Turn back time von Yami-No-Yuuki (Cause there is no longer You & I. ~ Chiaki × Makoto) ================================================================================ Prolog: The Time is standing still ---------------------------------- Prolog „Ich warte in der Zukunft.“ Das hatte er gesagt, kurz bevor er gegangen war. Makoto seufzte schwer und lehnte sich zurück. Sie legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und presste ihre Lippen aufeinander. Eine Träne lief über ihre Wange, als sie an den Abend zurück dachte, an dem er sich von ihr verabschiedet hatte. Der Abend war wunderschön gewesen, doch seine Worte hatten alles Schöne zu nichte gemacht. „Du hast gesagt, dass du mich liebst.“, flüsterte sie leise. „Und dann warst du weg. Obwohl du gesagt hast, du seist verliebt in mich. Warum, Chiaki?“ Seit Chiaki in seine Zeit zurückgekehrt war, war eine Woche vergangen. „Sag' mir, wann wir uns wiedersehen. Gib' mir ein Zeichen.“ Ein leises Schluchzen entwich ihr, weil sie wusste, dass ihre Hoffnungen und Träume ihn nicht erreichen konnten. Sie zog ihre Beine an ihren Körper und legte ihre Arme um sie. Das Kinn ruhte zwischen ihren Knien. „Ich hab' dir gesagt, ich liebe dich, aber du bist gegangen und jetzt bin ich allein.“ Langsam entspannte sich ihr Körper wieder. Was sie brauchte war Ablenkung, Ablenkung von den Ereignissen der letzten Tage und Wochen. Sie durfte nicht an ihn denken, ihn nicht vor ihrem inneren Auge sehen, sich nicht erinnern. Es tat so weh in ihrem Herzen, als hätte er einen Teil davon herausgerissen und mit in seine Zeit genommen. Es schmerzte so sehr, dass sie dachte, ihr Herz würde bei dem Gedanken an ihn zerreißen. Alles nur, weil er eine klaffende Wunde in ihrem Herzen hinterlassen hatte, die nicht verheilen wollte und nicht heilen konnte. Jetzt wusste sie, dass sie ihn liebte, früher hatte sie es immer geleugnet, wenn sie gefragt wurde, ob sie für Chiaki schwärmte, doch nun war es zu spät. Sie streckte ihr rechtes Bein aus, angelte mit den Zehen nach dem Stopfen und zog ihn aus dem Abfluss. Das Wasser versickerte, erst rauschend, dann gluckernd. Auch Minuten nachdem das Wasser bereits in den Abwasserkanal gelaufen war, saß Makoto noch immer in der Wanne. Zusammengekauert saß sie da und weinte leise. „Makoto, es gibt Abendessen. Komm' bitte nach unten und iss' mit uns.“, rief ihre Mutter vom Flur aus ins Bad. „Ich hab' aber keinen Hunger.“, erwiderte die Angesprochene, versuchend, nicht weinerlich zu klingen, und blieb weiterhin in der Wanne sitzen. Doch die Stimme ihrer Mutter verschwand nicht. Stattdessen war sie erneut zu hören. Sie klang sowohl besorgt, als auch fordernd. „Du hast schon die letzten Tage kaum etwas gegessen. Ich habe dir dein Lieblingsessen gekocht. Bitte komm' und iss' etwas.“ Schwerfällig drückte sich das Mädchen vom Beckenrand nach oben ab und erhob sich aus der Badewanne. „Na gut, ich komme gleich.“ Mit einem großen Badetuch begann sie damit, sich abzutrocknen. Ihre Arme trocknend, hielt sie plötzlich inne, als sie auf ihren linken Oberarm sah. Sie dachte daran, dass das Ende damit begonnen hatte, dass sich nach jedem Zeitsprung, den sie gemacht hatte, die Zahl, die zu sehen war, um eins kleiner wurde. Doch nun war nichts mehr zu sehen. Es war kein Fleck, keine Zahl zu sehen. „Wenn ich nur noch einen Zeitsprung hätte, dann würde ich bis zu dem Tag zurückreisen, an dem wir uns zum ersten Mal trafen. Wenn ich doch nur noch ein Mal die Zeit zurückdrehen könnte...