butterFLY von Kookoo (Ryouga/Reno ... Shin/Ko-Ki) ================================================================================ Kapitel 2: Achat ---------------- [butter]FLY ~ Achat ~ Der blonde Auszubildene stützte seufzend die Ellenbogen auf den Tisch, legte die Stirn auf die Handflächen, summte irgendwann beinahe verrückt eine Kinderliedmelodie, die ihm gerade in den Sinn kam. Er konnte sich nicht auf das bisschen Papierkram konzentrieren, dabei war es noch nicht einmal viel oder gar schwierig, aber die Unruhen letzte Nacht, von denen er an sich nichts mitbekommen hatte, zerrten an seiner Arbeitsmoral, baten um Aufmerksamkeit; Reno schien den Unfall leicht verkraftet zu haben, obwohl es selbst aus Zuschauersicht definitiv nicht angenehm gewesen sein musste. Nachdem er sich nun doch dazu aufringen konnte, ein paar Bestellungen abzuschließen, ging er in den Servicebereich; er sollte heute auch Kunden bedienen, nicht nur hinter dem Angestellten hocken, lächeln und zusehen. Er rechnete nur nicht mit dem dummen Zufall, der jenen Bekannten zum Optiker lockte: Shin vernahm das Klingeln des Bewegungsmelders, blickte interessiert auf, zog allerdings alsbald eine Augenbraue hoch. "Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?" Sein Gegenüber schmunzelte, ging sich verlegen durch das schwarze mit knalligem pink akzentuierte Haar – auch er hatte den Blonden wiedererkannt. "Ich möchte neue Kontaktlinsen bestellen lassen. Wir kennen uns, oder?" Die Frage brach dann die erste Respektsbarriere, lockerte zudem Shins Gemüt beim ersten Kundegespräch, welches er ganz alleine führte. Er wendete den Blick Richtung Monitor ab, gab den Namen ein, blinzelte hin und wieder zum Kunden auf. "Ja, tun wir. Du arbeitest im Platja mit Reno zusammen, hm? Ko-Ki, richtig?" Der Angesprochene nickte, Shin bearbeitete derweil die Daten, zum Glück war er bereits Kunde, so ging alles schneller – der Ältere wunderte sich, dass er es nicht schon vorher gewusst hatte, tat diesen Gedanken dann aber ab. "Ja, und du wohnst bei ihm? Ich sehe dich total selten, zuletzt einmal, da hast du Reno vom Platja abgeholt." Shin stierte stur auf den Monitor, besonders, nachdem er den Wink mit dem Zaunpfahl deutlich aufgefasst hatte – sein Interesse, Ko-Ki außerberuflich zu treffen, ging arg ins Negative, doch der Pinkhaarige machte keine Anstalten, das auch zu berücksichtigen. "Die gleiche Sehstärke wie zuvor?", wimmelte der Größere ab, sah einen Moment zu Ko-Ki auf. Ganz leise seufzend nickte der andere, damit Shin weiterarbeiten konnte – als Azubi machte er sich hervorragend, als erhabener Ignorant ebenfalls... Nach einer Weile rieb sich jener Ignorant die Hände, nickte sich selbst bestätigend. "So... Alles fertig, die Dinger sind in vier Tagen abholbereit." "Ist in Ordnung, danke. Dann werde ich wohl wiederkommen." Ko-Ki machte kehrt, winkte zum Abschied – er würde wohl noch ein paar Male auf Shin zugehen, die Frage blieb offen, ob jener es auch wollte. Am selben Tag arbeitete Reno wieder im MunjA, noch etwas neben der Spur, aber das konnte auch daran liegen, dass er Schlafmangel und mittags noch gearbeitet hatte. Ko-Ki hatte er heute noch nicht gesichtet, dabei hatte der Student frei; gerade dann war er gerne mit dem Größeren unterwegs, alberte herum oder konnte doch tatsächlich mal ein offenes Ohr für alles