Mülldeponie von ElefantenFee ================================================================================ Kapitel 5: Warten ----------------- Ich bin aufgestanden, habe mir Frühstück gemacht und bin auf die Terrasse um dort zu essen. Der Toast schmeckt alt und ist schon ziemlich trocken. Die Butter rettet kaum etwas, auch die Marmelade hilft nicht sehr. Mit dem heißen Kaffee kann ich die nicht kleiner werden wollenden Toastbrocken runter spülen. Der Kaffee verbrennt mir die Zunge. Ich höre dem Radiomoderator zu. Er ließt monoton seine Liste mit den Staumeldungen ab. Drei Kilometer, vier Kilometer und acht Kilometer. Stockender Verkehr wegen einer Autopanne, der Wagen steht ungesichert auf der rechten Spur. Er beginnt vom Wetter zu reden. Ich blicke in den Himmel. Noch ist es dunkel. Die Sonne klettert nur ganz langsam am Horizont hervor. Einige Wolken versperren ihr den Weg. Ich kann den kommenden Regen riechen und doch soll es warm werden. Es wird ein normaler Tag. Wie immer eben. Ich werde alleine sein und auf etwas warten, das mir seit Tagen ein unangenehmes Ziehen im Magen verursacht. Im Haus gegenüber geht ein Licht im oberen Stockwerk an. Es ist das Badezimmer, ich erkenne das an dem Milchglasfenster. Mein Nachbar ist erwacht. Er hat die selben blonden Haare wie du, nur seine Augen sind nicht so schön. Er ist ein netter Kerl und er grüßt jedes Mal wenn wir uns auf der Straße begegnen. Meine Hand greift nach dem Mobiltelefon, das ich mit raus genommen habe. Es ist immer bei mir seit du weg bist. Ich schaue drauf und warte. Warte auf die SMS, die mir sagt, dass du an mich denkst. Die volle Papiertüte lag schwer auf meinem Arm, aber ich traute den Griffen, die natürlich auch aus Papier waren, nicht. Einmal war mir der Griff gerissen. Der Einkauf hatte sich auf dem Parkplatz verteilt. Doch ich hatte Glück, denn du warst dabei. Du bist den Orangen nachgelaufen und hast jede Einzelne wieder eingesammelt. Die Cornflakes und die Konserven hatten es überstanden ohne großen Schaden zu nehmen. Der Saft in der Plastikflasche war noch einmal in die Luft gesprungen und hatte sich dann mit einem dumpfen Aufprall dazu entschlossen doch lieber ein bisschen im Kreis zu kullern bevor er vor meinen Füßen liegen blieb. Ich habe so laut geflucht, dass eine Mutter mich mit tödlichen Blicken bedachte und ihr Kind hastig mit sich zog. Die Eier hatte es zerschlagen. Sie hatten keine Überlebenschance. Genau so wenig das Glas mit dem Senf. Als gelber Fleck klebte er auf dem Parkplatzboden. Durch und durch versetzt mit Glassplittern. Du bist bepackt mit Orangen und einem nicht enden wollenden Lachen wieder zu mir zurück gekommen. Seitdem nehme ich die Papiertüten lieber gleich auf den Arm. Ich öffnete den Kofferraum und legte meinen Einkauf in den Wagen. Als sich die Heckklappe wieder schloss stand ich schon neben der Autotür. Ich sah mich um. Die Leute trippelten durch die tiefen Pfützen, die das einzige Überbleibsel des schweren Regenguss vor wenigen Minuten waren, und blickten mit sorgenvoller Miene gen Himmel. Er war hellblau und wunderschön. Es schien als wäre das Wasser aus dem Boden gequollen. Ich setzte mich ins Auto und öffnete das Handschuhfach. Kalt liegt das Handy in meiner Hand. Ich schaue drauf und warte. Warte auf die SMS, die mir sagt, dass ich dir fehle. Ich habe gerade die Spülmaschine angestellt. Laut rattert sie, dann scheint sie kurzfristig den Geist aufzugeben als plötzlich mit einem Rauschen das Wasser eingepumpt wird. Ich schließe den Kühlschrank und nehme die Flasche Wasser mit in mein Arbeitszimmer. Die Schreibtischlampe brennt und erhellt die Arbeitsplatte des Schreibtisches mit grellen, weißen Licht. Ich lasse noch den Rollladen runter bevor ich mich auf den Bürostuhl setze und mich zu dem Papierstapel