Das Schlittschuhlaufen von Lesemaus (MashiroxSou) ================================================================================ Kapitel 1: One-Shot ------------------- Das Schlittschuhlaufen Murrend starrte ich, den Kopf auf die Hand gestützt, nach draußen, wo das Wetter förmlich verrückt spielte. Dicke, übergroße Schneeflocken stoben in verdrehten Winkel, in denen sie der Wind leitete, durch die Luft und ließen das ganze Spektakel beinahe wie einen Schneesturm wirken. Innerhalb weniger Minuten waren die Gehwege der Universität zugeschneit, Fenster wurden halb durch die Schneedecke verdeckt, Schneeverwehungen kräuselten sich auf den Dächern. Ein ganz normales Wetter also, typisch zu Weihnachten und vor allem pünktlich, obwohl die meisten gewettet hatten, dass es dieses Jahr keinen Schnee mehr geben würde. Zu früh gefreut, jetzt konnten wir uns das Theater antun, sehr zu meinem Missfallen, da ich dieses kühle, frostig feuchte Wetter überhaupt nicht mochte. Ich hatte eine richtige Abneigung gegen Schnee. Leider klebte mir deswegen schon den ganzen Tag Kureha am Hals, die unbedingt mit mir auf dem durch die Kälte eingefrorenen See Schlittschuhlaufen wollte. Bevor ihr etwas Falsches denkt, nein, sie und ich waren kein Paar mehr. Wir hatten beide entschieden, gute Freunde zu bleiben, mehr aber auch nicht. Wie es zu unserer Trennung kam, möchte ich lieber nicht sagen, da es ohne Schläge auf beiden Seiten nicht von statten gegangen ist, wobei ich vielleicht erwähnen sollte, dass sie einen richtig kräftigen Schlag drauf hatte für ein Mädchen, welches außerdem einen Kopf kleiner war als ich. Ungefähr eine Woche herrschte Funkstille zwischen uns, bis wir uns zusammenrauften und endlich wieder anfingen, uns wie normale Menschen zu benehmen. In dieser Woche war viel passiert, ich hatte Zeit über alles nachzudenken, was ich hier machte, warum ich hier war und was ich noch vor hatte… Diese Frage war von allen am Schwierigsten, da ich mich momentan so fühlte, als würde ich mitten im Leben auf der Stelle stehen. Nichts bewegte sich vorwärts, nichts rückwärts, als wären alle Personen erstarrt. Und das lag auch noch an mir! Denn ich war hin- und hergerissen, ob ich endlich den Traumunterricht beenden sollte, um diese Schule zu verlassen. Ich hätte es gerne gemacht, doch der Traumunterricht gestaltete sich schon seit zwei Wochen nach ein und demselben Schema: Ich ging hin, verkroch mich, damit mich eine gewisse Rüstung nicht sah und erwachte wieder. Ich ging Sou seit der Trennung von Kureha und mir entschieden aus dem Weg und das hatte leider noch einen Grund: Ich hatte meine Gefühle für ihn überdacht, sie komplett umgekrempelt und war zu einem folgenschweren Schluss gekommen. Ich hatte mich in diesen Idioten verliebt. Nicht schon schlimm genug, dass er in meiner Klasse war, mit mir im Wohnheim wohnte und wir gemeinsam die Kendo-AG der Schule besuchten, jetzt kam auch noch das dazu und darauf hatte ich so wenig Lust, dass ich mich verkroch wo es nur ging. Überall, nur nicht dort sein, wo er war. Meine nun beste Freundin hatte dies natürlich auch gemerkt, Kureha war ja nicht dumm und ich hatte die leise Befürchtung, dass sie irgendetwas plante, schließlich hatte ich ihr einmal erzählt, dass ich kein Schlittschuhlaufen konnte, doch jetzt beharrte sie dermaßen darauf, dass doch wirklich etwas an der ganzen Sache faul sein musste. Ich kannte sie zwar als ziemliches Klammeräffchen, aber das war selbst für ihre Verhältnisse zu übertrieben. Deshalb floh ich, als es zum Schulende klingelte. Meine Tasche hatte ich vorher schon gepackt ohne, dass der Lehrer etwas davon mitbekommen hatte und hatte dann Reißaus genommen, als die Stunde beendet war. Ich war wie ein bestochener aufgesprungen, schlängelte mich geschickt durch die Schülerreihen, das Kendotraining machte sich wirklich bezahlbar, und hastete nach draußen, ohne einen Blick über meine Schulter zu wagen, da ich mit Bestimmtheit wusste, dass meine hartnäckige Klassenkammeradin mir direkt an den Fersen klebte. Ich flitzte um die Ecken der Gänge nach draußen, wo mir die Kälte kühl ins Gesicht schnitt, dass ich schon nach nur wenigen Schritten durchgefroren war. Ein paar Mal wäre ich beinahe ausgeglitten und er Länge nach auf den Boden geschlagen, aber ich fing mich gerade noch rechtzeitig. Mein stoßartiger Atem stieg in Form von kleinen Wölkchen aus meinem Mund, bis sie von der nächsten eisigen Windböe erfasst und weggeblasen wurden, dass keine Spur mehr von ihnen blieb. Als ich ein Mal quer über den ganzen Schulhof zu den Wohnheimen gerannt war, war ich unendlich froh endlich in die Wärme zu kommen. Schlotternd, vom Schnee total durchnässt, schloss ich die Eingangstür hinter mir. Die wenigen Leute, die sich gerade in der Eingangshalle