Loving your best Friend von Saedy (...will just cause you trouble) ================================================================================ Kapitel 1: When I leave... -------------------------- Hier melde ich mich mit einer neuen FF. Ich hoffe, sie gefällt euch. Ich bin auch schon fast fertig damit^^. Disclaimer: Yu-Gi-Oh! 5D's gehört nicht mir und ich verdiene auch kein Geld hiermit. Nur die verrückte Story habe ich mir selbst ausgedacht^^. Genre: Drama, Shounen-Ai Anmerkung: Am Anfang ist die Geschichte erstmal ziemlich depri, aber keine Sorge, das wird später besser - aber nicht für alle Charas. Pairing: Tja, entweder Jack x Yuusei oder Crow x Yuusei, da lasst euch überraschen^^. Ich verrate noch nicht, was am Ende dabei rauskommt. Und jetzt viel Spaß mit dem erstem Kapitel! „Hey, Yuusei! Willst du nicht mal 'ne Pause machen?“, rief Rally zu seinem Freund hinüber, der in der Garage immer noch an dem D-Wheel herumbastelte, das ihm ein Kunde zur Reparatur gebracht hatte. Wobei man da kaum von einer Reparatur sprechen konnte, als vielmehr von einem Neuaufbau. Dementsprechend lange war er auch schon zu Gange und das nicht erst seit heute. „Gleich, Rally. Ich mache nur noch schnell das hier fertig“, rief er zurück. „Gut, aber lass das Mittagessen nicht kalt werden!“ „Ich beeile mich“, versicherte Yuusei. Rally lief in die Küche zurück und begegnete einem missgelaunten Jack, der dort am Tisch saß. „Oh, man, lass mich raten: Er will erst noch was fertig machen.“ „Ja, du kennst ihn doch.“ „Aber in letzter Zeit nimmt es wirklich überhand. Er scheint Tag und Nacht nichts mehr anderes anzusehen, als die D-Wheels, die er repariert. Da stimmt doch irgendwas nicht, das ist doch nicht mehr normal. Nicht mal Duelle trägt er in letzter Zeit aus.“ „Du hast Recht“, erwiderte Rally bekümmert. „Ich glaube, Yuusei ist irgendwie traurig.“ „Hm“, erwiderte Jack nachdenklich. Er würde sich etwas einfallen müssen, um Yuusei aus seiner „D-Wheel-Besessenheit“ herauszuholen und ihn dazu zu bringen, auch mal etwas anderes anzuschauen. Müde saß Yuusei vor seinem D-Wheel, er bemerkte gar nicht, wie er inne gehalten hatte und nur noch lethargisch vor sich hinstarrte, erst als sein Blick verschwamm, schüttelte er den Kopf, versuchte, den Schlaf zu vertreiben. Doch es half nichts. Also stand er auf und streckte sich. „Wurde aber auch Zeit.“ Jack stand hinter ihm im Türrahmen gelehnt. Yuusei ließ sich seine Verwunderung nicht anmerken, dass sein Freund plötzlich hier aufgetaucht war. „Wie lange sitzt du jetzt schon ohne Pause an dem Ding? Wann hast du das letzte Mal was gegessen?“ „Erst heute morgen...“, erklärte Yuusei. „Nein, stimmt nicht. Heute morgen hattest du keinen Hunger und bist nach deiner morgendlichen Joggingrunde gleich hier her gekommen und hast angefangen zu arbeiten.“ „Na und? Dann werde ich jetzt Mittagessen. Rally meinte, es wäre fertig.“ Jack starrte ihn daraufhin ungläubig an. „Yuusei, das war vor 5 Stunden! Inzwischen kannst du Abendessen.“ „Oh“, machte Yuusei. „Ich habe gar nicht bemerkt wie schnell die Zeit vergangen ist.“ „Ja, das merke ich. Und damit mir mein Freund nicht verhungert, kommst du jetzt mit mir und nimmst was zu dir!“, befahl Jack. „Hey, worauf wartest du?“, wollte er wissen, als Yuusei sich nicht rührte. „Ach so, ja gut, du hast wohl recht“, gab dieser nach und setzte sich endlich in Bewegung. „Ich geh nur schnell ins Bad“, erklärte er mit Blick auf seine verschmutzten Klamotten. „Hmpf, und wehe du bist nicht bis zum Abendessen da!“, schimpfte Jack und ging. „Hm“, lächelte Yuusei und flüsterte: „Du benimmst dich, als wärst du meine Mutter, Jack.“ Doch das hörte der andere junge Mann zu seinem Glück nicht mehr, denn sonst hätte es wohl Ärger gegeben. Später beim Abendessen saß Yuusei vor dem vollen Teller – Überreste des Mittagessens, das Rally aufgehoben und für seinen Freund wieder aufgewärmt hatte. Denn hätte er das nicht getan, hätte Yuusei wohl wieder nichts gegessen. Aber auch so stocherte er nur auf dem Teller herum, hatte vielleicht bloß ein paar Bissen zu sich genommen. „Hey, was ist eigentlich los mit dir?“, wunderte sich Jack. „Liebeskummer, oder was?“ Yuuseis Hand, die mit der Gabel auf dem Teller herumgerührt hatte, erstarrte. „Also, da hab ich wohl ins Schwarze getroffen, was? Ich versteh bloß nicht, wie du da so lethargisch herumsitzen und nichts tun kannst, statt los zu gehen und deine große Liebe zu erobern.“ „Vielleicht will sie mich gar nicht“, warf Yuusei ein. „Vielleicht? Vielleicht! Bist du hingegangen und hast du sie gefragt? Hast du ihr mal Blumen oder irgendwas geschenkt? Oder sie zum Essen eingeladen?“ Jack wusste auch so schon, dass das nicht der Fall war, denn Yuusei hatte die ganzen letzten Wochen bloß in seiner Werkstatt gesessen und D-Wheels repariert. „Nein“, Yuusei starrte verkrampft auf einen Punkt auf seinem Teller. „Oh, Yuusei, Yuusei“, seufzte Jack. „Da hast du ja noch 'ne Menge vor dir. Und du solltest endlich mal damit anfangen, bevor du vor deinem D-Wheel noch zur Salzsäule erstarrst, weil du dich so an die Position gewöhnt hast. Oder magersüchtig wirst und uns vom Fleisch fällst.“ „Das hat keinen Sinn“, Yuusei war abrupt aufgestanden und hatte die Gabel auf den Boden fallen lassen. „Ich geh duschen“, mit diesen Worten wollte er aus der Küche verschwinden. Doch Jack begann nun, sich ernsthafte Sorgen zu machen und sprang seinem Freund hinterher. „Hey, warte mal!“, hielt er ihn an den Schultern fest und versuchte, ihm in die Augen zu blicken, was gar nicht so einfach war, da Yuusei es verstand, seinem Blick ständig auszuweichen. „Du wirst doch keinen Unsinn anstellen, oder? Du tust dir doch nicht weh, bloß wegen so einer Frau, oder?“, blickte er ihn flehend an. Nun schaute Yuusei doch auf. Überraschung stand in seinen Augen. Er hätte nicht gedacht, dass Jack sich so sehr um ihn sorgen könnte. „Nein, das werde ich nicht, mach dir keine Sorgen“, erwiderte er, doch das war gelogen. In Wirklichkeit würde er am liebsten sterben und hatte keine Ahnung, wie lange er noch so weitermachen könnte wie bisher. Sein Problem bestand nämlich nicht erst seit ein paar Wochen, als es langsam seinen Freunden aufzufallen begann, sondern schon viel länger. In letzter Zeit war es bloß schlimmer geworden, viel schlimmer. Er war an einen Punkt gelangt, wo er nicht mehr wusste, was er tun sollte, wo er sich selbst nicht mehr helfen konnte. Aber er wollte auch seine Freunde nicht damit belasten. Und außerdem würden die wahrscheinlich sowieso nicht wissen, wie sie ihm helfen sollten. Denn er war nicht bloß unglücklich verliebt, wie Jack vermutete. Wenn es nur das wäre... Yuusei lächelte leicht, kaum sichtbar, doch es war ein trauriges, verzweifeltes Lächeln, welches Jack erst richtig Angst machte. „Hey, Yuusei!“, nahm er ihn plötzlich, erschüttert, in die Arme. Und Yuusei war erstaunt, wie gut das tat, diese einfach Umarmung tröstete ihn so viel mehr, als er jemals erwartet hätte. „Ich bin immer für dich da, das weißt du doch, oder?“, flüsterte er. „D-danke, Jack“, flüsterte Yuusei nach einer Weile zurück. „Jetzt komm und setz dich! Erzähl mir erst mal, was los ist!“, forderte Jack ihn auf und zog ihn mit sich ins Wohnzimmer, wo sie es auf der Couch gemütlicher hatten. „Was los ist? Eigentlich gar nichts, das ist es ja“, begann Yuusei und verstummte dann. Wie blöd hörte sich das denn an? Wie sollte er Jack bloß erklären, was los war? Das würde der doch nie verstehen. Er verstand es ja nicht mal selbst so richtig. Bestimmt würde Jack bloß den Kopf schütteln und ihn für seine Schwäche verachten. Jetzt, solange er noch nicht wusste, was los war, machte er sich noch Sorgen um ihn, aber sobald er erführe, was Sache war, würde er das sicher nicht mehr. Im Gegenteil, dann könnte er noch froh sein, wenn Jack und die anderen überhaupt noch seine Freunde sein wollten. Die Freunde eines lebensmüden Schwächlings. Die anderen hatten immer geglaubt, er sei stark, aber das stimmte nicht. Das war alles bloß eine Täuschung gewesen, eine Fassade, die er gelernt hatte, aufrechtzuerhalten. Doch diese Fassade hatte nun zu bröckeln begonnen. Nun kam heraus, wie schwach er in Wirklichkeit war. Jack blickte ihn vorwurfsvoll an. „Wieso sagst du das? Ich sehe doch, dass es dir schlecht geht. Also versuch nicht, hier den Starken zu spielen. Wieso lässt du dir nicht ein einziges Mal helfen? Wieso willst du immer alles alleine durchstehen?“ „Weil... du es nicht verstehen würdest“, vergrub Yuusei das Gesicht in den Händen und rieb sich müde und verzweifelt darüber. „Wenn du es mir gar nicht erzählst, dann sicher nicht. Aber wie wär' s, wenn du' s einfach mal versuchst? Vielleicht bin ich ja gar nicht so dumm, wie du glaubst.“ Yuusei erstarrte. „Nein, nein, ich halte dich doch nicht für dumm, so war das nicht gemeint.“ „Das hat sich aber so angehört. Was meinst du dann? Irgendwie hab ich das Gefühl, dass es hier nicht bloß um Liebeskummer geht, hab ich Recht?“ „Ja, das stimmt“, erwiderte Yuusei überrascht, dass sein Freund das erkannt hatte. „Ich bin nicht verliebt“, doch das war gelogen. Es stimmte zwar, dass Yuusei nicht nur Liebeskummer hatte, sondern ein scheinbar noch größeres Problem, das er selbst nicht verstand, doch dass er gar nicht verliebt war, stimmte auch nicht. Aber das war sowieso nicht so wichtig. Diese Liebe verbot sich von selbst für Yuusei. Er biss sich auf die Lippen. „Und was sollte das dann, von wegen, vielleicht will sie mich ja gar nicht? Also komm schon, muss ich noch mal fragen, was los ist, oder erzählst du es mir jetzt?“, streichelte Jack über seinen Rücken und verursachte damit süße Qual, denn Yuusei hätte ihn am liebsten zu sich gezogen und innig geküsst. Stattdessen lief er rot an vor Scham, als er sich dessen bewusst wurde. So konnte er doch nicht über seinen besten Freund denken! Wenn der das erführe, würde er ihn sicher verachten und nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen. Yuusei versuchte nun schon seit einer halben Ewigkeit, diese Gefühle zu unterdrücken und bisher hatte das auch ganz gut geklappt, aber nur, solange Jack ihm nicht zu nahe kam, so wie jetzt. „Warum wirst du so rot? Schämst du dich etwa, über deine Gefühle zu sprechen?“, fuhr Jack fort. „Das brauchst du echt nicht. Wie lange kennen wir uns nun schon? Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin.“ „Hm“, nickte Yuusei. Ihm war das einfach nur furchtbar peinlich. Gerade dadurch, dass sie sich schon seit Kindertagen kannten, erst recht. Jack würde sicher glauben, ihn gar nicht mehr richtig zu kennen, wenn er die Wahrheit erführe. Er würde bemerken, dass sein alter Freund zu einem ganz anderen geworden war. Yuusei starrte an einen Punkt auf der anderen Zimmerseite, um nicht wieder von diesen, für ihn merkwürdigen, Gefühlen übermannt zu werden. „Danke, ich weiß das zu schätzen“, erklärte er schließlich, was Jack dazu veranlasste, innerlich zu seufzen, denn sein Freund schien wieder diese Fassade um sich herum aufgebaut zu haben, die er immer dann anlegte, wenn er den einsamen Helden spielen wollte. Nur, dass er sie jetzt auch schon im Alltag anlegte. Doch offenbar hatte er sich getäuscht, denn Yuusei wandte sich nun wieder offen zu ihm um. „Jack, ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist“, versuchte er zu erklären. „Ich bin in letzter Zeit einfach so... depressiv. Mein ganzes Leben, alles um mich herum, scheint plötzlich keinen Sinn mehr zu haben. Ich weiß selbst nicht, warum ich mich so fühle. Ich weiß, es ist dumm, aber... ich habe einfach keine Lust mehr zu... so weiter zu leben.“ Eigentlich hatte er sagen wollen: zu leben. Doch im letzten Moment hatte er gespürt, dass das zu extrem wäre, um es seinem Freund sagen zu können. Er war ohnehin schon zu weit gegangen. Jack war erschüttert. „Yuusei“, nahm er ihn bei den Armen und versuchte, seinen Blick einzufangen. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass es dir so schlecht geht. Sicher, ich habe gemerkt, dass etwas nicht stimmt, aber das... Was ist nur passiert, dass du so unglücklich geworden bist?“ „Ich weiß es nicht, Jack. Ich verstehe mich ja selbst nicht. Ich weiß nicht, warum ich so fühle. Ich weiß bloß, dass mich nur die Arbeit an den D-Wheels ablenkt. Sonst würde ich die ganze Zeit nur dasitzen und ins Leere starren und... gar nichts mehr denken oder tun. Ich fühle mich so leer... abgesehen von einem“, versuchte er zu erklären. „Und dieses Eine, was ist das? Vielleicht solltest du versuchen, das festzuhalten, wenn es dir hilft“, antwortete Jack, versuchte, seinem Freund zu helfen, dabei wusste er selbst nicht wirklich, wie er das anstellen sollte. Im Gegenteil, er konnte immer noch nicht fassen, was Yuusei ihm da erzählte. Yuusei, er war doch immer so stark gewesen, eine Kämpfernatur. Früher, da hatte er nie aufgegeben und nach vorne geblickt, hatte immer allen helfen wollen und sein eigenes Schicksal hinten angestellt. Vielleicht war ja genau das der Grund? Vielleicht hatte er sich zu sehr verausgabt und zu wenig an sich gedacht? Oder wusste er jetzt, da es niemanden mehr gab, der seine Hilfe brauchte, einfach nichts mehr mit seinem Leben anzufangen? Vielleicht brauchte er einfach wieder etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnte? Deshalb meinte Jack nach einer Weile des Nachdenkens: „Ja, ich denke, das ist einen Versuch wert: Du musst irgendetwas tun, um auf andere Gedanken zu kommen. Und damit meine ich nicht so etwas wie D-Wheels zusammen bauen, sondern eine neue Herausforderung. Such dir etwas, was dir am besten gefällt, ein Ziel und dann kämpfe dafür.“ „Du bist klug, Jack“, stellte Yuusei lächelnd fest. „Wofür ich Wochen gebraucht habe, um darauf zu kommen, ist dir so schnell eingefallen. Und vielleicht hätte es mir wirklich geholfen, wenn ich früher darauf gekommen wäre, doch jetzt ist es zu spät, fürchte ich. Denn das einzige, wofür es sich noch für mich zu kämpfen lohnen würde, ist etwas, was ich nie bekommen werde, egal wie sehr ich mich darum bemühe. Denn diese eine Sache kann man nicht erzwingen.“ „Wovon sprichst du“, wollte Jack wissen, wobei ihm ein Schauder der kalten Angst über den Rücken floss, denn sein Freund schaute ihn mit solch endgültiger Verlorenheit an, dass er richtig Angst um ihn bekam. „Davon“, erwiderte Yuusei, beugte sich vor, nahm Jacks Gesicht zwischen seine Hände und küsste ihn. Denn mittlerweile war ihm alles andere egal. Auch wenn Jack ihn hiernach hassen würde, es spielte keine Rolle mehr, dann würde er sich einfach umbringen. Aber dann hätte er Jack wenigstens ein einziges Mal geküsst, ihn so nahe gespürt wie noch nie. Vielleicht würde er aber auch einfach diesen Ort und diese Stadt verlassen, ganz weit fort gehen und wieder so einsam sein wie als Kind, bevor er Jack kennengelernt hatte. Er würde ganz neu von vorne anfangen und ein neues Leben beginnen, ein anderer Mensch werden und Jack vergessen. Jack... Jack schubste ihn erschüttert von sich und starrte seinen Freund an, als sähe er ihn zum ersten Mal. Yuusei hatte es gewusst. Es war alles so ein schöner Traum gewesen, der Traum davon, von Jack geliebt zu werden. Doch die Wirklichkeit sah anders aus, viel härter und kälter. „Entschuldige“, flüsterte Yuusei, stand auf und ging. Jack starrte ihm bloß fassungslos hinterher. In der folgenden Nacht tat Yuusei fast kein Auge zu. Er wälzte sich nur unruhig im Bett hin und her, bis in ihm dieser eine Gedanke von vorhin wieder auftauchte. Und langsam begann er, einen Plan zu entwickeln, der erst durch seinen schlaftrunkenen Zustand reale Formen anzunehmen schien. Denn im Wachzustand hätte er ihn niemals weiterverfolgt. Am frühen Morgen, alle außer den Bäckern der Stadt und anderen, die aufgrund ihres Berufes früh raus mussten, schliefen noch friedlich in ihren Betten, da hatte Yuusei bereits alle seine sieben Sachen gepackt, auf seinem D-Wheel verstaut und war bereit zu gehen, einfach diese Stadt zu verlassen – für immer. Er saß bereits auf seinem D-Wheel, als er noch einmal zurück blickte und wehmütig an Jack dachte. Er schloss die Augen, schien noch einmal den Kuss zu spüren, den er ihm gestohlen hatte. Sollte er wirklich verschwinden? Yuusei schüttelte den Kopf. Er konnte nicht anders. Jack würde jetzt sicher nicht mehr sein Freund sein wollen und er wollte nicht dessen Verachtung spüren müssen, wollte nicht die Abscheu in dessen wunderschönen Augen sehen. Es würde ihn töten, würde sein Herz gnadenlos durchbohren, das jetzt schon blutete. Und selbst wenn Jack ihm vergeben würde, so würde diese eine Sache doch immer zwischen ihnen stehen. Und deshalb war es besser zu gehen. Yuusei zitterte nicht nur aufgrund der Kälte und seiner Müdigkeit, als er in die Nacht hinausfuhr. So, das war erst mal das erste Kapitel. Ich werde bald weiter hochladen, das heißt, natürlich nur, wenn euch das hier überhaupt interessiert^^°. Kapitel 2: Can we talk about it? -------------------------------- Hallo, vielen Dank für eure Kommentare noch mal. Viel Spaß mit dem nächsten Kapitel! Am nächsten Abend lag Yuusei auf dem Bett eines schäbigen Hotelzimmers, das er sich gerade so leisten konnte. Wahrscheinlich teilte er es sich noch mit Ratten und Schaben, so wie es hier aussah. Er starrte traurig an die Decke. Jetzt, wo er den ganzen Tag gefahren war und viele Kilometer hinter sich gebracht hatte, merkte er plötzlich, wie sehr er seine Freunde und sein Zuhause schon jetzt vermisste. Es war eine dumme Idee gewesen, einfach abzuhauen. Doch jetzt konnte er nicht mehr zurück, oder? Schon schlimm genug, dass er Jack einfach geküsst hatte, so hatte er auch noch die anderen enttäuscht, indem er einfach abgehauen war, ohne ihnen ein Wort zu sagen. Wahrscheinlich würden auch sie nichts mehr von ihm wissen wollen. Er war ohnehin nichts wert, ein Wrack, dass gerade noch gut genug war, D-Wheels zu reparieren. Er fühlte sich wie ein lebender Toter. „Aki...“, flüsterte er plötzlich, als er an seine Freundin dachte, die er schon seit Monaten nicht mehr gesehen hatte. Vielleicht würde sie ihn verstehen, sie wusste schließlich wie es sich anfühlte, wenn man ganz alleine dastand. Damals hatte er noch ihr geholfen und ihr begreiflich gemacht, dass sie nicht so einsam und zornig auf die Menschen um sich herum sein musste, dass auch ihre Eltern sie liebten und sich um sie sorgten. Und jetzt, jetzt ging es ihm selbst so ähnlich wie ihr damals, das hätte er nie für möglich gehalten. Da war stets dieses Feuer in ihm gewesen, von dem er geglaubt hatte, es wäre immer da, auf das er sich immer verlassen konnte. Dieses Feuer war das Vertrauen gewesen, sein Glaube in die Menschen, seine Freunde und deren Schicksal, die Gewissheit, das ihre Zukunft besser sein würde, als die Gegenwart. Und nun war das alles verschwunden, als wäre es nie dagewesen. Wieso? Er wusste es nicht. Vielleicht hatte es einfach der Alltag aufgefressen, sowie seine verzweifelte Sehnsucht nach Jack. Und im Gegensatz zu Akiza, war er selbst Schuld an seinem ganzen Dilemma. Er hatte sich selbst verloren, so als wäre diese Stärke und Sicherheit, die er damals in sich getragen hatte, gänzlich verschwunden. Wie hatte das nur passieren können? Wie hatte er sich nur so verändern können? Nein, der Grund dafür war nicht nur Liebeskummer. Es steckte noch viel mehr dahinter, was Yuusei selbst nicht verstand. Er wusste nur, dass er nicht mehr er selbst war und sich fühlte wie ein Wrack. Er beschloss, Akiza zu besuchen. „Aber ich darf sie nicht merken lassen, wie schwach ich geworden bin“, sagte er sich. „Ich will nicht, dass sie wegen mir vielleicht wieder so traurig wird wie früher. Aber sie hat ja jetzt ihre Eltern, deshalb kann ich es riskieren.