Angel Face of the Devil von RedSky (Cranberries²) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Zusammen mit hide betrete ich den Proberaum. Wir reden gerade über einen Gitarrenriff von Van Halen. Toshi ist schon da. Und du natürlich auch. Stehst mit vor der Brust verschränkten Armen neben der Kaffeemaschine. Aber ich schenke dir kaum einen ganzen Blick. Nur einen Flüchtigen. Dann setze ich mich auch schon mit hide an unser kleines Gruppentischchen und diskutiere mit ihm weiter. Meine Lippen reden von Gitarren – doch mein Hirn beschäftigt sich immer nur mit dir. Würdest du mir wahrscheinlich gar nicht zutrauen, was? Dass du dauerpresent bist im sturen Kopf deines räudigen Bassisten. Aber das bist du nunmal. Und ich krieg dich da nicht raus. Du bist der Boss. Das lässt du jeden von uns von Tag zu Tag immer wieder auf's Neue spüren. Du siehst dich in einer ganz besonderen Position stehen. Nur leider siehst du nicht, dass die Position in der du dich siehst schon lange nicht mehr real ist. Du glaubst du könntest dir als Einziger von uns alles erlauben. Natürlich hast du die meißte Arbeit und auf deinen Schultern lastet eine enorme Verantwortung, für X, für Extasy Records...aber all das gibt dir trotzdem nicht das Recht Andere wie Dreck zu behandeln. Und das tust du mit mir. Regelmäßig. Aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, wie Toshi zu dir schleicht und dir irgendwas zunuschelt, woraufhin du nur nickst. Doch dein Blick ist nach wie vor in meine Richtung gewand. Denkst du dir schon wieder die nächsten Gemeinheiten für mich aus? Dabei kannst du auch so anders sein....ich habe es doch selbst erlebt, ich habe regelrecht eine andere Seite an dir kennen gelernt. In der einen Nacht, als ich schwach geworden bin..... Wir waren beide auf der Party von Tommy und es wurde erstklassiger Whiskey ausgeschenkt (wie auch immer er sich den leisten konnte). Irgendwann wurde mir zu heiß, vom Alkohol, von der Musik, von den vielen Leuten. Ich bin raus auf den Balkon gegangen um mich etwas abzukühlen. - Keine zwei Minuten später standest du auch dort. Als wärst du mir heimlich nachgeschlichen. Wir waren da draussen allein, hatten beide schon Alkohol im Blut und plötzlich...hatte ich mich nicht mehr im Griff. Du hast mich schon lange geil gemacht, Yoshi. Ich fand dich von Anfang an hübsch. Ich mochte dein Gesicht schon, als ich das erste Mal zu X stieß. Und mit den Jahren hast du dich, im wahrsten Sinne des Wortes, immer mehr zu einer Cinderella gemausert – auch wenn du mir für den Vergleich wahrscheinlich am liebsten deinen Schuh an den Kopf werfen möchtest. Vom rotzfrechen Hinterhofbengel zur rotzfrechen Prinzessin......und ausgerechnet mir musstest du den Verstand rauben. Konntest du nicht den eines Anderen nehmen? Ich brauche Meinen noch. Dein Blick fällt zwischendurch immer mal wieder zur Wanduhr. Pata fehlt noch. Komisch eigentlich, und ich muss in mich hineingrinsen: Sonst bin ich doch immer derjenige, der als Letzter kommt. Heute bin ich mal überpünktlich – und trotzdem können wir nicht nach deinem Zeitplan gemäß beginnen. hide drückt seine Zigarette, mit der er vorhin den Proberaum betreten hatte, aus und sogleich im Anschluss darauf gleiten seine Finger in die Tasche seines übergroßen Shirts um sich einen Erdbeerkaugummi rauszufischen und auf Diesem nun für mindestens eine halbe Stunde, vermutlich aber länger, rum zu kauen. Als Ersatz für die Zigarette. Ich weiß noch immer nicht, ob ich diese eine, besagte Nacht bereuen soll oder nicht. Seit Tagen zermarter ich mir das Hirn darüber ob es richtig wart oder falsch. Ich habe Schwäche gezeigt, ich habe mich meiner Lust und Gier einfach hingegeben. Dabei hab ich mich sonst immer so gut unter Kontrolle. So weit es geht. Aber zumindest lasse ich sie mir für gewöhnlich nicht von dir stehlen. Wenn ich nur dran denke wie du mich an dem Abend auf dem Balkon angesehen hast....mit diesem grauenhaft verführerischen Blick, in dessen Genuss sonst immer nur diverse Fotografen kommen für die du stundenlang post und dich ausziehst. Aber in dieser einen Nacht hast du dich für mich ausgezogen. Für deinen