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Elementary Light & Darkness

Trilogie - Staffel 2
von

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Zweifel

~ Rick Coldfire ~


 

Ich wurde fast wahnsinnig!!! Den Gedanken gleich wieder meinen Vater zu treffen nach all der Zeit und nach allem was geschehen war ließ mich innerlich zittern! Ob es wirklich eine gute Idee war mich bei ihm zu melden? All meine Zweifel kamen wie mit einem Schlag wieder hoch. Debby sah alles ziemlich locker und verstand meine Nervosität nicht. Jill jedoch fiel es gleich auf, dass ich nun recht angespannt war.

Während Debby fröhlich voran schlenderte, hielt mich Jill am Arm fest und lief langsamer.

„Alles in Ordnung? Du musst nicht dort hin, wenn du nicht willst.“ „Ach Jill... Ich hab zwar meine Zweifel und bin nervös, aber wenn ich es jetzt nicht mache, werd ich es für ewig bereuen.“ „Gut, das wird bestimmt gar nicht so schlimm wie du denkst.“ „Hoffentlich... Aber du sag mal, weißt du zufällig warum Marisha deiner Mutter gegenüber so komisch ist?“ „Hmm... Nein, ich hab zwar ab und zu mitgekriegt, dass Tante Mari etwas sauer auf Ma ist, warum weiß ich allerdings nicht.“ „Das war gestern Abend nämlich total offensichtlich.“ „KOMMT IHR!?“, rief Debby uns zu und unterbrach uns dadurch. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass Sean und seine Familie nicht mal weit weg von uns wohnten. Da hätte ich lang suchen können. Debby hatte sogar einen Schlüssel zu dem Haus.

Es schien keiner da zu sein, alles war dunkel und die Rollläden weit runter gelassen. Debby guckte sich um und rief nach Sean und Evelynn – keine Antwort.

„Sind die nicht da?“, fragte Jill und guckte sich um. „Ach, die faulen Schweine hängen bestimmt wieder oben auf der Dachterrasse rum und lassen sich sonnen.“ „Sonnen!? Für mich sieht's aus, als würde demnächst Regen aufziehen“, antwortete ich. Debby ging die Treppe hoch: „Ja, das Wetter ist ziemlich verrückt. Das kann jetzt noch Regnen und im nächsten Moment scheint die Sonne.“ „Ich warte ja nur noch drauf, dass es mal anfängt hier zu schneien“, entgegnete Jill ironisch und folgte ihrer Halbschwester. Auch ich ging den beiden Mädchen hinterher. Seltsam das mit dem Wetter... Ob das auch an den Elementen und unsren Gegnern liegt? Ich musste unbedingt Jill fragen ob die Dämonen immernoch so aktiv sind. Das wollte ich jedoch nicht vor Debby besprechen.

Ganz oben auf der Dachterrasse fing Debby an rumzufluchen: „Hier seid ihr!!! Faules Pack!“ „Haha, Debby, Kleines! Willst du dich zu uns legen?“ Die Stimme kam mir sehr bekannt vor... Sie klang noch genau wie früher und hatte sich kein Bisschen verändert. Als ich hinter Debby versteckt stand und auf die Terrasse guckte, sah ich wie mein alter Herr und seine Blondine auf jeweils einer Liege lagen und es sich gut gehen ließen. Debby nahm Jill mit aus dem Flur, damit die Beiden sie auch sehen konnte. Jill hatte ihren Opa bisher auch noch nie gesehen.

„Huch, wen hast du denn da mitgebracht?“, fragte Sean und stand auf um Jill die Hand zu reichen. Auch Evelynn stand auf und begrüßte sie. Debby legte die Hände in die Hüfte: „Nach wem sieht's denn aus? Die Haare und Augen dürften dir bekannt vorkommen, Opi.“ „Hehe... Äh ja, ich bin Jill Coldfire, die Tochter von Rick. Wie kommt's, dass ihr hier auch wohnt und wir uns noch nie begegnet sind?“, fragte Jill nachdenklich. Sean's Augen leuchteten richtig beim Anblick von Jill. „Ach du siehst genauso aus wie dein Papa! Da werden Erinnerungen wach! Hach... Rick hat wirklich zwei hübsche Kinder.“ „Er hat VIER hübsche Kinder...“, entgegnete Jill trocken, worauf hin Sean das Kinn runter fiel. Evelynn legte die Hand vor den Mund und versuchte sich andauernd ein Lachen zu verkneifen. Sie drehte sich dann weg und prustete herzhaft vor sich hin.

„VIER!? Gott erbarme... Er ist genau wie ich...“

Bei dem Satz erwischte ich ein kleines Lächeln in meinem Gesicht, das ich schnell wieder verdrängte. Wie lange wollte ich eigentlich noch hier stehen bleiben und nur zusehen? Aber irgendwie traute ich mich nicht...

„Jill, wo ist Rick? Ich würde ihn zu gerne wieder sehen! Ich hatte lange nach ihm gesucht, aber es gab keine Informationen über ihn.“ „Ach... Das hatte seine Gründe... Hehe... Wo er ist. Tja... Öh, bis eben war er noch da! EY DAD DU FEIGLING! JETZT BEWEG DOCH ENDLICH MAL DEIN HINTERN HIER RÜBER, MAN!“

Ich bekam einen halben Herzinfarkt als sie mich rief, da das bedeutete, dass ich mich nicht länger verstecken konnte. Dieses verräterische Balg! Das gibt noch Rache!

„Rick?“, fragte Sean vorsichtig und wandte sich in meine Richtung. Okay! Zähne zusammen beißen und raus kommen! Mit langsamen Schritten kam ich aus dem Flur raus auf die Dachterrasse. Sean stand wortlos da und musterte mich.

„Ehem... Ich musste noch ein wichtiges Telefonat führen!“ „Dad...“, ermahnte mich Jill und verschränkte die Arme. Auch Debby legte die Hände wieder in die Hüfte. Beide hatten mich durchschaut. Und obwohl Sean ebenso wusste, dass es gelogen war, lächelte er mich nett an und kam zu mir. Alt war er geworden... Das letzte mal sah ich ihn mit vierzehn Jahren im Vollrausch... Widererwarten hatte er keine grauen Haare. Wahrscheinlich gefärbt... Etwas Anderes würde sein Ego ihm auch gar nicht erlauben.

