Ungleichgewicht von kiks ( astoria und draco) ================================================================================ Wie Feuer und Eis ----------------- April 1999 Astorias braune Augen glitten über die Tische und unbewusst hafteten sie mehrere Sekunden an Personen, die sie kannte. Einige wenige davon waren Gryffindors. Zum einen waren da Hermine Granger und Ron Weasley - sie kannte sie nicht wirklich, doch gab es bestimmt keinen, der sie nicht wenigstens ab und zu anstarrte, waren sie doch so damit beschäftigt sich liebevoll zu streiten. Daneben der Held ihrer Generation Harry Potter und seine Freundin Ginny Weasley. Zufrieden hielt sie seine Hand und lächelte über die Neckereien ihres Bruders und seiner Freundin. Weiter entfernt saßen einige Slytherin. Ihre Schwester Daphne Greengrass und deren Freund Blaise Zabini. Pansy Parkinson und wenn sie sich recht erinnerte, war der neben ihr kein geringerer als Marcus Flint. Komischerweise schien er gar nicht so sehr an Pansy, sondern viel mehr an der ehemaligen blonden Gryffindor-Quidditchspielerin, deren Name sie nicht wusste, interessiert zu sein. Und was noch seltsamer war, war die Tatsache, dass ihr das alles egal war. Sie wollte sich nicht zu ihrer Schwester und den anderen ihres Hauses setzten, genoss es direkt in dem anderen Cafe zu sitzen und alles in Ruhe beobachten zu können. Der Vorteil an der Beobachtung war der, dass man wegsehen konnte, wenn man genug hatte. Würde sie neben ihren Freunden und Mitschülern sitzen, würde sie weder weghören, noch wegsehen können. Ruhe zu genießen war eine typische Slytherineigenschaft. Und sie war zum größten Teil eine typische Slytherin, auch wenn sie nicht alle Grundsätze ganz so unterstützte, wie ihre Schwester es zu tun pflegte. »Greengrass«, hörte sie neben sich eine raue Stimme und obwohl sie es nicht gebraucht hätte, sah sie auf, um sich zu vergewissern, dass es wirklich der war, den sie vermutete. »Bei Merlin, Malfoy«, sagte sie etwas lauter und bemerkte, wie sie einige Gäste anstarrten. »Bleib mal locker«, entgegnete er und ließ sich neben sie auf den Stuhl fallen. Locker bleiben?! Wie um alles in der Welt sollte sie locker bleiben, wenn jemand wie er neben ihr saß. Er war ein ehemaliger Todesser gewesen - hatte Angst und Schrecken verbreitet und auch, wenn sie definitiv keine Angst vor ihm hatte, so wollte sie dennoch nicht einfach so neben ihm sitzen und so tun, als wäre das, das Normalste der Welt. Astoria wollte sich einfach nicht mit jemand wie ihm sehen lassen - das würde die Leute nur zum Reden bringen und Gerüchte waren nur gut, wenn sie nicht über einen selbst waren, besser noch, wenn man sie selbst verbreitete. »Weil das ja so einfach ist, wenn ein Todesser neben mir sitzt!«, antwortete sie und wieder war ihre Stimme lauter, als es vielleicht gut für sie war. Er drehte sich zu dem Mann an ihrem Nebentisch und starrte ihn kurz und undefinierbar an, sodass jener aus Höflichkeit wegsah. »Sei ruhig, die Leute starren schon«, sagte er wieder an sie gewandt und langsam fragte sie sich, ob er noch ganz bei Sinnen war. Hatte sie sich nicht klar und deutlich ausgedrückt, als sie meinte, dass er ein Todesser war und verschwinden sollte? Sie hasste es sich zu wiederholen, doch wenn das die einzige Möglichkeit war, sich gegen ihn zu wehren, dann würde sie das eben tun. »Sollen sie doch, du bist ein verdammter Todesser und -«, begann sie, doch wurde sie unwirsch unterbrochen. Die Bewegung dauerte keine zwei Sekunden und mit einem Mal hatte er ihren Oberarm