Bittersweet Rhapsody von Saria-chan (Link x Shiek) ================================================================================ Kapitel 10: Licht ----------------- Kakariko schlief. Erschöpft von den Anstrengungen eines viel zu langen und ereignisreichen Tages, an dem wie durch ein Wunder niemand ernsthaft zu Schaden gekommen war, ruhten seine Bewohner, um sich von dem Schrecken zu erholen und dem nächsten Morgen mit neuer Hoffnung und Kraft begegnen zu können.   Shiek jedoch wachte.  Geweckt durch den Kuss kühler Nachtluft, welche der Wind durch das geöffnete Fenster in den kleinen Raum getragen hatte. Obwohl es vielleicht auch ein Traum gewesen war, welcher ihn aus der sanften Umarmung des Schlafes gezogen hatte. Oder war es gar eine Vision gewesen? Er hatte sie gesehen, inmitten der Dunkelheit seines Geistes. Da war Freude im Blau ihrer Augen gewesen und ihre pinken Lippen hatten ein wohlwollendes Lächeln geformt – was ihm nunmehr wie pure Ironie vorkam, denn was nützte ihm ihr Segen, wenn sie doch der Grund war, der sein Glück so schmerzhaft endlich machte? Nicht, dass er die Prinzessin dafür verurteilte – war es doch sein eigenes verräterisches Herz gewesen, das sämtliche seiner Grundsätze hintergangen hatte – aber so sehr Link auch versprochen hatte, eine Lösung zu finden, so genau wusste er auch, dass niemand anderes als Zelda selbst Link diese geben konnte. Und selbst wenn… nein, Shiek konnte niemals von ihr verlangen…   Als hätte er seine Gedanken gespürt regte sich Link neben ihm, und die Hand des Heroen, die zärtlich auf der Brust des Shiekahs ruhte, legte sich schlaftrunken um Shieks Torso und versuchte, ihn ein Stück näher an sich zu ziehen. Eine Emotion, hell und heiß wie reines Sonnenfeuer, verfing sich in den Strängen seines Herzens und leuchtete mit einer solchen Intensität, als wolle es alle Schatten des Zweifels dort hinfort brennen. Und tatsächlich verstummten die argwöhnischen Stimmen in ihm für einen Moment, als seine Augen Links schlafendes Gesicht fanden. Eine sanfte Röte überzog seine Wangen bei dem Gedanken daran, wie es zu dieser Situation gekommen war. Die Erschöpfung der letzten Tage hatte dann schlussendlich doch ihren Tribut gefordert. Nachdem Link ihn nach ihrer Aussprache erneut in eine Umarmung gezogen hatte – die Wärme eines zweiten Körpers, der Atem in seinem Nacken, der seine Brust mit jedem Stoß mit einer schmerzlichen Sehnsucht und gleichzeitig mit einer wohligen Hitze durchflutete… Links Herzschlag, so stark und ein tanzender Puls gegen seine Haut – es war mehr als einfach gewesen, darin zu versinken und zumindest ein wenig zu vergessen. Frieden zu finden und darin zu ruhen.   Auch… wenn es nunmehr… die schwere, feuchte Luft seiner Lungen fächerte zittrig über Shieks Lippen, als Link das Gesicht müde gegen seine Schulter schmiegte. Gleich den Saiten einer Lyra schwangen seine Nerven unter der Berührung des jungen Kriegers und sandten Vibrationen durch seinen Körper. Er würde sich an dieses endlose Mehr von Nähe definitiv noch gewöhn- Shiek stockte, stolperte über die Bruchstücke des Gedankens, der zerbrochen und aufgerieben an der harten Realität ihrer beider Situation sein plötzliches Ende gefunden hatte. Er führte die Hand zu jener Stelle, wo er spüren könnte, wie die lichte Flamme in seiner Brust flackernd um ihr Überleben kämpfte. Wann war Zeit so ein furchtbar endliches Gut geworden? Und doch… etwas… etwas in ihm weigerte sich, dies einfach so zu akzeptieren.   Shieks Blick wanderte hinaus zum Fenster, wo Sterne zwischen den immer noch regenschwangeren Wolken hervor blitzten. Früher waren es Einsamkeit und Sehnsucht gewesen, die ein solcher Anblick in Shiek beschworen hatte. Doch nun trugen sie einen leichten Schimmer von Hoffnung in ihrem Funkeln, denn etwas hatte sich verändert. Oder vielleicht war gar er es, der sich verändert hatte. Nein, eigentlich… und sein Blick wanderte unweigerlich zurück zu der Person, mit der er die Schlafstätte teilte… Link hatte ihn verändert. Hatte alles verändert.   Scheinbar mühelos hatte der Hylianer die Mauern seines Herzens – höher noch als jene des Schlosses, in dessen sein Alter Ego damals der Ankunft des Helden geharrt hatte – überwunden; hatte Schleichwege zu so sorgsam bewachten Emotionen gefunden und nicht aufgegeben, bis er inmitten dieses Irrgartens Shieks Antlitz geblickt hatte, jenseits aller Masken, die das Volk des Schattenkriegers so meisterlich zu tragen verstand. Fast mochte er lachen. Ein wirklich großartiger Shiekah war er. Aber es war auch Links Verdienst, dass keine Bitterkeit diesen Gedanken begleitete. Link hatte einen neuen Morgen in der langen Nacht von Shieks Seele anbrechen lassen, und selbst wenn einige unumstößliche Wahrheiten immer noch lange Schatten im gleißenden Schein der Dämmerung warfen… es war keine Dunkelheit mehr, die sie umgab. Der Shiekah atmete tief ein und aus, spürend wie die letzten Spuren dieses hässlichen Gefühls, das versucht hatte, die Wärme aus seinem Herzen zu rauben, gleich Nebel in der Sonne zumindest zeitweilen schwanden. Versunken ruhten seine Augen auf dem Gesicht des Hylianers. Der selige Frieden auf den Zügen seines Gefährten, erhellt von Mondlicht, welches Strähnen aus Silber in sein goldenes Haar wob – sämtlicher Reichtum Hyrules verblasste gegenüber dem kostbaren Schatz, den er sein Eigen nennen durfte. Es war etwas, das er schützen mochte, jetzt noch mehr als jemals zuvor, und etwas, das er bei sich finden mochte, Morgen um Morgen, Tag um Tag und weit über die Grenzen jener Zeit, die ihm auf dieser Welt vorherbestimmt war. Wünsche, so selbstsüchtig wie jener, nicht nur heute in der Geborgenheit von Links Umarmung aufzuwachen. Wünsche, die er doch niemals an die Göttinnen richten würde, die sie doch beide durch ihre Wahl zu diesem Schicksal verdammt hatten. Ob dieses Gedankens sank sein Herz erneut und seine Schultern wurden hart und steif, und es musste schlussendlich das gewesen sein, was Link geweckt hatte. Mit einem leisen Seufzen kam der junge Mann neben ihm zu sich.   Nebel des Schlafes trübten Links Blick, als seine blauen Augen träge Shieks Rot suchten, und dennoch schien er genauer und sicherer noch als jeder Pfeil des Heroen sein Ziel zu finden. Und aus der Wunde, die er geschlagen hatte, bluteten erneut Licht und Hitze in Shieks Innerstes. Ein Lächeln schlich sich unbemerkt auf seine Lippen und wuchs, als Link es immer noch trunken mit Müdigkeit erwiderte. „…‘orgen.“ „Es ist mitten in der Nacht.“ Er legte seine Hand vorsichtig auf Links Oberarm. „Schlaf, der Morgen kommt früh genug.“ Der Heroe blinzelte, das Saphir nunmehr hell und wach, und der Ansatz eines herausfordernden Grinsens umspielte seine Lippen „Und warum schläfst du dann nicht?“ „Ich… habe schlecht geträumt“, antwortete der Schattenkrieger nach einem kurzen Zögern, und er war sich nicht sicher, was sein Gesicht in jenem Moment preisgegeben hatte – viel zu sehr hatte er sich an die Maske gewöhnt, die den Großteil davon zumeist verdeckte – aber das kämpferische Leuchten in Links Augen wich Verständnis . „Möchtest du drüber reden? Mir hilft das immer.