aufhielten, sahen mich irritiert an, aber ich machte mir nichts aus den Blicken und stapfte zu meinem Zimmer, um mir etwas trockenes anzuziehen, vielleicht würde ich mir aus der Hauscafeteria noch einen heißen Kakao holen, um mich innerlich auch aufzuwärmen. Die Kälte draußen war eine wirkliche Zumutung, genauso wie die Schlitterpartie, die ich hingelegt hatte, um überhaupt einigermaßen heil hier anzukommen. Das ich mir nicht die Knochen gebrochen hatte, war ein Wunder. Der Weg zu meinem Zimmer, dem einzigen Ort in der ganzen Universität, indem ich Ruhe vor nervigen Kollegen hatte, gestaltete sich als äußerst schwierig. Ich war es ohne Umschweife gewohnt, dass auf den Gängen und Korridoren die Hölle los war, aber im Moment schien es, als wäre eine Massenhisterie ausgebrochen. Hatte uns jemand den Krieg erklärt ohne mir Bescheid zu sagen? So sah es nämlich momentan aus, ich musste mich mit dem Rücken an die Wand pressen, als eine ganze Gruppe bewaffneter Jugendlicher, mit Schlittschuhen wohl gemerkt, sich an mir vorbei quetschte und zwar so brutal, dass ich beinahe wieder hingefallen wäre, hätte mich nicht eine starke Hand am Arm gepackt und wieder hoch gezerrt. Ich wollte mich schon bedanken für die Rettung, als ich mit Schrecken feststellen musste, dass mich niemand anderer als Sou Mizuhashi aufgefangen hatte. Peinlich!, schoss es mir in den Kopf und ich konnte deutlich spüren, wie mir die Röte ins Gesicht stieg, da sich meine Wangen auf einmal ganz heiß anfühlten. Das passierte jedes Mal, wenn wir in irgendeiner Weise aufeinander trafen, selbst im Kendounterricht, obwohl da am meisten Konzentration gefragt war, nicht selten hatte er mich wegen dieses Aspekts besiegt. Ich stotterte unbeholfen ein „Danke“ und wollte mich schon meinerseits an ihm vorbei schmuggeln, als er es war, der mich aufhielt. „Was ist?!“, fragte ich etwas gereizter über die Schulter, als ich es beabsichtigt hatte. Ich wollte ihn nicht so anfahren, aber seine Nähe machte mich nervös, ich wollte weg von ihm, um peinlichen Situationen zu entgehen, sonst würde ich wahrscheinlich wieder etwas sagen, was ich gar nicht wollte. Das erste Mal in den letzten Wochen seit der Trennung von Kureha und mir wäre es nicht gewesen und ich hätte mir jedes Mal am liebsten die Lippe abgebissen, um meinen Mund irgendwie daran zu hindern, zu reden. „Warum willst du eigentlich nicht runter zum See gehen und sei es nur, um ihn sich anzusehen?“ Perplex sah ich ihn an. „Warum sollte ich das machen? Ich hasse Schnee, also werde ich auch nicht meinen Hintern nach draußen bewegen, nur um nach einer halben Stunde halb erfroren wieder Reinzukommen.“, zischte ich ungehalten. Was sollte diese ganze dämliche Fragerei? Wozu wollte er wissen, warum ich nicht raus ging? Das ergab doch keinen Sinn! Zugegeben er hatte Interesse an mir gezeigt, schon während der Zeit, als ich noch mit meiner Ex-Freundin zusammen gewesen war, aber er war mir viel zu aufdringlich was das anging und ich für meinen Teil war einfach zu schüchtern, um den ersten Schritt zu machen. Seit wir uns getrennt hatten, war er unmerklich auf Distanz gegangen, warum wusste ich beim besten Willen nicht, schließlich hatte er vorher auch keinen Hehl darauß gemacht, dass er mich mehr mochte, als nur einen einfachen Schulkameraden, aber bitte, es war seine Angelegenheit und solange er mich in Ruhe ließ, damit ich das Gefühlschaos in mir drinnen ordnen konnte, hatte ich dagegen nichts einzuwenden. „Also ein Wasserscheues Kätzchen.“, schmunzelte Sou. Entgeistert sah ich ihn an. Hatte der jetzt´nen Vollknall?! Ich war doch kein Kätzchen, noch nicht mal annährend! Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten, bevor sie etwas taten, was ich noch bereuen würde, nämlich auf ihn loszugehen, sollte ich einen Moment die Kontrolle über meinen Körper verlieren. Man sah es mir vielleicht nicht direkt an, aber auch ich war kräftigt genug gegen ihn anzukommen, dass hatte ich schon einmal bewiesen, als wir uns mal wieder in der Wolle gehabt hatten. „Ich bin kein Kätzchen!“, knurrte ich durch meine zusammengepressten Zähne, die bereits protestierend knirschten. „Andere mögen den Regen nicht, ich den Schnee, was ist daran so komisch?!“, fauchte ich zusehends wütender, als ich in seinem Gesicht deutlich die Regung des Amüsements sehen konnte. Wahrscheinlich lachte er sich innerlich schon halb schlapp, beherrschte sich aber äußerlich soweit, dass ich nicht auf ihn losging. „Ich finde es lustig. Alle anderen lieben den Schnee, es gibt fast keinen der ihn nicht mag. Ich glaube du bist die einzige Ausnahme.