Kein Zurück von Erdnuss91 (Der Sand der Zeit steht niemals still) ================================================================================ Kapitel 3: Berg- und Talfahrt ----------------------------- Schnurrend schmiege ich mich an Reita, als dieser mir den Nacken krault. „Jetzt haben wir erst einmal ein paar freie Tage, nur für uns. Und nächsten Freitag hast du ja schon  die Prüfungen. Ich hoffe es bleibt alles beim Alten“, meint Reita schmunzelnd. Nickend spiele ich mit seinen blond gefärbten Haaren. Ich hoffe es auch. Ich will nicht die Klasse wechseln müssen. Gleich kommt mein Bruder vorbei, aber vorher soll ich erst einmal etwas Suppe essen und Tee trinken. Der Arzt meint, dass damit die Nebenwirkungen milder ausfallen. Hoffentlich hat er damit Recht. Da die Tablette nicht wirkt, kann ich es erste Mal seit langem wieder klar denken. Die Beruhigungsmittel machen einen teils ganz schön fertig. Dabei wurde die Dosis schon mehrfach reduziert. Aber sie sind alle zuversichtlich. Wenn ich den Anschluss wieder finde, kann eigentlich so gut wie nichts mehr schief gehen. Immerhin darf ich hier bei Reita wohnen bleiben und nach den Prüfungen kann ich bestimmt wieder normal am Unterricht teilnehmen. „Taku-chan hat dich auf seine Geburtstagsfeier morgen Abend eingeladen. Laut meiner Schwester kannst du gerne mit uns mitkommen“, bietet er mir an. Zögerlich nicke ich und frage ihn: „Ihr lasst mich aber nicht alleine, oder?“ „Auf gar keinen Fall!“, erwidert er sichtlich empört. Um ehrlich zu sein, ich hätte auch gar nichts anderes erwartet. Immerhin brauche ich einen Aufpasser. Hoffentlich klappt auch alles ohne die Tabletten. Ich will den anderen die Laune nicht verderben. „Hier Ruki, hoffentlich schmeckt es dir. Wir haben uns extra viel Mühe gegeben“, klärt Aoi mich auf. Träge erhebe ich mich und setze mich an den Tisch. Ganz langsam esse ich die Suppe. Seit wir uns kennen gelernt haben, hat sich seine Kochkunst um Welten verbessert. Bisher geht es mir sogar noch vergleichsweise gut. Vielleicht darf ich mich gleich auch wieder auf seinen Schoß setzen. Immerhin halte ich mich gerade an die Anweisungen. Als ich endlich fertig bin mit dem Essen, schlurfe ich zu Reita zurück. Direkt zieht er mich wieder zu sich auf den Schoß, drückt mich richtig an sich. „Dein Bruder ist schon auf dem Weg. Aber bis dahin können wir ruhig so sitzen bleiben“, schlägt er vor. Nickend setze ich mich ein wenig anders hin. Wütend brummele ich, während ich komplett unter einer dicken Decke verschwinde. Erst als Aoi die Gnade besitzt die Bettdecke etwas zurück zu schlagen, erkenne ich den Schuldigen. Schuldbewusst guckt mich Uruha an. Seufzend schmiege ich mich noch mehr an Reita. Es bringt nichts, wenn ich jetzt mit Uruha schimpfe. Die anderen meinen, dass er sehr starke Beruhigungsmittel holen muss. Und diese scheinbar nicht wie gewünscht wirken. Er soll ziemlich unberechenbar sein. Mich machen sie einfach nur ruhig und teilweise schon willenlos. Uruha hingegen kann sich teils ohne Hilfe nicht aus aus dem Bett begeben. Er soll deshalb auch wie oft in der Schule gefehlt haben. Aber dafür soll er keine Drogen mehr nehmen. Und die Tabletteneinnahme wird bei ihm sehr genau überwacht. Schon irgendwie traurig und das alles nur, weil er vor einem Monat wieder jede Menge Drogen genommen hat anscheinend. Oder eher, er hat die Antidepressiva zu einer Art Drogen gemacht. Ich weiß gar nicht wie