umfasst und sie zu sich gezogen. Die eine Millisekunde, in der sie noch klar denken konnte, fragte sie sich, was er nun vorhatte, doch das war vorbei als sich seine kalten Lippen seltsam geschmeidig auf ihre legten. Bei Merlin, was tat er da? Sie wollte sich von ihm lösen, doch etwas in ihr schien an ihm festzuhalten. Er küsste gut. Beinahe zu gut sogar - besser, als die meisten, mit denen sie das zuvor getan hatte. Zur Auswahl standen da ja genug, wenn auch nicht so viele, wie bei ihrer Schwester. Sie wollte nie das Slytherin-Flittchen sein, so wie sie. Auch wenn ihre Eltern das durchaus gut hießen. Sie nannten es Kontakte pflegen. Astoria nannte es herumhuren. Dann endlich trennte er sich von ihr und als sie ihre Augen langsam öffnete und die Nachwirkungen seiner kurzen Berührung über sich ergehen ließ, wandte er seinen Blick von ihr ab und starrte zu den anderen Slytherins ihnen gegenüber. »Was sollte der Scheiß?«, fragte sie und seine eisblauen Augen wandten sich kühl zu ihr. »Du wolltest ja nicht hören«, erläuterte er und musterte sie eingehend. »Deswegen musste du mich nicht gleich küssen, Malfoy, das ist ja widerlich.« Nein, war es nicht, aber das musste er ja nicht gerade wissen. »Im Vergleich zu deiner Schwester war es das wirklich«, murmelte er und grinste. Sie verzog angewidert den Mund. Es gab eines, was sie mehr hasste, als mit ihrer Schwester verglichen zu werden - wenn man ihr sagte, dass Daphne in irgendetwas besser war als sie. »Was tust du überhaupt hier?«, fragte sie und er drehte seinen Kopf wieder von ihr weg, um zu den anderen ihres Hauses zu sehen. »Sie nervt furchtbar«, sagte er und auch Astoria wandte sich wieder ihren Mitschülern zu. »Pansy?«, fragte sie und plötzlich fiel ihr ein, was ihr komisch an diesem Bild vorkam - normalerweise klebte Parkinson an dem Malfoy. »Ja, sie hängt ständig an mir. Ich brauche Ruhe«, sagte er und wieder sah die Braunhaarige ihn an, hob eine ihrer Augenbrauen und fragte dann in abschätzendem Ton: »Aber, seid ihr nicht zusammen?« »Und?«, entgegnete ihr der Blonde und die junge Frau verdrehte die Augen. »Da ist es normal, dass man zusammen ist«, erläuterte sie. »Aber wir sind nicht so zusammen. Sie vielleicht, aber ich nicht«, erklärte er ihr und fragte sich im selben Moment, wieso er das überhaupt tat. »Ich bin nur mit ihr zusammen, weil meine Eltern das so wollen.« »Das ist ziemlich dumm«, sagte sie knapp und er zuckte mit den Schultern. »Sie weiß das, meine Eltern wissen das und ihre wahrscheinlich auch. Ist kein Geheimnis, wenn sie will, kann sie gehen«, murmelte er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Wenn du deine Ruhe haben willst, wieso sitzt du dann neben mir?«, fragte sie und sah ihn abschätzend an. Abermals zuckte er mit den Schultern und sah aus dem Fenster. Jedoch schien sein Blick nicht auf etwas bestimmtes gerichtete zu sein. »Ich traue dir so viel Intelligenz zu, dass du bemerkt hast, dass meine Familie hier und generell in der Zauberwelt nicht mehr gerne gesehen wird. Ich meine, allein deine Reaktion zeigt wieder einmal, dass es so ist«, sprach er und sie verknotete ihre Finger ineinander. »Tut mir leid«, sagte sie und er drehte sich überrascht zu ihr. »Hör auf damit, eine Slytherin entschuldigt sich nicht«, erwiderte er kalt und sie verdrehte die Augen. »Ich glaube wenn du eine klischeehafte Slytherin suchst, dann solltest du besser zu Pansy, oder meiner Schwester gehen«, sagte sie und wandte ihren Blick zu den anderen, welche gerade Anstalten machten zu gehen. »Du hältst nicht