“, vilosivierte er weiter. Und was sollte diese Andeutung schon wieder? Dann war ich halt anders, war ich schon immer gewesen und würde es vermutlich auch bleiben, so war es doch jedes Mal, wenn ich irgendwo neu dazukam, ich fand nie richtigen Anschluss an das Treiben oder wie meine Eltern sagen würden: Ich schwamm immer gegen anstatt mit den Strom. „Dann bin ich halt die einzige Ausnahme, was geht es dich überhaupt an? Ich habe mit dir nicht das geringste am Hut, außer das du in meine Klasse gehst und zufällig in der Kendo-AG mitmachst.“, spie ich weiter wütend vor mich hin, vermutlich konnte man schon aus meinem Kopf Rauchwolken aufsteigen sehen, so wütend war ich. Abwährend hob er nun doch endlich die Hände, also konnte ich gleich weg. „Schon gut, ich habe es verstanden, du brauchst nicht gleich so aus der Haut fahren.“, versuchte er mich zu beschwichtigen, aber ich würde erst ruhig sein, wenn ich in meinem Zimmer allein war, dazu musste ich nur gehen, aber das Gedränge ließ es trotzdem kaum zu. Ich müsste mich wahrscheinlich schon durchboxen, um einigermaßen vorwärts zu kommen. „Selbst Schuld, wenn du mich so auf die Palme bringst.“, schnaubte ich, verschränkte meine Arme vor der Brust, damit ich das Zittern wenigstens ein bisschen kontrollieren konnte. In meinem Zimmer, so beschloss ich, würde ich erst einmal meine Wut an meinem Kopfkissen auslassen, indem ich es ein paar Mal mit geübten Würfen durch mein Zimmer feuerte, darauf wartete, das einer meiner Zimmernachbarn bei mir anklopfte, um für Ruhe zu sorgen, da die Wände hier im Wohnheim nicht die dicksten waren und man größeres Gepolter richtig weit hören konnte. „Hättest du Interesse mit mir zusammen zum See zu gehen?“ Ich war völlig in meinen Gedanken versunken, dass ich diese kleine Frage beinahe nicht mitbekommen hätte und ich wünschte mir, ich hätte sie nicht mitbekommen. Jetzt wurde es knifflig. Mit zu Schlitzen verzogenen Augen musterte ich mein Gegenüber, der locker an der Wand lehnte, als würde er ein ganz einfaches Gespräch führen. Seine Emotionen waren vorsorglich gut versiegelt, ich konnte fast nichts ablesen, keine Gefühle, keine Gedanken, nur der abwartende Blick, der mich zu durchbohren schien, um auf eine Antwort von mir zu warten. Hatte jemand eine Idee, was ich jetzt machen sollte? Verarschte er mich nur oder meinte er das ernst? Mein Herz machte einen aufgeregten Hüpfer. Ich war schon versucht, ihm zuzustimmen, andererseits konnte es auch einfach eine Falle sein. Das erste Mal wäre es bei ihm nicht gewesen. Und ganz ehrlich: Ich wollte nicht wieder eines seiner Opfer sein, nur weil er versuchte seine Langeweile irgendwie zu vertreiben. Außerdem würde das alles auf das Schlittschuhlaufen herauslaufen, da war ich mir zu hundert Prozent sicher, dass hatte ich ihm Gefühl und wie schon vorhin erwähnt, konnte ich genau diese einfache Eigenschaft nicht, ich würde mich hilflos auf die Nase legen und mich von den anderen auslachen lassen. Da hatte ich keine Lust zu. Wer machte sich schon gerne vor anderen zum Deppen? Keiner! „Kein Interesse.“, presste ich mühsam heraus. Mir viel das Atmen in seiner Gegenwart zusehends schwerer, mein Körper reagierte auf ihn ohne mein Zutun, allein schon seine Nähe brachte mich um den Verstand, ließ meine Welt Kopf stehen. Innerlich betete ich, dass er das nicht bemerkte. Es war immer noch etwas anderes, wenn nur ich es wahrnahm, wenn dann aber auch noch mein Gegenüber mich durchschaute, war ich geliefert. Ich würde mich nie wieder bei ihm blicken geschweige denn mit ihm Reden können ohne, dass er merken würde, dass ich auf ihn reagierte. Ein Seufzen von ihm ließ mich überrascht aufsehen. Seit wann gab er sich denn so offen, wenn ich in seiner Gegenwart war? Sonst war er ein Buch mit Sieben Siegeln, welches eigentlich für Frauen bekannt war, nicht für Männer. Ein Blick traf mich, der mir durch Mark und Bein ging. Feurig, hungrig, leidenschaftlich. Hatte ich mit meiner Ablehnung womöglich etwas in ihm geweckt, was bis dahin noch gar nicht erwacht war? Ich war mir da echt nicht sicher, jedenfalls gefiel mir der Ausdruck in seinen dunklen, beinahe nachtschwarzen Augen nicht. Allein das er auf mich gerichtet war, ließ in mir meine Alarmsirene hell aufschrillen, als würde ich gerade von einem Mörder abgestochen werden, der es irgendwie geschafft hatte, am Sicherheitspersonal vorbeizukommen. Ich trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, wollte direkt darauf kehrt machen, um mich in meinem Zimmer zu verbarrikadieren, aber es war schon zu spät, er war schneller als ich. Ich wurde um die Taille gepackt und unweigerlich durch den starken Arm an Sou gedrückt, der mich hielt, als wäre es das normalste der Welt. Ich war so überrascht im ersten Moment, das ich nichts anderes tun konnte, als ihn wie erstarrt zu betrachteten. Seine Umarmung erwiderte ich nicht im geringsten, aber ihm schien das nicht zu stören, dass gab im die Gelegenheit den Körperkontakt zu intensivieren, indem er seine Hände ein wenig wandern ließ. Eine Hand glitt unter mein weißes Schulhemd, tastete über meinen Bauch, wo sich dadurch die Bauchmuskeln anspannten und ihn leicht vibrieren ließen. Die andere Hand schlich sich an meinem Rücken ein, strich meine Wirbelsäule entlang, was eine Gänsehaut auf meiner Haut verursachte. An dieser Stelle wusste ich noch nicht einmal, dass ich so empfindlich war. Selbst bei Kureha waren wir nicht soweit gekommen oder besser gesagt, ich hatte es nicht so weit kommen lassen. „Lass das.