drehe, der auf der rechten Seite des Tisches liegt. Das oberste Blatt ziehe ich runter. Einzelne Worte, durchgestrichene Sätze und spontane Gedanken, die ich in Stichworten aufgeschrieben habe. Das Papier, das schon in der Mitte des Tisches lag, fügt alles von meinem Notizzettel zusammen. Hier ergibt alles einen Sinn. Der Text handelt von Liebe, von Hoffnung und ich will ein gutes Ende oder vielleicht ein offenes Ende. Die Melodie dazu habe ich schon im Kopf. Ich werde mich bald daran machen sie mit den Instrumenten aufzunehmen. Mein Diktiergerät kennt sie schon. Ich habe sie summend aufgenommen als sie mir plötzlich auf dem Rückweg vom Supermarkt eingefallen ist. Sie war so perfekt und vollständig, dass ich Angst hatte sie zu vergessen. Ich bin rechts ran gefahren, habe das alte Aufnahmegerät unter dem Beifahrersitz in einer Ablage gefunden und sofort alles aufgenommen. Es liegt jetzt sicher auf dem Regal über mir in einem Faltordner, der eigentlich Zettel und Briefe enthalten sollte. Ich halte den Stift nur wenige Millimeter über dem Papier, das den angefangen Song davor bewahrt vergessen zu werden. Immer wieder fliegt mein Blick von den Notizen zum begonnen Text und wieder zurück. Jeglicher Sinn scheint verflogen. Ich finde keinen Anfang, ich sehe keine Mitte und das Ende ist wie ausgelöscht. Es entlockt mir ein verzweifeltes Seufzen. Offensichtlich ist heute kein guter Abend zum Arbeiten. Ich will nach dem Wasser greifen und etwas trinken. Mir einen Moment gönnen um mich zu sammeln und nochmal von vorne anzufangen. Stattdessen fühle ich das kühle Plastik meiner Handyhülle. Ich schaue drauf und warte. Warte auf die SMS, die mir sagt, dass du mich liebst. Es ist spät geworden. Ich habe das Lied fertig bekommen. Und ich habe es dir gewidmet. Es ist anders geworden als ich gedacht habe. Irgendwie fröhlicher, nicht so melancholisch wie ich es erwartete. Es ist voller Hoffnung und voller Wünsche. Es drückt meine Sehnsucht aus und es ist nur für dich. Ich denke nicht, dass ich es jemals veröffentlichen werde. Es ist dir und mir. Es ist wie ein kleines Geschenk für dich. Es ist einfach viel zu privat. Als ich es beendet habe und es noch einmal gelesen habe, hat es mir sogar ein kleines Lächeln in das Gesicht gezaubert. Danach habe ich die Schreibtischlampe ausgemacht und bin in mein Schlafzimmer gegangen. Ich habe meine Hose ausgezogen und sie über die Stuhllehne gehängt. Das Hemd legte ich darüber. Einen kurzen Augenblick lang sah ich die Sterne am Himmel als ich am Fenster stand. Sie erschienen mir wie kleine Blitze, dann verschwanden sie hinter den grauen, verdreckten Platten des Rollladen. Das Zimmer wurde noch von der Lampe an der Decke erhellt. Ich schlug die Bettdecke zurück. Es war himmlisch als ich mich auf die weiche Matratze legte. Sie passte sich meinem Rücken an und die absolute Entspannung durchfuhr mich. Ich fühlte mich gut. Ich hatte meine Arbeit erledigt und konnte mit dem Gefühl von ein wenig Stolz schlafen gehen. Meine Finger glitten über den Lichtschalter neben meinem Kopf. Es wurde dunkel um mich herum. Der Kleiderschrank knackte und eine wohlige Wärme breitete sich aus als ich die Decke über mich zog. Ich rollte mich zusammen, blickte in das Dunkle. Obwohl ich mich entspannte und das Liegen genoss, spürte ich die Einsamkeit. Ich wollte dich jetzt gerne hier haben. Ich wollte dich in den Arm nehmen und vielleicht auch küssen. Gerne wäre ich mit dir eingeschlafen, aber du warst eben nicht hier. Es war verwirrend sich so gut zu fühlen und gleichzeitig dieses Verlangen nach dir zu haben. Du bist mein ein und alles. Ich nehme mein Handy in die Hand und schaue drauf. Es klingelt. Ich lese die SMS, die mir sagt, dass es keinen Sinn mit uns hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)