räudigen, kleinen Straßenköter. Und dieser Köter konnte nicht anders, er musste sich an dir vergehen. Die ganze Nacht durch, bis in die frühen Morgenstunden. Der Kaffee ist fertig. Ich komme angetrottet um mir meinen Becher abzuholen. Nachdem du dich erst mal selbst bedient hast, natürlich. Oberguru. Ich greife nach der Kanne und befülle den großen, blauen Becher den ich hier im Proberaum meißt benutze. Stehe dabei ziemlich dicht neben dir. Du sollst ruhig merken, dass ich mich von dir nicht kleinkriegen lasse. Ich schenke dir keinerlei Beachtung. Wahrscheinlich verursacht das in deinem aufmerksamkeitsgeilem Herzen einen kleinen Riss. Aber das ist mir egal. Mit dem Becher gehe ich wieder zurück zu hide und dem Tisch, setze mich und schlürf die heisse, schwarze Flüssigkeit. Du kannst so ein Engel sein, aber nur äusserlich. Denn in deinem Inneren bist du der Teufel. Und ich wette von diesen zwei völlig gegensätzlichen Seiten an dir bist du dir bewusst und setzt sie gezielt ein. Leider hab ich eine Schwäche für deine Engelsseite. Dafür hasse ich mich. Denn ich will dir nicht unterlegen sein! Ich will dir nicht die Genugtuung geben, über mich zu herrschen! Das versuchst du schon andauernd in der Band mit deinem ständigem Gemecker über meine Spielweise. Dauernd kritisierst du irgendwas an mir wenn wir proben, vor großen Konzerten redest du dann mit mir wie mit einem kleinen Kind dem man jeden Furz erklären muss. Als hätte ich zuvor noch nie einen Bass auch nur in den Händen gehalten! Unser Rhythmusgitarrist ist immer noch nicht anwesend. Du hasst es zu warten. Ich blinzel unauffällig in deine Richtung. Du wirkst nervös, angespannt, ungeduldig. Wahrscheinlich siehst du genau so auch immer aus, wenn du auf mich warten musst. Tja, Pech gehabt, Cinderella. Manchmal muss man halt eben warten. Man kann nicht jeden Atemzug im Leben vorausplanen, erst Recht nicht wenn noch andere Menschen mit involviert sind. Abwesend lächle ich. Irgendwie gönn ich dir das gerade richtig. Dass du dich auch mal nach Anderen richten musst und sich die Welt nicht immer nur um dich dreht. Plötzlich rutscht mein Blick jedoch eine Etage tiefer. Seh ich richtig...? Bildet sich da etwa gerade eine Beule zwischen deinen schlanken Beinen...? Unweigerlich driften meine Gedanken abermals – zum wievieltem Male eigentlich schon? - zu der einen Nacht...in der du meine Schwäche ausgenutzt hast.... Und schon hab ich ihn wieder vor mir, den unbezahlbaren Anblick deines entblößten Körpers, der sich mir so bedingungslos hingibt und mit dem ich alles nur Erdenkliche anstellen kann.... Ich merke kaum, dass ich mit der Zungenspitze meine Lippen befeuchte. - Ouh god, wenn ich dabei nur an deine Lippen denke...! Hölle, sind die gut – und das nicht nur beim küssen. Küssen......wann hab ich das letzte Mal so gute Küsse erhalten wie von dir...? Es heißt, jeder kann küssen. Das mag vielleicht auch stimmen, aber nicht jeder Kuss überzeugt mich. Deine Küsse haben es jedoch getan...mehr als das, sie haben mich süchtig gemacht. Was würd' ich nur alles dafür geben, nochmal deine Zunge in meinem Mund zu spüren und sie streicheln und liebkosen zu dürfen....? Plötzlich ertönt das leise Knarren der Proberaumtür. Ich blicke auf und erkenne Pata, der sich mit zerknautschtem Gesicht und beschämten Blick durch die Tür schiebt. Er hat noch nicht mal beide Füße in den Raum gesetzt, da kommt sogleich die erste Entschuldigung über seine Lippen. Er erzählt was davon, er hätte gestern seine Schlüssel verloren und bei seiner Cousine, die nicht weit entfernt wohnt, übernachtet. Nur dass er dort nicht geweckt wurde. - Komisch: Von dieser Cousine höre ich heute zum ersten Mal... Kaum sind wir alle komplett, erklärst du die Proben auch schon für eröffnet. Ich hab noch nicht mal meinen Kaffee ausgetrunken. Scheinbar dauert es dir heute mal wieder zu lange, als ich meinen Bass stimme. Du schaust die ganze Zeit hinter deinem Drumkit sitzend mürrisch zu mir rüber. Du hast keine Ahnung, dass du selbst mit so einem angepisstem Gesicht noch immer verdammt heiß aussiehst. Doch auch diesmal ignoriere ich diese Tatsache – oder versuche es so