“ Es war … seltsam sich plötzlich im Zentrum von Links Sorge zu befinden, war er doch immer derjenige gewesen, der den Ängsten des jungen Helden so geduldig gelauscht hatte. Es war ein neues Gefühl, ein neues Konzept, ein gänzlich neuer Gedanke und für einen Augenblick wurde sein Rot weit mit Überraschung. Dann konnte er spüren, wie die Emotion durch seine Adern brandete und – gleich Wasser, welches stetig Fels und Stein schliff, gegen den es sich brach – etwas Ehernes in seiner Brust durchlässig und weich werden ließ. Es mochte ungewohnt sein, gestand er sich ein, aber alles andere als schlecht. Dennoch senkte er ergeben den Kopf und schüttelte ihn schwach. „Es war kein schlimmer Traum.“ Link stützte sich ein wenig auf, um Shiek besser sehen zu können. „Und das sagst du nicht nur, um mich zu beruhigen?“ Ein schuldiges Lächeln huschte über die Lippen des Shiekah. Er konnte es seinem Gefährten nicht verdenken, dass er ob der Verschlossenheit des Schattenkriegers jene Worte in Zweifel stellte – es hatte so viele Gründe gegeben, seine Sorgen nicht mit Link zu teilen, und manche würde er wohl nie teilen können, wenn sie in ihrem Kampf gegen Ganondorf jemals auf Erfolg hoffen durften. Aber zumindest dieses Mal konnte er dem Schwertkämpfer eine ehrliche Antwort geben. „Nein.“ Ein nahezu schon erleichtertes Kräuseln fand sich auf Links Mundwinkeln ein und er hob langsam eine seiner Hände; führte sie dem Shiekah entgegen.   Shieks Herz stolperte, als Links Finger federleicht über seine Wange streiften, um das Haar aus seinem Gesicht zu streichen. Es war nur eine unschuldige Geste, und doch… irgendwas schien sich in diesem Moment zu verschieben. Da war ein Aufblitzen von Erkenntnis in Links Augen und er erstarrte mitten in der Bewegung. Seine saphirblauen Iriden fixierten Shieks Gesicht, als wäre es ein völlig neues Ding, bevor sie ihren Fokus kurz darauf völlig verloren und sich eine leichte Falte auf der Stirn des Neunzehnjährigen bildete. Wenngleich der Muskel in seiner Brust immer noch bemüht war, wieder einen gesunden Rhythmus zu finden und er spürte, wie eine leichte Wärme seine Wangen zierte, so löste sich doch unweigerlich ein Lachen aus seiner Kehle. Mal wieder war es viel zu einfach, in Links Gesicht zu lesen. „Was ist es, Link?“ Die Verwirrung stand dem Hylianer sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben. „…was?“ „Worüber du dir den Kopf zerbrichst. Ich kann deine Gedanken fast schon hören.“ „Oh…“ und plötzlich war da Verlegenheit, welche die Wangen des Heroen in ein liebliches Rot färbte. Aber zumindest schien er sich zu erinnern, dass seine Gliedmaßen kein ehern Ding waren und vorsichtig zog er seine Hand ein wenig zurück, ehe er die Augen niederschlug. „Da ist… etwas, das Salia mir über Dinge erzählt hat, die man tut, wenn man verliebt ist. Aber... vergiss es, das ist dumm.“ Link sah kurz auf, nur um Shieks Blick gleich drauf wieder auszuweichen. Lugte verstohlen zu Navi, die zu seiner offenbaren Erleichterung immer noch ihre wohlverdiente Ruhe in der grünen Mütze auf dem Nachtspind genoss. „Du kannst meine Gedanken nicht wirklich hören, oder?“, fragte er kleinlaut, während Farbe und Hitze bis zu seinen Ohrenspitzen wanderten. Für einen Moment wünschte der Shiekah sich tatsächlich, dass ihm diese Fähigkeit gegeben wäre. „Nein“, gab er zu, wodurch sein Gefährte zumindest wieder etwas Fassung zu gewinnen schien. „Ich…“, begann Link, schien es sich dann jedoch anders zu überlegen. „Wir… sollten schlafen“, sagte er nach einem leichten Zögern. „Soll ich…“, setzte Shiek an, mit seinem Kopf bedeutend, ob er Link das Bett überlassen sollte – wurde doch trotz allem diese leise Stimme in ihm laut, dass er die Nähe und Wärme des Hylianers schon viel zu lange ungefragt und selbstverständlich angenommen hatte. Der junge Krieger sah ihn zunächst an, als hätte er die Frage nicht verstanden, dann schüttelte er rasch den Kopf. „Nein.“ Die letzen Spuren der Scham verschwanden aus seinem Blick und seine Hand suchte jene Shieks, umschloss sie sanft. „Bitte. Bleib.“ Und zum ersten Mal fiel es Shiek nicht schwer, das Flüstern in seinen Gedanken zu ignorieren und Links Bitte Folge zu leisten.     Der nächste Morgen brach stahlgrau und kühl über sie hinein, versteckte die Sonne hinter einem bleiernen Tuch, das weiteren Regen versprach. Auch war es Kälte, zu der Link an seiner Seite erwachte, und für einen Moment sank sein Herz schwer mit Enttäuschung – doch jener dauerte nur so lange an, bis er langsam die Augen aufschlug. Shiek stand neben dem Bett am geöffneten Fenster, den Blick in die Ferne gerichtet, das Profil ernst, die roten Augen hart. Ein unsichtbares Gewicht schien einmal mehr auf seinen Schultern zu lasten, doch dieses Mal glaubte Link, dass er es ihm nehmen konnte. „Du bist kein Langschläfer, oder?“, sagte er leichtherzig in die Stille des Raumes hinein. Shiek zuckte kurz zusammen, ehe er sich fing und seine Augen auf Link fielen. Es verstrichen einige wenige Sekunden, in denen er zahlreiche Worte hinter seinen Lippen abzuwiegen schien, um schließlich mit einem einfachen, leicht resigniertem „Nein“ zu antworten. „Du könntest dir ein Beispiel an ihm nehmen“, kommentierte Navi irgendwo über ihm und er ließ den Blick kurz nach oben wandern. „Ich bin ein denkbar schlechtes Vorbild, kleine Freundin“, entgegnete Shiek noch ehe Link eine schlagfertige Antwort gefunden hatte, wenngleich er nicht umhin kam zu bemerken, wie müde er dabei klang und ein leichter Verdruss seine Stimme kleidete. Doch bereits in seinen nächsten Worten schwang wieder der Hauch eines Lächelns mit. „Lass unserem Helden seinen Schlaf, er bringt schon genug Opfer.“ Der Heroe war sich nicht sicher, ob es Verlegenheit oder sein rasch schlagendes Herz war, welches Blut zu seinem Gesicht trug und seine Wangen wärmte.„Shiek…“ „Es ist wahr“, erwiderte der Shiekah sanft, wenngleich stumme Schuld die Wärme in seinen Augen trübte. Navis schicksalsergebener Seufzer ließ den Moment zerbrechen.  „Eine Fee weiß, wann sie einen taktischen Rückzug anzutreten hat…“ kommentierte sie mit etwas mehr Dramatik als vielleicht nötig und ließ sich zwischen den goldenen Längen von Links Haar nieder. Ein schiefes Lächeln zog an den Mundwinkeln des Hylianers und seine Aufmerksamkeit wanderte zurück zu seinem Gefährten. „Du sahst gerade so nachdenklich aus, Shiek. Was ist los?“ Er richtete sich auf, das leichte Ziehen in seinen Rippen ignorierend.     Shiek überlegte kurz, wie viel er Link erzählen konnte. Da war ein leises Aufblitzen von Schuld in seiner Brust während er daran dachte, wie er mit seiner Zurückweisung gegenüber Link indirekt zu dieser Situation beigetragen hatte.  „Es ist Impa. Ehe…  du kamst, hat sie mir geholfen und ist dann in Richtung des Schattentempels aufgebrochen. Sie ist seitdem nicht zurückgekommen.