Wie es hätte sein können von Elecha (SeverusxRemus) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- "Sieh mal, wen wir da haben: Schniefelus!" Obwohl Remus seinen Blick krampfhaft auf sein Buch gesenkt hatte, konnte er sich die Szene ohne weitere Probleme bildhaft vorstellen. Peter, am Rande sitzend mit einem erwartungsvollen Gesichtsausdruck, bereit, in den richtigen Momenten seinen Idolen zuzujubeln. James und Sirius mit gewichtig vorgeschobener Brust, einem breiten unheilvollen Grinsen im Gesicht und funkelnden Augen, von denen Remus nach jahrelanger Erfahrung eines ganz genau ablesen konnte: Es gibt Ärger. Er hatte schon lange aufgegeben, in die Köpfe seiner Freunde etwas einhämmern zu wollen, das annähernd an einen gesunden Menschenverstand erinnerte. Zu sehr genossen die beiden Herumtreiber das Gefühl, im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit zu stehen. Und, bei Merlin, genau das taten sie ständig! Er hatte aufgegeben zu hoffen, dass Severus die leisen entschuldigenden Blicke seinerseits annehmen würde, dass der blasse Slytherin erkennen würde, wie weh Remus das Verhalten seiner Freunde tat, obwohl er kaum jemals Einspruch erhob. Er wusste ganz genau, dass er sich an den ständigen Demütigungen Snapes genauso durch seine Zurückhaltung schuldig machte wie die anderen, die sie ausführten. Er war einer der Täter, auf gleicher Stufe wie die Menschen, die aus reiner Freude an der Überlegenheit und der Bewunderung ihrer Mitschüler Severus das antaten, was sie selbst niemals ertragen würden. Was sie einem ihrer Mitschüler antaten, auf den sie in ihrer ganzen Selbstverständlichkeit herabblickten, wie Muggel auf einen räudigen Hund. Unwillig schüttelte Remus seinen hellbraunen Schopf. Hör auf, so verbittert über sie zu urteilen, sie sind deine besten Freunde! Sie sind brutal! Das hat nichts mehr mit harmlosen Schülerstreichen zu tun, das ist menschenverachtend. Sie sind deine einzigen Freunde, du weißt genau, dass du nie wieder jemanden finden wirst, der dich so akzeptiert, wie du bist. Sie müssen einfach erwachsen werden. Und wann soll das sein? Wenn sie Severus umgebracht haben? Ohne Abschluss von der Schule geflogen sind? Du bist erbärmlich! Sitzt hier und lässt sie machen, nur weil du Angst davor hast, dass sie dir den Rücken kehren, dass du alleine bist! JA! Ich war lange genug einsam, ich könnte das nicht mehr ertragen! Ich fürchte ihre Verachtung. Und sie werden mich verachten, wenn ich jetzt aufstehe und sie vor der ganzen Schülermasse bloßstelle! Ach, zum Glück gibt es ja Severus, der das an ihrer Stelle ertragen darf. Ihm macht es ja nichts aus, von lachenden Schülern umgeben und gedemütigt zu werden. Er ist es schließlich gewohnt, ihr Pingpongball zu sein, den sie herum schubsen können, wie es ihnen gefällt. So schlimm sind sie nun auch wieder nicht. Sie sind immer für mich da, sie sind lustig, sie beziehen mich überall mit ein. Sie sind meine Freunde! Und was ist Severus für dich? ... ... ... Na, Sprache verschlagen? Du weißt doch genau, welche Gedanken dich abends vom Einschlafen abhalten. Welches Gesicht deine Träume bestimmt. Welche Gefühle dich morgens erbeben lassen. Aber du warst schon immer gut darin, dich selbst zu belügen. Und zu guter Letzt wirst du doch wieder alleine sein. Einmal, weil James und Sirius dich doch ohnehin schon lange für langweilig halten. Wie lange werden sie noch dulden, dass du sie ständig darin bremst, ihren Spaß zu haben? Denn das ist das einzige, was sie wirklich interessiert. Und dann ist da noch Severus. Severus, der dich hasst, weil du für ihn nur einer von ihnen bist, ein Herumtreiber und Quäler, ein Feigling! Schau nur hin, selbst Lily kehrt ihm jetzt den Rücken, Severus ist alleine. So wie du. "HÖRT SOFORT DAMIT