mögliche haben, beispielsweise auch für das Geschehen letzte Nacht. Dementsprechend machte sich der Brünette auch etwas Sorgen, wer wusste schon, wie die Chiroptera auf Beobachter reagierten, wie sie tickten, wenn sie schon belanglos einer ihrer Kameraden und einen Außenstehenden tot auf der Straße liegen ließen. Er bediente gerade ein paar Kunden, da wich sein Blick in die ferneren Menschenmengen, die meisten tanzend und lachten, aber ein Fleck wirkte so bewegungslos, beobachtend, lauernd; Reno fixierte den Blick darauf, erkannte irgendwann das Augenpaar wieder. Ungeachtet wurde das Glas an einen Kunden weitergereicht, der junge Barkeeper konnte den Blick nicht abwenden, als sich Gedanken, Erinnerung und Ängste vermischten und ebenso in seinen Seelenspiegeln anscheinend zur Geltung kamen, denn die anfokussierte Person grinste ihm überlegen entgegen, verschwand plötzlich in der Menge. Die Bitten der Menschen am Tresen schlichtweg überhörend, stürmte Reno an einem Kollegen vorbei und tauchte in die bedrohlich unüberschaubare Masse aus Körpern ein, nur hin und wieder die dunklen Haare oder das markante Gesicht erhaschend, indirekt seiner Körpergröße dankend, dass er den Angepirschten dadurch überhaupt sehen konnte. Jener schien aber auch nicht klein zu sein, was ihn zum Glück schneller mal wieder zwischen den tanzenden Leuten auftauchen ließ; er schien den Ausgang aufzusuchen, so sah Reno ihn aus der Menge schreiten und hinauslaufen, ehe er selbst das Meer aus Schweiß, Polyester und Haut erst verlassen konnte. Raus aus der Geräuschkullisse – hinein in die unbeleuchtete Schwärze und in die nächtliche Kühle, drehte Reno den Kopf suchend in beide möglichen Richtungen und erst beim zweiten Anlauf erkannte er den Schatten, der in eine Seitenstraße einbog. Er rannte ihm gedankenlos hinterher, musste ihn einfach noch einmal sehen, irgendetwas in ihm zwang ihn dazu – hinter der Kurve sah er eine Laterne gelblich und alt leuchten, der Rest leblos und kalt. Nach Luft ringend näherte er sich der nächsten Kreuzung am Ende dieser Straße, da zogen ihn zwei Hände aus dem Lichtkegel, zu schnell für eine selbstverteidigende Reaktion spürte er die raue Häuserwand im Rücken und einen schlanken, aber kräftigen Unterarm schmerzlich unterm Kinn. "Du hast Nerven, mich hierhin zu verfolgen." Gezischt drangen die Worte in sein Ohr, keuchend versuchte Reno Sauerstoff in die Lungen zu bekommen, als sich der Arm näher an seinen Hals presste. Er hatte reflexartig die Hände daran gelegt, krallten sich ins Fleisch des anderen, sich dessen Gesichtszüge trotz der Furcht – oder gerade deshalb – beschauend, einprägend. Schwer suchte er sich die Worte zusammen, die er noch über seine Lippen schieben konnte, ohnegleich in Ohnmacht zu fallen. "Ich wollte nur wissen, ob du es wirklich bist." Sofort ließ der wenig Kleinere von ihm ab, nahm einen Schritt Abstand, schnaubte verächtlich, ehe es zu einem kurzen Lachen ausartete. "Selbst mit funktionierendem Mundwerk bist du nicht klüger." Er musterte ihn eindringlich, schien erst in dem Moment zu verstehen, zu realisieren, und schätzte demnach stumm die Situation neu ab – Reno glaubte bereits, in diesen Sekunden würde über sein Abdanken oder Weiterleben entschieden. Der Größere rührte sich nach einer Weile, drückte sich langsam von der Wand ab, beobachtete den anderen