“ „Ich wusste garnicht, dass du Impa kennst“, erwiderte Link, worauf sich ein fast schon nostalgisches Lächeln auf Shieks Lippen schlich. Kennen war so ein furchtbar schwaches Wort für das, was ihn mit der Assassine verband. „Sie… lehrte mich die Gebräuche der Shiekah und…“ Shiek stockte. Sie war so viel mehr gewesen als nur ein Kindermädchen. Freundin. Beraterin. Mutter. Impa hatte seinen Blick auf diese Welt geprägt wie niemand anderes und es war kaum mehr verwunderlich, dass die Kehrseite von Zeldas Seele sich in der Gestalt eines Shiekah manifestiert hatte. „… und ich verdanke ihr viel.“ „Und du machst dir Sorgen um sie.“ Es war nicht, dass er Impas Fähigkeiten nicht vertraute, aber… „… ja.“ Es war immer noch so schwer, Schwäche gegenüber einer anderen Person einzugestehen, verzieh dieses Hyrule doch keine einzige davon. Aber Link gab ihm den Mut dazu – jener Mut, der nun auch im Saphir von Links Augen aufflackerte und einen Entschluss schmiedete, noch ehe der Schattenkrieger die Möglichkeit in den Raum gestellt hatte. „Dann…“, setzte Link an, worauf Shiek bestätigend nickte.   „Ich kann dich die Melodie lehren, die dich zum Tempel bringt, aber…“ Die zögernde Pause, die sich nach seinem Einwurf zwischen ihnen ausbreitete, verrieten seine Zweifel nur allzu deutlich. Link hatte sich kaum von der Attacke des Schattenwesens erholt und Shiek – ähnlich wie damals in der Eisgrotte – widerstrebte der Gedanke, dass der Hylianer sich so erneut der Gefahr stellen sollte, mehr als nur zutiefst. Gleichsam ahnte er, dass jede Stunde, die sie länger warteten, gerade jener formlosen Dunkelheit in die Hände spielte und sie stärkte – sie sich an den verdarbten Schatten innerhalb des Tempels nährte. In einer gerechteren Welt hätte er sich selbst dieser Aufgabe angenommen, doch zu viel stand auf dem Spiel, als dass er sich wissentlich in solch eine Gefahr begeben könnte. Wenn er scheiterte, war es nicht nur sein eigenes Leben, das er verlor. In einer gerechteren Welt hätte er Link vielleicht sogar begleitet, wäre des Helden Schwert und Schild gewesen, wenn Link das eigene versagte. Aber weder konnte er sicher sein, dass es nicht wieder Link sein würde, der sein Leben unnötig aufs Spiel setzte, um Shiek aus einer Gefahr zu retten, noch konnte der Shiekah sagen, wie weit Ganondorfs Blick tatsächlich reichte. „Ich mach das nicht, weil ich muss“, erwiderte Link auf das Stocken des Shiekah und etwas im Blau von Links Iriden verriet dem Schattenkrieger, dass der Schwertkämpfer sich sehr wohl bewusst war, was dies für sie beide bedeutete. „Impa ist auch meine Freundin.“ „Natürlich“, erwiderte Shiek, mehr zu sich selbst als dem Hylianer. „Verzeih, Link.“ Der Neunzehnjährige zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Wofür?“     Wärme lag in Shieks Blick, als er ihn ansah und leicht den Kopf schüttelte, ehe sich Sorge damit vermischte. „Was ist mit deinen Verletzungen? Wirst du kämpfen können?“ Link schwang seine Beine über die Bettkannte. Ihnen lastete immer noch eine bleierne Schwere an – dennoch bemühte er sich, die Bewegung leicht wirken zu lassen. Er wollte Shiek nicht noch mehr Sorgen machen als ohnehin schon, wollte nicht, dass sein Gefährte sich grämte, während er den Gefahren des Tempels die Stirn bot. Zumal ihm Shieks ehrliches Interesse an seinem Wohlergehen Herz und Glieder mit ungeahnter Kraft erfüllte. Er lächelte keck. „Nach einem kleinen Bad in der Feenquelle hier am Friedhof? Auf jeden Fall.“ Er stand auf, vielleicht ein wenig zu rasch, und war sich kurz nicht sicher, ob es der Raum oder er selbst war, der schwankte. „Link!“, hörte er Navis helle Stimme und sah ihr aufgeregtes Flimmern am Rande seines Blickfeldes, das sich erschreckend rapide verkleinerte. Er schloss die Augen und versuchte, das Gefühl des Schwindels niederzukämpfen; seinen Körper aufrecht zu halten. Aber genauso plötzlich, wie sich seine Welt angefangen hatte zu drehen, so stoppte sie auch wieder, als sich Shieks Hände stabilisierend auf seine Oberarme legten. Nun war es Link, der dem Blick des anderen Mannes nicht begegnen konnte. Es war das dritte Mal innerhalb kurzer Zeit, in dem Shiek seinen geschwächten Körper stützen musste und eigentlich wollte er dies nicht zur Gewohnheit werden lassen. Erst nachdem einige Augenblicke einer fast schon atemlosen Stille zwischen ihnen verstrichen waren, öffnete er langsam die Lider. „Kommt jetzt der Moment, wo du mir etwas über falschen Heldenmut erzählen wirst?“, fragte er schuldbewusst und in einem Versuch, die angespannte Stimmung zu brechen. „Dann hör ihm besser gut zu“, kommentierte Navi und ihre Worte waren durchdrungen von Besorgnis und Vorwurf. Er spürte einen leichten, mahnenden Zug an einer seiner Haarsträhnen, ehe das Gewicht ihres kleinen Körpers sich gegen die Seite seines Kopfes legte. „Erschreck mich doch nicht so.“ „Es tut mir leid“, erwiderte Link und meinte es. „Ich glaube, ich muss unserem Helden nichts mehr erzählen, Navi.“ Shieks Worte waren sanft und keine Schelte lag in ihnen. Endlich erlaubte sich Link, wieder in das Antlitz seines Gefährten zu blicken. Das kurze Aufflackern von Furcht hatte seine Spuren in den feinen Linien von Shieks Gesicht hinterlassen, doch es war Verständnis, welche sie nun überlagerte und verblassen ließ. Seine Mundwinkel verrieten den Hauch eines Lächelns und er spürte den leichten Druck von Shieks Fingern gegen seinen Bizeps. Link erwiderte die Geste mit einem leichten Nicken, ehe der Schattenkrieger fragte: „Wirst du gehen können, Link?“ „Mit deiner Hilfe? Ja.“   Es war ein langsamer Weg durch ein gerade erst erwachendes Kakariko gewesen, den die beiden jungen Männer beschritten hatten, doch der Schwere in seinen Beinen und dem bedrohlichen Grollen tief im Boden unter ihren Füßen zum Trotz fühlten sich Links Schritte mit Shiek an seiner Seite leicht an. Leichter jetzt noch, als sie sich an den Abstieg in das unterirdische Gewölbe machten, welches wie vielerorts hier durch Hyrule eine Zufluchtsstätte der kleinen Waldgeister waren. Link wusste nicht, wer diese Quellen einst errichtet hatte, aber es hatte seit jeher etwas Vertrautes gehabt, wenn er in diesen Orten einkehrte. Sämtliche Schwere schien unter den weißen Steinbögen aus seinem Herzen zu weichen. Und als seine Augen auf das flache Wasserbassin fielen, blau leuchtend in einem unirdischen Licht, welches aus reiner Magie geboren war, wusste er, dass er die letzten Schritte auch allein schaffte. Vorsichtig zog er seinen Arm von Shieks Schulter und als er dem fragenden Blick seines Gefährten begegnete, bedeutete er ihm mit einer stummen Geste seines Kopfes und dem selbstsicheren Kräuseln seiner Mundwinkel seine Absicht. Verstehend trat der Shiekah zur Seite und ließ ihn voranschreiten.     Der tanzende Kreis der Feen teilte sich, um den Heroen in ihrer Mitte zu empfangen. Ein nostalgisches Lächeln schlich sich auf Shieks Lippen. Er dachte zurück an ihren gemeinsamen Tag im Feenhain inmitten der Verlorenen Wälder. An das Strahlen auf Links Gesicht – dieses unverfälschte Licht, in dessen Mittelpunkt er sich plötzlich wiedergefunden hatte. Damals war es ihm gleißend inmitten seiner Dunkelheit erschienen und er, hilflos und geblendet, hatte für einen Moment nichts anderes tun können, als dem jungen Krieger blind zu folgen. Nie hätte er gedacht, dass ihn dieser Weg zu diesem Moment führen würde. Hier, zwischen den marmornen Arkaden dieser anderen Quelle, wieder zusammen mit Link, dessen Züge erneut ein sanftes Leuchten zierte. „Shiek.