„Rick... Du bist es tatsächlich! Nach den vielen Jahren sehe ich dich endlich wieder! Ich wusste, irgendwann kommt der Tag! Ich bin so froh!“ „Ja, ich musste ihn dazu drängen sich nach dir zu erkundigen! Er war ja immer der Meinung, dass er dir nie wieder unter die Augen kommen dürfte!“, meckerte Evelynn und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Warum?“, fragte ich. „Nach allem was ich dir angetan hatte...“ „Mhh... Naja, vieles ist eben verdammt blöd gelaufen. Aber ich muss ehrlich sein, ich hatte dich auch etwas vermisst... Dad.“

Warum fiel es mir so verdammt schwer ihn so zu nennen? Er war sichtlich gerührt und nahm mich in den Arm. Irgendwie war ich froh, dass wir uns endlich wieder sehen konnten. Unser Abschied fiel damals ja mehr als beschissen aus, da ich ja einfach die Kurve gekratzt hatte. Sean forderte die restliche Familie auf uns etwas alleine zu lassen, was sie auch verstanden. Jill und Debby waren eh ein Herz und eine Seele und beschlossen einen drauf zu machen.

Sean und ich setzten uns an den Gartentisch. Die hatten sich hier oben echt schön eingerichtet. Nur die Wolken, die immer mehr aufzogen beunruhigten etwas.

„Rick! Willst du...“ „Nen Kaffee!? Davon nehm ich fünf!“ „Hätte auch nichts Anderes erwartet!“

Sean, der alte Kaffeejunkie, von dem ich meine Leidenschaft für Kaffee geerbt hatte, hatte gleich eine ganze Kanne voll parat. Ich wunderte mich etwas.

„Hehe, ich hab immer eine ganze Kanne voll auf Vorrat!“ „Typisch...“ „Soso, du hast also vier Kinder.“ „Ja... Irgendwie schon... Hat sich wohl so ergeben.“ „Haste denn eine liebe Frau gefunden? Ich bin ja ehrlich froh, dass das mit Vanessa nicht weiter gegangen ist damals.“ „Ach hör mir bloß mit der auf. Ne, ich hab ne nette Frau gefunden. Sie ist ein bisschen überemotional und regt sich schnell auf... Ich glaub aber so sind alle Hiwataris.“ „HIWATARI!?! NE! SAG DASS DAS NICHT WAHR IST!“ „Wie?“ „Ehm... Heißen die Eltern deiner Frau zufällig Kashya und Danny? ...“ „Soweit ich mich erinnern kann, ja.“

Ich wusste zwar nicht warum, aber mein Dad brach just in diesem Moment innerlich zusammen. Er klatschte sich die Hand auf die Stirn und lachte verzweifelt.

„WAS!? Warum lachst du!?? Will es auch wissen!!!“ „Ach das war so...“

Von Sean zu erfahren, dass Chann und ich uns schon als Babys kannten und dass unsere ganzen Eltern mal eine Clique waren, hörte sich für mich unglaublich an. Ich wusste dass meine Mum die Mutter von Chann kannte, aber was nun wirklich so los war, hatte sie mir gar nicht erzählt.

Wir redeten über die alten Zeiten und mussten über manche Sachen sogar richtig lachen. Ich war froh, dass wir uns inzwischen wieder freundschaftlich in die Augen gucken konnten und dass die Dinge, die damals geschehen sind, begraben wurden.

An den Gedanken, wieder einen Dad zu haben, musste ich mich allerdings erst gewöhnen. Dieses Gefühl hatte ich noch nie wirklich. Denn, immerhin dachte ich meine ganze Kindheit über, ich hätte keinen Vater.

Sean und ich beschlossen in Kontakt zu bleiben. Doch langsam wurde es Zeit wieder zu gehen und mich um mein Leben mit meiner Familie zu kümmern. Damit wir uns nicht nochmal aus den Augen verlieren würden, tauschten wir unsere Handynummern aus. Auch mit Debby wollte ich den Kontakt halten. Mit ihr saß ich auch nochmal alleine auf der Hausmauer, kurz bevor ich mit Jill nach Hause wollte.

„Debby, wenn du willst versuch ich meine Frau zu überreden, dass du bei uns wohnen kannst“, schlug ich ihr vor, obwohl ich wusste, dass das Chann gar nicht passen würde.

Es wäre wohl schlimm genug, wenn sie erfahren würde, dass ich mich mit der unerwünschten Stieftochter getroffen habe. Aber was auch immer Chann davon halten würde, sie müsste es akzeptieren. Debby war immerhin meine Tochter und konnte nichts dafür, dass damals alles so gekommen war.

„Ach Dad, lass mal... Ich will nicht, dass du Ärger bekommst und ich hab schon so früh gelernt alleine klar zu kommen. Das ist kein Problem für mich.“ „Na gut, aber wenn du mal Hilfe brauchst, kannst du jederzeit kommen.“ „Okay! Treffen wir uns bald wieder?“ „Klar! Und du kannst auch immer zu Besuch kommen wenn du magst. Jill freut sich bestimmt.“
 

Dieser Tag war für mich ein voller Erfolg. Zusammen mit Jill marschierte ich zurück zu Rico's Bude. Hoffentlich finde ich schnell einen Job, damit wir bald dort ausziehen können. Jill seufzte: „Ich bin froh, wenn ich Rico und Scarlett nicht mehr sehen muss.“ „Wir ziehen bald aus, Schatz.“ „Ja, Rico bricht Clyde die Hand und der macht nicht mal was. Und dann tut er so nett euch beiden gegenüber.“ „WAS HAT DER GEMACHT!? JILL, WERDET IHR DA GESCHLAGEN!?“ „Eigentlich nicht... Aber zwischen den beiden eskaliert es andauernd... Und Scarlett wollte uns schon ins Heim stecken.“

In mir staute sich die Wut auf. Es war wirklich keine gute Idee von Chann unsere Kinder ausgerechnet Rico und Scarlett zu überlassen. Am liebsten hätte ich Rico eine rein geschlagen. Er konnte froh sein, dass er in diesem Moment nicht vor mir stand. Trotzdem dürfte er sich diesen Abend noch was anhören.

