Lost Souls von Selma ================================================================================ Kapitel 33: Wunden lecken ------------------------- Eine sanfte Brise strich über die Wiese hinfort, ließ die Grashalme sich im Wind bewegen. Kira hatte die Augen geschlossen und atmete die klare Luft langsam ein und wieder aus, während sie vollkommen entspannt an der Flanke von Alpha ruhte. Erst, als der Drache sein Gewicht verlagerte, hob sie ein Augenlid. „Was ist los? Du bist irgendwie so rastlos heute.“ „Das hat seinen Grund,“ erwiderte Alpha leise grollend, während er seinen Kopf anhob und ihn so schwenkte das er nicht mehr in die Ferne blickte, sondern nun genau auf Kira. „Warum denn? Der Kampf ist vorbei.Wir haben gewonnen.“ „Ja, der Kampf ist vorbei,“ bestätigte er Kiras Worte, „aber wir haben nicht gewonnen.“ Langsam stemmte sich die Schützin hoch. „Was redest du da?“ Sie war verwirrt und zudem schien dieses Gefühl des Verlustes immer größer zu werden, auch wenn sie nicht wusste, worauf dieses fußte. Sie hatte keine Verwandten mehr, niemanden, der sie vermissen konnte, außer vielleicht Selena und Zeta, aber diese lebten doch noch. „Spürst du es nicht?“ hakte Alpha nach. „Was soll ich spüren?“ kam die Gegenfrage von Kira. Nun kam das Gesicht des Drachens näher. „Doch, du spürst es. Verleugne es nicht. Den Schmerz des Verlustes.“ Plötzlich schien der Wind aufzufrischen und der Himmel bekam eine rötliche Färbung. Völlig verdattert sah Kira Alpha an. „Was soll das? Was meinst du damit und warum fühle ich tatsächlich so?“ Sie war fassungslos. „Weil dieser Ort nicht der ist, der er vorgibt zu sein,“ erwiderte der Drache und drückte seinen Kopf kurz gegen den von Kira. „Dieser Ort wurde von mir nur zu einem Grund erschaffen, nämlich um dir zu helfen.“ „Wobei?“ „Meinen Tod zu verkraften und einen Weg in das Leben zu finden und mir nicht dorthin zu folgen, wo ich mich jetzt befinde, denn ich möchte, dass du lebst, das ist mein größter und letzter Wunsch an dich.“ Schlagartig war es finster geworden und die satten Farben des Grases waren nun ein Einheitsgrau, das vom Sturm gepeitscht wurde. Alpha hatte seinen Körper um den von Kira drapiert, so das sie vor dem Wind geschützt war. Der Mund der Schützin stand offen, als sie mit ihren Gefühlen rang. „Aber... aber, das kann nicht sein... das darf nicht sein. Du bist ich... ich bin du... wir sind...“ Ihre Stimme versagte. Doch Alpha schüttelte den Kopf. „Wir waren schon immer zwei Individuen, auch wenn unsere Bindung so eng ist, das man uns auch durchaus als eines behandelt hat. Umso wichtiger ist, das du verstehst. Wir sind zwei, das heißt, wenn einer stirbt kann der andere weiterleben.“ Doch tief in ihrem Inneren wusste Kira das er, wenn sie gestorben wäre, ihr ohne zu zögern folgen würde. Mit zitternden Fingern griff sie nach seiner Schnauze und begann einzelne Schuppen nachzufahren. „Das... ist unmöglich... Das ...“ „Das, was du hier siehst ist nur eine Traumwelt. Selena hat mir geholfen sie zu erschaffen und zu gestalten damit du Leben kannst.“ Er sah sie schon fast liebevoll an. „Ich weiß dass du dich nicht mehr an unser erstes Zusammentreffen erinnerst, aber du hast mir damals das Leben gerettet und deshalb stehe ich in deiner Schuld. Nur deshalb habe ich überhaupt zugelassen, das sie aus mir eine Marionette machen konnten. Ansonsten hätten sie mich da schon getötet und uns wäre die Möglichkeit genommen worden solch eine schöne Zeit miteinander zu verbringen.