Black Dagger von LucyCameronWeasley (Lover Vicious) ================================================================================ Prolog: Prologue- New Born -------------------------- „Es gibt einen Weg. Doch der ist mit Fallen und Steinen gespickt.“ „Egal, ich gehe ihn trotzdem.“ And this is how this story begins I keep my trust and hold my faith Until the truth forever stops Prologue- New Born Die Kälte umfing meinen Körper. Wie ein seidiges Band schmiegte sie sich an meine Haut. Und ich war schwach, deshalb ließ ich mich fallen. Es war einfacher als zu kämpfen. Soviel leichter aufzugeben. Ich spürte keinen Schmerz. Keine Angst. Nur vollkommene Gleichgültigkeit. Etwas Sanftes berührte meine Schulter, dann mein Gesicht. Das musste der Schleier sein. Das Tor zum Jenseits. Als ich die Augen öffnete, war ich beinahe geblendet. Alles war komplett weiss. Nur ein paar Singvögel sorgten für ein wenig Farbe. Neben einem Springbrunnen stand eine winzige Gestalt. Sie trug eine bodenlange schwarze Kutte, selbst das Gesicht war bedeckt. Und doch schien das Wesen von innen heraus zu leuchten. Demütig senkte ich den Kopf: „Jungfrau der Schrift, ich grüße Euch. Ich hoffe, es ergeht Euch wohl.“ Mit einem kurzen Lachen trat sie näher an mich heran: „Deine Manieren scheinen besser zu sein, als die deines Vaters.“ Ich lächelte etwas schwach, als sie den König erwähnte. In meinem Kopf hingegen ratterte es: „Ich bin doch durch den Schleier getreten. Irgendwie hab ich mir die Umgebung anders vorgestellt. Und ich rechnete mit Familienmitgliedern.“ Die Jungfrau der Schrift streckte ihre Hand nach mir aus und nach kurzem Zögern ergriff ich sie. Eine Weile liefen wir schweigend durch den Garten. Ich wagte es nicht, etwas zu sagen. „Ehrlich gesagt habe ich dich zu mir geholt, weil ich enttäuscht bin“, erhob sie ihre Stimme schließlich. Ich sah sie an und Gewissensbisse quälten mich. Da die Jungfrau der Schrift keine Antwort zu erwarten schien, sprach sie weiter: „Als Tochter des Königs soltest du nicht so schnell aufgeben. Doch statt während deiner Wandlung zu kämpfen, zogst du es vor, durch den Schleier zu treten. Deine Großeltern waren Kämpfer. Deine Eltern und deine Brüder sind Kämpfer. Ich hatte erwartet, dass du auch kämpfst.“ Jedes ihrer Worte traf mich wie Speerspitzen, denn sie waren so schmerzlich wahr. „Wozu sollte ich kämpfen? Ich bin überflüssig. Kalik oder Senry werden den Thorn besteigen, wenn Vater abtritt. Beide wurden Mitglieder der Bruderschaft. Und ich? Ich darf schöne Kleider tragen und bei Veranstaltungen der Aristokratie beiwohnen, wo ich die brave Prinzessin spielen darf“, gab ich zurück. Der Frust saß tief, ebenso der Kummer darüber. „Du bist unzufrieden mit dem, wofür andere dich beneiden?“, es war zwar eine Frage, klang für mich jedoch wie eine Feststellung. Ich nickte beschämt: „Ja, Jungfrau der Schrift.“ Erneut trat eisernes Schweigen ein. „Und wieso?“, wollte sie dann von mir wissen. „Vielleicht bin ich für dieses Leben einfach nicht geschaffen“, mutmaßte ich dann leise. „Blödsinn!“, kam es ungewohnt fahrig von der Jungfrau der Schrift. Ich zuckte regelrecht zusammen. „Jeder wird in seine Bestimmung hineingeboren“, fuhr sie etwas ruhiger fort. „In mir scheint Ihr euch getäuscht zu haben. Schließlich habe ich Euch enttäuscht“, meinte ich fast flüsternd. Einen Moment lang musterte sie mich aufmerksam, dann seufzte sie leise: „Ich habe mich nicht falsch entschieden. Nur etwas voreilig gehandelt vielleicht. Ich wusste nicht, dass du emotional so instabil bist. Du musst dich erst selbst finden und das habe ich nicht bedacht. Was soll ich nun tun?“ Ihre Worte verwirrten mich und doch schienen sie logisch. Vielleicht war es der Grund für meine Unzufriedenheit- dass ich mich selbst nicht kannte. Aber wie sollte ich auch etwas daran ändern? Immerhin war ich seit meiner Geburt dazu verdammt gewesen, die Person zu sein, die andere haben wollten. Auch wenn meine Eltern versuchten mir meine Freiheiten zu lassen, die Aristokratie sah das anders. Betreten besah ich meine Hände. Irgendwie war das alles doch vollkommener Mist. „Ich könnte dich zurückschicken. Und dir die Möglichkeit geben, dich selst zu finden. Doch es hätte seinen Preis. Du wirst nicht wissen, wer deine Eltern sind und auch diese werden dich nicht als ihr Kind erkennen. Auch für den Rest der Bruderschaft wirst du ein Fremdling sein. Je mehr du dich selbst findest, desto mehr kehrt deine Erinnerung zurück. Doch das Vertrauen musst du dir erst verdienen, damit deine Familie dich wieder erkennt“, erklärte die Jungfrau der Schrift und sah mich durchdringend an. Ich dachte darüber nach. Lange. Es schien mir eine gute Idee zu sein, aber meine Familie zu vergessen ein sehr hoher Preis. „Werde ich meine Wandlung hinter mir haben?“, traute ich mich zu fragen. Die Jungfrau der Schrift gab einen tadelnden Laut von sich, nickte aber: „Die Zeit ändert sich nicht. Auch deinen Vornamen wirst du behalten. Willst du das wirklich?“ Noch einmal überlegte ich gründlich, dann nickte ich: „Ja. Ich will es.“ „So sei es. Schließe deine Augen, Lielanja Randall, Tochter des Vampirkönigs. Deine Erinnerungen werden nun fortgetragen, wie Federn im Wind, tief in dir werden sie verborgen sein. Öffne deine Augen, Lielanja LeMont.“ And this is my new chance to live, I'll take it and keep my open heart Kapitel 1: Chapter 1- Gone, is there a way out? ----------------------------------------------- Chapter 1- Gone, where is there a way out? „Lielanja!“, hörte sie eine männliche Stimme. Als sie die Augen öffnete, erwartete sie Sonnenlicht, doch sie irrte sich. Der Raum war komplett abgedunkelt. Sie blickte in ein markantes, männliches Gesicht, Augen funkelten wie Smaragde auf sie herunter. Ein spitzbübisches Grinsen lag auf seinen Lippen: „Na, wieder unter uns?“ Sie nickte schwach und setzte sich vorsichtig auf. Ihre Muskeln und ihr Kopf schmerzte, sie war durstig, aber ansonsten fühlte sie sich gut. Sie spürte seinen Blick besorgt auf ihr liegen. „Es geht mir gut, Sky. Ich will nur unter die Dusche“, erklärte Lielanja mit heiserer Stimme. Er nickte verständnisvoll und sanft hob er sie hoch, bevor sie etwas sagen und protestieren konnte. „Sky, ich-“ „Keine Widerrede. Du bist geschwächt von der Transition. Außerdem ist es ja nicht so, als hätte ich dich noch nie nackt gesehen“, kam er grinsend dazwischen. Sie errötete schwach, musste aber recht geben. Im Badezimmer half er ihr aus den Klamotten, es war ihr unangenehm so entblößt vor ihm zu stehen. Sie warf einen kurzen Blick in den Spiegel. Die Wandlung hatte nicht viel verändert, ihr Körper inklusive Gesicht war etwas feiner, femininer geworden, die Haare dichter. Doch, gütige Jungfrau, die Augen. Vor der Wandlung waren waren sie von durchschnittlichem fast schmutzigem Braun gewesen, doch jetzt... Das linke war dunkelbraun, sah aus wie Schokolade. Das rechte war strahlend grün, ging fast ins Türkise. „Deine Augen, hm? War ne ziemliche Überraschung. Sieht aber cool aus“, meinte Sky aufmunternd. „Verschiedenfarbige Augen...nicht gerade gern gesehen in der Gesellschaft...“, murmelte Lielanja leise. „Sie werdens überleben“, gab Sky zurück und ließ sie runter. Sein Arm lag um ihre Hüfte, was wirklich gut war, denn ihre Beine hatten kaum Kraft. Er ließ das Wasser an, stellte es auf angenehme Temperatur ein und hielt den Strahl auf ihren Arm: „Geht's?“ Sie nickte, es fühlte sich gut an. Nach einer Weile erst, fiel ihr auf, dass er einen Pullover trug. „Dein Ärmel...“, wies sie ihn hin, er zuckte daraufhin nur die Schultern: „Egal.“ Nach einer halben Ewigkeit- zumindest kam es ihr so vor- half er ihr aus der Dusche und wickelte sie in ein Handtuch. „Ich kann das alleine, ehrlich“, sagte sie mit fester Stimme, als er anfangen wollte, sie abzutrocknen. Sie fühlte sich auch wirklich wieder stark genug, also ließ er sie vorsichtig los. Sie schwankte nicht einmal. „Kannst du mir etwas zum Anziehen bringen?“, fragte sie mit bittender Stimme. Mit einem Nicken verschwand Sky ins Zimmer. Sie trocknete sich ab, rubbelte durch ihre schwarzen Haare, die ihr von der Nässe bis zum Ellebogen reichten. Schneller als gedacht kam Sky wieder zurück, seine schulterlangen dunkelblonden Haare flatterten in der Bewegung. Wortlos reichte er ihr die Klamotten und sie schlüpfte hastig in die dunklen Jeans und das rote Baumwolltop. Unwillkürlich wanderte ihr Blick erneut zum Spiegel, verharrte in Höhe der Augen. „Unglaublich“, murmelte sie kopfschüttelnd. „Du bist bestimmt hungrig. Ich besorge was zu essen...kommst du klar?“, fragte Sky zögernd. Sie nickte leicht und griff bereits nach einer Bürste. Geistesabwesend fuhr sie durchs Haar. Die Verbindung zu Sky kam ihr ziemlich komisch vor. Eher wie eine Erinnerung als eine Tatsache. Auch dass sie sich an diesem Ort befand- ihre gemeinsame Wohnung mitten in New York- fühlte sich unecht an. Dann musste sie über sich selbst lachen. Sie hatte gerade eine Transition hinter sich und ihr Körper fühlte sich an wie Gummi. Solche Gedanken sollten sie also nicht wundern. Lielanja verließ die wohlige Wärme des Badezimmers und ließ sich auf die dunkelblaue Kunstledercouch fallen. Als sie zusammen hier eingezogen waren, waren sie noch ein Paar gewesen. Jung, frisch verliebt, Freigeister. Die Möbel waren bunt zusammengewürfelt, aber es wirkte trotzdem harmonisch. Drei Jahre war das nun schon her. Vor einem Jahr hatten sie sich getrennt. Seitdem waren sie beste Freunde. Aber immer wenn sie an Skys Augen in dem gebräunten, stets grinsenden Gesicht dachte, erweckte das noch ein kribbelndes Gefühl in ihrem Körper. Seine sanfte, warme Stimme hatte diesen rauhen Unterton, der ihr beizeiten Herzklopfen bescherte. Und sein Duft erst... Ein leises Seufzen kam über ihre Lippen. Ganz eindeutig war sie immer noch in ihn verliebt. Unterschwellig wusste sie das natürlich, aber sie war ziemlich erfolgreich im Verdrängen. Ob es ihr immer noch so leicht fallen würde? Immerhin trug sie doch jetzt sein Blut in sich. Gütige Jungfrau der Schrift. Sie umschlang die Knie mit ihren Armen, als ihr dieser Gedanke Gänsehaut aufsteigen ließ. So schlimm war es noch? Dabei dachte sie darüber hinweg zu sein. Sie musste sich einfach zusammenreißen. Er würde gleich zurück sein und es war nicht notwendig, dass er ihr Verlangen spürte. Kaum hatte sie zu Ende gedacht, öffnete sich die Tür schon wieder. Sie warf einen schnellen Blick zur Uhr. Zehn Minuten. Wie hatte er so schnell...? Achja, dematerialisieren. „Da bin ich wieder!“, verkündete er lauthals. Manchmal fragte sie sich, ob er ganz New York aufwecken wollte. „Hi“, grüßte sie ihn etwas grinsend. „Wow, du hast es aus dem Bad geschafft! Respekt!“ Sein Lachen war mitreißend, wie immer. „Was gibt's denn leckeres?“, fragte sie neugierig. Sky sah sie mit leichtem Schalk im Blick an: „Ich war beim Mexikaner. Ich dachte, du hast vielleicht Lust auf was Scharfes.“ Ob gewollt oder nicht, darin lag eindeutig etwas Zweideutiges. Sie spielte gern mit: „Immer doch.“ Sky lachte erneut auf und verteilte das Essen auf zwei Teller. Fast hypnotisiert verfolgte sie seine langen Finger, die flink und geschickt arbeiteten. Sie stellte sich das Gefühl seiner warmen, starken Hand auf ihrer Hand auf ihrer Haut vor und spürte ihren Wangen glühen. „Lielanja?“, aus der Ferne drang ihr seine Stimme ans Ohr. Seinem Tonfall zu urteilen, hatte er sie wohl schon öfter gerufen. Jetzt sah er sie mit gerunzelter Stirn an. „Sorry, ich war...in Gedanken“, murmelte sie verlegen. Autsch, war das peinlich! „Hab ich gemerkt“, meinte Sky mit einem spöttischen Grinsen und reichte ihr einen Teller. Schweigend aßen sie, jeder in seinen Gedanken versunken. Obwohl Lielanja wohl eher in ihrem Essen rumstocherte. Natürlich entging ihm das nicht. „Schmeckts dir nicht?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Doch, lecker...ich ha grad nur keinen Hunger oder so...“, gab sie entschuldigend zurück. Das machte seinen Blick noch skeptischer: „Keinen Hunger? Das ist doch nicht möglich!“ „Ich fahre ein bisschen durch die Gegend, dauert nicht allzu lange. Nur fahren“, entgegnete sie, wieder im entschuldigendem Tonfall. „Wenns dir dann besser geht“, zuckte er die Schultern. Sie hoffte es zumindest. Lielanja stellte ihre Portion in die Mikrowelle und nahm den Autoschlüssel vom Haken. „Pass auf dich auf“, rief er ihr nach, dann war die Tür zu. Irgendwie hatte sie ein mulmiges Gefühl als sie die Treppen runterging. Mehr als mulmig. Es war schon..Unwohlsein. Sie schüttelte die Beklemmung verärgert ab und stieg in den schwarzen Fiat Punto. Eigentlich hatte sie wirklich nur rumfahren vorgehabt, doch irgendwie reichte das nicht. Sie wollte den Kopf freikriegen, das Autofahren zwang sie aber mehr zum Nachdenken. Und auf Kerle mit kilometerweiten Alkfahnen hatte sie auch keine Lust. Nach kurzer Überlegung fuhr sie zum Kampftrainingscenter. Sie parkte das Auto abseits, man konnte nie wissen, wer vorbeikam. Fast ein halbes Jahr war sie nicht mehr da gewesen, seit sie den Job bei der Zeitung hatte, kam sie dazu einfach nicht mehr. War ihr Ausweis überhaupt noch gültig? Scheinbar ja, denn sie kam problemlos rein. Ihr Blick wanderte durch die vertrauten Hallen, zeitweise streifte er bekannte Gesichter. Hier fühlte sie sich sicher. Hier konnte sie Frust los werden, Ärger abbauen, ihren Gedanken freien Lauf lassen. Niemand fragte hier viel nach. Und zum ersten Mal nahm sie es nicht persönlich, sondern sah es als das, was es war: Diskretion. Sie war wirklich dankbar dafür. Es war demütigend genug, dass sie mit Lieeskummer zu kämpfen hatte, den es längst nicht mehr geben sollte. Dass sie damit nicht auf normalem Weg fertig wurde, machte es für sie nur noch schlimmer. Nach kurzem Zögern entschied sie sich für den Schießstand. Im Gegensatz u ihrem Körper, der sich immer noch wie Gummi anfühlte, traute sie ihren Augen mehr über den Weg. Seltsam,dachte sie,das ist keine neun Millimeter Glock. Sie musterte die Pistole in ihrer Hand und machte große Augen. Das war eine fünfundvierziger, Heckler&Koch. Selbstlader. Keine Waffe für einen öffentlichen Schießstand. Fassungslos starrte sie Hank ins Gesicht. Er grinste unschuldig zurück: „Du siehst aus, als müsstest du mächtig Dampf ablassen.“ Wie recht er hatte. Etwas unsicher erwiderte sie sein Grinsen und betrat eine der leeren Kammern. Die Ohrschoner verhinderten, dass einem das Trommelfell zeriss, so unbequem sie auch waren. Es gab gute Gründe für die Trennung vor einem Jahr. Erstens: Er hatte sie betrogen. Treffer in die Weichteile. Zweitens: Er hatte sie immer wieder verletzt, indem er mit anderen flirtete. Treffer ins Herz. Zwei Mal. Drittens: Er hatte ihr mit seinem unreifen Verhalten immer wieder Grund zur Scham geliefert. Treffer in den Kopf. Zwischen die Augen. Wütend starrte sie die unbewegliche Zielscheibe an. Es war zum Verrückt werden. „Hank, schalt mal auf Stufe zwei“, bat sie ihn ungeduldig. Er legte einen Schalter um und eine zweite Zielscheibe tauchte auf. Beide bewegten sich in mittlerem Tempo, sodass sie sich etwas konzentrieren musste. Sie hatten sich auseinander gelebt, die offizielle Begründung für die Trennung. Nachdem Schluss war, hatte sie wochenlang in ihrem Schlafzimmer vor sich hingelitten. Sie war so unausstehlich gewesen, dass er nicht in ihre Nähe kam. Und dann wurde er zu ihrem besten Freund. Sie sprachen über alles, verstanden sich besser denn je und nach einer Zeit hatte sie ihre Gefühle so gut verdrängt, dass sie sich selbst belügen konnte. „Stufe drei?“, unterbrach Hanks argwöhnische Stimme ihre Gedanken. Ihr wurde bewusst, dass die Zielscheiben so große Löcher auf Höhe des Herzens hatten, dass problemlos ein Kinderkopf durchgepasst hätte. Sie schluckte kurz, entsetzt über ihre zielstrebige Wut und nickte dann. Zwei weitere Zielscheiben tauchten auf, in der Größe eines Kindes. Traf man die, gab es Punkteabzug. Alle vier Zielscheiben schwenkten schneller als vorhin umher. Sie nahm ihren Gedankengang wieder auf. Sie hatte es also verdrängt. Und warum kam jetzt alles wieder hoch? Weil es eigentlich nicht real ist, erklärte eine Stimme sachlich. Lielanja hielt verwundert inne und sah sich um, doch außer ihr war niemand in der Kammer. Es dauerte noch eine Weile, bis sie merkte, dass es ihre eigene Stimme war. Naja, nicht ganz. Ihre Innere Stimme traf es wohl eher, aber das machte es noch verwirrender. Sie richtete ihren Blick wieder auf die Zielscheiben. Nicht real? Was sollte das denn bedeuten? Äußerlich versuchte sie gelassen zu wirken und zielte weiterhin. Doch innerlich hoffte sie ungeduldig, fast verzweifelt auf eine Antwort. Natürlich bekam sie keine. Es als Hirngespinst abzutun, schien ihr ein guter Entschluss zu sein. Still fragte sie sich, ob Sky sie während der Wandlung mit Morphium betäubt hatte. Das würde zumindest ihre seltsamen Gedanken erklären. Nachdem sie auch Stufe drei abgeschlossen hatte, nahm sie die Ohrschützer ab und verließ die Kammer. Hank erwartete sie schon mit beeindrucktem Grinsen: „Wow, mal wieder Höchstpunktzahl, obwohl du so lange nicht da warst. Gratuliere!“ „Danke“, murmelte sie tonlos und gab die Waffe zurück. Fluchend stieg sie ins Auto. Ihr kleiner Ausflug hatte rein gar nichts gebracht. Im Gegenteil, sie war verwirrter als zuvor! Sie machte das Autoradio an und legte den Kopf in den Nacken. Zwanghaft versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen. Sky starrte auf die schwarz lackierte Wohnungstür, als Lielanja verschwunden war. Die Verwirrung in ihrem Gesicht hatte er deutlich sehen können, doch was ihn noch mehr irritierte, war ihr Duft. Seit mehr als zehn Monaten hatte er diese Note nicht mehr wahrgenommen. Sie hatte den Duft des Verlangens verströmt. Verlangen nach ihm. Nachdenklich schob er sich eine Gabel des scharfen Essens in den Mund. Das musste Einbildung gewesen sein. Aber es hing immer noch in der Luft. Nach all der Zeit brachte ihn das aus dem Konzept. Für ihn war Lielanja immer etwas Besonderes gewesen, aber er hätte es nie in Erwägung gezogen, dass ihre Gefühle diese Richtung noch einmal einschlagen würden. Sky runzelte die Stirn. Ihm war vollauf bewusst, dass sie darüber nicht sprechen würde. Was er nur zu gut verstand. Idiot, der er war, hatte er ihr mehr als einmal wehgetan. Nicht körperlich- er würde niemals die Hand gegen sie erheben. Er wusste, dass die seelischen Schmerzen viel schlimmer waren. Ihr gequältes Gesicht verfolgte ihn in seinen Träumen. Beim Gedanken daran verzogen sich seine Lippen zu einem dünnen Strich. Und jetzt spielte er sich als ihr Beschützer auf. Miserabel noch dazu. Er hatte ihr sein Blut gegeben und versuchte, sich um sie zu kümmern. Hoffte er dadurch, seine Fehler wieder gut zu machen? Das würde ihm nicht gelingen, wenn er sie wie ein Kind behandelte, wurde ihm klar. Wahrscheinlich war sie davon sogar genervt, doch gutherzig wie sie war, sagte sie darüber nichts. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als würde er die plötzliche Müdigkeit wegwischen wollen. Es gelang ihm nicht. Eine Weile starrte er seinen Teller an, dann schob er ihn von sich. Mit einem Mal stieg Übelkeit in Sky auf und schnell erfasste er den Grund dafür. Der ekelhafte Geruch von Talkum war unmittelbar hinter ihm. „Klopf Klopf“, sagte eine monotone Stimme dicht an seinem Ohr. Sky fuhr herum und starrte direkt in zwei milchig weiße Augen. „Was willst du, Lesser?