„Was ich dich noch fragen wollte, Jill. Was ist eigentlich inzwischen mit den Dämonen? Sind die noch da? Ich wollte dich das nicht vor Debby fragen.“ „Ach, die weiß bescheid. Sie sieht sie auch, kann aber kein Element einsetzen. Die Dämonen sind derzeit wirklich schlimm. Es vergeht fast kein Tag, wo wir mal nicht angegriffen werden. Man kann sogar mal richtig von Glück sprechen, dass heute nichts war. Aber der Tag ist ja noch nicht zuende.“ „Verstehe... Kommt ihr wenigstens gut gegen die klar?“ „Es geht...“

In der Zeit unserer Abwesenheit scheinen es die Anderen ja nicht gerade leicht gehabt zu haben. Zurück zu Hause erwischte ich gleich Rico, der sich warm anziehen durfte.

Er meinte zwar, dass der Unfall mit Clyde wirklich keine Absicht war, aber allein unsere Kinder so zu behandeln war unterste Schublade. „Jetzt komm mal wieder runter Rick! Du weißt ja gar nicht wie es ist von heute auf morgen vier Kinder zu haben! Zwei Kleine und dann auch noch zwei Babys auf einmal! Maiko war uns ja teilweise schon zu viel!“ „Dann hättet ihr sie eben wem anders aus der Familie geben sollen! Meine Fresse! Naja, ins Heim braucht ihr sie ja jetzt nicht mehr zu stecken! Ich werde ab morgen auf Jobsuche gehen und dann ziehen wir mit unsren Kindern und Feye aus. Bei aller Dankbarkeit, aber so kann das nicht weiter gehen!“

Rico war nicht begeistert von meiner Reaktion, traute sich aber auch nicht sich mir noch irgendwie entgegen zu setzen. Wir beließen es dabei. Jill war sichtlich stolz auf mich und froh, bald alles überstanden zu haben.

Im nächsten Moment kamen Chann und Jenn nach Hause. Jenn, die drei Luftballons am Handgelenk und eine Stange Zuckerwatte hatte, sah mehr als glücklich aus und rannte sofort zu Feye, die in der Küche saß. Man konnte die Beiden aus dem Flur gut beobachten.

„BOAH DAS IST SO GEIL ELTERN ZU HABEN!!! MAMA HAT MIR HEUT ALLES GEKAUFT WAS ICH WOLLTE! Willst du mal Zuckerwatte haben? Und hier, der Ballon ist für dich!“

Sie band Feye einen Ballon ums Handgelenk und schenkte ihr die restliche Zuckerwatte, ehe sie nach oben zu Maiko rannte um ihm den anderen Ballon zu schenken. Feye lächelte Jenn traurig hinterher und guckte ihre Zuckerwatte fragend an.

„Irgendwie tut mir die Kleine ja leid.“ „Ja, Jenn's Worte waren auch nicht grade aufbauend. Wenn man bedenkt, dass die Kleine nun keine Eltern mehr hat.“ „Kinder... Die denken nicht an sowas“, seufzte meine Frau und setzte sich ins Wohnzimmer aufs Sofa. Ich folgte ihr: „Rate mal, wen ich heute wieder gesehen hab!“ „Wen denn?“, fragte sie erschöpft und zog ihre Schuhe aus. „Ich konnt's selbst kaum glauben! Ich hab Sean wieder getroffen!“ „Deinen Dad!? Wie das?“ „Naja ähm... Jill hat mich zu Debby geführt und Debby hat mich zu Sean gebracht...“ „Debby...“, sagte sie skeptisch. „Ja... Jill hatte mir nichts davon erzählt und mich zu ihr gebracht. Hör mal Chann... Debby ist meine...“ „Ja, ich weiß, sie ist auch deine Tochter. Ist doch gut, ich sag ja gar nichts. Und ist bei euch nun wieder alles in Ordnung? Darf ich deinen Paps dann auch mal kennen lernen?“ „Klar!“, sagte ich erleichtert und war froh, dass sie mir keine Szene machte.

„Und hast du durch Jill in Erfahrung gebracht, was mit Clyde los ist? Du wolltest mir doch auch noch was zeigen...“ „Ja, ich hab gestern Abend geguckt, als du unten warst. Grade ist er ja nicht da... Also... Flipp jetzt bloß nicht aus!“ „Was!“ „Clyde nimmt Drogen... Und Rico hat ihm die Hand gebrochen. Allgemein wurden unsere Kinder ganz schön scheiße behandelt!“ „WAS!?!?!“, schrie sie laut auf und spritze vom Sofa hoch.

„WIE, CLYDE NIMMT DROGEN!?!??! SO RICHTIG MIT SPRITZE!?!?!“ „Chann...“ „ABER DAS GLAUB ICH NICHT!!! UND WAS HEIßT RICO HAT IHM DIE HAND GEBROCHEN!?!?!“ „Ja die Beiden hatten wohl Streit...“ „BOAH NEIN!!! RIIIICO!!! RICO, ICH BRING DICH UM!!! NIEMAND SCHLÄGT MEINE BABYS UND SCHON GAR NICHT CLYDE!!!“

Chann trampelte mit riesigen und wütenden Schritten in die Küche zu ihrem Bruder wo ich sie laut schreien hörte und zum Schluss hörte ich ein lautes Klatschen, was mir sagte, dass sie ihm eine reingeschlagen hatte. Vorsichtshalber, folgte ich ihr um Schlimmeres zu vermeiden.

Rico hatte tatsächlich ne knallrote Wange, machte aber keinerlei Anstalten sich zu wehren. So viel Anstand hatte er noch nicht gegen seine kleine Schwester zu gehen.

Ich schnappte Chann und zog sie von ihm weg.

