Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 31: Lob und der Umgang damit ------------------------------------ Antonin Antonin schob schließlich schob er die Gedanken über den Kommentar seines Ausbilders beiseite und ließ Nicholas in aller Ruhe das tun, was man eben so tat wenn man sich in System einhackte. Nicht dass Antonin davon auch nur den Hauch einer Ahnung hätte. Während er sich selbst noch einmal über den Plan beugte und überlegte, was sie alles an Ausrüstung bräuchten. Ganz zu schweigen von der Ablenkung um das Abführmittel in den Kaffee zu bringen. Vielleicht eine angeheuerte Hure? Aber wäre das nicht ein wenig zu offensichtlich? Eine alte Dame mit einer Autopanne wäre passender, aber woher wollte man eine solche nehmen? Frustriert raufte er sich durch die Haare und ließ sich tiefer in eine imaginäre Situation in dem Gebäude fallen und jede weitere verstärkte ein unwohles Gefühl in seinem Inneren. Wenn sie das hier nicht wirklich bis ins kleinste Detail mit jeder Menge Möglichkeiten für Ausflüchte planten, könnte es gut sein, dass einer oder beide von ihnen da mit dem Sarg rauskämen. Einer, wenn er selbst sterben würde. Beide wenn Cole sterben würde, denn vermutlich würde er dann so unglaublich ausrasten, dass ihn das stürmende Polizeikommando erschießen müsste. "Bist du sicher, dass du das zulassen kannst?", fragte Nicholas plötzlich aus dem Blauen heraus und Antonin seufzte tief, die Augen schließend und sich über die Nasenwurzel reibend. "Entweder das oder er verbannt mich wieder aus seinem Leben, macht diese Aktion alleine und geht mit Sicherheit drauf", brummte er düster und er könnte schwören zu hören wie sein Ausbilder mit dem Kopf schüttelte. "Ich wusste ja ihr kommt mit irgendetwas Wahnsinnigem hier an." Cole Cole hatte die Schlüssel überrascht aufgefangen, die Augen des anderen gesucht und genickt. "Ich brauche nicht lang." Tatsächlich würde er sich umziehen und er würde sich ein wenig aufrüsten. Die Hauptsache war aber, dass er Corleone füttern musste. Dass Antonin ihm sein Auto überließ freute ihn, und dennoch hinterließ diese Aktion einen herben Beigeschmack. Diese Schlüssel symbolisierten einen Akt des Vertrauens, das er selbst nicht bereit war zu geben. Aber er konnte nicht, würde niemals können. Oder? Cole fuhr zu seinem Apartment. Er schob die schwere Tür zur Seite auf, durch die man seine Wohnung betrat. Irgendwie war seine Stimmung gedrückt. Doch er hatte nicht vor, Zeit zu verschwenden und deshalb gab er nicht dem Wunsch nach Corleone für eine halbe Stunde durchzukraulen und sein Schnurren zu genießen. "Es tut mir leid mein Großer", murmelte er als er ihm das Futter hinstellte. Während er kurz der Katze zusah, wie sie fraß, stellte er fest, dass er seit viel zu langer Zeit keinen Sex mehr gehabt hatte. Vielleicht würde ihm das mal wieder helfen. Vielleicht würde ihn das wieder ein wenig Entspannung verschaffen. Auch wenn es die letzten Male nicht die erwünschte Wirkung gehabt hatte. Cole ging zu seinem Kleiderschrank. Seine Wohnung war letztlich ein einziger großer Raum. Wenn man sie betrat kam zunächst ein kurzer Gang mit Garderobe, anschließend eröffnete sich der Raum, auf der linken Seite die offene Küche, rechts das Wohnzimmer, das an die Dachterrasse anschloss. Dieses Wohnzimmer war wie der Rest seiner Wohnung auch in weiß-beigen Tönen gehalten. Sein elfenbeinfarbenes Sofa war groß, bot viel Liegefläche, ein Flachbildfernseher hing an der Wand. Gegenüber der Küche befand sich ein Esstisch, der momentan mit seinen Unterlagen vollgepackt war. Ging man zwischen Küche und Esstisch durch kam man in den Schlafbereich, der etwas erhöht war, so dass man zwei Stufen hinaufgehen musste und durch zwei Milchglaswände ein wenig vom Rest der Wohnung getrennt wurde. Sein Bett stand ebenfalls erhöht, war groß und grundsätzlich nicht gemacht. An der Wand dahinter befanden sich blaue Lichtröhren, die das Zimmer in ein besonderes Licht tauchten. Cole ging zum Kleiderschrank, ließ unterwegs seine Kleider fallen und nahm sich schließlich seine 'Arbeitskleidung' heraus. Dann ging er in das Bad, das man nur durchs Schlafzimmer betreten konnte. Das Bad war in Terracotta gehalten, hatte Mosaike an der Wand und die Dusche aus Glaswänden war sein Heiligtum. Kurz ging er unter die Dusche, das weckte seine Lebensgeister, die die nächsten 24 Stunden hellwach sein mussten. Dann versorgte er seine Narbe, indem er sie einschmierte, in der Hoffnung, dass sie doch nicht so hässlich zurückblieb, und zog sich die schwarze Hose und den dünnen, schwarzen, enganliegenden Pullover drüber an. Im Wohnzimmer trat er an seinen Tresor heran, der hinter einem der Bilder versteckt war. Gelassen wägte er ab und zog sich dann zwei Pistolenhalfter an. Zwei Magazine steckte er in seine Jacke, die Vollautomatische legte er in eine Tasche. Dann zog er sich seinen Ledermantel über, unter dem man die Pistolen nicht mehr sehen konnte, und in dem noch ein Messer zu finden war. Es hatte in etwa zwei Stunden gedauert, dann fuhr er wieder auf den Schrottplatz, kehrte wieder zu Antonin und Nicholas zurück. Die Dusche hatte gut getan. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging er in den Raum, in dem die anderen beiden arbeiteten. Er legte den Wagenschlüssel vor Antonin hin. "Danke", murmelte er. Sein Ausflug nach Hause hatte ihm gut getan. Und dass es so unkompliziert verlaufen konnte, dankte er Antonin. "Irgendwelche Neuigkeiten? Ansonsten könnten wir den Plan noch einmal detaillierter durchgehen. Mir ist grad eine Idee gekommen für den Wachmann unten im Haus." Er blickte ihn fragend an, während er sich setzte. Ja, die Dusche hatte gut getan, seine Anspannung war trotz des Wissens, dass sie nun ein hartes Stück Arbeit erwartete, weniger geworden. Und zurück bei Antonin zu sein, bedeutete gleich noch mehr Entspannung. Ja, Antonin gab ihm Sicherheit. Vielleicht sollte er es ihm sagen. Hoffentlich würde sich bald die Gelegenheit ergeben, bei der er ihm diese Erkenntnis sagen konnte. Antonin Er war wirklich dankbar als Cole wieder durch die Tür kam, denn so langsam aber sicher begann er damit sich