Moonlight von Lucifa (Verführung der Nacht) ================================================================================ Kapitel 3: Angst ---------------- „Lucy. Lucy! Hey, wach auf du Tagträumerin.“ Erschrocken blickt sie auf und Alex ins Gesicht, bis sie bemerkt, dass Hr. Petkovic direkt vor ihr steht. Augenblicklich schreckt sie hoch und steht kerzengerade vor ihm. „Ich hatte dich gebeten uns die Frage zu beantworten.“ „Ähh, wie lautete denn die Frage?“ Enttäuscht dreht Hr. Petkovic ihr den Rücken zu und zeigt mit dem Finger zur Klassentüre. „Du wartest draußen!“ Geknickt lässt Lucy den Kopf hängen und befolgt seine Anweisung. Vor dem Klassenraum ändert sich ihre Stimmung aber auch nicht, im Gegenteil, nun versinkt sie noch mehr in ihren Gedanken. Der gestrige Vorfall will ihr nicht mehr aus dem Kopf gehen, Toms Nähe, Bills Reaktion, die Tatsache, dass er ihr verschwiegen hatte, dass er einen Bruder hat. „Alles ok?“ Erneut blickt sie auf, doch diesmal ist es Bill, dem sie direkt in die Augen schaut. „J…ja, alles bestens.“ „Tut mir Leid wegen gestern, ich hätte dich vor seinem Temperament warnen sollen.“ „Es hätte schon gereicht, wenn du wenigstens mal erwähnt hättest, dass du einen Bruder hast.“ „Du hast doch mitbekommen, dass unser Verhältnis nicht gerade das Beste ist. Wir sind keine Bilderbuchfamilie Lu.“ „Deswegen kannst du mir doch trotzdem sagen das…“ „Nein, es gibt Dinge, die erwähne ich lieber nicht.“ Auch wenn Lucy das nur zu gut verstehen konnte, schockierte es sie doch ein wenig. Bill geht einen Schritt auf sie zu und legt die Hand auf ihre Wange. „Lu bitte, ich will mich nicht mit dir streiten, schon gar nicht wegen ihm.“ Wieder ist es da, dieses Kribbeln welches sie verspürt, wenn er in ihrer Nähe ist. Sie geht einen Schritt zurück, will nicht, dass er etwas bemerkt. „Lu? Geht’s dir nicht gut?“ „D…doch, mach dir keine Sorgen.“ Auch wenn Bills Fähigkeiten nicht ihre volle Stärke erreichen, so nimmt er doch einzelne Fetzen von Lucys Gedanken wahr und ihre Gedanken kreisen gerade nur um ihn, was ihn nun zu einem lüsternen Lächeln und dem Bedürfnis, sich ihr zu nähern verleitet. „Lu, sei nicht so nervös.“ „I…ich bin nicht nervös.“ „Und warum weichst du mir dann aus?“ Sie stößt gegen die Wand und Bill platziert sich dicht vor sie, kerkert sie ein, indem er seine Hände links und recht neben sie an die Wand legt. Erst diese innige Umarmung und nun? Lucy wurde immer unruhiger, das geht doch alles viel zu schnell. Bill kommt ihr immer näher, bis der Klang der Schulglocke sie „rettet“. Nach der Schule trifft sich Lucy mit Delia, aber ihre Stimmung ist getrübt. „Was ist denn los Süße?“ „Glaubst du ich bin verklemmt?“ „Hä?“ „Manchmal kommt es mir so vor, als hätte ich irgendwie Angst vor Nähe.“ „Sprichst du jetzt auf Alex an?“ „Auch…“ „Ah ich seh schon, das Hauptproblem heißt mal wieder Bill nicht wahr?“ „Delia ernsthaft.“ „Lu, wie lange kennt ihr euch? Zwei Wochen? Länger ist er doch noch nicht hier.“ „Das ist schon ein ganz schönes Stück.“ „Lu, das ist doch Schwachsinn. Ihr kennt euch zwei Wochen und wollt schon in die Kiste oder was?“ „Nein, quatsch.“ „Du machst dir völlig umsonst den Kopf, oder könnte es sein, dass du ihm eigentlich näher kommen willst?“ Volltreffer, Lucy war Bill längst mit Haut und Haaren verfallen, aber ihre innere Stimme war auf Vorsicht geschaltet. „Ich weiß nicht, was ich tun soll Delia. Ich glaub, ich hab mich wirklich in ihn verknallt aber…“ „Süße, du ziehst das Unglück nicht magisch an. Der Tod deines Vaters war ein Unfall, warum glaubst du dir nicht mehr erlauben zu können, glücklich zu sein?“ „Das tu ich doch gar nicht.