“ Doch Kira wirkte alles andere wie Glücklich. Je mehr sich die Erkenntnis und das Gefühl der Leere und des Verlustes ausbreitete umso mehr verschloss sie sich. Auch das Abbild von Alpha schien das zu bemerken, denn er legte seinen Flügel um sie. Der Drache hatte seine gesamten Erinnerungen in dieses Projekt integrieren lassen um Kira hoffentlich helfen zu können. „Auch wenn ich jetzt nicht mehr körperlich bei dir sein kann, bin ich immer noch hier drin.“ Er deutete mit seiner Kralle auf ihr Herz und ihren Kopf. Tränen rollten über Kiras Wangen und sie kauerte sich noch mehr zusammen. Es würde ein langer Weg werden, ein sehr lange. Und der Ausgang war noch vollkommen ungewiss. Seufzend blickte Selena von den Schaltungen auf, die durch Kiras künstlichen Fuß liefen. Die 'Gehhilfe' lag abgetrennt vom restlichen Körper auf einem Seitentisch und war fast vollkommen von der Ummantelung befreit. Seit gut einer Woche war die Gryl nun schon dabei die einzelnen Teile des beschädigten Fußes auseinanderzunehmen, zu ersetzen, wo es möglich war, und Überbrückungen zu schaffen, wo es eine schiere Unmöglichkeit darstellte Ersatz zu finden. Diese verfluchten Militärs mussten ja auch immer so ein Geheimnis um ihre Technik machen und irgendwie gab es hier Dinge, die sogar die Lost Soul nicht bereitstellen konnte. Kira befand sich immer noch auf der Krankenstation, lag auf einer der Betten, gehalten durch ein Kraftfeld, und schien zu schlafen. Das Gesicht wirkte entspannt, doch die Daten die die medizinischen Sensoren sammelten, sprachen eine ganz andere Sprache. Die Maschinen konnten das Fleisch am Leben erhalten aber mit dem Geist sah es da ganz anders aus. Wenn sie keinen Zugang zu Kira finden konnten würde sie früher oder später sprichwörtlich vor Kummer dahinsiechen und wohl auch sterben. Die Behandlung die sie und Alpha sich ausgedacht hatten schien nicht anschlagen zu wollen. Die Gryl stand auf und streckte sich. Ihre Knochen schmerzten immer noch und das, obwohl sie Heilungsgeneratoren einsetzte, die an den Bruchstellen ihrer Flügel klebten und kein schönes Bild abgaben. Mit Fliegen war bei ihr wohl noch eine ganze Weile Essig. Das letzte Mal, als sie sich einen Flügel gebrochen hatte, war sie noch ein Junges gewesen und musste sich ganze drei Wochen damit abfinden diesen stillhalten zu müssen. Gerade in der Übergangsphase zum Erwachsenwerden war das keine leichte Aufgabe. Die Tür der Krankenstation glitt in diesem Moment zur Seite, und ein Zeta mit ziemlich vielen Verbänden kam herein. Eigentlich hatte er fast überall welche, außer vielleicht um das Gesicht - Stabilisator-Verbände, damit seine Nanobots überhaupt eine Chance hatten, den ganzen Schaden zu beheben. Dem Cyborg tat immer noch fast jeder Teil des Körpers weh... aber immerhin konnte er Schmerzen fühlen, das war schon mal ein Fortschritt verglichen mit dem, was er war, als er Kira traf. "Wie geht es unserer Patientin?" fragte der Captain und verzog das Gesicht, als er den Oberkörper zu weit drehte. Zu weit war in diesem Fall: Drei Millimeter. Selena schüttelte den Kopf. „Auch wenn Alpha damals meinte wir würden das Richtige tun, nachdem sie mit seinem nahen Tod konfrontiert worden war, wir sind irgendwie auf dem Holzweg. Sie reagiert überhaupt nicht auf die Behandlung und ich kann ihr die LuSe nicht länger im Mund lassen ohne, das eine Abhängigkeit eintreten wird, obwohl...“ Sie schwieg und sah betroffen zu Boden. „Ich fürchte, wenn sie überhaupt wieder wach wird, wird sie nie mehr die sein, die sie gewesen ist. Denn ein Teil von ihr ist mit Alpha gestorben und so etwas kann man nicht ersetzen.