“, stieß er zwischen den Zähnen hervor. Der seelenlose Vampirjäger verschränkte lässig die Arme und musterte Sky herablassend: „Was soll ich wohl wollen, Vampir? Deinen Tod selbstverständlich!“ Der blonde Mann fuhr sich locker durchs schulterlange Haar, sich vollkommen bewusst, dass der Lesser ihn nicht aus den Augen ließ: „Und was würde dir das bringen? Ich gehöre nicht zu Glymera, nichteinmal zur Aristokratie! Niemanden wird es scheren!“ „Das ist vollkommen egal. Vampir ist Vampir!“, zischte der Lesser. Sein Blick war die reine Mordgier. Unauffällig schob Sky das Fleischmesser unter seinen Arm. Immer noch war er die Ruhe selbst: „Wie hast du mich gefunden?“ „Du bit nicht der, den ich suche“, gab der Lesser zu, „aber wenn du dich mir in den Weg stellst, ist du schneller tot als du Amen sagen kannst. Wenn du mir sagst, wo sich die Prinzessin befindent, überlege ich mir das mit dem Töten. Vielleicht.“ Ein gehässiges Grinsen lag auf seinem Gesicht. Sky starte ihn verständnislos an: „Prinzessin? Wovon laberst du da?“ Der Gesichtsausdruck des Lessers verfinsterte sich schlagartig noch mehr: „Verkauf mich nicht für blöd! Die Tochter des Vampirkönigs natürlich!“ „Wieso suchst du sie hier? Wäre es nicht klüger beim Anwesen des Königs zu suchen?“, meinte Sky spöttisch. „Weil ihre Spur hierher führt! Wo ist Lielanja Randall?“, die Stimme des Jägers klang wie ein Donnergrollen, doch es waren die Worte selbst, die Sky zusammenfahren ließen. Seine Lielanja, Tochter des Vampirkönigs? Unmöglich. „Du redest immer noch Mist. Wrath hat zwei Söhne, doch keine Tochter“, gab der Vampir zurück, doch sein Tonfall war unsicher. Es bestand die Möglichkeit, dass Lielanja zu ihrem Schutz dort weggebracht worden war. Sie wusste schließlich nicht, wer ihre Eltern waren, nur dass sie Vampire waren. Logisch. Sky schluckte kurz. Ob wahr oder nicht, er würde sie nicht in Gefahr bringen. „Ich kenne keine Lielanja“, sagte er so tonlos und unberührt wie möglich und hoffte, dass der Lesser ihn nicht durchschaute. „Du lügst!“, fauchte dieser und es geschahen drei Dinge gleichzeitig. Der Lesser packte Sky am Kragen, dieser setzte ihm das Messer an die Kehle und ein zweiter Lesser tauchte aus dem Nichts auf, der ihm den Lauf einer Pistole an die Schläfe drückte. „Na los, die Antwort!“, forderte der erste Lesser mit drohendem Unterton. Sky schwieg und ließ durchblicken, dass sich das auch nicht ändern würde. Eine Sekunde später spürte er einen dumpfen Schlag am Hinterkopf und ihm wurde schwarz vor Augen. Lielanja öffnete die Augen. Sie wusste nicht, wie lange sie schon im Auto saß und nachdachte. Ihr Blick wanderte zur Uhr. Erschrocken stellte sie fest, dass es vier Uhr Morgens war. Vor sieben Stunden war sie zu Hause weggefahren und hatte sich nicht gemeldet. Sie musste eingeschlafen sein, anders konnte sie sich den Zeitverlust nicht erklären. Sky war bestimmt schon krank vor Sorge und ein Hauch von Schuldgefühlen mischte sich in ihre Empfindungen. Und die Sonne würde auch in Kürze aufgehen. Ob sie sich dematerialisieren sollte? Entschieden schüttelte sie den Kopf. Der Motor des Wagens gab einen protestierenden Laut von sich, als Lielanja ihn anließ und sie fuhr aufgeschreckt zusammen. Anschließend seufzte sie genervt von sich selbst auf und fuhr los. Besser ging es ihr noch immer nicht, sie war auf keine Antwort gestoßen, die ihr passte. Vermutlich gab es die auch nicht. Damit musste sie wohl leben. Als sie die Treppen zum vierten Stock erreichte, beschlich sie wieder dieses mulmige Gefühl und sie merkte, dass es viel zu still war. Verdächtig still. Eine Gänsehaut kroch über ihre Arme und einen Moment lang hatte sie den Drang zu flüchten. Sie schimpfte sich paranoid und betrat die Wohnung: „Ich bin wieder da! Tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe und es so spät wurde, ich bin unterwegs...“ Ihre Stimme verebbte, als sie keine Antwort bekam. Das machte sie stutzig, denn Sky wartete normalerweise immer auf sie. Sie bog um die Ecke und betrat die Küche. Sofort schlug ihr der süßliche Talkumgeruch entgegen. Ihr Magen verkrampfte sich vor Übelkeit, ihre Sinne schlugen Alarmstufe Rot. „Sky?“, fragte sie in den Raum, doch dieser war so leer, wie er schien. . . . I know you wanna run away I know you wanna run away Run away I know you are wanted You know you are needed... Kapitel 2: Chapter 2- The way of Blood -------------------------------------- Als Sky wieder zu sich kam, steig ihm zuerst der Geruch nach Talkum in die Nase. Doch auch etwas anderes- es roch modrig und feucht. Er öffnete die Augen einen Spalt breit. Es war pechschwarz. Der harte, steinige Untergrund und die Umrisse der Mauern, bestätigten seinen Verdacht in einer Höhle festzusitzen. So lautlos wie möglich setzte er sich auf und stellte genervt fest, dass man ihn gefesselt hatte. Konzentriert lauschte er. Etwa hundertfünfzig Meter von ihm entfernt plätscherte ein Fluss. Das Murmeln der Lesser war ungefähr im selben Abstand, die Schritte hallten nicht besonders laut. Also keine allzu weitläufige Höhle. Bei genauerem Hinhören erkannte Sky, dass die Lesser diskutierten. „Du bewachst den Blutsauger und ich gehe wieder auf die Suche“, sagte der Erste bestimmend. „Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Ohne mich hättest du doch komplett versagt, also bleibst du schön hier und spielst Babysitter, L“, knurrte der Andere. „Wie wärs damit? Ihr bleibt beide hier und bereitet euch auf die Rückkehr zu Omega vor“, schlug Sky sauer vor. Die Lesser hielten einen Moment inne und schneller, als er sehen konnte, standen sie plötzlich am Eingang vor seinem Gefängnis. „Sieh mal einer an, Dornröschen ist also aufgewacht“, spottete der Lesser, den der andere L genannt hatte. Der zweite Lesser grinste hämisch: „Du willst uns zu Omega schicken? Du bist doch vollkommen hilflos, kleine miese Ratte.“ Ein Knurren drang aus Skys Brust, er kniff die Augen vor Wut zusammen. Beide Vampirjäger brachen in Gelächter aus und L schauderte gespielt: „Uhh, jetzt hab ich aber Angst!“ Sky fühlte sich gedemütigt. Nicht nur, dass er von seiner jetzigen Position aus wirklich nichts ausrichten konnte. Überflüssigerweise machten sich diese weissen Hampelmänner auch noch über ihn lustig. „Wieso habt ihr mich hergebracht?“, fragte er so schneidend wie möglich. „Wir halten uns gerne Haustiere“, antwortete L verächtlich und der zweite Lesser lachte erneut auf. Unbeeindruckt sah der Vampir die beiden an: „Aja...Träumer.“ Sofort erstarb das Gelächter. L's Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen: „Natürlich bist du hier, um uns zu sagen, wo die Prinzessin ist.“ Sky verschränkte die Arme vor der Brust: „Nein. Von mir erfahrt ihr rein gar nichts.“ Die Lesser wechselten nur einen kurzen Blick, dann zuckten sie die Schultern. „Werden wir ja sehen“, ließ sich der namenlose Kerl vernehmen und beide wandten sich zum Gehen. „Seid ihr eigentlich schwul?“, fragte der Vampir grinsend, „so wie ihr euch benehmt, würde das ja passen.“ L drehte isch zu ihm um, in seinem Gesicht die blanke Wut: „Wie war das?“ Sky zuckte lässig die Schultern: „ Ihr kriegt ja keinen mehr hoch, da muss man sich doch Abhilfe schaffen, oder?“ Wenn er schon festsitzen musste, dann wollte er wenigstens seinen Spaß haben. „Hör zu, du widerwertiger Blutsauger“, presste L hervor, „du brauchst dich gar nicht in Sicherheit zu wiegen. Wenn uns danach ist, bringen wir dich um.“ Mit einem Ruck andte sich der Lesser ab und verließ zügig die Höhle, der andere folgte ihm. Mit einem Seufzen lehnte sich Sky zurück. Er musste einenWeg hier raus finden, bevor die Lesser Lielanjas Aufenthaltsort aus ihm rausquetschen konnten. In ihrer Wohnung tigerte Lielanja unruhig auf und ab. Am liebsten hätte sie alle Fenster aufgerissen, um den widerlichen Geruch loszuwerden, doch zu ihrem Leidwesen knallte die Sonne unerbittlich vom Himmel. Da sie keinen Hinweis hatte finden können, war sie sich inzwischen sicher, dass die Lesser Sky mitgenommen hatten. Doch wozu? Sky war genau wie sie ein Waisenkind, niemand würde Lösegeld für ihn bezahlen, außer sie selbst vielleicht, wenn sie es denn aufbringen konnte. Wenn sie ihn umbringen wollten, hätten sie es an Ort und Stelle getan. Was auch immer der Grund war, eins stand fest: Sie musste ihn finden und befreien, so schnell es ging. Die Tageszeit dämpfte ihren Eifer jedoch. Die Suche würde noch warten müssen. Die Küche hatte sie seit der Erkenntnis gemieden, doch der Hunger war zu groß, um sich noch ignorieren zu lassen. Widerstrebend ging Lielanja zum Kühlschrank, sorgsam die Luft anhaltend. Eilig angelte sie Käse und Gurken heraus, im Vorbeigehen langte sie nach Brot und Messer. Während sie kaute, war sie in Gedanken verstrickt. Sein Blut floss in ihr, was hieß, sie würde ihn mit genügend Konzentration ausfindig machen können. Materialisieren kam für sie jedoch nicht in Frage. Sie war viel zu orientierungslos, zudem hatte sie es noch nie versucht. Vielleicht sollte sie sich Hilfe holen. Doch diesen Gedanken verwarf sie sogleich wieder. Es gab niemanden der ihr helfen konnte. Die Polizei? Wohl kaum, dieser Haufen eingebildeter Menschen war nicht in der Lage dazu, definitiv. Es gab noch die Bruderschaft der BLACK DAGGER, aber die hatten besseres zu tun. Außerdem hatte Lielanja keine Ahnung, wie sie diese kontaktieren sollte. Also bleibt mir keine andere Möglichkeit. Aber ich werde es auch allein schaffen!,sprach sie sich gut zu. Wie in Trance wanderte sie weiter ins Schlafzimmer. Mit einem gezielten Tritt schwang eine Diele des Bodens auf und darunter eröffnete sich Lielanjas Schatz. Eine lange, schmale Truhe aus Metall, die sich mit einem einzigen Schlüssel öffnen ließ. Dem Anhänger um den Hals der Vampirin. Als der Deckel hochgeklappt war, stahl sich ein zufriedenes Grinsen auf Lielanjas Gesicht, als sie die auf dunklen Eierkartonpolsterungen gebetteten Waffen begutachtete. Links eine Pistole- eine elegante Broken Butterfly, deren Schusskraft so einiges an Durchschlag bot. Bisher hatte sie die Waffe nie verwendet, aber sie fühlte sich einfach viel sicherer damit. Rechts ein etwas abgenutzter Dolch, der schon seit Jahren in ihrem Besitz war. Die junge Frau war nicht gewalttätig, aber sie wusste sich gern in Sicherheit und in der Lage zu wehren. Ganz zu schweigen davon, dass sie gern die Initiative ergriff. Wenn Sky von ihrem Waffenversteck gewusst hätte, hätte er wohl geglaubt, sie hätte den Verstand verloren. Womöglich war das auch gar nicht so abwegig. Geistesabwesend tauschte Lielanja Jeans und Baumwolltop gegen Trainingsanzug und eine dünne Jacke. Sie schnallte den Waffengurt um, den sie sorgfältig unter der Jacke verbarg und blickte in den Spiegel. Das Gesicht war vor Entschlossenheit verhärtet, die verschiedenfarbigen Augen leuchteten vor Kampfwille und Erwartung. Das wird gefährlich, warnte ihre Innere Stimme. Es geht um Sky, da gibt's keine Kompromisse. Ich werde es schaffen., gab sie zurück. Hier stand kein verhätscheltes Mädchen vor dem Spiegel. Sondern eine Kämpferin mit einem klaren Ziel vor Augen. Die Höhle war nicht breiter als drei Meter und kleiner als zwei Meter fünfzig, stellte Sky fest. Zumindest sein Gefängnis, das nach seiner Erkundung eher einer Blase zu gleichen schien. Dematerialisieren war nicht möglich, sowohl die Gitterstäbe als auch die Wand waren mit Stahl verstärkt. „Omega hatte wohl Mitleid mit seinen seelenlosen Schoßhündchen und ihnen einen Anteil von Gehirn geschenkt...“, murmelte der Vampir fast spöttisch. Er würde bestimmt nicht tatenlos rumsitzen und auf Rettung warten. Auch wenn ihm im Moment wohl doch nichts anderes übrig blieb. Grimmig ließ er sich wieder auf den Felsen sinken. Die Lesser wollten ihn zwingen, über Lielanja zu sprechen, doch gleichzeitig hatten sie auch gesehen, dass aus ihm nichts rauszubekommen war. Weshalb ließen sie ihn dann noch am Leben? Er war doch zwecklos. Um ihn als Haustier zu halten, wie dieser L gesagt hatte? Sky schnaubte widerstrebig. Den Gefallen würde er ihnen mit Sicherheit nicht tun. Sein Blick schweifte erneut durch die kleine Höhle. Die Erkenntnis traf ihn plötzlich wie ein Schlag. „Nein!“, stieß er zwischen den Zähnen hervor und sprang mit geballten Fäusten auf. Sein Körper bebte vor Zorn, sein Herz raste vor Entsetzen. Wenn er die Lesser nicht zu Lielanja führte, musste sie von selbst kommen. Und sein Blut in ihren Adern sorgte dafür. Deshalb wurde er am Leben gelassen. Ohne jeden Zweifel. Und sie würde ihn suchen, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Eine Zeit lang folgte ein Fluch dem nächsten, während er versuchte, seine wütende Verzweiflung in den Griff zu bekommen. Er musste einen Ausweg finden und zwar so schnell wie möglich. Erneut begann er damit, seine Kreise zu ziehen, mit jedem Schritt wurde er ungeduldiger. Obwohl er sich das Gehirn zermarterte, ihm wollte keine Lösung einfallen. Er gehörte nicht zum relativ kleinen Anteil an Gedankenlesern unter Vampiren, ebenso wenig wie Lielanja. Damit fiel Telepathie also schonmal weg. In diesem finsteren Loch hatte sein Handy keinen Empfang und Telefonzelle würde er hier definitiv keine finden. Sein Blick wanderte zu Boden. Er könnte sich einen Fluchtweg graben, aber mit bloßen Händen würde das ewig dauern. Seine Planungen wurden unterbrochen, als eine weisse Hand ein Tablett durch die schmalen Gitterstäbe schob. Sky schnaubte missbilligend. Er würde gewiss nichts essen, was von Lessern kam. Allerdings stellte er sich auch die Frage, wie lange er schon hier festsaß. Als ob das eine Rolle spielen würde. Die Schritte entfernten sich wieder und er verfiel wieder in seinen Rundgang. Das Tablett ignorierte er dabei geflissentlich. Bis es ihn auf eine Idee brachte. Auch auf die Gefahr hin, dass es noch schlimmer wurde, wenn es misslang, er musste es einfach versuchen. Lielanjas Fass an Geduld war eindeutig überfüllt. Immer wieder verweilte ihr Blick am Fenster, doch es war, als wollte Mutter Natur sie ärgern. Die Sonne ging einfach nicht unter. Jeder Muskel in ihrem Körper war angespannt. Tief in einer Ecke vergrub sich aber auch ein Funke Angst und Zweifel. Was, wenn ihre Mühe umsonst war und Sky trotzdem starb? Oder noch schlimmer: wegen ihr starb? Ich glaube, das wird passieren, ließ sich ihre Innere Stimme trocken vernehmen. Ein grausames Bild schob sich in Lielanjas Gedanken und ließ sie zittern. Ein Lesser und sie, dazwischen Sky, auf dessen Brust sich ein Blutfleck ausbreitete. Sie schüttelte die Bilder ab. Nein, das geschieht nicht. Das lasse ich nicht zu!, kämpfte sie entschieden gegen diese Bilder an. Mitten in der Bewegung verharrte sie. Anscheinend wurde sie langsam wirklich verrückt. Sie führte Selbstgespräche, diskutierte mit sich selbst! Nicht so verrückt, wie du denkst, widersprach ihre Stimme. „Da bin ich mir nicht so sicher“, entgegnete Lielanja laut. Wenn das vorbei war, würde sie einen sehr starken Drink brauchen. Endlich war es dunkel genug. Vor Erleichterung lachte sie kurz auf, was eher nach einem hysterischen Ausrutscher klang. Schnell saß sie im Wagen und nachdem ihre zitternden Hände es geschafft hatten, den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken, schloss sie die Augen und atmete durch. Jetzt war Konzentration gefragt. Das Rauschen des Blutes verwirrte sie zunächst etwas, doch bald erfühlte sie seine Richtung, in die es sie förmlich zog. Es war merkwürdig, als wurde man von einer unsichtbaren Hand geführt, stellte Lielanja fest. Das immer gleich klingende Rumoren des Moters erfüllte sie mit Ruhe. Die Straßen waren anfangs voll von Feierabendsverkehr, doch sobald Lielanja das Stadtinnere verließ, wurde es ruhiger, bis ihr nur noch vereinzelt Autos entgegen kamen. Nach knapp einer Stunde ließ ihr Orientierungssinn sie schon im Stich und sie hatte keine Ahnung, wo sie überhaupt war. So wirklich interessierte sie das auch nicht, die Zielstrebigkeit des Blutes sorgte schon für den richtigen Weg. Geistesabwesend nam sie wahr, dass sie an einem Schild mit der Aufschrift Caldwell vorbeifuhr und ohne zu wissen, wie ihr geschah, trat ihr Fuß mit voller Kraft auf die Bremse. Überrascht blinzelte Lielanja: „Was zum Henker...?“ Wieso handelte ihr Körper eigenmächtig? Sie verstand gar nichts mehr. Du warst hier schonmal, wurde ihr erläutert. „Davon wüsste ich“, murmelte die Vampirin, doch ihr Widerstand war irgendwie kraftlos. Unsicher fuhr sie wieder an, diesmal war es aber nicht das Blut, das sie lenkte. Sondern eher ihr Unterbewusstsein. Was bedeutete, dass sie nicht am richtigen Weg war. Dennoch fuhr sie weiter, denn etwas in ihr weigerte sich, einen anderen Pfad einzuschlagen. Mit knirschenden Zähnen gab sie sich geschlagen und trat aufs Gas. Ihre Fahrt endete am Tor eines riesigen Anwesens, dessen Anblick ihr einen gewaltigen Stich verpasste. „Und was soll ich jetzt hier?“, fragte sie in den Raum. Natürlich bekam sie diesmal keine Antwort. Auf ihre Innere Stimme war ja wirklich Verlass. Unsicher, was sie jetzt tun sollte, fuhr sie ein Stück in den Wald, wo sie den Wagen dann abstellte. Einige Minuten verweilte sie im Wageninneren und überlegte. Woher kannte sie diesen Ort? Und warum schmerzte es sie so, hier zu sein? Mit einem Seufzen stieg sie schließlich aus. Die Waldluft war kühl, es roch nach Regen, Moos und morschem Holz. Ihr war nicht kalt, trotzdem fröstelte sie und zog den Reißverschluss ihrer Jacke ganz nach oben. Sie bereute es, nicht zu rauchen. Es wäre eine gute Ausrede gewesen, noch zu warten. Vor wem will ich mich eigentlich rechtfertigen? Ich bin allein, dachte sie trotzig. Nicht ganz, ich bin auch noch da, meldete sich ihre Innere Stimme beleidigt zu Wort. Du bist Einbildung. Oder auch nur Ich. Du verwirrst mich. Früher warst du nicht da, wieso jetz? weil du dich erinnern musst. Ich bin du, da hast du recht. Aber ein anderes DU. Lielanja fluchte unterdrückt. Sie war definitiv nicht in der Stimmung für eine Identitätskrise oder eine Diskussion...mit sich selbst. Missmutig fuhr sie sich durchs Haar. Wie werde ich dich wieder los?, fragte sie fast feindselig. Wenn du alles wieder weißt, kam es ruhig zurück. Du könntest mir auch einfach sagen, was ich wissen muss, schlug Lielanja vor. Ihr Blick haftete am Anwesen, welches Teils von Bäumen verdeckt wurde. Das wäre doch viel zu einfach. Abgesehen davon...musst du es selbst herausfinden. Ich kann dir nur Hinweise geben, führte ihre Innere Stimme aus. Lielanja unterdrückte den Drang, sich selbst den Schädel einzuschlagen. Für sowas hatte sie jetzt wirklich keine Zeit. Skys Leben hing von ihren Entscheidungen ab. Obgleich die Zeit drängte, Lielanja hatte das Gefühl, dass sie hier sein musste. Mit langsamen Schritten näherte sie sich dem Haupttor. „Mann...hier ist ja alles total verkabelt“, stellte sie murmelnd fest. Entweder lebte hier jemand, der sehr paranoid war, oder diese Sicherheitsmaßnahmen waren wirklich nötig. Plötzlich leuchtete ein rotes Lämpchen links neben dem Tor auf und als sie das Geräusch eines herannahenden Autos wahrnahm, sprang sie erschrocken in die Büsche. Dort beobachtete sie schweigend den Wagen, der das Grundstück verließ. Ein schwarzer Mercedes mit getönten Fensterscheiben, mit einem sehr alten Chauffeur. Wer auf der Rückbank saß, konnte sie nicht sehen, dafür waren die Scheiben zu dunkel. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich die Vampirin, als sie dem Wagen nachblickte. Als es ein weiteres Mal blinkte, reagierte sie schnell und bevor das Tor sich schloss, schlüpfte sie hindurch. Das Grundstück, das sie zu sehen bekam, riss sie wahrlich vom Hocker. „Lebt hier sowas wie die Queen von England?