Bittersweet Rhapsody von Saria-chan (Link x Shiek) ================================================================================ Kapitel 7: Von Weisheit und Mut ------------------------------- Es war eine kühle und regnerische Nacht auf der ehemaligen Insel des Hyliasees, die nun wie ein Monolith aus dem ausgetrockneten Gewässer ragte. Die knorrige, verdorrte Eiche im Mittelpunkt des kleinen Eilands bot nur wenig Schutz vor der Witterung und der eisige Wind warf die Himmelstränen beständig gegen die in einen Mantel gehüllte Gestalt zu ihren Wurzeln. Doch der frostige Sturm war nichts gegen die kalte Angst, die am Herzen dieser einsamen Person nagte und ihr verbot, ein warmes Lager aufzusuchen. Oder vielleicht war es einfach nur eine schwere Sorge, die ihn belastete. Shiek vermochte es nicht genau zu benennen. Ganz sicher war dieses Gefühl jedoch der Grund, warum er wider jeglicher Vernunft hier auf den Helden der Zeit wartete. Auf seine Rückkehr aus der Halle der Weisen. Er wusste, dass es gefährlich war, sich so häufig in der Nähe des Hylianers aufzuhalten. Eher früher noch denn später würde das Übel namens Ganondorf, welches dieses Land befallen hatte, diese Verbindung bemerken. Was der kranke Geist des Großmeisters dann aus dieser Erkenntnis machte, war dabei ohne Belang, da es nichts am Ergebnis ändern würde – wenn er durch die fleischliche Verkleidung sah, in die sich Zeldas Seele hüllte und in der sie schlummerte, war alles aus. Es war die oberste Pflicht des Shiekah, die Prinzessin und das Triforcefragment der Weisheit vor dem Zugriff Ganondorfs zu schützen, ein Grundpfeiler seiner Existenz. Aber es war, als würde er sich selbst dabei zusehen, wie er mit Hammer und Meißel regelmäßig diese Säule erniedrigte, um eine andere damit zu erhöhen. Wenn er die blutfarbenen Iriden auf den verwitterten Mamor des Tempelsteins richtete, dann konnte er den fleißigen Schlag der Steinmetzwerkzeuge fast schon hören und ein schwerer Seufzer löste sich von den Lippen des jungen Mannes. Er wünschte, sich einfach umdrehen und darauf vertrauen zu können, dass der Heroe seine Sache gut machte. Nicht, dass er keinen Glauben in den Auserwählten der Göttinnen setzte – tatsächlich war sein Herz voll davon – es war nur... Shiek wollte Link mit eigenen Augen aus dem Licht treten sehen und sich von seiner Unversehrtheit überzeugen. Selbst wenn er damit einmal mehr seine Grundsätze verriet. Selbst wenn es jeglicher Logik widersprach. Selbst wenn er damit seine eigentlich Mission gefährdete. Und es war ja auch nur ein kurzer Augenblick. Kein Schaden würde daraus erwachsen, dass er Link sah und sich dann wieder in die Schatten zurückzog. Er wollte nur wissen, dass es ihm gut ging... Ein lautes Wasserrauschen drang an die Ohren des Shiekah und unterbrach die Überlegungen des jungen Mannes. Fast zeitgleich erstarb das Unwetter um ihn herum. Der Wind frischte auf und teilte gleich einem scharfen Schwert die Wolken über dem Kopf des Angehörigen des Schattenvolkes. Ein purpurfarbener Himmel, durchsetzt mit dem vergehenden, blassen Lichtern der Sterne, schien durch die Risse in den Regenträgern. Während zartes Rosa und Gold in das Violett blutete, begann die Morgenbrise damit, die versprengten Wolkenheere aufzureiben und weiter zu zerstreuen, bis nur noch einzelne, weiße Flaggen über die weite Flur des Himmels wehten. „Das Wasser steigt“, stellte er fest und schloss die Augen, um nach der finsteren Präsens von Ganondorfs Macht zu fühlen. Doch wie eine erlöschende Flamme schwand ihr Wirkungskreis zusehends. „...und das Böse verlässt den See... Link, du hast es geschafft.“ Er spürte, wie ihn die Erleichterung gleich den gewaltigen Wellen auf dem einströmenden Fluten des Gewässers umspülte. Ein Lächeln umspielte seine Lippen hinter der weißen Stoffmaske und ein Teil der drückenden Sorge auf seinen Schultern und in seinem Herzen löste sich von ihm. Der Tod Morphas bedeutete, dass der Held der Zeit siegreich gewesen war und somit am Leben. Er löste die Fibel an seiner Brust und ließ den feuchten Mantel von seinen Schultern gleiten, damit die in Hyrule so selten geworden Sonne die klamme Kleidung darunter trocknen konnte. Das Kräuseln seiner Lippen wuchs. Vielleicht würde doch noch alles gut werden. Link hielt die Augen geschlossen, bis er wieder festen Boden unter seinen Stiefeln spürte. Vollkommen würde er sich wohl niemals an diese Art zu Reisen gewöhnen, die ihm für einen kurzen Augenblick das Gefühl gab, bar jeglicher Hülle nur noch als