Folge dem Schicksal von Harumi-chan ================================================================================ Kapitel 1: 1. Der Brunnen ------------------------- So, hier folgt gleich das 1. Kapitel! Viel Spaß! Julia --°°-- Ich seufzte genervt auf. Nach dieser einen Akte suchte ich nun schon seit 2 Tagen! Dementsprechend wütend war auch mein Vorgesetzter Yamamoto-sama, ein sehr beleibter und eigensinniger Mann. Seit Stunden lag er mir schon in den Ohren, ich solle ihm endlich diese Papiere beschaffen. Leichter gesagt als getan. Erschöpft wischte ich mir mit dem Handrücken über die Stirn. Ich war hier in dieser Firma erst seit einem knappen Monat eingestellt. Mit meinen 17, knapp 18 Jahren war ich die jüngste Angestellte und der Sündenbock für alle Fehler. Die Arbeit im Archiv war nicht gerade das, was ich unter Abwechslung verstand und auch nicht das was ich mir eigentlich erhofft hatte. Ich war relativ naiv an die Sache rangegangen und nun hatte ich den Salat. Mehr als Sortieren und Akten suchen war da nicht drin. Wütend begann ich im nächsten Regal nachzusehen. Der Kerl, der vor mir hierfür zuständig gewesen war, hatte ganze Arbeit geleistet. Sarkasmus lässt grüßen. Ordnung musste ein Fremdwort für ihn gewesen sein. Tja, im nächsten Karton war schon mal Fehlanzeige. Ich zog die Augenbrauen zusammen. Das konnte doch nicht sein, oder? Ich war schon die Hälfte der Regale durchgegangen und hatte langsam aber sicher keine Lust mehr. Die Tür wurde aufgerissen und vor Schreck ließ ich den Karton, den ich gerade in die Hände genommen hatte, fallen. Der Krach der dadurch entstand ließ mich erneut zusammenzucken. „Hendricks-san, passen Sie gefälligst auf. Los, heben Sie den Karton sofort auf!“ Ich biss die Zähne zusammen und kniete mich vor meinen Vorgesetzten auf den Boden, um den Karton wieder ins Regal zu stellen. Meinen Blick weiterhin nach unten gesenkt, um sein überhebliches Grinsen nicht sehen zu müssen. Er war gerade erst in Fahrt gekommen: „Wie lange glauben Sie, bin ich noch dazu gewillt auf diese Akte zu warten?! Ich habe Ihnen eine einfache Aufgabe gegeben, oder etwa nicht? Das kann doch nicht zu viel von Ihnen verlangt sein?!“ Ich schluckte meinen gesamten Hass und Ärger gegen diesen Mann herunter und atmete tief ein. Das letzte Mal, als ich ihm etwas Falsches hinterher gerufen hatte, musste ich ihm einen ganzen Tag lang Kaffee und Jause zur Strafe bringen. Und soviel wie der Kerl am Tag verschlang war das eine ganze Tortur. „Ich suche ja danach, Yamamoto-sama. Aber es herrscht ein unglaubliches Chaos hier drinnen und es ist schwer überhaupt irgendetwas zu finden.“ Er machte eine wegwerfende Geste: „Papperlapapp! Kommen Sie mir nicht mit solchen Ausreden! Finden Sie die Akte und bringen Sie sie mir dann in mein Büro.“ Sprach´s und weg war er. Hinter ihm knallte die Tür zu und wieder mal zuckte ich zusammen. So ein Idiot. Ich packte den Karton der mir eben noch aus der Hand gefallen war und sah die Dokumente durch, um im nächsten Moment dankend die Hände gen Himmel zu richten. Endlich, hier waren sie! Wäre Yamamoto-sama nur ein wenig später gekommen… Tja, das Glück ist ein Rindvieh und sucht seinesgleichen… Schnell packte ich die Akte in einen Schnellhefter und stellte den Karton wieder ins Regal, diesmal an die richtige