“, fragte sie sich selbst und steckte die Hände in die Hosentaschen. Wenn hier alles verkabelt war, wussten die Bewohner jedenfalls schon, dass sie hier war, dessen war sie sich sicher. Und natürlich lag sie damit vollkommen richtig, denn einen Moment später erklang hinter ihr eine Stimme: „Wer zum Teufel bist du?“ Kapitel 3: Chapter 3- King and Queen ------------------------------------ „Wer bist du?“, hörte sie eine bedrohliche Stimme hinter sich, die sich eher nach einem Knurren anhörte. Ihr Körper versteifte sich und ihr Verstand rief ihr unablässig FLUCHT! FLUCHT! FLUCHT! zu, doch sie bewegte sich nicht. Sie registrierte einen großen, starken männlichen Körper und mit einem Seitenblick erkannte sie goldblondes Haar. Schließlich reagierte Lielanjas Körper doch noch mit Instinkt und wich zurück, bevor sie sich umdrehte. Im ersten Moment blieb der jungen Frau der Atem weg. Sofort wurde ihr klar, dass er ein Vampir war. Und ein verdammt gutaussehender noch dazu. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie ihn wohl für einen Filmstar gehalten oder ähnliches. Und seine blauen Augen leuchteten fast in der Dunkelheit. Aber irgendetwas an ihm wirkte bedrohlich- sehr bedrohlich. „Ich habe dich was gefragt“, erinnerte der Vampir sie und durchbohrte sie mit seinem Blick. Die Vampirin riss sich am Riemen und straffte sich, dann sah sie ihn selbstbewusst an: „Ich bin Lielanja LeMont. Dass ich hier bin, ist reiner Zufall.“ Ihre Stimme verlor sich und ihr wurde wieder klar, was sie zu tun hatte. „Niemand kommt hier rein zufällig vorbei. Kann auch niemand“, entgegnete der Vampir mit scharfem Blick. „Ich habe jetzt nicht grade die Zeit zu diskutieren, ich habe wichtigeres zu erledigen“, gab Lielanja nervös zurück. In Wirklichkeit bereute sie es, sich von ihrem Weg abgebracht haben zu lassen. Sie versuchte sich zu befreien, doch der Vampir hielt ihr Handgelenk fest umschlossen. „Ich weiß nicht, wie du hier reingekommen bist, aber ich kann dich jetzt nicht einfach so gehen lassen. Du kommst erstmal mit“, sagte er bestimmt und ohne, dass Lielanja noch etwas dagegen hätte tun können, schwang er sie über die Schulter wie eine Gummipuppe. „Lass mich runter!“, protestierte sie lautstark, doch der Schönling ignorierte sie vollkommen. Oh Mist, ich muss zu Sky!, wiederholte sie beinahe panisch ihre Mantra. Sie war so darin versunken, dass sie den Weg gar nicht richtig registrierte, den er mit ihr auf der Schulter zurücklegte. Es kam ihr vor wie eine kleine Weltreise, als der Vampir sie absetzte und an eine Tür klopfte. Unbehaglich sah sich die junge Vampirin um. Als die Tür sich öffnete, hielt Lielanja den Atem überrascht an. Ein großer Schreibtisch mit einem thronartigen Sessel stand in einem majestätisch eingerichteten Raum. Das war dabei gar nicht das beeindruckenste: Ein Vampir, noch wuchtiger und furchteinflößender als der, der Lielanja hierher gebracht hatte, stand hinter diesem Tisch. Seine langen schwarzen Haare und die Sonnenbrille, die jeglichen Einblick in seine Emotionen verbot, ließen ihr unwillkürlich einen Schauer über den Rücken laufen. Erst auf den zweiten Blick fiel Lielanja die zierliche Frau neben ihm auf. Ihr Gesicht strahlte Wärme, aber auch ein wenig Härte aus. „Wrath? Sie ist auf unserem Grundstück rumgelaufen“, fing der blonde Vampir an zu erklären. Wrath. Bei diesem Namen klingelte etwas in Lielanjas Gedächtnis. Der Vampirkönig. Und noch viel mehr, meldete sich ihre Innere Stimme zu Wort. Sowas hatte sie sich schon gedacht. Ihr Blick wanderte unauffällig erneut zu dem blonden Vampir. Er musste ein Krieger sein... „So, du bist also unser Eindringling“, entgegnete der König mit ruhiger Stimme. Durch die dunklen Gläser seiner Brille konnte sie seine Augen nicht erkennen, doch er schien sie zu fixieren. Wieder stieg Nervosität in ihr auf: „Ja, aber-“ „Es ist eigentlich unmöglich, auf unser Grundstück zu kommen.“ „Ja, aber-“ „Normalerweise töten wir jeden Eindringling.“ Ein eiskalter Schauer ließ Lielanja kurz erstarren, doch schnell hat sie sich wieder in der Gewalt. „Ja, aber-“ „Also, was machst du hier?“ „Wrath, lass sie doch mal ausreden“, meldete sich die Frau neben ihm bestimmt zu Wort. Der König zuckt ein wenig schuldbewusst zusammen: „Tut mir leid, Lielan.“ Aha, sie war also seine Shellan. Darauf hatte Lielanja auch fast getippt, aber mit Sicherheit konnte sie es eben nicht sagen. Sein Gesicht wandte sich wieder Lielanja zu: „Gut. Bitte sprich.“ Nervös kaute Lielanja auf ihrer Unterlippe rum und überlegte, wie sie sich am besten erklären sollte. Nachdem sie durchgeatmet hatte, fing sie an: „Dass ich hierhergekommen bin, war wirklich reiner Zufall. Ich war auf der Suche nach meinem Freund, als ich hier gelandet bin. Als das Tor aufging habe ich spontan gehandelt...wohl auch, weil mich hier etwas anzog.“ Die Frau runzelte die Stirn und der Blonde stieß ein überraschtes Geräusch aus: „Normalerweise liegt hier ein Mhis über dem Haus.“ „Keine Ahnung“, zuckte Lielanja die Schultern. Der König lehnte sich etwas nach vorne: „Was genau meinst du mit suchen? Ist er verschwunden?“ Wieder brach Lielanja fast in Panik aus: „Nein. Die Lesser haben ihn entführt.“ „Was? Aber es gab schon lange keine Reaktion mehr von den Lessern!“, zischte der blonde Krieger fassungslos. Ernst sah sie ihn an: „Ich lüge aber nicht.“ „Das hat auch niemand angenommen“, sagte die Frau sanft und trat nun hervor. Sie legte Wrath die Hand auf die Schulter: „Soll ich die Brüder zusammenrufen?“ Der König nickte kaum merklich: „Bitte. Ich werde noch ein paar Einzelheiten in Erfahrung bringen. Rhage, ruf bitte Phury an, wir brauchen ihn hier.“ Der blonde Vampir nickt und verschwindet aus dem Raum, ebenso die Frau. Die plötzliche Stille drückte Lielanjas Stimmung wie ein schwerer Bleimantel in den Magen. Wrath lehnte sich zurück und verschränkte die Finger ineinander: „Ich habe nicht vor, dir irgendetwas anzutun, also entspann dich ein bisschen, okay? Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn du so ängstlich guckst.“ Verlegen brachte Lielanja ihre Miene unter Kontrolle: „Verzeihung. Ich bin nur..es ist einfach so absurd, dass ich hier bin.“ Ein leichtes, schelmisches Lächeln legte sich auf Wraths Lippen: „Wohl wahr. Also, wie kommt es, dass ein Zivilist einfach so von einem Lesser entführt wird?“ „Ich habe keine Ahnung. Als ich heute Morgen in die Wohnung kam, war er weg...die Küche ein reines Schlachtfeld und der widerliche Gestank der Lesser lag in der Luft“, erklärte Lielanja und kniff die Augen zusammen. Wenn sie nicht gegangen wäre, wäre das alles nicht passiert. „Wie kommt es, dass du weißt, dass es Lesser waren?“ Die Frage brachte Lielanja etwas zum schwanken. „Nunja...da war dieser Gestank nach Talkum. Außerdem, wer sonst sollte einen Vampir überwältigen und entführen können?“, gab sie dann fragend zurück. Der Vampir nickte kaum merklich: „Da ist was dran. Wie heißt du?“ „Lielanja LeMont“, gab sie ohne zu zögern als Antwort. „Okay, Lielanja. Vielleicht war es nicht so schlecht, dass du dich hierher verirrt hast. Die Bruderschaft wird dir helfen, deinen Freund zu finden. Dafür brauche ich allerdings noch ein paar Einzelheiten“, betonte der König und griff nach dem Telefon. Als Lielanja das Büro des Königs schließlich verließ, kreisten ihre Gedanken ums Gespräch. Wrath hatte sie regelrecht ausgequetscht, doch dafür war die Chance gut, dass sie Sky fanden. Wie sie aus vollem Herzen hoffte, lebendig. „Na, hast du noch Stimme? Mein Hellren ist sehr gründlich“, meinte die Frau von vorhin, als sie auf Lielanja zukam. „Ach...schon gut. Ich bin erleichtert, dass man mir helfen kann“, entgegnete Lielanja lächelnd. „Verstehe. Oh, wie unhöflich von mir. Ich bin Beth“, stellte sich die Fremde freundlich lächelnd vor. „Sehr erfreut. Ich bin Lielanja.“ Beth nickte und blickte dann zur Treppe und als auch Lielanja die Schritte hört, folgt sie ihrem Blick. Und ihr Atem kommt stolpernd zum Stehen. Heilige Jungfrau der Schrift, zehn riesige beeindruckende Vampirkrieger, allesamt in Leder gekleidet und mit ernsten Mienen, betraten das Büro. Der erste hatte längeres schwarzes Haar, ein Tattoo, das sich über seine linke Gesichtshälfte zog und atemberaubende leuchtend blaue Augen. Ihm folgte Rhage, den sie bereits kannte. Für eine Sekunde ziehen sich dessen Mundwinkel ein wenig nach oben, doch dann sah er wieder ernst nach vorne. Hinter ihm kamen zwei sich ähnelnde Krieger, die jedoch unterschiedlicher nicht hätte sein können. Der linke hatte eine Haarmähne, die selbst Frauen vor Neid erblassen lassen würde. Dicke rote, blonde und braune Strähnen breiteten sich über seine breiten Schultern aus. Seine Augen waren zitringelb. Der rechte trug sein Haar kurz geschoren und sein Gesicht ließ Lielanja erschaudern. Eine Narbe zog sich quer über sein Gesicht, ging von der Stirn über die Nase und zurück zum Mund, was diesen zu einem ewigen höhnischen Grinsen verzog. Auch seine Augen waren zitringelb. Ihnen folgte ein ziemlich normal aussehender Typ, auch wenn er wohl der am stärksten trainierte zu sein schien. Das folgende Dreiergespann wirkte am jüngsten. Der ganz links hatte das Tattoo der roten Träne unter seinem Auge. Eindeutig war er der Beschützer einer der beiden Jungs neben sich. In der Mitte war ein schwarzhaariger Vampir zu sehen, dessen ganze Körperhaltung etwas angespannt wirkte, oder er war einfach in Gedanken, Lielanja vermochte es nicht zu wissen. Rechts stand ein eher ruhig anmutender Typ, der immer wieder zu dem links blickte. Das Schlusslicht bildete ein Typ mit richtig knallbunten Haaren- grün, blond, schwarz und lila standen die schulterlangen Haare von seinem Kopf ab. Hinzu kamen seine türkisfarbenen Augen, die einen zu durchbohren vermochten. Das sind also die Mitglieder der Bruderschaft, stellte Lielanja nüchtern, aber sehr beeindruckt fest. Die Tür zum Büro schloss sich, als alle drin waren und plötzlich war es totenstill. „Du bist bestimmt erschöpft, willst du dich etwas ausruhen?“, fragte Beth nach ein paar Sekunden. Lielanja sah sie schief an und schüttelte schließlich den Kopf: „Ich will startklar sein, wenn es so weit ist.“ „Ich glaube kaum, dass die Jungs dich mitgehen lassen“, entgegnete Beth mit hochgezogenen Augenbrauen und zog Lielanja mit sich. Entrüstet schnaubte Lielanja: „Ich glaube nicht, dass ich mich davon aufhalten lasse, ob sie wollen, dass ich mitgehe oder nicht. Ich muss mit, Sky ist mein Freund.“ „Liebes...Sie lassen keine wehrlose Zivilistin einfach so in einen Kampf gegen Lesser ziehen“, erwiderte Beth ruhig und sah sie von der Seite an. „Ich bin keine wehrlose Zivilistin. Als Sky verschwand, bin ich gerade vom Schießtraining nach Hause gekommen“, teilte Lielanja ihr zähneknirschend mit. Überrascht blinzelte Beth: „Nicht schlecht. Trotzdem ruhst du dich jetzt etwas aus. Die Jungs werden sowieso noch etwas brauchen, bis sie aufbruchsbereit sind.“ Widerwillig musste Lielanja klein bei geben, doch der Stress in den letzten Stunden hatte sie wirklich ausgelaugt. Beth brachte sie runter ins Wohnzimmer und rief nach einem Doggen. „Es ist gut für dich, dass du hier gelandet bist. Deine Chancen sind so viel größer, ihn lebendig wieder zu finden.“ „Ja...vielleicht hat es mich deshalb hierhergezogen“, erwiderte Lielanja und musterte Beth aufmerksam. Sie kam ihr irgendwie bekannt vor, aber sie wusste nicht, woher. Sie schloss die Augen und suchte nach ihrer kranken, inneren Stimme, doch diese meldete sich nicht zu Wort. Klar, wenn sie es wollte, gab es nichts. „Hm...“, machte Beth nur und dann ging auch schon die Tür auf. Ein fröhlich wirkendes altes Männlein betrat diensteifrig den Raum: „Was kann ich für euch tun, Herrin?“ „Bring unserem Gast doch bitte etwas zu essen“, sagte Beth freundlich zu dem Doggen. „Selbstverständlich.“ Und schon verzog er sich wieder. „Ich bin euch allen so dankbar, für eure Hilfe“, kam es leise von Lielanjas Lippen. „Wie könnten wir jemandem in Not nicht helfen?“, fragte Beth lächelnd und machte den Fernseher an. Sie wollte nicht, dass Lielanja sich unwohl fühlte. Eine Weile entstand Stille zwischen den beiden, die nur von den Geräuschen des Fernsehers gefüllt wurde. Als Fritz das nächste Mal die Tür öffnete, trug er ein voll beladenes Tablett in den Händen. Erst als ihr der Duft entgegenschlug, merkte Lielanja, wie hungrig sie war. „Bitte sehr, Herrin“, sagte er höflich und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. Die beiden Frauen bedankten sich und griffen zu. Als sie beide satt waren, schauten sie sich zusammen eine Show im Fernsehen an und die Stille, die jetzt zwischen ihnen herrschte, war nicht unangenehm. Lielanja kämpfte gegen ihre Müdigkeit an und lauschte angestrengt auf jegliche Bewegung, die sie zu hören vermochte. Gerade als sie fast eingeschlafen war, hörte sie das Poltern schwerer Stiefel auf der Treppe und schreckte wieder hoch: „Gehen sie?“ Wie zur Antwort streckte Wrath den Kopf ins Wohnzimmer: „Wir ziehen jetzt los, geliebte Shellan.“ Beth stand auf und ging zu ihm rüber: „Seid vorsichtig.“ In ihrem Tonfall lag nichts bittendes, sondern etwas sehr strenges- sie befahl ihm, aufzupassen. Wrath antwortete etwas auf der Alten Sprache, das Lielanja nicht verstehen konnte und nachdem die beiden sich verabschiedet hatten, machte Lielanja auf sich aufmerksam: „Ich möchte mitkommen.“ Überrascht blickte Wrath in ihre Richtung: „Wie bitte? Das ist viel zu gefährlich.“ Die junge Vampirin ließ sich nicht beirren. Fest blickte sie dem König in die Augen: „Das war keine Bitte. Ich werde mich wieder auf die Suche machen, ob mit eurer Hilfe oder allein.“ Einen Moment lang sagte niemand etwas, dann hörte man hinter Wrath ein Räuspern: „Soll sie doch mitkommen, wenn sie will, oder?“ Lielanja linste an Wrath vorbei und erkannte Rhage, der das gesagt hatte. Der Krieger mit den knallbunten Haaren mischte sich ein: „Sollen wir jetzt auch noch Babysitter spielen?“ „Sei still, Wahr. Hollywood hat recht. Sie kann uns womöglich auch zu ihm führen“, mit diesen Worten sah Wrath wieder Lielanja an. Diese nickte: „Ja, ich weiß wo er ist.“ „Dann ist ja alles klar.“ Gemeinsam traten die Vampire in die Nacht. Kapitel 4: Chapter 4- Bad Surprise ---------------------------------- Der Wagen war so gerappelt voll, dass Lielanja fast auf Rhages Schoß saß, obwohl es ein Kleinbus war, den V sicher durch die Straßen lenkte. Aber mit zehn so hünenhaften Vampiren konnte es schonmal eng werden. Inzwischen hatte sie die anderen ein wenig kennengelernt; Qhuinn, der mit den Piercings hing immer mit dem Rothaarigen, Blay und John, dem Stummen zusammen. Obwohl sie Qhuinn insgesamt sehr anziehend fand, war schnell klar gewesen, dass er und Blay zusammen gehörten. Der mit den vollen roten, braunen und blonden Strähnen, Phury war der Primal und der Zwilling von Zsadist, der mit der Narbe im Gesicht. Dann war da noch Rhage, der blonde Schönling mit den strahlend blauen Augen, den sie als erstes kennengelernt hatte. Zwischen ihm und Vishous, dem Kerl mit den diamantfarbenen Augen und der Tätowierung im Gesicht, und Butch, Ex-Cop und jetzt Mitglied der Bruderschaft, bestand eine enge Freundschaft, wenn sie auch den Eindruck hatte, dass zwischen V und Butch ein ganz besonderes Band geknüpft war. Der König selbst, mit seiner Panoramasonnenbrille, die er bisher nie abgenommen hatte und den langen schwarzen Haaren. Normalerweise wurde er von George, seinem Blindenhund begleitet, doch er hatte ihn bei Beth gelassen. Zu guter Letzt gab es noch Wahr. Seine regenbogenfarbenen Haare, sowie seine topazfarbenen Augen waren sehr auffällig. Definitiv war er der Jüngste, seine Wandlung konnte kaum ein Jahr zurückliegen. Während die Stimmen der anderen Brüder den Bass der Rapmusik übertönten, sagte er selten etwas. Und wenn er doch den Mund aufmachte, war es gereizt, sarkastisch oder uninteressiert. Die Vampirin lenkte ihren Blick aus dem Fenster. Eigentlich hätten sie sich auch dematerialisieren können, aber sie mussten davon ausgehen, dass Sky verletzt war, ob es ihr nun gefiel oder nicht. Und dann würden sie das Auto brauchen. Sie wurde immer nervöser, je intensiver sie die Nähe seines Blutes vernahm. Und es war so schwach. Sie betete zur Jungfrau der Schrift, dass er noch am Leben war, wenn sie ihn fanden. Im Labyrinth seines Gefängnisses krümmte Sky sich vor Schmerz stöhnend auf dem Boden. Diese gottverdammten Lesser waren plötzlich hinter ihm aufgetaucht und hatten ihn überwältigt. Mit stahlharten Baseballschlägern hatten sie ihn so lange bearbeitet, bis er Blut spuckend auf den Boden geknallt war. Und so wie es sich anfühlte, waren diese beschissenen Teile auch noch mit Spitzen bespickt gewesen. Aua. „Wir haben doch gesagt- du kommst hier nicht weg. Aber wer nicht hören will, muss fühlen, nicht wahr?“, grinste der Linke höhnisch. „Beschissene...Kalkfresse“, stieß Sky hervor, zuckte aber augenblicklich vor Schmerz zusammen. „Keine Angst, so lange wirst du nicht mehr leiden. Die Prinzessin ist bereits auf dem Weg hierher und weißt du was? Sie wird hier bleiben und dafür büßen, was ihr Vater uns angetan hat. Wir werden alle umbringen, die ihr etwas bedeuten, vor ihren Augen. Und dann töten wir sie vor deinen Augen. Na, ist das nicht romantisch?“, sagte der Zweite mit liebevollem Tonfall. Wahnsinn spiegelte sich in seinen stumpfen Augen. Ein Knurren stieg in Skys Kehle empor, er wollte diesem Lesser die Hände an den Hals legen und ihm so lange die Luft abschnüren, bis er erstickte. Doch als die Lesser ihn hochnahmen, hatte er keine Kraft um sich ansatzweise auch nur zu wehren. Achtlos wie ein Kartoffelsack wurde er auf den staubigen, steinigen Boden seiner Zelle geworfen und ihm blieb die Luft weg. „Oh, sieht so aus, als wäre Opfer Nummer eins gerade eingetroffen. Vorzüglich“, freute sich der Vampirjäger und streckte die Arme aus, um etwas an sich zu ziehen. Gleich darauf wurde eine Vampirin, wie Sky am Geruch erkannte, unsanft in die Zelle gestoßen. Sobald die Türen geschlossen waren, hob die Frau den Kopf und er blickte in eisblaue, fast weiße, aber sehr bekannte Augen. Oh ja und wie er sie kannte. Eine von Lielanjas ehemaligen Studienkolleginnen und besten Freundinnen, mit eigentlich unerschöpflichem Optimismus. Doch das war jetzt anders- ihr Gesicht wirkte um etwa hundert Jahre gealtert, der kämpferische Glanz in ihren Augen war verschwunden und der Wille zu Leben gebrochen...und sie war schwanger, unübersehbar. „Gütige Jungfrau...Mehrry!“ Unruhig rutschte Lielanja auf ihrem Platz herum, sie waren Sky so nah, dass sie das Summen in ihren Venen richtig spürte. „Da vorne irgendwo ist es“, teilte sie V mit. Dieser nickte und fuhr von der Straße ab, direkt in den Wald. Als ihm das Dickicht dicht genug erschien, blieb er stehen: „Es ist besser, der Wagen ist versteckt. Los geht's!“ Sie verließen das Auto und jemand hielt Lielanja eine Neunmillimeter hin. Sie blickte in Zsadists grimmiges Gesicht, als er sagte: „Die wirst du brauchen.