„Komm Schatz, das macht doch keinen Sinn! Jetzt lass uns friedlich bleiben! Immerhin durften die Kinder hier so lange wohnen. Wir dürfen nicht vergessen auch dankbar zu sein für Rico's Hilfe.“ „ABER DOCH NICHT DAFÜR DASS ER DIE KINDER SCHLÄGT!“ „Das mit Clyde tut mir total leid Chann!“ „ERSPAR DIR DAS GELABER!!! BOAH, ICH KÖNNT DICH...“

Doch bevor sie fertig sprechen konnte, hatte ich sie mit aller Mühe aus der Küche gezogen und ins Bad geschleppt, das ich hinter uns abschloss.

„Jetzt gehen wir erstmal schön warm baden und vergessen den Stress! Und morgen geh ich gleich auf Jobsuche! Wir ziehen hier ganz schnell aus, Schatz! Okay?“ „Jaaa..“, antwortete sie genervt und seufzte.
 


 

~ Hailey Hiwatari ~

~ Einige Stunden zuvor ~ Mittags ~
 

Dass Chann und Rick plötzlich wieder da waren freute mich total für Jill und Clyde. Endlich hatten sie die Chance aus diesem miesen Leben mit Rico und Scarlett raus zu kommen. Und vielleicht würde Clyde dann endlich die Motivation bekommen eine Drogentherapie zu machen.

Diesen bewölkten Mittag war ich mit Shinji verabredet, doch irgendwas stimmte nicht. Ich schwärmte die ganze Zeit von ihm und war froh, dass wir nun endlich zusammen waren. Ich verbrachte wirklich gern meine Zeit mit ihm, doch es war fast so als wären wir immer noch nur beste Freunde. Und ich erwischte mich andauernd dabei wie ich an Clyde denke. Andauernd frage ich mich ob es ihm gut geht, was er gerade macht, ob er wieder am Bahnhof war und warum zur Hölle ihn dieses kleine Mädchen Papa nannte! Wer war die Mutter dazu? Niemanden von uns nannte sie Mama. Sie sieht auch kaum jemanden von uns ähnlich. Was war da nur los in ihrer Zeit und warum reagierte sie so komisch bei Luzifer's Namen? Er hatte garantiert etwas damit zu tun, dass sie nun hier ist.

In meinen Gedanken vergaß ich die Uhrzeit völlig und musste mich nun beeilen noch rechtzeitig zu Shinji zu kommen. Er saß schon in dem Lokal wo wir uns zum Kaffee trinken verabredet hatten und lächelte mich zur Begrüßung an.

„Na, hast du wieder die Zeit vertrödelt?“ „Ja! Sorry! Ich musste die ganze Zeit an...“ „...an Clyde denken? Wie immer!“ „Ehm... Shin! Nun sei doch nicht so! Es ist eben viel passiert! Ich musste an gestern denken und an dieses kleine Mädchen aus der Zukunft.“ „Hmm... Ja, die Ereignisse überschlagen sich. Ich bin gespannt was noch passiert. Aber Hailey... Guck mal, wir warn doch schon immer beste Freunde. Also können wir doch offen reden, oder?“ „Klar, was ist los?“

Das klang für mich schon fast so, als würde er mit mir Schluss machen wollen. Aber... Warum störte mich das kaum? Ich ließ ihn reden. „Ich weiß, dass du mehr an Clyde hängst. Vielleicht haben wir unsere Freundschaft ja falsch gedeutet. Verstehst du? Vielleicht haben wir uns unsre Gefühle ja stärker eingeredet als sie sind... Ich will dir damit nicht weh tun.“ „Ja, ich weiß was du meinst... Du hast Recht... Ich krieg Clyde nicht aus meinem dummen Kopf...“, seufzte ich, worauf er lächelte. „Das merkt man. Wir sollten uns nichts vormachen. Also los, geh zu deinem Clyde. Der kann deine Hilfe sowieso gebrauchen. Vielleicht kannst du es ja schaffen aus meinem besten Kumpel wieder den zu machen, der er mal war.“

Seine Worte brachten mein Herz dazu Überschläge zu machen. Warum hatte ich es eigentlich nicht früher zugelassen? Ohne etwas zu Trinken zu bestellen packte ich meine Handtasche, drückte Shin noch einen kleinen Kuss auf die Wange und lief davon. Aber!!! Halt! Nach nur zehn Metern rannte ich zu ihm zurück. Er musterte mich verwundert.

„Shin! Ich glaube da wartet noch jemand auf dich.“ Er starrte mich an und überlegte, bis man ihm richtig ansehen konnte, dass ihm ein Geistesblitz kam. Er grinste und nahm ein Schluck seines Kaffee's: „Ja, ich geh zu ihr.“ „Danke!“

Ich war so glücklich, dass Shinji mich verstand und dass unsere Freundschaft nicht darunter leiden würde. Mein Herz schlug wie verrückt. Ich konnte es nicht mehr abwarten! Ich sehnte mich so sehr nach ihm... Nach seiner Nähe und seiner Zuneigung. Ich wusste, dass viele Probleme auf mich zukommen würden, wären wir erstmal zusammen. Er hatte immerhin seine Drogensucht zu bewältigen... Doch ich war mir sicher: Gemeinsam könnten wir es schaffen! Ob er überhaupt genauso empfindet? Doch! Es musste so sein... Die ganzen Andeutungen waren Beweis genug!

Clyde zu finden war nicht einfach, der trieb sich sowieso immer wo anders herum. Inzwischen fing es auch noch an zu Regnen. Angespannt und mit rasendem Herzen ließ ich meine Blicke durch den Regen schweifen und war völlig außer Puste, als ich ihn endlich in der Nähe vom Bahnhof rumstehen sah. Jedoch... Nicht alleine... Ich wusste nicht, ob ich mich nun umdrehen und gehen sollte, oder ob ich ihn anschreien soll. In seinen Armen hielt er den wohl abscheulichsten Menschen, den ich kannte – meine Halbschwester Maya. Gerade die! Es machte mich rasend. Langsam drehte ich mich um und hielt inne... Wenn ich jetzt gehe... Dann werde ich es für immer bereuen. Und Maya gönne ich diesen Triumph nicht! Ich werde niemals vor Maya zurückstecken.