nacktes Bewusstsein zu existieren. Doch allmählich stellte sich bei der ganzen Prozedur eine gewisse Routine ein und machte sie erträglicher. Er atmete tief ein, schmeckte feuchte und kühle Morgenluft und entschied, dass es an der Zeit war, einen Blick zu riskieren. Helles Tageslicht blendete ihn und ließ ihn zunächst blinzeln. Ein weiterer Lidschlag war nötig, ehe seine Umgebung scharfe Konturen annahm, und noch ein weiterer, um sich zu orientieren. Hätte er diesen Ort nicht bereits in seiner Kindheit besucht, so hätte er ihn wohl kaum wiedererkannt. War der Hyliasee unter Ganondorfs düsterem Einfluss nur noch ein Schatten seiner selbst gewesen, so erstrahlte er jetzt wieder in seiner ganzen Majestät und Erhabenheit. Klares Wasser blitzte in der Morgensonne, spiegelte den blauen Himmel, und der frische Wind, welcher die Oberfläche kräuselte, war rein und unverdorben – frei von den unheilbringenden Ausdünstungen des Teufelsturms. Vögel zwitscherten in den nahen Bäumen, die Wiesen an den Ufern leuchteten in einem saftigen Grün und... das Herz des Heroen machte einen Sprung, als er Shiek am Rande des Plateaus entdeckte, auf welches das magische Portal ihn gebracht hatte. Niemals hätte er damit gerechnet, den Shiekah so schnell wiederzusehen. Er wusste, es hätte ihn wundern sollen, was sein Freund und Retter an diesem Ort tat, aber viel zu sehr freute er sich über diese unerwartete Zusammenkunft, um auch nur einen Gedanken mit solchen Fragen zu verschwenden. Beständig näherte er sich Shiek, der einen Arm gehoben hatte, um die vorausgeflogene Fee des Kriegers zu begrüßen, und blieb wenige Fuß vor ihm schließlich stehen. „Sei gegrüßt, Link“, ergriff Shiek das Wort, ehe der Heroe es selbst tun konnte. Das rote Auge, welches nicht von goldenen Haarsträhnen verdeckt wurde und zu ihm schweifte, wirkte seltsam verschlossen und distanziert. Da waren Spuren von Erleichterung, ja. Vielleicht sogar Freude. Doch die rubingleiche Iris schien unendlich viel mehr zu verbergen, als dass sie Preis gab. Und wirklich Zeit, in ihr zu lesen, ließ der Schattenkrieger ihm auch nicht, da dessen Fokus schnell zum See zurückkehrte. „Hallo Shiek“, antwortete der Neunzehnjährige und ließ seinen Blick grübelnd über die schmalen Schultern des Mannes, den er liebte, streifen. Auch jetzt trugen sie wieder so viele unausgesprochene Sorgen, von denen Link gerne einige genommen und selbst geschultert hätte. Er wusste immer noch so wenig von Shiek. Selbst dieser Moment führte ihm diese Tatsache wieder vor Augen, lag doch der Grund, warum der Shiekah hier verweilte und hinaus aufs Wasser schaute, immer noch im Schatten des Ungewissen. Zwar deutete das feuchte Stück Stoff, welches hinter dem jungen Mann auf dem Boden lag und ein Umhang sein mochte, auf ein Kommen vor dem Ende dieser fürchterlichen Regensstürme hin. Doch wie vieles war es eine bloße Vermutung, mit der eine Gewissheit einherging, dass es Shiek ihm bestimmt nicht so einfach verraten würde. Und obwohl sein Freund und Helfer sicherlich gute Gründe dafür hatte, war es immer noch ein wenig... nein, eigentlich sogar sehr frustrierend, dass der Shiekah ihm diesbezüglich so wenig vertraute. Nachdenklich wanderten Links saphirblaue Iriden weiter. Darüber grübelnd, wie er dem Schattenkrieger beweisen konnte, dass dessen Geheimnisse gut bei ihm aufgehoben waren, blieb sein Blick erneut hängen, dieses Mal an Shieks feingliedrigen Händen. Da war plötzlich dieses unerklärliche Verlangen, nach ihnen zu greifen und seine eigenen Finger mit jenen des Schattenkriegers zu verschränken. Mit klopfendem Herzen riss er seine Seelenspiegel von ihnen los. Während er nach dem Anschluss seines verlorenen Gedankengangs suchte, kamen ihm Rutos Worte wieder in den Sinn. „Ich soll dir von Ruto danken.“ Die Worte, in denen immer noch Spuren von Links innerer Unruhe mitschwangen, ließen den Shiekah aufmerksam den Kopf heben. Dann wandte Shiek sich halb zu ihm um und nickte. „Auch in ihrem Namen müssen wir Hyrule den Frieden wiederbringen.“ Nun waren es Links Augen, die sich weiteten und kurz darauf wurden seine Lippen zu einem breiten Lächeln. Seine Brust füllte sich mit einer angenehmen Wärme und die Schwere aus seinen Gedanken verschwand. Es war nur ein kleines Wort, aber so bedeutungsvoll und wichtig für den Hylianer, so unendlich wunderbar. Wir. Er sprach von ihnen beiden zusammen und das machte Link glücklicher, als er jemals hätte beschreiben können. „Das werden wir. Da bin ich sicher“, entgegnete der Held der Zeit mit einem entschlossenem Nicken seinerseits. Shieks rote Iris fing die Geste auf und nachdem Link glaubte, etwas wie Zuversicht in ihr zu entdecken, wandte sie sich ab und blickte wieder auf die spiegelnde Oberfläche des Gewässers. „Es wird noch einige Prüfungen zu bestehen geben, doch... schau, Link. Morpha ist besiegt. Der See füllt sich mit Wasser und alles ist wieder wie zuvor.