“ Kapitel 1: So many Dreams of You -------------------------------- Erstes Kapitel „Ich warte in der Zukunft.“ Wieder und wieder schoss ihr dieser Satz durch den Kopf. Sie konnte nicht aufhören, daran zu denken, dass er sie einfach verlassen hatte, trotz des Liebesgeständnisses. Nach dem Abendbrot hatte sie sich zu Bett gelegt, ohne die Aufgaben für die Schule auch nur überflogen zu haben. Ob sie am nächsten Tag zur Schule gehen würde, wusste sie nicht, doch sie wurde von ihrer Mutter dazu gezwungen, da sie schon drei Tage nicht dort gewesen war. Makoto war die Schule gleichgültig. Es war nur ein Ort, wo sie alles an Chiaki erinnern würde, was sie für alles vermeiden wollte. Sie schwelgte noch eine ganze Weile in Erinnerungen, bevor ihr Handy klingelte. Doch Makoto ging nicht ran, ließ es weiterhin klingeln und vibrieren, bis es von ihrem Nachttisch auf den Boden fiel und dort auf einem ihrer Hausschluppen landete. Ein paar Sekunden später gab das Mobiltelefon keinen Laut mehr von sich. Einige Minuten später griff Makoto gleichgültig nach ihrem Handy, das noch immer auf dem Pantoffel lag. Sie konnte noch nicht schlafen, weshalb sie sich die Zeit mit Lesen von alten Nachrichten und Spielen vertreiben wollte. Als sie das Handy aufklappte, leuchtete das Display auf. „Drei Anrufe in Abwesenheit, hm? Ich hab‘ es nur ein Mal klingeln hören.“, murmelte Makoto, drehte sich auf den Bauch und betrachtete das aufleuchtende Display. Sie drückte die Taste, die mit ‚Ansehen‘ bezeichnet war, worauf sie die Anrufe sehen konnte. Drei Mal hatte ein und dieselbe Nummer Makotos gewählt. Die Nummer, die unter dem Namen ‚Tsuda Kousuke‘ gespeichert war. Doch er hatte nicht nur drei Mal angerufen, er hatte auch eine SMS geschickt. Guten Abend Makoto. Kommst du morgen wieder zur Schule? Du warst die letzten Tage schon nicht da. Bald sind doch die Abschlussprüfungen, die darfst du nicht in den Sand setzen, das weißt du doch. Melde dich mal wieder. Wir machen uns Sorgen. Gute Nacht. Kousuke >Wenn es ganz nach mir ginge, würde ich nur noch zu Hause bleiben. Ich würde nie wieder in die Schule gehen, auch wenn das hieße, dass ich keinen Abschluss hätte.<, dachte Makoto und seufzte schwer. >Was meint er denn bitte mit Wir machen uns Sorgen? Kousuke war doch immer mein bester Freund, genauso wie…< Sie schluckte. Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen. Zum gefühlten tausendsten Male in den letzten Tagen. Ihr Handy klappte sie mit einem Klacken zu und warf es ans Fußende ihres Bettes. Schluchzend drehte sie sich auf den Rücken und rieb sich mit den Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. „Du bist ein Idiot! Wieso sagst du so was, wenn du gehst? Wieso hast du nicht geschwiegen? Stattdessen nimmst du mit diesen Worten Abschied. Weißt du überhaupt, wie weh das tut, du Blödmann?“, rief Makoto, als würde Chiaki direkt vor ihr stehen. Es zerriss ihr Herz förmlich, weil sie nicht mit dem Geschehenen fertig wurde. Eine Woche war vergangen, in wenigen Stunden begann schon der achte Tag nach seinem Verschwinden. Doch daran wollte sie nicht denken. Jeder Tag, der hinzukam, verstärkte ihre Angst, ihre Sehnsucht nur noch mehr. Sie ging vermutlich bald kaputt daran, doch das war ihr egal. Es war zu spät zum Leugnen, zu spät zum Bereuen. Makoto hatte ihr Herz an Chiaki verloren, der es in seine