Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 90: So wie früher ------------------------- Antonin Sie lagen danach noch eine Weile im Bett, sich streichelnd, die Nachbeben genießend. Doch dann rappelte Antonin sich auf, als Cole meinte, dass sie noch zu ihm müssten, bevor er ins Lady Dream zur Arbeit fahren könnte. Nach einer schnellen Dusche, setzte er Kaffee auf während Cole im Bad war und trat mit sorgenvollem Blick an seinen Schrank. Nur zögernd griff er nach einer bequemen Jeans und einem schwarzen Hemd, den ersten Waffenholster am Gürtel hinten befestigend. Es war als hätte es keine Monate der Pause gegeben, sondern etwas über das er nicht nachdenken musste. Die Eagle lag noch im Flur auf dem Telefonkästchen, doch noch war es nicht so weit. Auch das zweite Holster an der Schulter war schnell befestigt, genau wie die Magnum. Ein sehr tiefes Seufzen entkam seiner Kehle als er nach dem halblangen Mantel griff und ihn sich überzog. Es war nicht so dass er wieder in alte Muster verfallen wollte, aber sie gaben ihm ein wenig Sicherheit. Es war im Grunde seine Arbeitskleidung gewesen als er auf Cole getroffen war. Es würde ihm das Gefühl geben, sich nicht mehr so leicht überrumpeln zu lassen. Cole schien nichts dazu zu sagen, was Antonin gerade recht war. Er kramte ein wenig in seiner Küche herum, das abgebissene Teil vom Brotlaib schneidend und es wegwerfend. Es bräuchte niemand zu sehen, dass er sich wie ein Neandertaler aufgeführt hatte. Nach einem gemeinsamen Kaffee verließen sie die Wohnung und auf dem Weg zur U-Bahn Station, weil unbedingt Cole fahren wollte - nun ihm war es recht -, dachte er über die Befehle nach, die er erhalten hatte. Entweder hatte sein geliebtes Ziel es vergessen oder wollte es nicht wahrhaben, aber Befehle dieser Art - sich nicht zu opfern - waren sinnlos. Er konnte Befehle immer in Frage stellen, wenn sie im Zusammenhang der Sicherheit seines Zieles standen. Wenn es Cole retten würde, sich vor ihn zu werfen, könnte er das tun. Nicht leicht, aber es ginge. Aber er hatte das Thema nicht mehr auf den Tisch gebracht. Möglicherweise ein anderes Mal, oder ein wenig später. Hin und wieder sah Antonin sich aufmerksam um, nicht aus dem Gefühl heraus verfolgt zu werden, sondern weil ihm die Menschen jetzt tatsächlich wieder anders auffielen. Es waren nicht einfach nur namenlose Gesichter und Personen, sondern potentielle Gefahren. Für Cole ebenso wie für ihn. Es war anstrengend, es war nervig und es machte ihn aggressiv. Was Antonin jedoch so gut wie möglich versuchte zu unterdrücken, doch sein Blick und Aura würde in der nächsten Zeit noch sehr viel häufiger schwanken. Vermutlich hätte er ohne Coles beruhigende Anwesenheit tatsächlich mit irgendjemandem Streit gesucht, rein um diesen immerwährenden, schwelenden Zorn in sich loszuwerden. Bei Cole angekommen lehnte er sich an die Küchenzeile und musste lächeln als das Fellknäul sich tatsächlich recht nahe an ihn heranwagte, aber noch ging er nicht in die Knie um das Tier zu streicheln. Antonin hatte in solchen Dingen viel Geduld und würde sich diesen Fortschritt nicht durch etwas Übereiltes zerstören. Seufzend schloss er die Augen und massierte sich die Schläfen. Weder sein Magen noch sein Kopf waren auf dem Damm und was genau er im Lady Dream machen sollte war ihm im Grunde auch ein Rätsel. Er hätte sich ein Buch mitnehmen sollen… Und noch eine Portion mehr von seinem Sarkasmus… Nathan Leise grollend streckte er die Hand nach seinem Wecker aus und stoppte den Piepston damit effektiv, bevor er sich herumdrehte und sich wieder an seine Wärmequelle schmiegte. Heute war das Aufstehen