“ Aber Delia kennt ihre Freundin genau und weiß, dass sie Angst vor einer Enttäuschung hat. „Meine Güte, du bist ja noch eingerosteter als ich dachte.“ „Tom, kannst du nicht jemand anderes nerven?“ „Sie stand so dicht vor dir, ein Zentimeter hätte gefehlt und ihre Lippen wären dein gewesen.“ Toms Worte holen Bills Erinnerungen an eben diesen Moment zurück, die Erregung steht ihm somit ins Gesicht geschrieben. „Woran lag es Brüderchen? Hat ihr Geruch dir die Sinne geraubt? Wolltest du ihr Blut schmecken?“ „Hör auf!“ „Verstehe, du hattest dich also tatsächlich kaum noch unter Kontrolle. Für mich ist das nicht schwer, wärst du nicht dazwischen gekommen, hätte ich sie schneller unter mir liegen gehabt, als du es jemals in deinen Träumen hinkriegen würdest.“ „Lass mich in Ruhe verdammt noch mal und wag es nicht Lucy anzurühren.“ „Wie schon erwähnt, das ist leider unmöglich. Ich habe Feuer gefangen und ich werde dieses Mädchen befriedigen, sowohl seelisch als auch körperlich.“ „Tom!“ Doch erneut verschwindet er und lässt Bill wütend zurück. „Er hat sich nicht verändert.“ „Andi…“ „Glaubst du nicht, dass die kleine Gilbert die Wahrheit irgendwann rausbekommen wird? Was, wenn ihre Tante wieder auftaucht und Lucy erkennt, dass sie kein Stück gealtert sein dürfte? Ihr würde doch sofort bewusst werden, dass Spencer sie gebissen hat.“ „Sasha wird hier nicht mehr auftauchen, das würde Spence nicht zulassen.“ „Sasha ist eine intelligente Frau, wenn sie ihre Nichte wiedersehen will, dann wird sie sie auch wiedersehen und dann wird sie Lucy aufklären und euch erkennen. Sie kennt die Welt der Vampire – eure Welt. Was willst du Lucy dann sagen?“ „Ich…“ In diesem Moment klingelt es an der Tür. „Ich geh schon.“ Bill öffnet die Tür und staunt nicht schlecht, dass Lucy vor ihm steht. „Lu…“ „Hi…“ „Ich geh dann mal.“ „Andi!“ Aber der lässt nicht mit sich reden und lässt Lucy und Bill allein. „Was gibt’s?“ „Ich.. muss mit dir reden.“ „Über was?“ „Ich war gerade zu Hause und bin nachdenklich geworden, ich wollte aufschreiben, was mir durch den Kopf ging, aber dann wurde mir bewusst, dass ich das was ich aufschreiben wollte, dir viel lieber persönlich sagen sollte.“ „Ich bin ganz Ohr.“ Bill verlässt das Haus, schließt die Tür hinter sich und begibt sich mit Lucy nach vorn auf die Veranda. „Ich weiß ja, du bist noch nicht lange hier und doch steht mein ganzes Leben Kopf, seit du da bist. Ich dachte ich könnte nie mehr irgendwas empfinden, irgendwelche Emotionen wahrnehmen, aber…“ „Lu.. sag mir einfach was los ist, du brauchst nicht nervös zu sein.“ „Ich bin einfach durcheinander. Alles was du sagst und tust erscheint so, als würdest du es auch so meinen. Du bist überhaupt nicht so, wie ich es erwartet hatte als ich dich das erste Mal sah.“ „Ich meine alles so, was ich sage oder was ich tue. Abgesehen davon, was hast du denn geglaubt, wie ich wäre?“ „Naja, irgendwie.. anders.“ Lucy hatte einen besseren Blick, als Bill es erwartet hätte. Tatsächlich lag sie ja absolut richtig, er war anders, aber ahnte sie, wie sehr anders er war? „Was ist?“ Hinterfragt Lucy besorgt, als sie Bills nachdenklichen Blick bemerkt. „Du verheimlichst mir doch was?!“ „Weißt du, die Erfahrung hat mich gelehrt, dass wenn etwas richtig gut zu laufen scheint, es wahrscheinlich den Bach runtergeht.“ „Was meinst du?“ „Naja, ich weiß bisher eigentlich nur von dir, dass du hübsch bist und wahnsinnig einfühlsam. Du scheinst bei allem schnell den Durchblick zu haben. Nenn mir irgendeinen Fehler den du hast, damit ich den Rest glauben kann.“ Lucy muss lachen. „Hast du ne Woche Zeit?“ Wieder setzt Bill sein verführerisches Grinsen auf. „Ich hab jede Menge Zeit. Also, was war wirklich der Grund, weswegen du mitten in der Nacht zu mir kommst? Was willst du mir viel lieber persönlich sagen?