Shadowwalkers von FaithNova (Licht und Schatten) ================================================================================ Kapitel 37: Kein Weg zurück --------------------------- Als Emma am Abend zurückkam führte ihr erster Weg nicht zu Alice oder Duncan. Es erschien ihr nicht richtig, einem von den Beiden zu erzählen, was passiert war. Ihrer Meinung nach hatten sie dazu schlichtweg kein Recht. Also führte ihr erster Weg, als sie das Kloster erreicht hatte, nicht zu Duncans Büro oder in die Bibliothek, sondern hinauf in ihr Zimmer. Sie wusste, dass Ashley dort sein würde, denn die Gesellschaft der anderen Schattengänger mied sie jetzt mehr als zuvor. Es gab nicht wenige die ihr die Schuld an Delias Tod gaben oder anderweitige Verdächtigungen ausstießen, welche sie umso mehr zu einer Geächteten unter den Schattengängern machten. Aus diesem Grund hatte sie Emmas Zimmer, welches sie jetzt mithilfe eines Feldbettes mit Ashley teilte, nur in ihrer Begleitung verlassen oder wenn Duncan sie sprechen wollte, was in den letzten Tagen ungewöhnlich oft der Fall gewesen war. Ashley meinte, dass er einfach nur in allen Details wissen wollte, was genau in den letzten Wochen mit ihr geschehen war und sie nicht wirklich bereit war, es ihm zu sagen. Mit jedem Schritt, den sie näher kam, versuchte sie sich die richtigen Worte zurecht zu legen. Doch wie schon auf der Fahrt hier her, gelang es ihr einfach nicht in irgendeiner Art und Weise, welche nicht so schlimm klang, zu formulieren, was sie Ashley sagen musste. So trat sie in das Zimmer ein und fand Ashley lesend und auf dem Feldbett liegend vor. Sie hatte das Buch weggelegt, als Emma eingetreten war. Stirnrunzelnd sah sie Emma an. „Was ist denn mit dir los, du siehst aus, als hättest du dich den ganzen Tag lang übergeben.“ Emma lachte nicht. Sie wusste, es war als Scherz gemeint, doch sie konnte nicht lachen. Es war einfach nicht lustig. Sie setzt sich auf das Bett gegenüber von Ashley, die sich aufgerichtet hatte und nun an der Wand lehnend auf dem Feldbett saß. Emma blickte betreten zu Boden. Sie konnte ihr einfach nicht ins Gesicht sehen. Doch sie merkte auch, dass Ashley angesichts ihres Verhaltens unruhig wurde. „Sag mir, was los ist. Du siehst aus, als wäre jemand gestorben.“ Dieses Mal war es kein Witz gewesen, dass war Emma klar. Ashley hatte nicht geahnt, wie nahe sie der Wahrheit mit dieser Aussage kam. Emma sah sie an und flüsterte „Noch nicht, aber bald… wird es soweit sein.“ Ashleys Miene wurde düster. „Was ist los?“ der besorgte Unterton in ihrer Stimme gab Emma schließlich die Kraft, das zu sagen, was sie sagen musste. „Der Auftrag von dem ich dir erzählt habe, die Neuanwerbung. Es ging um ein Mädchen. Und… ich… ich bin zu spät gekommen. Die Dämonen haben sie jetzt.“ Ashley sah betreten zur Seite. „Oh, das ist…“ mehr sagte sie nicht. Und Emma wusste, dass sie ihr gleich das Herz brechen würde, aber es musste gesagt werden, es war besser, wenn sie es jetzt von ihr hörte, als später von jemand anderem. „Ihr Name… ihr Name war… Kacey.“ Ashleys Kopf schnellte wie ein Gummiband zurück und sie starrte Emma an. Ihre Augen waren aufgerissen und voller Entsetzten. Sie sagte nichts und konnte nur fragend in Emmas trauriges Gesicht blicken. Emmas Antwort war ein Nicken und Ashley lies den Kopf in ihre Hände sinken. Genauso hatte Emma sich vorgestellt, wie sie reagieren würde. Nach allem, was in der letzten Zeit passiert war, versetzte ihr diese Nachricht sicherlich den allerletzten Stoß ins Herz. Als Ashley jedoch wieder aufblickte und aufstand, war der Ausdruck in ihrem Gesicht ein gänzlich anderer. Emma hatte damit gerechnet, dass sie sich die Augen ausweinen würde und ihrer Verzweiflung freien Lauf lassen würde, doch in ihren Augen funkelte der blanke Hass und ihre geballten Fäuste waren ein deutliches Zeichen für ehrlichen Zorn. Verdutzt starrte Emma sie an. Ashley sah aus, als wolle sie jemanden umbringen. Und ihre kalte, fauchende Stimme untermauerte diese Vermutung. „Wusste Duncan davon?