“ Morpha – Link konnte ein Schaudern bei der Erwähnung dieses Namens nicht verhindern, weil er genau wusste, dass seine Träume der nächsten Tage sich darum drehen würden, wie riesige Tentakel das Leben aus ihm quetschten. Dann trat Link vor den Shiekah und ließ seinen Blick über die im Morgenlicht funkelnde Oberfläche streifen. Shiek riss seinen Blick von Link los und tat einige Schritte zurück. Es war besser, wenn er den Augenblick der Unaufmerksamkeit des Heroen nutzte und verschwand. Viel zu lange schon hatte er sein Glück herausge... „Sag mal, Shiek...“ Links unvermittelt gesprochene Worte ließen ihn zusammenschrecken. „... ich weiß, du hast selbst viel zu tun, aber ich wollte dich um etwas bitten.“ Der Shiekah blinzelte. „Du hast doch auch eine Waffe. Dieses schmale Kurzschwert, richtig?“ Shieks Augen wanderten in Richtung seiner Klinge, die in einer Scheide an der Rückseite seines Gürtels wohnte. Schon viele Male hatte ihn diese Waffe vor dem Schlimmsten bewahrt, aber worauf wollte Link hinaus? „Ich muss unbedingt mehr trainieren und ... würdest du ...nun ja, ein paar Übungskämpfe mit mir machen?“, purzelte es von den Lippen des Heroen. Die saphirfarbenen Augen waren weit vor kindlicher Erwartung, durchsetzt von Nervosität – wie bei einem kleinen Jungen, der sich erlaubt hatte, nach mehr zu fragen als ihm eigentlich zustand. Dabei hatte er alles Recht der Welt, nach so etwas zu fragen, es war nur... Langsam schüttelte der Schattenkrieger den Kopf, Wehmut in seinem Herzen spürend. Es gab mehr als nur einen Grund, warum er dieser Bitte nicht zustimmen konnte. „Es wäre ein ungleiches Training, Link. Deine Fähigkeiten mit dem Schwert übersteigen meine eigenen bei weitem.“ „Oh...“ Das erwartungsvolle Leuchten in Links Augen erlosch und neben die Enttäuschung trat ein gewisser Grad an Panik. „W-willst du mir dann zusehen? Aufpassen, dass ich alles richtig mache?“ Shiek senkte den Blick. Auch wenn er nicht an der Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit der Bitte des jungen Kriegers zweifelte, so war nur allzu offensichtlich, dass mehr hinter ihr stand als der reine Wunsch nach einem wachenden Auge über dessen Schwertübungen. Umso mehr wiederstrebte es dem Träger von Zeldas Seele, einmal mehr derjenige zu sein, der die Hoffnungen ihrer aller Hoffnungsträgers verneinte. „Link, du weißt, dass...“ „Bitte, nur für ein, zwei Stunden.“ Eine behandschuhte Faust umschloss seinen Unterarm und ließ den siebten Weisen aufschauen. Nebst der Überraschung über seine eigene, spontane Aktion war da etwas in Links Gesichtsausdruck, dass er dort so noch nie gesehen hatte. Etwas Zerbrechliches, Fragiles, Ängstliches. Und es erschreckte ihn. Bisher schien es bei all seinen Abenteuern und Prüfungen nichts gegeben zu haben, was den Helden der Zeit ernsthaft hatte erschüttern können – selbst das größte Übel hatte gegenüber dem starken Selbstbewusstsein des Heroen schnell an Grauen verloren. Und jetzt fürchtete Link eine einfache Absage? Doch... war sie das wirklich? Eine einfache Absage? War es nicht viel mehr wegen der Wahrheit, die er selbst mit aller Kraft zu verneinen versuchte und die für den Hylianer schon längst gelebte Realität war? „Manchmal möchte ich glauben, dass du gar kein Schwert bräuchtest, um Ganondorf von seinem dunklen Thron zu stoßen“, erwiderte Shiek, die helle Stimme durchwoben von einer müden Resignation. „Mit deiner Vehemenz könntest du ihn sicherlich jenseits der Grenzen von Hyrule argumentieren.