in panische Gefühle hineinzusteigern und da tat ihm die kühle Gelassenheit, die vom anderen ausging, wirklich gut. Aber was sollte er auch sonst tun? Das schlechte Gefühl wurde immer stärker, auch je mehr er auf seinem Zettel herumrechnete, wie sie vorzugehen hätten, damit sie beide in etwa zeitgleich ankommen würden. Und Nicholas hatte keine wirklich guten Satellitenaufnahmen von dem Hausdach gefunden um wirklich gut einschätzen zu können, wie schnell und woran Antonin sein Gestell zum Abseilen festmachen würde. Neuigkeiten? Er sah kurz von seinen Berechnungen auf und zuckte mit den Schultern. "Es sieht so aus als könnte man das Störsignal einschleusen, aber es fehlen noch ein paar Tests, um das mit Sicherheit sagen zu können", gab er zu und blickte zu Nicholas der zustimmend nickte. "Aber dafür kann ich euch etwas Besseres geben, wenn das klappt wie ich mir vorstelle. Es wird kein einfaches Störsignal sondern eine Schleife sein. Damit werden die gleichen Bilder wiederholt und es sieht nicht so verdächtig aus." "Sehr schön.", murmelte Antonin nur und beugte sich wieder über seine Notizen. "Was ist das für eine Idee?", fragte er aber dann doch. Wenn auch ohne Cole anzusehen. Irgendwie wurmte ihn die kleine Szene von vorher immernoch und er traute sich gerade nicht genügend Professionalität zu, um das aus längeren Gesprächen herauszuhalten. Also war es besser dem anderen erst einmal zuzuhören und sich dadurch wieder ablenken zu lassen. Er hatte bemerkt, dass Cole sich umgezogen und wohl auch geduscht hatte. Etwas, das er wohl auch noch einmal tun sollte, denn mit den durchgeschwitzten Klamotten, auch wenn der Raum über eine Klimaanlage verfügte, würde er das Ganze nicht angehen. Man musste bei so etwas immer dafür sorgen, dass man sich selbst am wohlsten fühlte, um nicht die kleinste Ablenkung dadurch zu erfahren. Doch noch bevor Cole antworten konnte, ging Antonins Handy und er runzelte irritiert die Stirn. Hatte er es doch nicht im Auto liegen lassen? Schnell war es aus der Hosentasche geholt und nachdem er einen kurzen Blick auf die Nummer geworfen hatte, ging er mit einem kurzbündigen "Ja?" ran. Wer zum Henker rief ihn mit unterdrückter Nummer an? Doch das sollte sich gleich klären und ihm fiel siedend heiß wieder ein, wem er in geistiger Umnachtung seine Handynummer gegeben hatte. "Hey, sorry gerade ist ein ganz schlechter Zeitpunkt. Soll ich dich demnächst zurückrufen?" So in hundert Jahren? Er lauschte der Antwort und runzelte die Stirn. "Ist das so?", hinterfragte er schließlich mit kühler Stimme. "Ja, ich werde dann über die 'verpatzte Gelegenheit' weinen, wenn ich Zeit habe", brummte er dann noch hinterher und legte kopfschüttelnd auf. "Idiot!" Man könnte das jetzt für sich selbst auslegen, ob er sich oder den anderen meinte. Doch dann ruckte sein Blick wieder hoch, direkt in Coles Augen. "Sorry, also du hattest eine Idee?", hinterfragte er nochmal ruhig, aber immer noch schwang jene Kühle von vorhin mit. Dieser Thorsten hatte Nerven! Gerade jetzt wo er wirklich überhaupt keine Gedanken an ein mögliches ‚Schwulsein‘ verschwenden konnte. So ein Bastard! Cole Cole nickte anerkennend. "Klingt super", kommentierte er die Tatsache, dass sie wohl eine große Sorge weniger hatten. Kurz musste er lächeln, weil er und Antonin gleichzeitig ihr Lob ausgesprochen hatten. Es war wirklich eine gute Idee gewesen, hierher zu kommen. Es war eine prima Idee von Antonin gewesen, Nicholas mit ins Boot zu holen. Zumal er seine eigenen Leute diesmal komplett heraushalten konnte. Als er hierher gefahren war, hatte er Ragnar kurz angerufen. Es ging ihm gut. Dann hatte er im Club Bescheid gegeben, dass er heute nicht kommen würde, dass sie pünktlichst zuschließen sollten und dass nur bekannte Gesichter eingelassen werden durften. Er konnte nicht riskieren, dass etwas passierte, wenn er und Ragnar nicht da waren. Cole wollte gerade ansetzen, etwas zu sagen, als das Handy des anderen läutete und er in den Genuss dieser seltsamen Szene kam. Das Mienenspiel des anderen verriet, wer es sein könnte. Zwar dachte Cole nicht gleich an Thorsten, den hatte er schon verdrängt, aber es klang doch ganz danach, dass ihn ein Typ angerufen hatte. Und die Kühle, die Antonin dem Mann durch die Leitung zuführte, freute ihn auf eigentümliche Weise und so bemühte er sich zwar, sich nichts anmerken zu lassen, als die graublauen Augen des anderen die seinen trafen, aber ein leichtes Funkeln konnte er nicht unbedingt unterbinden. Und mit einem Mal kam ihm die Idee, dass er Antonin vielleicht wirklich einfach einmal einfach sagen sollte, wie er seine Arbeit schätzte. Warum nicht hier und jetzt? Warum sollte er seine Entspannung und seine relativ gute Laune nicht einmal dazu nutzen? Sein Blick glitt rüber zu Nicholas, dann sah er Antonin wieder an. "Wollen wir eine rauchen gehen?", fragte er und machte eine Bewegung mit dem Kopf, die andeutete, dass er diese Zigarette gerne draußen rauchen wollte. "Ich muss mir nur eine bei dir schnorren, aber ich werd dir bei Gelegenheit mal welche zurückerstatten... wenn ich dran denke." Fragend blickte er den anderen an und es gelang ihm offenbar momentan gar nicht, seine kühle Gelassenheit aufrecht zu erhalten. Zumindest hatte er das Gefühl, seine Unsicherheit preis zu geben. Deshalb drehte er sich schnell um, um vor die Tür zu treten. Zufrieden blies Cole den Rauch in die Luft. Die Sonne stand mittlerweile recht tief und die Temperaturen waren wieder erträglicher. Noch war nicht der absolute Hochsommer, noch wurde es abends recht schnell wieder angenehmer. Kurz wartete er, dann begann er langsam. "Ich bin nicht gut in so etwas...", überlegte er mehr, als dass er sprach und er blickte den anderen nicht an. "Ich wollte dir nur sagen, dass ich froh bin, dass du das mit mir durchziehst. Du gibst mir Sicherheit." Ein flüchtiger Blick, als hätte er Angst der andere könnte lachen oder anders reagieren. "Ich weiß, dass wir es uns nicht ganz einfach machen. Und ich weiß, dass du mich wahrscheinlich innerlich verfluchst. Ich weiß, dass ich kein ganz einfacher Mensch bin, auf den ich selbst nie aufpassen wollen