Deep in the cold winter von Hana_no_Kon (Wenn ich in der Kälte gefangen bin, holst du mich dann und rettest mich?) ================================================================================ Kapitel 1: In einer kalten Nacht ... ------------------------------------ Leise und ohne jede Hast rieselt der Schnee vom Himmel auf den kalten Asphalt. Nur wenige Menschen spazieren noch durch die kalte, dunkle Winternacht. Unter den Schuhsohlen der gehenden Leute knirscht das Eis. In einer kleinen, engen Gasse erkennt man eine Gestalt. Ein junges Mädchen, ungefähr 17 Jahre alt, hat lange, blonde Haare und ihre Arme und Beine sind mit Kratzern und blauen Flecken versehen. Ihr Blick wirkt leer und in ihren goldenen Augen scheint kein bisschen Glanz. Als wäre sie ... tot ... Aber dennoch kann man sie leise atmen hören und die Kälte lässt ihren Atem sichtbar werden. Einsam und scheinbar ohne ein Fünkchen Leben in sich hockt sie mit dem Rücken an der Mauer der Gasse gelehnt im kalten Schnee. Kein Mensch scheint ihr auch nur ein kleines Bisschen Beachtung zu schenken. Entweder bemerken sie sie nicht oder sie werfen ihr nur einen bemitleidenden Blick zu und gehen weiter ihren Weg. Niemand scheint sich für sie zu interessieren. Alle sind mit sich selbst beschäftigt. Alle ... bis auf eine einzige Person. "Ist alles in Ordnung?" Langsam kehrt etwas Leben in das blonde Mädchen, als sie die Stimme hört, von der Person, die vor ihr steht. Die ihr als Einzige Beachtung schenkt. Die sie als Einzige nach ihrem Befinden fragt. Der Blick der Blonden wandert vom Schnee unter den Schuhen der Person über den Körper bis hin zu ihrem Gesicht. Von der Statur und dem Gesicht her nachzuurteilen müsste sie im selben Alter wie die Blonde sein, wenn auch nicht jünger. Sie hat weiße, reine Haut, und ihre silbernen Haare sind kurzgeschnitten. Als Haarschmuck trägt sie zudem eine zur Seite runter hängende, dunkle Schleife. Dann fällt der Blick der Blonden auf die Augen der Unbekannten. Tiefblau. Rein. Leuchtend. Wunderschön. "Was ist passiert?", fragt das silberhaarige Mädchen mit einem zur Seite hängenden Kopf. Statt eine Antwort zu geben fällt der Blick der Blonden wieder zu Boden. Wie sollte sie auf diese Frage antworten ... wo sie selber nicht weiß, was passiert ist. In ihrem Kopf ist nur Leere und Schwärze. Einfach nichts ... Für eine Weile passiert nichts und die beiden Mädchen sind umgeben von rieselndem Schnee und erdrückender Stille. Dann jedoch reicht die silberhaarige Unbekannte der Blonden die Hand. Verwundert schaut diese auf. Das Gesicht der Person vor ihr wird von einem mitfühlenden, warmen, zarten Lächeln verziehrt. "Wenn du nicht weißt, wohin du gehen willst ... dann komm mit mir. Ich will dir helfen." ~~ Schwer und schlaftrunken öffnet das blonde Mädchen ihre Augen. Sie ist überrascht keinen bewölkten Himmel zu erblicken. Stattdessen fällt ihr ein grüner, mit weißen Federn geschmückter Traumfänger ins Auge. Schweren Herzens richtet sie sich auf. Daraufhin lässt sie ihren Blick um ihre Umgebung schweifen. Es handelt sich hier eindeutig um ein Zimmer. Ein ordentliches, warmes Schlafzimmer. Und sie selber ... liegt in einem gemütlichen Bett. Was ist bloß passiert? Wo ist sie? Nachdenklich fährt sie ihre Hand durch ihre langen Haare. Dabei fällt ihr