“ Er war es leid, diesen Kampf zu fechten, den sein Herz und sein Verstand austrugen. Er wusste, er war nur ein Schatten, dessen Zeit geborgt war und mit dem Erfüllen seiner Pflicht endete. Doch niemals in diesen sieben Jahren seiner Existenz war sie so schnell vergangen wie während der letzten Wochen. Sie fühlte sich leichter, nahezu schon beflügelt an... lichter. Heller. Im Fluss und nicht in Dunkelheit erstarrt. Seine roten Augen fixierten Link, der wohl immer noch zu ergründen versuchte, ob die Aussage des Shiekah nun als Kompliment oder Tadel gemeint war. So oft der Schwertkämpfer durch seine Waghalsigkeit Sorge in das Herz des Shiekah säte, so oft ließ er es während ihrer Gespräche auch eine Unbeschwertheit fühlen, die selbst die junge Zelda innerhalb der Palastmauern nicht so gekannt hatte. Er war nicht mehr länger nur der Patron des Helden, der ihn zu seiner nächsten Aufgabe leitete. Schon lange nicht mehr. Link und er waren... Freunde geworden. Sein Herz klopfte wild bei diesem Eingeständnis. Einerseits, weil dies niemals hätte sein sollen und alles unendlich komplizierter machen würde. Andererseits, weil ein Teil von ihm all seine Zweifel mit fast schon kindlichem Trotz ignorierte und diese Verbindung mit jugendlicher Freude begrüßte, befriedigte sie doch jene heiße Sehnsucht, von der er vor Link nie gedacht hatte, dass sie so schmerzlich in ihm brennen könnte. Freundschaft war etwas gewesen, was auf Hyrules ausgedörrten Ebenen nur schwerlich gediehen und durch Verrat oft bestraft worden war. Sie war ein Luxus gewesen, den er sich nicht hatte erlauben dürfen. „Warte morgen am Eingang von Kakariko auf mich.“ Da war immer noch ein leichtes Zögern in Shieks Worten. Es war falsch und gefährlich, sagte sein Verstand. War kein Zeugnis großer Weisheit und höhnte dem Triforcefragment, welches sich unter den Verbänden auf seinem Handrücken verbarg. Aber der Schattenkrieger war auch weise genug, zu erkennen, dass dies hier keine Entscheidung des Verstandes war. „Wirklich?!“ Die unbändige Freude auf Links Gesicht bestätigte ihn in der Richtigkeit seines Handelns. Er spürte den sanften, anerkennenden Druck von Links Hand auf seinem Unterarm, ehe er seinen Griff löste und ihn regelrecht anstrahlte. Es war ein gutes Gefühl. „.Ich meine ...danke.“ Shiek nickte und ein leichtes Lächeln zerrte auch an seinen Mundwinkeln ob dieser einmal mehr sehr... eigenen Art von Höflichkeit. Sie war erfrischend. So wie alles an dem jungen Hylianer. Dann sank das Leuchten in dem tiefen Blau von Links Augen und Nachdenklichkeit trat an seine Stelle. Als Links Blick gedankenversunken zum See glitt, wusste Shiek, dass es an Zeit war. Seine blutfarbenen Iriden suchten die Fee des Heroen – eine stumme Bitte darin, ihn nicht an ihren Begleiter zu verraten. Besser, ihre Wege trennten sich nun wirklich, ehe ein aufmerksamer Beobachter mit weniger guten Absichten seine Schlüsse aus diesem Treffen zog. Der Träger von Zeldas Seele hatte für heute genug Leichtsinn walten lassen. „Shiek, da gibt es noch etwas...“ Die letzte Silbe hatte noch nicht Links Lippen verlassen, als er während des Umdrehens feststellen musste, dass der andere Mann bereits verschwunden war. Suchend wanderten seine Augen über die kleine Insel, einmal, zweimal und ein drittes Mal. Ohne einen weiteren Gedanken hastete er zu der einsamen alte Eiche – war ihr Stamm doch gerade dick genug, um sich dahinter zu verstecken – und begann sie zu umrunden. Just in dem Moment hörte er ein lautes Platschen in seinem Rücken. Er hatte diese Chance vertan. Ein Blick auf den See und die verebbenden Wellen an einer Stelle neben der Insel bestätigten die Erkenntnis nur noch mehr. Link senkte den Kopf. Er wusste, er hätte nicht so lange warten sollen. Doch es war immer noch schwer, diese eine Frage in das richtige Gewand zu packen, den richtigen Augenblick abzuwarten. Selbst die Bitte nach einem gemeinsamen Training hatte er zuerst nicht so stellen wollen. Zwar hegte er diesen Gedanken schon seit jenem Kampf gegen den weißen Wolfsheimer in der Eisgrotte, doch just in jenem Moment war es der perfekte Vorwand gewesen, um ihm noch ein wenig mehr Bedenkzeit zu geben. Es war einfach zu ... bedeutend. Es war ein wenig wie damals, in jener Nacht, als er Shiek gebeten hatte, für einen Tag mit ihm zu kommen, und doch so vollkommen anders. Die Ängste, die Unsicherheit, die seine Zunge dieses Mal mit Worten ringen ließen, waren vielfach größer – bedeutete dieses Geständnis ja nicht nur, den Shiekah zu bitten, die Zeit bis zum nächsten Sonnenaufgang mit dem Jugendlichen zu verbringen, sondern auch jene bis zu dem danach und dem danach – und allen darauffolgenden, bis er sie nicht mehr zählen konnte. Er mochte sich nicht vorstellen, wie es wäre, wenn Shiek nein sagte. „Link?“ Die helle Stimme seiner Fee holte ihn zurück in die reale Welt, die nur aus ja und nein und nicht so unendlich vielen Vielleichts bestand – und er war dankbar dafür. Er erwiderte die Frage seiner Fee mit einer zustimmenden Kopfbewegung. „Lass uns auch gehen, Navi.