“ „Yuusei? Du hier?“, schaute Akiza ihn mit großen Augen an, als er plötzlich vor der Tür ihres Hauses stand. „Hallo Akiza, du siehst gut aus“, stellte er fest. „Und du? Du bist so ein Charmeur wie eh und je. Warum hast du dich nie gemeldet? Aber das ist jetzt auch egal. Ich bin froh, dich zu sehen“, strahlte sie und schloss Yuusei, ganz entgegen ihrer damaligen distanzierten Art, in die Arme. „Ich und ein Charmeur? Aber für diesen Part ist doch Jack zuständig“, meinte Yuusei. „Ach, du kannst das auch ganz gut“, untertrieb Akiza und klopfte ihm kameradschaftlich auf den Arm. „Komm doch rein.“ „Tut mir leid, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Ich war, hm, ziemlich beschäftigt“, entschuldigte sich Yuusei. „Schon gut“, erwiderte Akiza. „Jetzt bist du ja hier. Und das nächste Mal, wenn du wieder so lange nichts von dir hören lässt, komme ich und ziehe dir die Ohren lang“, meinte sie und und deutete es spielerisch an. „Los, komm doch rein.“ Daraufhin folgte ihr Yuusei ins Wohnzimmer. „Und wie ist es dir ergangen, Akiza?“, erkundigte sich Yuusei, als er ihr gegenüber auf einer Couch saß. „Gut, ja wirklich gut“, erzählte sie, und schien selbst erstaunt darüber. „Besser, als ich dachte. Ich studiere jetzt auf Lehramt, weißt du. Ich will später nämlich mal an der Duel-Akademie unterrichten.“ „Das ist toll“, staunte Yuusei. Er hätte nicht gedacht, dass Akiza diese Akademie, auf der sie als Jugendliche so gelitten hatte, jemals würde wieder sehen wollen, geschweige denn, dass sie dort unterrichten wollte. „Ja, weißt du, ich habe endgültig mit meiner Vergangenheit abgeschlossen. Nun sehe ich die Dinge anders, mir gefällt der Gedanke, diese Kinder zu unterrichten und ihnen zu helfen. Möglicherweise sind einige von ihnen genauso einsam und verloren wie ich es damals war und so sind meine Erfahrungen vielleicht doch noch zu etwas nutze. Ich kann ihnen zeigen, dass es so nicht sein muss, dass es auch einen anderen Weg gibt, als den in Bitternis und Zorn.“ „Das ist schön“, erwiderte Yuusei und freute sich wirklich für seine Freundin. „Ja, und das habe ich alles dir zu verdanken, dass ich überhaupt so weit gekommen bin, wäre ohne dich niemals möglich gewesen.“ „Nein, sicher hättest du das auch ohne mich geschafft. Denn du bist eine starke Frau“, wiegelte Yuusei ab. „Nein, das stimmt nicht. Nur durch dich habe ich es geschafft meinen Hass zu überwinden und meine Kräfte unter Kontrolle zu bekommen. Und meinen Eltern zu verzeihen. Das verdanke ich dir. Und deshalb möchte ich jetzt auch dir helfen.“ „Mir?“, fragte Yuusei erstaunt. „Ja, oder glaubst du, ich bin so dumm und sehe nicht die Traurigkeit in deinen Augen? Du versuchst, es zu verbergen, aber entweder bist du ein miserabler Schauspieler, oder ich kenne dich zu gut. Außerdem bist du doch nicht grundlos einfach so hier aufgetaucht. Wenn du dich hättest wieder bei mir melden wollen, hättest du normalerweise einfach angerufen. Stattdessen stehst du hier vor der Tür und siehst mich mit diesen verzweifelten Augen an.“ Yuusei ließ geschlagen den Kopf hängen. „Du wirst bestimmt mal eine gute Lehrerin, so gut, wie du dich in andere Menschen hineinfühlen kannst“, gab er zu. „Ganz genau!“, verkündete sie. „Hast du Hunger?“ Yuusei sah erstaunt auf. An Essen hatte er jetzt am allerwenigsten gedacht. „Nein danke“, erwiderte er deshalb – nur um im nächsten Moment das laute Knurren seines eigenen Magens zu vernehmen, woraufhin Akiza lauthals lachte. Nach dem Essen erzählte Yuusei Akiza alles über seine Probleme, sogar, dass er sich in Jack verliebt hatte. Er wunderte sich selbst darüber, wie leicht es ihm gegenüber der jungen Frau fiel, alles offen zu erzählen. Und hinterher spürte er, wie gut es ihm getan hatte. „Danke, dass du mir zugehört hast, Akiza“, sagte er anschließend. „Das ist doch selbstverständlich. Hm, ich kann immer noch nicht glauben, dass du dich in Jack verliebt hast. Nein, ich habe nichts dagegen“, versicherte sie. „Ich hätte nur niemals gedacht, dass du auf Männer stehst. Das merkt man dir wirklich nicht an. Und außerdem weiß ich nicht, was du an Jack findest“, schmunzelte sie. „Du kennst ihn eben nicht so gut wie ich“, rechtfertigte er sich. „Nun ja, wenn du sagst, dass er ein prima Kerl ist, dann glaub ich dir das auch. So und jetzt, Abmarsch ins Bett!“, gebot sie und klatschte in die Hände. „Du siehst aus, als würdest du gleich von der Couch fallen.“ „A-aber... Ist es denn in Ordnung, wenn ich hier schlafe?“ „Klar, meine Eltern hätten sicher nichts dagegen. Seit du mir damals geholfen hast, vergöttern sie dich geradezu.“ Akiza verschwieg lieber, dass sie ihn am liebsten als Schwiegersohn gehabt hätten. „Und außerdem sind sie sowieso nicht da. Ich habe sie nämlich überreden können, mal wieder zu zweit Urlaub zu machen. Das hatten die Beiden mal dringend nötig. Und um auf das Haus aufzupassen, bin ich ja da. Also komm, ich zeig dir das Gästezimmer.“ So folgte Yuusei ihr und war wirklich froh, so nett aufgenommen worden zu sein. „Danke, Akiza“, sagte er, als die Beiden sich eine gute Nacht gewünscht hatten. „Klar doch“, lächelte sie zurück. Als Yuusei am nächsten Morgen die Augen öffnete, war es ihm, als wäre die Welt ganz neu. Denn so ausgeschlafen schien plötzlich alles gar nicht mehr so schlimm. Seine Probleme hatten sich zwar nicht in Luft aufgelöst, doch er stellte erstaunt fest, wie gut es getan hatte, alles rauszulassen und eine Nacht darüber zu schlafen. Nun war ihm klar geworden, dass die Welt nicht untergehen würde, wenn er Jack wieder gegenübertreten würde. Das hieß nicht, dass er sich nicht immer noch davor fürchtete, doch es belastete ihn nicht mehr so sehr wie gestern noch. „Ich glaube, ich weiß, was mit dir los ist“, eröffnete Akiza plötzlich am Frühstückstisch, wo sie gemeinsam mit Yuusei saß. Der blickte überrascht auf. Seine Freundin wollte wissen, was eigentlich sein Problem war, wenn er das selbst nicht mal ahnte? „Nun ja, so wie du das erzählt hast, hört es sich an, als hättest du so was wie das 'Heldensymptom'.“ Yuusei verschluckte sich an seinem Brötchen. Wovon, zum Henker, sprach Akiza da? „Damit meine ich, du musstest unglaubliches durchstehen, musstest kämpfen um uns alle zu retten, etwas, das nur wenige Menschen tun müssen. Du hattest es unglaublich schwer und trotzdem hast du durchgehalten, weil du wusstest, für was du kämpfst und wie viel es dir wert ist. Und jetzt, wo dieser ganze Krieg vorbei ist, weißt du nicht mehr, was du tun sollst, fühlst dich leer und nicht mehr gebraucht. Du denkst, deine Rolle in diesem Leben sei erfüllt, dass du ausgedient hast, dass niemand dich mehr braucht und weißt nichts mehr mit dir anzufangen, ist es nicht so?“ Yuusei nickte überrascht. So hatte er das noch nie gesehen, doch er erkannte, dass Akiza Recht hatte. Das also war der Grund, warum er sich so nutzlos fühlte. Dabei hatte ihm das Kämpfen nie gefallen, er hatte es nur getan, weil er es musste. Um so seltsamer war es, dass er es jetzt vermisste. Aber nein, es war nicht das Kämpfen an sich, das er vermisste, sondern viel mehr eine Aufgabe im Leben, die ihn wirklich herausforderte. „Aber du musstest genauso viel durchstehen wie ich. Eigentlich noch viel mehr, denn du hast alleine dagestanden. Wie hast du es geschafft, eine neue Aufgabe im Leben zu finden?“, wollte Yuusei wissen. „Durch dich“, lächelte sie. „Guck nicht so überrascht, es stimmt. Nachdem du mir damals geholfen hattest und ich mich wieder mit meinen Eltern versöhnt habe, fügte sich eins ins andere. Als wieder Frieden einkehrte und ich machen konnte, was ich wollte, dauerte es nicht lange bis ich mich für das Studium entschieden habe. Und auch Leo und Luna und den anderen habe ich das zu verdanken, denn ohne euch hätte ich niemals begriffen, dass es auch gute Menschen auf der Welt gibt, für die es sich lohnt, die eine Chance bekommen sollen, auf der Duel-Akademie das Glück zu erfahren, das ich nie hatte. Und dazu will ich beitragen“, erklärte sie und stützte ihr Kinn auf die ineinander verschränkten Finger. „Tja und ich bin mir sicher, wenn du ein neues Ziel für dich findest, das dir wirklich etwas bedeutet, dann wird es dir auch besser gehen.“ „Ja, du hast Recht“, strahlte Yuusei. „Seltsam, Jack hat auch so etwas gesagt, aber zu dem Zeitpunkt habe ich es nicht wirklich begriffen. Ich habe geglaubt, es wäre schon längst zu spät dafür.“ „Tja, wenn Jack irgendetwas sagt, kann das sowieso keiner verstehen, weil sein Ego alles überstrahlt“, schmunzelte Akiza. „Hey, Jack ist nicht so...“, begann Yuusei, stoppte dann aber, als seine Freundin ihn nun offen angrinste. „Du bist wirklich total verknallt“, stellte sie fest. Kapitel 3: It hurts ------------------- Nun stand Yuusei also wieder vor dem Haus, in dem sich ihre WG befand und wusste nicht so recht, was er den anderen sagen sollte, wenn er so plötzlich wieder vor der Tür stand. Bestimmt waren seine Freunde mächtig sauer auf ihn. Wie sollte er sich nur entschuldigen? Würden sie seine Entschuldigung überhaupt annehmen? Wie sollte er sein Verhalten erklären? Er konnte ja schlecht sagen: 'Hallo, Leute, es tut mir Leid, aber ich hatte so eine blöde, depressive Phase und außerdem bin ich unglücklich in Jack verliebt. Ich hoffe, das macht euch nichts aus.' „Hey, Yuusei! Ich fass es ja nicht!“, rief es da plötzlich von der Seite herüber, wo ein gewisser Crow beinahe aus dem Fenster fiel, so weit hatte er sich hinausgebeugt. Yuusei lächelte entschuldigend zurück. Er wollte Crow zurück grüßen, doch da war der schon verschwunden. Er schluckte. Crow war also auch sauer auf ihn. Aber da musste er jetzt durch. Er hob seine Reisetasche wieder hoch und wollte gerade die Tür aufschließen, als diese plötzlich von innen geöffnet wurde und er förmlich hineinfiel. „Hey, pass auf!“, rief Crow und hielt den größeren Yuusei gerade noch fest. „Entschuldige!“, erwiderte der und hievte erstmal seine Tasche in den Flur. „Oh, man, du hast uns ganz schön Sorgen bereitet“, rubbelte sich Crow durch die abstehenden Haare. „Wir dachten schon, dir wär was passiert.“ „Tut mir Leid“, senkte Yuusei schuldbewusst den Blick, was seinen Freund zu einem Stirnrunzeln veranlasste. So kannte er seinen alten Kumpel gar nicht. „Ich hätte nicht einfach so abhauen sollen, ohne mich zu verabschieden, das war dumm von mir. Ich hatte nicht die Absicht, euch Sorgen zu bereiten. Ich dachte nur, es wäre besser, nachdem...“ „Nachdem was?“, wollte Crow wissen. „Hat Jack euch nichts erzählt?“ „Was? Argh, ich hätte es ja wissen sollen, dass der schon wieder Schuld ist, dass es dir schlecht geht“, ballte Crow ärgerlich die Hände zu Fäusten. „Dem werde ich jetzt aber mal eine Abreibung verpassen, die sich gewaschen hat. Tja, Jack, Alter, du solltest endlich mal begreifen, dass du hier nicht der König bist und dass du meine Freunde nicht verletzen darfst“, wollte er schon loslaufen, als Yuusei ihn gerade noch an der Schulter festhalten konnte. „Warte Crow! Es ist nicht Jacks Schuld. Im Gegenteil, er wollte mir nur helfen und ich habe einen dummen Fehler gemacht“, erklärte er wage. „A-aber...“, begann Crow. „Was ist denn nun passiert?“, wollte er wissen. Die Beiden setzten sich gemeinsam an den Küchentisch. „Oh, man“, vergrub Yuusei sein Gesicht in den Händen und fuhr sich anschließend durch die Haare. „Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll...“ Als er nach einer Weile immer noch nicht weiter redete, meinte Crow: „Schon gut, du brauchst es mir nicht zu sagen, wenn du nicht kannst.“ „Und du bist nicht sauer auf mich?“, wunderte sich Yuusei. „Nein. Ich bin sicher, du hattest einen guten Grund für deine Auszeit. Jeder von uns braucht mal seinen Freiraum, wieso sollte ich da sauer sein? Außerdem kommt es mir eher so vor, als hättest du noch was mit Jack zu klären und nicht mit uns anderen.“ „Sind die anderen denn nicht auch sauer auf mich?“, erkundigte sich Yuusei besorgt. „Nein, die haben sich alle nur riesige Sorgen gemacht. Bloß Jack war so komisch, aber gesagt hat er nichts. Aber ich glaube, er hat sich auch Sorgen gemacht.“ „Danke Crow.“ „Hey, nichts zu danken. Wofür sind alte Kumpel denn da?“, klopfte er ihm freundschaftlich auf die Schulter und verließ die Küche. Die anderen schienen entweder nicht zu Hause zu sein oder still und leise in ihren Zimmern. Wo Jack wohl ist?, fragte sich Yuusei. Wie soll ich ihm nur je wieder unter die Augen treten? Was soll ich ihm nur sagen? Ob er mich überhaupt noch sehen will? Er versteinerte, als Jack plötzlich, wie hingezaubert, mit verschränkten Armen im Türrahmen stand. Er starrte ihn nur an und brachte kein Wort heraus und sein Freund starrte genauso stumm zurück. Yuusei konnte nicht im Mindesten erraten, was dem anderen wohl durch den Kopf ging. Dessen Augen schienen so undurchsichtig wie Spiegel. „Entschuldige, dass ich neulich einfach...“, brachte Yuusei schließlich hervor. „Yuusei, du bist echt pervers“, war Jacks Feststellung. „Ich hatte dich immer anders eingeschätzt.“ Mit diesen Worten verschwand er aus der Tür. Yuusei fühlte sich, als hätte Jack gerade einen spitzen Stein genommen und damit sein Herz zertrümmert. Er war so geschockt, dass seine Knie unter ihm nachgaben und er auf dem Boden zum Hocken kam. Seine Hände umklammerten dabei die Reisetasche so fest, dass es wehtat. Er zitterte und ihm wurde ganz kalt. Er schluchzte auf, doch seltsamerweise kam keine einzige Träne aus seinen Augen. Er wollte nur noch sterben. Dabei hatte er sich doch denken können, wie Jack reagieren würde. Er konnte im Gegenteil noch glücklich sein, dass dieser ihn nicht hochkant rausgeschmissen oder ihm ein paar Prügel verpasst hatte. So in sich zusammengesackt fand ihn einige Zeit später Rally vor, der total schockiert von Yuuseis Zustand war. „Hey, Yuusei, jetzt sag doch endlich was! Was ist los?“, redete er schon seit einigen Minuten auf seinen Freund ein, doch der rührte sich nicht, schien ihn nicht mal wahrzunehmen. Schließlich wusste er sich nicht mehr zu helfen und lief los, um Crow herbeizuholen. Derweil erwachte Yuusei wieder aus seiner Lethargie, stand auf, wobei sein Blick zufällig auf den Messerblock auf der Theke fiel. Wie in Trance ging er darauf zu, nahm sich eines der Messer und schaute es wie hypnotisiert an. Schließlich packte er es und schnitt sich tief übers Handgelenk. Überrascht über den plötzlichen, heftigen, Schmerz schrie er auf und ließ das Messer fallen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, was er da gerade getan hatte. Eigentlich hatte er das gar nicht gewollt, er war wie von Sinnen gewesen. Er presste das Handgelenk gegen seine Jacke. „Hey, hey, Yuusei!“, schrie Crow erschrocken, als er seinen Freund erblickte. „Was hast du gemacht? Du bist ja voller Blut!“ Er ging zu ihm hin, bemerkte die Wunde am Handgelenk und starrte entgeistert darauf. Doch als er sich nach einigen Sekunden wieder gefasst hatte, befahl er: „Rally, los, schnell, ruf den Notarzt! So, und du Yuusei, rührst dich nicht vom Fleck und vor allem rührst du keine Messer, oder sonstigen scharfen Gegenstände mehr an, versprochen?“ Yuusei nickte nur. Also lief Crow los, holte den Verbandskasten aus dem Bad herbei und zerrte schnell eine Binde daraus hervor. Damit verarztete er seinen Freund notdürftig und hoffte, dass es noch nicht zu spät und die Wunde zu tief war. Er hatte ihn auf die Bank in der Küche gelegt und betrachtete besorgt das viele Blut, das Yuusei bereits verloren hatte. Hoffentlich kam es ihm bloß so viel vor, hoffentlich war es in Wirklichkeit gar nicht so viel wie es aussah. „T-tut mir leid“, stammelte Yuusei. „I-ich w-wollte das n-nicht.“ „J-ja, schon gut. Ich bin mir sicher, du wolltest das nicht“, versuchte Crow zu lächeln. Er konnte es nicht fassen, was sein Freund da getan hatte. Wieso? Wieso nur? Und ausgerechnet Yuusei, er war doch stark, er wusste doch das Leben zu schätzen. Er hatte für sie alle gekämpft und sie gerettet und jetzt... Nein, es dürfte nicht wahr sein. Yuusei tat so etwas nicht, nicht Yuusei! „Wer hat dir das nur angetan?“, weinte Crow die Tränen, die sein Freund nicht weinen konnte. Kapitel 4: All this trouble --------------------------- Leider habe ich es diesmal nicht geschafft, eure Kommentare zu beantworten, aber ich hab mich wie immer sehr darüber gefreut. Viel Spaß mit dem nächsten Kapitel^^! Crow lief total hibbelig und nervös auf dem Krankenhausgang herum, wo er auf eine Nachricht des Arztes wartete, der Yuusei behandelte. Würde sein Freund überleben? „Argh, warum kann das denn nicht schneller gehen?“, riss er sich fast die Haare aus vor Sorge. Jack war auch da, lehnte an der Wand und brütete still schweigend vor sich hin, wobei er an seiner Unterlippe knabberte und sich gedanklich immer wieder sagte: Es ist nicht meine Schuld, es ist nicht meine Schuld, er ist einfach durchgedreht. Dennoch konnte er nicht aufhören, sich schuldig zu fühlen. Aber noch größer war die Sorge um seinen Freund. Denn egal was er zuvor zu ihm gesagt hatte und auch wenn dieser ihn einfach so geküsst hatte, so mochte er ihn dennoch und wollte nicht, dass er starb. Er wunderte sich, was aus Yuusei geworden war, wie er sich bloß so sehr hatte verändern können. Das war nicht mehr der Freund, den er gekannt hatte. Oder war er im Innersten schon immer so gewesen und jetzt, wo es ihm schlecht ging, kam es erst zum Vorschein? Jack schüttelte den Kopf. So ein Unsinn! Rally hatten sie nach Hause geschickt, da es schon spät war, auch wenn es sehr schwer gewesen war, den Kleinen davon abzuhalten, im Krankenhaus zu bleiben. Auch Blitz, Nerve und Tank waren schweren Herzens wieder nach Hause gegangen, da sie hier eh nichts tun konnten. Die drei hatten ihre eigene WG ganz in der Nähe, aber beschlossen, diese Nacht bei Rally zu bleiben, um ihn zu trösten. Endlich kam die erlösende Nachricht, dass Yuusei nicht mehr in Lebensgefahr schwebe und sie ihn sehen könnten. „Aber leise bitte!“, befahl der Arzt. „Er schläft.“ Crow starrte im Krankenzimmer verzweifelt auf Yuusei hinab und brach erneut in Tränen aus. Jack biss sich noch stärker auf die Lippe, bis sie blutete. „Du Dummkopf!“, schimpfte er zu dem Schlafenden hinunter. „Hey, Jack, wie kannst du es wagen?“, zischte Crow böse. „Aber genau das war es doch, dumm sich einfach umbringen zu wollen“, insistierte Jack. „Ja, da hast du Recht. Aber hast du mal überlegt, warum er das eigentlich getan hat und warum er uns nicht gesagt hat, wie schlecht es ihm geht?“ „Sehe ich so aus, als hätte ich mir das nicht überlegt?“, empörte sich Jack. „Aber lass uns das nicht hier diskutieren“, zog er ihn mit sich hinaus. „Ich wollte ihm ja helfen“, erklärte er draußen auf dem Gang, „aber wenn dieser Sturkopf sich partout nicht helfen lassen will...