würde, aber du machst deine Arbeit ziemlich gut. Nein, du machst sie eigentlich wirklich prima…" Er kam ins Straucheln. "Ich bin froh, dass du gestern gekommen bist." Diesen Satz sprach er sehr leise aus, blickte auf seine Zigarette, bevor er in den Himmel blickte. Wieso war so etwas eigentlich so schwer? "Wie dem auch sei", murmelte er genervt von seiner eigenen Unsicherheit. "Also was ich mir überlegt habe..." Und so wechselte er das Thema, bevor Antonin etwas sagen konnte. Er erklärte ihm, dass sie sich letztlich ankündigen lassen könnten. Das würde dazu führen, dass ihnen jemand entgegenkommen würde. Der Wachmann sollte sie ruhig oben melden. Sie würden den Aufzug hochschicken und müssten dann selbst schnell sein. Ihnen würde jemand entgegenkommen, der dadurch leichter zu erwischen war. "Ich weiß, dass es gefährlich ist. Wichtig ist, dass die Kameras schon manipuliert sind. Ich glaube aber, dass es nicht ganz schlecht wäre, wenn die dort oben ein wenig irritiert sind. Ich glaube der Überraschungseffekt ist auf unserer Seite. Sie rechnen nicht mit unserem Vorhaben und sind daher unvorsichtig. So werden wir einen nach dem anderen auslöschen können. Seine Bodyguards werden uns ihm wahrscheinlich gar nicht ankündigen. Er wird allein sein, bevor er es merkt..." So im Nachhinein betrachtet klang sein Plan nicht mehr ganz so überzeugend. Es war eine typische Kamikaze-Aktion von ihm. Aber vielleicht konnten sie darauf aufbauen. Antonin Rauchen? Er blinzelte ein paar Mal perplex bevor er die Kopfbewegung bemerkte und schließlich rein aus Reflex heraus nickte. Zwar konnte er sich nicht vorstellen, was an der Idee so atemberaubend wäre, dass Nicholas sie nicht auch hören dürfte, aber Cole war der Boss. "Klaro, kein Problem", stimmte er zu und erhob sich, um dem bereits Vorrausgegangen zu folgen. Durch die Werkstatt hindurch, doch nach hinten raus in Richtung des Schrottplatzes. Hier war es deutlich ruhiger und sie könnten das Gespräch auch ganz ungestört führen. Antonin zündete die erste Zigarette an und reichte sie Cole unaufgefordert weiter, bevor er sich selbst ebenfalls eine anzündete. Er rauchte auch lieber im Freien als in kleinen Räumen, aber manchmal war es ihm wirklich egal. Doch jetzt, hier so mit Cole zu stehen hatte etwas unglaublich beruhigendes. Somit inhalierte er genießerisch und sah dann dem Rauch dabei zu, wie er sich in den Himmel verflüchtigte. Fast ohne es zu wollen entspannte sich seine ganze Haltung und er lehnte sich an die Wand, die Augen nur noch auf Halbmast. Nicht weil er so müde wäre, sondern weil es einfach gut tat, die ganze aufkommende Anspannung nochmal abschütteln zu dürfen. Denn bald war diese Konzentration gefragter denn je und Antonin hatte nicht vor zu versagen. Nicht diesmal. Doch als Cole zu sprechen anfing, warf er ihm einen überraschten Blick zu. Hörte er da gerade richtig? Ok, wer war das und was hatte er mit Cole gemacht? Ein freundlicher Zwillingsbruder? Es gab doch normalerweise immer nur das böse Pendant? Nicht wissend was er tun sollte, beschloss er einfach ruhig weiter zu rauchen. Er gab dem anderen also Sicherheit? Nun, das war nicht so überraschend, schließlich war er dafür doch überhaupt nur noch hier. Er durfte für gar nichts anderes mehr hier sein. Durfte es vermutlich auch davor noch nie. Trotzdem war es ein eher warmes Gefühl, das sich in seinem Bauch ausbreitete. Er wurde noch nie von seinem Ziel gelobt und dass es Cole war, machte das ganze um so viel wertvoller. Wäre er ein Hund, hätte er sich wohl an das Knie des anderen gewuschelt und so heftig mit der Rute gewedelt, dass er wohl umgefallen wäre. Was für ein bescheuerter Gedanke! Und dann kam so eine Art Gnadenschuss. Cole war froh darüber, dass Antonin gestern doch nochmal bei ihm reingeplatzt war? Ehrlich? Darauf hätte er selbst keinen einzigen Cent gesetzt, denn die Kühle und die anfängliche Aggressivität des anderen hatte er noch deutlich vor Augen. Ebenso wie den Seelenstrip den jener von ihm verlangt hatte. Und dann kam er jetzt an und sagte ihm, dass er froh darüber war? Wirklich, was sollte man damit anfangen? Wie sollte man damit überhaupt umgehen ohne wieder an Grenzen zu stoßen? Statt der zu erwartenden Erleichterung über die Worte des anderen überfiel ihn eine unerwartete Welle der Verzweiflung. Woher dieses durchaus heftige Gefühl so plötzlich kam wusste Antonin selbst nicht zu bestimmen, aber es traf ihn hart. Mitten ins Gesicht. Er begann nicht einmal ansatzweise den anderen zu verstehen und er sollte sich auch nicht einreden, dass es anders wäre. Cole war ihm an schauspielerischer Leistung um Längen überlegen und somit konnte er nicht einmal jetzt wirklich bestimmen, ob die Worte überhaupt ernst gemeint waren. Ja natürlich, der kurze ein wenig unsichere Seitenblick des anderen war ihm aufgefallen, aber genauso war ihm die unnachgiebige Kühle gestern aufgefallen. Und im Nachhinein bekam er ja dazu auch gesagt, dass Cole dankbar war, dass er wieder auftauchte. Was also sollte er hiervon halten? War das die Art des anderen ihn auch ganz sicher für die Aktion einzuspannen? War das ein Versuch, ihm sowas wie 'gute letzte Worte' zukommen zu lassen? Damit er etwas hätte, an das er sich in den letzten Sekunden seines Lebens klammern konnte? Oder sollte das zur Verhöhnung gedacht sein? Worte, die Cole wieder zurückziehen würde, wenn die Aktion einfach nur Scheiße verlaufen würde? Antonin wusste es einfach nicht. Es kam ihm so vor, als würde ihm langsam aber sicher die Luft abgedrückt, und er wusste nicht mehr, wo oben und unten war. In welcher Richtung sollte er schwimmen, um wieder an die Oberfläche zu gelangen? Wie lange würde es noch dauern bis er unter dem ständig präsenten Druck nachgeben würde? Denn dass er nicht einmal die Hälfte der Dinge so gut verkraftete, wie er anderen weißmachen wollte, das war ihm selbst recht deutlich bewusst. Ihn nahm nicht nur dieses heiß-kalt Spiel von Cole mit, sondern auch die ganzen Situationen an sich. Mal hüh und mal hott. Dafür war Antonin selbst einfach eine viel zu gradlinige Person. Er hörte den Vorschlag des anderen, aber er fand sich