in seinem Tun, hielt gar seinem Blick stand, den er nicht zuordnen konnte, kalt, wütend, überrascht, blieb aber sonst ruhig stehen. Sein Gegenüber neigte den Kopf zur Seite, kniff die Augen abwägend zusammen. "Du hast mit dem einen den Unfall gesehen, hm? Habt ihr die Polizei gerufen, Aussagen gemacht? Und dann läufst du mir hinterher – du spielst ziemlich mit deinem Leben." Unbewusst spielte Reno mit seinem Lippenpiercing, knabberte darauf herum, zog es mit der Unterlippe in den Mund, ließ erst bei einem schwachen Schmerz wieder davon ab – das Herz schlug ihm bis zum Hals, er musste mehrere Anläufe starten, um zu schlucken, so zugeschnürt war seine Kehle. "Wir riefen einen Krankenwagen, wir haben sonst nichts erzählt." Beschwichtigend ruhig klang Renos Stimme, er unterdrückte jegliches Zittern, jegliche Anzeichen für die Angst, ertappt zu werden – sein Blick blieb standhaft, obwohl der Dunkelbraunhaarige ihm sichtlich keinen Glauben schenkte. Als jener hart die Luft einsog, zuckte der Größere minimal zusammen, schickte ein Stoßgebet gen Himmel – und atmete zugleich erleichtert aus, als ihm ein milderer Unterton erreichte. "Sie sehen es nicht gern, wenn Außenstehende so etwas mitbekommen." Er schaute zur Seite, wirkte nachdenklich, doch Reno konnte es nicht interpretieren, war irritiert, dass sein Gegenüber sich selbst distanziert von den Chiroptera sah, wenn er die Worte richtig verstanden hatte. "Wieso 'sie'? Du nicht?" "Ich gehöre nicht zu denen, ich unterwerfe mich keinem Regelwerk, auch nicht einem, dass gegen das höchste Regelwerk verstößt." Nahezu fasziniert nickte Reno – er wusste nichts mit dem anderen anzufangen, aber dessen Gestalt, das Auftreten, dessen Meinung und Stimme fesselten ihn, trotz der prekären Situation. "Wir werden auch nichts sagen, wir-..." "Halt den Mund. Ich brauche keine Abspeisungen, die aus Furcht entstehen. Hau ab und gut ist, wir werden uns nie wieder sehen." Der Dunkelbrünette drehte sich um, ein paar Rastazöpfe glitten von den Schultern auf den Rücken, als er sich umblickte – wider Erwarten griff Reno nach dessen Schulter, wollte ihn zum Stehenbleiben animieren mit dieser etwas verloren wirkenden Art. "Warte -..." Er schnappte gerade nach Luft zum Weitersprechen, da fühlte er einen starken Griff an dessen Hand, einen stechenden Schmerz im Handgelenk, als die Hand nach unten gegen den Unterarm gedrückt wurde, drohend, nicht zerstörend. Ihm entfuhr ein schmerzlicher Laut, da drehte der etwas Kleinere seinen Arm, presste ihm diesen gegen den Rücken, die Hand immer noch so gebogen, dass das Handgelenk bei jeder falschen Bewegung gebrochen wäre. "Lauf mir nie wieder über den Weg." Er stand hinter ihm, das Kinn fast auf seiner Schulter, die Worte wie zuvor fauchend und gefährlich an sein Ohr schmetternd, dann ließ er ihn los und ging. ~ "Was? Spinnst du?" Fast wäre dem Studenten eine Tasse aus den Händen geglitten, als er sie vom Tablett anhob; ungläubig starrte er den Größeren an, welcher sich nervös an seiner Platja-Schürze herumzüppelte, und auch ein wenig wissend, schließlich kannte er seinen manchmal kopflosen Freund gut. "Komm, was hättest du denn getan?" Reno machte gerade einen Cappucino fertig, fischte ein Gebäck aus einem Behälter und legte diesen auf einem Teller, das Getränk dazu. Nachdem Ko-Ki eine Schweigesekunde eingelegt