besonders viel von deiner Schwester«, stellte er fest und diese Einsicht schien in ein bisschen zu irritieren. Natürlich, denn egal, wie schlecht, egoistisch und gefühllos Slytherins auch waren - die Familie ging über alles, selbst wenn sie es nicht zeigten. »Doch, ich liebe sie. Aber ich kenne sie auch. Ich weiß, dass sie den Ruf einer Schlampe hat, dass sie schon mit so ziemlich jedem Slytherin im Bett war und auch, was alle von ihr halten. Deswegen hasse ich es auch mit ihr verglichen zu werden«, sagte sie und er nickte leicht. »Verstehe«, murmelte er und sah wieder nach draußen. »Glaube ich nicht«, antwortete sie und er hob eine Augenbraue, schien sie beinahe widerwillig wieder anzusehen. »Meines Wissens nach hast du keine Geschwister, also kannst du auch nicht verstehen wie es ist, immer mit jemand verglichen zu werden, obwohl du doch eigentlich viel besser bist« »Und du siehst dich selbst als besser an«, stellte er erneut fest und sein Blick fixierte sie. »Definitiv. Ich meine, alleine von den Noten her sieht man, dass ich mehr kann. Aber das ist meinen Eltern egal. Sie kapieren nicht, dass Daphne durch ihr ständiges ›Kontakte knüpfen‹, wie sie es nennen, nur den Respekt vor allen Leuten verliert.« Einen Moment lang sah er sie stumm an, ehe er sich wieder wegdrehte und Pansy ansah, wie sie Flint umgarnte. Dann umspielte ein kurzes Lächeln seine Lippen. »Das hätte ich ehrlich nicht gedacht«, sagte er in höhnischem Ton. »Eine intelligente Greengrass, die kein Blatt vor dem Mund zu nehmen scheint. Interessant.« »Ich sag ja, ich bin nicht wie Daphne«, gab sie zurück und verdrehte die Augen. »Das stimmt«, antwortete er wieder kühl und sah dann zu, wie auch ihre Schwester das Cafe verließ. »Liegt vielleicht an der Haarfarbe. Deiner Schwester steht ihre blonde Naivität ins Gesicht geschrieben.« Sie lachte leise. Wenn es darum ging, musste sie ihm recht geben, ihre Schwester war wirklich eine klischeehafte Slytherin - blond, naiv und Hauptsache gutaussehend - was auf den Zeugnissen stand war ja egal. Nicht, dass sie nicht auch gut aussah, aber neben ihrer Schwester war sie wohl so etwas wie das hässliche Entchen. Braunhaarig, braunäugig, blass, unauffällig und langweilig. Würde sie es nicht so erfreuen, nicht wie Daphne zu sein, würde sie sich wahrscheinlich die Haare blondieren und rumlaufen, als wäre sie kostenlos zu haben. »Darf ich dich denn nun auch etwas fragen, wenn du mich schon über meine Schwester ausfragst«, sagte sie und seine Miene wurde augenblicklich ernst, seine Gesichtszüge starr. »Ich habe nie von dir verlangt auch zu antworten«, sagte er kühl und strich sich durch sein blondes Haar. »Ich zwinge dich auch zu nichts«, sagte sie und er sah an ihr vorbei. »Also darf ich fragen?« »Das tust du doch schon«, gab er zurück und sie seufzte leise. »Wieso das alles? Wieso bist du Du-weißt-schon-wem beigetreten?«, fragte sie leise und bemerkte, dass er sie nun direkt ansah. So wirklich hatte ihn das im Grunde noch niemand gefragt. Es interessierte ja eigentlich auch keinen. Ein komischer Stimmungswechsel - von ihrer dämlichen Schwester, zum dunklen Lord. »Weil mein Vater es so wollte«, sagte er kalt und wollte, dass sie einfach zu fragen aufhörte, nicht weiter darüber nachdachte, was er ihr sagen könnte. Nicht von ihm verlangte, dass er Dinge aussprach, die er niemals sagen wollte. Er bereute es langsam sich zu ihr gesetzt zu haben. »Aber du bist doch ein eigenständiger Mensch, wieso lässt du dich dann von deinem Vater beeinflussen?