“ „Danke“, sagte sie überrascht und nahm die Waffe entgegen. Obwohl sie damit fast wie ein Profi umgehen konnte, fühlte sich das Gewicht des kleinen Gegenstandes in ihrer Hand plötzlich an, als wöge es mehrere Tonnen. Das hier war keine Übung, sondern bitterer Ernst. „Am besten wir bilden Dreierteams. Qhuinn, du gehst mit John und Blay. Ihr übernehmt die Vorderseite. Rhage, V und Butch, euch gehört die Rückseite. Wahr, du wirst zusammen mit Lielanja und Z ins Gebäude reingehen. Phury und ich behalten den Wald im Auge“, teilte Wrath seine Leute in sachlichem Tonfall ein. Er hatte einfach alles unter Kontrolle, wie man es von einem König erwartete. Die Vampirin runzelte die Stirn. Alles was sich vor ihnen befand, war eine so morsche alte Hütte, dass man glauben konnte, ein Windstoß würde ausreichen um sie in sich zusammenfallen zu lassen. Irgendwie bezweifelte sie, dass die Lesser Sky hierhergebracht hatten. Nur, dass sein Blut sie nirgendwo anders hingeführt hatte. Sondern genau zu diesem Ort. Zum Weitergrübeln blieb ihr dann keine Zeit mehr. Zsadist stand direkt vor ihr, den Blick ungeduldig auf sie gerichtet. „Alles klar“, sagte sie zustimmend, ihre Zunge war schwer wie Blei. Zwischen den riesigen Körpern und den schweren Stiefeln von Wahr und Zsadist, kam sich Lielanja wie ein Kind vor. Und sicherer als je zuvor. Einer der Gründe, warum du bei ihnen gelandet bist, meldete sich ihre Innere Stimme zu Wort. Amen, Schwester, dachte Lielanja aus unerfindlichem Grund. Sie konzentrierte sich schließlich wieder auf ihre Mission. Das Dreiergespann näherte sich der Eingangstür, die nicht mehr als ein Brett war, welches grade noch so in den Angeln hing. Wahr blickte fragend zu ihr: „Und du bist dir sicher, dass es hier ist?“ Der spitze Unterton in seiner Stimme, ließ sie verärgert aufblicken: „Ja natürlich bin ich mir sicher.“ Wow, sie kannte ihn seit einer Stunde und war schon genervt von ihm. Das war neue Rekordzeit. „Jetzt ist wirklich nicht die Zeit, in kindische Streitereien auszubrechen“, erinnerte Zsadist die beiden und schlüpfte durch den Türrahmen, der kaum breit genug war, um den Vampir durchzulassen. Lielanja wusste, dass er recht hatte, warf Wahr aber trotzdem noch einen vernichtenden Blick zu, bevor sie Z folgte. Drinnen sah es genauso aus, wie es von außen hatte anmuten lassen. Finster, mit uralten Möbeln und vorallem- leer. Die Staubschicht die auf dem Boden entstanden war, ließ vermuten, dass hier schon seit Jahren niemand mehr gewesen war. Ein Gefühl der Enttäuschung überflutete Lielanja, sie ballte die Hände zu Fäusten und starrte auf den Boden. Das konnte doch nicht sein, dass sie sich so getäuscht hatte, oder? Sie konzentrierte ihre Sinne und atmete auf. Nein, sie hatte sich nicht geirrt. Bevor Wahr wieder meckern konnte, sah sie die beiden Männer an: „Er ist hier. Aber es muss einen versteckten Raum oder ähnliches geben.“ „Okay. Dann lasst uns mal weitersuchen“, drängte Z die beiden jüngeren Vampire weiter. Die nächsten Räume unterschieden sich nicht vom ersten, in fast jedem waren die Fenster zerbrochen, der Boden löste sich auf. Lielanja setzte sich etwas von den Brüdern ab und wanderte in den nächsten Raum weiter, als sie unerwartet ein Klopfen hörte. Verwirrt blickte sie sich um und lauschte angestrengt. „Ich hätte nicht gedacht, dass sie dich gefangen nehmen“, war Mehrrys Stimme schwach zu hören. Sie hatte die Beine angezogen und starrte an die gegenüberliegende Wand. Andersrum konnte Sky es nicht fassen, dass sie hier war. Und noch weniger, wie sehr sie sich verändert hatte. „Was ist passiert?“, fragte er mit einem schlechten Vorgefühl und hielt den blick auf sie gerichtet. Ein Schauer lief durch ihren Körper und ihre Finger verkrampften sich: „Viel zu viel.“ Sky hakte nicht nach sondern sah sie einfach nur weiter an. Manchmal erreichte man mit Schweigen mehr als mit allen Worten der Welt. Und tatsächlich, nach kurzer Zeit nahm Mehrry das Gespräch wieder auf: „Sie sind in unser Haus eingedrungen...ich habe keine Ahnung wie das passieren konnte, wir haben ein Sicherheitssystem, das dem der Bruderschaft Konkurrenz machen könnte...sie haben Murhder in ihre Gewalt gebracht und als ich ihre Spur endlich zurückverfolgen konnte und ihn befreien wollte...“ Ihre Stimme brach weg und sie kniff die Augen zusammen, atmete tief durch. Sky ahnte schreckliches und wollte sagen, dass sie nicht weitersprechen musste. Aber scheinbar musste sie weiterreden: „Ich stand diesen Lessern gegenüber, wollte sie angreifen und Murhder befreien. Sie haben ihm die Kehle durchgeschnitten.“ Ihre Gesichtsfarbe wechselte bei diesem Gedanken von blass zu bleich wie die Wand. Dem Vampir blieb der Atem im Hals stecken. Großer Gott, das hatte sie durchgemacht und jetzt war sie selbst in den Fängen der Untoten. Sie hatte seinen größten Respekt und für ihn war es noch ein Grund mehr, hier rauszukommen und die Lesser zur Strecke zu bringen. „Es tut mir so leid“, sagte Sky aufrichtig in Ermangelung etwas besserem. Mehrry nickte leicht und senkte ihren Blick wieder auf den Boden, wobei sie eine Hand auf ihrem Bauch liegen ließ. Langsam stand Sky auf und trat an die Tür: „Ihr verdammten Wichser! Verflucht nochmal, lasst wenigstens sie raus!“ „Ruhe da drinnen!“, ertönte es dumpf von draußen. „Sky...es bringt nichts“, murmelte Mehrry leise und lehnte ihren Kopf gegen die Felswand. „Du kommst hier raus, du wirst schon sehen“, entgegnete er entschlossen. „Was, wenn ich gar nicht rauswill?“ Die Stille die darauf folgte, war ohrenbetäubend in Skys Ohren. „Z? Kannst du mir mal kurz helfen den Boden durchzudrücken?“, fragte Lielanja, als sie sich sicher war, dass das Klopfen von dort kam. Verwirrung spiegelte sich in seiner Miene wider, aber er nickte und beugte sich zu ihr herab. Ihre Finger fuhren unter eine lose Diele und mit etwas Kraftaufwand ließ sich der halbe Boden der ehemaligen Küche hochheben. „Bingo! Das ist es“, gab Lielanja triumphierend zurück und erkannte eine Art Leiter, die in ein unterirdisches System führte. „Also ich weiß ja nicht, was ihr jetzt macht, aber ich gehe da runter“, fuhr sie fort und wartete gar nicht erst auf eine Antwort der beiden Krieger sondern fing mit dem Abstieg an. Z ließ seinen Blick nocheinmal sicherheitshalber durch den Raum schweifen, ehe er ihr folgte. Mit einigen Flüchen im Schlepptau kam Wahr ihnen hinterher. Der Gang, den sie durchquerten, war stockfinster und in regelmäßigen Abständen waren Waffen an den Wänden befestigt. „Ich weiß nicht wie ich das finden soll“, murmelte die Vampirin vor sich hin und war froh, nicht alleine zu sein. Die gleichmäßigen Schritte von Z und Wahr beruhigten sie ein wenig, während sie das Blut in ihren Ohren rauschen hörte. Ein grollendes Geräusch ließ die drei aufhorchen und als Stimmen zu ihnen wehten, pressten sie sich eng an die Wand, um nicht zufällig entdeckt zu werden. Lielanja schielte um die Ecke und sah, woher das Geräusch kam- ein als Fels getarnter Eingang verschob sich. Das musste der Eingang zu dem Ort sein, an dem sie Sky festhielten. Sie konnte seine Nähe ganz deutlich spüren. Als die Stimmen verklungen waren, musste sich die junge Frau zusammenreißen um nicht drauflos zu stürmen. Aber sie durfte kein Risiko eingehen. „Also, dieser Fels da vorne scheint der Eingang zu sein. Ich konnte aber leider nicht sehen, wie er aktiviert wird“, erklärte Lielanja flüsternd, blickte die beiden ernst an. „Wir werden es herausfinden“, versprach Z ebenso ernsthaft und auf leisen Sohlen schlichen sie weiter. Kapitel 5: Chapter 5- Too easy rescue? -------------------------------------- So, das nächste Kapi ist da :) Hatte eigtl vor, vieeel mehr zu schaffen jetz in meinem Urlaub, aber irgendwie fehlte die Kreativität. Und es is auch etwas kurz und ereignislos geworden, ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen ^^° Wie immer freue ich mich über eure Meinungen *~*~*~*~*~*~*~* I'd catch a grenade for you throw my hand on a blade for you I'd jump in front of a train for you you know I'd do everything for you I would go through all this pain take a bullet straight through my brain yes I would die for you baby... Grenade- Bruno Mars Im Schatten versteckt warteten Lielanja, Zsadist und Wahr darauf, dass wieder ein Lesser das Tor betätigte. Sie mussten herausfinden, wie es sich öffnen ließ. „Wir könnten uns auch materialisieren“, meinte Wahr in genervtem Tonfall. „Die Wände sind mit Stahl verstärkt, sonst hätte Sky sich schon längst befreit, Idiot“, entgegnete die Vampirin leise und griff nach ihrer Waffe, als sie Schritte vernahm. Im Augenwinkel sah sie, dass auch Zsadist und Wahr so reagierten. Keine Sekunde später kamen drei Lesser um die Ecke. Anstatt sie anzugreifen, verharrten die drei Vampire still, was alles andere als leicht war, wenn man bedachte, dass sie ihre Todfeine laufen ließen. Einer der Lesser hielt seinen Arm über eine kleine Einkerbung in der Wand, und Lielanja wurde klar, dass Tropfen schwarzen Lesserblutes hineintropften. Einen Moment später glitt die Tür zur Seite und gab den Blick auf einen langen dunklen Gang frei. „Wenn's nicht mehr ist, was wir brauchen....“, murmelte Wahr und zog einen schwarzen Dolch aus seinem Holster. „Lass das! Wir können keine Aufmerksamkeit gebrauchen!“, sagte Z in bestimmtem Tonfall. Ohne den Blick von seinem Ziel abzuwenden, entgegnete Wahr: „Aber was wir brauchen ist ja wohl eindeutig schwarzes Blut. Und ich glaube kaum, dass er freiwillig damit rausrückt.“ Er hatte zwar Recht, aber Lielanja hatte das Gefühl, dass er das nur als Vorwand benutzte. Der kalte Glanz in Wahrs Blick sagte so einiges- Wahr kämpfte nicht nur gegen die Lesser weil er ein Bruder war, es steckte etwas persönliches dahinter. „Na gut, aber nimm den letzten, dann kommen wir nicht ins Fadenkreuz“, gab Zsadist widerwillig nach. „Klar“, Wahr verzog sein Gesicht zu einem spöttischen Grinsen. Er bewegte sich gerade weit genug vorwärts, dass ihm der Felsen nicht im Weg war und ohne viel Zeit mit zielen zu verschwenden, schoss sein Dolch nach vorne. Lielanja befürchtete, dass das zischende Geräusch die Lesser aufmerksam machen würde, aber ihre Sorge war unbegründet. Der Dolch blieb im Hals des Untoten stecken und aus der Wunde gurgelte zähflüssiges, schwarzes Blut an die Oberfläche. Die Kalkfresse blickte verwirrt umher, versuchte den Attentäter ausfindig zu machen. Dann fing er an zu taumeln und sackte bewusstlos zu Boden. Wahr harrte noch ein paar Herzschläge aus, dann raste er förmlich los. Zsadist stieß einen gepressten Fluch aus, als wüsste er, was als nächstes folgte. Der regenbogenfarbene Schopf des Kriegers beugte sich über das bleiche Gesicht des Vampirjägers, seine Hand fing das Blut auf und mit einem flüchtigen unruhigen Blick auf Lielanja, stieß er den Dolch so heftig in die Brust des Lessers, dass die Klinge den Boden fast berührte. Der Vampirjäger wurde mit einem hellen Blitz zurück zu Omega geschickt. Lielanja war es ein Rätsel, warum Wahrs Blick ausgerechnet ihr gegolten hatte, bevor er den Lesser tötete, aber sie hatte auch keine Zeit es herauszufinden. Wahr ließ das Blut in die Einkerbung fallen und mit einem lauten Brummen glitt der Eingang abermals zur Seite. Der ekelhafte süße Gestank der Lesser vermischte sich mit Angst, Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit, was Lielanja die Kehle verschnürte. Und ihr Herz konnte sich nicht zwischen Stocken und Rasen entscheiden und wechselte sich ab- auch keine angenehme Lösung. Als sich eine Hand auf ihre Schulter legte, reagierte sie instinktiv: Sie zog die Neunmillimeter aus ihrem Holster, fuhr mit Schwung herum und ging gleichzeitig leicht in die Hocke um sich verteidigen zu können. Erst nach zwei Sekunden realiersierte sie, dass es Wahr war, der nun vor ihr stand. Seine Lippen waren zu einem frechen Grinsen verzogen, aber in seinem Blick war- überraschenderweise- Sorge zu lesen: „Nette Aktion, Lara Croft. Aber ich bin nicht der Feind und wollte nur wissen, ob alles okay ist. Du warst grade so abwesend.“ Sie blinzelte ein paar Mal, als hätte sie sich verhört, dann brachte sie ein stammelndes „alles okay“ hervor. „Gut“, nickte er und schob sich weiter. Lielanja warf einen irritierten Blick zu Z, der nur ratlos die schultern zuckte. Ein paar Meter weiter schlug Skys Blut in ihren Venen Kapriolen, sie mussten in unmittelbarer Nähe sein. Sie bedeutete Z und Wahr stehenzubleiben und konzentrierte ihre Sinne, was sich dann auch lohnte. Sky's tiefe Stimme erklang weiter hinten und Lielanja folgte dem Klang, bis sie vor einer Stahltür stand. „Endstation, Prinzesschen“, ertönte hinter der Vampirin eine lispelnde Stimme. Sie drehte sich um und blickte direkt in die weißen Augen eines Lessers. Langes Schweigen war das Einzige,was zwischen Sky und Mehrry herrschte. Ihre Aussage lag ihm sehr schwer im Magen. Er setzte zu einer Antwort an, als draußen plötzlich Tumult losbrach. Instinktiv sprang Sky auf und wollte sich schützend vor Mehrry stellen, als er davon überrascht wurde, dass sie selbst einen Dolch gezogen hatte und trotz Schwangerschaft, kampfbereit zur Tür blickte. Sky seufzte auf; hatte er nur mit Frauen zu tun, die sich nicht beschützen lassen wollten? Allerdings lenkte etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich- eine ihm sehr wohl bekannte Stimme. „Verdammt, was macht sie denn hier?“, fluchte er vor sich hin. Mehrry wirkte nicht minder überrascht: „Was macht Lielanja hier?“ Wie zur Antwort wurde die Tür aus den Angeln gerissen und ein Lesser hatte eine Flugstunde, die am anderen Ende des Raumes mit der Mauer endete. Zwei männliche Vampire, einer mit kahl rasiertem Kopf und einer mit bunten Haaren, standen je an einer Seite Lielanjas. Alle drei waren mit schwarzem Blut befleckt, aber auf Lielanjas Gesicht breitete sich nach dem Schock pure Erleichterung aus. „Sky...Mehrry!“, brachte sie gepresst hervor und merkte, wie sich auch Wahr und Z überrascht gestikulierten. „Mehrry, wir wussten gar nicht, dass du auch hier bist“, hörte sie Zsadist mit leiser und mitleidsvoller Stimme sagen. Etwas irritiert blickte Lielanja zu Z, sie hatte wohl etwas verpasst. Doch dafür war jetzt keine Zeit: „Wir müssen hier raus, es kann jederzeit ein Lesser hier aufkreuzen.“ Das war natürlich allen klar, aber Mehrry schüttelte den Kopf: „Lasst mich hier. Ich habe nichts mehr, wofür es sich lohnt, zurück zu gehen.“ „Das sehe ich anders“, entgegnete Sky und hob sie einfach hoch. Mehrry kniff wütend die Augen zusammen, aber sie brachte nicht die Kraft auf, sich zu wehren. „Gut, wir sprechen uns später noch, jetzt müssen wir hier raus“, meinte Lielanja nachdrücklich und schob Sky vor sich her. Z und Wahr gingen voraus, Lielanja bildete das Schlusslicht. Irgendwie kam ihr die Situation bekannt vor und sie hoffte auf ihre Innere Stimme, doch die meldete sich nicht. Egoistische Kuh, dachte Lielanja provozierend und konzentrierte sich auf die Umgebung. Obwohl die Vampire sich auf leisen Sohlen weiterbewegten, kamen Lielanja die Schritte laut wie Kanonenschläge vor, ihre Anspannung war einfach zu groß. „Nicht so schnell!“ „Oh...verdammt“, fluchte Lielanja und schob sich automatisch vor Sky und Mehrry, Zsadist tat es ihr gleich und Wahr blieb an Ort und Stelle. Ein Lesser, so weiß wie Schnee stellte sich ihnen in den Weg. „Lielanja, schaff Sky und Mehrry hier raus. Wahr und ich kümmern uns um den Kerl“, sagte Z ernst. „Nein, das wird sie nicht tun. Die beiden können gehen...wir wollen nur die Prinzessin“, mischte sich der Lesser ein. „Was zur Hölle wollt ihr von mir? Ihr verwechselt mich! Ich bin keine Prinzessin oder sonst irgendwas“, zischte Lielanja genervt. Überraschend schnell stand der Lesser vor ihr und drückte sie mit festem Griff an die Felswand: „Wir wollen dich leiden sehen und ganz langsam töten, um deinen Vater büßen zu lassen, was er der Gesellschaft angetan hat.“ „Lass die Pfoten von ihr“, ertönte ein Knurren und der Vampirjäger wurde weggerissen. Verblüfft starrte Lielanja Wahr an, dessen topazfarbene Augen eine Spur heller waren als gewohnt. „Los, verschwinde mit deinen Freunden“, das war keine Bitte sondern ein Befehl. „Hör mal, Hippiekopf, pass auf wie du mit ihr umspringst oder du hast ein Problem mit mir“, mischte sich Sky mit bedrohlichem Ton ein. „Hört auf zu streiten, es gibt wichtigeres als eure albernen Streitereien, wir müssen hier weg“, fuhr Z dazwischen und beide verstummten. Lielanja blickte zu Mehrry, die nur schweigend und bleich wie die Wand hinter Sky stand und in die Leere blickte. Ja, sie mussten hier weg. Obwohl sie viel lieber mit Z und Wahr die Lesser fertig gemacht hätte, sprang sie über ihren Willen: „Sky, pass auf wo du hintrittst. Ich werde versuchen, alles im Blick zu halten, aber ich habe nur zwei augen.“ Sie sah zu den Brüdern: „Seid bitte vorsichtig. Ich will nicht Schuld dran sein, wenn ihr draufgeht.“ „Unkraut vergeht nicht“, gab Wahr zurück und stieß seine Klinge in die Brust des Lessers. Lielanja nickte und bedeutete Sky ihr zu folgen. „Wieso hast du ihn zu Omega zurückgeschickt? Wir hätten Informationen aus ihm rausholen können“, fluchte Z und starrte auf den Fleck, der vom Lesser übrig geblieben war. „Weil er Mist erzählt hat“, gab Wahr nur zur Antwort. „Wer sagt das? Senry hat schon öfter gesagt, dass es scheint, als würde ihm etwas fehlen“, merkte Zsadist an, nicht ohne die Umgebung im Auge zu behalten. „Tut mir leid, aber Senry...ist ein Idiot“, war Wahrs Antwort und er schob sich weiter. „Wie sprichst du über den Sohn des Königs, Dummkopf?“ „Tut mir leid, aber das ist er wirklich. Die Intelligenz muss man bei ihm suchen und wir suchen jetzt besser nach weiteren Lessern“, lenkte Wahr ein und folgte Z aufmerksam. Es dauerte nicht lange, bis sie einen weiteren Durchgang ausfindig gemacht, der zwar teilweise verschüttet war, aber die beiden Krieger kämpften sich durch. „Warte mal“, hielt Zsadist den Jüngeren zurück und blieb selbst auch stehen. Ein Stimmgewirr drang aus dem Raum direkt vor ihnen. „Na wenn das kein Jackpot ist“, murmelte Wahr und zog seinen Dolch. Er wollte losstürmen, doch Z hielt ihn fest: „Verdammt nochmal, lauf nicht immer mit dem Kopf durch die Wand! Glaubst du wirklich, es ist gut wenn du reinstürmst und Stress machst? Lielanja und die anderen sind noch nicht draußen und es ist überhaupt Glück, dass sie noch nicht mitbekommen haben, was vor sich geht.“ „Was willst du stattdessen machen? Rumsitzen und Däumchen drehen?“, zischte Wahr ungeduldig. „So sieht es aus. Wir beiden Hübschen werden warten und lauschen. Erst wenn wir alle Informationen haben, die wir brauchen, stürmen wir vor“, erklärte Zsadist mit bedrohlicher Ruhe, die keinen Widerspruch zuließ. „Du bist echt nervig, weißt du das?“, murrte Wahr, ließ sich aber auf den Boden sinken und lehnte sich mit bereitgehaltenem Dolch gegen die Wand. „Ich nenne es vorausschauend, aber danke.“ Ohne weitere Zwischenfälle kamen Lielanja, Sky und Mehrry aus der Hütte raus, wo sie sofort von Qhuinn, Blay und John umringt wurden. „Mehrry?“, entwischte es Blay überrascht; er hatte nicht geahnt, dass auch sie hier war. Die Vampirin reagierte nicht wirklich drauf. Wir bringen sie zum Wagen, gestikulierte John und ging mit Qhuinn, Sky und Mehrry voraus. „Was ist passiert?“, fragte Blay an Lielanja gewandt. In kurzen Worten schilderte sie, was in der Höhle vorgefallen war, sagte aber auch, dass sie nicht wüsste, was mit Mehrry los war. „Wo sind Z und Wahr?