Mutig fasste ich mir ein Herz, drehte mich um und lief mit selbstsicheren Schritten hinüber zu den Beiden, die gerade am rumknutschen waren. Clyde bemerkte mich nicht mal. Der Rotschopf genauso wenig. Ich seufzte wütend und tippte Maya auf die Schulter. Sie drehte sich zu mir um und warf mir sogleich giftige Blicke zu.

„Nicht du schon wieder! Was willst du? Siehst du nicht, dass du uns störst?“ „Beim rumlecken? Könnt ihr auch nachher machen! Clyde! Ich muss mit dir sprechen!“ „Ehm... Okay... Wir sehen uns, Maya“, sagte er abweisend und kehrte uns beiden den Rücken. Während Maya sofort resignierte und sich dem nächsten Typen an den Hals warf, gab ich nicht so einfach auf und fragte mich was mit ihm schon wieder los war. Er wirkte so abweisend, doch ich hatte die Sache mit Shin nicht beendet um nun aufzugeben! So nervig ich auch sein mochte, ich folgte Clyde.

„Jetzt lauf doch nicht davon! Ich will mit dir reden!“ „Es gibt nichts zu reden, Hailey“, antwortete er wieder schroff und lief schneller um mich loszuwerden. Der Kloß, der sich in meinem Hals bildete, schnürte mir förmlich die Luft ab. War er denn schon wieder so benebelt von seinen Drogen, dass er vergessen hat, wie schön es letzt mit uns beiden war?

Hätte ich meinen Tränen keinen Lauf gelassen, wäre ich wohl erstickt. Vor Kälte zitterte ich am gesamten Leib und blieb nun stehen.

„GEH NICHT!!! CLYDE!!! ICH LIEBE DICH!!!“, schrie ich ihm in meiner Verzweiflung hinterher und heulte wie eine Idiotin. Warum tat ich das nur? Das war es doch gar nicht wert...

Hatte ich etwa Glück? Mit meinen verheulten Augen konnte ich verschwommen wahrnehmen, wie Clyde stehen blieb und zu Boden blickte. Was er wohl nun dachte? Sicher würde er gleich einfach weiter laufen und mich stehen lassen. Langsam näherte ich mich ihm ein paar Schritte und war nun gar nicht mehr so selbstsicher wie vorher. Plötzlich drehte er sich um... Er hatte genauso Tränen in den Augen wie ich und auch seine Hände zitterten. Meine Befürchtung, dass er nur so ist, weil er wieder Drogen genommen hatte, bestätigten sich schonmal nicht. Ich merkte aber, dass er wieder schlecht Luft bekam und sichtbar Schmerzen in der Brust hatte. Das hatte er immer öfter. Sein Handgelenk war auch immernoch ganz angeschwollen.

Mit großen Schritten kam er auf mich zu und blieb kurz vor mir stehen: „Warum verliebst du dich in mich!?! WARUM!!!“ „Clyde... Tut... Tut mir leid...“, antwortete ich etwas verängstigt und musste mit weiteren Tränen kämpfen. Ich zuckte leicht zusammen, als er meine Arme packte.

„... Du darfst mich nicht lieben... Bitte... Das darfst du einfach nicht...“ Ich starrte verwirrt in den Himmel, als er das sagte und mich anschließend fest umarmte. Warum sagte er sowas?

„Okay... Ich werde dich in Ruhe lassen, aber sag mir wenigstens warum...“, flehte ich ihn an. Mein Herz war kurz vorm Zerbrechen. Er lachte kläglich auf und drehte sich etwas weg, ehe er sich mit hilflosen Blicken wieder zu mir wandte: „Willst du es wirklich wissen? Was würde es bringen? Du bist der Wahnsinn! Wie fürsorglich du bist.... Wie du dich um alle kümmerst... Dein ganzer Charakter... Ist einfach... Wow! Du bist so Wow, dass ich Hals über Kopf in dich verschossen bin... Ich liebe dich! Du bist die einzige Frau, die mir jemals so derb den Kopf verdreht hat!!! ABER WIR KÖNNEN NICHT ZUSAMMEN SEIN!!!“ „WARUM NICHT, WENN DU MICH DOCH AUCH LIEBST!?!“ „WEIL MIR DIE ÄRZTE GERADE MAL NOCH ZWEI JAHRE ZUM LEBEN GEBEN! Für mich... Gibt es kein Leben und keine Rettung... Ich kann eigentlich nur noch auf meinen Tod warten...“, antwortete er mit aller Not und versuchte alles um noch mehr Tränen zurück zu halten, was ihm nicht gelang. „WAS!?“, schrie ich entsetzt auf und dachte er würde mich nun verarschen wollen. Mit schüttelndem Kopf lief ich ein paar Schritte zurück.

„Bisher wissen nur wenige aus der Familie davon... Ich bin schwer krank. Mein Herz könnte jederzeit aufhören zu schlagen und ich weiß, dass es nicht mehr lange dauert. Daran werde ich täglich durch die Schmerzen erinnert...Verstehst du!? WAS WILLST DU MIT NEM KRÜPPEL DEN DU IN ZWEI JAHREN VERLIERST!? DENKST DU WIRKLICH WIR KÖNNTEN GLÜCKLICH SEIN!? MIT MIR KANN NIEMAND GLÜCKLICH SEIN!“, schrie er mich an, ehe seine Stimme versagte und erneut Tränen seine Wangen herunter liefen. Wieder drehte er sich um und lief ein paar Schritte weiter.

„Ist... Ist das der Grund, warum du nie eine feste Freundin wolltest und dich so gehen lässt!? Ist das der Grund, warum du nicht einmal im entferntesten daran denkst, von den Drogen weg zu kommen?“ „... Ja... Und da können mir weder du noch meine Eltern helfen!“, antwortete er kaum verständlich und rannte davon. Mir wurde schwindelig. Ich konnte nicht glauben, dass es wirklich so schlecht um ihn stand. Nun verstand ich es... Er wollte nicht mit mir zusammen sein weil es mich verletzen würde, ihn nach kurzer Zeit wieder zu verlieren... Jedoch würde es so oder so sehr weh tun. Mit oder ohne Beziehung. Letztendlich würde es nichts daran ändern...
 