«, fragte sie und fuhr einen kurzen Augenblick war er sprachlos. Sie tat beinahe so, als wäre es normal gewesen, sich gegen die eigenen Eltern zu stellen, nur weil man einer anderen Meinung war. »Wurdest du nicht dazu erzogen, auf deine Eltern zu hören?«, fragte er gelangweilt und stellte sich im selben Moment die Frage, wieso er überhaupt mit ihr sprach. Wieso ging er nicht einfach weg? Was hielt in hier, bewegte ihn dazu mit diesem Mädchen zu reden und verhinderte, dass er aufstand und Astoria einfach so zurückließ? »Ich wurde dazu erzogen meinen eigenem Willen zu folgen«, konterte sie und einen Augenblick lang konnte er ein Schmunzeln nicht unterdrücken. »Aber dennoch«, setzte er ernst, »ist diese Entscheidung etwas anderes, als der banale Alltag, den du gewohnt bist.« »Das war Krieg«, sagte sie und senkte ihre Stimme, sodass nur er es hören konnte. Langsam nickte Draco. »Und das war schlimm«, fügte sie hinzu und es schien, als hätte sie das gerade erst erkannt. »Du hast ja keine Ahnung«, sagte Draco und seine Gegenüber musterte ihn kurz. »Dabei sind viele deiner«, sie machte eine kurze Pause und sah auf ihre Hände, die auf dem Tisch lagen. »Es sind viele unserer Leute gestorben«, sagte sie und spielte auf die zahlreichen gefallenen Slytherin an. Er wusste das. Einer davon war einer seiner besten Freunde gewesen. »Im Krieg ist das nun einmal so, da kann man nichts machen. Das solltest du einsehen, so wie ich es getan habe«, log er und sah ihr im selben Moment an, dass sie ihm nicht glaubte. »Du bist kein ehrlicher Mensch, oder?« Er beäugte sie kurz skeptisch, versuchte irgendetwas zu finden, womit er ablenken konnte, doch es gab nichts. »Ich kann nur sagen, man wäre töricht, mir zu vertrauen«, sagte er schließlich und sie sah ihn auf eine entschuldigende Art an - als wäre sie der Grund dafür, dass man ihm nicht vertrauen könnte, oder nein, schlimmer noch - als vertraute sie ihm. »Vielleicht hilft es, wenn du darüber redest, was passiert ist«, murmelte sie leise und er zuckte kaum merkbar zusammen. Reden. Natürlich, ja. Er hatte vergessen, dass in der normalen Welt durch einfaches Reden Probleme gelöst wurden. Alpträume und schlechte Gedanken verschwanden einfach, wenn man darüber sprach. Wie blind war er eigentlich gewesen, dass er das nicht sofort bemerkt hatte? »Es würde helfen, wenn du deinen Mund halten würdest«, sagte er und drehte sich von ihr weg, biss sich unbewusst auf die Unterlippe und beobachtete ihre Gestik im Fenster. Einen Moment lang schien es vollkommen still im Raum zu sein - was natürlich vollkommen unlogisch war, da sie nicht alleine waren. Dann tat sie es wieder, das Mädchen, welches dieser dumme Hut aus einem unbekannten Grund nach Slytherin geschickt hatte. »Entschuldige«, murmelte sie und er verdrehte die Augen. »Was habe ich dir zu dem Thema gesagt - Slytherins entschuldigen sich nicht«, sagte er scharf und sie schüttelte den Kopf. »Für dich ist das vielleicht normal, dass du dich nicht entschuldigst, dass du keine Gefühle zeigst, oder nicht ehrlich sagst, was du denkst, aber für mich nicht«, erklärte sie und ihre brauen Augen fixierten seine graublauen. »Wenn ein Slytherin eiskalt und berechnend sein muss, dann bin ich wohl im falschen Haus«, sagte sie wütend darüber, dass er es irgendwie geschafft hatte, zu ihr durchzudringen. Dass er ihr genau das vorhielt, was sie nicht hören wollte. ›Astoria, du hättest viel besser nach Ravenclaw gepasst. Daphne ist eine wirkliche Vorzeigeslytherin.