“ Links Stimme war ein melodischer Bass, begleitet von den glockenhellen Stimmchen der zahlreichen geflügelten Wesen, die in ihrem unbesorgten Spiel lachten. „Komm rein. Das Monster hat dich doch auch verletzt.“   Shiek war so gefangen von dem Bild vor ihm, dass er nicht sofort auf Links Worte reagierte. Erst als er einen leichten Druck gegen seine Schulter spürte, begleitet von dem hellen Flirren eines Flügelpaares, schien die Starre zu brechen und er trat instinktiv einen Schritt vorwärts. „Nun geh schon“, ermutigte ihn Navi. Der Ansatz eines Lächelns huschte über Shieks Lippen, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf Link richtete und Navis Worten – und somit auch Links – Folge leistete.   Das Wasser war nur wenige Zentimeter flach, und doch hatte Shiek das Gefühl zu ertrinken, als er die Finger in Links ausgestreckte Hand legte und neben den Hylianer in die Quelle trat.Atem verfing sich stockend in seiner Kehle und sein Puls raste. Die Festen der Welt schienen um ihn herum wegzubrechen, und mit ihnen die Zeit selbst. Er fand sich treibend in der Tiefe der Emotion, die sich weit und klar hinter dem Saphir von Links Augen erstreckte; magischer noch als das Licht der Quelle, welches die blauen Iriden erhellte und gewaltiger als jeder Ozean, dessen Bild er in seinen Gedanken beschwören konnte. Das zarte Leuchten der Feen umspielte ihrer beider Körper, aber er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob das Kribbeln auf seiner Haut und in seiner Magengrube ihrer heilenden Energie zuzuschreiben war. Vielmehr… da war ein Empfinden von Schwerelosigkeit, welches sein ganzes Wesen durchwirkte – und vielleicht ertrank er auch nicht – vielleicht war es auch ein Schweben; ein Fliegen, sein Herz ein flatternder Banner im Wind. Shieks nächster Schritt kam als ein Stolpern – seine Füße plötzlich schwer und ungelenk inmitten all der Leichtigkeit –, und er taumelte gegen Link, sah zu ihm auf. Da war eine Frage, die sich hinter Links Lippen formte, sich dann jedoch gleichsam dort wieder verlor. Stattdessen wanderte die Hand des Hylianers zu seiner Wange, war kühl gegen die glühende Hitze unter ihrer Oberfläche, und jagte ein Schaudern über Shieks Rückgrat. „Dein Gesicht…“, atmete der Heroe, den Daumen über die heiße Haut streichend, ehe seine Finger leicht zitternd die Linie seines Gesichts umschrieben, um schließlich unter Shieks Kinn zur Ruhe zu kommen.     Link wusste genau, dass er noch etwas hatte sagen wollen. Über die Farbe auf Shieks Wangen. Die Wärme im Rot seiner Augen. Die Lippen, die in atemloser Erwartung halb geöffnet waren. Doch mit einem Male schien alles so unwichtig. Jeglicher Gedanke so unbeständig, dass ihn der Flügelschlag einer Fee verwehte. Und das einzige, was nun zählte, hier inmitten glimmernder Lichtpunkte aus Rosa und dem magischen Leuchten aus Azur, war… Da war immer noch diese riesige Nervosität in ihm, monströs und beängstigend, aber gleichzeitig auch eine neue Selbstsicherheit, ein Funken Mut, der schnell wuchs und hell brannte. Er beugte sich vor, die Augen schließend, und legte seine Lippen sanft auf jene des Shiekah.   Der Kuss war wie Musik, wie die bittersüße Rhapsodie eines vielstimmigen Orchesters. Sein Innerstes sang, während sein Herz in einem schnellen Stakkato gegen seinen Brustkorb trommelte. Unsichtbare Geigen und Harfen stimmten mit einer beschwingten Weise ein, liebliche Noten, zu denen das Blut in seinen Adern tanzte. Shieks Lippen lagen vorsichtig, fast keusch gegen die seinen, und dennoch konnte er das Lächeln spüren, zu dem sie sich verzogen hatten.Und auch Link lächelte, konnte nicht anders, berauscht vor Glück und einer unbändigen Freude, so unbeschreiblich groß, dass sie ihn gänzlich erfüllte. Fast war ihm, als würde der leuchtende Reigen der Feen um sie herum ihn auch nunmehr selbst durchwirken; ein wohliges Kribbeln bewegte sich leichtfüßig über seine Haut und erfüllte gleichsam seine Magengrube; als wäre sie ein Festplatz voller Licht und Leben für die kleinen Waldgeister. Schnell jedoch erkannte Link, dass dieses Gefühl nicht von den geflügelten Wesen um sie herum ausging, sondern allein aus der Berührung des Mannes vor ihm erwuchs, dessen Körper nunmehr bar jeglicher Anspannung gegen den seinen lehnte.   „Oh.“ Es war ein leiser, melodischer Ton, der sich aus Shieks Kehle löste, als sich ihre Münder schließlich voneinander trennten. „Oh?“, wiederholte Link fragend, und das Blau seiner Augen fand das Gesicht des anderen Mannes. Die feinen Züge des Shiekah waren gelöst und so voller Liebe, dass Link meinte, der Muskel in seiner Brust müsse jeden Moment bersten unter der beständigen Flut dieser Gefühle, die so viel mächtiger und erhabener als er selbst waren. „Oh Link“, erwiderte Shiek, hob die Hand zum Kopf des Hylianers und nun war er es, der seine Lippen auf jene des Heroen senkte. Die Harmonie in seinem Herzen schwoll erneut an; wuchs zu einem grandiosem Crescendo, als wäre Shiek ein Dirigent, der die Musik in Links Innerem leitete. Ihr erster Kuss wirkte nunmehr wie eine Ouvertüre, lag doch etwas Neues in der Berührung von Shieks Lippen; eine Hitze und ein verzehrendes Feuer, das auch auf ihn überspringen zu schien und sein Innerstes hell erstrahlen ließ. Sein eigener Puls trommelte in seinen Ohren und plötzlicher Hunger wurde in Link laut; ein Hunger, von dem der Hylianer nicht wusste, wie er ihn sättigen sollte, bis die Spitze von Shieks Zunge sanft gegen seine Lippen tippte.   Es war viel zu einfach, dieser stummen Bitte Folge zu leisten und … nie hätte Link gedacht, dass da so viel mehr in einem Kuss liegen könnte als der Ausdruck von Zuneigung. Aber wie so oft belehrte Shiek ihn eines Besseren: Die Flammen des Todesberges schienen in ihm zu brennen, ohne jedoch zu schmerzen und im gleichen Moment war er sanft wie das erste Licht des Morgens, welches das schlafende Land erwachen ließ. Ein Geschmack, rein wie der Schein der Sterne in einer mondlosen Nacht und gleichsam süß wie goldener Honig, erfüllte zusammen mit Shieks Zunge seinen Mund. Links Hände suchten den Rücken des anderen Mannes, weil er das Gefühl hatte zu fallen – in diesen Kuss hinein und die endlose Weite der Emotion dahinter. Ein leises Seufzen löste sich ob der Berührung aus der Kehle des Schattenkriegers und vibrierte gegen seine Lippen; eine Note so hell und klar, dass ihr Widerhall seinen gesamten Körper erfüllte. Links Hände wanderten, entlockten der Brust des Shiekahs weitere, liebliche Töne der Zustimmung und kamen schließlich auf den Schultern seines Gefährten zum Ruhen. Ewigwährende Augenblicke, durchwirkt von einer wohligen Wärme, schienen zwischen den Taktschlägen seines Herzens zu vergehen und aus ihnen erwuchs ein knisterndes Feuer in seiner Mitte, genährt von der Nähe