“, erklang Rhages Stimme aus der Dunkelheit. „Sie sind noch drin...ich gehe zurück, Sky und Mehrry sind jetzt ja in Sicherheit“, entschied Lielanja. „Nein, du bleibst hier. Du fährst mit den Jungs und deinen Freunden nach Hause. Wir kümmern uns darum“, unterbrach der König sie bestimmt. Lielanja unterdrückte einen Fluch, dem König widersetzte man sich nicht einfach so. Ihr Blick fiel auf das blasse Gesicht von Mehrry. Vielleicht hatten sie recht, Mehrry brauchte eine Freundin. „Also gut“, gab sich die Vampirin geschlagen und schlüpfte zu den anderen auf den Rücksitz. Wrath gab noch ein paar Anweisungen an Qhuinn weiter, dann entfernte er sich vom Wagen. Seinen Rücken verschwinden zu sehen, löste in Lielanja ein merkwürdiges Gefühl aus, als würde sie direkt vor ihr etwas verborgenes sein und nur eine Glaswand würde sie davon trennen. Ziemlich verwundert über diese Empfindung schüttelte sie den Kopf und wandte sich Mehrry zu, als Qhuinn losfuhr. „Süße...was ist los?“, fragte sie sanft, vorsichtig. „Nichts...alles“, antwortete Mehrry und ihre Fassade bröckelte nun vollkommen. Sie brach in Tränen aus. Lielanja war wie vom Donner gerührt. So hatte sie ihre Freundin noch nie erlebt und der Verdacht auf den Grund dafür schnürte ihr die Kehle zu. Es konnte nur mit Murhder, Mehrrys Hellren zu tun haben. Schweigend zog sie die Vampirin in die Arme, anders wusste sie sich einfach nicht zu helfen. „Es macht den Eindruck, als wüsste die Prinzessin selbst nicht wer sie ist. Wir wissen noch nicht, ob das von Vorteil für uns ist oder nicht. Aber in Anbetracht dessen, dass auch die Blutsauger keine Ahnung davon haben, werden sie sie vielleicht nicht so gut beschützen.“ „Da kann nur die Jungfrau der Schrift dahinterstecken. Aber es ist wirklich nett von ihr, uns in die Hände zu spielen.“ „Es ist ein leichtes, somit in die Bruderschaft einzufallen. Moment mal, wieso machen wirs nicht so: Manipulieren wir doch die Kleine und lassen sie selbst ihre Familie umbringen?“ „Okay, das reicht. Ich habe genug gehört, das kannst du doch nicht zulassen, oder Z??“, herrschte Wahr ihn an. Zsadist runzelte die Stirn, Wahr hatte zwar ein explosives Wesen, aber er scherte sich eigentlich selten drum, wenns um andere ging. Im Grunde genommen nicht unbedingt ein Wunschkandidat für die Bruderschaft, aber seine Stärke war unabdingbar. Und er war selbst nicht sicher, ob er richtig verstanden hatte, was die Lesser da von sich gaben. Wenn Lielanja tatsächlich Wraths Tochter war, änderte das alles. „Na gut, lass uns das Kaffeekränzchen unterbrechen“, stimmte Zsadist zu und mit einem gewaltigen Knall brachen sie die Tür auf. Kapitel 6: Chapter 6 - What comes next? --------------------------------------- Heeeey Smile ENDLICH gibts ein neues Kapi von mir, sorry dass es so ewig gedauert hat ^.^° Meine Kreativität lässt FFmäßig zu wünschen übrig...naja, viel spaß ^^ --------------------- „Wir unterbrechen das Kaffeekränzchen ja nur ungern“, spottete Zsadist noch bevor die Lesser richtig realisierten, wer da vor ihnen stand. „Das gibt's doch nicht, Blutsauger. Was hat euch Psychopaten denn freigelassen?“, gab der wohl älteste Vampirjäger ebenso spöttisch zurück. Aus dem Augenwinkel nahm Z nur eine schnelle Bewegung wahr und ehe er ihn aufhalten konnte, drückte Wahr den Vampirjäger so hart an die Wand, dass diese bröckelte. Seine Augen blitzten vor Wut auf, die Luft vibrierte förmlich. Selbst Zsadist wich etwas zurück; Wahr war noch sehr jung, sehr ungestüm. Zusammen mit seinem hohen Aggressionspotential eine sehr explosive Mischung. „Wahr“, knurrte der Krieger warndend und am Rande nahm der Jüngere das auch wahr. Doch er hate kein Interesse an Vorschriften und der Lesser hatte seine ungeteilte Aufmerksamkeit. „Du kleine anatomische Missgeburt, was sollte der Scheiß mit der Tochter des Königs? Er hat nur zwei Söhne, also hör auf so einen Mist zu erzählen!“, furh Wahr den Vampirjäger zischend an. Die beiden anderen Lesser wollten eingreifen, doch ein Blick von Z reichte aus, um sie erstarren zu lassen. „Ihr...Idioten“, brachte der in die Enge getriebene Vampirjäger hervor, „ihr werdet von eurer ach so tollen Mutter hinters Licht geführt!“ Der Druck auf seinem Hals wurde stärker, eine Klinge gesellte sich dazu. „Was soll das heißen?“, setzte Wahr seine Befragung unbeirrt fort. „Dass ihr noch größere Vollidioten seid, als ich dachte“, spottete der Lesser, selbst im Angesicht seines sicheren Todes. „Muss ich noch deutlicher werden?“, knurrte der bunthaarige Krieger ungeduldig. „Du tötest mich sowieso, also sorry, wenn ich nicht grade vor Angst zittere“, kam es trocken vom Vampirjäger. Wahr unterdrückte einen Fluch. Dieser verdammte Wurm! „Sagen wir's so: Ich lasse dir die Wahl zwischen einem schnellen oder qualvollen Tod“, sagte Wahr kalt, sein ganzer Körper zitterte unter der Anspannung nicht auszurasten. Einmal mehr fragte sich Zsadist, wer Wahrs Vater war, diese Aggression war selbst für einen Krieger zu viel. Doch der Junge sprach niemals über seine Familie oder seine Vergangenheit. In dieser Hinsicht hatte er sich sogar Wrath widersetzt. Immer noch grinste der Lesser: „Sagen wir's mal so -ich würde keinem Schöpfer trauen, er das kollektive Gedächtnis ihrer gesamten Rasse verändert.“ Wahr hielt kurz inne, dann wirbelte sein schwarzer Dolch durch die Luft, ehe er die Brust des Vampirjägers durchbohrte. „Und ich werde nie einem wandelnden Müllsack Glauben schenken, Kalkfresse“, meinte er gelassen, während pures Vergnügen in seinen Augen aufblitzte. Die Brüder, Lielanja und Mehrry hatten das Anwesen der Bruderschaft erreicht und während die Krieger sich berieten, hatte Lielanja alle Hände voll damit zu tun, die schwangere Vampirin zu trösten und alle gefährlichen Gegenstände außer Reichweite zu bringen. In der zwanzigminütigen Fahrt hatte Mehrry extremste Gefühlsschwankungen gehabt, erst wollte ihr verzweifeltes Weinen nicht nachlassen, dann schrie sie hysterisch, ehe ie in einem rasenden Wutanfall die Rückbank des Wagens ausgeweidet hatte. Als zitternden, bleichen Schatten ihrer selbt, hatten sie sie ins Zimmer gebracht, wo sie versucht hatte, sich zu erschießen und die Pulsadern aufzuschneiden. Über die Grenze zum Wahnsinn war sie längst hinaus, aber im Moment saß sie reglos am Bett, starrte leer an die Wand. Was ansich auch nicht beruhigend war, denn selbst nach mehrmaligem Ansprechen reagierte Mehrry nicht. „Mehrry, komm schon. Du bist doch stark“, sprach Lielanja ihr zu, setzte sich neben sie aufs Bett und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Aber wer war schon stark genug, einen solchen Verlust zu überwinden? Keine Regung von Mehrry. Ihr Blick blieb weiterhin an die Wand geheftet, ihre Hand lag auf ihrem Bauch. „Süße, soll ich Scythe anrufen? Willst du, dass dein Bruder herkommt?“ Noch immer nichts. „Lass sie doch erstmal“, sprach Sky endlich, der das Ganze bisher schweigend verfolgt hatte. Schuldbewusst zuckte Lielanja zusammen, auf ihn hatte sie grade ganz vergessen. „Aber...“, fing sie an, hielt dann aber wieder den Mund. Sky hatte recht, was sollte sie schon groß tun? „Ist bei dir alles okay?“, wandte sie sich schließlich voll und ganz an ihn. „Ja, alles bestens. Die paar Kratzer können mir nichts anhaben, immerhin – hey, was ist los?“, unterbrach er sich überrascht, als Lielanja stürmisch die Arme um ihn schlang „Ich hatte Angst, dass ich dich verliere! Ich habe mich noch nie so hilflos gefühlt und so schuldig und...oh Sky“, brach es aus ihr hervor, sie konnte sich grade noch davon abhalten, loszuheulen. „Sht...das war doch nicht deine Schuld, Tahlly“, sprach Sky ruhig und strich über ihren Rücken. „Wäre ich nicht weggefahren, hätte ich die Lesser ablenken können oder sie wären gar nicht erst reingekommen“, widersprach sie ihm aufgelöst. „Was passieren muss, passiert sowieso“, entgegnete der Vampir leichthin, fand es aber grausam, als er zu Mehrry blickte. Für ihn war die Vorstellung Lielanja zu verlieren unaushaltbar und dabei war sie nichtmal seine Shellan, aber die wichtigste Person in seinem Leben war sie trotzdem. Um sie und vorallem sich selbst zu beruhigen, konzentrierte er sich darauf, über ihr langes dunkles Haar zu streichen. In diesem Moment traf ihn die Erkenntnis wie ein Donnerschlag. Sie war nicht nur die wichtigste Person für ihn – er liebte sie immer noch. Einen Fluch unterdrückend, ließ er sie langsam los: „Ich besorge uns was zu essen. Vielleicht schaffst du es ja doch, zu Mehrry durchzudringen.“ Etwas irritiert war Lielanja dann doh von seinem plötzlichen Sinneswandel, nickte aber und sah ihm hinterher, als er das Zimmer verließ. Erneut durchflutete sie die Erleichertung darüber, dass es Sky gut ging. Nach einem kurzen Durchatmen setzte sie sich wieder zu Mehrry aufs Bett und fing nochmal von vorne an. „Was hast du dir dabei gedacht? Verdammt, Wahr! Du musst lernen, dich zusammen zu reißen“, Zsadist Stimme war von Ärger durchzogen, als er den Jüngeren zurechtwies. Dieser schien sich darüber nicht weiter zu kümmern: „Komm mal wieder runter, ich habe nur meinen Job gemacht. Oder hättest du diese Wichser lebend davonkommen lassen? Nachdem sie Murhders Shellan entführt haben? Murhder hätte dich dafür kalt gemacht.“ Zsadist schwieg. Eigentlich hatte Wahr recht, allein wenn er daran dachte, wie es war, als Bella vor ewigen von Jahren entführt worden war. „Du hast recht. Es war nötig“, meinte er nach längerem Schweigen und stand vom Boden auf, nachdem er die Taschen der Vampirjäger durchsucht hatte. Ein zufriedenes Grinsen legte sich auf die Lippen von Wahr, dann ging er voraus zum Ausgang. „Glaubst du, was die Lesser erzählt haben?“, wollte Wahr von Zsadist wissen, das dumpfe Poltern der Stiefel hörte sich ohrenbetäubend an in der plötzlichen Stille. „Ich weiß es nicht. Normalerweise glaube ich meinen Feinden nicht. Aber andererseits, was hätten sie für einen Grund um zu lügen? Ich werde Wrath davon berichten und dann sehen wir weiter“, meinte Z, dann deutete er Wahr an, sich zum Anwesen zu dematerialiseren, bevor er selbst verschwand. Als Wahr von seinem Zimmer zum Trainingsraum wollte, vernahm er aus der Küche ein Rumpeln, das so ganz und gar untypisch für Doggen war. Ein bisschen besorgt öffnete er die Küchentür und zu seiner Überraschung erblickte er Lielanja, die herumhantierte. „Alles okay?“, fragte er und sie fuhr erschrocken herum. „Ach...du bist das“, klang sie wenig begeistert und ließ das Messer wieder los. „Hast du jemand anderen erwartet?“, wollte er wissen und lehnte sich gegen den Türrahmen. Lielanja schüttelte den Kopf und schnitt das Sandwich in der Mitte durch: „Ich hatte niemanden erwartet.“ Stille breitete sich aus, in der Lielanja sich den Kopf darüber zerbrach, warum sie in einer fremden Küche so sicher herumhantierte. Sie brauchte ein paar Sekunden, um Wahrs Blick auf sich zu spüren, dann sah sie fragend zu ihm: „Hab ich was im Gesicht?“ „Nein, nur...ach, nichts“, winkte er ab und stieß sich vom Türrahmen ab. „Kann ich dich was fragen?“ „Kommt drauf an“, meinte der bunthaarige Vampir misstrauisch und trat nahe an sie heran. Unwillkürlich trat Lielanja einen Schritt zurück, Wahr strahlte soviel Aggression und Zorn aus, dass ihr Fluchtinstinkt ungefragt einsetzte. Ihre Nerven standen wortwörtlich unter Strom. „Woher...kennt ihr alle Mehrry?“, fragte sie dann etwas anderes, als sie eigentlich hatte wissen wollen. Wahr schien von dieser Frage überrascht zu sein. „Sie ist mit Mary befreundet und Rhage ist ihr Bruder. Außerdem arbeitet Murhder mit uns“, antwortete er dann langsam. „Rhage ist Mehrrys Bruder? Das wusste ich gar nicht“, murmelte Lielanja verblüfft. „Das Leben ist nunmal voller Überraschungen. Nicht immer positiven, leider“ entgegnete Wahr. „Wohl wahr. Naja, ich geh mal wieder hoch. Mehrry hat Hunger“, demonstrativ hielt sie den Teller mit dem Sandwich hoch und ging an ihm vorbei. Als sie an der Tür ankam, wandte sie sich nochmal an ihn: „Danke. Für alles.“ Im Arbeitszimmer des Königs herrschte Schweigen. Nachdem Z seinen Bericht abgeliefert hatte, wagte keiner der Brüder irgendetwas zu sagen. „Wieso sollte die Jungfrau der Schrift uns anlügen?“, wandte Rhage irgendwann ein. Wrath schob die Sonnenbrille hoch und rieb sich über die Augen: „Himmelherrgott, was weiß ich denn? Die Jungfrau der Schrift handelt oft so, dass wir es nicht verstehen.“ „Und was willst du jetzt tun? Dich einfach beugen?“, hakte Vishous nach, die weißen Augen zu Schlitzen verengt. „Es gibt nichts, dem ich mich beugen muss. Aber ich will, dass sie hierbleibt, zumindest bis wir wissen, was wirklich Sache ist. Wenn die Lesser in der Annahme sind, dass sie ist, was sie denken, werden sie nicht Ruhe geben, bevor sie Lielanja nicht in ihrer Gewalt haben. Draußen ist sie nicht mehr sicher“, bestimmte Wrath und stand auf. „Ich bezweifle, dass sie jemand ist, der sich einsperren lässt“, warf Kalik ein und blickte zu seinem Vater. „Es wird auch keine Bitte sein, sondern ein Befehl. Also wird sie gar keine andere Wahl haben“, entgegnete Wrath grimmig, „die Versammlung ist beendet.“ „Warte noch kurz, Wrath. Bitte“, hielt Rhage ihn zurück. „Was ist denn noch, Hollywood?“ „Was ist mit Mehrry? Sie kann unmöglich zurück in ihre Wohnung, nicht in dem Zustand“, setzte sich der Blauäugige für seine Schwester ein. „Sie bleibt natürlich hier. Und wir werden Murhder finden, ich glaube nicht, dass er wirklich tot ist.“ Damit war das Gespräch beendet. Einigermaßen war es Lielanja gelungen, Mehrry dazu zu bewegen, wenigstens etwas zu essen und nachdem zumindest das halbe Sandwich weg war, hatte die Vampirin sich zusammengerollt aufs Bett gelegt und war in erschöpften Schlaf gefallen. „Ich glaube, du wirst mich so schnell nicht mehr los, Sky“, sagte Lielanja leise, „wenn das bedeutet, dass dir wieder etwas zustoßen könnte...würde ich das nicht ertragen.“ „Es ist nicht deine Aufgabe, auf mich aufzupassen, Süße. Und lieber werde ich entführt, als dass ich zulasse, dass dir etwas zustößt“, mit diesen Worten zog der Vampir Lielanja in seine Arme und drückte sie an sich. „Meine größte Angst war, dich nicht wiedersehen zu können“, murmelte er leise. „Sky...“ Kapitel 7: Chapter 7 - Good Vamp? Bad Vamp? ------------------------------------------- Die Stille, die im Anwesen herrschte, war beinahe unheimlich. Normalerweise herrschte immer reges Leben, es war schwer, einen Moment der Ruhe zu finden. Aber an diesem Tag, zwei Wochen nachdem Lielanja, Mehrry und Sky mehr oder weniger eingezogen waren, war außer den Doggen niemand im Haus. Die Männer waren alle unterwegs, ein Teil auf Lesserjagd, die anderen auf der Suche nach Murhder. Bisher war es erfolglos gelaufen, aber der König und Rhage wollten nicht aufgeben. Und Lielanja betete, dass sie ihn finden würden, lebendig und bevor es mit der Geburt so weit war. Die Braunhaarige hatte das Gefühl, dass Mehrry das ohne ihn nicht überstehen würde. Den Großteil der Nacht war Mehrry immer noch nicht ansprechbar, aber ab und an hatte sie helle Momente und glücklicherweise häuften sich diese. Die Frauen des Hauses waren alle im Refugium, um eine geheime Feier zu planen, Lielanja hatte nicht ganz mitbekommen, was der Grund dafür war. Jetzt saß die junge Vampirin in ihrem Zimmer und konnte ihre Gedanken nicht ordnen. Immer wieder kreisten diese um den einen Moment mit Sky. Zwischen ihnen hatte es so heftig gefunkt, wie schon ewig nicht mehr, bevor es aber zu einem Kuss kommen konnte, hatte der Vampir sich mit einer fadenscheinigen Ausrede umgedreht und den Raum verlassen. Seitdem war keine vernünftige Unterhaltung mehr zwischen den beiden zustande gekommen und sie gingen sich aus dem Weg. Zudem hatte Lielanja es sich zur Aufgabe gemacht, sich um Mehrry zu kümmern. Wodurch sie sich auch sehr gut mit Rhage verstand, jeder der nett zu seiner Schwester war, hatte Punkte bei ihm. Als es an der Tür klopfte, blickte die Vampirin überrascht auf. Sie erwartete niemanden... Sie zog ihren Morgenmantel an und ging zur Tür, öffnete diese einen Spalt und wurde gleich nochmal überrascht. „Wahr? Was machst du denn hier?“ Der Krieger stand schweigend im Gang, die Arme verschränkt und seine Miene war düster. Lielanja befürchtete das Schlimmste und sah ihn ungeduldig an: „Sprich doch!“ Doch er sagte noch immer nichts und die Vampirin trat auf ihn zu, hätte ihn am liebsten geschüttelt, beschränkte sich aber darauf, ihn mit durchbohrenden Blick zu bedenken. Diese plötzliche Nähe riss den bunthaarigen Vampir aus seiner Starre und er ließ seine Arme sinken: „Ehm...du warst nicht beim Ersten Mahl“, murmelte Wahr kaum verständlich. Lielanja blinzelte verdutzt: „Ich weiß, ich war bei Mehrry.“ Stille breitete sich aus, in der Wahr seinen Blick durch das vorübergehende Zimmer von Lielanja schweifen ließ. Es fiel gar nicht auf, dass hier jemand wohnte, es war ein unpersönlicher Raum. Luxuriös, klar. Gemütlich, auf jeden Fall. Aber wenn er ehrlich sein sollte, dann überraschte es Wahr, dass Lielanja eingewilligt hatte, hier im Anwesen zu bleiben. Vermutlich hatte sie das wegen Mehrry getan. „Willst du etwas?“, fragte Lielanja nach ein paar Minuten. Es war ihr unangenehm, dass er stillschweigend einfach nur dastand. Überhaupt fühlte sie sich nicht wohl in seiner Gegenwart, wusste aber nicht, woher das kam. „Ich dachte nur, vielleicht willst du mitkommen in die Küche? Du musst essen“, sagte er schließlich und sein topazfarbener Blick traf auf Lielanjas zweifarbigen. Im ersten Moment war die Vampirin verdutzt, damit hatte sie nicht gerechnet. Zuerst war sie drauf und dran, das zu verneinen, aber eigentlich hatte sie wirklich Hunger. „Ja...du hast recht. Ich komme mit“, lächelte sie leicht und wollte schon gehen, da hielt sie inne. Ihr war wieder eingefallen, dass sie ja nur einen Morgenmantel über ihren Schlafsachen trug. „Geh schonmal vor. Ich komme gleich nach“, versicherte Lielanja ihm verlegen und schob ihn nach draußen. „Ich geh ja schon. Und wenn du in fünf Minuten nicht unten bist, komme ich dich holen“, erwiderte Wahr ernst, aber seine Mundwinkel zuckten. Leicht grinsend machte Lielanja die Tür hinter sich zu und suchte dann nach passenden Klamotten. Immer noch wunderte sie sich darüber, aber wertete es als gute Möglichkeit, sich vielleicht mal richtig mit ihm zu unterhalten. Lielanja beeilte sich, schnell fertig zu werden, denn sie traute Wahr zu, dass er sie wirklich holen kommen würde. Als sie nach unten ging, blieb sie kurz bei Mehrrys Zimmertür stehen und lauschte. Alles war still, also schlief sie wohl. Zum Glück. „Lielanja?“, Skys Stimme erklang hinter ihr und das Herz sackte ihr in die Hose. Ihn wollte sie jetzt als letztes sehen. Trotzdem drehte sie sich um, was ihr gleich darauf wie ein Fehler vorkam. Der blonde Vampir hatte nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen und ein Haar war noch nass von der Dusche. Gegen ihren Willen raubte ihr der Anblick immer und immer wieder den Atem. „Was gibt's?