er es gemacht hat. Ich will es eigentlich auch gar nicht so genau wissen. Auf alle Fälle setzen ihn die jetzigen Tabletten außer Gefecht. Ich wurde nur in der Klinik so behandelt. „Komm Ruki, mach dich am Besten schon einmal fürs Bett fertig“, schlägt Aiko vor. Brummeln stehe ich auf und ziehe Reita hinter mir her. „Warum muss ich mit“, protestiert er direkt. „Ich will nicht alleine sein“, gebe ich klein laut zu. Ich hasse diese anhängliche Phase bei mir. Aber wenigstens lasse ich noch menschliche Nähe zu, im Gegensatz zum Anfang. Schweigend bleibt Reita beim Umziehen und Zähne putzen dabei. Ich frage mich, wieso er sich auch schon Bett fertig macht? Ich muss eh in mein eigenes Bett denke ich, ob ich das will oder nicht spielt keine Rolle. Als wir wieder im Wohnzimmer sitzen ist mein Bruder immer noch nicht da. Er braucht ganz schön lange für den relativ kurzen Weg. Lächelnd piekse ich Reita in die Seite, der sich direkt beschwert. Hoffentlich kann ich noch ganz lange hier bleiben. Anscheinend kommt mein Bruder auch nur zum Filme gucken her, wie so oft die letzte Zeit. Bald kommt auch Fumiko nach Hause. Langsam werde ich müde, auch wenn ich eigentlich noch etwas wach bleiben will. Immerhin kann ich morgen ausschlafen, etwas was ich im Krankenhaus nicht tun konnte. Unter der Woche hält mich momentan der Psychologe und die Schule auf Trab. Erst nach den Prüfungen werden Therapiestunden weniger. Nächste Woche Montag soll ich nachmittags mit in die Schule, da wir ja in drei Wochen auf Klassenfahrt fahren. Und da soll ich auf Fälle mitfahren, vor rausgesetzt ich bestehe die Prüfungen. Sie haben die Klassen neu zusammen gestellt. Aber wir drei sind nach wie vor in einer Klasse. Wahrscheinlich nur, wegen der labilen Psyche von Uruha und mir. Mein Bruder lächelt mich freudig an, als er ins Wohnzimmer kommt. Er hat mittlerweile sogar meinen Schlüssel, da ich ihn eh nicht brauche. Und somit braucht er nicht jedes Mal klingeln, wenn er zu uns kommen will. Er ist ein gern gesehener Gast, laut Aiko. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Aiko meinen Bruder liebt. Oder einfach nur toll findet. Auf jeden Fall läuft irgendetwas zwischen den Beiden. Obwohl sie sich in unserer Anwesenheit ganz normal verhalten. „Was habt ihr denn mit Ruki gemacht? Er freut sich ja gar nicht“, meint er direkt beleidigt. „Nichts, ich bin nur ein wenig sehr müde“, erwidere ich erschöpft. Demonstrativ gähne ich erst einmal. Lächelnd lässt er sich neben Aiko auf das Sofa nieder. Erschöpft schließe ich die Augen. Selbst nach neun Stunden Schlaf bin ich immer noch wie gerädert am nächsten Tag. Reita hat mich gerade eben geweckt, damit ich nicht den ganzen Tag verschlafe. Er meinte ich sähe nicht gesund und glücklich aus. Gleich bringt mir Aiko die Antidepressiva und direkt danach soll ich etwas essen kommen, obwohl ich gar keinen Hunger habe. Wenn ich so weiter mache bin ich nur noch Haut und Knochen. Seufzend bewege ich die Finger der verletzten Hand, oder eher ich versuche es. Nach wie vor sind sie noch etwas taub und wirklich bewegen kann ich sie nicht. Der Gips kommt direkt am Montagmorgen ab und dann wird die Rehabilitationsmaßnahme mit mir besprochen. Ich bin jetzt fast ein Jahr von zu Hause weg, aber an mein neues Leben habe ich mich immer noch nicht gewöhnt. In der Schule war ich in der Zeit ja kaum durch die ganzen Krankenhausaufenthalte, was sich aber bald hoffentlich ändern