Stelle. Beizeiten musste ich hier wirklich Ordnung schaffen. Anschließend machte ich mich auf den Weg in sein Büro. Als ich den Raum betrat, traf ich ihn laut telefonierend vor. Er hatte stets die Angewohnheit sehr stark zu gestikulieren, und auch dieses Mal fuchtelte er heftig mit den Händen durch die Luft. Wortlos knallte ich ihm die Akte auf den Schreibtisch, doch er fand es scheinbar nicht nötig mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Wütend machte ich auf dem Absatz kehrt und verließ sein Büro. Am liebsten hätte ich gekündigt, doch ich brauchte das Geld dringend. Ich wohnte allein mit meiner Golden-Retriever-Dame in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung, die ich mir gerade so leisten konnte. Auf unnötigen Schnick-Schnack musste ich also verzichten, dafür reichte das bisschen Gehalt das ich bekam nicht aus. Während ich arbeitete kümmerte sich meine Nachbarin Takada-san um sie. Die alte Dame erleichterte mir somit einiges. Resigniert schnappte ich mir Jacke und Tasche und verließ schnurstracks das Gebäude. Ich war wieder mal spät dran, ich hätte schon längst zu Hause sein sollen. Bescheuerte Akte. Bevor ich zu meiner Wohnung ging, klopfte ich bei Takada-san. Es dauerte eine Weile, doch kaum wurde die Wohnungstür geöffnet, schon wurde ich von einem goldenen Wirbelwind umgeworfen. Lachend versuchte ich mit Händen und Füßen der nassen Zunge meiner Hündin zu entkommen. „So, jetzt ist aber Schluss, Cleo!“ Kichernd rappelte ich mich auf, wobei ich mir den Sand von der Jacke klopfte und sah zu der schmunzelnden kleinen Frau. „Jetzt hat sie ihr Frauchen endlich wieder.“ Takada-san blickte auf meine schwanzwedelnde Hündin herab, die treu zu mir aufblickte. Ihr Gesicht wurde plötzlich nachdenklich. „Aber heute hat es ja wieder besonders lange gedauert.“ Ernst sah sie mir in die Augen. „Sind Sie sich absolut sicher, dass Sie sich überhaupt auch noch um einen Hund kümmern können?“ Der Ausdruck, der sich auf ihrem Gesicht widerspiegelte ließ mich wütend die Augen zusammenkneifen und führte zu einer Kurzschlussreaktion meinerseits. Was bildete sie sich ein?! Ich funkelte die alte Dame an: „Wenn mein Hund Ihnen zu viel Ihrer kostbaren Zeit geraubt hat, tut es mir furchtbar leid.“ Ich riss ihr Cleo´s Leine aus der Hand. „Danke, dass Sie meinem beschissenen Tag noch die Krone aufgesetzt haben!“ Gekränkt sah mich die alte Dame an, doch ich schnappte mir Cleo und ließ Takada-san allein im Flur stehen. Schon am Hauseingang taten mir meine Worte leid. Genervt seufzte ich auf. Das war doch zum Haare raufen! Abermals hatte ich mich nicht im Griff gehabt. So hatte ich bereits meine erste Hundesitterin vergrault. Die Frau ging mir seitdem aus dem Weg und würdigte mich keines Blickes. Sie nutzte jeden günstigen Moment aus, um fürchterliche Gerüchte über mich und meinen Charakter in der Nachbarschaft zu verbreiten. Was meiner Beliebtheit nicht gerade zugute kam. Eine alleinlebende 17-jährige warf schließlich viele Fragen auf und seitdem wurde stetig über mich getratscht und die Gerüchteküche brodelte nur so. Einzig und allein Takada-san hatte mir damals angeboten für sie einzuspringen und ich hatte das Angebot dankend und vor allem erleichtert angenommen. Tja, das hatte ich mir nun bestimmt gründlich vermasselt. Schlecht gelaunt bog ich um die Straßenecke, meine Hündin hinter mir her zerrend, bis diese protestierend aufjaulte. Sofort blieb ich stehen und bückte mich zu ihr herab. „Tut mir leid, mein Mädchen. War nicht böse gemeint. Heute ist einfach nicht mein Tag, weißt du?