deutlich schwieriger als sonst und auch wenn er nie sofort aus dem Bett sprang und losstürzte so war der Drang danach auch überhaupt nicht vorhanden. Viel zu gemütlich war es gerade, wieder einen Arm um Ragnar zu legen und einfach liegen zu bleiben. Dessen angenehmen Duft zu inhalieren und sacht über dessen Seiten zu streicheln. Aber leider wusste Nathan nur zu gut was passieren würde wenn er nicht spätestens mittags im Büro wäre. Ob er einmal austesten sollte, ob Elisa rein aus Panik heraus eine Vermisstenmeldung bei der Polizei aufgeben würde? Er musste gegen die Haut des anderen lächeln und öffnete schließlich doch seine Augen. Wer hätte vor ein paar Tagen noch gedacht, dass er tatsächlich einmal oder so zeitig mit dem anderen Mann in einem Bett aufwachen würde? Nathan war niemand, der gerne zweifelte, aber beim gestrigen Mittagessen war er schon sehr nahe daran gewesen. Doch dafür hatte ihn der Abend, nein vielmehr Ragnar mehr als entlohnt. Einen Kuss auf die weiche Haut der Schulter hauchend, löste er sich dann doch und als Ragnar sich auch zu rühren begann, strich er ihm liebevoll über die Stirn. "Bleib noch ein wenig liegen, wenn du willst. Ich geh erstmal duschen und würde dir zum Frühstück Bescheid geben", murmelte er und stand nach einer letzten Streicheleinheit für diesen schönen Mann dann doch auf. Sich einen Anzug und Unterwäsche aus dem Schrank suchend, marschierte er damit müde über die Treppe nach unten, zu seinem Badezimmer. Das einzige Manko dieser Wohnung, wenn man ihn fragen würde, denn schon häufiger hätte er es besser gefunden das Badezimmer auf der gleichen Ebene wie das Schlafzimmer zu haben. Wie fast alles in dieser Wohnung war auch sein Badezimmer in hellen Farben gehalten. Weiße Fliesen, mit dämpfender Lackierung darüber und hin und wieder gab es vereinzelte schwarze Marmorfliesen mit silbernen Verzierungen, die das ganze etwas aufpeppten. Nach seiner morgendlichen Routine, hängte er sich seine Krawatte lose und ungebunden um den Hals und setzte schließlich den Kaffee auf. Und noch bevor er wieder nach oben gehen konnte, um Ragnar zu wecken, kam dieser herunter und Nathan musste lächeln. Dessen Frisur wirkte genauso zerzaust und verschlafen wie seine eigene noch vor kurzer Zeit ausgesehen hatte. Schnell trat er auf ihn zu, legte ihm einen Arm um die Hüften und küsste ihn. "Guten Morgen. Kaffee braucht noch." Damit erklärte er ihm, wo sich das Bad befand und dass er unter dem Waschbecken wohl noch eine Zahnbürste finden müsste, die neu wäre. Damit machte er sich dann daran, das Brot, den Aufschnitt und Marmerlade auf den Tisch zu stellen und ihn zu decken. Selbst wenn Ragnar zu den Menschen gehören sollte, die nichts frühstücken, war er lieber darauf vorbereitet. Zudem er für sich selbst das Frühstück dringend brauchte, um halbwegs in den Tag starten zu können. Er füllte zwei Kaffeetassen, stellte sie ebenfalls mit Milch und Zucker zusammen auf den Tisch und holte noch Saft aus dem Kühlschrank, bevor er sich setzte und auf die Uhr sah. Es gab noch keinen Grund zum hetzen. Sehr gut. Er hatte sich vorgenommen Ragnar zu fragen, wann sie sich wiedersehen würden. Vielleicht ja sogar im Savoy? Nathan hatte es genossen, mit Ragnar zu tanzen und gegebenenfalls wäre ihm auch ein anderer Club recht, wenn dem anderen das jetzt unangenehm sein sollte. Warum auch immer. Manche Menschen verhielten sich einfach seltsam. Nathan konnte das nicht nachvollziehen und auch wenn er Ragnar gar nicht so einschätzte, so war er durchaus bereit hier Zugeständnisse zu machen, schließlich sah es nicht so aus als würde er das Interesse jetzt noch plötzlich verlieren. Warum