“ Mit undefinierbarem Blick sah Zeta zu den Daten auf der Anzeigetafel und lauschte den Worten von Selena. Alpha war das wichtigste Wesen in Kiras Leben gewesen... der Blick ging weiter zu der Glaskapsel, die luftdicht neben dem Krankenbett stand. Der seltsame Stein, das letzte Überbleibsel des Höllenplaneten. Nachdem sich der Captain mit der Lost Soul verbunden und mehr Informationen abgerufen hatte, hatte er etwas seltsames entdeckt. Allem Anschein nach entstand in jeder sterbenden Galaxie ein solcher Planet, aus den negativen Energien, die sich ansammelten. Vielleicht war es gut gewesen, 'nur' ein Geisterschiff zu finden.... aber das änderte nichts daran, dass einer von ihnen jetzt tot war. „Warum behältst du eigentlich das Ding?“ Selena war dem Blick gefolgt. Sie hatten den Stein auf Kiras Bett gefunden. Selena mochte das Teil überhaupt nicht sehen. „An das unidentifizierte Schiff,“ ertönte es plötzlich aus einem Lautsprecher. Jemand nahm von außen Kontakt auf. „Das ist das Air-Force Verfolgerschiff 'Hope'. Gehen sie sofort unter Lichtgeschwindigkeit und bereiten Sie sich auf eine Inspektion vor. Die Antwort musste wohl warten, als Zeta fast seitlich umfiel. Na super... ein Verfolgerschiff, und die Schützin war ausgeschaltet. "Selena, wie viel Zeit brauchst du, um den Reaktor für einen Hyperraum-Sprung aufzuladen?" fragte der Captain sofort und drehte sich auf der Stelle um, um Richtung Cockpit zu marschieren. Sobald dieses Air-Force Schiff merkte, mit wem sie da Funkkontakt hatten... Die Technikerin schnaubte. „Die Sicherungen sind noch nicht ganz wiederhergestellt. Wo zur Hölle kommen die eigentlich her?“ Nachdem sie so lange ohne Pause geflogen waren, hatten sich zwei Aggregate zu sehr aufgeheizt und mussten noch abkühlen. Die Lost Soul war halt doch schon etwas älter. "Gute Frage. Wir schweben irgendwo im nirgendwo rum, in einem System das nur aus zwei Gasgiganten und einem blauen Riesen besteht... und uns findet ein Schiff. Großartig..." Zeta schwang sich in seinen Sitz. Der Verfolger war fast doppelt so groß, und er konnte nicht gleichzeitig fliegen und feuern, dazu reichten auch seine Optimierungen nicht. Und Selena... die war nunmal keine Kämpferin. "Hier spricht der Captain des Frachters True Light. Wir haben Probleme mit unserer Luftschleuse, ein Andocken ihres Schiffes dürfte sich als schwierig erweisen." sendete er aalglatt an das feindliche Schiff und veränderte mit ein paar Tastendrucks die Aufschrift auf dem Schiff, denn sobald Licht darauf fiel, wäre das leicht sichtbar. „Das ist kein Problem, öffnen sie einfach die Hinterluke ihres Frachtraumes. Colonel Tom wird zwecks einer Vorinspektion dann dort landen.“ Selena hob eine Augenbraue. Sie war Zeta gefolgt. „Was wird das denn jetzt?“ "Wir sind zu weit von Objekten entfernt, um uns auf eine Verfolgungsjagd einzulassen. Lost Soul, verkleinere die Krankenstation auf das Minimum, entferne die Tür." Der Cyborg legte die Hand auf das Abzeichen an seiner Uniform und veränderte es mit einem Manaschub. "Verstanden, Hope. Frachtluke wird geöffnet. Vorsicht, die blauen Kisten enthalten Antimaterie. Ein Leck, und unsere Schiffe sind Staub.“ „Verstanden,“ kam es aus dem Lautsprecher, dann herrschte Stille. Selena schnaubte und zog ihre Jacke aus um dann zu Kira in die Krankenstation zurückzukehren. Das war nicht unbedingt die Antwort gewesen, die sie gerne gehabt hätte, doch sie musste Kira noch die LuSe aus dem Mund fischen und sie wieder in den Schlaf zurückschicken. Ein Zustand den man nicht ewig beibehalten konnte. Ein etwas größerer, schwarzer Drache, löste sich aus dem anderen Schiff und schwebte majestätisch zu der Lost Soul hinüber. Kaum war das schwarze Ungeheuer gelandet, schloss sich die Ladeluke wieder, und langsam füllte sich der Raum mit Atmosphäre. "Selena, versuche, Kira irgendwie in die Eingeweide des Schiffes zu kriegen. Dort kann niemand