AUF!" James, der Severus gerade wieder mit einem Beifall heischenden Schwung seines Zauberstabs kopfüber in die Luft gehängt hatte, drehte sich verwundert zu Remus um. Dann lachte er. "He, Moony, ich dachte schon, dein Buch hätte dich verschluckt. Willst du auch mal ausprobieren? Wir haben hier ein nettes Versuchsobjekt, Marke Der-Schleim-von-Slytherin. Vielleicht erbarmst du dich und wäschst ihn?" Allgemeines Gelächter. Remus bemerkte erst jetzt, dass er schon die ganze Zeit gezittert hatte. Er krallte seine Hände in den Umhang und ermahnte sich zur Ruhe. Es würde niemandem helfen, wenn er den ganzen Schlossgrund zusammenbrüllen und am Ende die Lehrer auf sie aufmerksam machen würde. Sein Blick fiel auf Severus. Der zitterte nicht. Durch seine Kopfüber-Haltung war seine sonst so alabasterhelle Gesichtshaut unnatürlich gerötet und seine Haare, die sonst dicht wie ein Vorhang sein Gesicht umschmeichelten, hingen gen Boden. Remus erschauerte unter dem Blick des Slytherin. Severus hatte seine dunklen Augen fest auf ihn gerichtet, bereit, nun auch von dieser Seite verletzt zu werden. Er sah den Werwolf fast herausfordernd an, als wäre er fest entschlossen, sich in den folgenden Minuten keine Blöße zu geben. Den Blick stets mit Severus haltend, erhob Remus wieder das Wort. "Lass ihn runter, James. Für heute ist es genug. Wir hatten alle unseren Spaß-", das Wort betonte er in einer Weise, dass niemand das von ihm auch nur annehmen sollte. "Und das, ohne bisher von einem der Lehrer erwischt zu werden. Wir sollten unser Glück nicht überstrapazieren." Peter schielte ängstlich in Richtung Portal, als würde er erwarten, gleich Professor McGonagall mit festen, weit ausholenden Schritten auf die Gruppe zuschreiten zu sehen, um sie zu ihrem ganz persönlichen Armageddon zu verurteilen. James und Sirius sahen ihren Freund an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen. Dann warf sich der Potter theatralisch in Pose, hob seine zauberstabfreie Hand an seine Stirn und drehte die Augen zum Himmel. "Remus, oh Remus, was ist mit dir? Sollte zuletzt auch dein letzter Funken Humor in schwermütiger Hogwartsbildung versickert sein? Sollte dies der Tag sein, an dem dein großmütiges Herz sich wider uns wendet, um den Schmutz hier-", er wedelte mit dem Zauberstab in Severus´ Richtung, den es daraufhin hin und her schüttelte. "Gnädigst von der Straße aufzulesen? Remus, erleuchte mich!" Sirius schüttelte den Kopf und piekte seinem besten Freund in die Seite. "Weiste, Prongs, vielleicht hat unser Guter hier heute früh bei der Zaubertrankprüfung einfach irgendwelche giftigen Dämpfe eingeatmet." Remus bebte mittlerweile. Er wusste, er sollte verletzt sein durch das, was seine Freunde da sagten. Er sollte ihnen möglicherweise auch sagen, es sei alles in Ordnung. Jetzt konnte er das Ganze noch mit einem Lacher abtun und zu seiner Lektüre zurückkehren. Einfach abschalten und den Zwischenfall vergessen. So wie die vielen zuvor. Und tatsächlich war es nur eine Kleinigkeit, die ihn davon abhielt, abermals nachzugeben, sich wieder einzureden, es sei alles nicht so schlimm und seine Freunde nur harmlose Spaßtreiber. Severus´ Blick. Noch während Remus sprach, veränderte sich etwas in diesem tiefen Schwarz, kaum wahrnehmbar und doch so entscheidend, dass es Remus erstarren ließ. Hoffnung keimte auf, eine schüchterne und wieder halb verworfene Hoffnung. Er konnte erkennen, dass der Schwarzhaarige angestrengt versuchte, diese Hoffnung niederzukämpfen, einzuschließen. Und genau das durfte nicht passieren. Wenn Remus ihm hier und jetzt nicht beweisen konnte, dass seine Unterstützung aufrichtig war, dass Severus nicht mehr allein in dem Kreis verächtlicher Blicke stand, dann, so fühlte der Gryffindor, dann hätte er seinen