nicht fähig darauf zu antworten. Am liebsten würde er Cole jetzt einfach mal eine halbe Stunde nicht sehen. Er brauchte Zeit, um sich wieder aufzubauen. Es waren zu viele offene Fragen, die ihn jetzt nicht kümmern dürften. Zu viele Dinge, um die er sich noch nicht gekümmert hatte, einfach weil sein Narbenproblem und die 'Aussprache' mit Cole ganz oben in der Priorität gewesen waren. Scheinbar sollte er das mal überdenken, denn sonst würde er nicht mehr lange den selbstsicheren Guard geben können. Als er seine Kippe schließlich wegschnippte konnte er immerhin ein "Hm", schon wieder hervorbringen. Und nach einem harten Schlucken hatte er seine Stimmbänder wieder soweit im Griff, etwas anderes als seine Gedanken aussprechen zu können. "Lass mich ein wenig darüber nachdenken, bitte", murmelte er schließlich und hoffte darauf, seine Emotionen genug im Griff zu haben, als dass es wirklich so aussehen würde, als wäre es das worüber er so angestrengt brütete. Cole "Ich geh dann mal wieder rein...", murmelte er irritiert. Dann drehte er sich um und ließ seinen Worten Taten folgen. Die nur halb gerauchte Zigarette wegschnippend. Cole war irritiert. Antonin hatte gar nicht auf seine Worte reagiert, nichts, niente, nada, nothing. Nun, was hatte er erwartet? Dass Antonin ihm um den Hals fällt? Dass er auf Knien zu ihm angekrochen kommt und ihm für ein längst überfälliges Lob dankte? Scheiße, was hatte er sich überhaupt bei diesen Worten gedacht? Wieso hat er mit einem Mal das Verlangen, sich dem anderen ein Stück weit zu öffnen? Was war nur los mit ihm, dass er sich hier ‚entblößte‘? Und angesichts der Tatsache, dass er es gemacht hatte, war die Reaktion – keine Reaktion schlimmer, als wenn Antonin mit einem dummen Spruch seine Worte ins Jenseits befördert hätte. Offenbar war Antonin wirklich einfach nur der Guard, den Nicholas beschrieben hatte. Der Guard, der seinen Job machte, und wenn er ihm eben keine Sicherheit, keine Ruhe bieten würde, hätte er seinen Job nicht gut gemacht. Wieso aber, durfte er ihn dafür nicht auch Anerkennung schenken? Wieso war Antonin ein Lob ganz offensichtlich egal? Sollte da mal jemand schlau draus werden, er wurde es nicht... Cole blieb vor der Tür zu jener 'Waffenkammer' stehen. Kurz fuhr er sich mit seinen Händen übers Gesicht und er seufzte schwer. Was um Himmels Willen war nur los mit ihm? Er erkannte sich selbst kaum wieder. Die ganze Aktion gerade war absolut überflüssig gewesen. Und das Schlimmste daran war, dass er Antonin die Reaktion gar nicht wirklich übel nehmen konnte. Denn letztlich war es genau die Arroganz, die dieser ihm an den Kopf geworfen hatte, die ihn wahrscheinlich soeben in diese genervte, über sich selbst genervte Stimmung straucheln ließ. Cole kehrte zu Nicholas mit dem Vorhaben zurück, die Sache zu vergessen und wieder Distanz aufzubauen, die er vorhin mit seinen Worten überwunden hatte. Distanz gab ihm mehr Sicherheit, Distanz war ein größerer Schutz. Warum war es eigentlich ausgerechnet mit Antonin so schwierig, normal umzugehen? Weil er ihm letztlich doch näher stand, als er sich eingestehen wollte? Weil er der erste Mensch in seinem Leben war, der ihm wirklich ins Bewusstsein gerückt war? Eine ungute Wahrheit. Aber da Antonin mit seiner Nähe, oder sagen wir mit seinem Wunsch nach einer gewissen Nähe, ganz offensichtlich nichts anfangen konnte, sollte er es vielleicht endlich gelernt haben, sollte er endlich damit aufhören, ihm diese aufzudrängen. Er trat auf Nicholas zu. "Wichtig wäre es, dass du prüfst, ob die Kameras des Wachmanns unten im Haus auch die gleichen sind, die oben geschaltet werden. Wir müssen irgendwie an dem Typen vorbei und das geht nur, wenn du die Kamera unten auch ausgeschaltet hast." Er hatte sich einen Stuhl genommen und sich neben diesen gesetzt. "Und ihr habt nicht zufällig so Knöpfe fürs Ohr, damit Antonin und ich kommunizieren könnten?" Es wäre um einiges leichter mit dem Timing, wenn sie sich kurze Signale geben könnten. Cole folgte den Fingern des anderen und seine Gedanken wanderten wieder zu der Situation gerade. Er war wirklich ein riesengroßes, selbstsüchtiges Arschloch, oder? Und damit würde er weitermachen müssen, wenn er diese Situation wieder vergessen wollte. Wann war er eigentlich zu diesem Arschloch mutiert? Warum war ihm das bei seinen anderen Leuten nie aufgefallen? Warum behandelten alle anderen ihn normal, warum war Ragnar so etwas wie ein Freund? War all diesen Leuten seine Arroganz egal? War es überhaupt Arroganz oder nicht doch einfach nur seine Selbstsicherheit, die ihm mehr als einmal das Leben gerettet hatte? Arrghh... Er seufzte. Mittlerweile wusste er nicht mehr was richtig und was falsch war. Bei diesem Menschen stieg er komplett aus. Antonin war ein Mysterium. Vielleicht sollte er es damit belassen. Vor seinem geistigen Auge zog er den Stempel aus der Tasche und stempelte Antonin das Wort "Mysterium - nicht zu ergründen, nicht zu durchschauen, unlösbar" auf die Stirn. Vielleicht musste er sich einfach damit abfinden. Als Cole merkte, dass Nicholas bereits begonnen hatte auf seine Frage zu antworten, blickte er erschrocken auf. "Entschuldige", erklärte er. "Kannst du das nochmal wiederholen, ich war kurz abgelenkt." Distanz! Absolute, aber höfliche Distanz! - mahnte er sich. Antonin Er sah Cole nicht nach, fühlte sich aber kaum dass jener verschwunden war, noch schlechter als davor auch schon. Super, jetzt hatte er ihn auch noch vertrieben. Aber was erwartete Cole von ihm? Zuerst bat er ihn um deutliche Grenzen, zeigte ihm dann aber ständig was dahinter möglicherweise zu erwarten wäre. Und nicht nur das: war das nicht gerade eine Art Einladung für Gefühle gewesen, die ein wenig von der geforderten Professionalität weggingen? Und was machte er? Antonin ‚Superheld‘ vertrieb Cole und zerschlug diesen Versuch damit mehr als erfolgreich. Ächzend schloss er die Augen und fragte sich wann sein Leben sich eigentlich so verkompliziert hatte. Wobei die Antwort darauf recht offensichtlich war: Natürlich seitdem Cole in eben jenes hineingestürzt und mit viel Erfolg auch dort verblieben war. Ob es besser