rein." flüsterte der Captain in seinen Com und öffnete dann die Tür zum Frachtraum. Er durfte sich seine Verletzungen so gut es ging nicht anmerken lassen - die Verbände waren unter der Uniform kaum erkennbar. Der Reiter wartete bis ein Druckausgleich geschaffen worden war, bevor er sich elegant aus dem Sattel schwang und mit federndem Schritt auf dem Boden aufkam. Langsam verlosch das Feld, das ihn vor dem Vakuum des Alls geschützt hatte und er nahm seinen Helm ab, um ihn – zusammengefaltet – in seine Uniform zu stecken. Ein langer,schwarzer Zopf fiel herab und blieb auf halber Höhe am Rücken hängen. Dann musterte der Neuankömmling Zeta aus dunkelgrünen Augen von oben bis unten. „Colonel Tom, Lindwurmeinheit der Air-Force. Gehe ich recht in der Annahme, das ich mit dem Captain dieses Schiffes spreche?“ Sein Blick war forschend und der Drache hinter ihm ließ seinen Kopf pendeln, so als wolle er sich umsehen oder suchte etwas. Selena hatte sich bisher nicht gemeldet. Sie verharrte auf der geschmälerten Krankenstation und sah etwas giftig in die Richtung, wo sie Zeta vermutete. „Bring sie in das Innere des Schiffe...“ äffte sie ihn nach. „Wie hat der sich das vorgestellt?“ Sie hatte alle Anti-Grav-Einheiten im Moment in ihrem Bastelzimmer und das war nicht gerade um die Ecke. Doch zuerst musste sich Kiras Zustand stabil bleiben. Wenn sie sie fortbrachte verfügte sie unter Umständen nicht um die nötigen Mittel um Kira am Leben halten zu können. Das hieß wohl also noch mehr Schlaf fördernde Maßnahmen . Die Gryl seufzte und suchte nach den geeigneten Mitteln, bevor sie nach einem Transportgerät Ausschau hielt. "Das ist richtig. Kirahe ist mein Name." Der Cyborg streckte seinem Gegenüber die Hand hin - immerhin war er an Bord dieses Schiffes der Ranghöhere, und die Höflichkeit stellte ihn in Formalitäten über den Drachenreiter. "Auch wenn ich nicht der Captain von sonderlich viel bin, wie Sie sehen können. Ich und meine Mechanikerin sind die einzigen Besatzungsmitglieder, und sie ist im Augenblick im Inneren des Schiffes. Reparaturen an den Energieleitungen. Wie Sie sicher verstehen, kann sie noch nicht sofort zu uns stoßen - ein Leck darin und unser beider Schiffe gehen in einer Nova auf." erklärte 'Kirahe' mit leichtem Lächeln. *Lost Soul, mach dich bereit den Drachenreiter zu neutralisieren, sollte es dazu kommen. Die Riesenechse nehme ich mir vor.* Der Drachenreiter nickte und sah dann trotzdem kurz nachdenklich drein. „Ist ihr Schiff in letzter Zeit schon einmal von uns kontrolliert worden?“ Er rief eine Tabelle auf, die sich wie ein Hologramm über seinem Arm aufbaute. Unbemerkt schaltete sich in Zetas Blickfeld eines seiner Beobachtungsfelder ein, und er las die Daten aus dem Hologramm einfach mal mit aus. "Nicht das ich wüsste. Warten Sie bitte einen Augenblick." Der Captain drückte einige Tasten an einem Bedienfeld, und eine Holoscheibe fuhr sich aus, die er dem Kontrolleur gab. "Eine Liste unserer geladenen Waren. Die als gefährlich gekennzeichneten Gegenstände bitte nicht öffnen." Wieder folgte ein Nicken von der Seite des Drachenreiters, während er in seine Uniform griff, und etwas herausnahm, das er seinem Gegenüber hinhielt. Der Gegenstand war in undurchsichtiger Schutzfolie eingeschlagen. „Ich denke, während ich meine Inspektion durchführe, werden sie Verwendung dafür haben.