Severus für immer verloren. Und dann ging alles ganz schnell. Fast zeitgleich entwaffnete Remus seine drei Freunde, warf ihnen einen Lähmzauber an den Hals und fing, gerade noch rechtzeitig, Severus´ Sturz ab. Severus´ rechte Hand fest mit seiner eigenen umschlossen, richtete der Werwolf sie beide auf und ließ seinen Blick über die schockierte Menge gleiten. "Schämt euch! Alle! Was seid ihr denn für Kameraden? Solltet ihr eigentlich nicht mutig sein, Gryffindors? Ehrliche Freunde und in jeder Lage hilfsbereit, Hufflepuffs? Ein geschlossenes Haus gegen alle äußeren Widrigkeiten, Slytherins? Gerecht und analytisch im Blick auf Gefahren, Ravenclaws? Ihr seid nichts von alledem. Ihr habt nicht nur einen Mitschüler verraten und sich an seinem Unglück ergötzt, ohne das geringste Gefühl von Reue, ihr habt auch euch selbst verraten!" Ohne ein weiteres Wort und ohne eine Antwort abzuwarten, schritt Remus zurück in Richtung Schloss, Severus unerbittlich hinter sich herziehend. Erst als das Schlossportal hinter ihnen zufiel, ließ Remus den Slytherin los und ließ sich in einer Nische, fast kraftlos wie es schien, auf die Knie fallen, das erhitzte Gesicht in seinen Händen verborgen. "Ich weiß, es gibt keine Entschuldigung dafür, dass ich all die Jahre weggeschaut habe, wann immer dich die beiden auf dem Kieker hatten. Wenn du eine Erklärung verlangst, würde ich dir sagen, dass die drei meine ersten und einzigen Freunde sind, die ich je hatte. Ich hatte Angst davor, mich gegen sie zu stellen, sie gegen mich aufzubringen und wieder allein zu sein." Remus atmete tief und zittrig ein. Es blieb lange Zeit still, und Remus erwartete schon gar keine Reaktion mehr, dann- "Und jetzt?" Remus lachte hohl. "Jetzt ist es wohl zu spät" "Warum hast du das getan?" Zum ersten Mal in diesem Gespräch sah Remus auf. Severus stand vor ihm, betrachtete seine Schuhe und wirkte ganz untypisch verletzlich. Was er wohl für eine Antwort erwartete? "Ich war nicht bereit, mich länger anzulügen!" Nun sah Severus doch auf. Es war klar, dass diese Antwort ihn mehr verwirrte als gar keine. Seine Verwirrung mischte das unendliche Schwarz seiner Augen auf, vermochte dennoch nicht die Hoffnung ganz daraus zu vertreiben. Diese wunderschönen Augen... Wie gerne Remus doch in ihnen versank, vor allem jetzt, wo weder Hass noch Verachtung den Blick trübten. Er musste tief durchatmen, dann stand er auf. Seine Füße kribbelten bereits unangenehm. Ohne den Blick von Severus´ einzigartigen Obsidianen abzuwenden, trat er einen Schritt näher, dann noch einen. Jetzt ging es um alles oder nichts, darum, ob er künftig der glücklichste Schüler Hogwarts´ sein würde oder ob sein Leben nichts weiter als ein einziger Scherbenhaufen werden sollte. Sanft und vorsichtig hob Remus eine Hand an die Wange seines Gegenübers und strich zärtlich über diese weiche Haut. "Ich liebe dich!" Der Rest des Schuljahres ging auch vorüber. Die Prüfungen waren ja bereits geschrieben, und so verbrachten die Hogwartsschüler die meiste Zeit damit, sich in der Sonne zu räkeln und den Riesenkraken zu ärgern. Bald war nicht einmal mehr Remus Lupins absonderliches Verhalten das Dauergesprächsthema, obwohl er dafür sogar 150 Punkte für Gryffindor erhalten hatte, wegen "außergewöhnlichen Mutes", wie McGonagall meinte. Die Herumtreiber beendeten dieses Schuljahr, nur um im nächsten mit einer neuen Liste an unverkennbaren Streichen wieder zu kommen. Bald war irgendwie alles wie immer, nur dass keiner mehr von ihnen den Streit vom Sommer ansprach. Sie unterhielten sich mit Remus, waren nett. Doch das wars auch schon. Doch in den Vollmondnächten wachte ein kohlrabenschwarzer Vogel in den Bäumen des verbotenen Waldes über seinen Werwolf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)