auch? Ragnar war ein toller Mensch, auch wenn man das HIV Virus nicht vergessen durfte. Bisher schien er nichts falsch gemacht zu haben, davon ging er alleine deshalb schon aus, weil Ragnar selbst mehr als jeder andere darauf zu achten schien, seine Umwelt nicht zu gefährden. Ragnar Es war um Punkt 7 Uhr gewesen, als sein Handy leise gepiept hatte und er wie jeden Tag im Halbschlaf kurz aus dem Bett aufstand, zu seiner Hose lief, das Handy wieder ausschaltete und das Tütchen mit den Tabletten darin herausnahm. Er griff zu einer der Flaschen, die Nathan mitgebracht hatte und schluckte die Tabletten, wie jeden Morgen schon seit vielen Tagen. Er hatte feste Zeiten und sein Handy erinnerte ihn an diese. Die Regelmäßigkeit war wichtig. Und daher hatte er sich gestern bereits seine Tabletten zurecht gemacht, hoffend, dass er diese Nacht nicht nach Hause zurückkehren müsste, was sich ja bewahrheitet hatte. Schließlich legte er sich wieder hin, kuschelte sich an Nathan und küsste ihn sanft an die Schläfe, bevor er die Augen wieder schloss und bald darauf wieder im Land der Träume versunken war. Wecker gehörten verboten. Ragnar schlief nie mit einem Wecker. Nur wenn er wirklich mal einen Termin recht früh hatte, dann stellte er sich sein Handy, ansonsten schlief er aus und es war seine innere Uhr, die ihn stets so aus dem Bett holte, dass er noch genügend Zeit hatte, bevor er ins Lady ging. Allerdings gab es dafür ja auch keinen festen Termin. Er hatte das Glück, dass er keine festen Arbeitszeiten hatte. Als er spürte, wie Nathan sich noch einmal an ihn kuschelte, musste er lächeln. Dieses Gefühl, neben jemandem aufzuwachen, der auch am Morgen danach noch seine Nähe suchte und nicht seinen Namen vergessen hatte, war ein unglaublich schönes Gefühl. Ein Gefühl, von dem man süchtig werden könnte. Als er spürte, dass Nathan sich wieder von ihm löste, um aufzustehen, drehte er sich dem anderen zu. "Morgn..", murmelte er und blinzelte den anderen an, als er dessen Hand auf seiner Stirn spürte und die Worte hörte. Er nickte, unfähig noch einmal die kratzige Stimme von grade herauszuholen. Wie viel Uhr es wohl sein mag? Seine Beine fühlten sich so an, als gingen sie davon aus, dass sie noch mindestens drei Stunden weiterschlafen dürften. Er beobachtete, noch immer damit kämpfend, die Augen offen zu halten, wie Nathan aufstand und sich etwas zum Anziehen heraussuchte. Dieser Mann war wirklich eine Schönheit. Und Ragnar durfte sogar ein wenig dahinter sehen, um erstaunt festzustellen, dass es dahinter genauso schön war. Nathan war intelligent, vielleicht lag es daran. Denn in der Szene gab es eine Menge hübscher Menschen, aber keiner dieser jugend- und schönheitsfanatischen Männer würden ihm jemals einen zweiten Blick schenken, wenn sie erfuhren, dass er positiv war. Ragnar rollte sich auf den Bauch und begann seine morgendliche 'Streckprozedur' zu absolvieren. Er liebte es, sich morgens im Bett zu räkeln und zu strecken, bis wirklich überall wieder Leben in seinen Gebeinen war. Als er hörte, dass Nathan wieder aus dem Bad kam, stand er auf, suchte seine Klamotten zusammen und ging schließlich die Treppe hinunter, um ins Bad zu gehen. Leise pfiff er durch die Zähne, als er Nathan in seinem Anzug sah, noch ohne Jackett, und mit dieser noch nicht festgeschnürten Krawatte, die ihn sehr sexy wirken ließ. Nun gut, Nathan war an sich einfach nur sexy, wohl auch wenn er in Fetzen dastünde. "Danke", lächelte Ragnar, als ihm dieser das Bad wies und ging eben dorthin, um sich wieder in einen Menschen zu verwandeln. Das Bad war genauso schön, wie der Rest der Wohnung. Dass es Nathan