“ 'Kirahe' erwartete eine Schutzmaske, erfühlte aber - dank seinem gesteigerten Tastsinn - eine hochmoderne Injektionsspritze. Nur ganz kurz zuckte die rechte Augenbraue nach oben, dann steckte er das Ding ein. Hier war etwas faul... aber wenn die Air-Force wusste, wer hier durch den Raum schwebte, warum eröffneten sie nicht das Feuer? "Verstanden, Colonel. Ich muss mich entschuldigen - meine Mechanikerin ist schon zu lange weg. Ich muss nachprüfen, was los ist." Der Pirat drehte sich um und verließ langsam den Frachtraum, jederzeit eine Kugel oder Feuergarbe erwartend - und sein Mana umgab ihn, für Nichtmagier unsichtbar. „Suchen sie sie und melden sie sich dann bitte wieder bei mir um Bericht zu erstatten, wie es um die Reparatur steht.“ Der Drachenreiter schritt zu seinem Begleiter zurück und ließ sich an dessen Flanke niedersinken um dann die Daten in Augenschein zu nehmen, die er eben bekommen hatte. Der Captain gab kein Zeichen, ob er verstanden hatte, sondern verließ den Frachtraum und die Tür verschloss sich hinter ihm. Luftdicht, falls sie 'Fracht' abwerfen mussten. Ohne Schutzfeld der sofortige Tod für den Reiter, und so schnell konnte niemand reagieren. Neben dem jetzt recht schmalen Metallkasten, der einmal die Krankenstation gewesen war, stoppte er auch schon wieder, öffnete das verborgene Fenster und reichte die seltsame Spritze hinein. "Der Reiter weiß, dass Kira hier ist. Lass den Scanner drüberlaufen, und wenn es ungefährlich ist... schlimmer machen kann es zumindest nichts..." Zeta sah sehr besorgt aus, auch wegen Selena. Immerhin war sie immer noch verletzt. "Ist es auch nicht zu eng dort drinnen? Mit deinen Flügeln?" „Muss gehen.“ Nachdenklich sah Selena auf die Spritze. „Warum tut der das? Was weiß sonst noch?“ Sie nahm die Spritze an sich und gab sie in ein kleines Gerät das mit einem gelben Strahl den Inhalt sondierte. "Er ist... undurchsichtig. Redet nach Protokoll, handelt aber nicht danach. Typisch... immerhin unterliegt er der Gehirnwäsche wohl noch teilweise. Aber nicht komplett, sonst wären wir Staub..." Zeta strich sich nachdenklich über das Gesicht. "Außerdem will er ein Update zum Stand der Reparatur... was das bedeutet, dürfte klar sein. Aber wieso? Die Air-Force will uns töten. Das alles macht keinen Sinn." Selena kratzte sich am Kopf, als sie die Ergebnisse der Analyse sah. „Eine Art Anti-Depressiva mit interessantem Wirkstoffgehalten.“ Nachdenklich sah Selena die Spritze an. „Jedenfalls ist nichts darin, was sie umbringen würde.“ Die Gryl trat an Kiras Bett und presste die Spitze an die Halsschlagader der Anderen. „Ich verstehe das genauso wenig wie du.“ Kurz nachdem sie das Mittel verabreicht hatte, flatterten Kiras Augenlider und sie sah sich benommen um. „Was? Wieso ist sie jetzt auf einmal wach?“ rief Selena entsetzt aus. Schhh, sonst hört unser Gast uns noch. Ich gehe besser zurück... sobald sich draußen etwas bewegt, das keine Mana-Aura hat, schlag zu. Auf das wir hier lebend rauskommen." Zeta nickte der Mechanikerin zu und kehrte eilends in den Frachtraum zurück - allerdings nicht, ohne davor noch einmal gut durchzuatmen. "Die Reparaturen verlaufen - den Umständen entsprechend - gut. Wie weit ist ihre Durchsuchung?" fragte 'Kirahe' seinen ungebetenen Gast. „Ich denke, sie verläuft innerhalb der nötigen Parametern.“ Er gab die Disc zurück. „Sie sollten jedoch aufpassen, dass einige Bereiche nicht einen gefährlichen Status erreichen. Einige sehr instabile Komponenten haben Sie da geladen.“ Er griff nach der Reiterkappe und streifte sie sich über. „Seien sie gewiss, das wir das im Auge behalten und durchaus bei Gelegenheit erneut überprüfen werden.“ Tom schwang sich auf den Rücken seines Drachens. „Sie sollten nun den Raum verlassen, damit ich zu meinem Schiff zurückkehren kann, es sei denn, sie legen noch länger Wert auf meine Gesellschaft.