Zeit mitgenommen hatte. Nur Gott wusste, wo er jetzt war. Vielleicht war er so weit in der Zukunft, dass Makoto nie mehr die Chance haben würde, ihn wiederzusehen. Wenn sie Glück hatte, war Makoto bereits alt, vielleicht verheiratet, hatte Kinder, möglicherweise schon Enkel, wenn die Chiaki wiedersehen würde. Doch er wäre weiterhin siebzehn, so alt wie sie war, als sie ihn das erste und letzte Mal getroffen hatte. Würde er noch immer auf die warten, wenn ihm bewusst wurde, dass sie viel älter als er war, wenn sie sich in der Zukunft wiedersehen könnten? Nein, sicher nicht. Makoto alterte, jeder einzelne Tag zog im Nu vorbei. Doch Chiaki war in der Zukunft. Vielleicht fünf, fünfzehn, vielleicht fünfzig Jahre voraus. Wenn er sehen würde, wie alt Makoto geworden war, während er so jung geblieben war, würde er sich dann nicht um entschieden? Doch, ganz sicher. Er würde sich ein jüngeres Mädchen, eine jüngere Frau aussuchen. Wieso sollte er auch weiterhin auch nur einen Gedanken an Makoto verschwenden? Sie würde alt, wenn nicht sogar schon aus dem Leben geschieden sein, bevor Chiaki sie wiedersehen könnte. Möglicherweise wollte er sie gar nicht wiedersehen. Vielleicht hatte er sie schon vergessen. Wer wusste das schon? >Was musst du auch aus der Zukunft kommen? Wenn du gar nicht herumgereist wärst, dann hätten wir uns nie getroffen und ich hätte niemals so für dich empfunden… du bist alles Schuld, aber irgendwie... kann ich dir doch nicht böse sein…< Eine weitere Nacht, in der sich Makoto in den Schlaf weinte. Irgendwann versiegten die Tränen und sie öffnete ihre Augen wieder. Sie träumte. Und das einzig und allein von ihm. Wieso sollte dem auch nicht so sein – ihr Kopf beinhaltete fast ausschließlich Gedanken und Erinnerungen an ihn, den Rest hatte sie weggesperrt. Das hatte sie auch mit allem, was Chiaki zusammenhing, versucht, doch es hatte bis hier hin nie geklappt. Einsam und verlassen bahnte sich das Mädchen mit gesenktem Kopf den Weg durch die vielen Menschen, die die Einkaufsstraße füllten. In ihren Händen trug sie eine Einkaufstüte, in der sich einige Lebensmittel befanden, unter anderem auch Makotos Lieblingspudding, den sie sich gekauft hatte, in der Hoffnung, dass ihre kleinere Schwester nicht wieder auf den Gedanken käme, ihn ihr wegzuessen. Alles ganz normal bis hier hin. Es war ein normaler Nachmittag, den sie dazu nutzte, einige Sachen einzukaufen. Plötzlich sah sie eine Person vor sich, etwa zwanzig Meter entfernt, die ihr den Rücken zuwandte. Einen Jungen mit rostroten Haaren, blasser Haut und einer unverkennbaren Gestik. Er hatte seine Schultasche über seinen Rücken geworfen und sein Hemd steckte nicht allzu ordentlich in seiner Hose. Der Kragen seines schneeweißen Hemdes stand etwas schief und die schwarze Hose der Schuluniform rutschte trotz des Gürtels, der sich um seine Hüfte wandte, etwas. „Chiaki!“, schrie Makoto, lief zu dem Jungen und erhaschte nun seine Aufmerksamkeit. Langsam drehte er sich um. Es war vollkommen unzweifelhaft, dass er es nicht war. Es konnte nur Chiaki sein. Der Junge vor ihr konnte nur er sein. Ganz eindeutig. Als sie noch mit Chiaki zur Schule ging, sah er stets genauso aus. Selbst sein Haare waren so zottelig und strubblig wie früher. „Wer sind Sie?“, fragte er. „Woher kennen Sie meinen Namen?