gut es geht – und schenke dir keine Beachtung. Ich muss meine Kontrolle über mich selbst wahren! Auch wenn du einem das nicht gerade leicht machst..... Seit wann geht das eigentlich so? Wann hat es angefangen, dass du mich zunehmend kritisiert und häufiger angeschrien hast als die Anderen? Ich versuche mich zurück zu erinnern, doch die Zeiten und Ereignisse verschwimmen ineinander. Ich finde keine Antwort, ich weiss nur, dass es nicht immer so zwischen uns lief. Damals, als ich meinen Job und meine Wohnung verloren hatte und vor deiner Tür stand, da hast du mich sofort, ohne zu zögern, bei dir aufgenommen. Du warst so hilfsbereit, regelrecht fürsorglich. Aber irgendwann ließ diese Seite von dir nach...vielleicht, weil wir bald schon vor dem Durchbruch standen und du zunehmend mehr Arbeit hattest...? Sollte es letztenendes doch nur an der Arbeit liegen, dass du mich so behandelst wie du mich behandelst? Nein, das kann ich mir dann doch irgendwie nicht vorstellen. Oder will es nicht. Abermals durchkrame ich meine Gedanken und Erinnerungen nach einem nützlichen Hinweis – und zucke plötzlich zusammen. Deine Stimme dröhnt durch den Proberaum. Deiner Aussage – oder besser Beleidigung – nach habe ich nicht den Rhythmus gehalten....mhm... Hörst du dich eigentlich selber mal reden? Ich starre dich nur aus erschrockenen Augen an, doch innerlich brodelt es in mir. Am liebsten würde ich dir in diesem Moment meine Faust ins Gesicht schlagen und dein schönes Engelsgesicht demolieren. Und so stetig dieser Wunsch in mir auch zunimmt, halte ich mich doch zurück. Schaue auf meine fünf Basssaiten und setze die Finger wieder zum Griff der Anfangsposition an. Es soll nicht das letzte Mal am heutigen Tag gewesen sein, dass ich deinen Launen und deiner wieder mal überzogenen Kritik ausgesetzt bin. Am Ende des heutigen Probetages war Toshi der Erste, der sich verabschiedete. Er klang heute auch irgendwie nicht gut, seine Stimme war angerauht und stellenweise heiser. Ich gehe absichtlich wieder ziemlich dicht an dir vorbei, als ich meinen Bass an seinen Platz abstelle. Aber auch diesmal tue ich gekonnt so, als seist du meine Aufmerksamkeit nicht wehrt. Vielleicht verhalte ich mich kindisch, aber mir fällt keine andere Möglichkeit ein um dir langfristig zu demonstrieren, dass ich nicht deine Fußmatte bin die du so lange mit deinen Füßen durchwetzen kannst bis sie kaputt ist. Ich greife nach meiner Jacke und wende mich an hide und Pata, die auch gerade im Begriff sind zu gehen. Ob sie noch Lust hätten was trinken zu gehen, frag ich sie. Und da hab ich natürlich wieder ins Schwarze getroffen – wenn hide oder Pata einmal keine Lust auf's trinken haben, ist einer von beiden krank. Kurz darauf tauchen wir drei ein in die leicht kühle Nachtluft. Es ist bereits dunkel draussen. Heute war wieder ein langer Tag. Trotzdem ist hide noch immer nicht zu müde um über Gott und die Welt zu plappern. Unseren Proberaum im Rücken, betrete ich mit den Zweien die Strasse. Und doch, meine Gedanken führen ein Eigenleben. Sie gleiten wieder zurück zu dir. Du bist jetzt alleine, als einziger stehst du noch immer in dem schallisoliertem Raum in dem du deine Sklaven heute wieder gnadenlos hast schuften lassen. Der Teufel hatte wieder das Sagen. Ich bleibe stehen. hide und Pata schauen mich beide fragend an als ich mich nicht mehr auf ihrer Höhe befinde. Ich entschuldige mich kurz bei ihnen und erkläre, dass ich im Proberaum noch was vergessen habe. Schnell laufe ich die paar Meter zurück, reiss die erste Tür, die in den Flur führt, auf, wenige Sekunden später auch die Zweite, die in den Proberaum führt. Ich hatte Recht, du stehst alleine da. Sogar fast noch an der selben Stelle, an der ich dich zuletzt gesehen hatte bevor ich gegangen war. Mit großen, entschlossenen Schritten trete ich auf dich zu. Ich hole mit der Hand aus und verpasse dir eine saftige Ohrfeige, dass es nur so schallt. Im nächsten Augenblick greife ich mit beiden Händen nach deinem Engelsgesicht, ziehe es zu mir heran und zwinge dir einen heissen und leidenschaftlichen Kuss auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)