“ Im ersten Moment hatte Emma keine Ahnung, warum sie danach fragte und nickte einfach nur. Als Ashley dann aber wie der geölte Blitz zur Tür hinaus stürzte, dämmerte ihr, was da vor sich ging. Sie rief ihr noch etwas nach, aber Ashley hörte sie nicht mehr. Binnen von Sekundenbruchteilen wie es schien war sie die Treppen hinunter gerannt und kam nur kurze Zeit später vor der großen Bibliothekstür stehen. Ohne Rücksicht riss sie die Türen auf und stürmte hinein. Duncan, der an einem kleinen Tisch in der Ecke saß, bemerkte sie als erster. „Ashley was soll das?“ meinte Shane, der gerade ein paar Bücher einräumte. Sie funkelte ihn und noch drei andere, die in der Bibliothek waren bedrohlich an. „Verschwindet von hier. Ich habe mit ihm zu reden.“ Fassungslos starrten die vier Schattengänger Duncan an. Doch der nickte ihnen nur zu und bedeutete ihnen damit, dass sie Ashleys „Bitte“ Folge leisten sollten. Kaum waren sie zur Tür hinaus, stürzte Ashley auf ihn zu und packte ihn unsanft am Kragen seines Hemdes. „Du verdammter Bastard. Du hast mir versprochen, dass du meine Familie zufrieden lässt!“ Duncan blinzelte pikiert, als ob er nicht wusste, wovon sie da sprach, aber Ashley wusste es besser. Er war nicht so dumm, wie er sich hier anstellte. Schließlich schien es ihm wohl zu dumm, dass Ashley ihn so am Hals packte und er lies sich zu einer Antwort herab: „Ich habe nicht wirklich verstanden, wovon du redest.“ Doch das war ganz und gar nicht, was Ashley von ihm hören wollte. Sie schubste ihn wütend von sich weg. „Stell dich nicht so dumm, Duncan. Du weißt es sehr genau. Ich rede von meiner Nichte.“ Duncan starrte sie ziemlich herablassend an und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Ich wüsste nicht, warum ich dir gegenüber über unsere Neulinge Rechenschaft schuldig bin.“ Ashley schlug mit der Faust auf die Tischplatte. „Wir hatten eine Abmachung! Du hast gesagt, wenn ich mich den Schattengängern anschließe und dafür sorge, dass meine Familie den Mund hält, würdest du sie zufrieden lassen.“ Duncan nickte zustimmend. „Das habe ich auch getan. Aber das hat nichts mit den Talenten deiner Nichte zu tun. Sie ist eine von uns und deswegen ist es unser Recht, dafür zu sorgen, dass sie in unsere Reihen aufgenommen wird.“ Mit funkelnden Augen meinte Ashley: „Das denke ich nicht.“ Duncan lächelte milde, jedoch war es kein Lächeln, welches ihr seine freundliche Gesinnung vermitteln sollte. „Du wirst das nicht verhindern können, Ashley.“ Ein trotziges Lächeln zierte ihr Gesicht und Wut sprach aus ihrer Stimme „Unglücklicherweise muss ich das gar nicht mehr.“ Duncans Gesichtszüge entgleisten und Ashley wusste, dass er verstand, was sie damit meinte. „Das ist bedauerlich.“ Sagte er. Ashley entgegnete sarkastisch: „Ach wirklich? Ist es das?“ sie machte einige Atemzüge Pause und fuhr fort: „Dir sollte klar sein, dass mein Bruder sie niemals aufgegeben hätte. Ihr hättet Kacey ihnen mit Gewalt wegnehmen müssen und ich denke nicht, dass es für euch die Mühe Wert gewesen wäre.“ Duncan starrte sie finster an und sie wusste, dass er nicht wollte, dass das Gespräch in diese Richtung ging. Aber Ashley ließ das kalt. „Sag mir eines, Duncan, wann wäre es dir zu blöd geworden und du hättest den Tod meiner Nichte und ihrer Eltern befohlen?“ und nun war es gesagt. Ashley war klar, dass sie niemals hätte davon erfahren dürfen, dass dies eine Möglichkeit war, von der die Schattengänger Gebrauch machten, aber sie wusste es nunmal. Bevor man sie frei rum laufen ließ oder den Dämonen überließ – die allerdings auch die jeweiligen Kandidaten nicht gerade lange am Leben lassen würden – legte man lieber selbst Hand an und verschwieg, dass es jemals einen Kandidaten gegeben hatte. Und Ashley hätte davon eigentlich gar nichts wissen dürfen. „Wie kommst du auf so etwas?