zu Shiek. Für einen Moment verging die Musik in ihm, machte einer erwartungsvollen Stille Platz. Doch noch ehe Link sich fragen konnte, worauf er genau wartete, fanden Shieks Hände den Weg in seinen Nacken und alles in ihm zerbarst in einem Paukenschlag aus Farben, Licht und Melodie. Die feingliedrigen, wanderden Finger des Schattenkriegers entzündeten immer neue, kleine Explosionen in seinen Nerven – Feuerwerke am Horizont seiner Seele – und da war wieder dieses Gefühl von Schwindel. Er schwankte, seine Beine mit einem Mal viel zu schwach ihn zu tragen, und die ungewollte Bewegung löste die Verbindung ihrer Münder zeitweilen. Das verlegene Lachen, welches seine Mundwinkel kräuselte, fand sich auch auf Shieks erhitztem Gesicht, als er entschuldigend seinem Blick begegnete, und dennoch war es so schwer, Shieks Lippen nicht wieder augenblicklich mit den seinigen zu versiegeln – rot glänzend schienen sie so viele wortlose Versprechungen zu flüstern. Plötzlich verstand Link, warum das Pärchen am hylianischen Marktplatz offenbar solche Probleme hatte, von einander abzulassen, und das sehnsuchtsvolle Echo dieser lieblichen Musik, das immer noch in ihm nachklang, machte die Sache nicht einfacher. Er atmete tief aus, suchte nach Worten, welche ihm jedoch tausendfach entkamen, hinweg gespült vom puren Glück, das er von Shieks Lippen getrunken hatte. Der Shiekah löste seine Hand aus Links Nacken und legte sie auf die Wange des Heroen, während ein Lächeln sein Gesicht erhellte, und Link konnte nicht anders, als sich genießerisch in die Berührung zu lehnen. Alsbald fand er seine Stirn gegen jene Shieks gelehnt und seine Arme in einer losen Umarmung hinter dem Nacken des Schattenkriegers verschränkt. Eine neue Melodie erfüllte sein Herz, klar und hell und sanft, und für den Moment war alles gut.   „Muss… muss ich Hyrule retten? Können wir nicht weiter… das tun?“ Link merkte schnell, dass er den flüchtigen Gedanken laut ausgesprochen hatte, denn das liebliche Rot auf Shieks Wangen verdunkelte sich schlagartig, ehe sich ein Prusten von Shieks Lippen löste und ein tonloses Lachen seine schmale Gestalt in Links Armen regelrecht erbeben lies. Doch nur allzu schnell erstarb es wieder, als Melancholie das fröhliche Funkeln in Shieks Augen verdunkelte und Resignation den glücklichen Ausdruck in seinem Gesicht verzerrte. Ein Seufzen lag in dem Atem, den er langsam ausstieß. „Ich fürchte, das ist leider nicht möglich.“ Link wollte das Licht in Shieks Zügen so gerne erhalten, doch auch er merkte, wie ihm der Moment zu entgleiten begann. „Der Schattentempel, nicht wahr?“, erwiderte er, und hob kurz den Kopf, als er Navis unverkennbar helles Flügelflattern neben seinem Ohr hörte. Damit war dieser süße Augenblick, den sie der Zeit gestohlen hatten, wohl tatsächlich vorüber. Widerwillig löste er seine Umarmung und trat einen Schritt zurück. Er versuchte seine Enttäuschung zu verbergen, obgleich das nicht einfach war, wenn die Luft vor ihm sich so kalt und leer anfühlte. Shiek nickte. „Ich fürchte, es ist nicht gut, wenn wir noch sehr viel länger warten.“ „Was meinst du damit?“, fragte Link und da war ein Aufblitzen von Schuld in den rubingleichen Seelenspiegeln Shieks, ehe er sprach.     „Der Schattentempel… ist nicht wie die anderen Tempel, die du bisher betreten hast.“   Shiek würde lügen, wenn er nicht wüsste, warum die Schatten innerhalb des Tempels von Böswilligkeit erfüllt waren. Es war das dunkelste Geheimnis in der jüngeren Chronik der Königsfamilie und das umstrittenste Urteil von Zeldas Vater gewesen, auf das auch kein Shiekah, deren Obhut das Heiligtum seit Generationen unterlegen hatte, mit Stolz zurückblickte. Die geweihten Gänge waren während des Bürgerkrieges nicht nur Orte der Folter gewesen – sondern auch ein grausames Grab, als man die Verräter schlussendlich in jenem Tempel versiegelt hatte. Impa selbst war zum Zeitpunkt dieser Ereignisse noch ein junges Mädchen gewesen, zu klein, um dieser Taten schuldig zu sein, und doch alt genug, um die Bürde ihres Gewissens zu tragen. Die Gründung Kakarikos war ihr Akt der Versöhnung gegenüber all den ruhelosen Seelen gewesen war, Shiek wusste das aus ihren Erzählungen. Doch wie es schien, waren ihre Mühen leider vergeblich gewesen und der Hass der damaligen Aufwiegler ungebrochen, wie die gestrigen Geschehnisse mehr als deutlich bewiesen hatten.   „Ist er dunkel?“ Es war offensichtlich, dass Link die Frage gestellt hatte, um die schwere Stimmung zu brechen. Und tatsächlich huschte kurz ein Lächeln über Shieks Lippen, als Navi zischend an Links langen Ohren zog und der junge Held mit einem gequälten Laut die Augen zusammenkniff. Doch nur allzu schnell erstarb es wieder. Der Schattenkrieger schüttelte leicht den Kopf.   „Dem Tempel wohnt eine Finsternis inne, die nicht allein aus Ganondorfs Boshaftigkeit geboren ist. Dort… sind Mächte am Werk, die einen Groll gegen alles Lebende hegen, weil ihnen selbst jenes geraubt wurde.“ „Das…“, setzte Link an, sein Mund eine verunsicherte, schiefe Linie. Er verzagte, schlug kurz die Lider nieder, atmete tief ein. Und als er seine Augen wieder öffnete, brannte ein Feuer der Entschlossenheit in den blauen Seelenspiegeln. „… das schaffen wir schon, nicht wahr, Navi?“, entgegnete er schließlich, den Blick auf den leuchtenden Körper seiner Fee gerichtet. „Natürlich. Ich pass schon auf dich auf“, erwiderte sie selbstsicher. Der Hylianer gab einen protestierenden Laut von sich, dem aber mehr als offenbar die Härte und Ernsthaftigkeit dahinter fehlte, und Shiek kam nicht umhin, Links kleine Begleiterin zu beneiden. Der Wunsch, Link vor der Finsternis zu schützen und durch die Dunkelheit des Tempels zu leiten, leuchtete immer noch hell in ihm. Sein Blick glitt unweigerlich zu seinem rechten Handrücken, wo unter weißen Bandagen das göttliche Mal verborgen lag. Es war, was ihn an diese Rolle band, dieser Teil eines Artefaktes, das so alt war wie Hyrule selbst, doch gleichzeitig war es reine, mächtige Magie – so völlig anders als jene, die Zeldas Seele zueigen war. Seine Finger ballten sich zu einer Faust, als sich ein Entschluss in ihm festigte. Natürlich war es riskant, wenn er von der goldenen Kraft schöpfte. Aber hier, an einem Ort wie diesem, der unter Hylias Segen stand, hoffte er zu glauben, dass es nicht auffiel, wenn er einen winzigen Teil davon benutzte. Link ging so viele Risiken für das Wohl Hyrules ein, und der Shiekah war mehr als bereit, dieses eine Risiko für Links Wohl einzugehen. Er spürte das leichteste Kribbeln in seinem Fragment, als er die Magie in seiner Handfläche beschwor. Mit einem kurzen Leuchten manifestierte sich eine blaue Sphäre zwischen seinen Fingern, in deren Mitte Reigen aus Licht tanzten. „Link?“, unterbrach er das freundschaftliche Geplänkel zwischen dem Heroen und seiner Fee.  „Nimm dies“, erklärte er, nachdem er Links Aufmerksamkeit hatte und legte seine freie Hand sanft um Links behandschuhte Faust. Er hob sie an und legte die kristalline Magie in seine Handfläche. „Der Zauber nennt sich Nayrus Umarmung und wird dich schützen.