Innocent Snow von abgemeldet (Roxas' Wish) ================================================================================ Kapitel 1: Innocent Snow ------------------------ Schweigend stand ich auf der verschneiten Klippe von Hollow Bastion -Nein, von Radiant Garden- und blickte in die Schlucht hinab. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wieder von Sora getrennt zu sein, doch interessierte es mich gerade wenig. Ich suchte nach ihm. Wenn ich nun ein Herz hatte, war es nicht abwegig, dass auch er eine zweite Chance erhalten hatte. Trotz der Tatsache, dass dieser verdammter Idiot sich wirklich... Ich wagte nicht, diesen Gedanken zu beenden, denn bereits jetzt brannten Tränen in meinen Augen, die ich verzweifelt zurückzuhalten versuchte. Die Erinnerung durfte nicht wieder in mir aufsteigen. Ich wollte den Moment seines Todes nicht wieder durchmachen. Zu oft, hatte ich die Geschehnisse in meinem Kopf ablaufen lassen, wie einen Film. Ein eiskalter Wind fuhr über die Klippe und ließ mich erschauern. Instinktiv schlang ich den Mantel enger um meinen Körper, machte jedoch keine Anstalten zu gehen. Ich konnte einfach nicht mehr. Fast jede Welt, die mir eingefallen war, hatte ich nach ihm abgeklappert. Doch nirgendwo fand ich meinen besten Freund, meinen keinen Feuerteufel. Ich biss mir fest auf die Unterlippe, um die Tränen weiterhin bannen zu können. Wo steckt er bloß? Hatte man ihm vielleicht doch keine zweite Chance zuteil kommen lassen? Das war so unfair. Leise raschelte der Stoff meines Mantels, während ich mich auf den Boden, in den weißen, unschuldigen Schnee, niederließ. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Knien, umschlang meine Beine mit den Armen, und versuchte den Drang, den Staudamm der Tränen endlich frei zugeben, zu unterdrücken. Ich durfte nicht weinen. Ich hatte ihm einmal versprochen niemals wegen ihm Tränen zu vergießen. Ich durfte dieses Versprechen nicht brechen, selbst dann nicht, wenn ich daran zugrunde gehen sollte. Es war das letzte Versprechen, dass ich ihm gab, bevor ich die Organisation verlassen hatte. Das letzte Mal, dass wir auf dem Uhrenturm saßen und Meersalzeis gegessen hatten. Plötzlich durchzuckte eine Erinnerung meine Gedanken. Er versprach mir damals auch etwas. Etwas sehr Bedeutsames, zumindest war es mir sehr viel wert. Augenblicklich hob ich den Blick, sog die eiskalte Luft, die mich umgab, in meine Lungen. "AXEL!", brüllte ich über die Schlucht hinweg in die Einöde hinein. Das Echo meines Rufes hallte noch lange in der Schlucht wieder. Stille umfing mich daraufhin. Bedrückende Stille. Nun bahnten sich einige Tränen den Weg über meine Wangen, hinterließen heiße Spuren, die in wenigen Sekunden eiskalt wurden. Hilflos sah ich mich um. Nichts hatte sich geändert. Niemand war aufgetaucht, oder verschwunden. Alles blieb still, unschuldig, kalt und weiß. Ein Schluchzen entfuhr meiner Kehle. Er hatte gelogen. Er hatte mich damals eiskalt belogen. Er hatte sein Versprechen einfach gebrochen! Wenn du mich brauchst, ruf einfach nach mir. Ich lass sofort alles stehen und liegen und komme zu dir, versprochen! Seine Worte hallten wie ein Fluch durch meinen Kopf. Ein leises Winseln entrann meinen Lippen und ich vergrub mein Gesicht wieder in dem schwarzen Stoff meiner Hose. "Du Lügner...", murmelte ich leise und schluchzte erneut auf. Die Tränen bahnten sich mittlerweile ungehindert ihren Weg über mein Gesicht. Wie blöde. Ich war doch nicht besser als er. Und im Gegensatz zu ihm, hatte ich keinen vernünftigen Grund, mein Versprechen zu brechen. Aber ich konnte einfach nicht mehr. Ich wollte auch nicht mehr. Alles, was ich jetzt noch wollte, war, wieder bei ihm zu sein. Mich von ihm umarmen zu lassen. Seine Hand spüren, wie sie sanft durch mein Haar streicht. Seine beruhigende, weiche Stimme hören, die mir sagt, dass alles okay ist und ich nicht mehr zu weinen brauche. Ich wollte seine Wärme spüren, seinen Duft wieder riechen... Einfach ihn. Ich wollte meinen besten Freund, meinen Axel, zurück. Ich wünschte mir, damals einfach mit ihm verschwunden zu sein. Ihn nicht in der ewigen Finsternis allein gelassen zu haben... Doch Sora hatte mich einfach nicht gehen lassen. Und jetzt war es zu spät. Er war weg. Axel war weg und würde nie wieder bei mir sein. Dieser Gedanke schien den Tränen ziemlich zu gefallen, denn sofort rannen sie noch um einiges schneller aus meinen Augen. Ich spürte die Kälte um mich herum gar nicht mehr, war es in meinem Inneren ohnehin um einige Grad kälter, als meine Umwelt jemals sein könnte. "Oh man! Du hast Nerven. Einfach so abzuhauen.", wehte der Wind leise die Stimme Axels an mein Ohr. Ich zuckte leicht zusammen. Prima. Jetzt spielte der Wind mir auch noch Streiche. Wie konnte er einen geschlagenen Hund nur noch weiter treten? Der blöde Wind verbündet sich mit meinen Gefühlen und stellt sich gegen mich, oder