“, brachte ich etwas kleinlaut rüber, gefangen durch die Emotionen, die unweigerlich durch meinen Körper strömten. Es war mir so peinlich, dass ich so auf ihn reagierte, insbesondere weil wir uns auf einem öffentlichen Korridor befanden, auf dem immer noch ein reges Treiben herrschte, dass wir kaum wenn sogar gar nicht wahrgenommen wurden. Den Blickkontakt hatte ich unterbrochen, ich wusste genau, wenn ich jetzt in sein Gesicht sehen würde, würde ich in der Sonne schmelzen wie Butter. „Na gut.“, wurde mir entgegnet und ich war angenehm erfreut darüber, dass er mich nicht gegen meinen Willen an Ort und Stelle festhielt. „Aber ich bring dich noch ins Zimmer.“, eröffnete er mir, was mir nicht sonderlich behagte, aber es war besser, als wenn er mich hier auf dem Gang in Bedrängnis brachte, also nickte ich knapp in seine Richtung, schob die Hände von meinem Körper, ließ es dabei zu, dass er einen Arm um meine Hüfte hielt und mich dann den Weg entlang zu meinem Zimmer führte. Er redete nicht und das brachte mir die geeignete Gelegenheit meine Gedanken ein wenig zu ordnen, die wie in einem Buchstabensalat durch meinen Kopf schwirrten und mir bereits Kopfschmerzen bereiteten. Worauf würde dies alles hinauslaufen? Ich hatte Angst ihn nachher nicht mehr aus meinem Zimmer zu bekommen. Aus alten Zeiten wusste ich noch sehr genau, dass er weit gehen konnte, wenn er es wirklich wollte, obwohl er sich in letzter Zeit zum Besseren betört hatte. Schließlich war er auch nur ein Junge in meinem Alter, dessen Hormonpegel genauso wie der eines anderen aus den Fugen geraten konnte. Trotzdem wollte ich ein wenig auf der sicheren Seite sein. Es wäre nicht nur für mich peinlich, wenn die ganze Sache aufflog, sondern auch für ihn, denn ich brauchte nur einmal schreien und spätestens nach zehn Sekunden würden meine Türnachbarn in meinem Zimmer stehen und ihn von mir wegzerren, aber ich merkte schon, dass meine Fantasie nun doch ein wenig zu hoch gepuscht war. Er würde nichts tun, was ich nicht wollte, dass wusste ich sehr genau. Er war nicht mehr das Arschloch von früher, das mir im Traumunterricht einfach unter den Rock gegriffen hatte, er hatte sich verändert, zum Guten. Als wir nach endlosen Austeilen von Grüßen an meiner Zimmertür angelangt waren, zitterten meine Hände, sodass ich Probleme hatte sie aufzubekommen, aber nachdem ich mich innerlich zur Ruhe rief, ich war kein kleiner Schuljunge mehr, der noch bei den Hausaufgaben Hilfe brauchte, funktionierte es und wir traten beide ein. Als sich die Tür mit einem leisen Klicken schloss, trat eine gespenstische Stille ins Zimmer, das Treiben der restlichen Schüler auf dem Gang drang nur noch gedämpft durch das Holz. Ohne mich zu fragen, machte es sich Sou auf meinem Schreibtischstuhl bequem, sodass mir nur noch die Sitzgelegenheit auf dem Bett übrig blieb. Die Zimmer der Studenten waren so groß gebaut, dass gerade mal das nötigste reinpasste wie z.B. Schrank, Bett, Schreibtisch, Stuhl und Bücherregal, also sah es dementsprechend voll in meinem Zimmer aus, bei dem begrenzten Platz. Trotzdem war es mein Reich und es gefiel mir trotz des Platzmangels gut. Hier verbrachte ich meine meiste Zeit, außer wenn ich in der Schule, der AG oder in der Bibliothek umhergeisterte. Hier war mein Heiligtum, in das ich mich immer zurückziehen konnte, wenn der Schulstress zu viel wurde. Hier konnte ich Gefühle rauslassen, die sonst keiner sehen sollte und durfte. Wie oft hatte ich nachts, wenn ich nicht einschlafen konnte, auf der Fensterbank gehangen und den hell leuchtenden Mond betrachtet, wie er ruhig, sorglos am Himmel stand und uns von dort oben herab anlächelte. Fast zu jeder Vollmondnacht saß ich da, da ich immer an diesem Tag, wenn der Mond seinen höchsten Punkt erreichte, keinen Schlaf fand, egal wie oft ich mich auf die andere Seite wälzte. Die aus dünnen Stoff bestehenden Vorhänge, die viel zu viel Licht rein ließen, waren da kein Vorteil, eher im Gegenteil, der Effekt wurde nur noch verstärkt. Meine Tasche, in der sich meine ganzen Lernutensilien aufhielten, stellte ich achtlos neben das Bett auf den Boden, dort würde sie mir nicht im weg sein und wenn Sou ging, konnte ich sie auf meinen Schreibtisch stellen, um anschließend meine Hausaufgaben zu machen, die mal wieder Berge andeuten konnten. Die Lehrer in dieser Universität waren um Hausaufgaben wirklich nicht verlegen, auch wenn sie das Ganze Geschreibsel nachher kontrollieren mussten, wenn sie uns so viel zum Lernen aufgaben, hatte ich nicht das geringste Mitleid mit ihnen. Er starrte mich an, die Beine elegant übereinander geschlagen, wirkte er autoritär, wie ich es selten erlebt hatte. Skeptisch, misstrauisch erwiderte ich den provokanten Blick, der mich aus der Reserve locken sollte. „Was sollte das eben?