werden würde, wenn er seinem inneren Drang einfach mal nachgeben und zu einer Verführung ansetzen würde? Wenn die Vermutung stimmte, dass es Cole nach Sex verlangte, wo sich bei ihm der Wunsch nach Alkohol verdeutlichte, wüsste er sogar den perfekten Zeitpunkt, um das umzusetzen. Aber was dann? Dieser Ben hatte ja damals gesagt, dass Cole nur ein Mann für eine Nummer wäre und man dann nie wieder von ihm hörte. Würde er dann also wieder aus dessen Leben verbannt werden? Und wäre das nicht vielleicht sogar das Beste? Seine Gelüste nach einem Mann würden bestimmt wieder nachlassen und irgendwann wäre es auch mit jenem kühlen Mann wie mit allem anderen: Aus den Augen, aus dem Sinn. Und ... war er eigentlich total bescheuert?! Aufstöhnend stieß er sich von der Wand ab und atmete einmal tief durch. Cole hatte ihn gelobt und er sollte es als ein solches akzeptieren. Er würde sich zu einem passenden Zeitpunkt dafür bedanken, so wie man das auch von jedem erwarten würde dem man ein ernstgemeintes Lob aussprach. Und danach würden sie wieder ihre Grenzen hochhalten und so tun als wäre das hier auch nicht passiert. Genau wie alles andere, das außerhalb eines bestimmten Schemas lief, offenbar nie passiert war. Oh ja, er konnte sich schon denken wie Cole immer mit allem fertig wurde. Es blieb gar nichts anderes, auf das man schließen konnte, außer einer absolut sturen Verdrängung. Denn niemand, auch kein Übermensch wie Cole, wäre in der Lage so viel in so kurzer Zeit erfolgreich für sich selbst zu verarbeiten, um dadurch die normale kühle Gelassenheit demonstrieren zu können. Aber der andere konnte und tat das. Er hielt sich die übliche Fassade aufrecht, als ob sie ein Schild wäre, das ihn vor allen bösen Einflüssen dieser Welt schützen würde. Und Antonin akzeptierte das. Er hielt inne, wenn er eigentlich nachfragen wollte. Er trat zurück, wenn er eigentlich näher ran wollte. Er gab nach, wenn er eigentlich wie eine Rakete hochgehen und explodieren wollte. Ja, das alles tat er für Cole und würde es sonst für niemanden tun. Auch nicht für Nicholas. Dabei sollte Antonin es wohl auch erst mal belassen und versuchen damit klar zu kommen. Seine Gelüste nach Coles durchwegs anziehendem Körper war das eine, aber seine Professionalität hierbei war etwas gänzlich anderes. Er müsste seine eigenen Masken wieder an Ort und Fleck bringen, um das ganze bestehen zu können. Denn das wollte er: Bestehen und überleben. Noch mehr Tage auf dieser Erde wandeln und nebenbei auch noch mehr seiner Zeit mit jenem Rätsel auf zwei Beinen verbringen. Das endlich für sich klargemacht, betrat er einige Minuten später den angenehm klimatisierten Raum und sah zuerst Nicholas, wie er sich durch eine Kiste mit der eher technischeren Ausrüstungsgegenstände wühlte. Er runzelte die Stirn und blickte fragend zu Cole. Antonin konnte nicht wissen, dass Nicholas versichert hatte, dass er alle Kameras anzapfen und so verändern könnte, wie Cole das gerne haben würde. Er wusste auch nichts davon, dass Nicholas sich recht sicher war, solche Knöpfe zu besitzen, aber dass man sie erst einmal auf ihre Funktionalität überprüfen sollte. "Kann ich deine Dusche benutzen?", fragte er schließlich ohne genauer auf das Chaos an Gegenständen auf dem Tisch einzugehen. Nicholas nickte. "Du weißt ja wo alles ist." "Merci", er trat kurz näher und griff sich seine Berechnungen, um damit hinter Cole zu treten und sie ihm ein Stückchen seitwärts versetzt von hinten zu reichen. "Hier habe ich einige mögliche Zeitberechnungen mit Wegepunkten wann jeder von uns wo sein sollte. Du kannst dir das mal durchgehen und die Idee mit dem Ankündigen finde ich nicht schlecht. Wenn schon Kamikaze dann richtig. Das macht den Braten auch nicht mehr fett", gab er zu, warf Nicholas dann einen prüfenden Blick zu nur um zu sehen, dass dieser sich inzwischen mit dem Rücken zu ihnen befand, um in einen der Spinde nach etwas zu suchen. So nutzt er die Gelegenheit und beugte sich zu Cole hinunter, nahe an dessen Ohr. Er hatte wieder etwas gut zu machen. "Danke für deine Worte vorher", murmelte er für sich selbst kaum hörbar. Es wäre ihm lieber wenn Nicholas nichts davon mitbekommen würde. "Ich kann mit Lob nicht umgehen, ok?", verteidigte er sich und seine Reaktion von vorher. "Aber ich möchte, dass du weißt, dass ich deine Worte zu schätzen weiß. Sie bedeuten mir wirklich viel aus deinem Mund." Damit drückte er kurz die unverletzte Schulter des Mannes, richtete sich wieder auf und verließ den Raum wieder, um sich zu duschen und etwas anderes aus Nicholas Schrank für sich zu suchen. Irgendwann sollte er einmal noch eigene Kleidung hier hinterlegen. Doch das waren nebensächliche Gedanken, zuerst einmal war er wieder mit sich im Reinen. Er hatte die Situation wieder gerade gebogen und dabei sollte es wohl erst mal auch bleiben. Cole Wenn jene Ohrknöpfe funktionieren würden, wäre alles wesentlich leichter. Besonders, weil sie sich dann gegenseitig besser schützen konnten. Er hatte sich mittlerweile wieder an den Tisch gesetzt und betrachtete sich den Plan der Wohnung. Wenn er durch die hindurch musste, dann würde er sie kennen müssen, wie seine Westentasche. Jeden Punkt, jede Nische, jeden Winkel. Nur dann konnte er sicher sein, nicht in eine Falle zu laufen. Als Antonin hereinkam, blickte er kurz auf, vertiefte sich dann aber wieder auf seine Pläne und bekam daher den fragenden Blick gar nicht mehr mit. ‚Distanz, höfliche Distanz!