Shadowwalkers von FaithNova (Licht und Schatten) ================================================================================ Kapitel 22: Charons Plan ------------------------ Im Versammlungsraum der Dämonen herrschte eine aufgeregte Stimmung. Lucas hatte sie alle relativ kurzfristig zusammengerufen aber den Grund für das Treffen hatte er nicht nennen wollen. Alles, was sie erfahren hatte, war, dass es sich um eine äußerst wichtige Angelegenheit handle, welche die Anwesenheit aller ranghöheren Dämonen erforderte. Und so saß Lily nun etwas missmutig in ihrem Stuhl am kreisrunden Tisch wartete darauf, dass sich Lucas endlich blicken lies. Um sie herum herrschte ein Gesumme wie in einem Bienenstock. Keiner traute sich wirklich laut zu sprechen, allerdings bildeten die halblauten Gespräche inzwischen doch eine ziemliche Geräuschkulisse. Einige standen zurückgezogen in irgendwelchen Ecken und tuschelten miteinander, während einige schon ihren Platz eingenommen hatten. So mancher wirkte ziemlich angespannte. Solche Zusammentreffen endeten nicht selten darin, dass ein Dämon, der sich einen Fehltritt erlaubt hatte vor versammelter Mannschaft gedemütigt und bestraft wurde. Im Moment aber war es die größte Strafe, dass Lucas sie alle so warten lies. Lily hatte wahrlich keine Lust, hier noch länger zu warten, sie wusste Besseres mit ihrer Zeit an zu fangen. Dennoch machte sie keine Anstalten zu gehen. Es war den Ärger nicht wert, den es verursachen würde, wenn sie jetzt ginge. Nach etwa zehn weiteren Minuten des Wartens betrat Lucas endlich den Raum. Im Schlepptau hatte er Charon. Als die Anwesenden die Ankunft ihres Anführers bemerkten, suchten sich alle ihren Platz und verfielen in augenblickliches Schweigen. Charon nahm neben Lily seinen angestammten Platz ein. Lucas lies sich Zeit, ging einmal um den Tisch herum und nickte allen Anwesenden zu. Dann erst nahm er gemächlich auf seinem Stuhl Platz. „Liebe Freunde…“ fing er mit bedeutungsschwangerer Stimme seine Rede an. Lily rollte mit den Augen, es war jedes Mal das Gleiche. „… uns ist ein entscheidender Hinweis in die Hände gefallen, der einen Vorteil gegenüber den Schattengängern ermöglichen wird.“ Er hielt kurz inne, um die Reaktionen der Dämonen ab zu warten. Einige grinsten, andere ballten die Fäuste und wieder andere – zu denen auch Lily gehörte – schienen gänzlich uninteressiert. „Unser Bruder Charon hat durch geschickte Bestechung der Menschen eine interessante Information aufgetan.“ Er nickte Charon zu und bedeutete ihm, fort zufahren. Der verneigte sich unterwürfig, nachdem er sich erhoben hatte – was Lily zu einem erneuten Augenrollen hinriss. „Einer meiner getreuen Diener hat erfahren, dass Duncan bei einer der städtischen Behörden eine Anfrage über den Wald im Norden des Stadtgebietes gestellt hat. Genauer gesagt scheint er sich für die dortige Ruine zu interessieren. Ich denke, dass er dies nicht ohne Grund getan hat. Er vermutet dort etwas.“ Charon grinste breit und deutete an, dass er noch einiges zu sagen hatte. Doch Lucas bedeutete ihm, dass er sich wieder setzten sollte. Wieder folgte eine tiefe Verneigung, durch die Charon mit der Nase fast den Tisch berührte. Lily verkniff sich ein Lachen. Sie fand es geradezu widerlich, wie sehr er seine Unterwerfung zur Schau stellte. Er würde das wohl nie bei mir machen, dachte sie sich. Lucas sah in die Runde und die meisten starrten ihn erwartungsvoll an. Schließlich brach er das erneute Schweigen „Da ich ebenfalls der Meinung bin, dass die Schattengänger dort…“ er unterbrach kurz und grinste Lily breit an, was diese aufhorchen lies. „… etwas sehr Wichtiges suchen.