Office Mein von elfogadunk (Im Büro) ================================================================================ Kapitel 13: Die Folgen des Hotelzimmervorfalls ---------------------------------------------- Das unbarmherzige Schrillen ihres Weckers riss Anjali am nächsten Morgen aus ihrem tiefen und traumlosen Schlaf. Erschrocken schnellte sie nach oben, musste sich aber sofort wieder hinlegen, da ihr plötzlich schwindelig wurde und es in ihrem Kopf hämmerte, als ob jemand mit einem Schlagbohrer versuchte, ihre Schädeldecke zu öffnen. Erst als die tanzenden Sternchen vor ihren Augen wieder verschwunden waren, wagte sie einen erneuten Versuch sich aufzurichten. Leise fluchend stand sie auf und ging als erstes unter die Dusche. Das heiße Wasser milderte ihre Kopfschmerzen etwas und ließ sie sich gleich ein wenig besser fühlen. Erst beim Frühstück wagte sie sich, darüber nachzudenken, was am vergangenen Abend geschehen war. Sie wusste nur noch, dass sie eine halbe Ewigkeit mit Rahul in diesem Hotelzimmer verbracht hatte. Doch sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was genau sie dort gemacht hatten geschweige denn wie sie anschließend nach Hause gekommen war. Ein unangenehmes Gefühl beschlich sie. Sie hatte doch nicht etwa mit Rahul...? Sie wollte diesen Gedanken nicht einmal zu Ende bringen. Egal wie betrunken sie gewesen war, sie hätte sich niemals mit Rahul eingelassen... Das hoffte sie zumindest inständig. Denn egal wie sehr sie sich bemühte, der gestrige Abend wollte einfach nicht zurück in ihr Gedächtnis finden. Auf dem Weg zur Arbeit versuchte sie sich selbst zu beruhigen, indem sie sich einredete, dass sie – wenn wirklich etwas Körperliches geschehen wäre – dies ganz sicher nicht vergessen hätte. So etwas vergisst man schließlich normalerweise nicht so einfach. Diese Überlegung ließ sie denn auch tatsächlich etwas ruhiger werden und als sie am Hotel ankam, fühlte sie sich auch beinahe wieder voll arbeitsfähig. Die Kopfschmerztabletten, die sie vor dem Gehen noch genommen hatte, begannen langsam zu wirken und sie war zuversichtlich, dass sie am Nachmittag, wenn Harish sie abholen wollte, wieder vollkommen fit sein würde. Nachdem sie ihre Sachen auf ihrem Schreibtisch abgestellt hatte, schaute sie kurz in Rahuls Büro, um ihn zu begrüßen. Etwas verwundert schaute er sie an, als sie ihm einen guten Morgen wünschte. „... Alles in Ordnung...?“, erkundigte sich Anjali und das unangenehme Gefühl von heute Morgen schlich sich zurück in ihre Magengegend. „Das sollte ich dich fragen...“, erwiderte Rahul, während er von seinem Stuhl aufstand, um seinen Schreibtisch herumging und auf sie zukam. „Hast du mir etwa wirklich so schnell verziehen?“ „... Was... Was meinen Sie damit?“, fragte sie misstrauisch nach und wich einen Schritt zurück. Ihr Magen begann langsam sich zusammenzuziehen. „... Du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass du alles vergessen hast...?“, antwortete Rahul mit einer Gegenfrage und legte seinen Kopf leicht schief. „Ähm... Nun ja... Es kommt darauf an...“, brachte Anjali heraus und spürte, wie ihr Herz begann schneller zu schlagen. „Aha... Und worauf?“, wollte er wissen und verschränkte die Arme vor der Brust, während er einen weiteren Schritt auf sie zu machte. „Naja... Darauf, was passiert ist... und darauf, woran ich mich davon noch erinnern kann...“ Eine böse Vorahnung schnürte ihr Stück für Stück die Kehle zu. „Soll ich deinem Gedächtnis vielleicht ein wenig auf die Sprünge helfen?“ Anjali hatte nicht einmal Zeit, um zu einer Antwort anzusetzen, als sie schon Rahuls Lippen auf ihren spürte. Sie war so überrascht, dass sie im ersten Moment nicht wusste, wie sie reagieren sollte. Und im nächsten Moment kam denn auch schon die Erinnerung an den vergangenen Abend zurück. Entsetzt legte sie Rahul ihre Hände auf die Schultern und schubste ihn von sich. „Haben Sie noch alle Tassen im Schrank?!“, fuhr sie ihn an. „Hat das eine Mal Ihnen nicht gereicht?!“ „Siehst du, deine Erinnerung ist wieder da.“, entgegnete Rahul amüsiert und fuhr sich mit dem Daumen über die Unterlippe. „Sie sind doch wahnsinnig!