“ Treuherzig blickte sie zu mir auf. Cleo war wirklich die Einzige, die immer zu mir hielt. Klingt irgendwie ziemlich erbärmlich… Resigniert kraulte ich sie noch ausgiebig hinter den Ohren, bevor wir unseren Weg fortsetzten. Lustlos seufzte ich auf. Mir fehlten Abenteuer und Abwechslung in meinem Leben. Jeder Tag war nur noch Routine – immer das Gleiche und das Tag für Tag. Als würde ich einfach nur noch vor mich hinleben, ohne viel Anteilnahme an den Ereignissen des Tages. So wollte ich mein Leben einfach nicht akzeptieren! Endlich kamen wir an meinem Lieblingsplatz hier in der Stadt an. Es handelte sich hierbei um einen kleinen Park, der einzige hier in der Nähe, und er strahlte mit seinen vielen Bäumen und dem saftigen Gras eine gewisse Ruhe aus. Ich sog zufrieden die Luft ein und nahm das wohlige Aroma von taufeuchten Wiesen und frischem Laub auf. Ein selbstgenügsames Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Um diese Zeit kamen kaum Leute hierher, und so konnte ich hier ein paar ungestörte Stunden verbringen, weit weg von der Arbeit, weit weg von meiner Nachbarschaft, weit weg von all dem Stress. Ein paar Bänke standen verteilt herum und luden zum Ausruhen und Entspannen ein, doch das Besondere an diesem Ort war der alte Brunnen, der ein wenig abseits stand. Ich konnte es nicht richtig beschreiben, aber er hatte etwas sehr Mystisches und Geheimnisvolles an sich. Bis jetzt hatte ich jedoch immer einen großen Bogen um ihn gemacht. Wenn ich ihn mir ansah, ging meistens die Fantasie mit mir durch und ich malte mir die verrücktesten Geschichten aus. Schnell wand ich den Blick ab, als mir auch schon eine Gänsehaut über den Rücken lief und musste gleich darauf den Kopf über mich selbst schütteln. Das war doch lächerlich! Ich nahm Cleo von der Leine und schon huschte sie schnuppernd davon. Erschöpft ließ ich mich auf eine der Bänke sinken. Eine Zeit lang sah ich Cleo noch zu wie sie fröhlich von Baum zu Baum trabte, schloss dann aber müde die Augen und ließ mich treiben. Diese Ruhe war einfach herrlich. Das waren die einzigen Momente meines Lebens, in denen ich sie nicht missen wollte. Ich lehnte mich erschöpft zurück und ließ den Nacken nach hinten an die Lehne sinken. Ein Bellen ließ mich aufschrecken und ich riss die Augen auf. Cleo?! Panisch sprang ich auf und sah in die Richtung, aus der ich ihr Bellen wahrgenommen hatte. Cleo stand bei dem Brunnen, beide Vorderpfoten an den Brunnenrand gestützt und bellte diesen Non-Stop an. Was war nur in sie gefahren?! Ich rief ein paar Mal nach ihr, wurde aber schlicht von ihr ignoriert. Ich verdrehte die Augen. Wahrscheinlich hatte sie eine Maus gesehen und diese war vor Schreck in den Brunnen geflüchtet. Genervt ächzte ich auf und schlenderte in ihre Richtung. Bei ihr angekommen hörte das Gebell schlagartig auf. Stattdessen fing sie an zu Winseln und ihre Blicke wandten sich abwechselnd mir und dem Brunnen zu. „Was ist los? Ist etwas im Brunnen?“ Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. War da nicht mal ein Horrorfilm mit so einem Brunnen gewesen? „Ach reiß dich zusammen, Rina! Mach dir nicht gleich in die Hosen!“, rief ich mir selbst Mut zu und nahm den Brunnen etwas genauer unter die Lupe. Er musste uralt sein, zumindest machte es den Anschein, und war mit Brettern zugenagelt, was mich doch ein wenig wunderte. Vielleicht um etwas einzusperren? Wieder überkam mich eine Gänsehaut, ärgerte mich doch sogleich darüber. So ein Unsinn! Ich hatte eindeutig eine viel zu lebhafte Fantasie! Ein Kratzen ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Im ersten Moment hatte ich gedacht, das Geräusch käme aus dem Brunnen, doch es war nur Cleo, die begonnen hatte auf den Brettern herumzukratzen. Nachdenklich betrachtete ich meine Hündin. Ihr Verhalten war mehr als ungewöhnlich und sie würde nur wegen einer Maus keineswegs so einen Trubel veranstalten. Was wäre, wenn wirklich jemand hier drinnen eingesperrt worden war? Vielleicht reagierte Cleo deshalb so merkwürdig. Mein erster Gedanke galt der Polizei, doch was wenn ich doch falsch lag? Auf eine Blamage konnte ich getrost verzichten! Genervt seufzte ich auf. Der Tag wurde einfach nicht besser… „Na gut, na gut! Ich breche das Mistding auf!“, beruhigte ich mich und auch Cleo, die kaum dass ich die Worte ausgesprochen hatte, mit dem Gejaule aufhörte und mich nun aufmerksam beobachtete. Ich warf ihr einen müden Blick zu. Das würde später noch Konsequenzen haben, versprach ich mir. Jetzt stand ich vor dem nächsten Problem: Wie sollte ich dieses Ding öffnen? Ich starrte auf die Bretter und im nächsten Moment blinzelte ich einmal. Dann nochmal. Keine Nägel! Sofort griff ich nach einem der Bretter und schon hatte ich es in der Hand. Perplex beäugte ich es. Das war ja einfach… In Gedanken klatschte ich mir mit der Handfläche gegen die Stirn. Wie blöd konnte man nur sein? Nun folgte Brett nach Brett. Sorgfältig stapelte ich die Leisten auf dem Boden, um danach einen Blick in den Brunnen zu werfen. Nichts außer vollkommener Dunkelheit. Ich beugte mich ein wenig tiefer rein, konnte aber immer noch nichts erkennen. Er war einfach zu tief. „Hallo?!“ Mein eigenes Echo hallte mir entgegen, und das war auch schon die einzige Antwort die ich bekam. „Tja, da hast du dich wohl geirrt. Da ist nichts und niemand dr-“ Bevor ich meinen Satz zu Ende bringen konnte, sauste ein goldener Schemen an mir vorbei. Ich wollte noch Cleo´s Namen rufen, da war sie schon in den Tiefen des Brunnens verschwunden. War sie denn von allen guten Geistern verlassen?! Panisch beugte ich mich erneut über den Brunnenrand und rief nach ihr. Keine Antwort. Oh Gott… Ein dicker Kloß bildete sich in meiner Kehle. Was sollte ich nur machen? Ich beugte mich noch tiefer in den Brunnen hinein, in der Hoffnung vielleicht ein paar Umrisse erkennen zu können, doch da war nichts. Das konnte doch nicht sein, sie musste da unten irgendwo sein! Plötzlich spürte ich, wie meine vor Schweiß nassen Handflächen den Halt verloren. Ehe ich es verhindern konnte, fiel ich kopfüber in die Tiefe, nicht in der Lage die Situation auch nur in geringster Weise zu realisieren, dafür ging alles zu schnell. Das einzige was ich noch mitbekam, war ein blau schimmerndes Licht, bevor ich in eine grundlose Schwärze glitt. 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