“ fragte er mit gespielter Empörung, die Ashley aber mit Leichtigkeit durchschaute. Allerdings wartete Duncan nicht mal auf eine Antwort. Er gab sie sich selbst. „Lily hat dir wirklich einige hässliche Unwahrheiten über uns erzählt. Vielleicht hat sie dich doch mehr verdorben als ich annahm. Und dabei dachte ich mir, dass sie dich einfach nur dazu braucht, ihre Bedürfnisse zu befriedigen.“ Ashley legte den Kopf schief und meinte: „Wie gut, dass du alles auf sie schieben kannst, um von dem eigentlichen Thema abzulenken. Aber diesmal funktioniert das nicht.“ Duncan merkte wohl, dass sie mit ihrer Aussage recht hatte und setzte mit einem ziemlich geschäftsmäßigem Ton hinzu: „Wie ich schon sagte, ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.“ Und damit war für Ashley das Maß endgültig voll. „Gut, dann bin ich es nämlich auch nicht mehr.“ Jetzt wurde er so richtig hellhörig „Was soll das heißen?“ Ashley, die sich schon zum Gehen gewandt hatte, drehte sich wieder zu ihm. Aus ihr sprach die blanke Verabscheuung gegenüber ihm und allem was er ihr in den letzten Minuten vorgesetzt hatte. „Das heißt, dass du mich jetzt zum letzten Mal gesehen hast. Ich werde von hier verschwinden und künftig einen großen Bogen um dich und deinesgleichen machen.“ Duncan schien wie vor den Kopf gestoßen, damit hatte er wirklich nicht gerechnet. „Das kannst du nicht machen.“ Ashley grinste hämisch „Und ob ich das kann!“ Und mit diesen Worten steuerte Ashley auf den Ausgang zu. Und zum ersten Mal zeigte Duncan eine unerwartete Reaktion. „Warte!“ brüllte er, so von Wut gebeutelt, wie Ashley ihn noch nie gesehen hatte. Sie blieb zwar stehen, zeigte aber kein bisschen Furcht. Und das schien ihn noch mehr zu reizen. Niemand hatte es je gewagt, sich ihm dermaßen zu widersetzten. „Du wirst es nicht wagen, einfach so von hier zu verschwinden. Du hast meinen Befehlen Folge zu leisten. Und ich befehle dir, dass du dich augenblicklich für dein Verhalten entschuldigst.“ Aber Ashley reagierte trotzig. „Oder was?“ schleuderte sie ihm entgegen und er war so perplex, dass er nichts mehr sagen konnte. Sie fuhr fort ohne ihm Zeit zu lassen, diesen Schock zu verdauen. „Was willst du mir dann antun? Was bitte kannst du mir jetzt noch wegnehmen? Ich habe nichts mehr, was mir irgendetwas bedeutet. Dafür hast du ja gesorgt. Bitte, töte mich, sperr mich ein. Tu dir keinen Zwang an. Aber du solltest dich fragen: Wie begründest du das? Und auch wenn du noch so viele Befehle erteilst, dass darüber nicht gesprochen werden darf, so weißt du ganz genau, dass sie es hinter vorgehaltener Hand doch tun werden. Entweder du lässt mich gehen, oder – und das schwöre ich dir – ich werde dir, wenn auch nicht persönlich – den Rest deiner Tage zur Hölle machen.“ Duncan starrte sie wie vom Donner gerührt an. Und Ashley erkannte, dass er mit sich haderte, er wusste, sie hatte Recht. Um ihn endlich den letzten Schlag zu verpassen fuhr sie fort. „Und was dein heiß geliebtes Manuskript betrifft, solltest du dir über eines klar sein: Bevor du oder einer von deinen Leuten es findet, habe ich es schon lange gefunden. Und wenn mir einer von euch je wieder zu Nahe kommt, weißt du, was die Stunde geschlagen hat! Du jedenfalls wirst es niemals in die Hände bekommen, dafür werde ich sorgen.“ Und mit diesen Worten verschwand Ashley zur Tür hinaus. Duncan hielt sie nicht auf. Er war in den Stuhl zurückgesunken und dachte nach. Ashley verließ das Kloster ohne Umweg. Nicht einmal von Emma verabschiedete sie sich. Sie konnte es einfach nicht mehr länger hier aushalten. Und so machte sie sich auf den Weg in die Stadt, allein und immer noch voller Wut und Trauer über das Schicksal ihrer Nichte, an dem sie aber leider nichts mehr ändern konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)