“ Es war fast schon unnötig zu sagen, dass Link die Nacht vor Aufregung kaum geschlafen hatte. Sein Körper fühlte sich von den erst kürzlich bestrittenen Kämpfen in der Eisgrotte und dem Wassertempel zwar immer noch wie ein einziger, blauer Fleck an und hätte dringend Erholung benötigt, aber nichts hätte für den Helden der Zeit an diesem Tag nebensächlicher sein können. Erwartungsvoll stand er am oberen Ende der Treppen, welche in das Dorf führten, und konnte seine Ungeduld wie Freude kaum zügeln. Unruhig wippte er auf seinen Sohlen vor und zurück und immer wieder wanderte sein Blick über die Umgebung. Wartend. Hoffend. Und dann doch wieder enttäuscht. „Hab Geduld. Er kommt bestimmt noch“, versuchte seine Fee ihn aufzumuntern, worauf der Hylianer resigniert seufzte. „Ich versuch’s ja, aber...“ Er biss sich auf die Unterlippe. Shiek war niemand, der sein Wort einfach brach, Link wusste das und wusste auch, dass der geheimnisvolle, junge Mann mit Sicherheit heute noch auftauchen würde, aber jede Minute schien sich heute unerträglich in die Länge zu ziehen. Da waren immer noch genug Dinge, die er Shiek sagen und fragen wollte, aller Sorgen über eine vielleicht negative Antwort zum Trotz. Und die alleinige Aussicht auf einen weiteren, gemeinsamen Tag mit dem Schattenkrieger erfüllte seine Brust mit solch einer nervösen Vorfreude, dass er meinte, sie müsse jeden Moment darunter bersten. „... das ist so schwer.“ Einmal mehr suchten seine Augen die Steinstufen ab, ohne jedoch fündig zu werden. Geduld war wirklich keine seiner Stärken. Es war genau in diesem Moment, als am Dorfeingang hinter ihm Stimmen laut wurden und ihn sich neugierig umdrehen ließen. Sein Blick fiel auf zwei junge Frauen, von der eine gerade beide Hände vor der Brust zusammenfaltete und mit verträumten Blick und geröteten Wangen in den blauen Himmel blickte. „Und dann sage ich ihm, dass ich ihn liebe!“ „Oh, wie romantisch. Aber ... hast du keine Angst, dass er dir einen Korb gibt?“ Das andere Mädchen schüttelte den Kopf und lächelte sanft. „Nein. Ich weiß, dass er mich liebt. Er ist immer da, wenn ich ihn brauche, ist aufmerksam, und ich glaube, wenn es darauf ankommt, würde er mich mit seinem Leben beschützen.“ „Dann ist er wirklich der Richtige...“ Eine helle Männerstimme ließ Link aufschrecken. „Ich hätte nicht gedacht, dass Dorfbewohner belauschen zu den ehrenvollen Aufgaben eines Helden gehört.“ Der Schwertkämpfer fuhr herum und erkannte die vertraute Gestalt Shieks auf der Mitte der Treppe stehen. Verlegen und in Erklärungsnot kratze er sich am Hinterkopf. „Ich...“ Dann lächelte er. „Du bist gekommen.“ „Das bin ich. Wenngleich ein gewisser Held mich nicht groß vor eine andere Wahl gestellt hat“, rügte er ihn sanft. “Wenn ein gewisser Shiekah nicht immer so schnell verschwinden würde, bevor man etwas Zeit mit ihm verbringen kann, müsste ein gewisser Held das nicht tun:“ Viele Fragen brannten dem Hylianer nach wie vor auf der Zunge, aber wie bereits gestern schien es falsch, Shiek damit so plötzlich zu überfallen. Für den Moment war er glücklich damit, dass er einige Stunden mit dem Angehörigen des Schattenvolkes teilen konnte. Er sah, wie der junge Mann ob seiner Worte die Arme in die Hüften stemmte und den Kopf schüttelte. Der Heroe lächelte leicht. Er wünschte, es könnte immer so sein wie jetzt. „Kommst du?“ Sie stiegen die letzten Stufen zum Dorfeingang gemeinsam hinauf und bewegten sich dann weiter in Richtung des Dorfplatzes. Dort zog Link sein Schwert, während der Shiekah im Schatten des Baumes in der Mitte der Fläche Platz nahm. Es war nicht ganz das, was er sich erhofft hatte, aber wenigstens war Shiek hier. „Sag mir, wenn dir irgendwas komisch vorkommt oder du meinst, ich mach’ was falsch.“ Vielleicht entdeckte der junge Mann als unbeteiligter Beobachter tatsächlich irgendwelche Unfeinheiten in seinem Kampfstil, die sich verbessern ließen. Er wartete auf eine zustimmende Geste Shieks und hob dann den Kopf zu seiner schwebenden Freundin neben ihm. „Spielst du meinen Schattengegner?