‘, betete er sich vor. Erst als er vernahm, dass dieser duschen gehen wollte, und ihm schließlich seinen Zeitplan reichte, blickte er auf, sah über seine Schulter nach oben in die graublauen Augen, die ihm sonst immer viel verrieten, nur vorhin keine Information gegeben haben. Und auch diesmal konnte er nichts darin lesen. Cole nickte und blickte auf die Papiere, die ihm Antonin gereicht hatte. "Ich schau‘s ... mir...an", erwiderte er und spürte noch während er das sagte, die Hand des anderen auf seiner Schulter, spürte mit einem Mal den Atem des anderen seinen Hals hinab rieseln. In ihm verspannte sich alles aufgrund der Berührung, und gleichzeitig spürte er etwas in seinem Magen, das sich vollkommen fremd anfühlte und das er nicht definieren konnte. Sein Herz schien einen Hundermeterlauf zu machen. Zumindest spürte er deutlich seinen Puls am Hals und er hatte schon Bedenken, dass Antonin es hören, irgendwie wahrnehmen könnte. Cole war nicht wirklich fähig sich zu rühren. Die Grenze 'Nicht berühren!' war überschritten, aber es störte ihn nicht. Vielmehr meinte er das Erdbeben zu spüren, das der Felsbrocken an seinem Herzen ausgelöst hatte, als er von eben diesem abfiel. Er konnte nicht gut mit Lob umgehen? Nun, das kannte er aus eigener Erfahrung. Die Worte bedeuteten ihm viel? Den Eindruck hatte er vorhin nicht gehabt, aber das war ihm jetzt irgendwie egal. Es hatte sich ja erklärt. Und wenn Antonin mit Lob wirklich 'überfordert' war, dann erklärte es auch, warum er nicht reagiert hatte. Cole nahm sich insgeheim vor, Antonin mehr zu loben, damit er sich daran gewöhnte, und ihn nicht wieder so auflaufen lassen würde. Aber eine Sache ließ ihn stutzig machen. Der Gedanke, den er hatte: 'Er kannte es aus eigener Erfahrung' Bedeutete das, dass er auch immer mit so einer Gelassenheit, mit so einer Kühle auf Lob reagierte? Konnte es deshalb sein, dass er so wenig Lob zu hören bekam? Und was das wichtigste war: Fühlten sich andere genauso wie er sich eben gefühlt hatte, wenn sie auf seine eigene Gleichgültigkeit, seine Kühle stießen? Wenn sie mit der Kühle konfrontiert wurden, die er sich auferlegte, um niemanden an sich heran zu lassen? - Wahrscheinlich... Kurz blickte er Antonin hinterher. Als sich die Tür hinter diesem geschlossen hatte, verbarg er sein Gesicht in seinen beiden auf dem Tisch überkreuzten Armen. Cole wusste nicht, ob er vor Erleichterung lachen sollte, oder weinen, weil er gar nichts mehr verstand. Absolut gar gar gar nichts mehr begriff er. Nicht, was Antonin betraf, sondern das, was ihn selbst, ihn höchstpersönlich betraf. Wieso hatte er in diesem Moment das Gefühl, erleichtert zu sein? Kümmerte es ihn sonst, was die Leute dachten und taten? Warum hatte ihn diese Gleichgültigkeit des anderen vorhin so hart getroffen und warum um alles in der Welt war er so zufrieden, dass er diese Gleichgültigkeit nun richtig einsortieren konnte? Vielleicht sollte er sich selbst den Mysterium-Stempel aufdrücken. Aber eigentlich hatte er in diesem Moment absolut keine Zeit dafür, sich weiter darüber Gedanken zu machen. Und so richtete er sich wieder auf, wuschelte sich durch die noch leicht feuchten Haare und machte sich wieder an die Arbeit. Langsam aber sicher hatte er einen guten Überblick. Langsam aber sicher hatte er das Gefühl, dass das alles gar nicht so schlecht für sie ausgehen würde. Die Worte des anderen hallten zwar noch immer in ihm nach, doch sie schienen ihm wieder neue Motivation, neue Kraft zu geben. Er nahm selbst einen Stift zur Hand und begann sich einzelne Gedanken zu notieren. Prüfend blickte er schließlich auf die Uhr. Sie sollten sich noch einmal besprechen, und dann würden sie sich schon bei dem Haus positionieren. Wenn sie ihn heute Zurückkommen sehen würden, dann wüssten sie auch, mit wie viele Personen sie zu rechnen hatten. Und das wäre nicht verkehrt... Antonin Die Dusche war eine kurze aber erfrischende Angelegenheit. Und als er nur mit einem Handtuch um die Hüften vor dem Schrank des anderen stand und sich langsam hindurchwühlte, kam ihm der Gedanke, dass er sich vielleicht auch noch eine etwas andere Art der Entspannung hätte gönnen sollen. Aber jetzt war es schon rum ums Eck, auch wenn es ein wenig irritierte. Seit wann legte er so viel Augenmerk auf seine eigene Befriedigung? Es reichte doch sonst auch, sich an seinen Forschungen zu verausgaben. Ein wenig gereizt vor sich hin zischend griff er schließlich nach einer noch geschlossenen Packung mit Shorts und nach dunklen Socken. Das war noch leicht, auch wenn die Shorts nicht so eng und sicher saßen, wie er das bevorzugte. Doch die Suche nach einer passenden Hose wurde so einer kleinen Berg und Talfahrt. Wo versteckte der Blödmann die dunklen Hosen, die nicht schon überall Schmierflecken aufzuweisen hatten? Doch schließlich hatte er eine gefunden, die halbwegs passte und mit der er wohl gut leben können würde. Auch das T-Shirt, das er sich herauszog, saß ein wenig zu locker aber das machte nichts. Er wollte ja schließlich nicht in eine Disco. Immerhin würde er noch einen eigenen Pullover tragen können. Das erledigt lief er nach einem kurzen Umweg über die Küche wieder zurück in den Raum und stellte zwei Flaschen mit dem gelben Inhalt auf den Tisch. "Ich hab deinen Kühlschrank ein wenig geplündert", gab er bekannt und stellte die Plastiktüte auf den Tisch worin er Brot, Aufschnitt und sonstige Kleinigkeiten geworfen hatte. "Und du wirst langsam aber sicher fett", warf er Nicholas an den Kopf und hob das T-Shirt ein Stück an, um seinem Ausbilder die Differenz zwischen ihnen zu zeigen. Jener brummte nur und legte zwei Stöpsel auf den Tisch, die über ein langes Kabel mit jeweils einem schwarzen Kasten versehen waren. "Da habt ihr eure Kommunikationsmöglichkeit. Wenn der Bulle keine Störsender irgendwo versteckt hat, gibt euch das genügend Spielraum für ununterbrochene Kommunikation innerhalb des Gebäudes." Doch dann sah er zu Antonin auf und wank ihn zu sich, nachdem er eine weitere Platte aus einem der nächsten Spinde zauberte. "Komm her, ich mach dir das fest", befahl er und Antonin gehorchte widerstandslos, hob das Shirt weit genug um Nicholas in aller Ruhe an ihm herumbasteln zu lassen. "Warum keine Weste?", fragte Antonin dann aber doch und runzelte die Stirn. "Diesmal wäre es doch egal, ob man das erkennen kann." Nicholas rückte die Platte in aller Seelenruhe zurecht und sicherte es mit dem bereits bekannten Klebeband, bevor er einmal draufklopfte und damit verkündete, dass es so ok wäre. "Du brauchst jedes bisschen Bewegungsfreiheit, das du bekommen kannst. Besonders wenn du vorhast, Spiderman nachzumachen", gab der Russe zurück und maß ihn dann mit einem langen Blick, bevor er einen ebensolchen zu Cole warf: "Im Endeffekt habt ihr jetzt alles was ihr braucht. Die Schleife