“ „Mir sind die ganze Zeit über tausend Gründe eingefallen, warum ich mich lieber von dir fern halten sollte. Durch den Tot meines Vaters hab ich wirklich schon genug Stress. Ich wollte alles so lassen wie es ist, bloß keine Veränderungen. Aber die Wahrheit ist, ich hab Angst Bill. Angst, dass wenn ich dir zu Nahe komme, du plötzlich verschwindest. Dass ich dich wieder verlieren könnte und ein zweites Mal ertrag ich so was nicht.“ „Lu, du brauchst keine Angst haben. Ich verschwinde nicht einfach.“ „Das hat mein Dad auch immer gesagt.“ „Soll ich dir sagen, was ich denke?“ „Hm?“ „Ich hab vor ca. zwei Wochen ein Mädchen kennen gelernt. Vor allen Leuten und sogar vor ihren Freunden setzt sie ein falsches Lächeln auf. Sie will die Starke sein, dabei ist sie eigentlich schwach und hat eine zerbrochene Seele. Sie hat Angst mir die Wahrheit zu sagen, aber genau diese Angst treibt mich immer mehr in ihre Nähe. Ich will für sie da sein und sie beschützen, weil ich sie liebe.“ Lucy fehlen die Worte, aber die braucht sie von nun an auch gar nicht mehr. Bill legt seine Hand behutsam auf ihre Wange, beugt sich zu ihr runter, schließt seine Augen und versiegelt ihre Lippen mit einem sanften Kuss. Vor Lucys Augen verschwimmt alles, sogleich schließt auch sie ihre Augen und erwidert den Kuss. Vorsichtig legt sie ihre Hände an seine Brust. Kurz lassen sie voneinander ab, blicken sich tief in die Augen und versinken erneut in einem unendlich sanften Kuss. Bill schlingt seine Arme um Lucy und sie tut es ihm gleich. Doch dadurch dass Bill nun völlig von Lucy eingenommen ist, bemerkt er nicht, dass sein Bruder in der Nähe ist. Der beobachtet das Geschehen mit grimmigem Blick, doch blitzartig verwandelt sich dieser in ein lüsternes Lächeln. Im Gegensatz zu Bill, kann Tom die Gedanken aller Menschen noch sehr genau lesen und auch wenn es nur für den Bruchteil einer Sekunde war, sind Lucys Gedanken während des Kusses mit seinem Bruder, bei ihm gewesen. Zufrieden verschwindet er wieder und lässt Bill den kurzen Augenblick des Erfolges genießen, bevor er schon bald zum Angriff übergehen würde. Am nächsten Morgen in der Schule, fällt Delia sofort auf, dass sich an Lucy etwas verändert hat. „Sag mal Süße, du warst gestern Abend überhaupt nicht erreichbar, wo hast du denn gesteckt?“ „Ähh, ich.. also…“ Delia muss grinsen. „Ich wusste es, du warst bei ihm stimmts?“ Verlegen blickt Lucy zu Boden und nickt. „Oh mein Gott, na sag schon, was ist passiert? Seid ihr jetzt zusammen?“ „Ja, sind wir…“ Genau in diesem Moment taucht Alex hinter den beiden Mädchen auf. „Ihr seid zusammen?“ „Alex…“ Delia entscheidet sich, die beiden kurz allein zu lassen. „Delia warte!“ „Lucy, ich glaub zwischen euch beiden besteht dringender Redebedarf. Ich lenk Bill ne Weile ab.“ „Danke.“ „Lu, das ist jetzt nicht wahr oder?“ „Es tut mir leid Alex, aber ich…“ „Liebst du diesen Kerl wirklich?“ „Ich glaub das war klar oder Kleiner?!“ Erschrocken drehen sich die beiden um und sehen Tom in nächster Nähe stehen. „Tom?“ „Du kennst den Typen?“ „Flüchtig, er ist Bills Bruder.“ „Sein Bruder?“ „Hör zu Alex, ich kann aufdringliche Menschen nicht leiden, lass die Pfoten vom Mädchen meines Bruders.“ „Ach und das kann mir „sein“ Mädchen nicht selbst sagen?“ „Alex, Tom, hört schon auf ihr zwei.“ Ein Knurren erklingt auf dem Schulhof, sämtliche Schüler zucken verängstigt zusammen, darunter auch Lucy, Delia und Alex. „Was…was war das?“ „Suzie hatte wohl Recht, sie sind wieder da.