die Stille dieser, für diese Jahreszeit frühen, Winternacht. Sie kamen näher, im rasenden Tempo. Mit quietschenden Reifen hielten die Polizeiwagen vor der kleinen, verlassenen Kirche. Türen wurden aufgestoßen, Menschen stiegen eilig aus und rannten durch den Schnee auf die Kirche zu. Sie öffneten die gusseisernen Tore, die laut quietschten, als hätten sie etwas dagegen, dass diese Personen sich Eintritt verschafften. Ihre für den Schnee nicht geeigneten Schuhe rutschten auf den glatten Boden und hinterließen Spuren im weißen Pulver. Die Männer stürmten durch die große Holztür in die Kapelle, am Altar vorbei durch eine kleine Tür am Ende einer schmalen Treppe. Im Raum dahinter sahen sie sich zunächst orientierungslos um, bis jemand mit einem leichten Kopfnicken nach draußen zeigte. Dort, im kleinen Innenhof, saß er. Die Männer nickten sich zu, als Zeichen, dass sie nun zuschlagen würden. Endlich würden sie ihn festnehmen können! Sie stießen die Balkontür auf und rannten die schmale Treppe hinunter in den Innenhof. Sie umzingelten den jungen Mann und richteten drohend ihre Waffen auf ihn. Ein junger, schwarzhaariger Polizist zitterte angesichts des Bildes, das sich ihm bot. Er deutete auf die leblose Gestalt in den Armen des Jungen. „W- Was… Was hast du getan?!“ schrie er. „Du hast ihn umgebracht!!! Wie konntest du nur?!!!“ Ein Polizist mit Afro-Frisur hielt seinen Kollegen zurück. „Beruhig dich, Matsuda!“ Endlich regte sich der junge Mann. Müde hob er seinen Kopf, als sei er unendlich schwer, seine ausdruckslosen Augen schienen durch die beiden Männer hindurch zu sehen. „Seid still“, sagte er tonlos. „Macht nicht so viel Krach, sonst weckt ihr ihn noch auf.“ Ein älterer Polizist mit Brille, dessen schwarze Haare teilweise stark ergraut waren, beugte sich behutsam zu ihm hinunter, legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Junge, was redest du denn da? Er schläft nicht. Er ist tot.“ Der Brünette lachte. „Nein, das stimmt nicht. Er wird sicher gleich wieder aufwachen.“ Kopfschüttelnd steckten Matsuda und der andere Polizist ihre Waffen weg und hoben den Schwarzhaarigen aus den Armen des Brünetten, um ihn den Sanitätern zu übergeben. Dieser schrie und wehrte sich, wollte den Anderen nicht loslassen, nicht hergeben. „Nein! Gebt ihn mir zurück!! Er gehört mir! Ryuzaki!! Verlass mich nicht!! Du kannst unmöglich tot sein! RYUZAKI!! NEIN!!!!!!!!“ Light’s Kopf ruckte nach oben, als der Richter in den Saal zurückkehrte. Müde rieb er sich die Augen und schüttelte die Erinnerungen an jenen Abend ab. Die Verhandlung war nun abgeschlossen, alle Zeugen gehört und alle Beweise betrachtet. Es war an der Zeit, dass der Richter sein Urteil fällte. Der setzte sich an den Tisch und stieß hörbar den Atem aus. „In meinen 34 Jahren beruflicher Laufbahn ist mir noch nie ein Fall wie dieser untergekommen. Ein junger Mann, der gefährliche Verbrecher mithilfe eines Notizbuches getötet haben soll. Ehrlich gesagt habe ich Zweifel daran, dass das wahr ist.“ Ein Raunen ging durch die Zuschauermenge. Die Mitglieder der Sonderkommission sahen sich geschockt an und auch Light wirkte verwirrt. „Dieses Notizbuch, welches für diese Vorfälle verantwortlich sein soll, wurde dem Gericht nicht vorgelegt. Das so genannte Beweisvideo beweist meines Erachtens gar nichts. Und auch das Geständnis des Angeklagten erscheint mir recht fragwürdig. Zweifellos scheint der Angeklagte davon überzeugt zu sein, die Verbrechen auf diese Art verübt zu haben. Es erscheint mir wie ein schlechter Witz, dass hier überhaupt eine Anklage zustande gekommen ist. Darum ergeht im Namen des Gesetzes folgendes Urteil: Der Angeklagte Light Yagami wird von sämtlichen Anklagepunkten freigesprochen.“ Ein Sturm der Entrüstung brach im Saal los. Matsuda sprang auf und rief: „Ich habe doch schon gesagt, dass das Death Note, das wir hatten, zerstört wurde! Und das von Light muss er irgendwo versteckt haben!“ Der Richter schlug mehrmals mit dem Hammer auf den Tisch. „RUHE! Mir ist durchaus bewusst, dass dieses Urteil nicht auf die Gegenliebe der Allgemeinheit stößt. Jedoch habe ich den Eindruck gewonnen, dass es in erster Linie darum ging, einen Schuldigen für diese Mordfälle zu präsentieren. Man darf jedoch nicht vergessen, dass einen Unschuldigen zu verurteilen, nur damit die Öffentlichkeit beruhigt werden kann, keine Lösung sein sollte.“ Endlich verstummte die Menge. Der Richter wandte sich nun an Light. „Light Yagami. Ich möchte mich in aller Form dafür entschuldigen, dass Sie das hier durchmachen mussten. Meiner Meinung nach wurden Sie bereits genug bestraft, durch den Verlust Ihres Freundes. Hiermit entlässt Sie das Gericht in die Freiheit.“ Light, zunächst geschockt über das Urteil, sprang plötzlich auf und schrie verzweifelt: „NEIN! SIE DÜRFEN MICH NICHT FREILASSEN!! ICH WAR´S! ICH BIN KIRA!!! SIE MÜSSEN MICH VERURTEILEN!!“ Wieder brach ein Tumult im Saal aus und der Richter versuchte, die Menge zum Schweigen zu bringen. Light beruhigte sich jedoch nicht. Wütend versuchte er, sich dem Griff des Polizisten zu entziehen. „WARUM WOLLEN SIE MICH NICHT VERURTEILEN?! ICH VERDIENE DIE TODESSTRAFE!! WARUM LASSEN SIE MICH NICHT ZU RYUZAKI?!! ICH WILL ZU MEINEM RYUZAKI!!!“ Ryuk stand schweigend hinter dem Brünetten und seufzte. Schien so, als hätte dieses kleine Abenteuer jetzt endgültig sein Ende finden… ~ to be continued ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)