finanziell ziemlich gut ging, war ihm bekannt, aber spätestens die Wohnung hätte ihm eben das auch verraten. Aber das war eine Sache, die ihn weder wirklich interessierte, noch in dem Bild, das er von Nathan hatte, irgendeine Bedeutung spielte. Er erlaubte sich, nach der Dusche ein wenig Haargel von Nathan zu verwenden. Ein prüfendes Streicheln über sein Kinn ließ ihn wissen, dass er sich morgen würde rasieren müssen. Dann wäre sein 5 Tage Bart zu viel. Er hatte zum Glück relativ schwachen Bartwuchs, aber so alle 5 bis 6 Tage musste er sich doch rasieren. Wobei er sich mochte, wenn er eben jenen 3-4 Tage Bart hatte. Er gefiel sich damit. Als er sich anzog, musste er sich kurz an der Wand abstützen, die Augen schließen und warten, dass das Schwindelgefühl nachließ. Mit dem Schwindelgefühl kam auch in alter Gewohnheit jene Übelkeit, die ihn manchmal auch Galle spucken ließ. Innerlich betete er, dass es diesmal nicht so sein würde, nicht hier, nicht jetzt... Als es wieder ein wenig abklang, blieben dafür die Kopfschmerzen zurück, die ihn so häufig begleiteten. Und so kam er schließlich in die Küche, dem Kaffeegeruch folgend. Vielleicht sollte er etwas essen, zumindest ein wenig, damit sein Magen wieder etwas zu tun bekam. Die Medikamente waren nicht gut. Früher hatte er versucht etwas zu essen, nachdem er sie genommen hatte, doch das endete immer über der Schüssel. Doch es müsste lang genug her sein, dass das hier hoffentlich nicht geschehen würde. "Hmm", schnurrte er, als er den Tisch sah. "Ich fürchte du verwöhnst mich..." Lächelnd setzte er sich an den Tisch. Er griff zum Kaffee und schenkte sich ein, zusammen mit ein wenig Milch und ein wenig mehr Zucker. Er hob die Tasse an und beobachtete kurz, wie der Dampf aufstieg, dann blickte er zu Nathan. "Ich hoffe du hast gut schlafen können und gehst einigermaßen ausgeruht in die Arbeit", fragte er. Dann trank er einen Schluck Kaffee und stellte die Tasse wieder hin, um sich ein Brot zu nehmen, und es mit Marmelade zu beschmieren. Er frühstückte eigentlich nur Kaffee und auf dem Weg zum Lady-Dream kaufte er sich jeden Morgen beim gleichen Bäcker ein Croissant, manchmal auch irgendwelches andere Zuckerzeug, Hauptsache es war süß. In der Früh konnte er nichts Deftiges haben, je süßer, desto besser. Nathan Verwöhnen? Ein wenig irritiert sah Nathan auf seinen Küchentisch und sah auch auf einen zweiten Blick nichts Ungewöhnliches. Aber wenn Ragnar meinte, würde er mal nicht widersprechen. Er lächelte und hob seine Tasse, um selbst einen weiteren Schluck zu trinken. "Danke, mein Schlaf war ausgezeichnet. Wenn du einen neuen Job suchst, nehme ich dich gern als Kuscheltier und Wärmflasche hier auf." Ein kleines Grinsen begleitete seine Worte und er zwinkerte, bevor er sich eine Brotscheibe mit Streichkäse bestrich und herzhaft hinein biss. Aber auch wenn er sich wach und erholt fühlte, so bemerkte er doch das fehlende Wochenende. Für das nächste nahm er sich vor, wirklich einmal auszuschlafen und sich nicht wieder zu mehr Arbeit als nötig verführen zu lassen. Er hob den Blick und musterte Ragnar kurz. Vielleicht ließe dieser sich ja davon überzeugen, nach seiner Arbeit am Wochenende noch vorbeizukommen und hier zu schlafen. Gerade als er so etwas erwähnen wollte, ging sein Telefon und der Anrufbeantworter sprang sofort an. Das hatte er gestern vergessen wieder umzustellen. Ohne aufzustehen lauschte er seiner eigenen Stimme und dem folgenden Piepston. Ob er den Anruf noch entgegennehmen wollte oder nicht, könnte er auch gleich noch entscheiden. So biss er abermals von seinem Brot ab und lauschte dem Anrufer. "Nate, bei aller