“ Wie eine Ohrfeige fühlten sich diese Fragen an. Doch Makoto bemerkte nicht viel später auch, warum. Ein Anhänger, der an seiner Tasche baumelte, reflektierte alles wie einen Spiegel und sie erkannte, dass sie gealtert war. „Kann man Ihnen irgendwie helfen? Ansonsten würde ich Sie bitten, mich loszulassen.“, meinte er kühl und wandte sich etwas von ihr ab. Makoto war alt geworden. Graues Haar, tiefe Falten im Gesicht und gebrechliches Aussehen. Und Chiaki schien sie nicht mehr zu kennen. Sie war eine Fremde für ihn. Sie schreckte mit geweiteten Augen aus dem Bett auf. Ihr Atem ging schnell, ihr Herz schlug so heftig, dass sie sich fürchtete, dass sie einen Kollaps erleiden würde. >Das war nur… ein Albtraum.<, redete sie sich immer wieder ein, doch sie wusste, dass dieser Traum Realität werden könnte… ~*~ Das war's mal wieder. Hoffentlich hat euch auch dieses Kapitel gefallen. Irgendwie ist es mir doch etwas schwerer gefallen. Der Prolog war irgendwie... leichter zu schreiben. @_@ Ich hoffe, ihr bleibt mir weiterhin wohlgesinnt. ^-^ Liebe Grüße, eure Yuuki-chan Kapitel 2: Changes ------------------ Zweites Kapitel Ein nervtötendes Piepen riss Makoto aus ihrem Dämmerschlaf. Nach dem Albtraum hatte sie kaum mehr ein Auge zu machen können. Schwerfällig schob sie ihre Beine über die Bettkante, setzte ihre nackten Füße auf dem Boden ab und rieb sich die Augen. Makoto traute sich gar nicht in den Spiegel zu sehen. Jeden Tag sah man es ihr mehr und mehr an. Als würde sie Nacht für Nacht nicht schlafen, durchmachen und an alles andere denken, als an eine erholsame Pause, bis der Wecker sie an jedem Morgen weckt. Sie stand auf, ging durch das sehr dunkle Zimmer langsam zum Fenster und nahm den Vorhang in die Hände. Einen Moment lang verharrte sie in dieser Position, bis sie den Vorhang nur einen winzigen Spalt weit öffnete, um eine kleine Luke zu ermöglichen, durch die sie einen kurzen Blick nach draußen werfen konnte. Makoto trottete gedankenverloren aus dem Bad hinunter in die Küche. Von ihrer Mutter getadelt, weil sie noch immer mit zerzausten Haaren, ihrem viel zu großen T-Shirt mit der Ausschrift ‚American Baseball 1876‘ und einer kurzen Hose herumlief, obwohl sie in zwanzig Minuten zur Schule musste, setzte sie sich an den Tisch und schwieg, während sie die vielen Sachen auf dem gedeckten Frühstückstisch betrachtete. Neben geräuchertem Fisch und Reis, Gemüse und einer Kanne Tee befanden sich noch einige andere Dinge auf dem Tisch. „Guten Morgen, Makoto.“, begrüßte sie ihr Vater, der die Aktienkurse in der Zeitung beäugte und ab und an seiner Tasse Kaffee nippte. „Makoto, du bist spät dran. Geh‘ wieder hoch und zieh‘ dich an. Heute gehst du wieder zur Schule!“, ermahnte ihre Mutter sie, doch Makoto blieb unbeeindruckt. Sie schüttelte desinteressiert den Kopf und murrte stattdessen, dass sie sich nicht wohl fühle und an diesem Tag zu Hause bleiben wolle. „Kommt gar nicht in Frage, meine Liebe! Bald sind die Abschlussprüfungen und – “ Die mittlerweile entnervte Tochter stand wieder auf. Mit gesenktem Kopf und zusammengekniffenen Augenlidern öffnete sie ihren Mund und fing an laut zu werden. „Die sind mir egal. Ich gehe nicht mehr zur Schule!“ „Makoto, wir haben doch schon darüber geredet. Das geht nicht und das weißt du auch.“, erwiderte ihr Vater und legte die Zeitung neben sich auf den Tisch. Das war auch das erste Mal an diesem Morgen, dass er die Zeitung weglegte und seine Tochter mit säuerlichem Blick ansah. „Klar geht das. Ich werde schon eine Arbeit finden! Zur Schule gehe ich nicht mehr.