“ „Was meinst du damit?“, wollte Crow wissen, woraufhin ihm Jack erzählte, wie Yuusei ihm vor drei Tagen mitgeteilt hatte, wie sinnlos ihm auf einmal alles erschien und wie depressiv er war. „Und dann ist er einfach abgehauen, da hast du ihm ja toll geholfen“, schlussfolgerte Crow. „Quatsch nicht! Du hast ja keine Ahnung.“ Wie sollte er ihm auch erklären, dass Yuusei ihm praktisch ein Liebesgeständnis gemacht und ihn geküsst hatte? Nein, das würde er nicht mal Crow erzählen. Was zu viel war, war zu viel. „Ach ja? Wovon habe ich denn keine Ahnung? Dann sag' s mir doch mal!“, forderte Crow, der sich nicht so leicht abspeisen lassen wollte. „Das geht dich nichts an!“, blockte Jack ab. „Und ob mich das was angeht!“, schrie dieser. „Immerhin ist das mein Freund! Dich scheint es ja nicht sonderlich zu interessieren, was mit ihm ist, aber mich schon“, packte er ihn beim Kragen. „Also rede endlich!“ „Wie kommst du dazu zu sagen, dass Yuusei mich nicht interessiert?“, regte Jack sich auf. „Nur weil du Idiot gar nichts kapierst?“ „Na, offenbar interessiert er dich wirklich nicht, oder wie kam es, dass er sich gleich geschnitten hat, nachdem DU mit ihm gesprochen hast? Du glaubst wohl, das hätte ich nicht mitgekriegt, aber so dumm ist der kleine Crow nicht, da staunst du was, ja? Also, was hast du ihm gesagt?“ Crow sah aus, als würde er gleich jemanden ermorden, vorzugsweise Jack Atlas. „Pft!“, machte der. „Ich habe bloß gesagt, das er pervers ist. Kann ich denn ahnen, dass er so empfindlich ist?“, blaffte Jack zurück. „WIE BITTE?“, schrie Crow außer sich, wobei er sich aber mehr darüber aufregte, wie kalt Jack gegenüber Yuusei zu sein schien, als darüber, dass er ihn pervers genannt hatte. Die Beiden waren gerade dabei, sich in eine ernsthafte Prügelei zu verstricken, als sie im letzten Moment vom Krankenhauspersonal zwangsweise getrennt wurden und auch prompt Hausverbot bekamen – es sei denn natürlich, sie wären selbst mal krank oder verletzt. Am nächsten Morgen wachte Yuusei auf und blinzelte in die Sonne. Er fühlte sich völlig gerädert, als auch schon eine Krankenschwester mit dem Frühstück kam. Doch essen konnte er jetzt beim besten Willen nicht. Schon gar nicht diese ordentliche Mahlzeit, die ihm da gebracht worden war. Außerdem störte ihn, dass die Krankenschwester die ganze Zeit über bei ihm blieb um ein Auge auf ihn zu werfen, denn erst jetzt hatte man ihn von den Fesseln an Fuß- und Handgelenken befreit, die, wie die Schwester erklärt hatte, nur zu seiner eigenen Sicherheit da wären, damit er sich nicht wieder etwas antäte. Erst als er ihr versprochen hatte, dass er sich nichts tun, oder abhauen würde, hatte sie ihn davon befreit. Aber auch nur für das Frühstück und die Morgentoilette. „Sie müssen doch was essen, junger Mann. Sie sind schon so dünn“, protestierte die Krankenschwester. Ihr zuliebe aß er dann doch ein paar Bissen. Dabei schmeckte er kaum was und war nach kurzem auch schon so satt, als hätte er nicht nur ein wenig, sondern eine Riesenmahlzeit gegessen. „So ist' s fein“, kommentierte sie dann, als wäre er ein Kater oder so was in der Art. Später kam dann Rally, strahlte ihn glücklich darüber, dass es ihm wieder besser ging, an, wollte alles mögliche wissen, warum er das getan hatte – was Yuusei ihm nicht sagen konnte - und erzählte ihm, dass Jack und Crow sich so schlimm aufgeführt hatten, dass sie rausgeworfen worden waren. „Aber du wirst das doch nicht wieder tun, oder?“, guckte Rally ihn mit großen, traurigen Augen an. „Nein, werde ich nicht“, versprach Yuusei. „Ich wollte das auch gar nicht, ehrlich. Es war bloß eine Kurzschlussreaktion. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, sonst hätte ich das bestimmt nicht gemacht. Ich will euch doch schließlich nicht alleine lassen. Das weißt du doch, oder?“, guckte ihn Yuusei flehend an. „Klar“, drückte ihn Rally fest an sich. „Ich wusste doch, dass du das gar nicht wolltest. Oh, man, du bist ja ganz schön dünn geworden“, stellte er dann auch überrascht fest. „Das kommt davon, wenn du nie was isst.“ „Ich werde mich bessern“, versprach er hoch und heilig und küsste Rally auf die roten Locken. Zwei Tage lag Yuusei im Krankenhaus, dann musste er noch mit einem Psychologen ein intensives Gespräch führen, um zu beweisen, dass er keinen weiteren Selbstmordversuch unternehmen würde, was ihm zum Glück auch gelang. Allerdings musste er sich nun regelmäßig zu einer Therapie begeben, ansonsten würde man ihn zwangsweise in eine Psychiatrische Klinik einweisen. Es war sowieso ein Wunder, dass er nicht gleich dort hin musste, was wohl nur der Tatsache zuzuschreiben war, dass er den Psychologen überzeugen konnte, dass er sich wirklich nicht mehr umbringen wollte. „Hey, Kumpel“, begrüßte ihn Crow auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus, wo er ihn mit seinem D-Wheel abholen wollte, mit einem freundschaftlichen Faustschlag gegen den Arm. „Wie geht es dir?“ „Geht schon wieder“, erwiderte Yuusei dankbar, dass sein Freund nicht sauer auf ihn war, weil er so eine Dummheit begangen hatte. „Ist Jack sehr wütend?“, wollte er dann wissen. „Ach, Jack! Immer nur Jack, Jack hier und Jack da!“, schimpfte Crow. „Ah! Am liebsten würde ich ihn auf den Mond schießen, diesen eingebildeten Lackaffen, diesen selbstverliebten, unsensiblen, seine Freunde im Stich lassenden, sturen, alten Bock. Wenn er mir das nächste Mal über den Weg läuft polier ich ihm die Fresse, ich mach Hackfleisch aus ihm, ich werde...“ So ging das in einer Tour weiter, während sie nach Hause fuhren. Bis Yuusei schließlich auch endlich dazu kam etwas zu sagen: „Was ist denn nur passiert, dass du so wütend auf ihn bist?“ „Das fragst du noch? Schließlich ist er Schuld, dass es dir so schlecht geht. Und er will mir noch nicht mal sagen, wieso. Was hat er dir angetan, Yuusei? Du kannst es mir ruhig sagen, ich werde den Kerl schon nicht umbringen. Ich werde ihn bloß weichklopfen, bis er um Erbarmen winselt, jawohl!“ „A-aber, Jack ist nicht Schuld, wie kommst du darauf?“ „Jetzt nimm doch nicht alles auf deine Kappe, Yuusei. Ich kenne Jack doch und ich kenne dich. Irgendetwas muss er doch mit dir angestellt haben, dass du plötzlich so komisch drauf bist.“ „Nein, nein, wirklich nicht. Wie ich dir schon gesagt habe, Jack wollte mir nur helfen, das ist alles.“ „Und wieso hat er dich dann pervers genannt? Da steckt doch noch mehr dahinter?“ Yuusei zuckte zusammen. Das hatte er Crow erzählt? Aber offenbar schien er ja noch nicht mehr zu wissen. Zum Glück hatte Jack nichts gesagt. „Hey, tut mir leid“, entschuldigte sich Crow, der das Zusammenzucken bemerkt hatte. „Ich Idiot bin mal wieder sehr feinfühlig, was? Oh, man, Crow, was denkst du dir nur dabei?“, sprach er mit sich selbst. „Du benimmst dich mal wieder wie der Elefant im Porzellanladen, du solltest dich was schämen, du...“ „Nein!“, schnitt ihm Yuusei das Wort ab. „Bitte hör auf, so über dich zu reden. Du bist der beste Freund, den man sich wünschen kann.“ Crow erstarrte, als sein Freund den Kopf auf seinen Rücken legte. Er hatte einen zweiten Helm für ihn vergessen, deshalb fühlte er es ganz deutlich. Und er fühlte auch die Schmetterlinge, die plötzlich in seinem Bauch Purzelbäume schlugen. Was war das nur für ein seltsames, total geniales, Gefühl? Yuusei lag in seinem Zimmer auf dem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte an die Decke. Was sollte er jetzt nur tun? Jack würde ihn niemals lieben. Es wäre schon ein Glück, wenn dieser noch weiterhin sein Freund sein wollte, nachdem er ihn einfach so geküsst hatte. Schließlich hatte er ihn pervers genannt und ihn mit solcher Kälte angesehen, dass es Yuusei bei der Erinnerung daran immer noch schauderte. Aber wenigstens war Crow ihm nicht böse. Mehr noch, er war für ihn da und wollte ihm helfen. Und er selbst war so dumm und bereitete ihm und seinen anderen Freunden solche Sorgen. Aber was sollte er tun, wenn es doch so furchtbar wehtat? Warum konnte Jack ihn nicht lieben? „Jack...“, flüsterte Yuusei, drehte sich auf die Seite, umklammerte mit der rechten Hand das Kopfkissen und schloss die Augen. Er hätte nicht gedacht, überhaupt einschlafen zu können, doch schon kurze Zeit später war genau das geschehen. Und er träumte, träumte von Jack, als sie noch Kinder waren, wie sie zusammen gespielt und selbsterfundene Abenteuer erlebt hatten. Und wie sie sich ihre Zukunft in den allerbuntesten Farben ausgemalt und von den tollsten Jobs geträumt hatten, zum Beispiel Astronaut zu werden. Und einer dieser Träume war wahr geworden: Jack war ganz an die Spitze des Duel-Monster Spiels gekommen. Auch Yuusei war dies gelungen, doch das war nicht sein Ziel gewesen, er hatte nur seine Freunde dadurch retten wollen. Denn es gefiel ihm nicht, im Rampenlicht zu stehen. Er liebte das Duel-Monsters Spiel, brauchte dafür aber keine Menschenmassen, die ihm zujubelten, ganz anders als Jack. Ihm genügte das Spiel an sich und seine Freunde. Er war schon immer bescheidener in seinen Wünschen gewesen, doch dieses eine Mal hatte er sich zu viel gewünscht: Liebe. Da war Jack, plötzlich kein Kind mehr, ragte doppelt so hoch wie normal vor ihm auf, das Gesicht hinter einem schwarzen Schatten verborgen, die Arme vor der Brust verschränkt und eine Eiseskälte ausstrahlend. Eine Eiseskälte, die keine Worte brauchte um zu sagen, wie sehr er ihn nun hasste. Und diese Kälte kroch immer tiefer in Yuuseis Herz, ließ es sich schmerzhaft zusammenziehen. Schweißgebadet schreckte Yuusei auf, atmete keuchend, als wäre er gerade gerannt und starrte mit schreckgeweiteten Augen in die Dunkelheit, bevor er begriff, dass er nur geträumt hatte. Nein, in gewisser Hinsicht war der Traum wahr, denn Jack hatte ihn wirklich so kalt angesehen. Nur hatte es sich in diesem Traum tausendmal schrecklicher angefühlt, so als würde sein Herz zerbrechen, was seltsam war, denn Yuusei hatte geglaubt, dass sich nichts schrecklicher als die kalte Wirklichkeit anfühlen könnte. Aber im Unterschied zu diesem Traum war Jack nicht so kalt. Auch wenn er ihn pervers genannt hatte und jetzt scheinbar nichts mehr von ihm wissen wollte: Yuusei war klar, dass Jack nicht wirklich so gemein war, denn sonst hätte er sich bestimmt nicht in ihn verliebt. „Ich liebe dich trotzdem, Jack“, flüsterte Yuusei in sein Kissen. Und fühlte sich plötzlich ganz warm und wunderte sich über die Erkenntnis, dass Liebe auch schön sein konnte, wenn sie nicht erwidert wurde. Das hieß aber nicht, dass es nicht trotzdem wehtat, dass nicht trotzdem heiße Tränen stumm über seine Wangen liefen. Kapitel 5: Let me help you -------------------------- Am nächsten Morgen traute Crow dem freundlichen Lächeln Yuuseis nicht so recht, da er vermutet hatte, dass dieser in nächster Zeit wohl nicht so viel zu lächeln hätte, nachdem, was passiert war. Und jetzt lächelte er und benahm sich, als wäre alles wie immer. Bis, ja, bis er auf einmal vor seiner Schüssel Müsli saß und mehr nachdenklich darin herumrührte, als zu essen. „Also, was ist denn jetzt eigentlich los?“, wagte Crow es endlich, zu fragen. „Jack hat mir nur gesagt, dass du Probleme hast, aber nicht, was genau. Kann ich dir irgendwie helfen?“, blickte er ihm intensiv in die Augen. „Danke, Crow, aber ich fürchte, dabei kannst du mir nicht helfen, damit muss ich selber fertig werden“, blickte Yuusei in seine Müslischüssel, die plötzlich ganz interessant zu sein schien. „Ich weiß ja selbst nicht genau, was mit mir los ist. Ich schätze, ich bin einfach unzufrieden mit meinem Leben, so wie es jetzt ist. Ich muss irgendetwas verändern, etwas neues aufbauen, ich weiß nur noch nicht, was.“ „Unzufrieden? Und das ist alles?“, blickte Crow skeptisch. „Aber wegen so etwas versucht man doch nicht, sich umzubringen. Da ist doch noch mehr, oder?“, stützte er die Hände auf den Küchentisch. Yuusei versank fast in seiner Müslischüssel. Er wünschte sich, er müsste nicht hier sein und seinem Freund seinen Zustand irgendwie erklären. „Ich bin einfach dumm, Crow, so verdammt dumm, das ist alles“, mit diesen Worten bog er seinen Löffel um und ließ ihn auf den Tisch fallen. „Ich mach später sauber“, sprach' s und schon war Yuusei durch die Tür verschwunden. Crow blickte ihm fassungslos hinterher. Kurze Zeit später bekam Yuusei einen Anruf von Akiza, die ihn über das Display seines D-Wheel Computers freundlich anlächelte und wissen wollte, wie es ihm gehe. „Oh, so schlecht?“, fragte sie gleich, ohne eine Antwort abzuwarten, denn Yuuseis Gesicht sprach Bände. Warum kann ich denn bloß meine Gefühle so schlecht verbergen?, seufzte Yuusei innerlich. Er wollte Akiza doch nicht unnötig sorgen. Und außerdem fühlte er sich nun irgendwie verpflichtet, alles besser zu machen, nachdem seine Freundin sich so viel Mühe gegeben hatte, ihn zu motivieren. Und nun enttäuschte er sie, weil genau das Gegenteil der Fall war. Zum Glück hatte sie nichts von seinem Selbstmordversuch erfahren. „Nun ja, ich fürchte, Jack hasst mich“, gab er zu. „Oh, dann... hast du also mit ihm geredet und er hat fies reagiert?“ Yuusei nickte. „Du Armer. Das tut mir leid. Soll ich vielleicht vorbeikommen und dich trösten?“ „Nein“, Yuusei wurde unwillkürlich ein wenig lauter. Er wollte auf keinen Fall, dass Akiza hier her kam und erfuhr, welche Dummheit er begangen hatte und dann womöglich auch noch mit Jack aneinandergeriet, obwohl der dafür gar nichts konnte. Außerdem sollte sie sich nicht so um ihn kümmern, sie hatte bestimmt eigene Sorgen, die wichtiger waren. „Hm“, machte Akiza. „Yuusei“, sie zögerte. „Wir sind doch noch Freunde, oder?“ „J-ja, aber ja, natürlich“, blickte Yuusei sie erschüttert an. Was wollte sie damit sagen? „Ach so, ich dachte schon, du willst nichts mehr von mir wissen. Aber du möchtest wahrscheinlich nur einige Zeit deine Ruhe haben. Das verstehe ich. Also, dann, mach' s gut“, wollte sie schon abschalten. „Akiza“, sagte da Yuusei. „Es tut mir leid, dass ich so kurz angebunden bin. Es ist nur... ich will nicht, dass du dir zu viele Sorgen machst.“ „Dummkopf“, lächelte Akiza und schaltete ab. Yuusei blickte verständnislos auf den leeren Bildschirm. An diesem Tag widmete sich Yuusei wieder seiner Arbeit und war erstaunt darüber, dass das Leben einfach so weiterging wie bisher. Alles, was in letzter Zeit passiert war, das beeinflusste nicht seine Arbeit an den D-Wheels. Hier war alles wie immer, er wusste genau, was er tun musste. Und er musste auch nicht so viel dabei über seine Probleme nachgrübeln wie sonst. Nein, die Welt hatte sich nicht verändert, nur weil er all diese negativen Gefühle mit sich herum schleppte. Außer eines, das war nicht negativ und trotzdem brachte es so viele Schmerzen. Yuusei war ganz in seine Arbeit versunken, so dass er zusammenzuckte, als plötzlich hinter ihm ein „Na?“, ertönte. Auch ohne sich herumzudrehen, wusste er, dass es Jack war. Der stand dort im Türrahmen gelehnt mit verschränkten Armen und starrte auf seinen Rücken. „Mach bloß nie wieder so was Dummes“, kam es nach einer Weile auf einmal. Yuusei hielt in seinen Bewegungen inne. Er wollte gern sagen, dass es ihm leid täte, dass er das nicht gewollt hatte und bestimmt nicht wieder tun würde, dass er sich keine Sorgen um ihn machen müsse, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Er brachte einfach kein Wort über die Lippen. „Und dass ich dich pervers genannt habe..., das war nicht so gemeint“, brachte Jack schließlich hervor. „Ich wusste nicht, dass dich das so mitnimmt. Tja, und wegen dieser anderen Sache... Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Dass du dich in mich verlieben könntest, das hätte ich niemals erwartet. Man, ich hatte ja nicht mal eine Ahnung, dass du überhaupt auf Männer stehst. Das hättest du mir ja ruhig mal sagen können, statt immer so geheimnisvoll zu tun. Du hast mich jedenfalls ganz schön überrumpelt.“ „Ich steh nicht auf Männer“, erwiderte Yuusei nun, der sich etwas entspannt hatte, da Jack ihm anscheinend nicht mehr böse war. Trotzdem wagte er nicht, sich umzuwenden und ihn anzusehen. „A-aber...“, warf Jack ein. „Ich bin schließlich ein Mann und du hast mich geküsst. Das macht man doch nicht einfach so zum Spaß. Oder was hast du für einen kranken Humor?“, regte er sich auf. „Nein, das war kein Spaß. Es ist nur... ich stehe nicht auf andere Männer. Ich liebe nur dich“, erklärte Yuusei und blickte zum ersten Mal über die Schulter und Jack in die Augen. Nicht nur in den Worten, sondern auch in diesem Blick erkannte dieser etwas, das ihn erschreckte, weil es so... unerwartet kam, so völlig absurd war, jedenfalls Jacks Meinung nach. Schließlich konnte ihn Yuusei doch nicht plötzlich so, auf diese Art und Weise, lieben. Das war doch nicht normal! Außerdem waren sie die ganze Zeit über doch immer nur ganz normale Freunde gewesen, na ja, abgesehen von den gut zwei Jahren, in denen Jack sich von ihm und den anderen abgewandt hatte. Jedenfalls kam das seiner Meinung nach alles ein bisschen zu plötzlich. Oder war er einfach nur so blind gewesen? Oder hatte Yuusei seine Gefühle so gut versteckt? „Seit wann..., seit wann empfindest du denn so?“, wollte Jack wissen, wobei es ihm schwerfiel, diese Frage über die Lippen zu bringen. „Schon immer“, lächelte Yuusei ohne zu zögern. „A-aber, das kann doch nicht sein. Das..., ich meine, ich habe nie etwas bemerkt und wir waren doch immer nur Freunde.“ „Na ja, damals, als Kind, habe ich dich natürlich noch nicht auf diese Weise geliebt wie jetzt, das ist ja klar. Aber irgendwann, als ich älter wurde, ist mir bewusst geworden, dass es mehr ist als Freundschaft“, bei dieser Erinnerung lächelte Yuusei ein wenig, doch dieses Lächeln war mehr in seinen Augen als auf dem Gesicht zu sehen und er schien dabei gedanklich ganz woanders zu sein. Jack schauderte, die ganze Sache war ihm unheimlich. An den Gedanken, dass Yuusei ihn liebte, musste er sich erstmal gewöhnen. Vor allem, da sein Freund sich deswegen beinahe umgebracht hätte. Jack schluckte und wusste auf einmal nicht mehr, was er tun sollte, was ihm nur höchst selten passierte. Er mochte Yuusei ja und wollte nicht, dass dieser sich etwas antat, also wie sollte er ihm klar machen, dass er ihn nicht liebte, ohne ihn zu verletzen? Doch Yuusei nahm ihm diese Sorge ab, indem er sagte: „Doch ich weiß, dass ich mich damit abfinden muss, dass du mich nicht liebst“, es fiel ihm sichtlich schwer, das zu sagen. „Es tut mir leid, dass ich dich damit belästigt habe. Ich werde versuchen, diese Gefühle zu unterdrücken.“ „Sch- schon gut. Du hast mich nicht belästigt. Es ist nur... es kam so unerwartet, das ist alles. Ich schätze, wir sollten uns eine Weile aus dem Weg gehen, solange, bis du darüber hinweg bist, meinst du nicht?