für die Kameras wird zu einer von euch bestimmten Uhrzeit eingeschleust." Er deutete auf einen gepackten Rucksack. "Da drin findest du den Gurt, den du zum Abseilen brauchst sowie die Vorrichtung dazu, Toni", erlärte er und fuhr dann weiter fort: "Das Telefon könnt ihr auch getrost mir überlassen, sie verfügen zwar über Sicherungen, aber nichts, das mich aufgehalten hätte. Und damit muss ich euch jetzt auch verlassen, denn ich habe eine Tochter abzuholen. Wenn ihr noch etwas braucht, weiß Toni ja wo er was findet. Ich wünsche euch viel Erfolg." Doch bevor Nicholas sich abwandte griff er noch nach Antonins freiliegenden Unterarm und hob ihn weit genug um dem Halbrussen etwas in die Hand legen zu können. "Für den Notfall", erklärte er noch, verabschiedete sich und verschwand dann wirklich aus dem Raum. Ein wenig irritiert musterte Antonin die kleine Kugel, bis ihm dämmerte, was er da bekommen hatte und das ganze schnellstmöglich im Rucksack verstaute, bevor er Cole kurz zugrinste. "Ich schätze allzuviel Fehler kann unsere Planung bisher nicht haben, sonst hätte er uns das um die Ohren geschlagen." Ja, er war entspannt. Sogar ziemlich entspannt, wenn man bedachte, was sie vorhatten, aber Antonin schob es darauf, dass er ja noch vor einer halben Stunde sowas wie einen emotionalen Überschuss abgebaut hatte. Kein Schaden ohne Nutzen. "Lass uns das ganze nochmal durchgehen und dann mal los?", fragte er bevor er seinen Pullover überzog, sein Schulterhalfter befestigte und sich schließlich auch den breiteren Gürtel mit mehreren Taschen und dem Karabiner für die Seilwinde umschnallte. Danach griff er nach der Tüte, nahm sich zwei Wiener und eine Brotscheibe heraus und begann auch schon fleißig zu kauen, bevor er eine der beiden Flaschen ebenfalls in dem Rucksack verstaute. Vermutlich würde es heute keinen Schlaf mehr geben und er war kein Freund von zu viel Kaffee. "Langsam aber sicher bekomme ich richtig Bock auf die ganze Sache", gestand er schließlich und setzte sich Cole gegenüber. "Ich meine es ist verrückt, ziemlich waghalsig und ansonsten auch über und über mit Risiken bespickt...", murmelte er gedehnt. "Aber wir sind bestens vorbereitet, selbst ziemlich abgedreht und ich muss laut meinem Doc sowieso ein paar Emotionen raus lassen. Warum also nicht beim Umlegen von ein paar korrupten Bullen?", er nickte sich selbst zu und das leichte Lächeln blieb auf seinen Lippen zurück, als er weiteraß. Seine Welt war erstmal wieder in Ordnung und das konnte er auch zeigen. Cole Cole überflog zufrieden seine Gedanken. Bei so komplexe Dingen griff er gerne zum Stift, um seine Gedanken zu sortieren. Auch wenn er lernte, machte er das. Es half ihm, sich auf eine Sache zu konzentrieren und alles andere zu vergessen. Fast schrak er auf, als Antonin die beiden Flaschen auf den Tisch stellte. Als er sich zu diesem drehte blieb sein Blick auf dem klar definierten Bauch des anderen hängen. Er musste schon zugeben, dieser Mann war eine Augenweide. Genau so, wie er es gerne mochte... Cole riss seinen Blick los und sah Nicholas an, der ihnen erklärte, dass die Technik funktionieren würde. Er lächelte erleichtert. Und das gute Gefühl, das sich in seinem Bauch breit machte, und ihn etwas entspannen ließ, bestätigte ihm seine Erleichterung. Sie waren gut vorbereitet und würden nicht versagen. Die Metallplatte, die er von Antonin bekommen hatte, hatte er mitgenommen. Er würde sie auch noch umlegen müssen. Er zwang sich nicht hinzusehen, während Nicholas diese anlegte. Er merkte, dass er ganz offensichtlich dringend einmal wieder weggehen musste... Besonders, da die letzten Male nicht wirklich befriedigend gewesen waren. Cole griff nach der Tüte mit dem Essen und blickte rein. Ja, Hunger war etwas, was er komplett hinten angestellt hatte. Hatte er heute überhaupt schon etwas gegessen? Er konnte sich nicht erinnern. Und so nahm er eine Scheibe Brot heraus und legte etwas Käse darauf. Kaum hatte er den ersten Bissen heruntergeschluckt beschwerte sich sein Magen lautstark über die viel zu lange Vernachlässigung. Er sollte vielleicht wirklich auch in Stresszeiten darauf achten, regelmäßig etwas zu essen. Als Nicholas verkündete, dass er nun seine Tochter abholen würde, fand sich Cole in dem Glauben bestätigt, dass jenes Töchterlein nun die 'Nichte' von Antonin war. Also war Nicholas doch so eine Art Familie für Antonin und nicht nur der Ausbilder. Er nickte dem Mann zu, ihm so dafür dankend, dass er ihnen geholfen hatte. Dann wendete er sich wieder seinem Käsebrot zu. Cole nickte und lächelte den anderen kurz an. Irgendwie war die Situation zwischen ihnen nun wesentlich entspannter. Besonders da Antonin mit einem Mal voller Elan war. Nun, so eine Dusche konnte Wunder bewirken. Und seine eigene hatte ihn ja auch vorhin mit viel guter Laune gesegnet gehabt, zumindest bist er auf dessen kühle Gleichgültigkeit gestoßen war. Aber von dieser schien nun gar nicht mehr übrig zu sein. Gut so. "Ich glaube auch, dass wir gute Arbeit geleistet haben. Ich bin grad nochmal alles durch." Er lächelte den anderen an, dessen Lächeln erwidernd. "Ich bin recht zuversichtlich, dass wir das gut hinbekommen. Und ich fürchte, dass ich dir mitteilen muss, dass du, wenn du es mit mir zu tun hast, immer wieder auf solche - wie hast du gesagt - 'verrückten, ziemlich waghalsigen und risikoreichen' Aktionen mitgenommen wirst. Stand das nicht im Kleingedruckten?" Er zwinkerte dem anderen zu. Ja, mit ihm zu tun zu haben war sicher nicht der leichteste Job. "Ich habe zwar bisher noch keinen Bullen so geplant beiseiteschaffen müssen, aber ich glaube ich hatte es schon mit ähnlich schwierigen Situationen zu tun." Er striff sich die Haare aus dem Gesicht. Er sollte lieber gar nicht darüber nachdenken, was er diesbezüglich schon erlebt hatte. Er biss noch einmal in sein Brot. Langsam drückte sein Magen schon. Er sollte ihn wohl nicht überbeanspruchen. Und so legte er das Brot erst einmal zur Seite. "Durchgehen ist gut und dann losfahren noch besser. Vielleicht sehen wir dann, mit wie vielen wir es zu tun bekommen. Also...", begann er langsam und griff zu seinem