Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 30: Hitzkopf und Eisberg und das Wissen um weitere demolierte Autos --------------------------------------------------------------------------- Antonin Schließlich fuhr er an 'seinem' Schrottplatz vorbei und hielt vor der Werkstatt, wo wie so häufig auch diesmal einige der teuren Flitzer herumstanden, deren Marke er sich nie merken konnte. Solange ein Fahrzeug fuhr und Schüsse abhalten konnte war es ihm genug. Er sah Nicholas mit verschränkten Armen am Eingang stehen und stieg, Cole mit sich winkend, aus um jenen zu begrüßen. "Solltest du nicht bei deiner Sitzung sein?", begrüßte jener ihn und warf Cole einen abschätzenden aber nicht gänzlich unfreundlichen Blick zu. Zumindest so viel konnte Antonin entziffern. Doch dann zuckte er erschrocken zusammen. "Scheiße!", seine Augen wurden groß und sämtlicher Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Verdammt, das hab ich total verschwitzt", jammerte er und wollte schon zum Auto hechten, um sein Handy zu holen. Nicholas seufzte. "Du machst mich wahnsinnig, Toni. Geh ins Haus und ruf ihn an. Ich bringe deinen Gast derweil in den Raum." Nicholas sah gelassen dabei zu wie Antonin sich kurz bei Cole entschuldigte und versicherte, dass er sofort wieder da wäre, bevor er in der sprichwörtlichen Staubwolke im Haus verschwand. So wandte er sich seinem neuen Gast zu, der wohl Tonis Ziel wäre und nickte ihm zu. "Nenn mich einfach Nicholas." Bevor er sich herumdrehte und den anderen mit sich winkte. "Nur nicht von der Lautstärke irritieren lassen, aber gerade wird eines der Babys abgeschliffen", erklärte er und ging zielstrebig durch die Werkstatt, wo verschiedene Mechaniker an weiteren teuren Autos herumschraubten. Das war definitiv nicht die normale 'Ich wechsel meine Reifen‘ - Werkstatt. Wie schon vor einigen Wochen, öffnete er wieder jene Tür, zu der es nur einen Schlüssel gab, und nahm Cole damit mit in die Waffenkammer, die gleichzeitig auch eine Art Serverraum darstellte. "Willkommen in der Welt eines Guards", gab er belustigt von sich und hielt auffordernd die Hand von sich. "Setz dich wohin auch immer, aber nicht an den Rechner." Cole Als er das letzte Mal in den Jeep gestiegen war, hatte er kaum wahrgenommen, welch tolles Auto er da eigentlich genießen durfte. Cole mochte Autos, am liebsten sportliche. Jeeps waren ihm generell ein wenig zu klobig, aber dieser hier war schon ganz nett. Er hatte eine Eleganz, die andere Jeeps nicht besaßen. Diesmal sich Zeit nehmend, sich im Innenraum des Autos wirklich umzusehen, blickte er erst wieder auf, als Antonin an Klingers Haus angekommen war. Er gab hier und da ein paar Hinweise über Aspekte, die ihm aufgefallen waren. Als sie schließlich weiterfuhren, prägte er sich den Weg ein, orientierte sich. Als Antonin nach seinem Handy nestelte, lauschte er auf die hart klingenden Worte. Was er ihm wohl da sagte? Es beunruhigte ihn, wenn man in seiner Gegenwart nicht Englisch sprach. Doch der entschuldigende Blick des anderen und das fortfahren auf Englisch beruhigte ihn wieder ein Stück weit. Schließlich sah er wieder aus dem Fenster, bis sie schließlich auf dem Schrottplatz ankamen. Cole blickte sich aufmerksam aber mit kühlem Blick um. Wie immer, wenn er sich irgendwo nicht auskannte, strahlte er besondere Unnahbarkeit aus. Seine Augen glitten ruhig musternd über die Autos, die hier zum Verkauf angeboten wurden. Wirklich keine schlechte Auswahl, sein