“ Es wäre für Yuusei sicher besser, auf Abstand zu gehen und auch er selbst musste sich erstmal an seinen „neuen“ Freund gewöhnen. „Du hast wohl Recht“, nickte Yuusei traurig und starrte zu Boden. Als er hörte, dass Jack gegangen war, blickte er erst wieder auf und seufzte. Der Vorschlag seines Freundes war wohl das Beste und er war schon sehr froh, dass dieser ihn überhaupt noch mochte. Trotzdem fiel ihm das alles andere als leicht. Er durfte gar nicht daran denken, wie schön es wäre, Jack in den Arm zu nehmen, ihn zu streicheln, seinen Duft zu spüren, ihn zu küssen und zu sagen, wie sehr er ihn liebte. Und wie das so immer ist, wenn man an etwas bestimmtes nicht denken will, denkt man genau daran. Doch je mehr er daran dachte, desto mehr tat es weh. Deshalb musste er solche Gedankengänge einfach aus seinem Gehirn streichen, basta! Abends, als Yuusei müde wurde, seine Arbeit beendete und er wieder mit seinen Gedanken allein war, kam all sein Schmerz mit überraschender Wucht zurück. „Ich bin bloß müde, das ist alles“, sagte er sich, doch das konnte dieses Gift, das sich in seine Gedanken fraß, nicht aufhalten. Er fühlte sich, als wäre ein Lastwagen über seine Nervenbahnen gefahren. Er wollte nur noch ins Bett und die Augen zumachen und hoffte gleichzeitig, dass er überhaupt einschlafen konnte. Auf dem Weg zu seinem Zimmer wäre er beinahe mit Crow zusammengestoßen, so wenig nahm er von seiner Umwelt wahr. „Hey, alles in Ordnung? Du siehst irgendwie so blass aus“, stellte Crow fest. „J-ja, ja klar“, murmelte Yuusei und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Bin bloß müde.“ „Wirklich?“, zweifelte Crow, der nach Yuuseis Selbstmordversuch skeptisch war und sich nicht mehr so leicht abwimmeln ließ. Außerdem kannte er die Art seines Freundes, alles mit sich selbst ausmachen und niemanden mit seinen Sorgen belasten zu wollen. Yuusei seufzte leise. Er dachte daran, dass Akiza versucht hatte, ihm etwas klarzumachen, nämlich, dass Freunde auch dazu da waren, seine Sorgen mit ihnen zu teilen, dass er sie nicht verstecken musste, um sie zu schonen und auch nicht befürchten, dass er ihnen damit auf die Nerven ging. Jedenfalls nicht, wenn es sich um wahre Freunde handelte. Und Crow war ein wahrer Freund, das wusste er. „Nein“, gab er sich deswegen geschlagen und lächelte traurig. „Aber es gibt Dinge, mit denen muss ich selbst fertig werden. Ich weiß noch nicht wie, aber ich werde es schon irgendwie hinkriegen.“ „Hey, du weißt doch, dass ich dir jederzeit helfe, wenn du mich brauchst, oder? Du musst nicht mit allem allein klar kommen“, bot Crow an. Yuusei nickte. „Ich weiß und dafür bin ich dir sehr dankbar. Aber ich weiß nicht, wie du mir helfen könntest. Ich bin einfach froh, dass du da bist und immer noch mein Freund sein willst, nachdem ich so einen Blödsinn verzapft habe.“ „Blödsinn? Hey, Yuusei, du hast versucht, dich umzubringen“, sprach es Crow mal klipp und klar aus. „Das ist kein Blödsinn. Ich mein, blöd ist es natürlich schon, aber du redest, als müsstest du dich dafür entschuldigen. Dabei kannst du doch nichts dafür. Ich meine, du wolltest nicht wirklich sterben und selbst wenn, ist es nicht deine Schuld. Du hast einfach ein Riesenproblem, was auch immer das sein mag und willst dir von niemandem helfen lassen. Und selbst, wenn du Recht hast, und ich dir nicht helfen kann, wäre es vielleicht besser, wenn du mir davon erzählst. Man sagt ja, über etwas zu reden, hilft auch schon viel.“ Yuusei nickte. Da musste er zustimmen. Mit Akiza zu reden, hatte ihm auch sehr geholfen. Doch sich Crow gegenüber zu öffnen, war noch mal etwas anderes, denn er stand ihm näher und kannte ihn schon seit vielen Jahren. Um so mehr hatte er Angst davor, dass dieser ihn nicht mehr mögen könnte, wenn er die Wahrheit erfuhr. Denn obwohl er Crow schon so lange kannte, wusste er nicht, wie dieser gegenüber Homosexuellen eingestellt war und erst Recht nicht, wenn sein bester Freund einer war. Und dann musste er ausgerechnet auch noch in Jack verliebt sein. Und als wenn dies nicht alles schon schwierig genug wäre, war er auch noch so ein Schwächling und litt an Depressionen, die nicht bloß vom Liebeskummer herrührten, sondern viel tiefer gingen. Bisher war Yuusei doch auch immer alleine klar gekommen, wieso schaffte er es diesmal bloß nicht? Würde Crow ihn verachten, wenn er erführe, wie schwach er in Wirklichkeit war? Bestimmt nicht offensichtlich, dazu war er zu gutmütig, aber in seinem Herzen sicher schon. Diese Probleme würden bestimmt immer zwischen ihnen stehen. Oder täuschte er sich, und Crow würde das alles nichts ausmachen? Vielleicht. War es das Risiko wert, es herauszufinden? Aber vielleicht war er auch an einem Punkt angekommen, wo es gar nicht mehr anders ging. Es war definitiv zu spät um herumzulaufen und so zu tun, als wäre nichts. Und lügen konnte, wollte er nicht. „Du hast Recht. Wahrscheinlich ist es besser, darüber zu reden. Aber...“, Yuusei schluckte. „I- ich weiß nicht, ob du dann immer noch mein Freund sein willst.“ Crow blickte ihn auf diese Aussage hin schockiert an. „W-ie kannst du daran zweifeln, dass ich aufhören würde, dein Freund zu sein?“, entfuhr es ihm fassungslos. „Wir kennen uns nun doch schon so lange. Ich dachte, du kennst mich besser. Egal was passiert, ist, was auch immer dich bedrückt, du kannst mir vertrauen. Wir bleiben Freunde, für immer, klar!“ Yuusei lächelte auf diese Worte hin und erinnerte sich an ihre Kindheit, als sie Blutbrüderschaft geschworen hatten. Es war, als wolle Crow darauf hinweisen, dass das auch jetzt noch galt, wo sie erwachsen waren. „Danke“, erwiderte Yuusei aus tiefstem Herzen. „Ey, ist doch klar!“, grinste Crow und rubbelte sich verlegen durch die Haare. „Hey, dir fallen die Augen ja schon im Stehen zu. Am besten haust du dich erst mal auf' s Ohr und erzählst mir Morgen, was los ist, hm?“ „Klar“, erwiderte Yuusei mit einem Lächeln in den Augen und ging auf sein Zimmer. „Oh, man“, seufzte Crow. „Mir ist irgendwie komisch. Ob das an dem Fisch liegt, den ich heute gegessen habe?“, rätselte er. „Oder entwickle ich schon solches Mitleid mit Yuusei, dass ich selbst Magenschmerzen bekomme?“ Kapitel 6: Therapy ------------------ An diesem Tag musste Yuusei zu der von der Klinik auferlegten Therapiestunde gehen. Ginge er nicht, würde man es merken und ihn bald stationär einliefern. Denn bei Selbstmordkandidaten war man nicht gerade zimperlich. Es war schon ein mittleres Wunder, dass er die Ärzte überhaupt überzeugt hatte, ihn gehen zu lassen und lediglich ambulant zu behandeln. Hinzu kam noch, dass er ein nicht gerade unbekannter junger Mann war, nachdem er den Fortune-Cup gewonnen und später gegen die Dark-Signers gekämpft hatte. Auf genau dieses Thema kam auch der Therapeut nach der ersten Begrüßung zu sprechen, nachdem Yuusei verkrampft dagesessen und kaum ein Wort herausgebracht hatte. „Du hast ganz schön viel durchgemacht für einen jungen Mann in deinem Alter“, meinte Herr Fukosawa. „Jetzt, da es vorbei ist, hast du vielleicht geglaubt, dass alles wieder so kein könnte wie früher. Aber so ist es nicht, das, was dir passiert ist, hat offensichtlich Spuren hinterlassen. Du glaubst, die Gefahr ist vorbei, dabei fängt die richtige Gefahr erst an, nämlich in deinem Inneren. Du musst damit fertig werden und keiner hat dir gesagt, dass das ebenso schwierig sein könnte, wie der Kampf, den du bestehen musstest, nicht wahr?“ Yuusei nickte verblüfft. Dieser Therapeut war wirklich gut. Oder war er wirklich so leicht zu durchschauen? „Ja, so was kommt öfter vor, als man denkt. Zum Beispiel in Kriegen. Die Soldaten kehren zurück, haben überlebt und man sollte meinen, dass dann alles wieder gut ist. Aber das Problem ist, für den betreffenden Menschen ist nichts mehr so, wie es mal war. Er kann nicht einfach vergessen, was passiert ist, selbst wenn er es verdrängt. Es ist ein Trauma. Und du hast nicht nur gegen andere Menschen gekämpft, sondern auch gegen diese...Kreaturen.“ Der Therapeut schien keinen passenden Begriff dafür zu haben. „Das ist...“, Yuusei stockte. Mit einem Mal fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Zuvor hatte er sich nicht erklären können, was mit ihm los war, hatte geglaubt, dass doch alles in bester Ordnung sei und sich gewundert, warum er trotzdem so depressiv war, jetzt wo er doch eigentlich glücklich sein sollte. Doch jetzt wurde ihm bewusst, was ihm wirklich zu schaffen machte: Dass sich alles verändert hatte. Sein Blickwinkel auf die Welt, die Art, wie er lebte, seine Gefühle für seinen besten Freund, die zwar schon zuvor dagewesen waren, aber ihm erst seit kurzem bewusst, und nicht zuletzt die Erinnerung an die schrecklichen Dinge, die er erlebt hatte. Er hatte geglaubt, jetzt da alles vorbei war, könnte alles wieder wie früher sein, doch das war ein Irrtum gewesen. Yuusei wusste nicht, was er dem Therapeuten antworten sollte. Zuviel wirbelte auf einmal in seinem Kopf herum. „Ich weiß nicht“, meinte er deswegen, fixierte irgendeinen Punkt auf dem Tisch zwischen ihnen und war nicht mehr in der Lage, bewusst über irgendetwas nachzudenken. Es war einfach zu viel auf einmal. Warum nur war er plötzlich so müde, als hätte sich ein Stein auf seinen Kopf gesenkt? Yuusei blinzelte, in dem Versuch, wach zu bleiben und blickte wieder auf. „Vielleicht haben Sie Recht. Aber, ich weiß nicht, ich bin mir nicht sicher, ob meine... Probleme daher rühren. Ich weiß nur, dass es keinen Sinn mehr in meinem Leben gibt.“ „Hm“, machte der Therapeut verständnisvoll. „Verstehe, bisher hattest du im Leben immer ein klares Ziel vor Augen und wusstest, was zu tun ist. Und jetzt ist das nicht mehr der Fall. Ist das so? Sag es nur, wenn ich etwas Falsches vermute.“ „Nein, nein Sie haben schon Recht“, gab Yuusei zu und stellte verblüfft fest, dass es wirklich so war: Als Kind hatte er mit Jack und anderen Freunden einfach in den Tag hineingelebt und von der Zukunft geträumt. In dieser Phase waren es nur die Träume, die wichtig gewesen waren und natürlich die kleinen „Abenteuer“, die sie zusammen erlebt hatten. Später dann die Ziele der Gang um Jack, Crow und Kiryu. Danach sein Bemühen, nach New-Domino-City, zu Jack, vorzudringen. Schließlich der Kampf gegen die Dark-Signer. Und jetzt – nichts mehr. Kein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnte. Da war seine Arbeit an den D-Wheels, klar, doch das schien nicht auszureichen, damit er ein zufriedenes Leben führen konnte. Vielleicht könnte er glücklich sein, wenn Jack ihn lieben würde, vielleicht wäre er dann zufrieden? Doch das war alles nur Spekulation, denn Jack würde ihn niemals lieben, niemals mehr als ein Freund sein. „Hm, die Stunde ist zwar noch nicht rum, aber ich glaube, es ist erstmal genug für den Anfang“, stellte Herr Fukosawa mit einem Blick auf den verwirrten und müden Yuusei fest. „Am besten denkst du erstmal darüber nach, was wir heute besprochen haben und beim nächsten Mal reden wir dann über das Ergebnis, zu dem du gekommen bist.“ „Ja“, stimmte Yuusei zu. „Und danke, Herr Fukosawa“, mit diesen Worten verabschiedete er sich. Ein netter Junge, dachte Herr Fukosawa und bedauerte, dass so jemand sich hatte umbringen wollen. „Und wie war' s?“, wollte Crow, der darauf bestanden hatte, Yuusei von seiner Therapiesitzung abzuholen, ganz hibbelig, wissen. „Gut“, erwiderte Yuusei, selbst ganz erstaunt über diese Tatsache. „Ich hatte gedacht, so eine Therapie könnte mir nicht helfen, aber... Nun ja, anscheinend gibt es viel mehr Leute, die das gleiche Problem haben, als ich dachte.“ „Und dieser Psychologe weiß darüber Bescheid?“ „Sieht so aus.“ „Gut.“ Nach einer Weile: „Gehen wir dann ein Eis essen?“ „Ähm, klar, warum nicht?“, erwiderte Yuusei. Gemeinsam saßen sie nun in einem Eiscafé an einem schicken Platz der Stadt. Crow mampfte sein Nusseis mit viel Sahne und Yuusei schlürfte an einem Eiscafé. Derweil wurden sie von der hellen Frühlingssonne in Licht gebadet und wurden davon ganz dösig, besonders Yuusei, der trotz seines Kaffees noch müde war. Fast wäre er eingeschlafen, wenn Crow nicht auf einmal in ziemlicher Lautstärke nach dem Kellner gerufen hätte, um zu bezahlen. „Man, ich könnte glatt noch einen Becher vertragen, aber ich will ja auch nicht fett werden“, verkündete Crow und rieb sich den Bauch, während sie noch einen kleinen Verdauungsspaziergang durch die Gassen der Altstadt machten. Yuusei konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Hey, du hast gelächelt“, stellte Crow erfreut fest. „Und, erzählst du mir jetzt, was los ist?“ Yuusei nickte, das war er seinem Freund wohl schuldig. Da er selbst noch nicht so genau wusste, wie er es zuordnen sollte, erzählte er ihm die Vermutung des Therapeuten. „Ich weiß nicht, ob das stimmt. Ich glaube schon, aber andererseits ist die Vergangenheit für mich abgeschlossen. Ich kann nicht glauben, dass mich das immer noch so mitnimmt. Doch eine andere Erklärung gibt es nicht. Man bekommt ja nicht einfach so Depressionen und etwas anderes Weltbewegendes ist in meinem Leben nicht passiert“ und, fügte Yuusei im Stillen zu, dass ich unglücklich in Jack verliebt bin, reicht als Erklärung auch nicht. Das würde mich zwar auch mitnehmen, aber nicht so sehr. „Aber, heißt das, du weißt nicht, warum du dich umbringen wolltest?“, warf Crow erstaunt ein. „Doch“, senkte Yuusei beschämt den Blick. „Aber es war nicht nur ein Grund, es kam einfach alles zusammen“, erklärte er. „Und ich habe es im nächsten Moment auch schon bereut.“ „Hm“, machte Crow nachdenklich. „Ich bin jedenfalls heilfroh, dass es dir nicht gelungen ist. Tut es noch weh?“, blickte er auf Yuuseis verbundenes Handgelenk. „Nein, es ziept nur ein bisschen, aber das heißt, dass es verheilt, nicht wahr?“ „Ja.“ Irgendwie hatte Yuusei das Gefühl, dass Crow noch etwas sagen wollte, denn der blickte nun in Gedanken versunken vor sich hin. „Und was war nun der andere Grund?“, rückte er schließlich raus. „Also das...“, Yuusei lief rot an. „W-weißt du, ich...“ „Sag nicht, das war, weil Jack gesagt, hast, du seist pervers. Da steckt doch noch mehr dahinter! Wieso hat er das überhaupt gesagt?“ Yuusei schien unter Crows fragendem Blick zu schrumpfen. „Nun ja, er hat wohl Recht. Ich bin wirklich pervers“, gab er zu. „WAS? Das ist doch jetzt wohl nicht dein Ernst?!“, packte Crow ihn plötzlich am Kragen. „Du glaubst dem Spatzenhirn auch noch?“ „Aber du weißt doch gar nicht, was passiert ist.“ „So, was ist denn passiert?“ „I-ich habe ihn geküsst“, platzte Yuusei auf einmal heraus. Crow ließ ihn los und starrte ihn baff an. Hatte er sich gerade verhört? „W-wie, du hast ihn geküsst? Was willst du damit sagen?“ „Das ich... mich in ihn verliebt habe.“ Nun war es also heraus. Wie würde Crow reagieren? Yuusei wagte es nicht, ihm weiter in die Augen zu sehen und lief mit schnellen Schritten voraus zu ihren D-Wheels. „Hey, warte! Du kannst doch nicht einfach sagen, dass du in Jack verknallt bist und dann abhauen! Was soll das überhaupt heißen? Dass du schwul bist, oder was?“, wunderte sich Crow. „Ja, so ist es wohl“, erwiderte Yuusei verbissen, als sein Freund ihn bei den D-Wheels eingeholt hatte. „Jetzt weißt du es also. Na los, sag mir schon wie pervers ich bin, genauso wie Jack es getan hat“, starrte er, sich auf die Lippe beißend, vor sich hin. Plötzlich bekam er eine Ohrfeige ins Gesicht. „Hey, Yuusei, wach auf! Denkst du wirklich, ich würde dich deswegen verurteilen? Hey, ich geb' s zu, du hast mich ganz schön geschockt, aber deswegen kündige ich dir doch nicht die Freundschaft auf. Da müsstest du mich aber besser kennen.“ „Wirklich?“, wunderte sich Yuusei und schaute Crow mit großen Augen an, während er sich die Wange rieb. „Oh, man. Ja, wirklich. Ich kapier nur eines nicht, warum hast du dich ausgerechnet in diesen Volltrottel verliebt? Konntest du dir keinen besseren aussuchen?“ „Nein“, lächelte Yuusei, als er an Jack dachte. „Jack ist der Beste.“ Crow entfuhr auf diese Worte hin ein Stöhnen. „Oh, nein! Du meinst das wirklich ernst! Welcher Gehirnwäsche hat dich dieser Macho unterzogen?“, entsetzte er sich. „Jack ist kein Macho“, verteidigte Yuusei ihn. Crows Augen wurden, wenn möglich, noch größer. „Ich kann es nicht fassen“, hielt er sich den Kopf. „Ich glaub, ich muss mich erst mal setzen, um das zu realisieren.“ Mit diesen Worten ließ er sich auf dem Bordstein nieder. Nach einigen Minuten des Brütens sprang er auf und verkündete: „Okay, ich glaub, ich hab' s kapiert. Hey, warum ist mir das noch nicht früher aufgefallen? Natürlich, so wie du schon seit Jahren hinter Jack herläufst und das auch noch, nachdem er dich damals verraten und beklaut hat, ist es eigentlich offensichtlich. Und ich Idiot hab nichts bemerkt. Na klar, an so was denkt man ja auch nicht gleich. Oh, man, oh, man“, machte Crow und schüttelte den Kopf, als wolle er so die Informationen dazu bringen, zu sacken. „Jack hat aber auch keinen Ton darüber gesagt“, stellte er fest. „Nun, ja, okay, du stehst also auf Männer. Aber, hey, du bist immer noch derselbe Yuusei, den ich seit 'ner Ewigkeit kenne, nicht wahr?“, meinte er schließlich. „Egal, in wen du dich verliebt hast. Auch wenn es ganz schön krass ist, dass es ausgerechnet Jack ist“, fügte er noch hinzu. Yuusei nickte nur. Er war einfach unendlich erleichtert, dass Crow ihn immer noch mochte und ihn auch nicht abstoßend fand, oder so. „Hey, hast du heute Abend schon was vor?“, wollte er schließlich wissen. Yuusei schüttelte den Kopf. „Na dann, lass uns doch endlich mal wieder ein gutes Duell austragen, was?“ „Einverstanden“, schmunzelte Yuusei. An diesem Abend stand Jack an der Straße, auf der Crow und Yuusei sich duellierten und schaute ihnen zu. Ein gutes Duell interessierte ihn immer. Und außerdem machte er sich Sorgen um Yuusei. Er konnte immer noch nicht fassen, dass dieser in ihn verliebt war und wusste nicht, was er tun sollte. Reichte es wirklich aus, auf Abstand zu ihm zu gehen? Zumal das ja auch nicht einfach war, wollte er weiterhin in ihrer WG wohnen bleiben. Da liefen sie sich doch zwangsläufig über den Weg. Und wenn sie versuchten, sich gegenseitig zu ignorieren, war das doch auch blöd. Außerdem war sich Jack nicht mehr sicher, ob das die richtige Art war, damit umzugehen. Vielleicht machte er alles nur noch schlimmer, wenn er Yuusei jetzt im Stich ließ. Vielleicht musste er ihm irgendwie helfen. Doch wie? Jack biss sich auf die Lippe. Es war aber auch zum aus der Haut fahren. Er schaute Yuusei an und stellte fest, dass dieser gar nicht schlecht aussah. Bestimmt gab es dutzende Mädchen, die ihn toll fanden, stattdessen musste er sich ausgerechnet in ihn verlieben. „Argh! Was soll ich jetzt nur tun?