“ „...wenn das nicht wie damals endet, als du den Bumerang gefunden hast“, war ihre mit einem leicht empörten Flirren unterlegte Antwort. „Hey! Das war etwas völlig anderes! Ich hab dir schon tausend Mal gesagt, dass ich nicht wusste, dass der zurückkommt“, rechtfertigte sich der Heroe und musste einmal mehr feststellen, dass Feen unter Umständen sehr nachtragende Wesen sein konnten. „In Ordnung“, willigte Navi ein – mit einem Unterton in der Stimme, der deutlich sagte, dass sie ihm in dieser Sache nicht völlig traute. Link ging in Kampfstellung und festigte seinen Griff um Heft und Schild. Nach den Strapazen der letzen Tage wogen beide schwer in seinen Händen, aber davon durfte er sich nicht beeinträchtigen lassen. Wäre dies ein wirklicher Kampf gegen Ganondorfs Schergen, würden sie diese Schwäche augenblicklich ausnutzen. Der Neunzehnjährige konzentrierte sich auf den leuchtenden Punkt, den Navi in seinem Blickfeld beschrieb. Er atmete tief ein, schloss die Augen und versuchte sich Ganondorfs grinsende Fratze vorzustellen. Stolz und grausam lächelte sie ihn vom Rücken des schwarzen Rosses an, diesen schwachen, kleinen Kokirijungen, der ihm absolut nichts entgegenzusetzen hatte. Das Leder seiner Handschuhe knirschte, als sich seine Faust um das Heft des Masterschwertes verhärtete. Mit einem Aufschrei setze er zum Angriff an. Links Streich zerteilte die leere Luft neben seiner ausweichenden Fee und unzufrieden mit sich selbst setzte der junge Heroe gleich zu einer weiteren Attacke an. Er war immer noch zu langsam, seine Hiebe nicht kraftvoll genug. Er konnte das abfällige Lachen des dunklen Großmeisters regelrecht hören. Er biss die Zähne aufeinander. So würde es ewig dauern bis die Übungen Wirkung zeigten und so viel Zeit hatte er nicht. Streng genommen hatte er eigentlich gar keine Zeit. Er peitschte seinen müden Körper weiter voran und erhöhte das Tempo, mit jedem Ausfallschritt, jeder Drehung, jedem Streich ein bisschen mehr. Wenn er nicht rasch an Stärke gewann, konnte er nicht drauf hoffen, dass er die nächsten Kämpfe überstand... und das... und das... Trotz der Hitze seiner Anstrengungen war da wieder dieses kalte, schwere Gefühl in seiner Magengrube, das sich von dort lähmend in seinen Gliedern ausbreitete. Er versuchte es abzuschütteln, trieb sich verbissen in den nächsten Angriff. Er würde nicht aufgeben. Er durfte nicht aufgeben. Er musste stärker werden. Schnell merkte Shiek, dass etwas nicht stimmte. Links Schläge kamen viel zu rasch und unsauber und mit mehr Verbissenheit, als es für ein einfaches Training nötig gewesen wäre. Der junge Krieger war kreidebleich und seine Schritte unsicher. Schweiß rann von seiner Stirn und es war offensichtlich, dass Erschöpfung der tatsächliche Gegner des Hylianers war – war auch das wilde Flattern seiner Fee nunmehr eher Besorgnis geschuldet als der Absicht, den fahrigen Hieben des Helden der Zeit auszuweichen. Selbst beunruhigt vom Verhalten des Neunzehnjährigen erhob Shiek sich und hob beschwichtigend die Hand. „Link, lass es langsam angehen.“ „Nein“, presste der Hylianer durch die Zähne und schüttelte zwischen zwei Hieben den Kopf. Die blauen Augen schienen ihn dabei gar nicht wirklich anzusehen, sondern etwas, das jenseits der Festen der sichtbaren Welt lag. Etwas Schreckliches, Furchteinflößendes. „Ich...“ Link torkelte, fing sich aber gerade noch so. Besorgt trat der Shiekah einen Schritt vor. „Ich muss...“ Der nächste Schlag brachte ihn erneut ins Taumeln und ließ ihn erneut das Gleichgewicht verlieren, dieses Mal endgültig. Rücklings stürzte er zu Boden. Shiek zögerte keine Sekunde und rannte zu ihm. Link starrte in den Himmel, der einfach nicht aufhören wollte, sich zu drehen, während der Atem mit rasselnden Zügen seinen Lungen entkam und pfeifend wieder eingesogen wurde. Seine Ohren klingelten und ihm war speiübel. Er blinzelte, als zuerst Navi in seinem Blickfeld auftauchte und dann kurz darauf Shieks besorgte Züge. „Alles in Ordnung?“, fragte der andere Mann über das Klingeln hinweg. „Ja... ja, geht schon“, keuchte Link und zwang seinen Körper in eine sitzende Position, wobei er dem Drang widerstehen musste, sich übergeben zu wollen. Immer noch schwer atmend starrte er auf seine Beine, sich bewusst werdend, was eigentlich gerade passiert war. Und noch nie hatte er sich so schwach und verloren gefühlt wie in diesem Moment. Er biss sich auf die Unterlippe, nicht wissend, wie er dem Blick des Mannes neben sich begegnen sollte. Nebst der Scham über seinen eigenen Auftritt war da das Erschrecken über die Grenzen seines Könnens. War das alles, was in ihm steckte? Wirklich alles? Nicht mehr? Konnte... konnte er so überhaupt der Held sein, der alle retten sollte? Er spürte, wie die magische Energie Navis auf seiner Haut prickelte, als sie ihren leuchtenden Körper gegen seine Wange stupste. „Hey“, sagte ihr helles Stimmchen und der leise Zuruf ließ ihn in Shieks und ihre Richtung blicken. Sein Freund bot ihm wortlos eine Hand an. Es war eine Geste, von der er das Gefühl hatte, sie nicht verdient