etwas auf. Um ihren Arm wurde ein Verband gelegt. An der Stelle, wo sie zuletzt noch einen tiefen Kratzer gesehen hat. Sie schaut runter zu ihrem Körper. Das sind nicht ihre Klamotten. Nun hat sie einen weichen, hellblauen Schlafanzug an. Er riecht zudem, als wäre er erst vor kurzem frisch gewaschen worden. Wie kommt sie nur zu diesen Sachen? Und wie kommt sie hierher? Von all den Fragen, die in ihren Gedanken schwirren, fängt ihr Kopf fürchterlich zu drücken an. Von Schmerzen geplagt hält sich die Blonde ihren Kopf. Nach einiger Zeit hört sie ein dumpfes Geräusch von außerhalb des Zimmers. Das sind Schritte. Da scheint jemand hierher zu kommen. Vielleicht jemand, der alle ihre Fragen beantworten kann. Von diesem Gedanken mit Hoffnung erfüllt, springt sie aus dem Bett, rennt zur Tür und öffnet sie ruckartig. Sofort fällt der Blonden beinahe eine Person in die Arme. Doch sie findet noch schnell ihren Halt wieder. Für einige Zeit schauen sich die beiden Mädchen einfach nur überrascht an. Dann fällt es der Blonden wieder ein. Sie ist es. Das silberhaarige Mädchen mit der dunklen Schleife, dass sie zuletzt noch gesehen hat. "Du bist wach ...", stellt die Silberhaarige fest. Befindet sich die Blonde etwa in ihrem Haus? Hat sie sie hierher gebracht? "Wo ... bin ich?" "Bei mir zu Hause", antwortet die Unbekannte, "gleich nach unserer Ankunft, bist du ohnmächtig geworden. Du musst sehr lange dort im Schnee gesessen haben. Du fühltest dich unheimlich kalt an." ... Verdattert schaut die Blonde die Unbekannte an. Also hat sie ihre Wunden gepflegt. Hat sich um sie gekümmert. Sie vor dem Kältetod bewahrt. Erschöpft von ihrer Hast von vorhin setzt sich die Blonde aufs Bett und hält sich ihren Kopf. "Verzeihung, wenn ich frage, aber", gibt die Silberhaarige von sich, "woher hattest du diese Verletzungen? Woher kommst du?" Woher sie kommt ... ja ... woher kommt sie eigentlich? So sehr sie auch versuchen will, sich zu erinnern, es gelingt der Blonden einfach nicht. Es herrscht nichts als Schwärze in ihrem Kopf. Enttäuscht über ihr eigenes Versagen antwortet sie kopfschüttelnd: "Ich ... ich weiß es nicht ..." "Wo ist deine Familie? Dein Zuhause?" "Ich weiß es nicht ..." Deprimiert über ihre Unwissenheit lässt die Verletzte ihren Kopf hängen. Besorgt schaut die Silberhaarige ihren Gast an. Eine unangenehme Stille macht sich im Zimmer breit. Dann geht die Unbekannte langsam auf die Blonde zu und setzt sich neben sie. "Du scheinst dein Gedächtnis verloren zu haben ...", meint sie. Die Verletzte erwidert nichts und schaut weiterhin ins Leere. Etwas leiser und vorsichtiger fragt das unbekannte Mädchen dann: "Und dein Name? Kannst du dich auch nicht an deinen Namen erinnern?" Ihr Name ... Moment ... da war was ... Langsam formen sich im Kopf der Blonden Buchstaben. Dann ordnen sie sich, vertauschen sich an einigen Stellen, bis sie schließlich einen Namen bilden. Ihr Name ... Ihr Name war ... "Marisa." Die Silberhaarige schaut auf. Ihr in die Augen schauend wiederholt die Verletzte ihre Antwort: "Ich glaube ... mein Name ist ... Marisa." Erst etwas überrascht sieht die Unbekannte Marisa an. Dann bildet sich auf ihrem Gesicht ein schüchternes, leichtes Lächeln. "Marisa ... schöner Name. Ich heiße Youmu." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)