“, fuhr er sich leicht verzweifelt durch die Haare. Als das Duell vorbei war, stellte Jack erfreut fest, dass Yuusei wieder in der Lage war zu lachen, da er und Crow sich anscheinend prächtig amüsierten. Vielleicht hat Crow ja schon das getan, was ich nicht konnte, dachte er erleichtert und hoffte dabei, dass bald alles wieder so kein könnte wie früher. In den nächsten Tagen ging es Yuusei wirklich zusehends besser, was nicht zuletzt an Crow lag. Aber auch die Therapie half ihm sehr. Nur in einer Hinsicht stellte sich keine Besserung ein: Nämlich die Sehnsucht nach Jack, die einfach nicht nachlassen wollte, so sehr er auch versuchte, seine Gefühle zu verdrängen. Bis er irgendwann zu dem Schluss kam, dass er Jack gar nicht vergessen wollte. Lieber lief er für den Rest seines Lebens mit diesem Schmerz herum, als sich einfach von seinem besten Freund zu distanzieren. Er wollte ihn immer so in Erinnerung behalten wie jetzt: Mit aller Liebe. Denn das was er fühlte, war keine bloße Verliebtheit, die mit der Zeit wieder verschwand. Nein, das hier ging viel tiefer, das wusste er genau. „Guten Morgen, Jack“, begrüßte er ihn von nun an mit einem Lächeln auf den Lippen, da er beschlossen hatte, sich über das zu freuen, was er hatte: nämlich Jack als seinen Freund und Mitbewohner. Dass unter dieser freundlichen Fassade immer noch der Schmerz und die Sehnsucht brodelte, konnte man ihm nicht ansehen. Doch Yuusei wusste, dass er das jetzt einfach durchstehen musste und wollte sich lieber über die positiven Dinge freuen. „Morgen“, erwiderte dieser irritiert über Yuuseis plötzliche gute Laune. Hatte er irgendetwas verpasst? Dass sein Freund von einem Tag auf den anderen wieder guter Dinge war, war ihm nicht geheuer. Nicht, dass er sich nicht darüber gefreut hätte, doch es war merkwürdig. „Ich bin froh, dass es dir wieder besser geht“, stellte auch Crow an diesem Abend fest, als er mit Yuusei zusammen vor dem Fernseher saß und sie sich beide überlegten, was für einen Film sie gucken wollten. „Ja, das habe ich nur dir zu verdanken“, schaute Yuusei ihn mit großen Augen dankbar an. Crow guckte verwundert zurück. Nicht verwundert darüber, dass sein Freund sich bedankte, sondern weil er überrascht war, von welch tiefdunklen Blau dessen Augen waren. Wieso war ihm das früher nie aufgefallen? Es schien, als könne man darin versinken. Irgendwie so... wunderschön. „Au!“, Crow hatte sich selbst geohrfeigt. Was denke ich denn da?, wunderte er sich über sich selbst. Wach bloß auf, Crow!, ermahnte er sich. „Was ist?“, Yuusei guckte ihn verwirrt an. „Wieso schlägst du dich jetzt selbst?“ „Äh, hä, nur so. Ich meine, ich wäre fast eingeschlafen, da musste ich mich schlagen, um wieder wach zu werden“, lachte er verlegen. „Nun, wenn du so müde bist, dann geh doch lieber ins Bett. Wir können auch ein andermal einen Film gucken.“ „Nein, nein, geht schon. Hab keinen Bock jetzt schon ins Bett zu gehen, schließlich bin ich kein Kleinkind mehr, das schon um 08:00 Uhr ins Bett muss.“ „Schon klar“, schmunzelte Yuusei. Uh, stöhnte Crow innerlich und wurde etwas rot um die Nasenspitze. Seit wann sieht Yuusei so süß aus, wenn er lächelt? Crow, hör auf, so zu denken!, gab er sich selbst eine Kopfnuss. Das liegt bestimmt nur daran, dass er mir erzählt hat, dass er auf Männer steht. Jetzt geht mir das so im Kopf herum, dass ich mich schon frage, wie das ist, wenn man schwul ist, dass ich selbst anfange so schwule Sachen zu denken. Genau! Das muss es sein! Ich bin einfach verwirrt. Ich bin nicht wirklich schwul, ich stelle mir nur vor, wie es wäre, und da kann es ja schon mal vorkommen, dass einem plötzlich Dinge an seinem besten Freund auffallen, die man vorher nie beachtet hat. Ja, das ist es! Ich bin einfach ein sehr einfühlsames Kerlchen, stellte Crow selbstzufrieden grinsend fest. „Sag mal, an was denkst du gerade?“, fragte Yuusei etwas verwundert über das unerklärliche Gebaren seines Freundes. „Nichts besonderes!“, lachte Crow verschmitzt. „Lass uns lieber endlich den Fernseher einschalten und gucken, was so läuft!“ Etwas später, während sie einen Action-Film guckten, wollte Crow plötzlich wissen: „Du, wie ist das eigentlich, wenn man schwul ist? Wie hast du es bemerkt?“ „Wie das ist? Du stellst vielleicht Fragen“, wunderte sich Yuusei. „Hm, ich würde sagen, es ist nicht anders, als wenn man hetero ist. Nur, dass man eben auf Männer steht.“ „Ja, aber, man erwartet das doch nicht von Anfang an, ich mein, die Norm ist doch, dass man hetero ist, da denkt man doch nicht gleich daran, dass man schwul sein könnte. Na ja, und es würde mich halt mal interessieren, wie du es bemerkt hast. Nur so aus Neugierde“, rubbelte sich Crow verlegen durch die Haare. „Ach so. Nun ja, eigentlich gibt es dazu nicht viel zu sagen. Ich habe es halt bemerkt, als ich mich in Jack verliebt habe. Ich meine, ich bin nicht der Typ, der sich für jeden Mann interessiert und deshalb habe ich es auch erst so spät bemerkt. Dieses Gefühl war zwar schon immer da, aber es ist mir erst spät bewusst geworden, was es bedeutet. Eigentlich waren mir die ganze Zeit mehr Duel-Monsters und mein D-Wheel wichtig. Aus diesem Grund habe ich mich auch nicht gewundert, dass ich nie eine Frau toll fand. Doch für Männer habe ich mich genauso wenig interessiert. Das kam erst, als mir bewusst wurde, dass meine Gefühle für Jack über eine normale Freundschaft hinausgehen. Und dass ich ihn gern berühren würde und so... na ja, du weißt schon“, lief Yuusei etwas rot an. „Und wer weiß, wenn Jack eine Frau wäre, dann hätte ich mich bestimmt auch in sie verliebt. Ich liebe ihn einfach so, wie er ist.“ „Verstehe“, erwiderte Crow und wunderte sich, warum er plötzlich so traurig war. „Also, wenn ich dir irgendwie helfen kann über die Sache mit Jack hinwegzukommen, dann sag mir Bescheid.“ „Aber das tust du doch schon“, lächelte Yuusei ein bisschen. „So, na ja dann...“, blickte Crow verlegen wieder auf den Fernseher. „Sag mal, welche Schauspieler findest du eigentlich toll?“, platzte er ein paar Minuten später heraus. „Wie? Ich... also, da fällt mir jetzt keiner ein, ich gucke ja sonst nicht viele Filme.“ „Und was findest du an Männern attraktiv? Würde mich jetzt nur mal interessieren.“ Crow fragte sich, was er da eigentlich gerade laberte. Wieso fing er jetzt an, Yuusei wegen so einem Thema auszuquetschen? Doch irgendwie war er einfach verdammt neugierig. „Hm, ich weiß nicht“, zwirbelte Yuusei nachdenklich eine Haarsträhne um seinen Zeigefinger. „Was stellst du mir heute aber auch für Fragen? Eigentlich habe ich noch nie auf andere Männer außer Jack geachtet.“ „Ach so. Und wie findest du zum Beispiel diesen Schauspieler?“, zeigte Crow auf den Hauptdarsteller ihres Films. „Oh, als Schauspieler finde ich ihn gut. Aber als Mann ist er nicht so mein Typ. Sag mal, was soll diese ganze Fragerei eigentlich?“, guckte Yuusei etwas genervt zurück. Was wollte Crow damit bezwecken? Gut, er war also homosexuell, aber das war doch noch kein Grund wie bei einem Tier im Zoo alles mögliche über ihn herausfinden zu wollen. Aber nein, ich tue Crow unrecht. Er will mich bloß besser verstehen, weil er eben ein wahrer Freund ist, beruhigte er sich. Trotzdem war ihm diese Fragerei unangenehm. So genau hatte er nämlich auch noch nicht über dieses Thema nachgedacht. Das einzige, was wer wusste, war, dass er Jack liebte. „Ach, nichts, ich bin nur neugierig, das ist alles.“ Kapitel 7: Confusion -------------------- Auch wenn auf dieser Seite wenig Interesse besteht, lade ich der Vollständigkeit halber auch noch den Rest der Fanfiction hoch - damit die hier nicht so abgebrochen herumspukt^^. Und falls sich doch noch jemand hierher verirrt, wünsche ich demjenigen viel Spaß beim Lesen! Yuusei lag wach im Bett, hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und dachte nach. Irgendwie war Crow in letzter Zeit seltsam, oder bildete er sich das nur ein? Aber wahrscheinlich war es nur dessen Reaktion auf sein eigenes, seltsames Verhalten. Und Jack? Abgesehen davon, dass er sich immer seltener in ihrer WG blicken ließ – wo trieb er sich nur die ganze Zeit herum? - schien er wie immer. Rally machte sich auch Sorgen um ihn, aber den Kleinen wollte Yuusei nicht auch noch mit seinen Sorgen belasten. „Jack, könntest du doch nur hier sein“, flüsterte er voller Sehnsucht vor sich hin und schloss die Augen, wobei er sich vorstellte, sein Freund wäre jetzt bei ihm und würde hier in seinem Bett liegen. „Uh, keine gute Idee“, stellte er fest und drehte sich auf die andere Seite, um die Vorstellung abzuschütteln. Doch die Träume ließen ihn nicht in Ruhe. „Oh, man, langweilig“, stöhnte Crow und spielte mit dem Strohhalm in seinem Glas. So ging das eine ganze Weile weiter, bis Yuusei wieder von seiner Arbeit an den D-Wheels auftauchte, der früher Schluss gemacht hatte, als sonst. „Hi, Crow. Sag mal, du siehst aus wie ein Schluck Wasser in der Kurve“, stellte er fest. „Was ist los?“ „LANGEWEILE“, stöhnte Crow noch lauter und warf theatralisch die Arme in die Luft. „Warum unternimmst du dann nicht irgendwas?“ „Keine Lust mich zu bewegen“, erklärte der und legte den Kopf auf der Tischplatte ab. „Ach so?“, grinste Yuusei. Das war eine Stimmung, die man bei dem sonst so quirligen Crow selten erlebte. Dafür war sie aber umso lustiger, fand jedenfalls Yuusei. Da konnte man ihn nämlich immer so schön ärgern. „Wie wär' s, wenn du dann mal die Küche putzt?“, schlug er vor. Er wusste natürlich genau, wie Crow reagieren würde. „Hey, das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Ich mach doch nicht allein hier die ganze Küche sauber. Guck dir den Berg dahinten doch mal an!“, damit deutete er auf den Riesenstapel schmutzigen Geschirrs. „Tja, und erst der Müll“, fügte Yuusei hinzu und gönnte den überquellenden Eimern kaum einen Blick. „Genau das richtige Mittel gegen Langeweile.“ „Du spinnst doch! Du suchst doch bloß einen billigen Sklaven, der das alles erledigt, damit du keinen Finger rühren musst.“ „Aber nein, wie kommst du darauf“, empörte sich Yuusei. „Ich wollte bloß nicht, dass du dich weiter so langweilst.“ „Ach ja? Und warum schlägst du dann nicht vor, mit mir Duel-Monsters zu spielen, oder so was? Nein, stattdessen soll ich hier die Putze spielen“, Crows Kopf rauchte schon fast vor Ärger. Da konnte Yuusei sich ein Kichern nicht verkneifen. „Crow, unsere Putzfrau“, verkündete er. „Hey! Sag das nochmal!“ „Putzfrau!“, lachte Yuusei und Crow stürzte sich auf ihn. „Hey, lass das! Das kitzelt“, wehrte sich Yuusei, halb auf der Küchenbank liegend, gegen die „Attacken“ Crows, der dabei halb auf ihm lag. „Ich bin also deine Putzfrau, was? Ich glaube, hier muss erstmal was anderes ganz dringend geputzt werden, nämlich dein Gehirn“, meinte Crow und rubbelte Yuusei durch die Haare. Plötzlich hielt Crow, auf Yuusei liegend, inne, schaute ihn komisch an und wurde ganz rot im Gesicht. Nur um mit einem Mal aufzuspringen und davonzulaufen, während er noch ein: „Mir ist grad eingefallen, dass ich noch was ganz dringendes zu erledigen habe!“, hinter sich her rief. „Na nu, was war denn das jetzt?“, wunderte sich Yuusei. Und was hatte es mit diesem seltsamen Blick auf sich? Am nächsten Abend saß mit einem Mal Jack zutiefst deprimiert in der Küche auf der Bank und hielt sich den Kopf. „Hey, was ist denn dir über die Leber gelaufen?“, wollte Crow wissen. „Ach“, seufzte Jack. „Es ist so furchtbar. Ich will sterben!“, verkündete er theatralisch. „Wieso denn das?“ „Hmpf“, machte er nur. Crow schüttelte verwundert den Kopf und widmete sich wieder der Zubereitung seines Abendessen, die eigentlich nur darin bestand, ein Fertiggericht aufzuwärmen. Wenn Jack etwas zu sagen hatte, würde er schon reden. Immerhin war er kein Typ, der alles in sich hineinfraß, wenn ihm etwas auf dem Herzen lag. Nun kam auch Yuusei hinzu, der sich wunderte, dass sich Jack mal wieder in ihrer WG blicken ließ. „N' abend“, murmelte er nur und versuchte, Jack so gut wie möglich zu ignorieren, ihn noch nicht mal richtig anzusehen, denn sonst würden seine Gefühle wieder mit ihm durchgehen. Es rumorte jetzt schon in seinem Bauch und plötzlich hatte er gar keinen Hunger mehr. „Hach!“, seufzte Jack wieder übertrieben laut. „Carly hat mit mir Schluss gemacht!“, erklärte er nun. Yuusei konnte nicht umhin, plötzlich unheimliche Freude zu empfinden, und hasste sich im nächsten Moment selbst dafür, denn er sollte sich wirklich nicht darüber freuen, wenn sein bester Freund unglücklich war. „Was? Wieso das denn? Ich dachte, ihr wärt so glücklich zusammen? Du hast in letzter Zeit doch praktisch schon bei ihr gewohnt“, wunderte sich Crow. „Ja, schon. Es ist nur so... Carly denkt, ich würde sie gar nicht wirklich lieben. Oh, wie kann ich sie denn nur überzeugen, dass das nicht stimmt? Wir gehören doch zusammen!“ „Wie kommt sie denn darauf? Ihr seid doch mehrere Monate zusammen gewesen. Und jetzt auf einmal denkt sie, dass du sie nicht liebst?“ „Ja, es ist furchtbar. Ich weiß auch nicht, wie sie darauf kommt. Vielleicht hatte ich einfach nicht genug Zeit für sie. Vielleicht war ich nicht genug für sie da.“ Das war gelogen, doch Jack konnte ja schlecht zugeben, dass er es nicht zustande brachte, mit Carly zu schlafen. Wie peinlich wäre das denn gewesen? Nicht, dass er es nicht versucht hätte, doch es hatte einfach nicht geklappt. Dabei hatten sie es oft genug probiert. Jack hatte schon geglaubt, impotent geworden zu sein und sich deswegen selbst befriedigt, um herausfinden, ob dem wirklich so war. Doch das hatte funktioniert und ausgerechnet dabei musste Carly ihn natürlich erwischen! Folglich dachte sie, Jack würde sie nicht lieben und hatte ihn tief verletzt rausgeschmissen. Was ist nur mir mir los? Was bin ich nur für ein Mann, dass ich nicht mal in der Lage bin, mit meiner Freundin zu schlafen?, machte er sich Vorwürfe. „Hey, das wird schon wieder“, versuchte Crow ihn zu trösten. „Du darfst nur nicht aufgeben.“ „Ja, das sagt sich so leicht“, jammerte Jack. „Hach, ich geh auf mein Zimmer“, beschloss er, da er jetzt das dringende Bedürfnis verspürte, alleine zu sein. Yuusei schaute ihm traurig hinterher. Am liebsten wäre er Jack gefolgt und hätte ihn getröstet. Wenn er eine Frau wäre, würde Jack ihn dann lieben? Aber es war unsinnig, sich so etwas zu fragen, da er nun mal nicht ändern konnte, was er war. In Gedanken versunken ließ Yuusei das Geschirr, das er gerade aus dem Schrank geholt hatte, auf die Spüle sinken und verließ die Küche, ohne etwas gegessen zu haben. Crow schaute ihm stirnrunzelnd hinterher. In seinem Zimmer angekommen, fühlte sich Yuusei plötzlich unendlich müde. Am liebsten würde er sich ins Bett legen, einschlafen und nie wieder aufwachen. Dann müsste er diesen Schmerz und diese Hoffnungslosigkeit nicht ertragen. Man sagt immer, die Hoffnung stirbt zuletzt, doch bei ihm war das offensichtlich nicht der Fall. Oder fühlte er insgeheim doch noch etwas Hoffnung, tief in seinem Inneren? Nun, wenn schon nicht die Hoffnung, dass Jack ihn lieben könnte, so war da doch noch die Hoffnung, dass er in Zukunft, mit Hilfe seiner Freunde, wieder glücklich sein könnte und dass er seinerseits sie eines Tages glücklich machen könnte, wenn sie mal traurig waren. Ja, das war das einzige, was ihm noch blieb. Der Körper schwer wie Blei, zog er seine Sachen aus und ging zum Schrank, um einen Schlafanzug herauszuholen. Plötzlich wurde die Tür mit einem: „Du, Yuusei...!“, aufgerissen. Der schaute verwundert auf und erlebte noch, wie Crow rot anlief, ein „'Tschuldige“, haspelte und die Tür wieder zuschlug. Verwundert blickte er auf die geschlossene Tür. Wieso war Crow so peinlich berührt, nur weil er ihn nackt gesehen hatte? Sie waren doch beide Männer. Oder... war es seinem Freund jetzt bloß peinlich, weil er wusste, dass er schwul war? Aber dann müsste er sich eigentlich eher schämen, wenn Yuusei ihn nackt gesehen hätte und nicht umgekehrt. Er schüttelte den Kopf. Daraus musste er jetzt nicht schlau werden, oder? Vor der Tür seines Freundes stehend, atmete Crow erst mal tief durch. „Ganz ruhig, Crow, es ist alles in Ordnung“, sprach er sich selbst zu. Man, ich wusste gar nicht, dass Yuusei so heiß aussieht. Halt! Hallo, was denke ich da? Das ist Yuusei, dein alter Kumpel aus Kindertagen. Noch dazu ein Mann. Der ist einer der letzten Personen, die du heiß finden solltest! Er schüttelte den Kopf, vielleicht würde er ja so diese verrückten Gedanken und Gefühle loswerden. Oder bin ich etwa auch schwul? Vielleicht sind es aber auch nur die Hormone. Vielleicht war ich bloß zu lang Single und fahre deshalb schon auf alles und jeden ab, was sich sehe. Wie auch immer, ich will lieber gar nicht mehr darüber nachdenken. Am besten vergesse ich diese Szene hier ganz schnell. Unterdessen tigerte Jack in seinem Zimmer auf und ab. Ging zum Balkon, schaute hinaus, nur um wieder, zurück im Zimmer, seine Runde erneut zu drehen. Warum konnte er bloß nicht mit Carly schlafen? Warum turnte sie ihn überhaupt nicht an, obwohl er sie doch liebte? Vielleicht war sie einfach nicht sein Typ? Das brachte Jack auf die Idee, sich Magazine mit nackten Frauen zu besorgen, so könnte er bestimmt herausfinden, ob es einfach an Carlys Aussehen lag, oder ob er generell zu verklemmt war, um mit einer Frau zu schlafen. Gedacht, getan – eine viertel Stunde später war Jack vom Kiosk um die Ecke wieder zurück. Die Ladenbesitzerin hatte ihn schon komisch angeguckt wegen dem ganzen Stapel Magazine. „Da hat aber jemand was nachzuholen“, war ihr spöttischer Kommentar gewesen, der ihm immer noch in den Ohren klang. Jack hatte mit einem bissigen: „Das geht Sie gar nichts an!