wie durfte ich das verstehen? Es war einfach nur noch zum heulen. Und eben dies tat ich ohnehin schon seit geraumer Zeit. Warum konnten die Elemente mich nicht einfach in Ruhe lassen? Selbst die Menschen hatten bemerkt, dass ich auf ihre Gesellschaft pfiff. Ohne es zu bemerken, zog ich meine Beine noch etwas näher an meinen Körper heran und biss mir auf die Unterlippe. "Axel, komm zurück...", winselte ich leise gegen den Hosenstoff und ich erhielt das Seufzen des Windes zur Antwort. Doch plötzlich spürte ich zwei Arme, die sich sanft um mich legten, und ich zuckte zusammen. Eine unglaubliche Wärme umfing mich. Eine unglaublich bekannte Wärme. Und mit ihr, ein nicht minder bekannter Duft aus Ruß und Rauch. Augenblicklich weiteten sich meine Augen. "Ich bin doch da, mein Kleiner.", flüsterte die Stimme, die ich mir sosehr zu hören gewünscht hatte, leise in mein Ohr und ich hob langsam den Kopf. Ungläubig drehte ich mich leicht um, natürlich darauf bedacht nicht zu schnell zu reagieren, und damit die Umarmung zu lösen. Strahlend grüne Augen musterten mich, teils besorgt, teils erleichtert. Ich traute meinen Eigenen nicht, die sich bereits wieder mit Tränen füllten. "A-Axel?", fragte ich zittrig, unsicher, in der Hoffnung, dass dies keine Illusion war. Das typische Grinsen des rothaarigen Niemand breitete sich auf seinen Lippen aus. "Live und in Farbe.", sagte er grinsend und strich mir mit einer Hand sanft durchs Haar. Vorsichtig wandte ich mich komplett zu ihm um, strich mit einer Hand prüfend über seine Wange, um sicherzugehen, dass er wirklich echt war und kein Hirngespinst. Und wirklich. Meine Finger berührten seine weiche, warme Haut und sofort liefen mir wieder die Tränen über die Wangen. Er war es wirklich. Mein Axel war hier, bei mir, wirklich! Er hatte sein Versprechen gar nicht gebrochen. Er hatte es nur eben mit kleiner Verzögerung halten können. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl nahm meinen Körper in Beschlag und zauberte mir ein seichtes Lächeln auf die Lippen. Das hier war kein Traum. Es konnte und durfte einfach keiner sein. Ohne weiter über mögliche Konsequenzen nachzudenken, oder mir auch nur wirklich meiner Tat bewusst zu sein, schlang ich meine Arme um seinen Nacken und versiegelte seine Lippen mit den Meinen. Erst wenige Momente später realisierte ich, was ich getan hatte. Dennoch zuckte ich nicht zurück, dazu gefiel mir das Gefühl, dieser flutenden Wärme, die mich nun durchzog, viel zu sehr. Und da Axel mich nicht von sich schob, würde ich auch nicht freiwillig stoppen. Seine Lippen schmeckten süß und doch ein wenig salzig. Wobei Letzteres wohl eher meine Schuld war. Es hatte verdächtig viel Ähnlichkeit mit dem Eis, dass ich früher mit Axel immer, nach den Missionen, in Twighlight Town gegessen hatte: Meersalzeis. Axels Lippen schmeckten momentan haargenau so wie unser gemeinsames Lieblingseis. Dennoch wunderte es mich, dass mein bester Freund mich nicht von sich stieß und mich fragte, was das solle. Und noch mehr wunderte es mich, als er den Kuss plötzlich erwiderte, bittend mit seiner Zunge über meine Lippen strich. Darüber etwas erschrocken, beendete ich den Kuss und blickte irritiert in die frech funkelnden, grünen Augen Axels. "Das Spiel spielt man zu Zweit, Roxy.", schnurrte er leise und musste kurz lachen. "Man, wegen dir hab ich jetzt Lust auf Eis." Ich musste unweigerlich kichern: "Dann such dir welches zusammen. Hier ist genug davon." Ich deutete bedeutsam um uns herum, auf den weißen, nach wie vor unschuldig weißen Schnee. "Komm schon! Du weißt genau, was ich meine. Lass uns welches kaufen gehen. So wie früher. Komm schon, Roxy! Bitte! Ich bezahl auch!", jammerte Axel schon fast kindisch und sah mich flehend an. Diesen Ausdruck bezeichnete ich freilich als Hundeblick. Ich musste lachen, kuschelte mich an ihn und schloss kurz die Augen. "Na schön, aber wehe du jammerst weiter." "Ehrenwort!", grinste er und erhob sich, mich mit sich hoch ziehend. "Also, hier, oder wollen wir erst zu unserem Lieblingsplatz?", fragte er. Ich brauchte nicht lang überlegen und antwortete ihm lächelnd: "Mir egal. Solange du da bist." Kurz sah er mich irritiert an, doch schlich sich dann wieder ein Lächeln auf seine Lippen. Grinsend beugte er sich etwas zu mir herunter und stahl mir einen sanften Kuss. Unweigerlich schlich sich eine seichte Röte auf meine Wangen. Warum wurde ich jetzt rot und vorhin nicht?! "Na gut, dann gehen wir erst nach Twighlight Town zurück.", verkündete Axel grinsend. Ich nickte leicht. Mir war es wirklich egal, wohin wir gingen, Hauptsache Axel würde mich nie wieder alleine lassen. Ich wusste zwar nicht, wem ich es verdankte, dass ich meinen Feuerteufel wieder hatte, aber ich war diesem Jemand wirklich dankbar. Und ich würde dieses Geschenk garantiert nicht in den Wind schießen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)