“ Er beobachtete, wie sein Gefährte die leuchtende Kugel in seiner Hand zunächst erstaunt betrachtete, ihr Licht vielfach in seinen gleichfarbigen Augen gebrochen, ehe er sie mit einem Lächeln zu seinem Herzen führte. „Danke.“ Shiek schüttelte leicht den Kopf. „Es ist das Mindeste, was ich tun kann. Pass auf dich auf, Link.“     Shieks Worte klangen noch in seiner Erinnerung nach, ebenso wie der Nachhall der Nocturne des Schattens, die ihn zum Eingang des nächsten Heiligtums gebracht hatte. Eine getragene Weise, tief und weit wie das Schwarz hinter den Sternen und doch vertraut wie der eigene Umriss, den die Sonne auf den Boden malte. Eine Melodie, die daran erinnerte, dass Schatten und Dunkelheit nichts Böses waren, und dennoch… Ein Schaudern jagte über Links Rücken, als er den Tempel betrat. Es war, als würde er in das Maul eines riesigen Monsters treten. Ähnlich dem Kokiri-Wald schien das alte Gemäuer ein Bewusstsein zu besitzen, nur dass dieses weitaus… lebendiger war. Und bösartiger. Link konnte die Missgunst spüren, die rings um ihn unsichtbar und dennoch fast schon greifbar zwischen dem Gemäuer hing. Die Luft, die durch die Gänge dem Ausgang entgegenwehte, trug den unverkennbaren Geruch von Verwesung und Tod mit sich und ihm war, als ob ein Flüstern in dem Windzug lag. Scharfe, hohle Stimmen, die von Hass und Verrat erzählten und Verderben auf die unglücklichen Seelen hinab wünschten, welche die dunklen Pfade des alten Heiligtums durchwanderten. Er griff in seine Gürteltasche, wo warm und fest die kristalline Magie von Shieks Zauber ruhte, und atmete tief durch. Shiek hatte ihn gewarnt, dass dieser Tempel seine härteste Probe werden könnte, dass mehr als Ganondorfs Mächte hier am Werk waren. Dass der Fluch nicht allein auf dem Wirken des dunklen Großmeisters beruhte.   "Alles in Ordnung?" Navis feines Stimmchen mischte sich in Links Gedanken und der Heroe öffnete langsam die Lider, die er während seines Atemzugs geschlossen hatte; er blickte zu seiner Gefährtin. Der Hylianer hätte lügen müssen, wenn er sagte, dass er keine Angst hätte. Aber –  seine Finger ruhten auf der Oberfläche der blauschimmernden Sphäre –  das war nichts Schlimmes mehr. „Ja. Lass uns gehen.“ Mit diesen Worten schritt er voran, hinein in die Schatten.     Shieks Warnung war mehr als rechtens gewesen, dachte Link, während er zur reich verzierten, großen Tür aufblickte, die zum inneren Heiligtum führte. Das weitläufige Tempelgewölbe lag in seinem Rücken; ein Gemäuer, in dem sich unsägliche Gräueltaten zugetragen haben mussten: Es war ein Labyrinth voller heimtückischer Illusionen und grausamer Fallen gewesen, die gleichsam viele Lebenslichter gestohlen haben mussten, sofern er nach den Spuren des getrockneten Blutes und den Überresten der Gebeine ging. Irgendetwas an diesem Tempel fühlte sich einfach… falsch an. Es war keine Sekunde vergangen, in der sich Link nicht wie ein Fremdkörper gefühlt hatte, dass seine Anwesenheit nicht erwünscht war und ihm etwas in dieser alten Kultstätte – egal wie – ein Ende setzen wollte. Etwas, das invasiv und erdrückend auf seinen Gedanken lag und versuchte, sein Urteilsvermögen zu trüben. Mehr als einmal hatte ihn Navis Feinfühligkeit vor einem fatalen Fehler bewahrt, ihn zurück auf den richtigen Weg geleitet. „Danke“, sprach er in die Stille hinein. „Wofür?“, fragte Navi. „Für deine Hilfe. Ohne dich hätte ich das nicht geschafft.“ „Ich weiß, dafür bin ich ja da.“ Trotz der drückenden Stimmung um ihn herum löste sich ein schwaches Lachen aus seiner Brust – ein Ton, der fremd und verloren in diesen Gemäuern klang. Navis Selbstbewusstsein war wahrlich bei weitem größer als ihr kleiner Körper. „Außerdem würde mir Shiek es niemals verzeihen, wenn ich zulasse, dass dir etwas passiert“, fügte sie hinzu, als das leise Echo von Links Erheiterung verklang. Der Held der Zeit zog eine Augenbraue nach oben. „Was?“ fragte Navi. „Du magst ihn“, stellte der Schwertkämpfer fast schon ein wenig amüsiert fest. „Natürlich mag ich ihn. Er ist ja auch etwas… Besonderes“, erklärte sie und Link spürte ein warmes, helles Licht in seiner Brust aufleuchten, das trotz all der Finsternis, welche kalt aus sämtlichen Gängen hier blutete, niemals verlöschen würde. „Ja, das ist er“, erwiderte der Hylianer, die Hand über seinem Herzen.  „Bereit?“, fragte er schließlich, wie bereits in so vielen Tempeln zuvor – auch wenn er wohl niemals völlig bereit für diese schweren Kämpfe sein würde. Doch jetzt war ein ebenso guter Zeitpunkt wie jeder andere, ihn zu bestreiten. Und mit Navis mittlerweile so vertrautem „Bereit!“ legte er die Hand auf das Portal.   Der Raum, den er betrat, war klein und unscheinbar – bis auf einen gemauerten Schacht, der in seiner Mitte im Boden aufklaffte. Link schritt langsam und vorsichtig an den Rand der Grube heran und ihm war, als würde er den Schlund eines riesigen Ungeheuers starren. Obwohl er schwach die Konturen des Raumes darunter erkennen konnte, war da Schwärze, die an den Grenzen dieses einsehbaren Bereichs lauerte; eine Dunkelheit so schwer und dicht, dass sie gleich eines ehernem Gewichtes gegen seinen Brustkorb drückte – selbst hier oben in dieser kleinen Kammer. Ein hohler Hunger schien dieses viel zu präsente Nichts zu erfüllen, zusammen mit der Bereitschaft, ihn gierig zu verschlingen, sobald er auch nur einen Schritt in die Düsternis hinein wagte. Beute, schoss es ihm durch den Kopf, das war er in den unsichtbaren Augen dieses formlosen Monstrums. Er zog Schwert und Schild und setzte sich an den Rand des Schachtes, ließ seine Beine in die Leere darunter baumeln. Er konnte die Angst spüren, die kühl in seiner Magengrube saß, und nahm einen tiefen Atemzug. Er konnte es schaffen. Er war nicht allein, war es niemals gewesen. Der Gedanke brannte heiß in seinem Herzen, griff nach der Furcht in seinem Bauch und ließ sie eine Flamme grimmiger Entschlossenheit werden, welche die Düsternis aus seinen Gedanken vertrieb. Beute, wiederholte er jenes Wort stumm, aber es hatte seinen Schrecken verloren. Er war nicht wehrlos und nicht allein, und wenn das Ungeheuer meinte, in ihm ein Mahl gefunden zu haben, dann würde es den Biss seiner geweihten Waffe zu spüren bekommen „Navi?“ Das Licht der Fee glitt langsam am Mauerwerk hinab, erhellte für einen Moment den Raum darunter und stieg dann wieder zu ihm hinauf. „Es ist nicht tief, du kannst springen und der Boden…“, erklärte sie und zögerte dann kurz „Es ist auf jeden Fall kein Stein, eher wie das Fell einer Trommel.“ Auch wenn es zunächst wie eine Verbesserung gegenüber kochenden Lavagruben und todbringenden Flüssigkeiten wirkte, Link wollte nicht allzu viel darauf geben, auch wenn Navi damit wahrscheinlich nur sagen wollte, dass die Oberfläche seinen Sturz federn würde. „Unser Gegner?“   „Es ist… irgendwie überall, Link. Tut mir leid.“ Das hatte er befürchtet. „Schon gut. Bleib einfach dicht bei mir.