“, traute ich mich nach einer gefühlten Ewigkeit zu fragen. Er wusste wovon ich redete, ich sah es in seinen Seelenspiegel, die mich erheitert anfunkelten, dass es mich auf die Palme brachte. „Ich wollte dich nur aus der Reserve locken. Entschuldige.“ Nicht nur, dass die Entschuldigung ziemlich halbherzig klang, hätte ich mich über den ersten Teil seines Satzes auslassen können. Was meinte er mit Reserve? Ich benahm mich nicht anders, als ich es sonst auch tat und wenn, dann unbeabsichtigt. Angestrengt runzelte ich die Stirn, sah nachdenklich auf meine Hände. Benahm ich mich in letzter zeit in irgendeiner Weise anders? Mir würde nur eine Sache einfallen: Seit ich herausgefunden hatte, dass ich mich Hals über Kopf in Sou verliebt hatte, vermied ich so gut es ging Körperkontakt mit ihm, was so viel hieß, dass ich ihm in Sport ei Attacken auswich, mich rechtzeitig verdünnisierte, wenn die Schulstunden vorüber waren und mich nicht neben ihn setzte, selbst wenn neben ihn der letzte Platz frei war, da stand ich lieber, als mich seiner nähe auszusetzen, die jedes rationale Denken hoffnungslos ausschaltete, als hätte ich morgens beim Aufstehen meinen Kopf vergessen. Das weiche Kichern brachte mich ehrlich gesagt aus der Fassung, da ich nicht verstand, was nun schon wieder so komisch war. Er hatte sagenhafte Stimmungswechsel, beinahe wie ein Mädchen, wenn man es sich länger durch den Kopf gehen ließ, aber das würde ich ihm sicher nicht unter die Nase reiben, zufällig hing ich an meinem Leben. „Du bist süß.“, ein sanftes Lächeln umspielte dabei seine Lippen. Ich wollte aufbegehren, ihm das Gegenteil beweisen, aber er ließ mich nicht ausreden, ehe er seine Rede wieder aufnahm. „Ich meinte das nicht im Negativen Sinne.“, beteuerte er. „Du nimmst immer alles gleich persönlich, denkst darüber nach und versuchst eine Lösung für das Problem zu finden, dass machen nur die wenigsten.“ „Und was willst du mir jetzt genau damit sagen?“, fragte ich irritiert. „Ich will damit sagen, dass mir das genau an dir gefällt.“, sprach er während er gemächlich von meinem Schreibtischstuhl aufstand und auf mich zu kam. Mir sackte das Herz in die Hose, als er sich gefährlich nahe über mich beugte, bei de Hände zu meinen Seiten auf dem Bett abstützend. Ich musste mich zurücklehnen, sonst hätte er mich geküsst, doch genau dem wollte ich entkommen. „Was soll das werden?“, fragte ich misstrauisch mit zu Schlitzen verengten Augen. „Ich habe dir damals schon gesagt, dass ich kein Interesse an dir habe.“, setzte ich nach, um ihn gar nicht erst zu Wort kommen zu lassen. Ich wusste er würde sich sehr gut an meinen Korb von damals erinnern, schließlich hatte ich ihn arg verletzt, auch wenn ich das nun mehr als nur bereute. Hätte ich mich damals gegen Kureha und für Sou entschieden, wären wir vielleicht schon glücklich zusammen, aber es war nicht so und ich würde mit unserer momentanen Situation klar kommen, irgendwie. Missbilligend schnalzte Sou mit der Zunge, schien mich mit seinen Augen zu erdolchen versuchen, aber ich machte mir darauß nichts. Ich konnte besser mit der ganzen Sache umgehen, wenn wir uns gegenseitig ignorierten. „Und was würdest du machen, wenn ich mir einfach nehme was ich will? Wir haben schon einmal festgestellt, dass ich stärker bin als du, daran hat sich bis heute nichts mehr geändert.“ Wenn er mir damit drohten wollte, hatte er es geschafft. Mir lief es kalt den Rücken runter bei der Vorstellung er könnte mir Gewalt antun. Auch wenn die Ereignisse zwischen uns schon mehrere Monate her waren, so kamen sie mir noch so lebendig vor, als würde es gerade geschehen. Jedoch sagte mir mein Gefühl, dass er nichts dergleichen tun würde. Er war früher ein Mistkerl gewesen, aber er hatte sich geändert, zum Guten wenn ich bemerken dürfte. Außerdem, wenn er mich wirklich mochte, dann würde er mir nichts tun oder? Ich setzte alles auf eine Karte, es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich gewann hoch oder verlor tief. „Wenn dir wirklich etwas an mir liegen würde, würdest du mir niemals etwas antun.“; sprach ich selbstsicher, blickte trotzig in seine Augen, die noch immer Funken zu sprühen schienen, jetzt noch mehr als eben. „Da magst du Recht haben Mashiro, aber wer sagt denn, dass ich mehr mit der anstelle, als das hier?