eigenes Baby würde hier sicher nicht sonderlich auffallen. Dann ging er auf Nicholas zu, erwiderte den musternden Blick des anderen ungerührt, bevor er Antonin sah, der panisch wie ein Schulkind wirkte, das in der Pause herausfand, dass es die Hausaufgaben vergessen hatte zu machen. Kurz musste er lächeln. Im Vergleich dazu wirkte Nicholas in dieser Situation wie ein Vater, oder ein älterer Bruder, der den 'Kleinen' wieder auf den Boden der Tatsachen holte. Wirklich amüsant. Offenbar gab es jemanden, dem sich Antonin komplett unterordnen konnte, und dieser Mensch stand gerade vor ihm. Ein Mann mit höflicher Distanz, wie er es eigentlich ganz gerne mochte. Cole nickte ruhig. "Erledige den Anruf, das ist wichtig", erklärte er. "Ansonsten könnte ich eh nichts mit dir anfangen, weil dein Kopf nicht bei der Sache wäre." Nun, wenn er Toni so besah, würde dieser sicher nur daran denken, dass er den Termin verpasst hatte. Und letztlich war er ja schuld daran. Schließlich hatte er ihn angerufen und ihm so seinen Tagesplan durcheinander gebracht. "Ich bin Cole", erwiderte der dunkelblonde Mann und nickte Nicholas zu, dann folgte er diesem zur Werkstatt. Aufmerksam glitt sein Blick über alles, was ihn umgab. Er vertraute Antonin, dass er ihn nicht in eine Falle lockte, aber er war hier in einer Situation, in der er niemanden kannte, in der um ihn herum tausend Möglichkeiten bestanden, ihn anzugreifen. Er glaubte nicht, dass er hier wirklich in Gefahr war, aber ein wenig mehr Aufmerksamkeit, basierend auf einer oft sehr gesunden Portion Misstrauen, konnte nichts schaden. Als er mit Nicholas den 'Raum' betrat blickte er sich mit unverholener Neugierde um. Cole blieb stehen. Solange Antonin nicht wieder hier war, würde er sich nicht beruhigt setzen können. Und so sah er sich weiter um, versuchte sich einen Eindruck zu verschaffen. "Mir scheint, ich weiß, wo Antonin in letzter Zeit trainiert hat", stellte er fest, ohne Nicholas direkt anzusprechen. Vorhin erst hatte sein 'Partner' ja erst davon gesprochen, dass er trainierte. Er blickte Nicholas an, als er genug gesehen hatte. "Und du bist offensichtlich der, der ihn unterweist." Wieder eine Feststellung, ohne dass es wertend klang. Nicholas Nicholas war zufrieden mit Coles Auftreten auch wenn es ihn bereits nach wenigen Minuten nicht mehr wunderte, dass Antonin vor einiger Zeit wie ein Wahnsinniger auf ein Auto eingeprügelt hatte. Menschen vom Schlag dieses Mannes gehörten genau zu der Art von Menschen, mit denen sein Kleiner am wenigsten klarkam. Kühle Distanz war etwas, womit er eine kurze Weile umgehen konnte, doch dann bröckelte Tonis Fassade und er wurde ungeduldig. So oder so ähnlich stellte sich Nicholas zumindest die Konflikte zwischen den beiden vor. Auch wenn es ihn beeindruckte, dass jener so ruhig hier stand, obwohl die beiden so eine hässliche Konfrontation hinter sich hatten. Aber grundsätzlich hatte der Russe eher wenige Probleme sich zu setzen, obwohl der andere noch stand, und genau das tat er auch. An jenem Tisch in der Mitte, an dem er schon das letzte Mal die Nacht über zusammen mit Toni gebrütet hatte, um eben jenem Kerl, der jetzt hier stand, das Leben zu retten. Was wohl jetzt wieder für eine Verrücktheit kommen mochte? Denn dass es verrückt war, bezeichnete alleine die kurze Vorlaufzeit des ganzen. Er würde dem Kleinen mal ordentlich den Kopf waschen müssen. Doch als er die versteckte Frage hörte, oder sie zumindest als eine solche