~ Clyde Coldfire ~


 

Es tat weh... So sehr tat es weh... Ich wäre am liebsten jetzt schon gestorben. Wie oft hatte ich mir in den letzten Tagen gewünscht, Hailey würde Shin verlassen und würde lieber zu mir kommen, fragte ich mich, als ich die Augen zusammen kniff, die Schmerzen in der Brust ignorierte und davon lief. Nach einigen Minuten machte ich langsamer und blickte zurück. Hailey war nicht mehr zu sehen. Wieder bekam ich kaum Luft als ich an dem Hügel, abseits der Stadt, ankam und herab blickte auf Orlando.

Was war nur größer? Die Schmerzen, die mir das Stechen in der Brust bereitete, oder die Tatsache, niemals mit der Frau, die ich liebe, zusammen sein zu können? Dabei hatte ich mir geschworen mich nicht in sie zu verlieben. Es würde sie nur unglücklich machen... Sie hatte etwas besseres verdient als einen nutzlosen Krüppel wie mich.

Was konnte ich schon? Kämpfen konnte ich nie wirklich... Dazu war ich zu krank. Meist mussten mich die Anderen beschützen. Ich war nur ein jämmerlicher Klotz am Bein. Ich würde sie niemals beschützen können... Ich würde niemals eine Familie ernähren können... Gar nichts kann ich... Zu allem Unglück waren nun auch noch meine Eltern urplötzlich wieder da. Und können sie stolz auf ihren Sohn sein? Nein... Ich schämte mich für mich selbst, doch einen Weg zurück gab es sowieso nicht mehr.

Ich fragte mich, was eine Therapie und eine Freundin jetzt noch bringen würden. Jetzt – wo doch fast alles schon gelaufen ist. Bald wäre ich weg und würde nichts hinterlassen. Und niemand soll unnötig wegen mir trauern. Ich wollte keine Freundin, keine Bindung mehr zu meinen Eltern und die Drogen brauchte ich, um mich von meinem Schicksal abzulenken.

Seufzend lehnte ich mich an den Baum und ließ mich herabsinken. Der kalte Regen prasselte auf mein Gesicht und ließ mich weiter frieren. Auch das war mir egal. Meine Gesundheit spielte für mich keine Rolle mehr. Je früher ich Erlösung finden würde, desto besser. Der Gedanke nicht mehr lange zu leben, machte mir Angst und ließ mich leiden. Früher war es für mich noch nicht so schlimm... Zwanzig Jahre – ne lange Zeit. Aber wenn davon nur noch Zwei übrig sind... Ja, da sieht die Sache anders aus. Was solle ich mir denn jetzt noch aufbauen?

In mir baute sich so eine Wut auf, dass ich gegen den Baum schlug und einen lauten Schrei von mir gab, ehe ich auf die Knie ging und mich hoffnungslos dagegen lehnte.

„Gib doch nicht auf“, hörte ich auf einmal eine Stimme sagen, die wie aus dem Nichts kam. Hatte gar nicht mitbekommen, dass sich jemand zu mir gesellte. Diese Stimme klang ziemlich kindlich und Jung. Sie... Sie wirkte, als würde ein sehr optimistisches und warmherziges Wesen dahinter stecken. Hinter dem Baum kam nun endlich die Besitzerin dieser Stimme hervor, was mich zurück schrecken ließ.

Es handelte sich um eine junge Frau mit braunschwarzen Haaren. Sie trug ein langes blaues Kleid und hatte riesige weiße Flügel. Ein Engel!?!?

Hatte ich schon wieder Halluzinationen? Die Unbekannte lächelte: „Nein, ich bin real...“, kicherte sie mir zu. Sprachlos beobachtete ich wie sie sich mir näherte, vor mir auf ein Knie ging und mir in die Augen sah.

„Clyde, warum gibst du auf?“ „Was? Woher...?“ „Es gibt... Immer Mittel und Wege etwas zu erreichen“, sagte sie nun ernster als sie sich wieder von mir abwandte und mit verschränkten Armen auf die Stadt herab blickte. Nun stand auch ich auf, hielt mich aber auf Abstand.

Wieder lächelte sie mich an und drehte sich erneut zu mir: „Schicksal... Man kann es nicht ändern, stimmt's?“ „Ja... Leider.“ „Stimmt eben nicht. Zumindest nicht, wenn man mir begegnet.“ „Was... Wer bist du?“ „Ich bin Lumen, der Engel, der das Schicksal beeinflussen kann. Höre, Clyde Coldfire, was ich dir zu sagen habe. Ich erhörte deine Not und ich biete dir einen einmaligen Handel an. Ich verlängere dein Leben auf unbestimmte Zeit! Du wirst an deiner Krankheit sterben, keine Frage, jedoch nicht in zwei Jahren. Auch nicht in Fünf... Vielleicht in Zehn... Wenn du den Handel eingehst und stirbst, wird deine Seele jedoch mit mir ins Reich der Ewigkeit kommen. Was sagst du, Clyde?“

Ich starrte sie fassungslos an... So einfach wäre das? Irgendwas war doch da wirklich faul dran. Bestimmt war das wirklich eine Einbildung oder Betrügerin. Schwarze Magie? Haha...

Aber... Wenn es wirklich stimmen würde... Wenn sie mich länger leben lassen könnte... Dann könnte ich mit Hailey zusammen kommen und eine Therapie machen! Dann hätte mein Leben einen Sinn, wenn auch nur für ein paar Jahre mehr. Ich würde für Hailey alles in kauf nehmen. Ja... Das wäre es mir wert. Für diese Frau würde ich durch die Hölle gehen...

Skeptisch schritt ich auf Lumen zu.