‹ Sie kniff kurz die Augen zusammen und legte dann schnell die Galeonen auf den Tisch, erhob sich und sagte mit fester Stimme: »Ich bin hier fertig, es war nett mit dir zu plaudern, Malfoy.« Dabei glich ihr Tonfall dem seinen sehr und ohne eine Antwort abzuwarten, wandte sie sich dem Gehen zu und flüchtete nach draußen. Erst als sie den Pfad zurück nach Hogwarts betreten hatte, lehnte sie sich gegen den Zaun zur Heulenden Hütte und schloss die Augen. Sanft strich der Wind ihr durchs Haar, ließ ihren Gedanken freien Lauf und unbewusst umspielten sie vergangene Momente, in denen ihre Eltern ihr deutlich mitteilten, dass sie keine gute Slytherin sei. Nie gewesen war, nie sein würde. Damals hatte ihre Schwester ihr noch beigestanden, doch als sie herausgefunden hatte, dass sie viel mehr erreichen konnte, wenn sie sich auf die Seite ihrer Eltern stellte, konnte sie sich nicht einmal mehr darauf verlassen. Dabei wusste Astoria nicht einmal, wieso es falsch war, was sie tat. Schön, sie war keine gefühlskalte eingebildete Schlampe, die jeden nur ausnutzte und aus jeder Beziehung nur das Nötigste erwartete, aber das zeichnete sie in gewisser Weise auch aus... »Du bist vorhin ziemlich schnell abgehauen«, sagte eine Stimme hinter ihr und als sie sich umdrehte, sah sie den Malfoy mit einer Falsche Feuerwhiskey in der Hand. Er schenkte ein bisschen etwas davon in ein Glas und reichte es ihr. Sie nickte ihm danken zu. Außer ihnen war keiner im Gemeinschaftsraum. Es dämmerte gerade und die meisten Schüler waren entweder schon beim Essen oder noch nicht aus Hogsmeade zurück. Slytherins hatten ihre eigenen Zeitpläne. »Ich hatte keine Lust mehr auf dieses sinnlose Gespräch«, sagte sie und Draco schwieg, als er sich neben sie setzte. »Warum?«, fragte er und es schien ihn wirklich zu interessieren. »Wieso interessiert dich das?«, gab sie forsch zurück und nahm einen Schluck ihres Whiskeys. Er brannte in ihrem Hals und ließ sie wieder klar denken. »Ich weiß es nicht«, sagte der Blonde ehrlich und es klang, als würde ihn das frustrieren. Sie seufzte leicht über seine Wortkargheit und sprach dann leise, den Blick auf den Alkohol in ihrer Hand gesenkt. »Meine Eltern halten mir das ständig vor«, sagte sie und fuhr in heiterem Ton fort, »Dass ich keine gute Slytherin wäre, dass ich zu weich wäre, einige Charakterzüge habe ich schon, aber bei weitem bin ich nicht so gut wie meine Schwester. Ich glaube nicht, dass du das verstehst, aber manchmal wünschte ich mir ehrlich, dass meine Eltern anders wären. Keine festgesetzten Slytherin mit Klischeehaltung.« »Doch, ich verstehe das«, gab er zurück und sie nahm einen weiteren Schluck ihres Getränks, ehe sie ihn ansah. »So?«, fragte Astoria und auch er wandte seinen Blick ihr zu. »Ich bin nur wieder hier, weil mein Vater es will. Er wollte unbedingt, dass ich Hogwarts beende, damit ich auch im Zauberministerium anfangen kann. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich mich nach dem Krieg nirgendwo mehr blicken lassen. Meine Familie ist sowieso ziemlich in Verruf geraten«, sagte er und sie lehnte sich leicht zu ihm hinüber. »Was ist damals passiert, Draco?