hatte, blickte er ihn wieder an und sprach weiter. "Ich bin ihm halt gefolgt, er merkte das wohl und versteckte sich so, dass ich ihn zuerst nicht mehr sah und er mich dann festhalten konnte. Ich musste ihm sagen, dass wir keine Aussagen bei der Polizei gemacht haben, sonst wäre es recht ungemütlich geworden, wie ich ihn einschätze... Mehr war auch nicht, ich bin froh, dass er mich einfach laufen ließ." "Idioten haben immer Glück, sagt man." Ko-Ki hatte sein Tablett fertig, sah Reno fast vorwurfsvoll an, schüttelte anschließend den Kopf; verstand einer die Leute, die Hals über Kopf in Situationen krachten und dann auch noch heil herauskamen. "Komm, Idioten finden ihre Inspiration immer beim besten Freund, dem Deppen." Gegenwehr war zwecklos, als Reno den kleineren, lauthals Protestierenden übertrieben lieblich umarmte und ihm in die Seite piekte, sich schlussendlich das eigene Tablett krallte und dann hinaus zu den Tischen schritt. Nach einer viertel Stunde trafen sie sich wieder per Zufall in der Küche, Ko-Ki räumte gerade schmutziges Geschirr in die große Industriespülmaschine, blickte für einen Moment zu Reno auf, welcher ein paar gebrauchte Teller hinzupackte, leise seufzend. "Mach trotzdem so einen Scheiß nicht noch einmal, das hätte heftig ins Auge gehen können." Der Angesprochene summte desinteressiert und dennoch akzeptierend; als ihm das Schweigen zu lange wurde, fiel ihm etwas ein, worauf er den Pinkhaarigen noch ansprechen wollte. "Du... Ich brauche jemanden, der Shin beim Street Fighter IV schlägt, ich verzweifel an seinem Können." "Klingt gut, heute Abend?" Reno stutzte bei der schnellen Antwort. "Musst du gar nicht mehr zur Uni?" "Semesterferien." Ko-Ki lachte belustigt auf, als Reno verzweifelt wimmernd und vor sich hin zeternd die Küche verließ und sich den Bestellungen widmete – dabei konnte der Student doch auch nichts für seine Freizeit... ~ Die Playstation 3 inmitten von getragenen Socken und leeren Getränkeflaschen surrte noch munter vor sich hin, das Spiel war mittendrin angehalten, Shin, Reno und Ko-Ki auf der Couch, lachend und sich kringelnd – der Betrachter, der nicht sofort die sechs leeren Bowlenflaschen und ein paar Klopfer auf dem Tisch sah, hätte sich spätestens dann gefragt, wann denn in diese Männer gefahren sein mochte. Es hatte tatsächlich mit dem Spiel angefangen, führte mit Renos Idee, den Keller getränketechnisch zu leeren, fort und endete mit dem Bild, welches sich gerade auf der Couch gab. Ko-Ki machte immer deutlicher Shin an, der Blonde zeigte nicht mehr so viel Gegenwehr, wie zuvor – was spätestens am Tag darauf auf den Alkohol geschoben werden würde – und Reno sah dies als Stille Aufforderung, zu gehen. "Ich gehe eine Runde um den Block, ich darf hier in der Wohnung nicht rauchen, werter Anti-Raucher." "Aber Reno, du kannst jetzt nicht alleine raus." "Ah, Mama Shin, kann ich sehr wohl." Reno blickte erhaben auf den flehend schauenden Gleichaltrigen hinab, Ko-Ki grinste triumphierend; wenn der Brünette rauchen gehen wollte, brachte ihn keiner davon ab. Shin hat sich nach kurzem Protest gegenüber Renos angekündigtem Verschwinden sogar an Ko-Ki gelehnt, um einen letzten Klopfer für den Abend bettelnd, da zog sich Reno seine Lederjacke über und simple Boots an, schloss die Türe hinter sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)