wird. Gegen Abend machen wir uns auf den Weg zu Takuya. So wirklich Lust habe ich nicht, da es gewiss wieder Alkohol geben wird. Uruha hat leider nach wie vor Hausarrest, deshalb sind wir nur zu zweit. Lächelnd nimmt Reita meine Hand, zieht mich summend hinter sich her. Manchmal kann er einem richtig Angst machen, wenn er so drauf ist. Aber immer ist er besser wie Aoi. Da Aoi sehr oft seine Grenzen überschreitet und sein Humor sehr verletzend sein kann. Mein Bruder denkt genauso darüber wie ich, wenigstens einer teilt meine Meinung mit mir. Keine drei Stunden später sind alle mehr als angetrunken und nervig. Wir sind nur zu fünft, da sehr viele abgesagt haben scheinbar. Mittlerweile sitze ich auf Reitas Schoß und versuche mein Bestes um nicht ein zu schlafen. Seufzend winde ich mich aus seiner Umklammerung und gehe zu Takuya hin. Reita werfe ich nur einen entschuldigenden Blick zu. Ich will einfach nur ins Bett, am Besten jetzt sofort. „Du Takuya-chan, kann ich mich etwas hinlegen irgendwo?“, frage ich vorsichtig nach. Direkt guckt er mich besorgt an, nickt nur und seht sofort auf. Seufzend bringt er mich in sein Zimmer. „Geht's dir nicht gut? Du bist ja noch stiller wie sonst“, sanft streicht er mir kurz durch die Haare. „Ich bin nur sehr erschöpft“, ein kleines, müdes Lächeln schleicht sich meine Lippen, „Reita meint ich wäre wie ein anderer Mensch, im positiven Sinne.“ Aufmunternd lächelt er und meint: „Dann schlafe erst einmal etwas, du weißt ja wo wir sind. Und zur Not hast du ja auch unsere Handynummern.“ Mit diesen Worten lässt er mich ganz alleine. Kopfschüttelnd lege ich mich in sein Bett. Es ist bei weiten nicht so toll wie Reitas. Es dauert auch nicht lange bis ich in einen traumlosen Schlaf falle. Es kommt mir wie Stunden vor, bis mich Reita sanft an der Schulter rüttelt. Verträumt lächelt er mich an. Wie viel er wohl getrunken hat? Er hat versprochen sich zurück zuhalten für mich. Ob er sich daran gehalten hat? Langsam rappele ich mich auf und schlinge die Arme um seinen Nacken. „Kleiner, du kannst auch alleine laufen, oder? Du hast es mir versprochen“, wirft er mir direkt erbost vor. Schmollend lasse ich ihn direkt los und stehe mühselig alleine auf. Ich möchte nicht, dass sich zwischen uns irgendetwas ändert. Seufzend klopft er mir auf die Schulter. Was er wohl damit meint? Kopfschüttelnd folge ich ihm nach draußen und schweigend gehen wir gemeinsam nach Hause. Ob er sich Sorgen um Uruha macht? Immerhin zieht sich dieser mehr und mehr zurück. Auch Fumiko lässt er kaum noch an sich heran. Während es bei mir bergauf geht, geht es bei Uruha steil bergab. Man kann nur dabei zu sehen, wie er langsam an sich selbst zerbricht. Er klammert sich an einen morschen Ast, während er langsam an seinen eigenen Tränen ertrinkt. Wer kann ihn jetzt noch retten, wenn selbst seine jetzigen Bezugspersonen den letzten Draht zu ihm verloren haben? Wie kann man einen vor sich selbst retten, wenn derjenige offensichtlich keine Rettung will? Was soll man bloß tun? Ich müsste ihn eigentlich verstehen, aber ich kann es nicht. So Leid es mit tut. -------------- Disclaimer: nichts mir, nichts Geld ich leb noch ;3 das nächste Kapitel ist auch schon fertig D; Sorry für die lange Abwesenheit... Das Kapitel habe ich im August angefangen und vor einer Woche erst fertig gestellt D; Ich hoffe es gefällt euch trotzdem... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)