«, fragte sie eindringlich mit ruhiger Stimme. Er sah sie undefinierbar an. Haderte mit dem Gedanken es ihr nicht zu sagen, einerseits weil er es nicht aussprechen wollte und andererseits, weil er sich nicht sicher war, wieso er es unbedingt ihr erzählen sollte. Wer war sie denn? Eine Slytherin, die er gerade einmal ein bisschen kannte, von der er kaum etwas wusste und mit der er bisher nur einmal gesprochen hatte. Und doch schaffte sie es irgendetwas in ihm auszulösen. Sie forderte ihn heraus - war ihm nicht treu ergeben wie Pansy und akzeptierte auch nicht jede Antwort so einfach wie ihre Schwester. Sie schien wirklich an dem, was er sagte, interessiert zu sein. »Viele unserer Leute sind gefallen, wie du schon sagtest«, begann er leise und versuchte seine Stimme möglichst normal klingen zu lassen - gleichgültig, wenn das möglich war. »Und unter den allen war auch einer meiner besten Freunde, vielleicht kanntest du ihn - Vincent Crabbe«, fügte er schnell hinzu. Im ersten Moment wusste sie nicht, was sie sagen sollte, plädierte dann jedoch auf der herkömmlichen Floskel. »Das tut mir leid für dich«, sagte sie und er sah sie weiterhin undefinierbar an. »Naja, im Grunde war er selbst schuld«, versuchte er das ganze abzutun, doch da gab es nichts runter zuspielen - das wussten sie beide. »Draco«, setzte sie an, stoppte aber, als sie seinen Blick sah. Es war kein wirklicher Schmerz in ihm, nur so etwas wie Gefühle. Ungleichgültigkeit. Eine kleine Regung. »Das einzige, was wirklich schlimm ist, ist, dass ich es vielleicht verhindern hätte können, wenn ich schneller reagiert hätte«, sagte er und sah in die warmen braunen Augen seiner Gegenüber, die voller Verständnis und doch ohne Mitleid waren. Sie spiegelten Astorias reine Seele wieder, zeigte ihm etwas, was er noch nie zuvor bei jemand anderem gesehen hatte - Zuneigung ohne Hohn und vollkommen ehrlich. Ein weiteres Mal an diesem Tag beugte er sich zu ihr hinüber und küsste sie. Nicht so wie zuvor, um sie ruhigzustellen, sondern einfach, weil er das Verlangen hatte, es zu tun. Und diesmal erwiderte sie seinen Kuss. Zuerst zaghaft, dann doch mit etwas mehr Gefühl und ein bisschen etwas von brennender Leidenschaft. Er vergrub seine Finger in ihren Haaren und zog sie noch näher an sich, wolle sie bei sich haben und dieses seltsame Bedürfnis so schnell wie möglich wieder loswerden. Konnte nicht glauben, dass es wirklich das war, wofür er es hielt. Nein, es war Leidenschaft, Verlangen und Kontrollverlust, was ihn dazu bewegte, das zu tun, was sie nun eben taten... Verschlafen und ein wenig verkatert wachte Astoria am nächsten Morgen auf und blinzelte verwundert, als sie den jungen Mann neben sich liegen sah. Ach ja, da war doch etwas gewesen. »Du willst doch nicht etwa schon gehen, oder?«, fragte eine kühle Stimme neben ihr, als sie sich aufrichtete und ihre Sachen zusammensuchte. »Frühstückszeit«, murmelte sie und zog sich ihre Bluse über. »Ich würde etwas besseres wissen, was garantiert amüsanter wäre, als jetzt all die Idioten beim Essen zu sehen« Sie verdrehte die Augen. »Ja, mir würden auch zehn Dinge einfallen und glaub mir - keines davon beinhaltet Sex mit dir«, gab sie frech zurück. Sie hatte sich mitreißen lassen. Normalerweise war sie nicht der Typ für One Night Stands und wenn, dann schon gar nicht mit Leuten aus dem eigenem Haus. »Das ist schade«, sagte er, als er sich ebenfalls aufgerichtet hatte und ihr langes Haar auf eine Seite geschoben hatte, um ihren Hals zu küssen. »Ich hätte da nämlich noch ein paar Dinge, die dir den Tag versüßen würden«, murmelte er verführerisch und war anscheinend mehr als perplex darüber, dass sie sich einfach von ihm löste und ihn trotzig anlächelte. »Das kannst du mir ein andermal zeigen, ich gehe jetzt auf jeden Fall frühstücken«, erläuterte sie und zog sich ihre Schuhe auf dem Weg nach draußen an. Bevor sie durch die Tür schritt drehte Astoria sich noch mal um und sah ihn mit demselben Lächeln wie zuvor an. Draco verdrehte genervt die Augen. Sie war doch mehr Slytherin, als sie vielleicht annahm - kleines selbstgefälliges Biest... »Halt endlich deine dämliche Klappe«, sagte er gereizt und das Mädchen neben ihm sah ihn erschrocken an. Dabei musste sie es doch gewohnt sein. »Aber, Draco, ich - « Setzte sie an, doch er ignorierte sie einfach nur. »Nichts, aber Draco. Hör endlich auf mir auf die Nerven zu gehen, kapierst du nicht, dass mich dreiviertel deines Geredes nicht interessiert und ich das andere Viertel einfach überhöre?