“, fragte er selbstbewusst, dann drückte er seine Lippen auf meine, ohne mir die Möglichkeit einer Reaktion zu bieten. Verlangend presste er mir diesen Kuss auf, der es mir schwer machte meine Gegenwehr aufrecht zu erhalten. Ich musste mich unfreiwillig zurücklehnen, um den Kuss zu unterbrechen, den Kopf zur Seite zu drehen und keuchend nach Luft zu schnappen. Beschämende Röte stieg in meine Wangen, leider musste ich verlegen feststellen, dass mir dieser leidenschaftliche Kuss gefallen hatte, zu gut gefallen hatte. Dadurch, dass mir die Haare ins Gesicht fielen, konnte ich mich wenigstens ein bisschen verstecken, aber ich wusste mit Sicherheit, dass er mich genaustens beobachtete. Kühle Finger griffen nach meinem Kinn, drehten es sanft aber bestimmend zurück in seine Richtung. Etwas erschrocken seinem durchdringenden Blick ausgesetzt zu sein, konnte ich nichts anderes als zu erwidern. „Wieso wehrst du dich so verbissen dagegen, wenn du es doch magst?“, die Verwunderung und gleichzeitige Bedrücktheit war deutlich aus seiner Stimme heraus zu hören. Was sollte ich denn darauf nun sagen? Ich schwieg, dass war das Beste, sollte er sich doch eine Antwort schmieren, ich machte da nicht mit. Ich habe meine Gefühlswelt nicht einmal vor Kureha ausgebreitet, warum sollte ich das denn nun vor ihm tun? Ein lang gezogener Seufzer ertönte von ihm über meine Sturheit, dann richtete er sich zu meinem eigenen Erstaunen zu seiner vollen Größe auf und besah mich wie ein Insekt unter seinem Schuh, wenigstens machte dies den Eindruck auf mich, wie er das empfand wollte ich lieber nicht wissen. Er zischte einen Fluch. „Mein Angebot steht noch.“, wurde nach einer kurz einsetzenden Stille in den Raum geworfen. Seine Seelenspiegel suchten meine. „Ich meinte zum See gehen. Das Angebot steht noch, also wenn du magst…“, er ließ absichtlich den Satz offen stehen, während er auf dem Absatz kehrt machte und mein Zimmer verließ, nur seine gedämpften Schritte verrieten mir, wo er lang lief. Der Zwiespalt erfasste mich. Würde ich jetzt mitgehen, würde er denken, dass mir etwas an ihm lag, was innerlich natürlich stimmte, aber ich äußerlich nicht zeigen wollte und wenn ich stumpf in meinem Zimmer blieb, hatte ich vielleicht die einzige Chance verspielt, ihn auf natürliche Art und Weise kennen zu lernen. Also, wofür entschied ich mich? Hörte ich nun auf mein Herz oder meinen Kopf? Ach verdammt!, fluchte ich in Gedanken unschön, nahm die Beine inklusive dicker Jacke in die Hand und rannte Sou hinterher, der beinahe schon am Korridorende angelangt war, als ich ihm hinterher rief. „Bleib stehen!“, schrie ich ihm hinterher, musste extra lauter werden, da die Gänge so Schall isoliert waren, dass man innerhalb selbst ein startendes Flugzeug vom Lehrerparkplatz überhört hätte. Tatsächlich blieb er stehen, wandte sich aber nicht zu mir um, was mir herzlich egal war, da ich mich beeilte zu ihm aufzuschließen und meine Winterjacke gleichzeitig zuzubekommen. Multitaskingfähig zu sein wäre jetzt sehr praktisch, obwohl…war ich das nicht irgendwo? Zur Hälfte war ich schließlich eine Frau…. Lieber nicht weiter darüber nachdenken! Als ich zu ihm aufschloss, schaute er mich an. Für mich dauerte dieser Moment Ewigkeiten, in der Wirklichkeit schätzungsweise nicht einmal drei Sekunden, dann machten wir uns auf den Weg hinunter zum See, wo bestimmt der Hauptteil der Schule sein würde, alleine schon um der winterlichen Kälte zu trotzen und den Hausaufgaben, die noch immer unfreiwillig gemacht wurden. Da ich nicht wusste, worüber wir uns unterhalten könnten, schwieg ich beharrlich, stellte dabei fest, dass das gar nicht mal so übel war, da ich nun die Gelegenheit bekam Sou von der Seite schräg zu mustern. Sonst war er so schnell aus den Räumlichkeiten verschwunden, dass ich manchmal glaubte, dass hinter ihm eine Staubwolke herzog. Wahrscheinlich hatte ihm seine unausstehliche Schwester wieder Feuer unterm Hintern gemacht. Seit ich mit Kureha zusammen war, hatte sie sich erstaunlich ruhig gegebenen, aber demnächst konnte ich mir mit Bestimmtheit etwas anhören, wie gut das ich mich zu den meisten Zeiten in meinem Zimmer befand, welches sicher im Wohnheim der Jungs lag, da konnte sie ohne weiteres nicht hingelangen. Aber was war mit Kureha? Natürlich, wir waren nicht mehr zusammen, dafür beste Freunde geblieben nicht, dass sie ihr auf den Zahn fühlte. Das letzte was ich wollte war, dass meine Freunde wegen mir in Bedrängnis kamen. Der kalte Westwind, der vom Meer her zu uns wehte, blies mir ins Gesicht und verpasste mir, kaum das wir aus der Haustür waren, schon einen Kälteschock. Könnte ich jetzt umkehren, würde ich