“, meckerte Anjali, machte auf dem Absatz kehrt und warf die Tür hinter sich zu. Kaum hatte sie sich vor Wut schnaubend in ihren Schreibtischstuhl fallen lassen, wurde auch schon die Tür, die sie erst vor wenigen Augenblicken hinter sich zugeworfen hatte, wieder aufgerissen. „Anjali, ich bitte dich. Aus welchem Grund bist du denn nun bitte wieder sauer?!“, wollte Rahul wissen und ging auf Anjali zu. Diese schaute ihn daraufhin nur entgeistert an. „Was ist los? Wir wussten doch wohl beide, dass das früher oder später passieren würde.“, behauptete er. „Oh nein! Das wussten wir nicht!“, brauste Anjali auf und erhob sich ruckartig aus ihrem Stuhl. „Sie haben mich geküsst. Zweimal. Ohne meine Erlaubnis. Hat es Ihnen nicht gereicht, dass ich Ihnen gestern dafür eine Ohrfeige verpasst habe?!“ „Hm... Ich nahm an, dass du einfach bloß überrascht gewesen bist...“, entgegnete er gelassen. „Ich meine, du kannst doch nicht abstreiten, dass du es geradezu herausgefordert hast.“ Anjali schaute ihn verständnislos an und stemmte ihre Hände in die Hüften. „Ich habe überhaupt nichts herausgefordert. Wie hätte ich denn ahnen sollen, dass Sie gleich über mich herfallen, wenn ich ein wenig herumalbere...?“ Schon während des Sprechens merkte sie, dass sie Unsinn erzählte. Natürlich hätte sie es ahnen müssen, dass er jede sich bietende Gelegenheit nutzen würde, um sie zu überfallen. Rahul konnte an ihrem Gesicht ablesen, was sie dachte. „Anjali...“ meinte er nur schmunzelnd und in einem beinahe väterlich anmutenden Ton. „Aber wie auch immer. Wenn du dich dann wieder beruhigt hast, können wir ja an unserem Projekt weiterarbeiten. Aber erledige die Post vorher bitte noch.“, wechselte er abrupt das Thema und ging anschließend zurück in sein Büro. Zurück ließ er die wieder einmal völlig fassungslose Anjali. Sie konnte diesen Mann kaum fassen. Er ließ sich wirklich durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen – und dass er stets dachte, er sei im Recht, machte es auch nicht besser. Noch nie hatte sie so einen Menschen getroffen und er machte sie wahnsinnig. Noch wahnsinniger machte sie es allerdings, dass er es doch tatsächlich geschafft hatte, sie zweimal zu küssen. Es hätte niemals so weit kommen dürfen und sie schwor sich, dass das niemals wieder passieren würde. Gegen 13 Uhr begann Anjali unruhig zu werden. Harish wollte sie in zwei Stunden abholen, doch so, wie es im Moment stand, war noch lange kein Feierabend in Sicht. Sie hatte noch einen fünfseitigen Bericht zu Ende zu schreiben und das war in dieser kurzen Zeit einfach unmöglich. Ab und zu schaute sie verstohlen zu Rahul hinüber, der ihr an dem großen Tisch, an dem sie arbeiteten, gegenüber saß, doch dieser war die Ruhe in Person und schien nicht einmal ansatzweise in Eile zu sein. Halb drei fasste Anjali sich schließlich ein Herz. „Mr. Khanna, ist es ok, wenn ich in einer halben Stunde Feierabend mache? Ich habe noch einen wichtigen Termin und...“, begann sie, doch Rahul fiel ihr ins Wort. „Ach, wirklich? Wo musst du denn hin?“, wollte er wissen und schaute sie interessiert an. „Ich... denke nicht, dass Sie das etwas angeht...“ „Hm... Du kannst jedenfalls erst gehen, wenn du den Bericht fertig hast. Das wird doch höchstens noch zwei oder drei Stunden dauern.“, merkte er mit beleidigtem Unterton an und widmete sich dann wieder seiner Arbeit. Anjali kochte innerlich vor Wut, doch sie wollte ihn nicht anschreien, denn dann hätte er ihr womöglich noch eine Extraaufgabe aufgebrummt. Stattdessen schrieb sie Harish also schweren Herzens eine SMS, dass sie sich verspätete. Sie war kurz vor sechs gerade dabei, ihren letzten Absatz zu schreiben, als ihr Handy klingelte und Harish ihr damit signalisierte, dass er vor dem Hotel stand und auf sie wartete. Hastig tippte sie die letzten Wörter ab und verschwand dann mit einer kurzen Verabschiedung Richtung Rahul aus dem Büro. Etwas verdattert schaute er ihr hinterher und fragte sich, was für einen wichtigen Termin sie da wohl hatte. Grübelnd stand er auf und ging zum Fenster, um zu sehen, in welche Richtung Anjali das Hotel verlassen würde. Als er aber sah, wie sie den Haupteingang verließ und freudestrahlend einem jungen Mann um den Hals fiel, klappte ihm beinahe die Kinnlade herunter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)