« Pansy sah ihn einen Moment verletzt an, ehe es schien, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. »Du brauchst jetzt auch gar nicht heulen«, sagte er ruhig. »Du solltest wissen, dass mich das nicht einmal ansatzweise kümmert.« »Sag mal liebst du mich denn kein bisschen?« Im ersten Moment war er von der Frage so überrumpelt, dass er wohl ziemlich dumm ausgesehen haben musste. »Habe ich das denn jemals gesagt, oder auch nur angedeutet?«, fragte er scharf und sie zuckte zusammen. »Nein, aber ich dachte, weil wir jetzt schon so lange zusammen sind«, murmelte sie entschuldigend und er verdrehte die Augen. »Tu mir einen Gefallen und überlass das Denken jemand anders. Wenn ich dich lieben würde, würde ich nicht mit anderen vögeln und auch nicht zulassen, dass du das tust«, sagte er aufklären und die Schwarzhaarige schluckte hart. »Wieso sind wir dann überhaupt zusammen?« Er zuckte mit den Schultern. »Natürlich weißt du das«, sagte sie, nun etwas lauter und langsam rannen ihr Tränen über die Wangen. »Wir sind nur zusammen, weil dein Vater das so will, nicht wahr?« Draco sah sie mit einem allessagendem Blick an, der sie verstummen ließ. »Schön«, sagte sie nachdem sie sich wieder gefangen hatte. »Schön, dann kann ich doch gehen.« Er sah wieder auf das Buch, welches vor ihm lag. »Du weißt ja, wo die Tür ist«, murmelte er und hörte wie seine Freundin - oder besser gesagt Ex-Freundin - ohne ein weiteres Wort das Zimmer verließ... Das war einfach gewesen. Einfach und nun war es angenehm. Hätte er das gewusst, hätte er Pansy schon länger klargemacht, dass da niemals irgendetwas mit Gefühlen laufen würde. Ein Glück, dass man sich in Slytherin nie lange an etwas gewöhnen musste, ehe man sich mit Feuerwhiskey denkunfähig trinken konnte. Bereits am Nachmittag wurden Kisten mit Alkohol in den Gemeinschaftsraum gebracht und der Raum wurde so umgezaubert, dass man genug Platz zum tanzen hatte. Oder besser gesagt - zum sinnlosen Rumstehen. Genervt und gelangweilt zugleich hielt er immer Ausschau nach Astoria, die seinen Blicken geschickt auszuweichen schien. Einmal hatte er sie kurz gesehen, wie sie mit Millicent Bulstrode umherlief, dann einmal, wie sie versuchte auf Blaise einzureden - bestimmt ging es um ihre Schwester - und dann einmal, wie sie Pansy einen Arm um die Schulter gelegt hatte. Dieses Bild verwirrte ihn zutiefst. »Ich denke wir müssen reden«, hörte er eine ruhige Stimme neben sich und bemerkte erst jetzt, dass die gewünschte Person direkt neben ihm saß. »Dass du mit Pansy schlussgemacht hast, das hat doch nichts mit gestern zu tun, oder?