Hexenfieber von abgemeldet (Final Fantasy mal anders) ================================================================================ Kapitel 4: Erzählung, die Zweite -------------------------------- Kapitel Vier: Erzählung, die Zweite.... .... Die Wellen plätscherten gegen die Bootswand. Auf dem Boden des Kahns lagen zwei Forellen, die Reusen hatten sie eingeholt. Rufus hatte seinen weißen Mantel ausgezogen und sonnte sich. Zuerst war Reno verlegen gewesen, denn er war es nicht gewohnt, einen Menschen nackt vor sich zu sehen und irgendwie kam es ihm sündhaft vor. Rufus hatte ihn aufgefordert, sich doch auch auszuziehen, aber Reno hatte abgewehrt und gesagt, er wisse nicht so recht und daran sei er nicht so gewöhnt. Der Mann hatte gelächelt und etwas gemurmelt wie, das sei der Stoff, aus dem man Hexenjäger mache. Darüber hatte der Rothaarige nachgedacht und nun erzählte er dem Blonden, was die Hexenjäger seiner Mutter nach jenem Verhör auf der Dorfwiese angetan hatten. "Sie verhörten sie drei Tage lang, aber meine Mutter gestand nichts. Sie schwor, dass sie nicht mit dem Teufel im Bunde sei. Ich wartete immer, bis das Verhör begann, ehe ich auftauchte, denn dann kümmerte sich niemand mehr um mich. Die Leute, die sich da im Kreis drängten, waren noch schlimmer als die, welche Mutter verhörten. Sie schrieen, Mutter hätte auf die Bibel gespuckt, oder sie hätte mit dem Teufel gehurt. Und eine behauptete, sie hätte mit eigenen Augen gesehen, wie Muter auf dem Besen durch die Luft geflogen sei. Doch Mutter weinte nur und sagte, das sei alles nicht wahr. Aber da nahm sie der Pfarrer in die Zange. Er verlangte, sie solle ihre Sünden bekennen, damit ihre Seele vom Feuer gereinigt und dem Teufel entrissen werden könne. Er sagte: >Dann wird deine Seele zu Gott zurückkehren und auch du wirst in den Lebensstrom kommen.< Mutter aber sagte, sie könne doch nichts bekennen, was sie nicht getan habe. Sie habe nur Kranken geholfen, die zu uns gekommen seien. Sie konnte nicht verstehen, dass es Sünde sein sollte, einem Mann zu helfen, den ein paar durchdrehende Pferde fast zu Tode geschleift hatten, oder einem Kind, das Schmerzen hatte." Reno ließ seine Hand ins Wasser hängen, seine Stimme war leise und ruhig. Es war, als spräche er einfach in die Luft hinaus, ohne nachzudenken. Der blonde Mann hatte seine Augen geschlossen. Vielleicht fiel es dem Rotschopf leichter, wenn er das Gefühl hatte, dass niemand ihn anschaute. "Der Pfarrer aber quälte sie weiter und schließlich fragte er sie: >Du leugnest also, dass du mit dem Teufel im Bunde bist?< Mutter sagte: >Ja!< Und dann fragte er sie kühl: >Leugnest du auch, dass du am Weihnachtsabend und in der Johannisnacht durch die Luft zum Ford Condor geflogen bist und dich dort mit anderen Hexen getroffen hast?< Mutter leugnete dies ebenfalls und sie sagte auch, es sei nicht wahr, dass sie mit anderen Hexen zusammen gewesen wäre. Da wurde der Pfarrer wütend und schrie: >Du bist nicht nur eine Hexe und ein Zauberweib, sondern außerdem eine hartnäckige Lügnerin! Aber dagegen gibt es Mittel. Wir werden einen Boten schicken...< Ich habe nie erfahren, wohin er ihn senden wollte, denn da rief ein Mann: >Wer weiß, vielleicht ist sogar der Teufel der Vater deines Sohnes? Du hast ja keinen Mann und ein ehrlicher Kerl lässt sich nicht mit einer Hexe ein.< Da fingen die Leute, die im Kreis herumstanden, wieder an zu zetern und zu kreischen. Einer bemerkte mich und schrie: >Da ist er ja! Fangt ihn, schnell, fangt ihn!