“ „Makoto, es reicht jetzt. Geh‘ jetzt hoch und mach‘ dich für die Schule fertig!“ Widerwillig ging Makoto wieder nach oben, wusch sich und zog die Schuluniform an. Als sie wieder nach unten ging, um das Haus zu verlassen, ging ihre Mutter ihr bis zur Haustüre nach, wo sich Makoto ihre Schuhe anzog. „Ich verstehe nicht, wieso du nicht zur Schule gehen willst. Deine Freunde machen sich bestimmt Sorgen um dich.“ //Wenn sie das doch nur tun würden, dann würden sie mich zumindest nicht im Stich lassen!//, dachte sie wütend und schlug die Türe hinter sich zu. Sie schnappte sich ihr Fahrrad und setzte sich auf den Sattel. „Makoto, dein Bento!“, rief Makotos Mutter ihr noch nach, doch Makoto hatte das Grundstück bereits verlassen und sauste bereits mit dem Rad den Berg hinunter in die Stadt. Nur langsam verringerte Makoto ihr Tempo. Eigentlich hatte sie gar keine Lust zur Schule zu fahren. Allerdings hatte sie heute nach langer Zeit mal wieder das Haus verlassen, um zum Unterricht zu gehen – das heißt, dass Makoto nicht vor Schulschluss wieder zurückfahren kann, weil es sonst wieder Streit mit den Eltern gäbe. Nicht, dass ihr das etwas ausmachen würde, dass Mutter und Vater wieder wütend sein würden. Sie fand es schlicht und einfach zu anstrengend, sich ständig über dieselbe Sache zu ärgern und sich jedes Mal aufs Neue rechtfertigen zu müssen. Mit mittlerweile recht gemütlichem Fahrtempo fuhr Makoto ziellos durch die Stadt. Ein kurzer Blick auf die Uhr an einem Bahnübergang verriet ihr die Uhrzeit. //8.45 Uhr. In fünf Minuten beginnt der Unterricht. Wenn ich jetzt noch Gas gebe komme ich nicht allzu spät zu Englisch.// Nach einigem Zögern beschloss sie endgültig, nicht zur Schule zu gehen. Was sie stattdessen bis zum Ende der letzten Stunde, um 15.15 Uhr machen sollte, wusste sie nicht. Im Laufe des Vormittags stöberte Makoto in Buchläden, verschanzte sich zwischen den vielen Stangen und Regalen in Kaufhäusern, ging in einen Mediengeschäft und probierte dort verschiedenste Gerätschaften und Spiele aus, betrieb allerdings nur einen sehr ausgedehnten Schaufensterbummel, ohne wirklich etwas zu kaufen. Nach einigen gefühlten Stunden, Makoto schob derweil ihr Fahrrad zu einer Bank im Park, kaufte sich Makoto von den wenigen Münzen, die vom lange vergangenen, letzten Schultag übrig geblieben waren, zwei Taiyaki-Taschen, ein traditionell japanisches Gebäck mit Füllung in Form eines Fisches. Seit sie beschlossen hatte, nicht zur Schule zu gehen, obwohl sie sich auf den Weg dorthin gemacht hatte, plagten sie zunehmende Gewissensbisse. //Was soll ich denn da? Das erinnert mich doch alles wieder an…// Vor ihrem inneren Auge sah sie Chiaki. Und sofort dachte sie wieder an den Albtraum. Da saß sie nun, zusammengekauert auf der Bank, nicht wissend, wohin sie sollte, was sie tat, was noch kommen würde. Wieder rang sie mit den Tränen, wie so oft in den letzten Tagen und Wochen. Der Wind war kühl, die Sonne in Bredouille, da rings um sie herum die Wolken am Himmel hingen. „Entschuldigen Sie bitte, können Sie mir vielleicht sagen, wie viel Uhr es ist?“, fragte sie plötzlich ein kleiner Junge, der mit ein paar anderen Jungs in seinem Alter im Park Fußball spielte. „Es ist kurz nach drei.