Liebe aber ich schwöre, wenn du dein Handy schon wieder verlegt hast, werde ich zum Mörder. Das wäre dann schon das dritte in diesem Jahr! Und warum bist du nicht im Büro? Deine unfähige Telefontussi hat wieder von nichts eine Ahnung! Warum hörst du nicht endlich einmal auf Elisa und feuerst sie? Aber wie dem auch sei, der Grund warum ich seit ZWEI Stunden versuche dich zu erreichen, ist Sascha. Du hast seinen Geburtstag doch nicht vergessen, oder? Wir müssen uns jetzt endlich mal zusammensetzen und uns ein Geschenk für ihn überlegen. Wovon natürlich du den Löwenanteil tragen wirst, wenn es wieder so eine verrückte Idee wie letztes Jahr wird. Wie war die Verleihung eigentlich? Nach deiner Laune beim Mittagessen zu urteilen lief ja gestern einiges schief. Du bist nicht wirklich auf der Suche nach einer Mülltonne, oder? Wie dem auch sei, ich habe mich gestern von einem Kerl abschleppen lassen und habe die seltsamste Wohnung meines Lebens ges...", hier unterbrach der Anrufbeantworter die Nachricht und Nathan stützte einen Ellenbogen auf den Tisch, um seine Stirn in seiner Handfläche zu vergraben. Ergeben auf den zweiten Anruf wartend, sah er Ragnar nicht an. Er war gerade nur dankbar, dass er gestern nicht noch mehr erzählt hatte, denn die Erklärung wollte er eigentlich unter gar keinen Umständen abgeben. Wie nicht anders zu erwarten, sprang die Maschine ein zweites Mal an. "Diese verfluchte Technik! Wo war ich? Ach ja, ich bin‘s nochmal. Also, diese Wohnung war vollgestopft mit Dildos. Und hey, wir haben sie alle irgendwo rumliegen und ich bin der allerletzte, der etwas dagegen hat, aber DAS! Nate, ich lüge nicht wenn ich behaupte, dass man kaum irgendwo sitzen konnte ohne über einen zu stolpern. Gelbe, grüne, lilane, große, kleine, riesengroße, mit Noppen, ohne Noppen. Kurzzeitig dachte ich, ich muss den Kerl einliefern lassen. Aber der Sex war nicht ohne. Nicht berauschend, aber auch nicht gänzlich mies. Ich glaube ich hab ihn schonmal im Savoy gesehen! Ich zeig ihn euch das nächste Mal, nicht dass Sascha auch nochmal aus Versehen über den Kerl stolpert. Der gute würde Therapiesitzungen brauchen, um das aus seinem Kopf zu bekommen. Sehen wir uns heute Abend? Meld dich!" Schweigend griff Nathan nach seiner Kaffeetasse und runzelte die Stirn, innehaltend bevor er trinken konnte. "Jetzt bleibt mir wohl nur zu hoffen, dass mein Handy tatsächlich noch im Auto ist", murmelte er und trank dann schließlich doch, einen Blick zu Ragnar werfend. "Das war einer meiner besten Freunde, du hast ihn sogar schon mal gesehen. Der kleine, total überdrehte Kerl, der mein Hemd haben wollte? Ich habe meinen Leuten schon an die hundert Mal gesagt, dass sie ihm kein Red Bull geben sollen, da er im Normalzustand schon kaum stillsitzen kann", erzählte er und räusperte sich dann. "Ich hab mir vorher überlegt, dass ich ganz gerne nochmal mit dir weggehen würde. Ohne dass du mich auf der Tanzfläche stehen lässt, vielleicht?" Er lächelte und streckte die Hand aus, um mit zwei Fingern über Ragnars Schläfe, bis zum Wangenknochen zu streicheln. "Wobei das mit unseren unterschiedlichen Arbeitszeiten gar nicht so leicht ist. Ich würde mich also nach dir richten für ein nächstes Treffen. Wenn du das willst?", fragend sah er den anderen an, bedauernd dass sie nicht mehr wirklich Zeit hatten. Alleine wenn er dessen Haut berührte bekam er fast schon Lust auf mehr. "Soll ich dich dann eigentlich noch wo absetzen?" Ragnar "Hm, ein Job als Wärmflasche wäre eigentlich ziemlich cool und wenig anstrengend. Ich werde es mir überlegen." Er zwinkerte dem anderen zu und trank einen Schluck Kaffee. Die gute