“, fragte sie bemüht gelassen, obwohl das alles andere als einfach war. „Wir müssen reden...ernsthaft reden“, antwortete Sky ungewohnt ernst und Lielanja konnte ihm da nur zutimmen. Das mussten sie auf jeden Fall. Aber nicht in dem Zustand, wie er grade rumlief. „Können wir das auf später verschieben? Ich wollte eben was essen“, teilte sie ihm daher mit und bemühte sich, ihn nicht anzusehen. Sky runzelte die Stirn, es gefiel ihm nicht wirklich. Vorallem weil er gesehen hatte, dass Wahr ebenfalls in die Küche gegangen war und ihn mochte er absolut nicht. Er war gefährlich, gefährlicher als der Großteil der anderen Brüder. „Ich hole dir auch gern was“, bot er daher an und hoffte auf Zustimmung. „Danke, aber ich will auch mal was anderes sehen, als das obere Stockwerk. Wir reden später“, wiederholte Lielanja, lächelte kurz und ging dann die Treppen nach unten, ohne auf weitere Worte von Sky zu warten. Sie wusste, würde sie länger bei ihm bleiben, würde sie das weichwerden lassen. Das konnte sie grade nicht gebrauchen. Lielanja drückte die Tür zur Küche auf und knallte gegen Wahr, der diese eben verlassen wollte. „Aua, pass doch auf, du Schrank“, meinte Lielanja murrend und rieb sich die Nase. Der Kerl hatte Muskeln aus Stahl! „Tut mir leid, ich wollte nur sehen, wo du bleibst“, grinste er und brachte die Vampirin damit kurz aus dem Konzept. Hatte sie gerade Einbildungen? „Ich wurde aufgehalten“, nuschelte sie und quetschte sich an ihm vorbei. „Das riecht man“, war der trockene Kommentar, den Wahr daraufhin losließ. Lielanja verdrehte die Augen. Wieso verhielten sich Sky und Wahr wie Highschooljungs? Das war doch lächerlich. Sie zog die Kühlschranktür auf, als Wahr seine Hand auf ihren Unterarm legte und sie abhielt davon: „Ich habe für dich gleich mitgemacht...sollst ja nicht vom Fleisch fallen.“ Einmal mehr war die Vampirin von ihm überrascht. Und scheinbar war ihr das vom Gesicht abzulesen, denn Wahr schmunzelte einmal mehr: „Ich kann nicht nur ein Arschloch sein.“ „Sieht ganz so aus“, stimmte sie ihm zu, „danke.“ Wahr schob sie zum Tisch: „Setzen.“ Lielanja gehorchte, für Widerworte war sie zu verblüfft. Wahr schob ihr einen Teller mit zwei Sandwiches zu: „Alles wird aufgegessen.“ „Und wenn nicht?“, wollte Lielanja wissen und blickte zu ihm. „Das ist keine Option. Seit du hier bist, isst du zu wenig und ich schätze mal, du willst weiterhin kämpfen, also musst du fit bleiben.“ Lange sah Lielanja ihn an, dann schüttelte sie den Kopf: „Du bist ja wirklich wie zwei Seiten einer Medaille.“ Er lächelte nur unbestimmt und biss von seinem Sandwich ab. Lielanja versank in Gedanken. Sie verstand Wahr überhaupt nicht. Aber so unangenehm war ihr seine Gesellschaft gar nicht mehr, nachdem er gezeigt hatte, dass er auch eine nette Seite hatte. Aber sie war neugierig. Wer war er? Und wieso war er so...sie fand nicht das richtige Wort. Sein Charakter schien einfach sehr wechselhaft zu sein. „Ich habe mich noch gar nicht dafür bedankt, dass du mir geholfen hast. Auch, Sky und Mehrry rauszuholen. Und...du hast mir das Leben gerettet“, sprach sie irgendwann wieder und sah ihn ernst an. „Dafür musst du dich nicht bedanken“, erwiderte er, dann zögerte er kurz. „Wir haben etwas von den Lessern gehört...und ich wäre neugierig, ob da was dahinter ist.“ Fragend blickte die Braunhaarige in seine Richtung: „Was denn?“ „Sie haben behauptet, du wärst die Tochter des Königs.“ Die darauffolgende Stille war wie ein Kanonenschlag. Ungläubig starrte Lielanja den Krieger an und dann lachte sie. „Bist du verrückt? Meine Eltern leben in Neuguinea und leiten ein Casino. Keinerlei adeliges Blut in meinen Adern“, erklärte sie belustigt, doch irgendetwas in ihrem Inneren regte sich bei dem Gedanken. Zum ersten Mal seit zweieinhalb Wochen meldete sich ihre Innere Stimme zu Wort: Vielleicht hat er aber recht? Mal ehrlich, wann hast du deine 'Eltern' das letzte Mal gesehen, hm? Und wieso solltest du so scharf aufs Kämpfen sein, wenn du kein Kriegerblut in dir hast? Das waren Argumente. „Ich glaub das trotzdem nicht...“, murmelte sie zu sich selbst. „Lielanja, ich bin sicher, dass da was dran sein muss“, beharrte Wahr und beugte sich zu ihr, „Senry hat mehrmals geklagt, dass ihm etwas fehlt. Im ersten Stock ist am Ende des Ganges ein Zimmer, das verschlossen ist und niemand scheint zu wissen, was da drin ist. Und der Schlüssel ist nicht auffindbar. Deine Gesichtszüge ähneln denen von Beth, die Haarfarbe würde auch passen.“ Lielanja schüttelte den Kopf, etwas wie Verzweiflung wurde in ihr wach: „Das sind Zufälle! Zufälle, Zufälle!“ „Das bezweifle ich, denk doch mal logisch nach.“ Die Vampirin sprang auf und wollte den Raum verlassen. Sie hielt es nicht länger aus. Verwirrung war nur eins der Gefühle, die sich in ihr sammelten. „Nein, bitte. Geh nicht“, bat Wahr ruhig und löste einen Blick nicht von ihr. „Ich werde gehen, wann es mir passt!“, zischte Lielanja und riss die Tür auf. Ehe sie sich versah, hatte Wahr seinen Platz verlassen, ihre Handgelenke gepackt und drückte sie leicht gegen die Wand: „Du gehst jetzt nicht! Es geht um dein Leben, verdammt nochmal!“ Lielanja wurde wütend und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien: „Wer bist du, dass du glaubst, mir sagen zu können, was ich zu tun habe?“ „Ich-“ Mit einem Mal wurde der junge Vampir von ihr weggerissen und Skys blonder Haarschopf wurde sichtbar: „Fass sie nie, nie wieder an oder du kannst deine Einzelteile zusammen suchen!“ Ein Knurren kam aus Wahrs Kehle und man sah ihm an, dass er knapp davor war, Sky an den Kragen zu gehen. „Pfoten weg, Schwuchtel! Oder ich verpass dir eine, dass dir hören und sehen vergeht!“ Lielanja war verwirrt, aber sie wollte keine Schlägerei zwischen den beiden sehen, also ging sie dazwischen. „Reißt euch zusammen! Wahr, ich habe mich scheinbar doch in dir getäuscht. Fass mich nicht nochmal an, oder du hast ein Problem mit mir. Sky, ich kann auf mich selbst aufpassen.“ Mit diesen Worten stapfte sie aus dem Raum. Kapitel 8: Chapter 8- Think positive ------------------------------------ In dem Kapitel passiert leider nicht viel, aber es ist trotzdem wichtig, für den weiteren Verlauf, denke ich ^^ ------------ In ihrem Zimmer angekommen, ließ Lielanja sich aufs Bett fallen. Mein Gott, sowas kindisches hatte sie ewig nicht mehr erlebt. Wieso war Wahr so ausgeflippt? Was er gesagt hate, wollte der Vampirin nicht aus dem Kopf gehen. Sie, die Tochter des Königs? So ein Quatsch! Oder? Ihre Hände wanderten zu ihren Augen. Als Tochter des Königs hätten sie wohl kaum diese Farben. Das wäre schlecht für seinen Status gewesen. Seine eigentliche Blindheit war ein viel kleinerer Makel als verschiedenfarbige Augen. Kurz kam ihr in den Sinn, dass sie darum nicht bei ihnen gewesen war. Was allerdings Blödsinn war, so schätzte sie Wrath und Beth einfach nicht ein. Und niemand schien sie wiederzuerkennen, also war das Thema eigentlich ja erledigt. Das hieß jedoch nicht, dass Lielanja aufhören konnte, darüber nachzudenken. Sie verfluchte Wahr dafür, dass er damit angefangen hatte und fragte sich, ob er gelogen hatte. Nur, wie ein Lügner kam er ihr nicht vor und sie wüsste auch keinen Grund dafür, dass er sich das ausdenken sollte. „Die ganze Sache ist doch Mist!“, fluchte sie, ging zu ihrer Tasche und fing an, das Familienfoto zu suchen, da wurde sie durch ein sanftes, zögerliches Klopfen unterbrochen. Dafür, dass eigentlich kaum wer im Haus war, herrschte bei ihrem Zimmer zumindest ein reges Kommen und Gehen! Mit der Annahme, dass wohl Sky oder Wahr vor der Tür standen, öffnete sie diese: „Ich hab jetzt echt keine...Oh, Mehrry! Was gibt's?“ Die Vampirin war immer noch schrecklich blass, wirkte so zerbrechlich und erschöpft. Aber im Gegensatz zu den letzten Tagen, war Leben in ihren Blick zurückgekehrt. Neugierig auf den Grund dafür, trat Lielanja zur Seite und ließ ihre Freundin eintreten. Leichte Unsicherheit blitzte in Mehrrys blauen Augen auf: „Ich wollte dich nicht stören, aber ich weiß nicht, zu wem ich sonst gehen soll.“ „Du kannst immer zu mir kommen, das weißt du doch. Und nun erzähl mir, was los ist.“ Lielanja bugsierte Mehrry zum Bett und als beide Platz genommen hatten, atmete Mehrry erstmal durch, blickte Lielanja dann ernst an: „Zuerst...danke, dass du so für mich da bist. Ich muss zugeben, die letzten Wochen waren sehr schwer für mich, aber das ist keine Entschuldigung dafür, dass ich mich so gehen hab lassen. Es tut mir leid, dass ich so schwierig war.“ Lielanja schwieg, was sollte sie auch schon groß dazu sagen? Für sie war es zudem selbstverständlich gewesen, so zu handeln. Mehrry lächelte leicht: „Jedenfalls werde ich mich von nun an stark am Riemen reißen. Ich möchte mit den Brüdern nach Murhder suchen.“ „WAS?! Bist du von allen guten Geistern verlassen? Weißt du, wie gefährlich das ist?“, rief Lielanja mit untypischer Schärfe in der Stimme. Mehrry lachte leise: „Und das sagst ausgerechnet du mir? Natürlich weiß ich, dass es kein Spaziergang ist, aber ich war schon immer eine Kämpferin. Und ich bin fit.“ Fassungslos starrte Lielanja sie an. Mehrry musste wirklich den letzten Rest ihres Verstandes verloren haben! „Du bist schwanger, das ist alles, was du bist!“ Blaue Augen verengten sich zu Schlitzen: „Ich kann kämpfen.“ „Willst du dein Kind in Gefahr bringen?“ „Ohne Murhder ist es das sowieso, weil ich es so nicht durchstehe!“, zischte Mehrry wütend. „Oh, super. Und deshalb willst du losziehen um einen Toten zu suchen?“, fragte Lielanja mit vor Sarkasmus triefender Stimme. Als Mehrry zusammenzuckte, bereute sie es sofort: „Tut mir leid, ich wollte nicht-“ „Murhder ist aber am Leben.“ „Wie bitte, was?“, fragte Lielanja und dachte, sich verhört zu haben. „Er lebt. Ich habe es gespürt.“ Mehrry sah so entschlossen aus, dass Lielanja fast auch daran glaubte. „Aber du hast doch gesehen, wie er...wie er...“ Ihre Freundin schüttelte den Kopf: „Ich habe das Messer an seiner Kehle gesehen. Und Blut. Das war alles, denn gleich danach geriet ich außer Kontrolle. Ich hab...alles umgebracht, was in meine Nähe kam. Aber mehr weiß ich nicht mehr.“ Lielanja schauderte. Sie wusste von Mehrrys 'kleinem Rasereiproblem', doch normalerweise hatte sie sich im Griff und sie war froh, niemals live dabei gewesen zu sein. Mit sehr leiser Stimme fuhr Mehrry fort: „Ich hatte zuerst Angst, dass ich ihm etwas getan haben könnte. Aber da seine Nähe mich immer beruhigt hat, halte ich es für ausgeschlossen. Als mein Bewusstsein zurückkehrte, war ich bereits in dieser...Zelle. Ich nahm an, dass Murhder tot ist, da der letzte klare Blick, den ich hatte, eben das Messer an seiner Kehle war.“ Wieder hielt Mehrry inne und gab Lielanja so die Chance, das alles sacken zu lassen. Gütige Jungfrau im Schleier, ist heute Tag der Absurditäten?, fragte sie sich, hoffte aber inständig auf die Richtigkeit in Mehrrys Worten. „Und wieso denkst du, dass er lebt?“ „Ich konnte sein Blut deutlich spüren. Er muss schwer verletzt sein, sonst wäre er hierher gekommen. Aber er nimmt eben nicht gern Hilfe an.“ „Mehrry...ich hoffe, du hast recht, aber du musst in Betracht ziehen, dass du dich täuschen könntest“, meinte Lielanja vorsichtig und legte eine Hand auf Mehrrys Schulter. „Das weiß ich. Mir wäre es wie ein Wunder, wenn sich alles zum Guten wenden würde. Ich will Mirahcle und Ghift nicht erzählen müssen, dass ihr Vater tot ist. Zurzeit sind sie in Europa und wissen noch nichts...und das Baby...“ Beide verstummten. Lielanja verstand Mehrrys Wunsch, bei der Suche dabei sein zu wollen. Ihr war es bei Sky ja ähnlich ergangen, obwohl sie keine so enge Bindung hatten und er 'nur' ihr bester Freund war. Ich sollte aufhören, mir etwas vorzumachen. Ich liebe ihn..., sagte sie sich selbst. Ganz sicher? Lielanja ignorierte ihre Innere Stimme und kehrte zurück zum Thema. „Ich verstehe dich, Mehrry. Wirklich. Aber lass das doch lieber die Jungs machen, hm?“ „Haben sie Murhders Blut in sich oder ich? Es geht gar nicht anders.“ Lielanja seufzte, dann aber grinste sie: „Du bist echt ein Sturkopf.“ „Ich weiß. Aber manchmal muss ich das sein und mit dem Kopf durch die Wand. Andernfalls wären Murhder und ich jetzt nicht da, wo wir sind“, entgegnete Mehrry lächelnd und strich über ihren Bauch. Dann gähnte sie leicht und rappelte sich auf: „Uff..ich habe das Gefühl, eine Tonne zu wiegen. Das Baby ist glaub ich größer, als die Zwillinge es waren.“ „Es will auch nicht, dass du dich in unnötige Gefahren begibst“, grinste Lielanja und sprang auf, um Mehrry auf die Beine zu helfen. „Damit muss es leben und ich mache mir da mehr Sorgen um Murhders Reaktion. Er übertreibt gerne“, verzog sie leicht das Gesicht, aber eigentlich hatte sie sich daran schon längst gewöhnt und konnte sogar erstaunlich gut damit umgehen. „So sind gebundene Vampire nunmal. Soll ich dich ins Zimmer bringen?“, bot Lielanja an, doch Mehrry schüttelte dankend den Kopf. „Ich geh mir noch ein bisschen die Beine vertreten, bevor ich mit Rhage sprechen werde. Aber lieben Dank“, lächelte sie nocheinmal und verließ dann Lielanjas Zimmer. Nachdenklich blickte die Dunkelhaarige ihr hinterher. Es tat gut zu sehen, dass Mehrry ihre Zuversicht wieder hatte und Lielanja hoffte, dass sie nicht enttäuscht werden würde. Irgendwie fühlte sie sich nun ein bisschen verlassen, aber rausgehen wollte sie auch nicht, da sie sich sicher war, dass sie Sky oder Wahr somit in die Arme laufen würde. Ohnehin würde in weniger als einer Stunde die Sonne aufgehen. Also setzte sie sich aufs Bett und ging noch einmal das Gespräch mit Wahr durch. Sie konnte seine Reaktion nicht verstehen und sein Blick, als er darauf beharrt hatte, darüber nachzudenken ob nicht doch etwas Wahres dran lag hatte sie regelrecht festgenagelt. Gott, seine Augen. Sie hatten etwas hypnotisierendes an sich, fand Lielanja. Ob das an der außergewöhnlichen Farbe lag? Fest stand, dass sie nicht schlau aus ihm wurde. Von unten waren Stimmen zu hören, was hieß, dass die Brüder zurück waren, also sprang Lielanja auf und ging zu den Treppen. Sie war neugierig, was sich heute auf den Straßen abgespielt hatte. Butch und Vishous kamen als erste in Sicht, V stützte seinen Kumpel und Lielanja konnte sich ihren Reim darauf machen. Mit Rhage und Zsadist schien alles okay zu sein, Qhuinn und John waren in eine stumme Diskussion vertieft, so wie es aussah. Wenige Minuten später trudelte der Rest ein – Phury, Blay, Tohrment und zwei der jüngeren Krieger aus der Trainingsklasse, hatten diese Nacht nach Murhder gesucht, so wie es aussah, erfolglos. Neben ihr ging eine Tür auf und Mehrry trat heraus. Mit einem Lächeln winkte sie Lielanja kurz zu und blickte dann nach unten. „Kein guter Zeitpunkt grade“, formte sie mit den Lippen und setzte sich auf die Treppe. Da musste Lielanja ihr zustimmen. „Lielanja? Können wir jetzt reden? Bevor du mir wieder wegläufst?“, fragte Sky grimmig und Lielanja blickte zu ihm auf. Er drückte sich ein Handtuch auf die Nase und sie erkannte Blut. „Habt ihr euch etwa geprügelt?“, fragte sie fassungslos nach. „Unter anderem. Können wir?“ „Na schön“, seufzte sie und wandte sich von den Brüdern ab. Dann folgte sie Sky in sein Zimmer, zum einen verärgert, weil er sich so unreif verhalten hatte. Zum anderen nervös... Kapitel 9: Chapter 9- Who said, changes are good? ------------------------------------------------- Lielanja folgte Sky in sein Zimmer, wobei sie seinen Hinterkopf anstarrte. Sie wusste, es war dringend nötig, dass sie redeten, aber eigentlich graute es ihr auch davor. Im Moment waren da einfach so viele Dinge, über die sie sich Gedanken machte. „Setz dich hin, du machst mich irre mit deinem Rumgetigere“, meinte Sky und schien vollkommen gefasst zu sein. Lielanja warf ihm einen grimmigen Blick zu, ließ sich aber aufs Bett sinken. „Was war da los mit Wahr und dir?“, wollte sie wissen und sah Sky durchdringend an. „Er ist einfach ein Idiot. Halte dich von ihm fern. Dieser Typ ist echt gefährlich. Ich wette, der tötet jeden ohne mit der Wimper zu zucken.“ Die Vampirin starrte ihren besten Freund fassungslos an: „Du übertreibst! Er ist ein Krieger, anders als du. Deshalb kommt es dir schlimmer vor, als es eigentlich ist.“ Immerhin war Wahr zu ihr sehr nett gewesen, bis auf die Sache vorhin. „Wieso verteidigst du ihn?“ „Wieso verurteilst du ihn? Ohne ihn wärst du jetzt gar nicht hier. Sein Beitrag zu deiner Rettung war nicht unwesentlich“, antwortete Lielanja ruhig. Sky ballte die Hände zu Fäusten. Wie konnte sie so von ihm sprechen nach der Szene in der Küche? „Und das war keine Antwort“, fügte Lielanja argwöhnisch hinzu. „Ich hab ihn geschlagen, weil er arschig zu dir war und er hat sich halt gerächt“, murmelte Sky und wich ihrem Blick aus. Lielanjas Herz schlug Purzelbäume, doch der Trotz sprach aus ihr: „Ich kann auf mich aufpassen.“ „Du hattest Angst, das konnte ich riechen“, erwiderte er mit selbstgefälligem Grinsen. Sie presste die Lippen ertappt zusammen. Tatsächlich hatte Wahr ihr Angst eingejagt. Aber nicht durch seine Nähe, wie Sky annahm, sondern durch das was er gesagt hatte. Sky beugte sich vor und strich ihr eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr: „Ich will dich doch nur beschützen.“ Diese kleine Berührung reichte aus, um ihren ganzen Körper kribbeln zu lassen und es fiel ihr sichtlich schwer, sich zu konzentrieren. In letzter Zeit reagierte sie sehr stark auf seine Nähe – seit ihr klar geworden war, dass ihre Gefühle für ihn immer noch so tief waren. „Du musst mich nicht beschützen. Ich bin mehr Krieger als du“, entgegnete sie leise und senkte den Blick auf ihre Finger, die so fest ineinander verschlungen waren, dass es wehtat. „Mag sein, aber du bist auch viel netter als ich“, grinste er leicht, dann griff er nach ihren Händen, „das ist kein Grund, dir die Finger zu brechen.“ Wie durch einen elektrischen Schlag kribbelten Lielanjas Finger. Und als Sky ihre Hände wieder freigab, lag Protest auf ihren Lippen. „Bist du fertig mit deiner Befragung? Darf ich jetzt sprechen?“, hakte Sky nach, aber das Grinsen lag noch immer auf seinen Lippen. Lielanja nickte stumm und wartete. „Schön. Zuerst einmal sollte ich dir danken. Obwohl ich gar nicht begeistert davon bin, dass du dich wegen mir in Gefahr begeben hast, aber ohne dich wäre ich nicht hier.“ Die Vampirin verzog das Gesicht: „Das war doch klar. Du bist mir wichtig, wie soll ich dich da nicht rausholen wollen?“ Sky ließ das unkommentiert und fuhr fort: „Ich schätze mal, du weißt bereits, was die Kalkfressen über dich sagen? Du sollst wissen, dass mir das scheißegal ist, ob sie recht haben oder nicht. Für mich wirst du immer Lielanja LeMont bleiben. Meine Lielanja.“ Lielanja musste schlucken. Der warme Blick, mit dem er sie bei diesen Worten bedachte, löste in ihr den seltsamen Drang aus, zu weinen. Sky ging es nicht anders. Vor sich sah er die Frau, die er wohl immer lieben würde. Immer. Dass er sich nicht an sie gebunden hatte, spielte für ihn keine Rolle. Ohne sie konnte er nicht leben. Punkt. „Wenn es stimmt...was soll ich denn dann tun? Nichts würde so bleiben, wie es ist. Auch wenn du jetzt sagst, dir ist es egal, aber ich würde dich verlieren. Und das könnte ich nicht ertragen“, nuschelte sie und ohne nachzudenken, legte sie die Arme um ihn. Sein wunderbarer Duft nach Zedernholz und dunklen Gewürzen ließen sie sofort wieder dahinschmelzen. Sie hatte die Nähe zu ihm so vermisst. „Nein, das würdest du nicht. Niemals. Wie soll das gehen, wenn ich ohne dich nicht leben kann?“, fragte Sky sanft und strich durch ihre Haare. „Du hast gesehen, wohin uns das geführt hat. Es hat uns kaputt gemacht“, murmelte Lielanja mit schwachem Protest. Aber eigentlich wollte sie sich nicht dagegen wehren. Es war seine Nähe, die sie wollte. Körperlich und emotional. „Ich weiß, die Schuld liegt bei mir“, sagte Sky bitter, „aber ich habe mich geändert. Ich bin nicht mehr der unreife Bengel von früher. Und du kannst mir nicht erzählen, dass du nichts mehr für mich empfindest. Gib uns noch eine Chance, Lielanja.