es machen, aber das würde ihn grämen und das wollte ich nicht. Wir gingen über die zugeschneiten Wege der Universität hinunter zum See, von dem man schon von weitem fröhliches Gelächter hören konnte, also würde wieder ein ganzer Haufen anderer Schüler da sein. Wie nervig. Ich hatte nichts gegen andere Kameraden, aber auch mal seine Ruhe vor ihnen zu haben war ein Segen. Manche von ihnen nervten einen derart, dass man sich manchmal am liebsten die Haare büschelweise ausrupfen würde. Und ich rede da aus Eigenerfahrung. Darum packte ich Sou kurzerhand an der Hand und zog ihn, als wir uns an den Abstieg des Hügels machten, in entgegen gesetzter Richtung der Schüler. Wenn ich schon hier draußen in der eisens Kälte sein musste, wollte ich die Zeit mit ihm alleine nutzen. Anscheinend war er zu überrascht von meiner Aktion, sonst hätte er in irgendeiner Weise reagiert, wäre stehen geblieben oder etwas in der Richtung und hätte sich nicht so widerstandslos mitziehen lassen. Der Überraschungsmoment war auf meiner Seite. Weit von der anderen Gruppe entfernt blieb ich stehen, die Stimmen vernahm man nur noch als Gemurmel. Als wir am Ufer angekommen waren, ließ ich seine bis dahin gepackte Hand blitzartig los, als hätte ich mich an ihr verbrannt. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, starrte ich ihn eine Weile wortlos an, er tat es mir gleich. Ich beobachtete ihm bei dem lasziven Heben einer Augenbraue, ehe er mir wortlos ein Schuhpaar vor die Nase hielt. Die Stirn runzelnd betrachtete ich sie ausgiebig, stellte fest, dass sie meine Schuhgröße haben mussten und noch mehr, dass an ihren Sohlen Kufen befestigt waren, die sie zum Eislaufen einluden. Hatte ich ihm das nicht schon vorhin gesagt? Zögernd nahm ich ihm die Schuhe ab. „Sou?“, fragte ich zweifelnd, die Blicke hin- und herwerfend. „Keine Sorge. Ich kann Schlittschuhlaufen, du wirst schon nicht auf die Nase fallen, vorher fang ich dich auf.“, versicherte er mir und ich Hornochse vertraute darauf. Meine Winterjacke reichte mir über die Oberschenkel, sodass ich mich einfach auf meine vier Buchstaben fallen ließ und die Schuhe überstreifte, wobei ich sie verfluchte, dass sie so lange Schnürsenkel hatten, die ich durch die ganzen Ösen friemeln musste. Aber schließlich schaffte ich es, sie mir anzuziehen und begegnete dabei Sous amüsiertes Gesicht, der meinem Beispiel gefolgt war. Zittrig kam ich auf die Beine, hielt mit Glück irgendwie die Balance. Es war überhaupt nicht leicht auf diesen dünnen Kufen zu laufen, aber die wenigen Schritte zum eingefrorenen See waren noch leicht zu überbrücken, trotzdem fiel mir der Unterschied schwer, ich wäre um ein Haar ausgeglitten und der Länge nach hingeschlagen, hätten mich nicht plötzlich zwei starke Arme um den Rumpf gepackt und an einen warmen Körper gezogen. „Nicht so stürmisch Mashiro.“, tadelte mich Sous leise mahnende Stimme. Als ich wieder einigermaßen sicher stand, glitt er mit einem zischenden Laut, der mir mitteilte, dass die Kufen das Eis durchschnitten, an mir vorbei und drehte sich mit einem eleganten Zug in meine Richtung, streckte mir auffordernd die Hand entgegen. Ich ergriff sie eilig, bevor mein Körper wieder streiken würde und die Schwerkraft mich wieder hatte. „Also, jetzt hör mir bitte genau zu. Ich werde dir Schritt für Schritt erklären, was du zu machen hast und ich bin die ganze Zeit an deiner Seite, du brauchst keine Angst zu haben zu fallen. Okay?“ Einverstanden nickte ich, packte seine Hand, seine Finger umschlossen meine und hielten sie in einem festen Griff. Ich fühlte mich sicher. „So ist doch schon ganz gut. Du stehst noch!“, lächelte er mich aufmunternd an, wahrscheinlich hatte ich das Gesicht zu einer Grimasse verzogen, die vor Konzentration nur so strotzte. „Jetzt versuche mir nach zu machen. Rechts, links, rechts, links…“, dabei vollführte er Auswärtsbewegungen nach den entsprechenden Seiten. So gut es ging ahmte ich seine Bewegungen nach, schwängte zu denselben Seiten aus. Die Arme hielt ich wie eine Waage, außer dem Arm, der seine Hand hielt, um mein Gleichgewicht zu halten. Ich fühlte mich plump, wie ein ungeschliffener Stein, der grob gehobelt wurde. Sou dagegen stellte einen schönen, glänzenden Diamanten dar, der jeden mit seiner Helligkeit zu blenden schien. Die Eisdecke des Sees unterschied sich grundsätzlich von der in einer vernünftigen Eisbahn. Sie war grob bestückt, hügelig, unscharf geschnitten, die Kufen fanden nur erschwert Halt, was mir das Eislaufen lernen zusätzlich erschwerte. Aber mit Sou an meiner Seite würde ich wohl alles schaffen, zumindest glaubte dies mein naives kleines Hirn. „Siehst du, dass machst du doch schon ganz gut!