Laune, die er seit gestern plötzlich wieder verspürte, schien noch nicht abgeklungen zu sein. Und Ragnar freute sich darüber. Letztlich wusste er, dass das sich jederzeit ändern konnte. Und seine Angst vor diesen schwarzen Löchern war so groß, dass dieses Nachdenken darüber manchmal schon diese Depression auslöste. Ein Teufelskreis, dessen sich Ragnar nicht bewusst sein wollte. Genussvoll biss er in das Marmeladenbrot. Vielleicht sollte er auch ein wenig mehr zu Hause essen und für sich sorgen. Besonders falls Nathan jemals bei ihm sein würde... Nein, Ragnar würde nicht zulassen, dass er sich dieses Etwas ansah. In diesem Gedanken versunken merkte er gar nicht, wie Nathan ihn ansah und blickte erst auf, als das Telefon läutete. Verwundert stellte er fest, dass Nathan nicht hingehen wollte. Aber sicher war der andere einfach zu häufig erreichbar und scheinbar wollte er diesen Morgen nicht gleich mit telefonieren verbringen. Als er die Stimme des Anrufers hörte, wusste er gleich, wer von den beiden Freunden das wohl sein musste. Überrascht hob er die Augenbrauen, als er zum einen den Spitznamen für Nathan hörte, zum anderen die schwungvollen Worte des Anrufers. Doch bald schlich sich ein breites Grinsen auf seine Lippen. Offenbar hatte Nathan wirklich gute Freunde, was doch auch sehr beruhigend war, denn das ließ darauf schließen, dass sein Gegenüber wirklich ein ganz normaler Mann war. Ein junger Mann, der Freunde hatte, wegging, erfolgreich arbeitete und zudem verdammt gut aussah. Also letztlich der Traum aller Männer war - und eigentlich so absolut gar nicht zu Ragnar passte. Denn Ragnar hatte kein normales Leben vorzuweisen. In keinerlei Hinsicht. Ob ihm deshalb Nathan so gut tat? Wahrscheinlich. Verlorene Handys? Eine unfähige Sekretärin? Ein Geburtstag? Eine Mülltonne? Interessante Infos, aber so ganz schlau wurde Ragnar nicht aus dem, was er hören durfte, aber es ging ihn ja letztlich auch nichts an. Als das Band zu Ende war und betrachtete er Nathan, dem es offenbar ein wenig unangenehm war, da er ihn nicht ansah, sondern seinen Kopf auf seine Hände stützte. Gerade wollte er etwas sagen, als der AB wieder ansprang. Und diesmal musste er sich ein Lachen verkneifen. Oh ja, dieser Mann hatte wirklich wunderbare Freunde. Freunde, die ein unbedarftes Leben führen konnten. Als der Anruf schließlich vorbei war, blickte Ragnar Nathan noch immer lächelnd an, hörte ihm zu. "Ich hoffe du verlierst dein Handy wirklich so schnell nicht mehr, denn wie sollte ich dir sonst meine Entscheidung hinsichtlich des Jobangebots mitteilen?" Seine Augen funkelten amüsiert. "Ja, ich kann mich gut erinnern", erklärte er dann. "Und ich finde ihn äußerst sympathisch." Als sich Nathan räusperte schien jener sie wieder zu Ernsthaftigkeit zu ermahnen. Offenbar hatte Nathan ihm vorhin schon etwas mitteilen wollen, doch der Anruf war dazwischen zu kommen. Ob er mit ihm ausgehen würde? Gute Frage, denn bisher hatte sich Ragnar noch gar nicht damit beschäftigt, wie es nun weitergehen sollte. Zumindest schien Nathan Interesse zu haben, dass es weitergeht, denn er fragte danach. Ragnar blickte ihn warm an, als jener sich zu ihm beugte, um ihm über das Gesicht zu streicheln. Dass Nathan ihm alle Freiheit auch einräumte, wann und wo sie sich wiedersehen würden, beruhigte Ragnar. Doch warum fragte er, ob er das wollte? Hatte Nathan Angst, Ragnar würde ihn nicht wiedersehen wollen? "Ich würde sehr gerne noch einmal mit dir ausgehen. Und ich werde dich dann sicher auch nicht noch einmal stehen lassen, aber ich kann dir im Moment noch nicht sagen, was diese Woche alles auf mich zukommt. Ich habe heute