zu haben. Er senkte die Lider. Zumal er sich gerade nicht mal sicher war, ob seine Füße ihn tatsächlich tragen würden. Und dennoch... wahrscheinlich sorgte sich Shiek noch mehr, wenn er die stumme Hilfe nicht annahm. Und das wollte er erst recht nicht. Gemeinsam mit der Hilfe des anderen Mannes kam er wieder auf die Beine, wenngleich sich diese anfühlten, als hätte jemand deren Muskeln mit der unförmigen Körpermasse eines Schildschleims ausgetauscht. Der Neunzehnjährige wagte es vorerst nicht, die stützende Verbindung ihrer Arme und Hände zu lösen, und so standen sie inmitten des Dorfplatzes. Für einen langen Moment sagte keiner der beiden etwas. „Dich bedrückt etwas“, erwiderte Shiek schließlich und es war eine Feststellung, keine Frage. Link senkte den Blick und sah auf die Finger, die sich immer noch etwas haltsuchend um die Gelenke des Shiekah schlossen, obwohl das Gefühl allmählich in seine unteren Gliedmaßen zurückkehrte. Er schluckte. Schwerer noch als diese Worte zu denken war es, sie auszusprechen. Doch nachdem seine ganze Vorführung vor wenigen Minuten seinen inneren Aufruhr mehr als nur verdeutlicht hatte, kam es ihm falsch vor, Shiek darüber anzulügen. „...meine letzten Kämpfe habe ich alle nur gewonnen, weil ich Glück hatte. Aber was ist, wenn ich einmal kein Glück habe? Ich... ich hab’ Angst, Shiek... Angst davor, was ist, wenn ich einmal nicht gewinne...“ Seine Stimme versagte, doch Shiek schien zu verstehen. Einem weiteren Augenblick der Stille folgte ein sanftes Kopfschütteln und Link spürte, wie sich die rubinroten Augen seines Gegenübers auf ihn legten. „Es ist nur natürlich, Angst zu haben. Angst mahnt uns zur Vorsicht und hält unseren Wagemut in Zaum.“ Ein schwaches, schuldiges Lächeln huschte über Links Züge, wusste er doch genau, dass der letzte Teil auf ihn anspielte. „Du stehst einer gewaltigen Aufgabe gegenüber und es würde mich mehr sorgen, wenn du überhaupt keine Furcht davor empfinden würdest.“ Die helle Stimme des Angehörigen des Schattenvolkes war warm und voller Verständnis. „Falsch wäre es, in ihrem Angesicht zu verzagen und sich von ihr lähmen zu lassen. Doch egal wie düster die Stunde ist, ich bin mir sicher, dass dies bei dir nicht geschehen wird. Denn du, Link, besitzt etwas, das viele Menschen hier bereits verloren haben: Den Mut, jene Angst zu überwinden. Und es ist dieser Mut, der das Volk langsam wieder anfangen lässt zu glauben. Dir mag es vielleicht nicht bewusst sein, aber seitdem du den Kampf gegen Ganondorf aufgenommen hast, hat sich hier in Hyrule viel verändert. Die Menschen hoffen wieder. Glauben wieder an sich, so wie du auch immer an dich selbst glaubst. Und alles dank dir, Link.“ „Shiek, ich wusste nicht...“ „Verzeih mir, Link. Das sind Dinge, die ich dir schon viel eher hätte sagen sollen. Das Schicksal des Helden der Zeit ist kein einfaches, aber du meisterst es mit Bravour.“ Da war Entschuldigung in den blutfarbenen Augen des Shiekah, aber zeitgleich auch ein Lächeln. Links Wangen brannten ob des ganzen Lobes vor Verlegenheit. „Du wirst nicht verlieren, Link, dessen bin ich mir sicher. Dein Schwertarm ist stärker, als du glaubst – du hast eine Vielzahl von Verbündeten, die hinter dir stehen... und... solltest du meine Hilfe brauchen, so werde ... werde auch ich ...“ Shiek stockte, nicht wissend wie er das Versprechen, welches er dem Helden der Zeit so gerne geben wollte, formulieren sollte, ohne sicher zu sein, dass er es brach oder vielmehr brechen musste. Er wollte Link zur Seite stehen und ihm einen Teil seiner Last abnehmen, so gering dieser auch sein mochte. Gleichzeitig wusste er genau, welche Gefahren eine solche Zusammenarbeit barg. Doch jeglicher Tumult in seinem Inneren schien zu verstummen, als ihn plötzlich zwei starke Arme umschlossen und ihn gegen die Brust des Hylianers pressten. „Danke, Shiek.“ Link atmete die Worte gegen die Schulter des Shiekah, dessen Herz ob der plötzlichen Nähe taumelte wie ein betrunkener Matrose bei schwerem Seegang. „Ich war kurz davor, den Mut zu verlieren, aber das tu ich jetzt ganz bestimmt nicht mehr. Niemals.