“   Mit einem dumpfen, leeren Geräusch kamen seine Füße auf dem Boden auf. Er spürte die Vibration in seinen Beinen, als der Ton weitergetragen wurde, und gleichsam, wie ihn das lederartige Material wieder einige Zentimeter nach oben warf. Noch ehe er großartig Zeit hatte, sich zu orientieren, war da eine weitere Erschütterung vom anderen Ende der Plattform, die ihn erneut mit dem Gleichgewicht kämpfen ließ, und eine weitere, und noch eine. Ein wilder, manischer Rhythmus voller boshafter Freude. Links Augen schnellten zum Zentrum des Bebens und obwohl er während seines Abenteuers auf einige von Ganondorfs abscheulichen Bestien getroffen war, konnte er sich der Welle der Übelkeit nicht erwehren, die nun wie das Donnergrollen der Trommeltöne durch seinen Körper rollte. Zwei riesige, körperlose Hände schwebten vor ihm in der Luft, erschreckend menschlich, wenngleich das Fleisch, welches sie kleidete, faulig und krank wirkte und blaugrün unter der fahlen Haut schimmerte. Zwischen den abgeschlagenen Stümpfen hing ein langer Augenstiel, der sich grotesk aus der Dunkelheit dahinter schälte und im selben Moment den Körper dieses Ungetüms zu beschreiben schien. „Igitt…“ Navis Tonfall war voller Ekel und verlieh Links Empfinden den perfekten Ausdruck. Die gewaltige, rotgelbe Iris des Monsters starrte ihn mit tückischem Kalkül an… und dann war sie plötzlich verschwunden. Mit einem Fluch auf den Lippen wich Link der Hand aus, die versuchte, ihn von der Plattform zu fegen. Fast hätte er die Balance verloren, als die andere Pranke fest auf die Kampffläche trommelte und sie erbebenen ließ. „Navi?“, rief er, während der Boden unter seinen Füßen erneut erzitterte und er versuchte, etwas Abstand zwischen sich und seinen Gegner zu bringen. „Ich kann es nicht sehen, aber ich spüre, wo es ist. Setz die Hände außer Gefecht und ich kann dir zeigen, wo du zuschlagen musst“, antwortete sie. Schnell musste Link einsehen, dass ihm Schwert und Schild momentan herzlich wenig nutzten, und er löste seinen Kurzbogen vom Rücken. Der Hylianer atmete tief ein, versuchte sich zu konzentrieren, und ließ den einen Pfeil durch die Dunkelheit in Richtung der trommelnden Stümpfe schnellen, worauf eine der beiden Hände erneut versuchte, ihm habhaft zu werden. Ein hässliches, gutturales Keckern erfüllte die Luft, als Link ihr nur um Haaresbreite auswich. Und kaum, dass er durch einen kurzen Sprint wieder etwas Abstand gewonnen hatte, sprang ihm ein weiteres Mal jeglichen Gesetzen der Physik zum Trotz eine der Hände entgegen. Lediglich ein gut platzierter Pfeil ließ sie im letzten Moment zurückschrecken, doch Link kam nicht umhin zu bemerken, dass er so über kurz oder lang nicht gewinnen konnte. Seine Gedanken rasten. Irgendwie musste er sich einen Vorteil verschaffen. Irgendwie…   Ein Lufthauch, schwer mit dem Gestank von Tod und Verwesung, war die einzige Warnung, die Link bekam. Dann rammte ihn der unsichtbare Körper seines Gegners mit voller Wucht, riss ihn von den Füßen und mit einem schmerzerfüllten Aufschrei schlitterte Link bis an den Rand der Plattform. Der Geruch von scharfer Säure brannte in seiner Nase. Benommen drehte er sich auf den Rücken und zwang die Augen auf. Navis panischer Aufschrei klingelte hell in seinen Ohren. „Link, pass auf!“ Link riss den Kopf nach oben und sah mit Schrecken, wie die monströse Hand auf ihn hinabschnellte, um ihn gleich einer lästigen Fliege zu zermalmen. Und mit noch größerem Schrecken stellte er fest, dass er ihr niemals schnell genug würde ausweichen können. Das Herz in seiner Brust stockte, das Blut in seinen Adern wurde mit einem Mal starr und kalt. Gelähmt sah er dem Unausweichlichen entgegen, und er dachte an Shiek, an ihr gemeinsames Versprechen, an sein Lächeln und diesen einzigartigen Kuss inmitten des Zwielichts. Nein, dachte er, er wollte nicht, dass dies das Ende war, nein, nein, nein… Mit einem elektrischen Krachen und einem blauen Gleißen erwachte der Zauber in seiner Gürteltasche zum Leben. Leuchtende Magie umspielte seinen Körper, und während ihr Aufwind sanft seine Haut liebkoste und mit seinem losen Haar spielte, bildete sie nach außen hin eine undurchdringliche Sphäre. Die Schattenmonstrosität heulte ob des blendenden Lichts und zog seine riesige Pranke zurück, als hätte sie sich verbrannt. Für einen kurzen Moment konnte Link nicht anders, als voller Verwunderung atemlos im Licht von Nayrus Umarmung zu sitzen, dieser reinen magischen Energie, die sich so sehr nach Shiek anfühlte. Doch dann wusch Räson über seine Erleichterung hinweg und er besann sich. Mit neuem Mut kam der Hylianer auf die Beine und eilte zum Bogen, welcher bei der letzten Attacke aus seiner Hand geschleudert worden war. Ohne zu Zögern legte er einen Pfeil auf die Sehne und sandte ihn in Richtung der monströsen Hände. Einen, zwei, drei und der erste der beiden Stümpfe hang betäubt und leblos in der Luft. Nunmehr wutentbrannt versuchte das Monster mit der anderen Hand nach ihm zu greifen, aber Link wich keinen Zentimeter,versenkte einen Pfeil nach dem anderen im modrigen Fleisch der Pranke, bis auch sie die Verbindung zu ihrem Meister verlor. „Navi, jetzt!“   Wie ein glühender Komet schoss Navis heller Körper durch die Finsternis und begann, einen Punkt zwischen den betäubten Händen zu umzirkeln. Rasch nahm der Heroe Ziel, ließ einen weiteren Pfeil in Richtung dieses Hoffnungsschimmers regnen und als ein körperloses Heulen den Raum erfüllte, wusste er, dass er es gefunden hatte. Die Illusion zerbrach und endlich zeigte sich wieder der abscheuliche Körper des Ungetüms, fiel donnernd auf die Kampffläche, wo das Monstrum benommen liegen blieb. Link wollte keine Sekunde verschwenden und die Genesung des Wesens riskieren, weshalb er den Bogen fallen ließ und zu einem Sprint ansetzte.   Noch im Lauf zog Link sein Schwert. Sein Herz hämmerte im Takt mit den donnernden Tönen, die seine Schritte durch den trommelartigen Boden sandten, wusste er doch, dass dies wahrscheinlich seine einzige Chance war. Aber es war keine Angst war, die seine Gedanken beherrschte. Er trug die Hoffnung so vieler Menschen mit sich und mit ihr vermischte sich seine eigene. Kurz bevor er die letzte Distanz zwischen sich und seinem Gegner schloss, stieß er sich aus der Bewegung mit beiden Beinen von der federnden Oberfläche ab und wurde von dem Moment in die Luft getragen. Seine zweite Hand schloss sich um das Heft seiner Waffe, ehe ihn die Schwerkraft wieder nach unten zog. Die eherne Klinge versank tief im weichen Widerstand des Augapfels und ein Jaulen, unmenschlich und gequält, erfüllte den Raum. Link spürte, wie das Monstrum versuchte, sich seinem Schicksal zu entziehen, aber das Schwert steckte zu tief in seiner Pupille, und der Hylianer hielt mit aller Kraft dagegen an. Und plötzlich war es vorbei. Ein Beben oder vielmehr ein Schaudern durchlief den grotesken Körper des Ungetüms und was immer diese Hülle erfüllt hatte, entwich in die Finsternis. Schwer atmend ließ der Heroe sich zu Boden gleiten und nur Augenblicke später verging auch nunmehr die Gestalt seines Gegners in Schatten und magischen Flammen. Navi kehrte zurück an seine Seite und ihr Leuchten umschrieb einen triumphierenden Zirkel um seinen Kopf. „Wir haben es geschafft“, jubilierte sie. Links Augen strichen kurz durch den Raum. Die Dunkelheit um ihn herum war zwar immer noch feindselig, aber nicht mehr bedrohlich, und er entspannte sich etwas. „Ja, das haben wir.