“ Nun war Lily aus ihrer Langeweile gerissen. Die Betonung auf dem Wort „Wichtiges“ gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie ahnte, um was es ihm ging. Er vermutete, dass die Schattengänger, das Manuskript gefunden hatten. Doch sie sagte nichts. Sie wusste, dass er es seinen Leuten nicht sagen wollte. Warum auch. Dämonen waren selten wirklich loyal, wenn sie einen Machtvorteil besaßen. „Aus diesem Grund habe ich angeordnet, dass sich ein paar unserer Attentäter Dämonen im Wald und bei der Ruine aufhalten sollen. Sie sollen nach eventuellen Aktivitäten der Schattengänger Ausschau halten und wenn nötig jeden einzelnen von ihnen liquidieren.“ Als Lucas mit seiner Rede geendet hatte, erntete er von den meisten am Tisch Beifall. Nur Lily blieb gänzlich ruhig. Das entwickelte sich gar nicht so, wie sie es gehofft hatte. Allerdings musste sie sich eingestehen, dass sie in den letzten Monaten nicht gerade viel darüber nachgedacht hatte. Weder das Manuskript, noch die Tatsache, dass Duncan Ashley einen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort übersetzten lies, hatte sie beschäftigt. Und nun schien es sie wieder ein zuholen. Vor allem die Tatsache, dass sie ihm nichts davon erzählt hatte. Nie im Leben hatte sie daran gedacht, dass ihr Verschweigen nun ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Allerdings nicht für sie. Es würde wohl eher Ashley treffen. Lucas, der den Beifall und den Jubel seiner „Untertanen“ genoss, bemerkte nichts von ihrer Reaktion. Niemand tat das, niemand außer Charon, der schließlich direkt neben ihr saß. Als Lucas 10 Minuten später, in denen jeder, der was auf sich gab zu den Entwicklungen und dem anstehenden Tod von ein paar Schattengängern mehr seinen Kommentar abgab, das Treffen für beendet erklärte, schlich sich Lily heimlich aus dem Sitzungsraum. Doch Charon folgte ihr. Kurz vor dem Fahrstuhl nach oben hatte er sie schließlich eingeholt. „Bleib stehen!“ rief er in einem ziemlich harschen Ton, der ihm einen äußerst wütenden Blick von Lily einbrachte. Nur weil er von Lucas zum Held des Tages ernannt wurde, hatte er noch lange nicht das Recht sie – eine der sieben Erzdämonen und Fürstin über die Dunkelheit – so anzusprechen. „Was willst du?“ fauchte sie ihn an und in ihren Augen flackerte ein bedrohliches Funkeln auf. Charon blieb auf Abstand, er hatte erkannt, dass ihre Stimmung alles andere als ungefährlich war. „Wo willst du hin?“ fragte er vorsichtig. Lily antwortete ihm nicht. Sie starrte ihn nur einige Augenblicke an. Was wollte er eigentlich von ihr? Doch schließlich entschied sie sich, dass sie vorsichtig sein müsste. Charon würde nicht zögern, sie an Lucas zu verraten. Also entschloss sie sich, ruhig zu bleiben. „Das Treffen ist vorbei und habe nicht das geringste Interesse mich noch weiter inmitten dieser… Umgebung auf zu halten.“ Sie wandte sich wieder zum gehen, doch Charon, gab sich damit nicht zufrieden. „Angesichts der Tatsache, dass wir den Schattengängern bei der Suche nach dem Manuskript zuvorkommen, solltest du etwas mehr Interesse zeigen.“ Lily verschränkte die Arme vor der Brust. „Wieso, das ganze hat mich noch nie interessiert. Warum soll ich heute damit anfangen, Interesse zu heucheln?“ Charon musterte sie von oben bis unten. Offensichtlich wusste er nicht, was er darauf erwidern sollte. Langsam wandte sich Lily von ihm ab und stieg in den Fahrstuhl. Bevor die Tür sich wieder schloss, setzte Lily noch mal einen drauf. „Seit wann bestimmst du überhaupt über mein Kommen und Gehen?“ Charon starrte sie an, dann schlossen sich die Türen und Charon meinte flüsternd „Nein, über dein Kommen habe ich definitiv schon lange nicht mehr bestimmt.“ Dann drehte er sich um und ging zurück in den Versammlungsraum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)