“, gekontert und sich so schnell wie möglich aus dem Staub gemacht. Jack setzte sich aufs Bett und schlug das erste Magazin auf. Zuerst neugierig – erstaunlich, wie sich diese Frauen ablichten ließen – doch dann zunehmend gelangweilt. Irgendwie sahen diese Fotos, hatte man erst mal einige gesehen – doch alle gleich aus. Jack gähnte – und warf das Magazin weg. Im nächsten Moment war er wieder hellwach, als ihn der Schock der Erkenntnis überrollte: Es gab keinen Typ Frau, der ihn an turnte! Was stimmte mit ihm bloß nicht? Impotent war er nicht, das hatte er ja selbst geprüft. Aber woran lag es dann? War er einfach zu verklemmt? Aber wieso war er dann ausgerechnet auf diesem Gebiet so... schüchtern, das war doch sonst nicht seine Art! Jack raufte sich die Haare. Was sollte er nur tun? Vielleicht sollte er es mal mit einer anderen Frau probieren? Aber er konnte Carly doch nicht so hintergehen! Aber andererseits hatte sie sich ja von ihm getrennt. Ich muss es jetzt wissen, und zwar sofort, sonst dreh ich noch durch!, beschloss Jack und zog sich um, um in die nächste Disco zu düsen. Dort würde er bestimmt ein paar nette Mädels antreffen und sicher wäre auch eine darunter, die ihm gefiele. In der Disco angekommen, wurde er plötzlich unsicher, ließ sich aber nichts anmerken. Dank seiner Berühmtheit musste er zum Glück nicht viel tun, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber dass es ihm überhaupt schwerfiel war schon seltsam. Früher war es ihm doch auch nie schwergefallen, die Aufmerksamkeit seiner Fans auf sich zu ziehen. Doch das hier war irgendwie anders, so... persönlich – und es ging um Frauen, das war er nicht gewohnt. Und außerdem musste er dauernd daran denken, was Carly wohl dazu sagen würde. Weil er also die ganze Zeit mit seinen Gedanken woanders war, wollte es ihm trotz der Aufmerksamkeit, die er auf sich zog, nicht so recht gelingen, engere Kontakte zu knüpfen. Sicher gab es da auch einige Frauen, die Jacks gedankliche Abwesenheit gar nicht gestört hätte, aber auf solche Schlampen wollte er lieber verzichten. Schließlich hatte er genug und beschloss, lieber allein sein zu wollen. Das hier hatte ja doch keinen Sinn. Wieder zu Hause angekommen, ließ sich Jack seufzend auf seinem Bett nieder. Es war aber auch wirklich zum Haare raufen! Wenn er jetzt so zurückdachte, hatte er sich in seinem bisherigen Leben noch nie von irgend jemandem auf diese Weise angezogen gefühlt. Sicher, er liebte Carly, aber irgendwie fühlte er nicht mehr für sie als für eine Schwester. Wenn er also nicht impotent war und auch nicht auf Frauen stand, dann … war er etwa schwul? Jack war aufgesprungen und stand nun kerzengerade vor seinem Bett. Aber nein, das hätte er doch merken müssen! Männer hatte er schließlich auch noch nie attraktiv gefunden. Nun musste er natürlich ausgerechnet an Yuusei denken, der ihm seine Liebe gestanden hatte. Und als dieser ihn geküsst hatte, wie hatte sich das angefühlt? Ja, natürlich war er viel zu geschockt gewesen, um irgend etwas anderes zu fühlen. Aber wenn er nicht auf Frauen stand und auch nicht auf Männer, was stimmte dann nicht mit ihm? Jack begann, wieder in seinem Zimmer auf und ab zu laufen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Nun, vielleicht hatte er ja bisher einfach nur nicht die richtige Frau getroffen, die er attraktiv fand? Oder er stand doch auf Männer und hatte bei Yuusei nur nichts gefühlt, weil er zu geschockt gewesen war? Oder weil Yuusei einfach nicht sein Typ war? Jack raufte sich wieder durch die Haare und riss dabei einige aus. Wie, zum Henker, konnte man bloß nicht wissen, ob man hetero, homo oder sonst was war? Und außerdem war er doch schon Neunzehn, was war er bloß für ein Spätzünder? Kapitel 8: Watching Stars ------------------------- Die Tage in der WG vergingen und dabei befanden sich drei der jungen Männer gleichzeitig in einem Gefühlschaos, wie es selten vorkam. Nur Rally schien es blendend zu gehen, abgesehen davon, dass er sich Sorgen um seine drei älteren Freunde machte. Aber irgendwann begriff er auch, dass sie dies mit sich allein ausmachen mussten. Wobei er noch nicht mitbekommen hatte, um was es eigentlich genau ging. Er nahm nur die dauerhaft schlechte, oder dann wieder verwirrte Stimmung war, die ständig herrschte. Nur Crow brachte ein wenig Leben in die Bude, aber selbst der schien plötzlich Probleme zu haben. Wochen später, es war inzwischen Sommer geworden und ein ziemlich heißer dazu, lag Yuusei des Nachts, mit hinter dem Kopf verschränkten Armen, auf einer Wiese im Park und blickte zu den Sternen auf. Das hatte er schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gemacht und er stellte erstaunt fest, dass der Sternenhimmel viel beeindruckender aussah, als er ihn in Erinnerung hatte. Diese unendliche Weite und die mal hell, mal weniger hell leuchtenden Punkte und der riesige leere Raum... Da kam man sich regelrecht verloren vor. Dagegen waren seine Probleme doch nichts. Er fragte sich, was bloß mit Crow los war, denn seit einigen Wochen benahm der sich auch ziemlich komisch ihm gegenüber. Und mit der Sprache rausrücken wollte er auch nicht. Jedenfalls schien er immer so peinlich berührt, wenn er ihn sah, oder lief sogar rot an und machte sich dann aus dem Staub. Allerdings verneinte er mit aller Vehemenz, dass es deswegen sei, weil Yuusei schwul war. Er hatte aber doch den Verdacht, dass es deswegen war und Crow es nur nicht zugeben wollte. Denn sicher meinte er es nicht wirklich so. Und Jack? Der war auch komisch drauf, wobei das einerseits an der Trennung von Carly lag und andererseits an etwas, das Yuusei noch nicht herausgefunden hatte, aber ständig wie eine dicke Wolke in der Luft hing. Jedenfalls war die Stimmung in der WG so tief unten wie selten. Yuusei selbst versuchte, gegen seine Depressionen anzukämpfen, was ihm, wie es schien, nicht besonders gut gelang, da er es nur geschafft hatte, wie eine Maschine einfach weiterzumachen wie bisher. Alles blieb beim Alten, obwohl er eigentlich gerne etwas neues anfangen wollte. Doch er brachte einfach nicht die Energie dazu auf. Aber sein Therapeut meinte, dass er überhaupt weitermachen konnte wie bisher und sich nicht einfach in sein Bett verkroch und nicht mehr hervorkam, wie andere Menschen mit Depressionen es zuweilen taten, sei doch schon ein Erfolg. Und außerdem könne er seine Probleme doch nicht von heute auf morgen lösen, dazu müsse er sich Zeit lassen. Trotzdem, die momentane Situation zerrte an Yuuseis Nerven. „Hey, hier bist du also!“, rief Crow, der plötzlich in einigen Metern Entfernung wie hingezaubert dastand. Yuusei hatte ihn gar nicht kommen hören. „Hi“, erwiderte nur und schaute wieder zum nächtlichen Himmel auf. „Kann ich mich zu dir setzen?“ „Klar“, versicherte Yuusei. Warum war Crow denn so zögerlich? „Wirklich toll dieser Ausblick“, stellte der fest. Worauf will er nur hinaus?, fragte sich Yuusei „Weißt du, ich muss dir was sagen“, begann der Rothaarige schließlich und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Es ist wirklich komisch und ich weiß, ich sollte dir das vielleicht nicht sagen, aber ich...“ „Aber was?“, hakte Yuusei nach, als Crow nach einer Weile immer noch nicht fortfuhr. „Hey“, stütze er sich auf einem Ellenbogen ab und wandte sich seinem Freund zu. „Was immer es ist, du kannst es mir ruhig sagen. Du warst doch auch für mich da, als ich Hilfe brauchte“, lächelte er aufmunternd. „Ja, aber das hier ist anders.“ Oder auch nicht, fügte Crow in Gedanken hinzu. Nein, verdammt, jetzt wo er mich so ansieht, wie ein kleiner, unschuldiger Welpe, kann ich es ihm erst recht nicht sagen. Unser jetziges, freundschaftliches Verhältnis wäre dahin. Er würde mich zwar am besten von allen verstehen, aber trotzdem wäre es nicht mehr so wie jetzt. Und das will ich nicht verlieren. Laut sagte er: „Entschuldige, aber ich kann nicht“, mit diesen Worten sprang er auf und rannte davon. Yuusei blickte ihm besorgt hinterher. Doch er sollte noch früher erfahren, was los war, als ihm lieb sein konnte. Dann nämlich, als... Einige Tage später – es war schon ziemlich spät an einem Freitag Abend – wollte sich Yuusei noch etwas zu Trinken aus der Küche holen und dann ins Bett gehen. Er stand gerade so vor dem Kühlschrank, als Crow zur Tür hereinschwankte. In der Hand hielt er eine Bierdose, verschüttete einen Teil des Inhalts, während er zur Bank wankte und sich darauf fallen ließ. „Oh, man“, seufzte er und warf einen Blick auf Yuusei. Dann trank er noch einen Schluck. „Sag mal, willst du deine Sorgen jetzt wegtrinken?“, erkundigte sich sein Freund. „Ach, quatsch, wie kommst du denn darauf?“ Yuusei war froh, dass Crow wenigstens nicht so betrunken war, dass er nicht mehr reden konnte. „Komm schon, mach mir nichts vor“, verlangte Yuusei und setzte sich neben ihn, um ihm kurzerhand die Bierdose aus den Fingern zu reißen. „Es reicht jetzt“, bestimmte er und setzte eine ernste Miene auf. „Was, bist du meine Mutter, oder was?“, fauchte Crow. „Nein, nur ein Freund, der sich Sorgen macht.“ Yuusei runzelte die Stirn. „Hey, willst du mir nicht endlich sagen, was los ist?“, erkundigte er sich mit sanfter Stimme. „Is' doch egal“, nuschelte Crow und versank fast in der Tischplatte. „Ist es nicht! Jetzt sieh mir mal in die Augen!“, verlangte Yuusei, nahm dessen Gesicht in seine Hände und blickte ihn ernst an. „Du musst dich nicht betrinken, um deinen Kummer los zu werden. Das weißt du doch, oder? Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin. Was immer du für Probleme hast, ich werde dir helfen, denn ich bin dein Freund“, versicherte er sanft. „Deine Augen schint so blau, das is' nich' mehr natü' lich“, nuschelte Crow unvermittelt. Yuusei runzelte die Stirn und ließ seinen Kopf los. „Offenbar bist du schon betrunkener, als ich dachte. Da hat es keinen Sinn zu reden“, stellte er fest. Crow war offenbar der gleichen Ansicht, denn statt noch irgendetwas zu sagen, zog er nun seinerseits Yuuseis Kopf zu sich, aber in ganz anderer Absicht: Er küsste ihn kurzerhand auf den Mund. Yuuseis Augen weiteten sich vor Schreck. Offenbar war Crow schon seeehr betrunken. Trotzdem war es gar nicht so leicht, sich aus dessen Griff zu befreien, da er ihn wie ein Schraubstock umklammert hielt und immer intensiver küsste. So intensiv, dass Yuusei ganz heiß wurde, obwohl er Crow gar nicht liebte. Aber er stand nun mal auf Männer, dagegen konnte er auch nichts machen. Nur der Alkoholgeruch war ziemlich unangenehm und erinnerte ihn daran, dass sein Freund vermutlich gar nicht wusste, was er da tat. „Was soll denn das werden?“, ertönte plötzlich zu allem Überfluss auch noch eine Stimme hinter ihnen. Crow schien das gar nicht mitzubekommen, doch Yuusei gelang es endlich, sich von ihm zu befreien. Vor Scham lief er rot an, als er Jack da stehen und sie mustern sah, obwohl es ja gar nicht seine Schuld war. „Da sollte ich wohl froh sein, dass du so schnell über mich hinweggekommen bist. Aber bitte, tut mir einen Gefallen und macht das in euren Zimmern. Ich hab nämlich keine Lust, das mit anzusehen. Oh, man, aber das du auch noch schwul bist, Crow, hätte ich nicht gedacht.“ Kopfschüttelnd verließ Jack die Küche wieder und vergaß, was er hier eigentlich gewollt hatte. Entsetzt, sich erst jetzt bewusst werdend, was er da getan hatte, starrte Crow Yuusei an. „Hey, i-ich wollte das gar nicht... ich meine, schon, aber i-ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Es tut mir leid“, stammelte er. „Sch-schon gut“, erwiderte Yuusei etwas zittrig, da er immer noch von der „Kuss-Attacke“ und dem anschließenden Auftauchen Jacks, überrumpelt war. „Du bist betrunken und weißt nicht mehr, was du tust. Am besten gehst du jetzt ins Bett“, beschloss er und stand auf. „N-nein. Warte, ich... gut, ich bin betrunken, aber ich liebe dich wirklich!“, versicherte Crow. Yuusei starrte ihn auf dieses Geständnis hin betroffen an. Er hatte es ja schon geahnt, irgendwie, aber es doch nicht wahr haben wollen. Ausgerechnet sein bester Freund sollte in ihn verliebt sein? Das dürfte doch nicht wahr sein! Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass er unglücklich in Jack verliebt war. Jetzt könnte er noch nicht mal mit seinem besten Freund normal umgehen, weil er immer befürchten müsste, ihn irgendwie mit seinem Verhalten zu verletzen, wenn er ihm zu nahe kam, oder zu sehr auf Abstand ging. „Aber ich weiß ja, dass du Jack liebst“, ließ Crow betroffen den Kopf hängen. „Also vergiss es einfach.“ Yuusei atmete erstmal tief durch. Was sollte er denn jetzt tun? Und was sagen? „Nun, schön, am besten reden wir morgen darüber, wenn du wieder nüchtern bist. Und dann erzählst du mir noch mal richtig, was los ist und wir klären das irgendwie.“ „Was gibt es denn da noch groß zu erzählen?“, murmelte Crow, fügte sich aber und raffte sich auf, um in sein Bett zu gehen. Aus irgendeinen Grund war Jack an diesem Abend sehr wütend. Warum mussten auch plötzlich alle in diesem Hause schwul werden? Okay, es waren nur Yuusei und Crow, aber trotzdem! Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu. Jack schlug mit der Faust auf die Wand ein und jaulte im nächsten Augenblick gequält auf. Und dann küssten sie sich auch noch so eklig direkt vor seiner Nase! Jack hielt sich die Hand und lief in seinem Zimmer auf und ab, das dafür eindeutig zu klein war! Er brauchte ein größeres Zimmer, jawohl! Als ob er das nicht schon immer gewusst hätte. Nur hatte er vor ein paar Wochen ja noch geglaubt, bald mit Carly zusammen zu wohnen und jetzt hatte er sie verloren und als ob das nicht genug wäre, drehten nacheinander auch noch alle seine Freunde durch! Erst Yuusei, dann Crow und wer war als nächstes dran? Rally? Und mit ihm selbst schien auch irgendetwas nicht zu stimmen, sonst hätte Carly ihn doch nicht verlassen! Wieder spielte sich diese Szene vor seinem inneren Auge ab, wie Yuusei und Crow sich so eklig – definitiv eklig! - abknutschten. Er ballte die Hände zu Fäusten. Wie hatte er eben nur so ruhig bleiben können? Jack rannte zur Tür raus und auf Crows Zimmer zu. Dort hämmerte er gegen die Tür, nur um dann festzustellen, dass sie offen war. Drinnen fand er allerdings nur einen wie ein Stein pennenden jungen Mann vor, der partout nicht zu wecken war, was Jack nur noch wütender machte. Also rannte er als nächstes fast Yuusei die Tür ein, bis dieser ihm endlich öffnete. „Sag mal, was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“, fragte er wütend und packte ihn am Kragen. „Wieso knutscht du so eklig mit Crow herum?“ Damit drückte er ihn gegen die nächste Wand. „L-lass das, Jack!“, versuchte Yuusei, sich zu befreien. „Nein, ich lass dich nicht los, bevor du mir nicht verrätst, was hier abgeht!“, funkelte er ihn wütend an. „W-was willst du eigentlich von mir, Jack? Wir haben uns geküsst und Crow war betrunken, na und?“ „Na und, sagst du? Du-“, Jack fehlten die Worte. „Du kannst doch nicht einfach so anfangen, Crow auch noch mit deinem Schwulsein anzustecken“, brachte er schließlich hervor. „Anstecken?“, wiederholte Yuusei ungläubig. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“ „Ja, du steckst wohl noch alle damit an! Also pass lieber auf, was du tust!“ Jack starrte ihm wütend in die Augen und war seinem Gesicht dabei so nahe, dass er dessen Atem spüren konnte. Paradoxerweise musste Yuusei plötzlich ein wenig lächeln, obwohl die Situation gar nicht danach war. Aber vielleicht lag es einfach an Jacks merkwürdigem Ausbruch. Als ob schwul sein ansteckend wäre! Dies ernsthaft zu denken, war doch urkomisch! „Glaubst du das wirklich?“, erkundigte er sich gelassen und blickte unerschrocken zurück. Daraufhin schaute Jack ihn nur merkwürdig, irgendwie überrascht an und ließ ihn schließlich los. Er sah so aus, als sei er über sich selbst erschrocken. Im nächsten Moment war er auch schon zur Tür raus. Yuusei schaute ihm besorgt hinterher. Was war nur in Jack gefahren? Anschließend ging er selbst ins Bett und konnte vor lauter Sorgen, die er sich um seine beiden Freund machte, gar nicht einschlafen. Am nächsten Morgen wachte Crow mit pochendem Schädel auf und rieb sich stöhnend eben diesen. Wie hatte er nur so viel trinken können? Es war schon ganz schön spät an diesem Samstag Morgen, als er endlich in die Küche tappte, um zu frühstücken. Dort traf er auch Yuusei an, der mit einkaufen dran gewesen war und bereits wieder zurück und die Sachen nun verstaute. Sein Freund blickte ihn erwartungsvoll an, so als wolle er, dass Crow etwas sagte, doch der schwieg. Was war denn nur los? Hatte er irgendetwas Wichtiges vergessen? Schlagartig fiel es ihm wieder ein und seine Augen weiteten sich. „Oh, man, sag mir, dass ich das gestern Abend nur geträumt habe!“, schlug er sich selbst gegen den Schädel. „Nein“, schüttelte Yuusei den Kopf. „Tut mir echt leid“, versicherte Crow und ließ betröppelt den Kopf hängen. „Schon vergessen“, schmunzelte Yuusei und verstaute die letzten Einkäufe, um sich anschließend Crow gegenüber zu setzen. „Hast du das gestern Abend ernst gemeint?“, wollte er wissen und sah dabei eher besorgt als vorwurfsvoll aus, was Crow den Mut gab, es zuzugeben. „Hm, ich... man, ich muss verrückt geworden sein, aber... oh, man, ja, ich hab mich in dich verliebt. Ich Idiot!“, schlug er sich selbst. „Nein, lass das!“, hielt Yuusei ihn davon ab, indem er seinen Arm festhielt. „Du bist nicht verrückter, als jeder andere, der verliebt ist“, erklärte er verständnisvoll. „Du weißt ja, ich kenne das“, schmunzelte er ein wenig. „Hm“, machte Crow verlegen, aber auch erleichtert, dass Yuusei so souverän damit umging. Eine Weile saßen beide so schweigend nebeneinander, da keiner wusste, was er jetzt sagen oder tun sollte. „Und wie sollen wir, … ich meine, was soll ich jetzt machen? Ich meine... Du bist mir immer so nahe, ich kann nicht dafür garantieren, dass ich nicht mal die Beherrschung verliere, so wie gestern Abend.“ „Ja, ich verstehe, was du meinst.“ Schließlich ging es ihm genauso mit Jack. Nur dass dieser mehr auf Abstand gegangen war, was er Crow nicht antun wollte. Oder wäre das besser für seinen Freund? Yuusei blickte auf, als Crow ihm eine Hand auf seine legte. „Oder, könntest du Jack nicht einfach vergessen? Er wird dich sowieso niemals lieben. Könntest du es nicht wenigstens versuchen, stattdessen mich zu lieben?“, blickte er ihn flehend an. Yuusei zog seine Hand zurück. „Crow“, begann er vorsichtig. „Du weißt genau, dass ich dich sehr mag, aber ich... auch wenn es vielleicht besser wäre, ich kann die Gefühle für Jack nicht einfach so abschalten und dich lieben. Wenn ich das versuchen würde, würde ich mir nur selbst etwas vormachen und dir wehtun. Und das will ich nicht.“ „Verstehe“, sagte Crow erschüttert. Er hatte ja gewusst, dass Yuusei so reagieren würde, trotzdem war es ein Schock, es dann tatsächlich in der Realität zu hören. Mit einem Kloß im Hals stand er auf und verließ die Küche fast fluchtartig. Er wollte nicht, dass sein bester Freund seine Tränen sah. Kapitel 9: Crazy love --------------------- Nachdem Yuusei eine Weile nachdenklich und besorgt in der Küche gesessen hatte, kam nun auch Jack herein und schien beschlossen zu haben, ihn zu ignorieren. „Sag mal, was ist eigentlich los mit dir?“, wollte Yuusei wissen. „Was mit mir los ist?“, fuhr Jack mit blitzenden Augen herum. Er schien nur auf einen Grund gewartet zu haben, um zu explodieren. „Frag lieber, was mit dir los ist!“, fuhr er ihn an. Oh, man, immer noch so schlimm wie gestern, stellte Yuusei fest. „Ich weiß nicht, was du meinst“, erwiderte er ruhig und versuchte so, dem explosiven Temperament seines Freundes entgegen zu wirken. „Was ich meine? Du, du“, kam er wütend auf ihn zu und packte ihn wieder beim Kragen. Das schien seine Lieblingsbeschäftigung zu werden. „Frag nicht so dumm! Ich will, dass du aufhörst, mit Crow herumzuknutschen!“ Jetzt war es also heraus. „Du hast also etwas gegen Homosexuelle“, stellte Yuusei fest. „Warum sagst du das nicht gleich, statt hier so ein Theater zu veranstalten“, fügte er kalt hinzu, als ginge ihn das nichts an. Innerlich aber zerbrach etwas in ihm. „Nein, du verstehst mich nicht. Ich habe nichts gegen Homosexuelle. Nur du und Crow, ihr beide, das ist einfach falsch!“, funkelte er ihn an, doch nun schon etwas ruhiger. „Warum?“, Yuusei wollte es jetzt wissen, auch wenn er gleich hätte sagen können, dass das mit ihm und Crow sowieso nichts werden würde. „Na weil... Ach, vergiss es doch!“, mit diesen Worten düste Jack davon, die Tür hinter sich zuschlagend. „Merkwürdig“, stellte Yuusei verwirrt und schockiert fest. In diesem Moment passierte plötzlich etwas mit ihm. Es war wie ein Schlag, diese Erkenntnis, dass er und Jack niemals zusammen sein würden. Natürlich hatte er es schon vorher gewusst, doch wissen und wirklich begreifen und es auch fühlen, das war ein gewaltiger Unterschied. Tränen stiegen ihm in die Augen, ohne dass er es verhindern konnte. „Jack“, flüsterte er vor sich hin. „Und das schlimmste ist nicht, dass du mich nicht liebst, sondern dass du dich so verändert hast, dass ich dich auch nicht mehr lieben kann.