Zettel und begann Antonin zu erklären, dass sie zum Wachmann gehen würden, diesem erklären würden, dass sie bei Klinger bestellt sind. Der Wachmann würde sie ankündigen. Schließlich könnten sie den leeren Aufzug hinaufschicken, selbst die Treppe nehmen. Oben würden sie gewarnt sein, wahrscheinlich mindestens einer mit der Waffe im Anschlag auf den Aufzug warten. Den oder die galt es als erstes zu beseitigen. Auf den Kameras wäre ja niemand zu sehen, dadurch würde der nächste alarmiert werden, wenn sein Kollege nicht zurückkommt. Er wird unsicher, verlässt seinen sicheren Sitz in der Sicherheitszentrale und wird das nächste Opfer, um das sich Cole allerdings alleine kümmern würde, da Antonin weiter hinauf müsste. Über Klingers Wohnung war noch das Dachgeschoss mit wahrscheinlich Abstellkammern und dann nur noch das Dach. Dann ging es durch die Wohnung, den Gang entlang. Unter Umständen würde ihm dort der dritte begegnen, ansonsten erst im Wohnzimmer. Nun, und Klinger würde sich im besten Fall im Schlafzimmer befinden. Das Schlafzimmer, an das der langgestreckte Balkon angrenzte, über den Antonin dann zu ihm stoßen würde. So die Theorie. Kritisch wird die Frage sein, wo der Dritte sein wird, und ab wann Klinger mitbekommen würde, was los war. Aber da mussten sie flexibel sein. Cole zeigte Antonin auf der Karte, wo er gute Positionen sich überlegt hatte, basierend auf den Gedanken, die sich auch Antonin schon gemacht hatte. "Die Ohrknöpfe werden uns helfen, dass das Timing stimmt. Und wir werden leichter aufeinander aufpassen können..." Er nickte zufrieden und blickte die Flasche an, die er schließlich nahm und einen Schluck daraus trank. Ein Geschmack, an den man sich gewöhnen konnte. Antonin "Ich habe das Kleingedruckte gelesen!", empörte er sich lachend, bevor er augenzwinkernd nachsetzte. "Allerdins solltest du aufhören dafür Hieroglyphen zu verwenden. Ich arbeite immernoch an der Entzifferung." Und das tat er tatsächlich. Langsam aber beständig. Und was sollten diese kleinen und größeren Rückschläge schon bewirken? Antonin landete zwar nicht immer auf den Beinen, aber er wusste bisher immer wie man sich wieder aufrichtete. Und Cole war es definitiv wert, sich wieder aufzurichten und neue Lösungsansätze zu versuchen. Ganz, ganz definitiv. Doch dann lauschte er aufmerksam den Ausführungen und hinterfragte an den wenigen Stellen, wo ihm ein paar Dinge unklar oder schwammig vorkamen. Es passte ihm nicht wirklich, dass Cole ganz sicher mindesten einem Kerl alleine begegnen würde. Und wenn alles ganz schlecht lief, traf das sogar noch zusätzlich auf Klinger zu. Aber dann müsste er eben noch schneller sein. Wofür hatte er seine Kondition wieder aufgebaut wenn nicht genau für solche Situationen? Er würde Cole nicht lange alleine lassen. Garantiert nicht. Antonin war dessen Schutzschild, die Lebensversicherung und er machte das gerne. Oder... nicht gerne. Aber ohne nachzudenken, ohne es zu hinterfragen mit der festen Überzeugung, dass es absolut richtig war, sich so zu verhalten. Zum ersten Mal in seinem Leben erschienen ihm die in Russland verbrachten Jahre wirklich zu etwas gut zu sein. Er warf einen flüchtigen Blick auf das angeknabberte Brot des anderen und dann auf die Flasche bevor er seufzte und beschloss die Tüte mitzunehmen. Sie würden vermutlich eine ganze Weile im Fahrzeug sitzen und da könnte sich die ein oder andere Gelegenheit ergeben Cole zu 'füttern'. Einen Kreislaufzusammenbruch wollte er lieber nicht riskieren. Schließlich erhob er sich und fragte Cole, ob jener seine Platte ebenfalls schon trug, nur um dann zu versprechen, sie ihm später zu befestigen. Und dann ging es schließlich auch los. Er gab Cole noch eines der Sprechgeräte, verstaute sein eigenes und schloss den Raum hinter ihnen wieder ab. Den Schlüssel verstaute er nach einem kurzen Rundumblick in einer nahe gelegenen Metalldose. Nicholas würde ihn sich wieder nehmen, wenn er vom Kinderhort zurück käme. Den Rucksack und auch den Rest auf die Rückbank werfend, zog er sich dort auch wieder seinen halblangen Mantel an. Es wäre nicht so geschickt wenn ihn jetzt jemand mit der Waffe an der Schulter sehen würde. Auch Cole nahm Platz und alsbald waren sie auf dem Weg und Antonin suchte sich einen guten Platz für sie aus, von dem sie den Eingang relativ gut beobachten konnten, aber selbst nicht wirklich auffielen. Er war gut in sowas und machte sich da keine größeren Sorgen. Zudem die praktischen Scheiben des Fahrzeugs sie auch hier unterstützen würde. Gelassen stellte er seine Lehne ein Stück zurück und entspannte sich. Kein Grund jetzt schon wie ein Flitzbogen hier zu sitzen, wo sie doch noch Stunden von einem wirklichen Einsatz entfernt waren. Er hätte sich möglicherweise den Film gestern doch sparen sollen, denn diese zwei Stunden würden ihm früher oder später garantiert noch fehlen. Mit seinem chemischen Drink hin oder her. Nur kurz warf er Cole einen Seitenblick zu, bevor er sich eine weitere Wiener aus der Tüte grabschte und genüsslich zubiss. Hunger wäre auch nichts Brauchbares. Ebenso wie Durst oder schlechte Vorbereitung. Prüfend ließ er den Blick die Hauswand nach oben gleiten und dachte an den eigenen kleinen Notfallplan den er sich überlegt hatte. Wenn alle Stricke reißen würden, könnte er Cole immer noch sicher aus dieser Todesfalle rausbringen. Oder er hätte zumindest noch die Möglichkeit dazu. Man, dieses Klingerarschloch ging ihm langsam echt auf die Nerven. Es war wirklich Zeit, dass der von der Oberfläche verschwand und nicht nur Cole sondern auch Antonin mal etwas der dringend benötigten Ruhepause gönnte. Als ob er in den letzten Tagen nicht schon genug Scheiße mitgemacht hätte. "Der Bastard stirbt heute", überzeugte er sich selbst und atmete einmal tief durch. "Und dann gönne ich mir einen Tag Urlaub. Mit Sonnenbräunen, fettigem Essen, einem Konzert und ein paar Cocktails mit schicken, farbigen Schirmchen drauf." Eine weitere Eigenart die zutage trat. Je mehr er sich auf etwas freuen konnte, desto schneller und besser brachte er unangenehme Dinge hinter sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)