“ In ganz Zorlu kommt die Erkenntnis, die Vampire sind zurückgekehrt und gefährlicher denn je. Denn je lauter das Knurren zu hören ist, desto näher, bestialischer und durstiger sind sie. Jedoch ist niemand in der Lage, das Knurre zu verfolgen um heraus zu finden, von wo oder von wem es kommt. Lediglich Bill weiß ganz genau, dass dieser Laut von seinem Bruder stammte und dadurch deutlich signalisierte, dass er sich Lucy und Alex zuwenden will. Auf der Stelle verlässt er den Klassenraum und eilt zu seiner Freundin und dem wütenden Alex. „Was ist denn hier schon wieder los?“ „Bill.“ „Na klasse, der jetzt auch noch.“ „Alex bitte, lass uns rein gehen.“ „Geht ruhig, ich kümmer mich um dieses Problem hier.“ Kaum das Alex und Lucy weg sind, verschwinden auch Bill und Tom. „Irgendwas stimmt doch mit den beiden nicht. Eben ham die doch noch da gestanden.“ Lucy kann darauf nicht antworten, zu verwundert ist sie, dass die beiden so schnell aus ihrem Blickfeld verschwunden sind. Die Zwillinge haben sich nach Hause verzogen, dort ist der Streit unausweichlich. „Wie lang soll das noch so weitergehen Tom? Irgendwas Menschliches musst du doch noch innehaben, es war doch mal alles ganz anders.“ „Richtig kleiner Bruder, es WAR mal alles ganz anders. Unser Leben hat sich verändert, wir existieren quasi gar nicht. Also warum sich noch an Regeln halten?“ „Du hast Recht, dazu sind wir im Grunde nicht verpflichtet, aber warum treibst du dein Unwesen ausgerechnet hier?“ Zum ersten Mal ist Tom sprachlos, offen und ehrlich kann er die Wahrheit vor seinem Bruder nicht zugeben. Doch sein Schweigen ist in diesem Moment, sein größter Fehler, denn Bill kennt den Blick in seinen Augen. „Ich wusste es, einen Funken Menschlichkeit besitzt du doch noch. Du kannst mir noch so oft sagen, dass es dir nur um ihr Blut geht, nur um ihren Körper, ich glaub dir kein Wort mehr. Du siehst sie mit den gleichen Augen an wie ich, du liebst sie.“ Das bringt Tom in Rarge, augenblicklich geht er auf seinen Bruder los und stürzt sich dabei mit ihm aus dem Fenster. „Na los, droh es nicht immer nur an, töte mich, wenn du wirklich dazu in der Lage bist.“ Aber Tom lässt ab und grinst. „Glaub was du willst Brüderchen, im Moment ist der Vorteil vielleicht auf meiner Seite. Aber nicht mehr lange.“ Bill geht daraufhin zurück auf sein Zimmer und behebt die verursachten Schäden, so gut wie nur irgendwie möglich. Spät in der Nacht sitzt er Gedankenverloren am Fenster und stellt sich immer wieder dieselbe Frage, wie soll es weitergehen? Lucys Herz hat er berührt, hat sie kennen gelernt, wie er es seit über 16 Jahren will. Nur mit Tom hat er dabei nicht gerechnet. Das sein Bruder ein Monster ist, ist für Bill schon seit Langem nichts neues mehr, doch zum ersten Mal hat er wirklich Angst vor ihm und seinem ungewissen Vorhaben. Lucy liegt derweil im Bett und schlummert tief und fest. Dabei bemerkt sie nicht, wie plötzlich Tom an ihrem Bett steht und ihr schlafendes Gesicht beobachtet. Er ist nicht nur dazu in der Lage ihre Gedanken zu lesen, sondern auch ihre Träume. Als er erkennt, dass sie gerade von seinem Bruder träumt, wird sein Gesichtsausdruck ungewöhnlich weich und verletzt. Er erinnert sich an die Worte seines Bruders, dass er Lucy wirklich lieben würde und nicht nur ihr Blut. Je länger er sie betrachtet, desto mehr wird ihm bewusst, dass Bill damit gar nicht so falsch liegt. Er streckt seine Hand aus und streichelt ihr sanft über die Wange. Endgültig wird es ihm klar, Bill liegt absolut richtig. Diese Frau liebt er wirklich, dennoch, im Gegensatz zu seinem Bruder will er sie nicht vor der Wahrheit schonen. Er will, dass sie alles erfährt, sich ebenfalls verwandelt und für immer an seiner Seite bleiben muss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)