“ "Ich verzichte dankend." erwiderte der Captain spitz, und verließ den Raum. Kurz darauf entwich zuerst die Atmosphäre, dann öffnete sich die Ladeluke des Schiffes und ermöglichte dem Drachenreiter die Abreise. Kaum war er aus dem inneren des Schiffes verschwunden, nahm die Krankenstation auf Befehl von Zeta hin wieder die normale Größe an, und er stürmte hinein. Selena sah den Hereinstürmenden entgeistert an. „Hey.. langsam,“ knurrte sie. Noch immer war die Gryl dabei diverse Untersuchungen an Kira durchzuführen, die nun auf der Liege saß, aber etwas benebelt in die Ferne starrte. "Hey, wir leben noch. Lass mich auch mal froh sein. Wir sind kein Weltraumstaub geworden." seufzend kam Zeta langsam näher - er verstand eindeutig zu wenig von dieser Technik, um von sonderlich großer Hilfe zu sein. Allerdings war Kira endlich wach - ein großer Fortschritt. Die Alternative wäre... bitter gewesen. Denn dann wäre seine Lüge noch die Wirklichkeit geworden... Plötzlich erschien über der Spritze ein kleines Hologramm. Es war das Abbild des Drachenreiters, welcher eben noch leibhaftig im Schiff gewesen war. „Kira, ich hoffe, du kannst mich hören. Ich hoffe, das dir dieses Mittel helfen wird. Ich liebe dich immer noch. Bitte komm zu uns zurück. Lass uns wieder gemeinsam fliegen.“ Erleichtert, aber auch entsetzt, als sich das Hologramm aufbaute, sah Selena erst Zeta, dann die Spritze an. Zetas Blick ging fast gleichzeitig den gleichen Weg, nur eben mit Endstation Selena. Kurze Stille, dann erhob er das Wort. "Okay, was zuerst? Schreckensschrei, erleichterter Seufzer oder erschrockenes Luft einziehen? Alles passt grade ziemlich gut." Die Stimme war leicht trocken. Selena schnaubte. „Woher soll ich das wissen,“ grollte sie und trat auf die Spritze zu um sie zu umfassen, dass das Hologramm verlosch. „Ich hoffe, sie hat das nicht gesehen.“ Doch Kiras Blick haftete an Selena. Man konnte aber nicht genau sagen, ob sie das, was sie gesehen hatte, auch verarbeiten konnte. "Jetzt wissen wir zumindest, wieso die Gehirnwäsche bei diesem Reiter nur noch zur Hälfte gewirkt hat. Dumm nur, dass die Air-Force Kira nie im Leben zurücknehmen würde, selbst wenn sie wollte. Der Junge tut mir ja fast schon leid. Fast." Der Weltraumpirat seufzte erneut und wedelte kurz mit der rechten vor Kiras Gesicht herum. "Kira, kannst du uns hören?" Träge folgte die Angesprochene der Bewegung der Hand des Anderen. Sie schloss kurz die Augen und atmete lauter aus. „A...lp...ha,“ hauchte sie leise und mit kratziger Stimme. Als sie versuchte das 'Bett' zu verlassen wurde sie jedoch von Kraftfeldern daran gehindert und schon nach wenigen Versuchen stellte sie ihr Vorhaben wieder ein. „Hör auf,“ meinte Selena, mit einem leichten Flehen in ihrer Stimme. „Du bist nicht in der Lage dazu. Bitte. Du musst dich erholen, mit deiner Trauer fertig werden. Wir möchten das du lebst.“ Zeta nickte auf die Worte hin und sprach langsam, damit die benebelte Kira ihn überhaupt verstehen konnte. "Du sollst leben, Kira. Das ist sein Wunsch, und das wird er für immer bleiben. Also lebe. Lebe, und sei so stark, wie du es schon immer warst." Der Captain wartete erst einmal ab, wie die Benommene auf die Worte reagieren würde. Es verging fast eine ganze Minute, dann zeigte sich eine Träne in einem Augenwinkel, der rasch eine zweite folgte und dann liefen sie ungebremst. „Alleine... ich bin... so alleine...“ Sie blickte zu Zeta. „Bitte bringt mich zur Air-Force zurück.