„Und... Wenn du mich mit irgend 'nem Hokus Pokus versiehst... Bin ich dann wieder gesünder und kann ohne Schmerzen laufen und so?“ „Nein... Ich kann deine Lebensqualität nicht ändern, nur die Zeitspanne. An der Qualität kannst du jedoch getrost selbst arbeiten.“ „Schade... Aber okay! Ich will, dass du mir mein Leben verlängerst!“ „So sei es.“
 

Sie richtete ihre Hände gen Himmel und erschuf zwei leuchtende Kugeln. Während dessen sprach sie Worte in einer Sprache, die ich nicht verstand. Die beiden leuchtenden Kugeln flogen langsam und geschmeidig auf mich zu bis sie an meiner Brust kamen und sich einfach in meinen Körper fügten. Ich fühlte mich plötzlich etwas besser... Vielleicht einfach nur, weil ich neue Hoffnung hatte. Lumen machte auf einmal wieder ihre Augen auf.

„Auf deinem Rücken wird ein Mal erscheinen. Das Zeichen des Lebens. Es wendet sich ganz langsam zu einer Spirale. Wenn die Spirale geschlossen wird, ist deine Zeitspanne abgelaufen.“ „Also wenn die Spirale ihren inneren Kern berührt ist es vorbei?“ „Genau. Dann komme ich dich holen.“ „... Danke...“

Sie lächelte mich nett an, drehte sich weg und verschwand im Licht. So etwas habe ich noch nie gesehen... Plötzlich überkam mich mein neuer Lebenswille und ich hatte den Drang sofort Hailey zu suchen! Ich hatte ihr sowieso das Herz gebrochen was mir unendlich leid tat!

So gut es mit meiner Krankheit ging, rannte ich durch den Regen, dorthin wo ich sie zuletzt gesehen hatte. Sie saß dort auch immernoch. Mit tränenunterlaufenen Augen saß sie klatschnass und zitternd auf einer Mauer und starrte auf den Boden.

Selbst als ich direkt vor ihr stand bemerkte sie mich nicht. Erst als ich mich zu ihr herunter beugte, erschrak sie und starrte mich entsetzt an. Ich nahm ihre Hand und zog sie hoch, dass sie mir gegenüber stand. Ihre traurigen und verwirrten Blicke... Ich zögerte nicht weiter, verschwendete auch keine Worte, sondern nahm sie einfach in die Arme und küsste sie.

„Clyde... Was...?“ „Komm, ich bring dich nach Hause... Sonst wirst du ja noch krank.“ Sie war immernoch total verwirrt, besonders als ich meinen Arm um sie legte um sie nach Hause zu führen. „Clyde? Hat das zu bedeuten, dass...“ „Ja. Das wird schon irgendwie klappen. Ich liebe dich.“ „Ich dich auch“, sagte sie zufrieden. Plötzlich sprang sie fröhlich auf und zog mich an der Hand: „Komm noch mit rein!!! Ma hat schon gekocht! Du hast bestimmt Hunger und bist müde!!! Ich kann dir auch ein schönes warmes Bad machen!“ „Nicht gleich so stürmisch...“, stammelte ich, weil ich mich sogleich etwas überrumpelt fühlte. Sie hatte wirklich ein starkes Helfersyndrom... Hunger hatte ich eigentlich nie und wenn, bekam ich kaum etwas herunter. Aber ich wollte sie nicht enttäuschen und stimmte zu. Allerdings machte mich der Gedanke an ihre Familie plötzlich sehr nervös.

Ja, Marisha und Kyle waren für mich Tante und Onkel und sie konnten mich immer gut leiden... Aber... Es würde ihnen garantiert nicht gefallen, dass ihre kleine Tochter mit einem Junkie zusammen ist. Ich könnte sie immerhin mit in den schlechten Umkreis ziehen.

„Clyde, was ist los? Du wirkst besorgt.“ „Schon gut, ich hab Hunger, haha!“ „Achso, okay, dann lass uns beeilen!“

Sie zog mich an der Hand hinterher und ging einen Schritt schneller bis wir bei ihr zu Hause ankamen. Fröhlich wie immer platzte sie zu ihrer Mum in die Küche und begrüßte sie herzlich mit einer Umarmung und zwei Küsschen auf die Wangen. Typisch...

„Mum, ich hab Clyde mitgebracht, ich hoffe das ist okay.“ „Klar, warum nicht? Willst du was mit essen, Kleiner?“ „Ehm, ja, gern“, antwortete ich schüchtern und schaute zu Boden, woraufhin Marisha ihre Augenbrauen hochzog und sich vor mich stellte: „Was geht denn mit dir ab? So kenn ich dich gar nicht, hahaha.“ „Ehm... 'Tschuldigung...“ „Mach dir nichts draus, Mum! Clyde ist etwas übermüdet!“, wendete Hailey ein und lehnte sich an mich. Marisha lächelte verständnisvoll und stellte sich wieder an ihren Herd während Hailey und ich uns an den Küchentisch setzten.

„Und Clyde? Zu Hause alles klar?“ „Weiß nicht... War da gestern Abend nur kurz.“ „Jetzt, wo deine Eltern wieder da sind, dürfte doch alles bald wieder gut sein.“ „Mh... Denke ich doch.“ Es war mir unangenehm, dass sie mich so ausfragte. Ich wusste kaum etwas über das, was zu Hause so geschah. Und mit Ma und Dad hatte ich seither kaum ein Wort gewechselt, obwohl sie so lange für tot gehalten wurden. Hailey lächelte und drückte mir ein Glas Trinken in die Hand.

„Essen ist gleich fertig, Kinder.“ „Mum, wo ist eigentlich Jayden?“ „Der ist bei nem Freund heute. Warum?“ „Oooch nur so... Perfekt!“

Hach, diese Hassliebe... Marisha gefiel die Reaktion ihrer Tochter überhaupt nicht, denn sie legte großen Wert auf Familienharmonie. Zu meinem Pech kam nun auch Onkel Kyle in die Küche und setzte sich zu uns.

„Alles klar?“, fragte er uns beide. „Ja, Dad“, antwortete Hailey darauf hin nur knapp. Am liebsten wäre ich einfach nur aus dem Raum gerannt. Ich wusste, dass ich kaum etwas runterbekommen würde.

Als Marisha dann endlich fertig war mit kochen und wir alle am Tisch saßen, wurde ich fast nur noch gemustert von meiner Verwandtschaft.