« Er sah sie mit gewohntem kühlem Blick an. »Keine Sorge, Schätzchen, das hast du nicht verschuldet«, sagte er und lehnte sich in der Couch zurück. Immerhin war sie nicht die erste gewesen, mit der er neben Pansy etwas gehabt hatte. Die Letzte, ja, aber das spielte nun auch keine Rolle mehr. »Nun vielleicht ist es dann wirklich besser, wenn du niemals etwas für sie empfunden hast«, sprach Astoria ruhig und Draco musterte sie eingehend. »Ich sagte doch schon, man wäre töricht mir zu vertrauen«, erklärte er und sah dann auf etwas hinter ihr und bevor sie antworten konnte hörte sie ihre Schwester betrunken kichern. »Ach komm schon, Blaise. Lass uns ein bisschen Spaß haben«, hörten man Daphne sagen und sofort war es im Raum still geworden. Alle Blicke waren auf ihre Schwester gerichtet, die gerade wie verrückt an dem Umhang ihres Freundes herumzog. »Daphne, reiß dich zusammen, du benimmst dich wie ein Flittchen«, sagte Astoria leise und ihre Schwester musterte sie abwertend. »Besser ein Flittchen, als eine prüde Streberin, die sowieso keinen abbekommt«, antwortete sie und schwankte ein wenig, sodass die Braunhaarige aufstand, und sie zu halten versuchte. »Fass mich nicht an«, sagte ihre Gegenüber und befreite sich von ihrer jüngeren Schwester. »Mom und Dad haben wirklich recht - du willst nur alles haben, was ich habe und deswegen machst du mich vor allen schlecht!«, sagte sie und stolzierte an ihr vorbei. Astoria sah Pansy und eine ihrer Freundinnen tuscheln, vernahm wie Blaise ihre Schwester auffing, als sie gerade dabei war die Tür zu öffnen und dann sah sie ihn. Plötzlich war da dieses seltsame Gefühl und alles was sie noch sah, war er. Ohne eines der Mädchen die vollkommen offensichtlich über sie sprachen, weiter zu beachten, ging sie an ihm vorbei nach draußen, wollte einfach nur Nachhause - zu einer Zeit, wo es noch kein Hogwarts gab und ihre Schwester auch noch wirklich ihre Schwester war. »Uns wird von klein auf eingetrichtert, wie wir zu sein haben. Häuser werden uns nicht zugeteilt - sie werden uns eingeprägt«, hörte sie eine Stimme neben sich und als sie die Augen öffnete, sah sie Draco, wie er neben ihr an der Wand lehnte und in die Ferne starrte. »Aber nichts davon definiert uns wirklich«, sprach er weiter und in seiner Stimme lag eine ungewohnte Ehrlichkeit. »Solche Worte ausgerechnete von dir - dem Vorbild jedes Slytherins«, sagte sie höhnend und richtete ihren Blick dann in den Sternenhimmel. »Wir sind nicht alle gleich - du kannst nicht sagen, dass du mich kennst, wenn du in Wahrheit nur einmal mit mir gesprochen hast.« »Du bist genau wie die anderen Slytherins. Eiskalt und berechnend. So, wie ich einst auch versucht habe zu seinen und ähnlich, wie meine Eltern mich gerne hätten«, sagte Astoria und bemerkte, wie der junge Mann sie ansah. »Du bist gut so, wie du bist.«, sagte er und sie sah ihn zuerst überrascht, dann zweifelnd an. »Du gehst mir langsam echt auf die Nerven, Malfoy« Er lächelte knapp. »Ich mag dich auch recht gerne, danke«, höhnte er und sie lehnte sich auf der Bank zurück. Eine Weile - oder eher einen Moment, der ihr vorkam, wie eine Weile - schwiegen sie beide, ehe er erneut das Wort ergriff. »Ich meine das ernst. Du bist ehrlich, schlagfertig und gleichzeitig auf eine seltsame Weise auch nett. Man findet keine Slytherin wie dich, das macht dich irgendwie interessant«, sagte er und sie lachte kurz erheitert auf. »Sicher doch und du bist ein wahnsinnig umgänglicher Typ«, sagte sie ironisch und Dracos Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. »Du scheinst mit mir klarzukommen«, behauptete er und sie nickte nach kurzem Zögern, hatte den Blick noch immer auf ihn geheftet. Seine Augen waren kalt wie immer und auch sein Tonfall entsprach nicht seinen ungewohnt freundlichen Worten. »Na ja und vielleicht«, murmelte er, als er sich von der Wand abstieß. »Vielleicht ist das alles, was mich interessiert.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)