“ Schweigend hörte sie ihm zu. Verdammt, er hatte sowas von recht. „Sky...es tut mir leid, aber es geht nicht. Jetzt zumindest nicht. Ich muss zuerst herausfinden, wer ich bin. Bitte verzeih“, sagte sie leise und niedergeschlagen. Für Sky war das wie ein Schlag ins Gesicht. Er war so sicher gewesen, dass sie das sehen würde wie er. „Aber das kannst du doch auch mit mir“, flüsterte er ohne groß Hoffnung zu haben. „Ja, als Freunde. Ich will nicht, dass der Rest unserer Beziehung auch noch kaputt geht. Darum...lass uns bitte erstmal Freunde bleiben“, war Lielanjas Antwort. Sie hätte nicht gedacht, dass es ihr so schwer fallen würde, aber tatsächlich fühlte es sich an, als würde ein Teil von ihr in Dunkelheit verschwinden. Die nächsten Worte verließen Skys Lippen, ohne dass er darüber nachdenken konnte, trotzdem wusste er, dass er genauso einfach empfand: „Ih glaube nicht, dass ich das kann. Es mag egoistisch von mir sein, aber wenn ich dich nicht ganz haben, dann sollte ich dir aus dem Weg gehen. Deine Nähe schmerzt mich und das kann ich nicht gebrauchen. Ich will daran nicht zugrunde gehen. Wenn...wenn du deine Meinung allerdings änderst, werde ich wieder da sein.“ Wie vom Donner gerührt, verharrte Lielanja, wurde zur Statue, die Luft blieb ihr volkommen weg. Sie war zu ihm gekommen, weil sie die Situation zwischen ihnen bessern wollte und jetzt war alles verloren? Tränen traten ihr in die Augen, ihre Stimme war kaum ein Flüstern: „Du stellst mir ein Ultimatum? Sky, das...das geht nicht! Und es ist nicht fair!“ Sky schürzte die Lippen. Sie zu verletzen war eigentlich nichts, das er je tun wollte, aber so konnte er auch nicht weitermachen. „Und ob das geht. Ich werde weiterhin auf dich aufpassen, aber...Abstand ist das, was wir beide brauchen, denke ich. Vielleicht findest du so schneller zu dir zurück.“ Jedes seiner Worte war wie ein Peitschenhieb, für sie beide. „Ich brauche dich“, murmelte Lielanja leise. Seit sie denken konnte, war er ein Teil in ihrem Leben gewesen... Zumindest in den letzten Jahren. „Nicht genug. Nun gut, ich denke wir sind hier fertig. Aber Lielanja“, Sky stand auf und ging zur Tür, warf ihr noch einen Blick über die Schulter zu, „denk nicht, dass es leicht für mich ist. Es ist meine persönliche Hölle. Aber es geht nicht anders.“ Die Tür fiel ins Schloss und Lielanja hatte das Gefühl, dass sich somit auch jede Tür zu ihrer gemeinsamen Beziehung geschlossen hatte. Wie konnte dieses Gespräch nur so schrecklich schief laufen? Sky musste mehrmals durchatmen, um nicht ganz abzudrehen. Er wusste, es war das einzig Richtige, was er tun hatte können. Aber es fühlte sich echt beschissen an. Wie Lielanja ihn angesehen hatte...das und ihre Worte hatten ihn innerlich durch den Fleischwolf gedreht. Seine oberste Priorität war es immer gewesen, zu schützen, was er liebte. Und nun hatte er ihr wohl das größte Leid persönlich beschert. „Ich bin so ein Idiot“, stellte er einmal mehr fest. „Das bist du allerdings“, stimmte Wahr ihm abfällig zu. Mit einem Knurren drehte Sky sich um und stolperte prompt ein paar Schritte zurück. Wahr stand ihm so nah, dass sich ihre Körper fast berührten. Und bis er sprach, hatte Sky seine Anwesenheit nichtmal bemerkt. Fluchend starrte er den bunthaarigen Krieger an. Wie hatte er das gemacht? „Ich erinnere mich nicht, dich um deine Meinung gefragt zu haben, Candyland“, brummte der Blonde grimmig. „Würde ich drauf warten, dass jemand mich danach fragt, würde ich kaum zu Wort kommen. Was hat dich zu deiner Feststellung bewogen?“ „Klar, das werde ich unbedingt dir erzählen. Verpiss dich einfach“, erwiderte Sky genervt und wollte am liebsten zurück in sein Zimmer, aber da war Lielanja noch. Also ging er die Treppen runter. „Feigling!“, hörte er Wahr hinter sich höhnisch sagen. Wütend ballte er die Hände zu Fäusten und drehte sich zum Krieger um. „Halt verdammt nochmal die Fresse! Sonst mache ich ernst!“, zischte Sky, aber Wahr lachte nur. „Muss ich dich daran erinnern, dass DU die gebrochene Nase hast?“, fragte er sichtlich amüsiert. „Das passiert nicht nochmal“, versprach Sky und ehe Wahr sich versah, flogen dessen Fäuste auf ihn zu. Mit einer fast gelangweilten Geste wich Wahr ihm aus: „Ich bitte dich, ist das alles?“ Skys Zorn wuchs weiter an, als würde die Sache mit Lielanja nicht reichen, musste er jetzt auch noch von Wahr provoziert werden? Er schlug weiter und weiter, bis er schließlich einen Treffer landete. Und zwar so einen gewaltigen, dass das Brechen von Wahrs Nase durch die ganze Eingangshalle tönte. Trotzdem war es mehr die Überraschung als Schmerz, die den Krieger das Gesicht verziehen ließ. Fluchend drückte er den Arm gegen die Nase und funkelte Sky an: „Wow, du hast einmal von hundert getroffen, gratuliere. Aber bieten lasse ich mir das auch nicht.“ Schon schoss er auf den Blonden zu. Knapp und vorallem fluchend, konnte Sky gerade noch ausweichen, dafür rieselte die Mauer hinter ihm, durch die Kraft des Schlages. Er schluckte, als er den Schaden sah. Das wäre mehr als ein Nasenbruch gewesen, soviel stand fest. „Verdammt, du bist ja total krank!“ Wahr lachte trocken und freudlos auf: „Wenn ich das wäre, wäre dein Gesicht jetzt Matsch.“ „Hört auf mit diesem kindischen Machtkampf unter meinem Dach!“, erklang des Königs Stimme vom Treppenabsatz aus. „Verzeiht, Herr“, sprach Sky mit gesenktem Blick. Wraths Gegenwart schüchterte ihn immer noch ganz gewaltig ein. Wahr hingegen zuckte nur die Schultern. Wraths Miene wandte sich ihm zu: „Ich muss mit dir reden.“ „Jetzt?“ „Nein, nächstes Jahr. Natürlich jetzt!“ „Schade, dabei ist es grade so schön kuschelig“, kommentierte Wahr spöttisch und warf Sky einen ebensolchen Blick zu, „wir sind noch nicht fertig.“ Dann folgte er dem König ins Arbeitszimmer. Kapitel 10: Same feelings, different people ------------------------------------------- Im Arbeitszimmer des Königs herrschte eine Stille, in der man das Gras wachsen hören könnte. Der König lief im Raum auf und ab, während Wahr ihm dabei zusah. „Nichts für ungut, aber könntest du endlich mal zur Sache kommen? Ich hab noch etwas vor“, murrte der bunthaarige Vampir. Wrath knurrte kurz auf. „Langsam bist du eigentlich alt genug, um Manieren zu zeigen, Wahr“, sagte er dann so ruhig wie möglich. „Sind wir hier um über mein Benehmen zu sprechen? Dann kann ich nämlich gleich wieder gehen“, erwiderte Wahr gelangweilt. Wrath ging nicht darauf ein, sondern fuhr fort: „Wir wissen nicht, ob das stimmt, was die Lesser über Lielanja sagen und die Jungfrau der Schrift weigert sich bekanntlich ja, Antworten zu geben. Und ob sie nun wirklich meine Tochter ist oder nicht, sie ist eine Zivilistin, die im Fadenkreuz der Kalkfressen steht. Ich möchte, dass du auf sie aufpasst.“ Wahr klappte der Kiefer runter: „Wie bitte, was?! Das kann nicht dein Ernst sein! Ich spiele doch nicht Babysitter für eine kratzbürstige Vampirin! Sie hat doch Sky, soll der auf sie aufpassen!“ „Du bist ein Krieger der Bruderschaft. Unsere Rasse zu beschützen ist unsere Pflicht und mein Wort ist Gesetz. Also, viel Spaß“, gab Wrath trocken zurück. Der König handelte nicht ganz ohne Hintergedanken. Er hatte mitbekommen, dass Wahr und Lielanja sich recht gut verstanden und hatte die Hoffnung, dass ihre Gegenwart den jungen Krieger etwas ruhiger werden ließe. Aber er wusste auch, dass es problematisch werden könnte; immerhin war da noch Sky. Der König setzte sich seufzend als er hörte, dass Wahr das Zimmer verließ. Lielanja hatte sich in ihr Zimmer zurückgezoge und ide Tür hinter sich verschlossen. Sie konnte nicht fassen, dass zwischen Sky und ihr plötzlich alles in Trümmern lag. Ihr Herz schmerte bie diesem Gedanken und sie fühlte sich unsagbar einsam. Er war immer ihr Fels in der Brandung gewesen. Das stimmt nicht. Du kennst ihn seit..einer Woche, wenns hochkommt, meldete sich ihre Innere Stimme zu Wort. Lielanja erstarrte, bevor sie fluchte: „Halt doch einfach die Klappe, um deine Meinung wurde nicht gebeten.“ Wütend und frustriert schlug sie auf ihr Kissen ein. Seit ihrer Wandlung ging alles nur noch den Bach runter. Weil es nicht dein Leben ist. Logisch oder? „Hatte ich nicht gesagt, du sollst die Klappe halten?“, knurrte Lielanja auf und als sie zu allem Überfluss auch noch Kopfschmerzen bekam, wollte sie am liebsten schreien. Langsam aber sicher wuchs ihr das alles über den Kopf. Plötzlich ging ihre Zimmertür auf und instinktiv griff sie nach dem nächstbesten Gegenstand- die Lampe am Nachtkästchen- und fuhr herum. „Tolle Reaktion, aber die Lampe würde kaputt gehen. Wäre schade um das schöne Stück.“ „Wahr...hast du schonmal was von Anklopfen gehört?“, fragte die Vampirin grimmig und stellte die Lampe langsam und behutsam ab, als wollte sie sich dafür entschuldigen, dass sie diese fast als Todeswerkzeug benutzt hatte. „Zu anstrengend.“ „Ich hätte nackt sein können!“ „Nette Vorstellung.“ „Lustmolch.“ „Tja.“ Lielanja verdrehte die Augen: „Was willst du hier?“ „Ich bin dein Babysitter“, erwiderte Wahr nun ausdruckslos. Fassungslos sah sie ihn an und rang nach Worten: „Nicht dein Ernst...doch dein Ernst? Scheiße, ich brauche das nicht!“ „Und ich will das nicht. Aber der König hat mich dazu verdonnert. Er scheint der Meinung zu sein, dass du Schutz brauchst.“ „Und dann krieg ich ausgerechnet dich. Na danke.“ „Was soll dieser Tonfall? Und glaub mir, ich bin auch nicht grade begeistert!“, erwiderte der Krieger so tonlos wie möglich und sah sich dann im Zimmer um. „Wo ist Blondie?“, wollte er wissen, aber Lielanja zuckte nur die Schultern. „Wir sind nicht mehr...befreundet“, sagte sie leise und starrte auf ihre Hände. Wahr horchte auf. Deshalb war der Kerl also auf ihn losgegangen. „Verstehe. Und wie geht es dir jetzt?“, fragte der bunthaarige Krieger erstaunlich einfühlsam. Lielanja brachte ein schwaches Lächeln zustande: „Bis jetzt...noch ganz gut. Ich brauche einfach nur Ablenkung, dann geht es schon.“ Nachdenklich musterte der Vampir die junge Frau: „Wenn ich dein Aufpasser bin...müssen wir quasi immer am selben Ort sein. Und Mehrry braucht bestimmt eine Freundin. Am besten kommst du mit zur Suche.“ Erstaunt sah Lielanja zu ihm auf. Zwar war ihr der Gedanke auch schon gekommen, aber ihn unterbreitet zu bekommen, war doch mehr als sie erwartet hatte. „Wrath wird das nie erlauben“, schüttelte sie nach einem Zögern den Kopf. „Er muss. Er lässt Mehrry auch mit und sie ist schwanger. Zudem kann ich niht auf dich aufpassen, wenn ich nicht da bin.“ Tatsächlich, da war ein Schlupfloch. Und eine tolle Ablenkung, solange... „Wird Sky auch dabei sein?“, fragte sie Wahr. Sie wollte ihn fürs erste aus dem Weg gehen und zwar anständig, um sie beide vor noch mehr Leid zu bewahren. Auch wenn sie nicht wusste, was schlimmer für sie war. Wahr lachte auf: „Diese Obernull? Wirklich nicht.“ Lielanja warf ihm einen finsteren Blick zu. „Was? ER musste sich von einer Frau retten lassen.“ Darauf ging Lielanja nicht ein. Stattdessen fragte sie: „Habe ich dich jetzt vierundzwanzig Stunden am Hals?“ Wahr schüttelte den Kopf: „So schlimm wird's nicht. Nur, wenn du rausgehst.“ „Ach so.“ Seine Antwort betrübte die Dunkelhaarige irgendwie. Die Vorstellung allein zu sein, behagte ihr nicht. Sie bewunderte Mehrry sehr für ihre Stärke und dabei machte diese viel Schlimmeres durch. Wahr wandte sich ab und räusperte sich leicht: „Du hast ganz schön randaliert.Ich helfe dir, aufzuräumen. Sonst kriegt Fritz noch einen Anfall, weil er so unnatürlich viel zu tun bekommt.“ Lielanja lächelte leicht. Offenbar hatte er eben doch einen weichen Kern. „Ich fasse es nicht, dass er noch immer nicht ausgeschlossen wurde. Wrath, er ist eine Bedrohung für die Bruderschaft selbst!“, sprach Zsadist mit todernster Miene zu seinem König. Wrath rieb sich die Augen, seufzte tief. „Das weiß ich selbst. Aber hier können wir ihn im Auge behalten. Und er gehört zu uns.“ „Scheiß drauf! Du bist viel zu weich geworden. Erst holst du Murhder zurück in die Bruderschaft und dann glaubst du einem dahergelaufenen Kerl, was er erzählt und lässt ihn ohne Überprüfung beitreten. Hey, wer weiß am Ende schließen sie sich vielleicht sogar zusammen und bringen uns alle um“, erwiderte Rhage sarkastisch und warf den Lolliestiel in den Mülleimer neben dem Schreibtisch. „Er hat das Mal der Bruderschaft. Und er bleibt verdammt nochmal hier. Ende der Durchsage.“ Aufgeregtes und verständnisloses Gemurmel folgte. Es war niht so, dass Wrath die Sorgen seiner Krieger nicht verstand, immerhin wusste er selbst gut genug, wie gefährlich Wahr sein konnte. Aber er hatte verdammt nochmal ein Versprechen einzuhalten, das er Wahrs Mutter vor über siebenundzwanzig Jahren gegeben hatte. Zum einen, sich um ihn zu kümmern wenn er hier auftauchte. Zum anderen, seinem Vater nicht zu sagen, dass er dessen Sohn war. Da Adelia inzwischen verstorben war, blieb nur noch der König selbst, der über Wahrs Herkunft bescheid wusste. Nichteinmal Wahr selbst wusste also die ganze Wahrheit. „Gehen wir zum nächsten Ordnungspunkt über. Es geht um die Suche nach Murhder. Mehrry hat gebeten, mitkommen zu dürfen. Trotz der Gefahren muss ich leider sagen, dass die Idee Sinn macht. Sie ist seine Shellan und das würde die Sache enorm erleichtern. Vishous, ich würde gerne Jane mitnehmen, wenn sie möchte, für alle Fälle. Geht das klar?“, wandte sich Wrath an den Bruder. V zuckte die Schultern: „Sie braucht dafür nicht meine Erlaubnis.“ Wie wenig begeistert er allerdings darüber war, hörte man deutlich in seiner Stimme. Dennoch ging Wrath nicht näher darauf ein. Anstatt dessen sprach er weiter: „Phury wird dann die Teams einteilen. Zsadist und Tohr haben Auszeit. In einer Stunde geht's los, wie üblich. Das war soweit alles.“ Die Brüder zerstreuten sich und Wrath seufzte erleichtert auf. Das Schweigen war angenehm, fast friedlich. Das Zimmer war wieder in Ordnung, Wahr blickte aus dem Fenster und wurde dabei wiederum von Lielanja beobachtet. Die Vampirin fühlte sich nun wieder sehr sicher und wohl in seiner Gegenwart, versuchte dennoch mehr von ihm zu erkennen. Sie hatte nicht vergessen, wie er auf die Lesser reagiert hatte. Und sie hätte schwören können, dass mehr als Hass in seinen Augen gelegen hatte. Vielleicht sogar Schmerz. „Es bringt nichts, darüber nachzudenken. Lass es sein“, riss Wahrs Stimme die Vampirin aus ihren Gedanken. „Woher...?“ „Du hast vor dich hingemurmelt.“ Lielanja fühlte sich ertappt: „Tut mir leid. Ich versuche nur, dich zu verstehen.“ Wahr verzog die Lippen zu einer dünnen Linie. Die Vampirin wandte sich ab. Verlegenheit und Schuldgefühle stritten sich um die Vorherrschaft. „Du kannst mich nicht verstehen. Niemand kann das.“ Es klang nicht wütend, sondern eher bitter. Das ließ Lielanja es wagen, weiterzusprechen. „Du lässt es ja nicht zu, dass ich es versuche. Daran schonmal gedacht?“ Kurz herrschte Schweigen, das Wahr mit einem Tonfall unterbrach, den Lielanja nicht zuordnen konnte: „Der letzte, der das versucht hat, ist dabei gestorben.“ Die Vampirin erschrak leicht über seine Worte; darauf fiel ihr nichteinmal etwas zu sagen ein. Freudlos lachte Wahr auf: „Jetzt hast du endlich Angst vor mir, ja? Willst du immer noch versuchen, mich zu verstehen?“ Tatsächlich verspürte Lielanja ihm gegenüber etwas Furcht. Aber sie hatte von Anfang an gewusst, dass er kein Kuscheltier war. „Ja. Ich will es weiter versuchen“, antwortete sie dann entschlossen. Wahrs Augen weiteten sich vor Überraschung. „Wieso? Warum gibst du dich freiwillig mit einer tickenden Zeitbombe ab?“, fragte er fassungslos. Leicht traurig lächelte Lielanja: „Weil es uns ziemlich ähnlich geht. Für uns beide scheint es keinen Platz im Leben zu geben.“ Kapitel 11: Chapter 11- Welcome to Horrorhouse! Part 1 ------------------------------------------------------ Hallo meine lieben Leser :) Als erstes möchte ich euch für die Kommentare danken, die mich immer dazu bringen, weiterzuschreiben =) Und dann möchte ich euch warnen, dass dieses Kapitel und auch das folgende dann, ein wenig von der üblichen Black Dagger Welt abweichen werden ^-^. Freue mich aber trotzdem über Kritik. Und desweiteren wünsche ich euch allen eine schöne Weihnachtszeit und wenn es soweit ist, ein schönes Fest Viel Spaß beim Lesen :) ============================= Der Abend der großen Suche stand vor der Tür. Auf Wahrs Vorschlag hin, hatte der König es erlaubt, dass Lielanja die Männer begleitete. Nun stand sie mit Mehrry und Jane ein wenig abseits und sprach die verschiedensten Notpläne ab. Sky beobachtete das Ganze mit ungutem Gefühl. Er hatte Angst um Lielanja und davon nicht unbedingt wenig. Doch er würde es nicht laut aussprechen. Das war schon kompliziert genug. Und das Recht hatte er sich ohnehin verspielt. Zwar war er es gewesen der den Bruch wollte, aber nun kam auch ebenfalls er nicht damit klar. Und ein Teil von ihm sah Lielanja immer noch als seine Frau an. Was sie aber eigentlich nie war. Fluchend gab er dem inneren Drang nach und ging auf sie zu. „Ich bin der letzte, der zu dir sprechen sollte, so wie die Dinge zwischen uns stehen, das weiß ich. Aber tu mir trotzdem den Gefallen und pass gut auf dich auf. Komm heil wieder“, bat Sky ernst. Als der zweifarbige Blick der Vampirin seinen traf, spürte er etwas in sich zerbrechen. Lustig, dabei, so dachte er, gab es nichts heiles mehr in ihm. Und Lielanjas Blick war so traurig wie Sky sich fühlte, als sie antwortete: „Das werde ich, verlass dich drauf.“ Er nickte und trat einen Schritt zurück, als Wahr sich neben ihr aufbaute: „Wir wollen los.“ Sky sah mit ernster Miene zum Krieger auf: „Wehe, es passiert ihr nur die geringste Kleinigkeit.“ „Sie wird keinen Kratzer abkriegen, dafür sorge ich persönlich.“ Eine Art grimmiger Einverständnis zeichnete sich in beider Mienen ab und zum ersten Mal auch so etwas wie beidseitiger Respekt. Wahr wandte sich ab und schob Lielanja zum Team. Abgesehen von den Frauen und ihm waren Vishous, Rhage und Blay mit von der Partie. „Der Escalade wäre dann wohl voll. Wusste nicht, dass du auch mitwolltest, Bulle“, murmelte V, der am Steuer saß. Der Angesprochene grinste: „Das lasse ich mir doch nicht entgehen, wenn die Ladies mitmischen.“ „Das tun sie nicht. Mehrry führt uns zu Murhder und geht dann mit Lielanja und Jane wieder zum Wagen“, erwiderte Rhage entschieden. „Aber Bruder-“, setzte Mehrry an, doch Rhage unterbrach sie mit erhobener Hand. „Nichts da 'aber Bruder'!“ „Hör mir zu! Murhder braucht mit Sicherheit Blut und das kann nur ich ihm geben.“ Kurze Stille trat ein, ehe Rhage leise, aber schneidend sagte: „Du darfst niemanden nähren. Damit wäre das also erledigt.“ Blaue Augen funkelten einander an, doch während in Rhages Augen nur die Entschlossenheit zu sehen war, lag in Mehrrys Augen Angst und Flehen. „Ach scheiße...Das ist viel zu riskant, Mehrry. Du bist hochschwanger und der Arzt hat gesagt, du sollst das lassen!“ „Wenn ich Murhder damit das Leben rette, muss ich es tun. Ende der Diskussion.“ Die anderen Brüder hielten sich respektvoll zurück und nach kurzer Stille war es Jane, die etwas dazu sagte: „Sie hat recht. Für den Notfall bin ich ja sonst auch hier. Deshalb bin ich ja mitgekommen.“ Rhage knurrte und starrte mit grimmiger Miene aus dem Fenster. Mehrrys Stirn trug tiefe Falten, als würde sie angestrengt über etwas nachdenken. Doch Lielanja wusste, was sie wirklich dachte: Hoffentlich gab es noch etwas zu retten. Die restliche Fahrt verlief ziemlich schweigend und als Vishous etwa drei Stunden später den Wagen durch unwegsames Gelände kutschierte, meldete sich Mehrry zu Wort: „Es ist ganz in der Nähe. Sein Blut ist schwach, aber er lebt....