“ Und Yuusei weinte, weinte um den Jack, den er verloren hatte – vielleicht schon vor langer Zeit – und der nie wieder kommen würde, weil er jetzt ersetzt worden war, durch dieses, dieses Etwas, das wie Jack aussah, aber nicht mehr er war. In seinem Zimmer angekommen, verspürte Jack plötzlich das dringende Bedürfnis, auf die Wand einzuschlagen. Er war so wütend auf Yuusei, weil, weil... Er sah ihn ganz deutlich vor sich und hätte ihn am liebsten geschlagen! Denn es war nur seine Schuld, dass in ihm auf einmal diese abartigen Gefühle hochkamen. Da konnte er reden wie er wollte, schwul sein war doch ansteckend! Aber er wollte kein Homo sein! Er wollte nicht hingehen und mit Yuusei rumknutschen und all die Dinge tun, die Homosexuelle so tun. Das ging einfach nicht! Das dürfte nicht wahr sein! Aus und basta! Am Sonntag schien die Stimmung im Hause wie ausgewechselt: Yuusei war wieder mit sich und der Welt im Reinen, weil er endlich über seinen Liebeskummer hinweg war und ihm klar geworden war, dass aus ihm und Jack niemals etwas werden würde. Und das schien plötzlich gar nicht mehr so schlimm zu sein, wie noch vor kurzem. Sicher, er bedauerte es immer noch, doch es tat nicht mehr so fürchterlich weh. Jack war nicht mehr die Welt für ihn, nachdem er nun diesen befreienden Schock durchgemacht hatte. Crow dagegen hatte sich vorerst damit abgefunden, dass Yuusei nicht mehr als ein Freund sein wollte und war erleichtert, dass er sein Geheimnis nun nicht mehr mit sich herum schleppen musste. Jacks Stimmung war noch finsterer denn je, denn alles in ihm schrie danach, sich Yuusei endlich zu schnappen und zu küssen bis er umfiele. Doch er dürfte ja nicht schwul sein, deswegen kämpfte er mit aller Gewalt gegen diese abartigen Gefühle an und lief im Haus herum, als hätte er einen Stock verschluckt, nur um dann mit seinem D-Wheel abzuhauen und einen möglichst langen Ausflug zu unternehmen. Bloß weg aus der Nähe dieser wandelnden... Versuchung! Schließlich waren er und Carly füreinander bestimmt, jawohl! Da konnte sich sein eigener Körper doch nicht so gegen ihn verschwören! Einige Tage später wurde Crow endgültig klar, dass er sich etwas vorgemacht hatte. Er konnte seine Gefühle für Yuusei nicht einfach so unterdrücken und weiterhin einfach nur sein Freund sein. Im Gegenteil, es wurde nur immer schlimmer, mit jedem Tag, jetzt, wo er sich über seine Gefühle bewusst geworden war. Jeden Morgen, wenn er Yuusei beim Frühstück sah, konnte er nicht anders, als ihn verstohlen zu mustern und festzustellen, wie schön sein Freund doch war: Die glänzenden, etwas langen, schwarzen Haare, die wie immer in alle Richtungen abstanden, mit den in der Sonne gold glänzenden Strähnen. Die tiefblauen Augen, in denen immer so ein melancholischer Ausdruck stand und davon kündete, dass er schon mehr gesehen hatte, als die meisten Achtzehnjährigen und dieses wunderschöne, ebenmäßige, leicht braune Gesicht mit der gelben Markierung, die seiner Schönheit aber keinen Abbruch tat, eher im Gegenteil. Und nicht zuletzt der schlanke, durchtrainierte Körper. Doch was Crow am meisten an Yuusei liebte, war sein Charakter. Denn er liebte grundsätzlich alle Menschen und war immer hilfsbereit und freundlich. Und gleichzeitig war da diese innere Stärke, die er auch jetzt noch, oder wieder ausstrahlte, wo er unter dieser Depression litt. „Hm, was ist denn?“, blickte er von dem Geschirr auf, das er gerade gespült hatte, da er bemerkt hatte, wie Crow ihn anguckte. „Crow, träumst du?“, erkundigte er sich, als keine Reaktion kam. „Oh, wie? Ja, ich meine, nein, ich war nur gerade in Gedanken.“ Man ist das jetzt peinlich, schämte Crow sich. Jetzt hat er auch noch bemerkt, dass ich von ihm geträumt habe. Schlimmer geht' s ja gar nicht mehr. Damit lief er rot an und entschuldigte sich kurz, bevor er schnell aus dem Raum verschwand. „Oh“, machte Yuusei und starrte auf die geschlossene Tür. Ihm ging erst jetzt auf, dass Crow offenbar von ihm geträumt hatte, woraufhin ihm selbst die Röte ins Gesicht schoss. Dass jemand sich auf diese Weise für ihn interessierte, war ihm noch nie passiert und schon gar nicht von einem seiner besten Freunde. Dabei hätte er sich ja schon längst daran gewöhnen können, nachdem er schon seit einigen Tagen über Crows Gefühle Bescheid wusste. Jack ging es auch nicht besser als Crow, nur dass er aus einem ganz anderen Grund gegen seine Gefühle ankämpfte. Und mit jedem Tag wurde er frustrierter, schlief und aß weniger und fühlte sich schließlich wie durchgekaut und wieder ausgespuckt. Wie konnte man nur so gegen sich selbst kämpfen? Warum begriff dieses „Etwas“ in ihm nicht endlich, dass es nicht homosexuell sein sollte? Und erst Recht nicht auf Yuusei stehen? Apropos Yuusei – es war Sommer, ein sehr heißer noch dazu - und dieser trug daher immer kürzere und engere Sachen und lief ihm manchmal, wenn er aus dem Bad kam, fast nackt über den Weg, so als wäre es Absicht. Was natürlich nicht sein konnte, doch Jack machte das nur noch mehr fertig. Wie seine Haut wohl schmeckte? Er schüttelte den Kopf. Wie kam er jetzt dazu, schon wieder an so etwas zu denken? Hatte er sich das nicht verboten? Aber er könnte doch mal... Was wäre denn so schlimm daran, wenn er ihn nur mal küssen und testen würde, wie es schmeckte? Er müsste ja nicht weitergehen, er könnte es nur mal ausprobieren. Aber halt! Das ging nicht! Denn wenn er das tun würde, würde Yuusei sich bloß Hoffnungen machen, dass da mehr draus werden könnte und ihn nie wieder in Ruhe lassen. Yuusei wusste nicht, was er tun sollte, denn er hatte geglaubt über das Gröbste hinweg zu sein, was seinen Liebeskummer wegen Jack betraf, doch das sollte sich als Irrtum erweisen, nur ein kurzes Hoch in dem ständigen Tief, das er durchlebte. Denn seit einigen Tagen träumte er wieder von Jack und sehnte sich wieder nach ihm wie zuvor. Und wenn er ihm dann in der Wohnung über den Weg lief und diese glühenden Blicke seitens seines Freundes spürte, bildete er sich fast ein, dass dieser ihn auch begehrte. Doch natürlich war das bloß Wut. Aus irgendeinem rätselhaften Grund war Jack sauer auf ihn und ließ ihn das sehr deutlich spüren. Ging es immer noch darum, dass er glaubte, Yuusei habe Crow mit seiner Homosexualität angesteckt? Da musste doch noch mehr dahinter stecken. Außerdem war da noch Crow, der ständig versuchte, ihn zu verführen, obwohl er zuerst gesagt hatte, dass er ihn in Ruhe lassen würde. Und jetzt ließ er sich jeden Tag irgendeine andere Verrücktheit einfallen. Angefangen dabei, dass er ihm einfach Blumen, Karten oder irgendwelches Zubehör für sein D-Wheel schenkte, bis dahin, dass er - Yuusei wurde rot bei dem Gedanken – sich in einem String-Tanga vor ihm auf dem Sofa gerekelt hatte. Langsam aber sicher wurde ihm das alles zu viel. Kurz, die Stimmung in der WG war kurz vorm Explodieren. Und das tat sie dann auch, in einer Form, die Yuusei nicht erwartet hatte... Yuusei saß eines Abends friedlich auf dem Sofa an seinem Laptop und surfte im Internet, als mit einem Mal Crow hereinkam und sich neben ihn setzte. Er blickte erst auf, als dieser so nah an ihn heranrückte, dass er dessen Wärme spüren konnte. „Crow, es ist ziemlich heiß hier, ich brauche keine zusätzliche Heizung“, meinte er und wandte sich wieder ab. Langsam aber sicher war auch er mit seiner sonst friedlichen Natur mit den Nerven am Ende. „Tschuldige“, damit rückte Crow wieder einen Zentimeter von ihm ab. Schließlich vernahm Yuusei leises Schluchzen neben sich und blickte überrascht auf. „T-tut mir leid, ich will gar nicht heulen, aber es passiert einfach so“, entschuldigte sich Crow. „Dabei bin ich doch ein Mann..., dachte ich“, heulte er noch lauter. „Schon gut“, erwiderte Yuusei peinlich berührt. Er war nicht besonders gut im Trösten und wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Schließlich war es ja auch seine Schuld, dass es Crow so schlecht ging. Also noch schlechtere Voraussetzungen, um seinen Freund zu trösten. Doch dieser wusste sich schon selbst zu helfen, umarmte Yuusei einfach und legte seinen Kopf an dessen Brust. „Ist ja gut“, versuchte dieser unbeholfen, ihn zu trösten und klopfte ihm ein bisschen auf den Rücken. Schließlich wurden die Schluchzer etwas leiser und verstummten schließlich ganz. „Geht es wieder?“, wollte Yuusei wissen, als Crow endlich aufsah und ihn mit einem Blick bedachte, der ihm irgendwie unheimlich war. Weshalb, dass wusste er nicht zu sagen. Doch schon im nächsten Moment bekam er die Antwort darauf, als Crow sich auf ihn stürzte, dabei in die Polster drückte und sich kurzerhand auf ihn setzte – nur um ihn im nächsten Moment zu küssen. Yuusei war zunächst zu verblüfft, um sich zu wehren und als er es gerade tun wollte, wurde Crow von anderer Seite von ihm gehoben, nämlich von Jack, der plötzlich aufgetaucht war und den Kleinen nun gepackt hatte. „Hey, lass mich los!“, protestierte Crow und strampelte. „Nein! Du hörst mir jetzt mal zu, Freundchen, entweder machst du ganz schnell die Biege, oder ich vergesse mich!“, schimpfte er. Er wollte schon mit der Faust ausholen, als Yuusei seinen Arm festhielt. „Lass das!“ „Aber...“, stockte Jack. „Wolltest du das eben etwa?“ „Nein, doch es hilft nichts, wenn du Crow zusammenschlägst. Außerdem bin ich sicher, er bereut es schon, nicht wahr?“, blickte er zu jenem. Der nickte mit herabhängenden Ohren. „Es tut mir echt leid, Yuusei. Als du mir so nahe warst, da konnte ich mich plötzlich nicht mehr beherrschen. Es kommt auch nie wieder vor, versprochen.“ „Gut, dann geh jetzt besser.“ Mit traurig hängendem Kopf schlurfte Crow davon. „Oh, man, was soll ich nur tun?“, seufzte Yuusei, als er weg war. „Meinetwegen geht es ihm jetzt so schlecht.“ „Was du tun sollst?“, wunderte sich Jack und guckte ihn entgeistert an. „Das ist schließlich Crows Problem. Du kannst doch überhaupt nichts dafür. Na ja, wenn man mal davon absieht, dass so gutes Aussehen verboten gehört“, rutschte es ihm heraus. „Bitte?“, guckte ihn Yuusei nun seinerseits verblüfft an. „Ach, was soll' s!“, beschloss Jack und warf seine Selbstbeherrschung über Bord, indem er sich Yuusei einfach schnappte und küsste. Dieser war viel zu überrumpelt, um zu realisieren, was hier gerade passierte, geschweige denn, sich irgendwie zu rühren. Und als er gerade wieder dazu in der Lage war und den Kuss erwidern wollte, da schubste Jack ihn von sich und guckte ihn entsetzt an. „Scheiße!“, fluchte er, wurde ganz weiß im Gesicht, nur um sich dann umzudrehen und abzuhauen. Jetzt hatte er doch tatsächlich die Kontrolle verloren. Das hätte nicht passieren dürfen! „Was war denn das?“, guckte Yuusei, noch ganz benebelt von dem plötzlichen Kuss und der anschließenden Flucht seines Freundes, ihm hinterher. Er wusste gar nicht mehr, was er fühlen oder denken sollte. Wieso benahm sich Jack auch so seltsam? Aber er hatte ihn immerhin geküsst, das bedeutete, dass er doch Gefühle für ihn hegte. Und weshalb er so komisch drauf war, dahinter würde er auch noch kommen. Ein glückseliges Lächeln machte sich auf Yuuseis Gesicht breit... Am nächsten Morgen kam Jack ganz gerädert aussehend, endlich wieder nach Hause und traf dort natürlich auf Yuusei, dem er am liebsten so bald nicht mehr unter die Augen getreten wäre. „Hey, was ist los?“, wollte der auch ganz fürsorglich wissen und guckte ihn dabei mit so großen, sanften Augen an, dass es Jack erst recht schwerfiel, zu widerstehen. „Denkst du wirklich, Homosexualität sei eine Krankheit? Ist es deswegen, dass du dich so seltsam benimmst?“ Jack guckte ihn erschrocken an. Wie war Yuusei nur dahinter gekommen? Aber klar, er hatte ihn ja selbst neulich deswegen beschimpft, dass es ansteckend sei. Jack hätte sich am liebsten geschlagen. „D-du hast ja keine Ahnung! Diese Gefühle sind nicht normal! Und außerdem... Schließlich ist es erst gekommen, seit du mich geküsst hast. Es ist also doch ansteckend! Immerhin hast du ja auch Crow damit infiziert!“, grollte Jack und guckte Yuusei trotzig an. Der seufzte und hätte wahrscheinlich gelacht, wäre die Situation nicht so tragisch gewesen. Trotzdem konnte er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Jack bemerkte es aber, da Yuusei selten lächelte. „Das ist nicht komisch! Ich meine es ernst!“ „Ach ja? Ich nämlich auch“, damit beugte er sich zu Jack hinunter, der auf der Bank saß, und küsste ihn einfach. Große Diskussionen waren nämlich nicht sein Fall, lieber ließ er Taten sprechen. Außerdem war die Versuchung zu groß. Sein Freund konnte sowieso so ein Sturkopf sein, dass Worte eh nichts halfen. „Hmpf“, machte Jack nur noch und konnte nicht widerstehen, den Kuss zu erwidern. Daraufhin setzte sich Yuusei auf seinen Schoß und begann erst richtig, ihn zu küssen. „Hey!“, meinte Jack schließlich und drückte ihn von sich. „D-das war jetzt nicht fair!“ „Ich weiß gar nicht, was du hast. Wieso wehrst du dich so gegen diese Gefühle? Da ist doch nichts schlimmes dabei.“ „Nichts schlimmes? A-aber, ich bin doch nicht schwul!“, protestierte Jack noch immer. Yuusei seufzte. „Na ja, vielleicht bist du auch nur bi. Aber weißt du was, das ist mir egal. Ich sage dir, worauf es wirklich ankommt: darauf, dass du deine wahren Gefühle nicht unterdrückst, nur weil irgendjemand dir sagt, sie seien pervers. Wenn du das tust, dann wirst du nämlich erst wirklich krank.“ Jack wollte protestieren, doch durch die Nähe Yuuseis, dessen Kuss und die Tatsache, dass er die Nacht durchgemacht hatte, schwirrte ihm der Kopf. Richtig nüchtern war er auch nicht mehr. Er konnte gar nicht mehr klar denken und plötzlich waren nur noch diese wunderbaren Gefühle wichtig, die ihn durchströmten, wenn sein Freund ihn küsste und er dessen Wärme spürte. Sie blickten sich tief in die Augen und wurden wie magisch voneinander angezogen, so dass sie, ohne darüber nachzudenken und ohne dass Jack überhaupt auf die Idee kam, weiterhin zu zweifeln, sich einfach küssten. Und es fühlte sich noch viel wunderbarer an als eben, wo Jack einfach so überrumpelt worden war. Yuusei war überglücklich, dass sein Freund ihn offenbar doch liebte und dass er ihn endlich im Arm halten, streicheln und küssen konnte, wie er sich das schon eine halbe Ewigkeit ersehnt hatte. Es war zu schön um wahr zu sein. Hoffentlich war das kein Traum. Doch: es fühlte sich wirklich real an. Er strich durch die blonden Haarsträhnen, hielt sich darin fest, weil er meinte, in diesen überwältigenden Gefühlen ertrinken zu müssen, während seine Zunge Jacks Mund erschmeckte. Ein Keuchen entfuhr diesem und Yuusei konnte nicht widerstehen und streifte ihm das Hemd über die Schultern. Leider protestierten die Knöpfe dagegen, doch das bemerkte er gar nicht, da sein Verstand längst abgeschaltet hatte und so bekam er auch nicht mit, als er das Hemd vor lauter Verlangen einfach aufriss. Anschließend streichelte er Jack über die nackten Schultern und die Brust, um ihn dann im Nacken zu küssen. „N-nicht, Yuusei, d-das geht zu weit!“, protestierte Jack nun doch. „Ich küsse dich doch bloß“, versuchte Yuusei unter schwerem Atem zu sagen und kam nicht im Mindesten auf die Idee, jetzt aufzuhören. „A-aber, wenn du mich weiter so küsst, dann...“, keuchte Jack. „Ich liebe dich“, hörte Yuusei nun doch auf und blickte ihm tief in die Augen. „Mehr als mein Leben.“ Man sah ihm an, dass er es vollkommen ernst meinte. Jack schluckte. Er wusste ja, dass sein Freund sich beinahe umgebracht hätte, weil er geglaubt hatte, er verachte ihn. Obwohl da immer noch diese Zweifel und Ängste in ihm waren, dass er doch nicht mit einem Mann zusammen sein könnte, konnte er in diesem Moment nicht anders als zu sagen: „Ich liebe dich auch.“ Yuusei lächelte glücklich und nahm ihn in den Arm. „Ich möchte für immer bei dir sein“, flüsterte er ihm in den Nacken, so dass Jack ein Schauder über den ganzen Körper lief. Diesen Morgen landete er nicht allein in seinem Bett... Kapitel 10: So embarrassing --------------------------- Mit pochendem Schädel wachte Jack am späten Nachmittag auf und brauchte erst Mal eine ganze Weile, bis er wieder einigermaßen zu sich kam. Wie war das gestern Nacht noch mal gewesen, als er nach Hause gekommen war? Oder war es schon Morgen gewesen? Genau: Er war auf Yuusei getroffen und hatte erst mit ihm geredet und dann... Jack wurde rot. Dass er jetzt schon so seltsame Dinge träumte... Und dieser Traum war ihm so unglaublich real erschienen wie noch nie zuvor eine nächtliche Fantasie. Unheimlich. Er musste wirklich krank sein. Wenn er doch bloß von einer Frau so träumen würde, aber nein, seine blöden Hormone hatten ja beschlossen, dass es ein Mann sein sollte. Und als ob das nicht genug wäre, auch noch sein bester Freund. Jack quälte sich aus dem Bett, nur um beim ersten Schritt zusammen zu zucken. Warum, verdammt noch mal, tat sein Hintern so weh? Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag und am liebsten wäre er vor Scham gestorben und im Boden versunken. Stattdessen lief er nur so krebsrot an, dass er die Hitze davon sogar in seinem Kopf spürte. Wie hatte es bloß dazu kommen können, dass er das zugelassen hatte? Daran konnten doch nur der Alkohol und der Schlafmangel schuld gewesen sein! Sonst hätte er doch so etwas perverses niemals getan! Und dann hatte er Yuusei auch noch gesagt, dass er ihn liebe! Jack schlug seinen Kopf gegen die Schranktür. Wie hatte er nur so blöd sein und die Kontrolle so sehr verlieren können? Jetzt hatte er sein erstes Mal doch tatsächlich mit einem Mann verbracht. Er hätte heulen mögen. Mit gequältem Gesichtsausdruck lief er zum Bad und wusch sich erstmal gründlich, um die Spuren dieses Morgens loszuwerden. Außerdem roch er auch nicht mehr ganz frisch. Dabei brannte sein Hintern höllisch von der Seife. Wie hatte er so etwas nur zulassen können? Das hatte er jetzt davon. Als er fertig war, lief er erstmal mit geteilten Gefühlen in die Küche, um sich etwas zu Essen zu holen. Einerseits fürchtete er sich davor, Yuusei über den Weg zu laufen, andererseits sehnte er ihn herbei. Das war doch krank! Jack schlug sich gegen den Kopf. Er musste endlich wieder klar denken. Zu seinem Glück begegnete ihm Yuusei nicht auf dem Weg. Wo er wohl steckte? Bestimmt werkelte er wieder an irgendeinem D-Wheel herum. Das tat er nämlich auch Samstags ganz gerne. Denn seine Arbeit war auch sein liebstes Hobby. Und im Gegensatz zu ihm, hatte er ja auch nicht die ganze Nacht durchgemacht. Und auch keinen höllisch schmerzenden Hintern! Mit diesem Gedanken schmetterte Jack die Wasserflasche neben die Tür, die in tausend Stücke zersprang und ihren Inhalt über die Wand und den Boden verteilte. „Hey, was soll denn das?“, schimpfte Rally, der gerade zur Tür hereingekommen und beinahe von der Flasche getroffen worden wäre. „Hmpf“, grummelte Jack bloß mit zusammen gekniffenem Gesicht und marschierte an dem Jungen vorbei, ohne den Scherben weitere Beachtung zu schenken. Sein „Frühstück“ hatte er vollkommen vergessen. „He! Bleib stehen und mach das gefälligst sauber!“, protestierte Rally, doch Jack reagierte kein bisschen. „Oh, man, was ist denn dem über die Leber gelaufen? Das ist mal wieder typisch, er kümmert sich einen Dreck um den Haushalt und dann bleibt es an uns anderen hängen.“ Jack hatte richtig vermutet: Da hockte Yuusei in der Garage und werkelte an einem D-Wheel herum, als wäre alles wie immer und nichts besonders passiert. Er hatte noch nicht bemerkt, dass Jack hinter ihm stand und mit verschränkten Armen im Türrahmen lehnte. Er wusste nicht so recht, wie er ihn ansprechen sollte. Er wusste nicht mal, was er selbst eigentlich wollte: Yuusei anschreien und schlagen, weil er ihn so um den Finger gewickelt und verführt hatte und weil er schuld war, dass ihm jetzt der Hintern wehtat, oder ob er sein Lächeln sehen und ihn in den Arm nehmen wollte. „Jack, wie lange stehst du da schon?