eine Besprechung, danach weiß ich mehr. Wenn es dich also nichts stört, gebe ich dir dann heute im Laufe des Tages Bescheid, wann ich wieder Zeit habe. Aber ich denke spätestens nächstes Wochenende wird sich schon etwas einrichten lassen." Ihre unterschiedlichen Arbeitszeiten waren tatsächlich ein wenig problematisch, das wurde Ragnar immer bewusster. Er konnte schließlich nicht verlangen, dass Nathan unter der Woche nach Mitternacht noch Zeit für ihn hatte. Und er konnte auch nicht verlangen, dass jener tagsüber Zeit für ihn hatte. Zumal er ja auch einiges zu tun hatte. Er wusste, dass diese Woche noch ein Deal laufen würde. Heute würde er Cole einfach fragen, ob er dazu schon Genaueres sagen könnte. Ein wenig unsicher, ob Nathan mit dieser Aussage zufrieden wäre, blickte er ihn an. Als jener schließlich danach fragte, ob er ihn mitnehmen solle, schüttelte Ragnar den Kopf. Lieber nicht, dachte er bei sich. Nathan sollte nicht wissen, dass er so ungefähr in dem Gegenteil dieser Wohnung wohnte. Denn das Haus, in dem seine Wohnung war, lag in einem der eher gefährlicheren Viertel New Yorks und war eine kleine, dunkle heruntergekommene Wohnung. Nicht, dass er glaubte, dass Nathan ihn deswegen nicht mehr mochte, aber Ragnar würde es einfach unangenehm sein. Zudem war es relativ weit weg von hier. "Nein, musst du nicht", erklärte er. "Ich fahr mit der U-Bahn. Das geht wesentlich schneller und ich kann noch ein paar Besorgungen unterwegs machen. Trotzdem Danke für das Angebot." Er lächelte den anderen dankbar an. Als sie zuende gefrühstückt hatten, verabschiedeten sie sich vor dem Fahrstuhl mit einem süßen Kuss. Ragnar versprach sich im Laufe des Tages zu melden. Dann lief er zur nächsten U-Bahn-Station und fuhr quer durch die ganze Stadt nach Hause. Dort hatte er eigentlich vor, ein wenig aufzuräumen, irgendwas zu tun, um es ein wenig schöner zu machen, aber nachdem seine Kopfschmerzen schlimmer geworden waren, legte er sich schließlich aufs Sofa, wo er doch glatt verschlief und erst durch Coles Anruf aufgeweckt worden war. Nun aber schnell los... Cole Als Cole aus dem Bad zurückkehrte, sah er jenes Kleidungsstück des anderen, das ihm klar machte, dass das alles nun wirklich wieder ernst werden würde, dass es wahr war, was sie eben alles besprochen hatten. Es gab nichts zu beschönigen, denn es war notwendig, dass Antonin wieder mit einer Waffe, oder auch zwei, herumlief. Leider. Cole sagte nichts dazu, lag doch sein eigener Revolver drüben im Schlafzimmer, wo er jetzt hinging, um sich anzuziehen und eben jenen wieder anzuziehen. Wobei er ihn einfach nur unter dem Hemd anzog. Klar sah man, dass er bewaffnet war, wenn man das wollte. Aber er hatte einen Waffenschein und sollten andere ruhig wissen, dass er sich wehren könnte und würde, falls etwas geschah. Normalerweise fuhr er so auch nicht U-Bahn oder hielt sich lange in der Öffentlichkeit auf… Cole trank in Gedanken versunken den Kaffee. Er würde einen alten Bekannten anrufen müssen. Jemand, der ihm schon einmal sehr gut helfen konnte und der genau wusste was er tat. Für ihn stand fest, dass er gerade auf einem Schlachtfeld gelandet war, auf dem ihm der Gegner unbekannt und dafür umso gefährlicher war. Und das war eine Situation, die er nicht mochte, die er nicht leiden konnte. Er kannte gerne seinen Gegner und nutzte sein Wissen, um diesen aus dem Verkehr zu ziehen. Und daher musste er so schnell wie möglich an der Situation etwas ändern. Dazu brauchte er natürlich Antonin, aber vor allem brauchte er jemanden, der unbeteiligt war und andere Möglichkeiten hatte, an Infos zu kommen. Seinen Leuten würde er sagen, dass