< Aber ich hatte mich schon aus dem Staub gemacht. Ich lief über die Wiese zum Wald und die ganze Schar stürzte hinter mir her. Aber ich was schneller und so entkam ich. Doch von jenem Tag an wagte ich mich nicht mehr im Dorf zu zeigen. Ich traute mich nur noch Nachts hin. Früher hatte ich Angst vor der Dunkelheit gehabt. Aber in dieser Zeit lernte ich, dass man sich vor der Finsternis nicht zu fürchten braucht. Wenn man sich verstecken muss, kann die Dunkelheit auch zum Freund werden." Reno richtete sich auf, denn eine der Bootsspanten scheuerte ihn am Rücken und das tat allmählich weh. Er setzte sich in den Bug und stützte sein Kinn auf die Hand. Leise fuhr er dann mit seiner Erzählung fort. "Jeden Tag versteckte ich mich im Gebüsch am Weg. Einmal sah ich einen Wagen von Richtung Ford Condor heranrollen. Irgendwie spürte ich, dass er etwas mit meiner Mutter zu tun hatte. Als es dunkel wurde, schlich ich mich hinunter zum Pfarrhof. Ich kroch auf dem Bauch durch den Pfarrgarten und kam zu einem Durchgang zwischen dem Wohnhaus und der Scheune. Nirgends war ein Licht zu sehen. Gerade wollte ich wieder fort, als ich die Stimme meiner Mutter hörte: >Nein... das nicht<, flüsterte sie. Es klang, als ob sie weinte. Aber sie schrie nicht, noch nicht jedenfalls... Da entdeckte ich, woher das Geräusch kam. Ganz unten, nahe am Boden, befand sich in der Mauer eine kleine Lücke. Sie musste in den Kellerraum führen, wo sie meine Mutter gefangen hielten. Also kroch ich hin, um nachzuschauen, ob ich richtig vermutete. Sie hatten zwar das Loch zugenagelt, aber nicht ganz. Ein Stück des Kellers konnte ich sehen; die Menschen, die sich dort unten aufhielten, allerdings nicht. Aber ein Feuer war dort angezündet, das sah ich an dem Schein auf der Wand. Wie ich da so lag, hörte ich plötzlich die Stimme des Pfarrers: >Elsbeth Kiribani, gestehst du, dass du eine Hexe bist?< >Nein!<, sagte meine Mutter, aber sie sprach ganz leise. Da sah ich plötzllich einen Mann, den ich nicht kannte. Er ging durch den Raum und trug eine glühende Eisenstange in den Händen. Deutlich konnte ich ihn nicht sehen, denn er ging in die Ecke, in die ich nicht hineinschauen konnte. Wieder hörte ich den Pfarrer. >Elsbeth Kiribani, gestehst du, dass du eine Hexe bist?< Da wimmerte sie auf, immer heftiger, immer lauter. Dann kam der Schrei. Meine Mutter schrie und schrie, dann wimmerte sie nur noch leise und schließlich sagte sie: >Ja!< Ich fing an zu weinen. Ich wollte davonlaufen, aber da fragte der Pfarrer, ob es wahr sei, dass meine Mutter auf den Ford Condor geflogen wäre. Erst sagte sie 'Nein', doch dann fing sie wieder an zu schreien und es endete damit, dass sie auch dazu 'Ja' sagte. Als der Pfarrer wieder mit seinen Fragen anfing, konnte ich es nicht mehr ertragen und lief davon. Ich zwängte mich durch die Hecke und auf dem Weg zum Wald hörte ich meine Mutter wieder schreien." Danach schwieg der Rothaarige und die Tränen liefen ihm über das Gesicht. Eine Wolke hatte sich vor die Sonne geschoben und im Süden kroch eine blauviolette Wolkenbank über den Horizont. Rufus zog seinen weißen Mantel wieder über. Das Licht über dem Fjord hatte sich verändert. Es war bleiern geworden, wie vor einem Gewitter. Der junge Mann griff nach den Rudern und warf einen Blick zum Ufer. Dann holte er kräftiger aus. "Nimm dich zusammen, Reno! Wir bekommen Besuch", sagte er ruhig und ruderte weiter... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)