“, blickte Yuusei schließlich auf. „Nicht besonders lang“, murmelte Jack, immer noch unentschlossen. Doch sein Freund nahm ihm die Entscheidung ab, indem er sein Werkzeug beiseite legte, die Handschuhe auszog und auf ihn zuging, um ihn in die Arme zu schließen und zu küssen. „Ich liebe dich“, sagte er anschließend und guckte Jack so lieb an, dass dieser erstmal nicht mehr sauer sein konnte. „Mein Schatz, ich bin so froh, dass du jetzt bei mir bist“, sagte Yuusei und streichelte ihm über die Wangen und das Haar. „Wie nennst du mich?“, wunderte sich Jack. „Aber warte, lass das jetzt mal“, schob er den anderen von sich. „Du willst mich doch nur wieder um den Finger wickeln“, stellte er fest. Yuusei guckte ihn irritiert an. „Das ist doch verrückt, wir sollten nicht... Daran bist nur du schuld, weil du es ausgenutzt hast, als ich meine Sinne nicht mehr ganz beisammen hatte.“ Er machte eine kurze Pause um sich zu sammeln und fuhr dann fort: „Das, was letzte Nacht, nein, heute Morgen, passiert ist, das sollte sich nie wiederholen. So was ist einfach abartig. Okay, es ist wahrscheinlich auch meine Schuld, aber mein Verstand muss kurzzeitig ausgesetzt haben. Jedenfalls ist das das erste und letzte Mal gewesen. So was wird nie wieder vorkommen, also lass mich in Zukunft in Ruhe, kapiert!“, schimpfte Jack und wandte sich um. Er wollte schnellen Schrittes davon, doch sein schmerzender Hintern ließ ihn zusammenzucken. „Tut dir irgendetwas weh?“, erkundigte sich Yuusei besorgt. Er war zwar geschockt über die Zurückweisung, aber wenn Jack Schmerzen hatte, dann war das wichtiger. „Es ist nichts“, fauchte der und wollte davongehen. Das war doch zu peinlich. Yuusei allerdings, ließ ihn nicht so einfach verschwinden, denn er umarmte ihn zärtlich von hinten und hielt ihn fest. „Warte bitte. Es tut mir leid, wenn ich etwas getan habe, das du nicht wirklich wolltest. Aber bitte bleib und rede mit mir. Bitte verlass mich nicht“, flehte er. Jack fühlte einen Stich im Herzen. Warum musste das bloß so wehtun, wenn er Yuusei traurig machte? Er konnte doch nicht wirklich verliebt sein, in einen Mann! „Na gut, aber nur unter einer Bedingung!“, knurrte er und wusste selbst nicht so genau, was er da gerade tat. „Da du daran Schuld bist, dass ich kaum laufen kann, musst du mir heute das Essen kochen und für mich putzen!“, bestimmte er. „Oh“, machte Yuusei verblüfft und stand mit offenem Mund da, als Jack sich wieder zu ihm umwandte. Anschließend lief er rot an und stotterte: „E-e-es tut mir leid, i-i-ich hatte k-k-keine Ahnung, dass ich dir so wehgetan habe. Das wollte ich nicht.“ „Schon gut. Ich sage nur: Kochen und putzen“, damit zog Jack ihn mit sich. „Also willst du doch mit mir zusammen sein?“, strahlte Yuusei hoffnungsvoll. „Hmpf“, knurrte Jack. „Das werde ich wahrscheinlich noch bereuen“, stellte er fest. Doch er konnte Yuusei einfach nicht widerstehen. Jetzt war er also mit einem Mann zusammen. Was sollte er nur tun? Würde er da jemals wieder herauskommen? Nachdem Yuusei also gekochte hatte, saßen die Beiden gemütlich beim Essen und ließen es sich schmecken. Dabei schwiegen sie erstmal und hingen ihren Gedanken nach, sogar Jack, der sonst nicht gerade auf den Mund gefallen war. Doch er musste das, was passiert war, erstmal verdauen. Und er war irritiert, dass Yuusei ihm während des Essens dauernd zulächelte. Natürlich kannte er den Grund dafür, wieso sich sein Freund so verhielt, trotzdem, es war einfach zu verwirrend, wenn dieser ihn plötzlich dauernd so glückselig anlächelte, wo das doch sonst gar nicht seine Art war. Jack kam sich vor, als wäre sein Freund von einem Moment auf den anderen gegen einen Doppelgänger ausgewechselt worden, ohne dass er es mitbekommen hatte. Außerdem fühlte er sich stark versucht, genauso blöde zurück zu lächeln, es war, als würde eine fremde Macht versuchen, ihn dazu zu bringen, denn es kostete ihm unheimliche Anstrengung, nicht wie ein Volltrottel in der Gegend herumzugrinsen. „Das nächste Mal können wir es ja anderes herum probieren“, sprach Yuusei plötzlich in die Stille hinein und setzte dabei eine Miene auf, als rede er über das Wetter. „Was meinst du?“, wollte Jack wissen, der keine Ahnung hatte, von was sein Freund da gerade sprach und steckte sich noch eine Gabel voll Spaghetti in den Mund. „Willst das nächste Mal lieber neben der Tür sitzen?“, mampfte er. „Nein“, musste Yuusei nun grinsen. „Ich meinte eigentlich, weil „es“ dir so wehtut“, betonte er, „könnten wir „es“ das nächste Mal anders herum tun.“ Jack verschluckte sich an seinen Nudeln und begann fürchterlich zu husten. Er wollte gar nicht mehr aufhören, so dass Yuusei aufstehen musste, um ihm mal kräftig auf den Rücken zu klopfen. „Geht' s wieder?“, erkundigte er sich höflich. „Du bringst mich noch um“, beschwerte sich Jack, als er endlich wieder Luft bekam. „Wieso, das war doch eine ganz normale Frage.“ „So was nennst du eine normale Frage? Und das beim Essen? Wer sagt dir denn, dass wir es überhaupt noch mal tun werden?“ „Aber, du hast doch gesagt...“, wandte Yuusei enttäuscht ein. „Ja, ja, ich weiß, was ich gesagt habe“, grummelte Jack, dem das einfach nur peinlich war. „Ich sag dir was, lass uns darüber nachdenken, wenn es so weit ist“, wandte er sich aus dem Thema heraus. Er mochte ja noch nicht mal an diesen Morgen denken, das war schon schlimm genug. Da musste er nicht auch noch an zukünftige Techtelmechtel denken. Obwohl er insgeheim zugeben musste, dass er gar nicht anders konnte, als genau daran zu denken. Es war einfach zu fantastisch gewesen und wenn er ehrlich zu sich selbst war, würde er es doch gerne wiederholen. Am liebsten auf der Stelle. Wenn es nur nicht so peinlich wäre, dass er am liebsten vor Scham im Boden versunken wäre. Yuusei lächelte: „Dabei bist du doch sonst nicht so schüchtern. Das bin ich ja gar nicht gewöhnt von dir. Aber du bist süß, wenn du schüchtern bist.“ Jack wusste nicht, was er sagen sollte. Klar, normalerweise war er alles andere als zurückhaltend. Aber sonst ging es ja auch nicht um diese – seiner Meinung nach – superpeinlichen Themen. „Nenn mich nicht süß!“, funkelte Jack ihn verärgert an. Yuusei schmunzelte nur und wuschelte ihm zärtlich durch die Haare – nur um ihn im nächsten Moment erneut einen Kuss zu stehlen, so dass sein Freund gar nicht mehr dazu kam, sich weiter zu schämen. Kapitel 11: My way ------------------ Einige Tage später tauchte auch Crow wieder auf, der, seitdem er Yuusei gegen dessen Willen geküsst hatte, verschwunden gewesen war. Er war total nervös und wusste nicht, wie er seinem Freund unter die Augen treten sollte. Ob dieser ihm inzwischen verziehen hatte? Ob es helfen würde, wenn er sich noch mal richtig entschuldigte? Aber was auch immer passieren würde, da musste er jetzt durch. Im Wohnzimmer traf er auf Yuusei und brachte zunächst nur ein schwaches: „Hi“ heraus. Sein Freund drehte sich überrascht um und lächelte ihn dann strahlend an. „Hallo Crow!“, begrüßte er ihn herzlich, als wäre nichts gewesen und stand auf. „Schön, dass du wieder da bist.“ Dem jungen Mann fiel ein Stein vom Herzen, dass Yuusei nicht mehr sauer auf ihn war. Gleichzeitig begannen diese lästigen Schmetterlinge in seinem Bauch erneut, einen Wirbelwind zu veranstalten. Dabei hatte er ihnen doch ausdrücklich befohlen, von nun an Stillschweigen zu bewahren! Crow versuchte, sich zu beherrschen und sagte: „Ja, ich bin auch froh. Du, wegen neulich wollte ich noch mal sagen, dass es mir echt leid tut“, kratzte er sich verlegen an der Wange. „Ich hoffe, du kannst mir verzeihen. Ich verspreche auch, dass es nie wieder vorkommt.“ „Schon vergessen“, versicherte Yuusei. „Hauptsache du bist wieder da.“ „Nun ja, das...“, begann Crow vorsichtig. „Also weißt du... Um es kurz zu machen: ich werde ausziehen.“ „Was? Aber das musst du nicht. Wirklich nicht“, war Yuusei schockiert. „D-doch. Es ist besser so. Wenn ich dich jeden Tage sehe, dann... weiß ich nicht, ob ich mein Versprechen halten kann, mich in Zukunft zu beherrschen. Und außerdem... tja, ist es wohl besser, wenn ich erst mal auf Abstand gehe, wenn du verstehst, was ich meine“, lachte Crow verlegen und rubbelte sich durch die Haare. Yuusei schenkte ihm daraufhin einen traurigen Blick und wünschte sich, Crow hätte sich nie in ihn verliebt. Dann könnten sie jetzt weiterhin einfach Freunde sein, zusammen wohnen und Spaß haben. Und dann wäre Crow nicht so traurig. Irgendwie kam es ihn so vor, als wäre das alles seine Schuld. Also musste er seinem Freund auch wieder da heraus helfen. Nur wie? „Also, ich geh dann mal meine Sachen packen“, meinte Crow schließlich und ging auf sein Zimmer. Yuusei ging seinerseits zu Jack, erzählte ihm von Crow und fragte ihn, was sie machen könnten, um ihn wieder aufzumuntern. Jack schien das aber wenig zu interessieren, er meinte nur, dass sie Crow am besten in Ruhe lassen sollten. Tatsächlich aber war er tierisch eifersüchtig, dass Yuusei sich so um Crow sorgte und fürchtete, dass sein Freund doch etwas für ihn empfand. „Na ja, vielleicht hast du Recht, dass ich Crow erst Mal in Ruhe lassen sollte. Wenn er mich nicht sieht, ist das wahrscheinlich besser für ihn. Aber andererseits kann ich ihn doch nicht einfach so gehen lassen. Er sieht so traurig aus“, bemerkte Yuusei. „Hmpf, Crow ist stark, der steht das schon durch“, kommentierte Jack und damit war das Thema für ihn gegessen. „Ich weiß was“, fiel Yuusei nun ein. „Ich werde Crow einfach bitten, Rally bei sich einziehen zu lassen, sobald er eine neue Wohnung gefunden hat. Dann ist er nicht so einsam und hat jemanden, um den er sich kümmern muss. Das wird ihn ablenken. Und außerdem müssten wir dann nicht mehr aufpassen, dass der Kleine nichts von unserem 'Privatleben' mitkriegt“, überlegte er. Von dieser Idee war selbst Jack begeistert, natürlich vor allem aus dem letztgenannten Grund. Sie fragten auch gleich Crow und Rally, ob sie damit einverstanden wären. Rally war erst nicht so begeistert, aber als er hörte, dass Crow auf jeden Fall ausziehen würde und bemerkte, dass Yuusei und Jack gerne alleine zusammen leben wollten, war er doch einverstanden. Und Crow freute sich, dass er in seiner neuen Wohnung nicht vereinsamen würde. Jetzt müsste er nur noch eine finden. Bis das erledigt war, würde er in der WG von Blitz, Nerve und Tank einen Unterschlupf finden. Als Crow dann schon innerhalb von ein paar Tagen eine neue Wohnung gefunden hatte und Rally zu ihm gezogen war, freute sich Jack tierisch und nutzte den neugewonnenen Freiraum, um Yuusei bei jeder Gelegenheit zu „überfallen“, denn nachdem er sich nun erstmal an den Sex mit einem Mann gewöhnt hatte, war es ihm auch nicht mehr peinlich, erst Recht nicht, da sie nun alleine waren. „Jack, hör auf! Irgendwann muss ich auch noch mal arbeiten“, protestierte Yuusei eines Morgens, als sein Liebhaber sich ihn schon wieder geschnappt hatte, um ihn zu küssen und nun dabei war, ihn auszuziehen – zumindest versuchte er es. „Warum denn?“, murrte Jack und küsste ihn in den Nacken. „Weil wir das Geld brauchen?!“, stellte Yuusei fest. „Oh, hm, ja...“, seufzte Jack enttäuscht. „Überhaupt könntest du auch mal arbeiten gehen. Dann hätten wir erstens mehr Geld, das wir wirklich gebrauchen könnten, nachdem Crow nun ausgezogen ist und zweitens würdest du mal auf andere Gedanken kommen.“ Auf diese Erklärung hin machte Jack ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Er und arbeiten? Da hatte er aber überhaupt keine Lust drauf. Die einzige „Arbeit“, die ihm gefiel, war Duel-Monsters Turniere auszutragen. Aber ihm blieb wohl keine andere Wahl, das sah er auch ein. „Ist ja gut“, meinte er schließlich. „Irgendwo werd ich schon einen Job finden.“ Doch man sah ihm an, dass er das zu sehr auf die leichte Schulter nahm. Und außerdem kannte Yuusei seinen Freund. Er stöhnte innerlich. Jack und ein normaler Beruf? Das konnte ja nicht gut gehen. Da war eben wohl der Wunsch der Vater des Gedankens gewesen. Nach außen hin lächelte er aber und gab sich optimistisch. „Na dann, viel Erfolg bei der Arbeitssuche!“, flötete er und ging davon. Jack sah ihm bedröppelt hinterher. Wo sollte er denn jetzt eine Arbeit finden? Yuusei selbst fand neben seiner Arbeit an den D-Wheels noch Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was er selbst aus seinem Leben noch machen wollte. Zu einem Ergebnis kam er aber leider nicht. Nun ja, glücklicherweise war es auch nicht dringend. Später am Tag, als er gerade Mittagessen wollte, fand er einen Zettel von Jack auf dem Küchentisch. Da schrieb er, dass er sich doch tatsächlich auf Arbeitssuche begeben hatte. Na immerhin gab er sich Mühe. Aber nicht zu viel, denn an seiner Stelle sollte Yuusei ihre Einkäufe besorgen. Das tat er dann gegen Abend auch – wo Jack die ganze Zeit wohl verbrachte? Um diese Zeit hätte er ihn längst zurück erwartet. Yuusei ging also los – da der Supermarkt in der Nähe war, ließ er sein D-Wheel stehen und ging zu Fuß. Als er wieder zurück kam, hörte er plötzlich das Weinen eines Kindes. Er blickte sich um und bemerkte, dass in einer Ecke neben den Mülltonnen ein kleiner Junge kauerte und heulte. Er ging auf ihn zu und sagte: „Hey, Kleiner! Was ist denn los?“ Der Junge schien ihn kaum zu bemerken. „Hast du dich verlaufen? Wo sind denn deine Eltern?“ Yuusei redete noch etwas weiter, bis der Junge schließlich aufblickte und erklärte: „Meine Mama ist verschwunden. Wir waren einkaufen und ich hab mir was angeguckt und dann war sie plötzlich weg. Ich hab überall gesucht, aber ich kann sie nicht finden.“ Dem Kleinen stiegen wieder die Tränen in die Augen. „Wie heißt du denn?“ „Timo. Bringst du mich zu meiner Mama?“ „Wir werden sie schon finden“, meinte Yuusei zuversichtlich. „Komm, gib mir deine Hand, dann gehen wir sie zusammen suchen“, forderte er ihn auf. Der Kleine nickte und klammerte sich an seine Hand. Zusammen gingen sie zum Supermarkt zurück. Dort wartete auch schon eine ganz aufgelöste Mutter an der Kasse und war heilfroh, als sie ihren Jungen wieder in die Arme schließen konnte. Sie bedankte sich bei Yuusei, doch bevor er gehen konnte, fiel Timo, der jetzt nicht mehr so außer sich war, plötzlich auf, dass er dem Duel-Monsters-Champion gegenüber stand und war hellauf begeistert. Also musste Yuusei noch ein Autogramm geben und dem Kleinen brav seine Fragen beantworten, bevor er sich verabschieden konnte. Nach diesem Erlebnis begann Yuusei, sich so seine Gedanken zu machen. Er wollte doch etwas neues mit seinem Leben anfangen. Und ein Job, bei dem er Kindern oder anderen Menschen helfen konnte, das wäre doch gar nicht so schlecht. Vielleicht erst mal halbtags, während er den Rest des Tages weiter D-Wheels reparierte – das wollte er nämlich eigentlich auch nicht aufgeben. Als er wieder zu Hause war, begegnete er einem total fertig aussehenden Jack, der halb über dem Küchentisch hing, neben sich eine Bierdose. „Oh, man, mir tut alles weh!“, jammerte er. Er hatte doch tatsächlich auf Anhieb einen Job gefunden, bei dem es darum ging, am Hafen Kisten von und auf die Schiffe zu transportieren. Zwar gab es da Transportwagen, aber die wollten auch erst mal beladen werden. Dort war man offenbar auf jeden Helfer angewiesen, der sich kriegen ließ, anders war es nicht zu erklären, dass die Formalitäten so schnell abgeschlossen gewesen waren, dass Jack noch am selben Tag hatte anfangen können. „Wie halten das die Leute nur länger als einen Tag aus“, jammerte Jack weiter. „Yuusei...“, guckte er ihn aus großen Hundeaugen an. „Ich kann das nicht. Das ist nichts für mich.“ „Schon gut, es sagt ja auch niemand, dass du unbedingt als Kistenschlepper arbeiten musst. Hast du dir vielleicht mal überlegt, erst mal eine Ausbildung zu machen? Dann hast du mehr Chancen auf einen ordentlichen Job.“ „Und das sagst du erst jetzt?“ Jack ließ seinen Kopf wieder auf den Tisch plumpsen und schien zu nichts mehr zu gebrauchen. Doch als Yuusei ihm voller Mitleid durch die Haare streichelte und ihn auf die Stirn küsste, entwickelte er plötzlich ganz neue Energien, indem er Yuusei schnappte und leidenschaftlich küsste. „Ich dachte, du bist so fertig?“, wunderte sich Yuusei. „Ja, aber wir haben es nun schon sooo lange nicht mehr getan.“ „Hm, so ungefähr 24 Stunden“, stellte Yuusei nüchtern fest. Doch er sagte auch nicht nein und schleppte Jack mit sich ins Bett, wo dieser nach dem Sex auf der Stelle einschlief wie ein Stein. Am nächsten Morgen kam Yuusei die Erleuchtung darüber, was er in Zukunft machen wollte. Am Frühstückstisch verkündete er gegenüber Jack: „Ich werde eine Ausbildung beim Sicherheitsdienst anfangen!“ Dabei klang er so entschieden, als stünde schon fest, dass man ihn einstellen würde. Jack guckte überrascht auf. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“, wollte er wissen. Ihm fielen fast die Augen aus dem Kopf. „Doch. Ich weiß, wir hatten früher unseren Ärger mit dem Sicherheitsdienst, aber das ist vorbei. Und dort könnte ich genau das machen, was ich will: Anderen Menschen helfen, ein D-Wheel fahren und mich duellieren. Das könnte ich nirgendwo sonst alles zusammen machen. Und außerdem kennen mich die Leute dort schon“, grinste er ein wenig. „Das kannst du laut sagen. Was ist, wenn du Officer Trudge als Ausbilder bekommst? Dann kannst du dir schon mal dein eigenes Grab schaufeln.“ „Ach was, Trudge und ich werden schon miteinander klarkommen. Eigentlich ist er ganz in Ordnung. Man muss nur wissen, wie man mit ihm umzugehen hat.“ „Na, dann hoffe ich für dich, dass du das weißt. Pfa, Arbeit beim Sicherheitsdienst! Ich glaub, ich spinne.“ Doch Yuusei ließ sich davon nicht beeindrucken und bereitete nach seiner Arbeit schon mal seine Bewerbungsunterlagen vor. „Und was mache ich jetzt?“, guckte Jack in die Luft, aber das hörte sein Freund schon nicht mehr, der gerade die Tür hinter sich geschlossen hatte. Nach einer Weile kam Jack plötzlich auch eine Eingebung und er sprang begeistert auf. „Genau! Das ist es! Ich werde Schauspieler!“ - ENDE - Ob es Jack wohl gelingen wird, seinen Berufswunsch zu erfüllen? Tja, das überlasse ich eurer Fantasie, denn diese Fanfiction ist jetzt fertig. Wer gerne noch mehr lesen möchte, kann ja mal bei meiner neuen Geschichte reinschauen, die meinen ersten Versuch darstellt, eine Original-Story zu schreiben. Obwohl ich zugeben muss, dass die Hauptcharaktere den Charakteren aus 5D's in gewisser Weise ähneln^^. Es geht hauptsächlich um Telepathie und andere Psi-Kräfte und nebenher kommt auch Shounen-Ai drin vor. Der Anfang ist schon online. Hier mal eine ganz kurze Inhaltsangabe: Seiji Connor, ein junger Telepath, versteckt sich vor der SAT (Staatliche Aufsichtsbehörde für Telepathie). Doch eines Tages entdeckt man seine Fähigkeit und er wird gezwungen, der SAT beizutreten. Zunächst scheint alles gar nicht so schlimm, wie er befürchtet hatte, doch dann erfährt er, dass die SAT mit dem Tod seiner Eltern zu tun hatte und dass ihm ein ähnliches Schicksal droht, wenn er sich deren Befehlen nicht fügt. Ich würde mich freuen, wenn ihr mal vorbeischaut^^. Also bis dann, Saedy Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)