wegen der unruhigen Szene in der SouthBronx die Augen umso umsichtiger offengehalten werden mussten. Ob er sich mit den Russen in Verbindung setzen sollte? Die russische Mafia war in New York recht stark vertreten. Vielleicht wäre es momentan sinnvoll, die bisher guten Geschäftsbeziehungen zu intensivieren. Auf dem Weg zu seinem Auto merkte er, dass Antonin sehr aufmerksam war. Er spürte dabei förmlich, wie jener unter Hochspannung war, einer Spannung, die fast schon eine elektrische Ladung um ihn aufzog. Ob er sich bei einer falschen Berührung entladen würde? Cole fiel auf, dass er diese geladene, leicht aggressive Aura früher schon einmal bemerkt hatte. Aber sie war schon lange nicht mehr da gewesen. Und wenn er ehrlich war, hätte er auch gut auf sie verzichten können. Aber vielleicht half Antonin das ja auch, um seinen Job besser machen zu können. Zu Hause bei sich, zog er sich frische Klamotten an und nahm sich vor, einmal etwas bei Antonin zu deponieren. Dann fütterte er Corleone und trat auf Antonin zu, der an der Küchenzeile gelehnt dastand. Sanft küsste er ihn auf die Stirn. „Ich fürchte du wirst Einiges zu tun haben, wenn du im Lady-Dream bist“, erklärte er ihm. „Ich möchte, dass du mir alles aufschreibst, was du von Nicholas weißt. Und ich möchte, dass du einen genauen Plan seines Schrottplatzes und seines Hauses zeichnest. Ich vermute zwar, dass er diesen Ort wohl meidet, aber dennoch könnte es irgendwann einmal hilfreich sein. Nicholas weiß noch nicht, dass du dich wirklich an alles wieder erinnerst. Auch an das, was man hatte aus deinem Kopf verbannen wollen. Ich denke das ist unser entscheidender Vorteil, denn dadurch unterschätzt er die Situation. Und wir sollten die Zeit nutzen, bis er dahinter kommt, dass wir uns vorbereiten, um so viele Informationen wie möglich zu sammeln. OK?“ Wenig später erreichten sie das Lady- Dream, wobei Cole den Wagen diesmal so parkte, dass niemand daran kommen könnte. Er wusste nicht, wie weit Nicholas gehen würde, aber er hatte keine Lust auf eine Wanze am Wagen. Im Lady-Dream ging er mit Antonin in sein Büro, wo Antonin anfangen könnte, eben das zu tun, worum Cole ihn gebeten hatte. Seine Mitarbeiter freuten sich, Antonin mal wieder zu sehen. Als wenig später eine Lieferung kam, baten sie jenen auch, ihnen beim Ausladen zu helfen. Ob Antonin Lust hätte, sich im ‚normalen‘ Geschäft ein wenig einzubringen? Cole fragte ihn einfach. Zumindest wäre er dann in der nächsten Zeit ein wenig beschäftigt und er wäre in seiner Nähe. Dass Ragnar noch nicht da war, wunderte Cole ein wenig, doch als er ihn anrief, sagte ihm dieser, dass er gleich kommen würde. Wenig später war er da und gemeinsam besprachen sie sich in Coles Zimmer, gemeinsam mit Antonin. Letztlich gab Cole nur das Nötigste preis. Ragnar würde genug erfahren, um zu wissen, was er zu tun hatte. Und das war, aufmerksam zu bleiben. Schließlich besprachen sie sich, was den Deal betraf. Als Ragnar fragte, ob klar wäre, wann er die Woche vielleicht wieder früher gehen konnte, zuckte Cole nur mit den Achseln. „Wenn der Deal am Samstag gut klappt, dann könntest du danach weggehen..“, erklärte er ihn und musterte ihn aufmerksam. „Der Kerl hat es dir offensichtlich angetan. Und er scheint dir gut zu tun.“ Cole lächelte. „Ich glaube, ich muss ihn mal genauer unter die Lupe nehmen, bevor er dich noch mehr für sich einnimmt.“ Als Ragnar vorschlug, sie könnten doch mit ihm zusammen weggehen am Wochenende, seufzte Cole. „Mal sehen“, erwiderte er. Wer wusste schon, was am Wochenende war? „Ich kann dir nichts versprechen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)