“ Sein Blick fiel auf das Portal, von dem er mittlerweile wusste, dass es zur Halle der Weisen führte. Er hob den Kopf zu seiner Fee. „Sollen wir?“     Es war immer wie ein Aufatmen der Welt um ihn, wenn Link den Fluch brach, welcher auf den Tempeln lag und das Land zu ihren Füßen mit verdarbter Magie vergiftete. Und gleichsam spürte Shiek, wie sich auch aus seiner Brust ein erleichterter Atemzug löste, der jedoch weitaus persönlichere Gründe hatte. Selbst wenn Links Triumph bedeutete, dass sie nunmehr lediglich ein Tempel von der Unausweichlichkeit seines Schicksals trennte, so überwog in jenem Moment doch die Freude, seinen Gefährten sicher und siegreich zu wissen. Gleichsam der Sonne, die nun durch die Wolken brach und die graue Dunkelheit um ihn in harmlose Schatten verwandelte, konnte er sich der Wärme in seinem Herzen nicht erwehren, welche der Gedanke licht und hell dort hingetragen hatte. Gefährte. Es war ein Wort, das niemals für ihn bestimmt gewesen war, und doch fühlte es sich so richtig, so vollkommen, so… gut an – all den Stimmen in seinem Kopf zum Trotz, die immer noch behaupteten, dass dies einfach nicht sein dürfte. Aber Link kannte nun diesen Teil der Wahrheit und hatte Shiek dennoch gewählt, mutig und… Shiek zuckte unweigerlich zusammen, als laut und krachend etwas neben ihm in das Holz des Aussichtsturms einschlug, auf dessen Plattform er stand. Noch während er sich zur Quelle jenes Geräusches umdrehte, die Hand bereits an der Waffe, hörte er das rasche Aufwinden einer Eisenkette. Nur Sekunden später tauchte der mittlerweile wohl vertraute, blonde Schopf eines Hylianers am Rand der Geländers auf, dicht gefolgt von einem hellen, blauschimmernden Lichtpunkt. „Link!“ Überraschung und Freude vermischten sich im hellen Bariton des Shiekah, als sich der Heroe vollends auf die Holzplatte zog. Er tat einen Schritt auf den Jugendlichen zu und wie von selbst fanden seine Hände den Weg in Links –eine Geste die sich so natürlich anfühlte wie Atmen. „Du bist wohlauf.“ Es war eine erleichterte Feststellung, die Link mit einem strahlenden Lächeln bestätigte. „Dank dir“, erwiderte der grüngewandete Schwertkämpfer, worauf Navi ein „… und mir!“ ergänzte. Link lachte. „…und natürlich dank dir, Navi.“ Shiek schenkte der kleinen Fee ein anerkennendes Lächeln. „Danke auch von mir, kleine Freundin“, ergänzte er und sein Blick kehrte zurück zu Link. „Wie hast du mich gefunden?“ Verlegenheit hatte sich auf leisen Spuren in die Stimme des Heroen geschlichen, als er zu einer Erklärung ansetzte. „Ich hab‘ festgestellt, dass du hohe Orte magst und… ähm, ich dachte, ich versuch‘ mein Glück mal hier?“ Er kratzte sich am Kopf, während warmes Blut mit lieblichen Farben auf Links Wangen malte, was das Blau seiner Augen noch intensiver erscheinen ließ. „Aber keine Angst, ich glaube, ich bin der einzige, dem das bisher aufgefallen ist.“ Ein Teil von Shiek wusste, dass er darüber hätte alarmiert sein sollen, wie sehr Link die Gewohnheiten und auch Sorgen des Shiekah mittlerweile so vertraut waren, aber die pure Anwesenheit des Hylianers vertrieb sämtliche Dunkelheit aus seinen Gedanken. Vielmehr noch war da ein anderer Teil von ihm, der… es war seltsam, aber die Idee, das Link ihn so intensiv in seinen Überlegungen gehalten hatte, ließ seinen Puls angenehm tanzen? „Ah, und Impa… ihr geht es gut, aber sie ist jetzt die Weise der Schatten.“ Erleichterung und Melancholie vermischten sich ob Links Worten in seinem Herzen. Er freute sich, dass Impa wohlauf war, aber ihr Dasein als Weise band ihre physische Form an den Tempel, zumindest zeitweilen – solange, bis Hyrule aus Ganondorfs ehernem Griff befreit war. Das bedeutete, dass er selbst ihr Antlitz wohl nicht mehr blicken würde – diese Ehre würde Zelda zuteil werden. Gerade als er spürte, wie der beständige Strom von Licht und Wärme in seinen Adern zu versiegen drohte, sprangen plötzlich hunderte neuer Quellen auf, als Link seine Hand auf den Stoff seines Mundschutzes legte. Selbst durch das weiße Leinen konnte er die Hitze spüren, die unter der Haut von Links Fingern tanzte. Verwirrt sah er auf und fand tausende von Fragen in den saphirgleichen Iriden reflektiert, die Link jedoch rasch zur Seite schob, bis nur noch ein einziger Entschluss hell dort funkelte. Ein Entschluss, der sich keine Sekunde später in einem leichten Zug an Shieks Maske und, viel wichtiger noch, Lippen manifestierte, welche zart wie ein Windhauch seine nunmehr  unverhüllte Wange berührten. Der Shiekah nahm wahr, wie heiß und prickelnd Blut zu jener Stelle eilte, auf welcher der Mund des Neunzehnjährigen lag, angetrieben von seinem stolpernden Herzen. Erstaunt berührte er die Stelle, als Link den Kopf wieder hob, wenngleich er sich des Lächelns nicht erwehren konnte, das deutlich an seinen Mundwinkeln zog. Er suchte das Gesicht seines Gefährten, fand den Aufschwung seiner Lippen dort reflektiert, wenngleich er von einem Funken Nervosität getrübt wurde. “Link?“ Er ließ den Namen des Heroen als Frage zwischen ihnen stehen, war er doch neugierig, was den jungen Krieger bewegt hatte, ihr Gespräch mit dieser Geste zu unterbrechen. Und plötzlich wurde aus diesem kleinen, winzigen Licht der Aufregung ein helles Feuer der Scham, das selbst die Schmieden der Goronen tief innerhalb des Todesberges kühl erscheinen ließ. Es war wohl ein Ding, den Gedanken zu fassen, und etwas anderes, ihn auszusprechen. „Du… sahst so traurig aus… und … und… es hat mich so glücklich gemacht, als wir uns das letzte Mal geküsst haben und… und ich dachte…“ Link vergrub sein glühendes Gesicht in beiden Händen und Shiek spürte ein Gefühl in ihm wachsen, das schlussendlich als glockenhelles Kichern seine Lippen verließ, und alsbald seine gesamte Brust erfüllte. Eine Emotion, von der er wusste, dass es Hoffnung war. Die Hoffnung, dass Links Mut wirklich alles zum Guten wendete und das Unmögliche schaffte. Hatte er ihn doch einmal mehr vor seiner selbstgeschaffenen Dunkelheit gerettet. Shiek legte die Finger um die Handgelenke des Hylianers. „Bitte schäme dich nicht, Link.“ Ob Shieks Worten senkte Link langsam die Arme und folgte der Bewegung, in die der Schattenkrieger sie leitete, bis ihre Hände wieder lose verschränkt zwischen ihnen ruhten. „Es war ein nobler Gedanke und…“, Shiek stockte für einen kurzen Moment, als Worte, so süß und schwer und ungewohnt, sich in seiner Kehle sammelten, „…etwas, das mich tatsächlich gerade sehr glücklich gemacht hat.“ Links Gesicht war nunmehr wieder ein strahlendes Abbild der Sonne über ihnen. „Danke“, sagte Shiek schließlich, und beugte sich dann vor, um Links Kuss zu erwidern – hier, an diesem Ort wo Himmel und Erde sich trafen, Licht sie umgab und Zuversicht hell in Shiek leuchtete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)