“ Vishous nickte: „Alles klar, dann würde ich mal sagen, macht euch bereit.“ Er lenkte den Wagen zwischen die Bäume und blieb dort stehen. „Jane, check doch nochmal, ob Mehrry wirklich rausgehen kann“, meinte Lielanja und grinste über Mehrrys Augenrollen. Sie verstand ziemlich genau, was sie dabei dachte. Doch trotzdem protestierte Mehrry nicht und ließ die Prozedur ungeduldig über sich ergehen. Je schneller, desto besser. Jane arbeitete wie immer flink und professionell und wenige Minuten später gab sie das okay. Butch lief voraus, gefolgt von Vishous und Jane. Rhage klebte förmlich an Mehrry und Wahr blieb an Lielanjas Seite, während Blaylock das Schlusslicht bildete. Still und leise bewegte sich die Gruppe durch das Geäst, obwohl der Mond die einzige Lichtquelle war, die den Boden beleuchtete, sahen sie alle mehr als perfekt. „Also ganz ehrlich, das hier kommt mir vor wie in einem Horrorfilm“, murmelte Butch, während seine Augen die Umgebung ständig genauestens unter die Lupe nahmen. „Das ganze Leben is ein Horrorfilm“, erwiderte Lielanja trocken. Von Wahr kam ein zustimmendes Brummen. Plötzlich hielt Mehrry inne und drehte den Kopf in die Richtung,in welcher der Wald immer dichter wurde. „Wir müssen dorthin“, erläuterte sie den anderen mit sachlicher Stimme. Kollektives Nicken, dann verschwanden sie zwischen den Bäumen. Nach einer Weile lichtete sich der Wald und eine alte Villa kam zum Vorschein. Diese war so verfallen, dass man es dann doch eher Ruine nennen konnte und links daneben gab es kleine Erhebungen im Boden. Wie Gräber. Lielanja schauderte und wandte sich an Mehrry: „Sind wir hier wirklich richtig? Ich meine...hier kann doch niemand sein.“ Mehrry war total blass geworden, nickte aber: „Wir sind hier sehr richtig. Sind das da vorne Gräber?“ Jane nickte: „Sind es offensichtlich. Und...viele von ihnen sind Gräber von Kindern.“ Meine Güte...wie grausam!, schoss es Lielanja durch den Kopf. „Ich will gar nicht wissen, was das hier einmal war“, murmelte Rhage und schob seine Schwester schnell weiter. Schnell erreichten sie die Eingangstür, das dunkle Eichenportal hing nur noch schräg in den Angeln, sodass man bereits von der Treppe aus das zerstörte Innere sehen konnte. Neben der Tür hing ein verwittertes Schild. Lielanja schob aus Neugier die Efeuranken beiseite und keuchte auf. [font=Old English Text MT][size=20]Anstalt für psychisch schwer kranke Kinder und Jugendliche[/font][/size] prangte dort in großen Lettern. Das erklärte die Gräber. „Da haben sich diese Kalkfressen genau den richtigen Ort ausgesucht, um sich zu verstecken“, knurrte Wahr und eisige Kälte umgab ihn. Aus Reflex legte Lielanja ihm eine Hand auf den Unterarm: „Beruhige dich, es hilft keinem, wenn du jetzt durchrast wie ein Berserker.“ Überraschung lag in Wahrs Blick, als er auf Lielanja runtersah. Doch er nickte: „Du hast recht. Lasst uns weiter..“ Sein Blick verharrte auf Mehrry und sie nickte: „Wir müssen rein. So ungemütlich das hier ist, aber wir müssen hier rein.“ Der Boden knarzte, als die Stiefel der Männer über die Schwelle traten. „Das ist ja sowas von gruselig...“ Vishous hatte seine Waffe gezogen und seine Aufmerksamkeit galt allein dem Weg vor ihnen. Trotz der Tatsache, dass das Haus eigentlich leer sein sollte, erklangen von überall Geräusche. „Vielleicht gibt's hier Geister“, versuchte Mehrry zu scherzen, doch da Jane tatsächlich ein solcher war, fand das niemand wirklich witzig. „Häuser geben mit der eit einfach Geräusche von sich. Das ist ganz normal“, sagte V und stieß eine der Türen auf. Ein kahles Zimmer kam zum Vorschein. Ein Bett und ein Schrank waren alles, was sich dort befand. Und ein kopfloses Kuscheltier. „Die armen Kinder. Kein Wunder, dass die hier Psychosen entwickelt haben..“, murmelte Mehrry und löste sich zwanghaft von dem Anblick. Stück für Stück schoben sie sich weiter. Man konnte nicht übersehen, wie besorgt Rhage gegenüber seiner Schwester war: Er starrte sie an, als befürchtete er jeden Moment, dass sie zusammenbrechen würde. Doch Lielanja wusste, dass Mehrry zäher war, als sie aussah. Ein seltsames Geräusch, das ähnlich klang wie ein Kinderlachen,ließ alle kollektiv aufschrecken. „Woher kam das?“, fragte Lielanja leise, offensichtlich verunsichert. „Das war bestimmt nur der Wind“, meinte Wahr, allerdings in einem Tonfall der verriet, dass er selbst nicht dran glaubte. Er langte nach seiner Waffe und nahm die Umgebung noch genauer in Augenschein. Was Lielanja schmunzelnd beobachtete. Als Rhage an ihr vorbeiging und zu Vishous aufschloss,irritierte sie das, aber anscheinend hatte er wohl was entdeckt. Eine Weile schlichen sie schweigend und fast lautlos durch das baufällige Gebäude, bis ein erschrockener Ausruf von Lielanja sie alle zum Stehen brachte: „Mehrry ist weg!“ Rhages Knurren hallte von den Wänden wieder, als er herumfuhr: „Was heißt, sie ist weg?! Sie war doch grade noch hier!“ „Ja, aber jetzt ist sie es eben nicht mehr-“ Bevor Lielanja ihren Satz zu Ende führen konnte, stürmte Rhage an ihr vorbei. Super. Auf dem Weg zu Murhders Rettung dessen Shellan zu verlieren, was für eine Glanzleistung! Mehrry hingegen machte sich weniger Gedanken um die Gruppe, als um das schattenhafte Kind,das sie aus den Augenwinkeln gesehen hatte. Dass es sich dabei tatsächlich nur um einen Schatten handeln könnte, war sofort ausgeschlossen geworden von der Vampirin. Und doch konnte sie sich nicht vorstellen, was ein Kind in so einer düsteren Ruine zu suchen hatte,deshalb war sie ihm kurzerhand gefolgt. Zu ihrer Verwunderung stellte sie fest, dass das Kind zwar zielstrebig seinen Weg lief, aber immer wieder auf Hindernisse stieß. Letztendlich landeten sie in einem ziemlich weitläufigen Raum im Keller, der jedoch keineswegs leer war. Als Mehrry nach und nach die Dinge erkannten, die sich hier befanden,packte sie kaltes Entsetzen. Folterinstrumente, soweit das Auge reichte! Und dem Aussehen nach zu urteilen, waren sie nicht erst seit kurzem hier... Den Blick auf die grausamen Abscheulichkeiten gerichtet, wanderte sie weiter und stieß einen erschrockenen Schrei aus, als sie etwas berührte. Das Kind war stehen geblieben und im selben Moment, als es sich umdrehte, flackerte Licht auf. Ein eiskalter Schauder lief über Mehrrys Rücken. Tiefgründiger Hass verzerrte das Gesicht des Jungen zu einer dämonischen Maske, seine linken Augenhöhle war leer und das rechte Auge weiß. Seine Stimme klang wie das Kratzen von Nägeln auf einer Tafel als er voller Abscheu fragte: „Wieso folgst du mir wie eine räudige Hündin?“ Mehrry fehlte die Sprache. „Rhage, verdammt nochmal! Bleib stehen, du Idiot!“, fluchte Vishous, als der Blonde fast die Wände hochging. „Ich werde nicht stehenbleiben! Meine hochschwangere Schwester läuft hier in dieser Gruselvilla rum, wer weiß was für abartige Dinge hier abgehen!“, fuhr Rhage ihn an,doch bevor er das nächste Zimmer stürmen konnte, packte V ihn am Handgelenk. „Wir werden sie finden, aber wenn du jetzt den Kopf verlierst ist ihr nicht geholfen. Und wenn du jetzt nicht gleich die Klappe hälst, stopf ich dir das Maul mit deinen heißgeliebten Lollies!“ Wäre die Sache nicht so ernst gewesen, hätte das wohl jedem mindestens ein Lächeln abgerungen, aber jetzt war von den anderen nur Schweigen zu vernehmen, während Rhage erst etwas unverständliches vor sich hin murmelte, dann durchatmete und versuchte,sich zu beruhigen. Doch warf er Vishous noch einen vorwurfsvollen Blick zu: „Du kannst mir keinen Vorwurf machen. Wenn es um Payne ginge,wärest du noch schlimmer als ich es bin.“ Da V dem nichts entgegen zu setzen hatte, schwieg er. Wahr sah aus, als wollte er etwas zu dem Thema beisteuern, doch dann hielt er sich zurück und stierte wieder auf den langen Flur, der noch vor ihnen lag. „Wenn wir uns aufteilen, kommen wir schneller weiter“, meinte er und warf den anderen der Gruppe einen Blick zu. „Kommt gar nicht in Frage, Grünschnabel. Wir haben schon Mehrry verloren, wir werden das nicht noch weiter herausfordern. Wir finden erst sie, dann Murhder“, bestimmte Butch mit grimmiger Miene, was dem Gespräch ein Ende bereitete. Kapitel 12: Chapter 12- Welcome to Horrorhouse! Part 2 ------------------------------------------------------ Immer noch sprachlos, starrte Mehrry das entstellte Kind an, entsetzt über den Zustand des Kindes und die Kälte seiner Stimme. Der Junge war doch gerade mal fünf oder sechs Jahre alt, was konnte in ihm ein solch widerwärtiges Gefühl erweckt haben? Andererseits reichte es schon aus, das Gesicht des Jungen zu sehen. „Was hat man dir nur angetan?“, flüsterte die Vampirin betroffen und ging näher auf ihn zu, mit vorsichtigen Bewegungen. Der Junge legte den Kopf schief, als würde er lauschen, dann schreckte er zurück und knirschte mit den Zähnen: „Bleib mir bloß vom Hals! Was machst du hier?“ Mehrry blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin hier um meinen Mann zu finden“, antwortete sie dann und ihr Blick glitt zurück zu den Folterwerkzeugen. Hoffentlich war Murhder noch am Leben... „Deinen Mann?“, fragte der Junge mit weniger hasserfüllter Stimme, „ist das dieser große Mann mit schwarzrötlichen Haaren?“ Sofort schnellte Mehrrys Blick zurück zu dem Kind: „Du hast ihn gesehen?“ Eine Weile schwieg der Junge, bis er schließlich antwortete: „Wir alle haben ihn gesehen.“ Alle...? Die blauen Augen der Vampirin hoben sich und sie erstarrte, als noch mehr Kinder auf sie zukamen, alle die ein oder andere Verstümmelung. Tränen traten Mehrry in die Augen. „Hier ist sie auch nicht“, teilte Blay den anderen mit, als er einen weiteren Raum unter die Lupe genommen hatte. „So weit kann sie doch gar nicht sein! Sie kann nur hier irgendwo sein, sonst hätte sie doch an uns vorbeigemusst!“, meinte Wahr leicht ungeduldig. Er fühlte sich hier absolut nicht wohl und wollte so schnell wie möglich wieder raus. Dass jetzt auch noch Mehrry verschwunden war, brachte ihn fast zur Weißglut. Und umso mehr achtete er auf Lielanja, damit sie nicht auch noch verschwand, sollte sie auf die wahnwitzige Idee kommen, Mehrry woanders zu suchen. „Immer mit der Ruhe“, meinte Butch und konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. Erst Rhage und jetzt auch noch der Grünschnabel. Am Ende würden sie noch aufeinander losgehen. Auch wenn der Ex-Cop nicht verstand, warum Wahr sich so aufregte. Ein Knarzen an der Treppe ließ alle stehenbleiben. Butch verzog das Gesicht und murmelte: „Ein Lesser...“ Die anderen hatten gar keine Zeit, überrascht zu sein,denn einen Moment später war der Talkumgestank schon Zustimmung genug. „Was machen denn diese Flachwichser hier?“, wollte Rhage wissen, sein Körper zitterte unter der Anspannung nicht gleich auf den Lesser loszugehen und ihn zu verprügeln. „Na sieh mal einer an. Noch mehr kleine Brüderchen. Da wird sich unser Boss aber freuen!“, grinste der Lesser mit nästelnder Stimme. „Noch mehr? Also ist Murhder wirklich hier“, meinte Lielanja leise und griff nach ihrem Dolch, den sie in der Innenseite der Jacke versteckt hatte. Doch bevor sie irgendetwas tun konnte, war bereits Wahr vorgeprescht und drückte den Untoten an die Wand: „Sag uns jetzt sofort wo er ist! Und was ihr hier zum Teufel nochmal macht!“ „Wahr-“, fing Vishous an, doch das Knurren des anderen Vampirs, ließ ihn verstummen. Seufzend hielt er sich zurück und steckte sich eine Selbstgedrehte zwischen die Lippen. Wahr jetzt dazwischen zu funken, würde nichts bringen. Der Lesser reagierte auf die Attacke nur mit einem spöttischen Grinsen: „Willst du mich jetzt küssen? Ich bin aber nicht vom anderen Ufer.“ Wahrs Faust schoss vor und schlug so hart zu, dass der Kiefer seines Gegners knackste: „Beantworte meine Frage, Hurensohn!“ „Und wieso sollte ich das tun?“, wollte der bleichhäutige Jäger wissen und verpasste Wahr einen Schlag in die Magengrube. Dieser keuchte vor Überraschung auf, ließ ihn jedoch nicht los. Seine Hand legte sich um den Hals des Lessers: „Antworte mir!“ Drohend drückte er zusammen und schnitt ihm die Luftzufuhr ab, bis er nur noch röchelte. „Geh nicht zu hart mit ihm um, Wahr. Wenn sein jämmerliches Gehirn keinen Sauerstoff mehr bekommt, dann verblödet der doch komplett“, meinte Rhage trocken. Ein kleines böses Grinsen zeigte sich auf Wahrs Gesicht: „Ich bezweifle, dass er noch dümmer werden kann.“ Seine Nägel bohrten sich in die Haut des Jägers und ließen schwarzes Blut hervorquellen und der Lesser wimmerte leise. „Sprich oder du wirst noch viel schlimmere Schmerzen haben, das verspreche ich dir“, drohte Wahr ihm. Der Jäger schwieg weiterhin eisern, sodass Wahr sich gezwungen sah, seine Worte in die Tat umzusetzen. Dass er das mit Vergnügen tat, störte ihn dabei nicht weiter und so kratzte er mit seinen Nägeln eine Spur in den Hals des Jägers, bis es aussah, als sei dieser undicht. „Ich dachte...ich dachte, hier wäre niemand mehr“, brachte Mehrry schließlich hervor. Kurz herrschte Schweigen, dann sprach ein Mädchen mit unendlich trauriger Stimme: „Wir können hier nicht weg.“ Entschlossenheit erwachte in Mehrry: „Ich bringe euch hier raus...ihr könnt doch unmöglich hier bleiben.“ Das Mädchen schüttelte den Kopf: „Wir können hier nicht weg, egal was du tust. Er hat es auch schon versucht.“ Der Nachdruck in ihren Worten machte Mehrry etwas stutzig. Ihr Blick suchte den Jungen, der nun mit verbitterter Miene und still wie ein Lufthauch an die Wand gelehnt verharrte und ins Leere starrte. „Wo ist er?“, fragte sie die Kinder, „und wer hat euch das angetan?“ „Die Betreuer waren das! Sie haben uns bestraft, wenn wir nicht gehorcht haben.“ Das verwirrte die Vampirin noch mehr. Das Gebäude sah doch aus, als würde es seit Jahrzehnten leer stehen. „Aber...“ Nun löste sich der Junge aus der Starre und blickte Mehrry geradewegs an: „Wir bringen dich zu ihm. Er hat sein Bestes getan um uns zu helfen, obwohl es um ihn selbst nicht gut stand.“ Bei der Formulierung der Worte wurde Mehrry blass. Und ihre Frage blieb ihr im Hals stecken. Der Junge ging los und doch wollten Mehrrys Beine ihr nicht gehorchen. Zwei eiskalte Hände ergriffen die ihren und sie schrak zusammen. Zwei der Kinder hatten sich an ihr festgeklammert und zogen sie mit sich. Lielanja und Blay hatten sich von dem Lesser und Wahr abgewendet. Der bunthaarige Krieger war schon ziemlich weit fortgeschritten in seiner Folter; der Lesser blutete aus einigen Verletzungen, hier und da war das Weiß der Knochen zu sehen und ein Teil seiner linken Gesichtshälfte hing ihm als Hautlappen vom Schädel. Und noch immer schwieg der Mistkerl, abgesehen von seinen Schmerzschreien und Schimpfwörtern. Lielanja war entsetzt von der Grausamkeit, zu der Wahr imstande war und bekam allmählich wirklich Angst vor dem jungen Vampir. Klar, wenn der Feind nicht sprechen wollte, musste man nachhelfen, aber auf so brutale Weise...? Vishous hatte mehrmals versucht, ihn zu stoppen, doch hatte er keinen Erfolg gehabt und lediglich ein paar Kinnhaken kassiert. Rhage wurde allmählich wirklich ungeduldig. Er wollte seine Schwester wiederfinden und dann Murhder. Der Lesser war ihm scheißegal. „Wahr, ich wäre froh, wenn du endlich mal fertig werden würdest. Falls du es vergessen hast, wir suchen Mehrry und Murhder“, knurrte der Blonde deutlich angepisst. „Ach nein. Was meinst du wohl versuche ich aus dieser Hohlbirne rauszukriegen?“ Der Lesser ließ ein glucksendes Lachen hören: „Ihr seid sowas von bescheuert.“ Noch ein Kinnhaken folgte. „Egal, wir finden sie auch ohne dich! Hasta la vista, Kalkfresse!“, knurrte Wahr und riss ihm förmlich den Kopf ab, bevor er seinen Brustkorb mit dem Dolch durchstach. Mit einem Lichtblitz verschwand der Bastard zurück zu seinem Schöpfer. Eine Weile starrte Wahr noch auf die Stelle, kämpfte darum, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu bekommen und seine Enttäuschung zu verbergen. Nur allzu gern hätte er dieses Spielchen noch weiter getrieben. Er wandte sich um und blickte in die Gesichter der anderen. Rhage, Butch und Vishous erwiderten seinen Blick mit Gleichmut, Blay mit leichter Abscheu. Und Lielanja wich vor ihm zurück. Das konnte er gut verstehen und trotzdem schmerzte es ihn. „Ich habe nur meinen Job gemacht“, sagte er in ihre Richtung, doch sie sagte darauf nichts, sondern wandte sich mit seltsam belegter Stimme an die anderen Brüder: „Können wir jetzt bitte weiter nach Mehrry suchen?“ Als die Gruppe ihren Weg fortsetzte, bildete Wahr das Schlusslicht. Er bereute es, dass Lielanja das mitansehen musste. Doch er konnte sich nicht wehren- der Anblick von Lessern machte ihn jedesmal rasend und dann auch noch in diesem Gebäude. Er hatte Angst, dass seine Vergangenheit ihn einholen würde. Die Kinder führten Mehrry immer weiter in ein Labyrinth aus Kerkern und Folterräumen und je tiefer sie vordrangen umso beklemmter fühlte sich die Vampirin. Das Schweigen machte es noch schlimmer, denn so waren die Geräusche des Hauses viel zu laut zu hören. Hinzu kam die Angst um Murhder, vorhin hatte sie ihn noch deutlich spüren können und jetzt flackerte nur hin und wieder ein schwaches Lebenszeichen in ihrem Blut auf, von dem Mehrry sich nicht sicher war, ob sie es sich nur einbildete. Es kostete sie einige Überwindung die Frage zu stellen,die ihr am meisten Angst machte: „Lebt er noch?“ „Als wir ihn das letzte Mal gesehen haben, hat er noch geatmet“, war die vage Antwort des Jungen, der immer noch voranlief. Mehrry schluckte schwer. Wie lange mochte das her sein? Und 'noch geatmet' klang nicht sehr erbaulich. Vor einer schwarzen Tür blieben sie schließlich stehen und bei näherem Hinsehen erkannte Mehrry, dass sie mit einem roten X markiert war. Ihr Blut schlug Kapriolen und gleichzeitig warnte ihr Bauchgefühl sie, nicht weiterzugehen, doch das schob sie auf ihre Erschöpfung. Der Junge stieß die Tür auf und Mehrry blickte in tiefste Dunkelheit. Sie nahm ihren Mut zusammen und schob sich in den Raum. Sobald sie die Schwelle übertrat, flackerten überall Kerzen auf und die Kinder waren nicht mehr da. Das bekam die Vampirin nicht wirklich mit, ihr Blick haftete auf der Wand vor ihr. An Eisenfesseln hochgezogen, hing ihr Hellren nackt von der Mauer und seine Haut war von Blessuren, Schnitten und anderen Wunden überzogen. „Murhder!“, hauchte Mehrry schmerzlich und fassungslos. Der Bruder hob unter großer Anstrengung seinen Kopf, als sein vor Qual wilder Blick seine Shellan erblickte, wurde er kurz ruhiger, bevor er von Entsetzen gepackt wurde: „Was machst du hier? Geh weg, verschwinde von hier!“ Statt seinen Worten Folge zu leisten, trat sie näher auf ihn zu, Tränen flossen in Sturzbächen über ihre Wangen. „Nein, lass sie in Ruhe, du Missgeburt!“, brüllte Murhder mit einem Knurren und ehe Mehrry etwas tun konnte, spürte sie einen harten Schlag auf ihrem Hinterkopf und unter einem gequälten Aufschrei Murhders, wurde ihr schwarz vor Augen. Durch den Aufschrei angelockt, legten die Brüder und Lielanja ein rasches Tempo vor, um zum Ursprungsort zu gelangen. Der Boden unter ihren Füßen knarzte bedenklich und tatsächlich brach Rhage mit einem Fuß ein. Fluchend zog er sich hoch und die anderen erkundigten sich, ob es ihm gut ginge. Die Frage beantworten konnte er nicht mehr- etwas Spitzes bohrte sich in seinen Hals und ihm wurde schummrig zumute. Als er zu Boden sank, sah er, dass es auch die anderen erwischt hatte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)