“, antwortete Makoto müde und blickte kurz zu den dreien auf, die sich bedankend von ihr abwandten, um den Ball über den Rasen zu kicken. Als sie sich so umsah, entdeckte sie einige Jugendliche, die die gleiche Uniform wie sie trugen. //Gleich ist Schulschluss. Noch eine halbe Stunde, bis ich zu Hause sein muss…// Ziemlich schnell zogen Regenwolken auf, doch Makoto blieb auf der Bank sitzen und regte sich kaum. Den Kopf in den Nacken und die Arme auf die Rückenlehne der Sitzgelegenheit legend blickte sie gen Himmel und betrachtete die Sonne, die sich hinter den Wolken zu verschanzen schien. Kaum noch ein Sonnenstrahl schaffte es durch die dichten, schwer aussehenden Wolken. Es dauerte nicht allzu lange, bis die ersten Tropfen zu Boden fielen und sich die Menschentrauben im Park auflösten, der Eisstand schloss und auch die Jungen schwangen sich auf ihre Roller und fuhren nach Hause. Bald war Makoto allein. Wäre da nicht die bekannte Stimme, die sie wie aus dem Nichts ansprach und sie aus ihren Träumereien riss. „Du hättest dich ruhig mal melden können, Makoto.“, sagte eine männliche Stimme in einem vorwurfsvollen Tonfall. Das Mädchen spürte keine Regentropfen mehr auf ihrer Haut. Sie entdeckte den Regenschirm, den der junge Mann über ihre beiden Köpfe hielt. „Kousuke…“ „In der Schule fragen sie alle nach dir. Naja, mittlerweile ist es weniger geworden, weil keiner mehr damit rechnet, dass du jemals wiederkommst, auch wenn niemand weiß, warum du nicht mehr zum Unterricht kommst.“, fuhr er fort und setzte sich neben Makoto auf die Bank. Makoto nahm ihre Arme runter und fühlte sich auf einmal ganz klein neben Kousuke. „Weißt du, ich kann das nicht. Dass Chiaki weg ist… Ach, du verstehst es ja doch nicht. Wie all die anderen!“, brach sie ab und kämpfte sichtlich mit ihren Gefühlen. Sie ballte ihre Hände, die auf ihren Oberschenkeln ruhten, zu Fäusten. Den großen Kloß, den sie in ihrem Hals spürte, versuchte sie herunterzuschlucken, doch er fühlte sich so klobig an, dass er nicht verschwinden wollte. „Nein. Ich verstehe es.“ Verwundert blickte Makoto auf und auf einmal flossen Tränen. Fast so stark wie der sich über ihnen ergießende Regen, der alle anderen Leute aus dem Park und von den Straßen in ihre Häuser getrieben hatte. „Ich hab‘ mir schließlich was dabei gedacht, als ich dir eine Nachricht geschrieben habe. Hör‘ endlich auf zu denken, du wärst die einzige, die sich Gedanken macht. Du bist verdammt nochmal nicht die einzige, die sich sorgt!“ Nach einiger Zeit des Schweigens, man hörte nur das Rauschen des Regens, öffnete Makoto ihren Mund und brachte nur eine kurze Entschuldigung heraus. „Gomen.“ Es wurde kalt, jetzt, wo die Sonne weg war und der kühle Wind den Regen gegen ihre Beine blies. „Entschuldigung angenommen.“, antwortete Kousuke mit einem Lächeln. „Komm‘, ich bringe dich nach Hause. Unter einer Bedingung. Du kommst morgen wieder zur Schule.“ Makoto blickte in sein Gesicht. Er sah auch nicht so gut aus. Gut aus schon, aber irgendwie auch ein wenig besorgt. Und etwas in Gedanken. Die Tatsache, dass er mit ihr fühlte und ihr nicht irgendwas vorschreiben oder ihr nach dem Mund reden wollte, gab ihr Mut und Kraft. Sie nickte und lächelte leicht, als sich beide von der Parkbank erhoben. Auch, wenn sie nicht viel geredet hatten, auch nicht, als sie auf dem Weg zu Makotos Heim waren, diese wenigen Worte gaben Makoto Hoffnung. Hoffnung, dass sie nicht allein war. Dass es doch noch jemanden gab, der sie verstand und der für sie da sein wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)