„Clyde, du siehst ziemlich kaputt aus. Lass dich mal von deiner Ma aufpäppeln“, meckerte Marisha während sie mich so betrachtete. „Ich lass ihr ja keine Chance, hehe...“ „Ma, was hast du eigentlich gegen Tante Chann?“ „Ja, was hast du gegen meine Sis!? Früher wart ihr so dicke miteinander“, sagte auch Onkel Kyle. „Das geht euch gar nichts an! Ich sag nur so viel, sie war, bevor sie verschwunden ist, eine absolute scheiß Freundin!“ „Ehm... Okay“, antwortete Hailey zögerlich und fragte nicht weiter.

„Was ich mich gerade eher frage: Warum seid ihr beiden heut nur allein? Seid ihr nicht sonst immer zu Viert?“, fragte nun Onkel Kyle eher beiläufig, weil er sich voll und ganz aufs Stopfen konzentrierte. „Jill und Shin haben ein Date!“ „Uuuuuh!“

Während die Anderen schaufelten, quälte ich mir jeden einzelnen Bissen rein und verfluchte den randvollen Teller. Mari hatte mir wohl ne extra Portion drauf gemacht, weil ich so mager bin.

Erst lange nachdem alle fertig waren, schaffte auch ich es... Mir war kotzschlecht... Mein Magen war so viel Essen gar nicht mehr gewöhnt.

„Clyde, hat es dir nicht geschmeckt?“, fragte Marisha etwas beleidigt. „Doch! Doch... Aber... Es war zu viel...“ „Hihi, komm Clyde, wir gehen mal nach oben.“ „Wehe ich erwische euch bei was Unanständigen“, ermahnte Kyle wieder beiläufig, worauf Hailey etwas rot im Gesicht wurde. Sie ergriff mit mir zusammen regelrecht die Flucht.

Oben musste sie erstmal durchschnaufen und ließ sich auf ihr Bett fallen. „Sie sind immer sooo aufdringlich, tut mir leid, wenn sie dich in Verlegenheit gebracht haben.“ „Ach... War mir irgendwie klar, ich kenn sie doch“, seufzte ich und setzte mich neben sie. Ich war mir nicht ganz sicher wie weit man bei ihr überhaupt gehen konnte.

Sie richtete sich auf, krabbelte auf allen Vieren übers Bett zu mir und guckte mich fragend an: „Bist du bei allen Mädchen bisher immer so schüchtern gewesen?“ „Nein... Aber bei ihnen hatte ich auch andere Absichten. Wenn man sich von vornherein zum Vögeln trifft, muss man nicht erst drumrum reden.“ „Hmm... Ist das nicht seltsam? Wir kennen uns schon seit Ewigkeiten und trotzdem ist alles so neu.“ „Das wird schon“, antwortete ich und gähnte, weswegen sie mich dazu drängte mich neben sich ins Bett zu legen. Fröhlich summend machte sie ihren kleinen TV an und kuschelte sich an meine Schulter, wovon ich ein leichtes Kribbeln im Bauch bekam. Sowas hatte ich auch noch nie...

„Wenn du schlafen willst, ist das okay, ja? Ruh dich nur aus... Schatz...“, nannte sie mich zum ersten mal.

Ich drehte meinen Kopf zu ihr und so müde ich auch war, ich wollte gerade nicht schlafen. Auch sie schaute mich mit ihren großen blauen Augen an. Erwartungsvoll irgendwie. Lächelnd drehte ich mich weiter zu ihr und küsste sie zärtlich, was ihr wohl gefiel, denn sie konnte gar nicht mehr genug davon bekommen. Immer wenn ich meinen Kopf etwas zurück zog, kam sie sofort näher und fing meine Lippen wieder ein.

Ich wollte nicht gleich an unserem ersten Tag mit ihr schlafen, das fand ich unmoralisch und nicht in Ordnung, doch sie störte sich nicht daran, dass ich sie zumindest etwas streichelte. Als ich sie sanft und zurückhaltend an ihrer Brust berührte stöhnte sie leise auf und nahm meine Hand, die sie nach weiter unten schob. Na die will es scheinbar wissen, dachte ich mir verwundert. Ich ging auf ihren Wunsch ein und legte meine Hand zwischen ihre Beine, jedoch noch über der Hose.

Ich machte langsam und guckte sie ernsthaft an: „Sag mal... Hast du überhaupt schonmal...?“ „Ehm...“ Sie räusperte sich etwas, wurde knallrot und wandte ihre Blicke ab, wovon ich grinsen musste.

Wir schlossen die Augen und machten einfach so weiter, da ich ihre Nervosität deutlich spürte, doch ich wollte ihr damit zeigen, dass sie das Tempo bestimmen kann. Leider kamen wir gar nicht erst weiter, denn unserer Zweisamkeit wurde jäh ein Ende gesetzt, als Marisha auf einmal herein platzte und uns schockiert ansah.

„HAILEY!? CLYDE!? Was... Was macht ihr da!?!!“ „MUM!"
 

~ Kapitel 5 ~ Zweifel ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 


 

Ahahah! Überraschung für alle Syndicate's Slave Fans, die sehnsüchtig auf Sean gewartet haben :) Die Dialoge mit Sean und Rick hätte ich lieber etwas ausführlicher geschrieben, aber das wäre nur unnötiges Kapitel füllen gewesen, finde ich :o
 

Übrigens, wer sich nun fragt, von was die beiden überhaupt sprechen, warum sie den Kontakt verloren haben und was eigentlich passiert ist, der darf sich gerne meine FF Syndicate's Slave durchlesen. Dort spielen Sean und Rick nämlich die Hauptrollen. ;)
 

Ich hätte auch gern Feye nochmal mehr ins Gespräch gebracht >< Vor allem aus Clyde's Sicht... Aber da hat sich echt keine Gelegenheit geboten in meinen Augen!!! Ich bin den ganzen Part nochmal durchgegangen und hab gesucht wo man was einbauen könnte... Aber naja. Nächstes Kapitel ! Da kriegt Feye nämlich ihren ganz eigenen Part :D
 

bis dahin, viel Spaß, eure Kiro



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