“, sprach mir mein Seitennachbar weiterhin Mut zu und ich dankte ihm dafür. Ich konnte nicht widerstehen meinen Blick zu ihm wandern zu lassen. Es war wie verhext. Ich konnte mich kaum von seinem Anblick lösen, es passierte ungewollt. Anscheinend mochte mich jemand da oben nicht, wenn ich meine große Liebe so anstierte, deswegen verharkte sich meine rechte Kufe im Eis und ich wurde unweigerlich gestoppt, als es nicht weiter ging. Durch den noch vorhandenen Schwung verschaffte sich mein Gewicht Freiraum, befreite damit den feststeckenden Schlittschuh, doch zu spät. Ich fiel nach hinten auf das Eis, klammerte mich aber so unglücklich an Sous Arm fest, dass ich ihn mit mir riss. Hart schlug ich auf der kalten Oberfläche auf, einen Moment raubte es mir schier den Atem, als die Luft aus meinen Lungen gepresst wurde. Gott sei Dank verletzte ich mich nicht ernsthaft, es würden wohl ein paar unschöne blaue Flecke erscheinen und Schrammen, aber die würden innerhalb einer Woche wieder verschwunden sein. Keine gebrochenen Knochen oder Gehirnerschütterungen. „Tut mir Leid Sou. Ich wollte dich nicht mit umreißen.“, entschuldigte ich mich, schaute genau nach, ob meine Begleitung den Sturz ohne großen Schaden überlebt hatte, aber er sah fit wie ein Turnschuh aus. „Mir ist nichts passiert, mach dir keine Sorgen.“, versicherte er mir und war dabei sich aufzurichten, da das Eis doch allmählich kalt wurde. Irgendetwas in meinem Hirn musste aussetzen, dass ich plötzlich auf diese schwachsinnige Idee kam, ihm ein bisschen näher zu sein, zuzulassen, dass er mich verletzen konnte mit nur ein paar kleinen Wörtern, wenn er mich abweisen wollte. Ich rollte mich auf ihn rauf, registrierte diesen ungläubigen Blick, den ich so noch nie gesehen hatte. Er war wohl mehr als überrascht und ich konnte es ihm nicht verdenken, denn in der Vergangenheit hätte ich mir so etwas selbst nicht zugetraut. Als ich anfangs an diese Schule gekommen war, war ich ein verschüchterter Junge, der unter allen Umstände keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte, nun gut, dass wollte ich bis heute nicht, aber mittlerweile traute ich mich gegen Beleidigungen aller Art anzugehen oder wenn mir jemand zu nahe auf die Pelle rückte. „Was machst du Mashiro?“ Ich spürte seinen warmen Körper unter meinem, die Hitze schien selbst unter seiner Jacke hervorzustechen. Kalt würde mir jedenfalls nicht so schnell werden, ihm eher als mir. „Ich bin nicht gut in solchen Dingen.“, sagte ich mit verräterisch klopfendem Herzen, welches ganz leicht einem Presslufthammer Konkurrenz hätte machen können. „Ich will nicht verletzt werden. Ich will auch nicht, dass du mit mir zusammen bist, nur weil du körperliche Nähe haben möchtest. Ich will Gleichberechtigung in einer Beziehung und…Liebe. Ich will nicht nur mit jemandem zusammen sein, weil er der Meinung ist, wir müssten es.“, dass letzte Wort wisperte ich, es war kaum zu vernehmen, aber ich wusste von Sous gutem Gehör, dass er es sehr wohl mitbekommen hatte. Konnte er unter diesen Bedingungen mit mir leben? Ich sah ihm gespannt ins Gesicht, wartete auf eine Antwort, die ich sehnsüchtig erwartete, mir aber gleichzeitig Angst einjagte. Wenn diese Beziehung nicht klappen sollte, sollte ich vielleicht einmal ernsthaft darüber nachdenken für immer Single zu bleiben. Zärtlich strich mir Sou über meine vor Kälte gerötete Wange. „Das würde ich auch gar nicht wollen. Ich möchte, dass du so bleibst wie du bist, außerdem wäre es doch langweilig, wenn in einer Beziehung alles geregelt und kommandiert wäre.“ Ich betete meine Stirn erschöpft an seine. Das war für mich ein Staatsakt gewesen und ich war tausend Tote gestorben, besonders nach dieser Antwort. „Danke.“, flüsterte ich, schmiegte mich an seine Berührung. „Kein Problem.“, und schon wurde ich in eine Umarmung gezogen, aus der ich mich freiwillig so schnell nicht mehr lösen wollte. „Nah endlich haben die Zwei zueinander gefunden.“, lächelte Kureha wissend und verschwand lautlos hinter der nächsten Böschung aus der sie zuvor gekommen war, um ihrem Mitschüler, wenn es Probleme gegeben hätte, ein wenig unter die Arme zu greifen und dafür zu sorgen, dass gegebenenfalls störende Mitschüler entfernt wurden, damit sie nicht auf die Idee kam, in diesem Moment dem Paar zu stören, welches gut davor war, endlich einen gemeinsamen Schritt in die Zukunft zu machen. Aber wie sie selbst gut sehen konnte, brauchten die Zwei ihre Hilfe bei dieser Angelegenheit nicht mehr. Ende So^^ Das war es auch schon wieder von meiner Seite und ich hoffe euch hat die FF gefallen^^ Momentan habe ich ganz viele One-Shots zu dem Thema Weihnachten geschrieben, die für meine besten Freundinnen sind^^ Ich wünsche euch nachträglich ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2010!!^^ Lesemaus Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)