“ Sie zog das verbliebene Knie an die Brust und umfasste ihre Schultern mit ihren Armen, so als wäre ihr Kalt oder als versuche sie sich selbst zu halten. "Die Air-Force würde dich töten, Kira. Mana verhindert Gehirnwäschen - du wärst wertlos für sie. Und Tom... Toms Geist ist zur Hälfte der einer kalten Kriegsmaschine. Er kann dir auch nicht helfen. Und du bist nicht allein." Zeta deutete auf Selena und sich - und auf das Schiff um sie - mit einer Bewegung seines Armes. "Wir sind die Lost Souls. Verlorene Seelen, die zusammen halten." Ein wenig schienen die Worte tatsächlich auf fruchtbaren Boden zu fallen, doch dann rollte Kira sich zur Seite und erhaschte dabei mehr zufällig einen Blick auf den Stein. Sie streckte ihre Hand danach aus, erreichte die Abschirmung aber nicht. Zeta blickte ebenfalls zu dem Stein und wünschte sich im selben Augenblick, sie hätten dieses Ding doch durch die Luftschleuse ins All geschossen. "Willst du den selben Alptraum noch einmal auslösen, Kira? Damit ein weiteres Crewmitglied stirbt?" Zetas Stimme hatte an Schärfe gewonnen. Niemand würde dieses Ding mit bloßen Händen berühren. „Es … wird niemand... mehr sterben,“ meinte Kira und streckte sich weiterhin. Sie wollte das Ding, jetzt und sofort. Sie hatte es Alpha übergeben und er hatte es als letzter gehalten, zumindest glaubte sie das. „Sag mal spinnst du, verdammt hör auf damit.“ Selenas Augen waren schreckgeweitet und sie hatte bereits eine ihrer Kugeln in der Hand, aber wenn sie diese einsetzte würde die gerade erwachte bestimmt sofort wieder apathisch werden und das war doch nicht das Ziel. "Doch, das werden wir, sobald du den Stein berührst! Kira, als dein Captain befehle ich dir, lass die Finger von dem Stein - oder die Lost Soul bläst ihn nach draußen ins All!" Der Cyborg stellte sich nun genau in den Weg, zwischen den Stein und Kira, sein Blick war hart. Dieses Ding war gefährlicher als alles andere in den bekannten Galaxien. Sofort erschlaffte Kira und rollte sich zusammen um weiter zu weinen. Selena sah mit gemischten Gefühlen auf die, von Heulkrämpfen geplagte, Kira. Auch in ihren Augen sammelten sich Tränen und sie wandte sich um und rannte schon fast aus der Krankenstation hinaus. Das Ganze ging ihr so verflixt nahe. "S...Selena! Warte!" Zeta stolperte einen Schritt vorwärts, dann drehte er sich halb um und fixierte den verfluchten Stein. "Das ist alles deine Schuld. Und wärst du lebendig, hätte ich dich schon dreimal getötet." zischte der Cyborg wütend. "Lost Soul, Siegel um den Stein verstärken. Nicht einmal das kleinste bisschen Strahlung soll da noch dran kommen." Das Glas um den Stein verdunkelte sich, als es auch die Lichtstrahlen abzuhalten begann. Dann folgte Zeta der Mechanikerin aus dem Krankenflügel, und ging in Richtung der Werkstatt der Gryl. Dort war sie am wahrscheinlichen anzutreffen. Die kleine Lost Soul hatte wirklich viele Ecken. Die Technikerin lag auf dem schmalen Klappbett, das sie normalerweise unter der Werkbank versteckte und weinte ebenfalls Rotz und Wasser. Als sie Schritte hörte, hob sie den Kopf und flüchtete sich im nächsten Moment in Zetas Arme, wo sie weiter weinte. Eine kleine Ausbeulung in ihrem Mund zeigte, dass sie bereits versuchte den Schmerz auf ihre Art zu lindern, doch so recht schien es nicht zu fruchten. Sofort schloss der Cyborg die kleine Gryl in die Arme und strich ihr tröstend über den Kopf, bis er die kleine Beule entdeckte. Leicht seufzte er mal wieder. "Habe ich dir nicht gesagt, dass diese Dinger keine Lösung sind?" murmelte Zeta leicht tadelnd und fischte mit der linken Hand die LuSe heraus, bevor er sie über die Schulter hinweg fortwarf und Selena in die Augen sah. "Wir stehen das alles durch, irgendwie. Zusammen." Selena kuschelte sich einfach in Zetas Arme und schloss die Augen. Sie atmete seinen Duft und langsam versiegten die Tränen. Sie umklammerte ihn und machte keinerlei Anstalten ihn wieder loszulassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)