“ Die Stimme des Neunzehnjährigen lachte und klang unendlich leicht. Obwohl sein Puls immer noch raste, begann der Angehörige des Schattenvolkes sich ganz allmählich in der Umarmung des Schwertkämpfers zu entspannen, fand sich selbst von dieser Unbeschwertheit berührt. In Links Gegenwart war es so einfach zu vergessen, was sein vorherbestimmter Weg war und dass er die selbstgesteckten Grenzen wegen des Heroen regelmäßig überschritt. Aber vielleicht wollte Shiek in diesem Moment auch vergessen. Die Nähe des Hylianers tat so gut. Link war warm und seit seinem Erwachen in dieser Welt hatte der Shiekah sich noch nie so sicher gefühlt wie jetzt in den Armen des Heroen, sein Herz noch nie so leicht. Langsam schob er seine auf Links Rücken ruhenden Arme nach oben und legte die Hände auf dessen Schultern, um die Umarmung zu erwidern. „Nein, dank dir, Link.“ Link zog sich ein Stück zurück und lächelte ihn an. Mit jenem gleichen Lächeln wie an jenem Tag beim Feenbrunnen und wie schon damals spürte der Shiekah heißes Blut in seine Wangen schießen und den hämmernden Muskel in seiner Brust stolpern. Das Herz des Heroen klopfte, aber er wusste, wenn er seinen Begleiter jetzt nicht fragte, dann würde er wahrscheinlich niemals mehr den Mut dafür aufbringen. Ihm gingen Salias Worte durch den Kopf, und Rutos und dann jene der beiden jungen Frauen von vorhin. Er wusste, dass er es aussprechen musste, und der Augenblick dafür schien nun der Richtige. „Sag mal, Shiek, hast du mich gern?“ Ein Augenblick der Stille folgte und dann ein fast schon resigniertes Auflachen. „Es ist schwer, dich nicht zu mögen, Link.“ Eine Wärme lag in den roten Augen des Shiekah, die einen angenehmen Schauer über Rücken des Hylianers jagte und ihm ein Gefühl von Heimat vermittelte. Wenn ihn der Angehörige des Schattenvolkes auf diese Art ansah, so glücklich und sorgenfrei, wusste er, warum er kämpfte. Er wollte es erhalten und an diesen Ort der Geborgenheit zurückkehren. Immer und immer wieder. Jetzt und für den Rest seines Lebens. Und doch war da eine drängende Frage, die dieses Gefühl trübte und seinen Wunsch null und nichtig machte, wenn Shiek nicht ebenso empfand. Er musste es wissen. Auch wenn er Angst hatte und für einen Moment lieber gegen Tausende von Ganondorfs Monstern gekämpft hätte. „...und... und... liebst du mich auch?“ Nun war es gesagt und obwohl sich Link um eine große Last erleichtert fühlte, hatte er gleichzeitig das Gefühl, man hätte ihm stattdessen noch eine viel schwerere aufgebürdet. Seine ganzen Hoffnungen und Ängste konzentrierten sich auf Shieks Antwort, die der Shiekah immer noch hinter seinen Lippen versiegelte. Tatsächlich wirkte der junge Mann, auf dessen Schultern die Hände des Schwertkämpfers locker ruhten, regelrecht überfallen und Link fühlte sich ihm eine Erklärung schuldig. Er fühlte warmes Blut in seine Wangen steigen, als er dazu ansetzte. „Ich... war neulich bei Salia, weil ich nicht aufhören konnte, an dich zu denken... und... mich dabei auch ständig so komisch gefühlt habe. Und, naja, sie... hat gesagt, ich hätte mich in dich verliebt. Ich... ..weißt du, ich fühle sowas zum ersten Mal und bin immer noch dabei, es ganz zu verstehen. Aber ich weiß, dass sie recht hat. Denn ich weiß, dass ich will, dass du glücklich bist. Und... und... dass ich bei dir sein möchte. Du bist immer... Shiek?“ Während die Worte einfach so aus dem nervösen Helden herausgesprudelt waren, so war er doch nicht umhin gekommen, zu bemerken, dass Shiek mit jeder seiner Silben etwas mehr in sich zusammengesunken und die vertraute Wärme zwischen ihnen zunehmen verschwunden war. Erst auf Links Nachfrage antwortete er. „Link, bist du dir dessen bewusst, was du da sagst?“ Shieks Stimme war nicht viel mehr als ein atemloses Keuchen. Blanke Panik lag jetzt in dem Rot des Shiekah und ein gehetzter Ausdruck auf dem sichtbaren Teil seines Gesichtes. „Wie...?“ Der Angehörige des Schattenvolkes entzog sich dem Kontakt des Hylianers und wich zurück. Instinktiv folgte Link der Bewegung des anderen Mannes, doch Shiek vergrößerte rasch den Abstand zwischen ihnen mit einem weiteren Schritt nach hinten, die Hände schützend um den Oberkörper schlingend. Auf Links fragendes Starren schüttelte er gequält den Kopf. „Shiek?“ Ein lauter Knall, ein helles Leuchten und der Shiekah war verschwunden. Voller Unverständnis blickte Link auf die Stelle, wo Shiek vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte. Dachte an die Furcht und das Entsetzen in den roten Augen, dieses blanke Grauen, mit dem ihn der Schattenkrieger angesehen hatte. Link legte die Hand auf jene Stelle der Brust, wo sich sein Herz befand. Salia hatte gesagt, Liebe wäre etwas Schönes und würde jemanden glücklich machen. Aber... warum tat es dann auf einmal so schrecklich weh? „Navi? Habe... ich etwas Falsches gesagt?“ „Ich weiß es nicht, Link.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)