wahrnahm, lachte er leise. "Nicht einmal das hat er erzählt?", fragte er und schüttelte den Kopf. "Kein Wunder dass ihr ständig zusammenkracht und ich dann wieder damit beschäftigt bin mir die Auswirkungen davon anzusehen. Ich unterweise ihn nicht nur, ich war von Anfang an ein Teil seiner Ausbildung. Auch wenn ich erstaunt bin, dass er tatsächlich angefangen hat das Ganze auch wieder mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu betrachten." Er maß Cole mit einem prüfenden Blick. "Aber vielleicht sollte ich gar nicht erstaunt sein. Auf Leute wie dich zu achten ist eigentlich ein Fulltimejob. Menschen mit deiner Ausstrahlung verleiten andere, hitzköpfigere geradezu dazu sich an einem messen zu wollen. Ich habe genügend davon gesehen, um mir diese Meinung erlauben zu können." Er schwieg und wartete die Reaktion ab, während er sich eine Zigarette hervorholte. Ein Laster mit dem er Toni angesteckt hatte, sehr zu seiner eigenen Missbilligung. Wo sein Kleiner sich meistens für dümmliche Lächeln und probende Kommentare entschied, da war Nicholas ein Verfechter der 'wahren Worte'. Zudem ihn in seinem eigenen Haus so schnell nichts davon abhalten konnte genau das auszusprechen, was er dachte. Obwohl er sich vielleicht ein wenig zurückhalten könnte, in Anbetracht der Tatsache, dass es irgendwie der Verdienst dieses verschlossenen Mannes war, dass Antonin sich endlich seiner Vergangenheit stellte. Nun, man würde sehen. Cole Er registrierte, dass Nicholas sich setzte, was ihn ein wenig entspannte, ihn aber nicht davon überzeugte, sich auch zu setzen. Vielmehr sah er sich noch ein wenig um, zumindest bis Nicholas auf seine Worte reagierte und ihm einen Fakt klarmachte, der ihn stutzen ließ. Antonin hatte ihm zwar viele Informationen gegeben, besonders was seine Vergangenheit betraf, aber es waren letztlich nur oberflächliche Informationen gewesen, die das Puzzle nur ein wenig deutlicher hatten werden lassen. Nun merkte er wieder deutlich, dass es eigentlich komplett verschwommen war. Ja, jener Mann erzählte ihm nicht wirklich viel. Gut, er hatte ihn auch nicht danach gefragt. Aber das lag einzig und allein daran, dass er selbst diese Fragen nicht mochte. Er wollte auch nichts über längst Vergangenes erzählen. Dennoch spürte er, dass sein Interesse wuchs, Antonin wesentlich besser kennenzulernen, viel viel besser kennenzulernen. Eine Zwickmühle, nun da sie doch ihre Grenzposten perfekt positioniert hatten. Er drehte sich zu Nicholas und blickte ihn an. "Das liegt wohl daran, dass Antonin recht bald klar gemacht hat, dass solche Informationen unter dem Motto 'Auge um Auge - Zahn um Zahn'-Prinzip laufen, und dass wir mittlerweile Grenzschilder hochhalten, wenn wir uns auf die Füße treten." Seine kühlen Augen glitten über das markante Gesicht des Russen vor ihm. Dieser Mann war also Dreh und Angelpunkt Antonins Tätigkeit als Guard. Und offensichtlich war er auch die Person, die Antonin am nächsten stand. Ob er ihm auch die Patenschaft für das kleine Kind übertragen hatte? Vielleicht… Es würde zumindest passen. Den Kommentar des anderen zu ihren Auseinandersetzungen ließ er unter den Tisch fallen. Das waren in seinen Augen mittlerweile wieder 'alte' Geschichten, auch wenn sie sich erst gestern soweit wieder vertragen hatten, dass sie miteinander arbeiten konnten. "Ich möchte doch hoffen, dass er es mit Ernsthaftigkeit betreibt, und um ehrlich zu sein, daran habe ich bisher nie Zweifel gehabt. Er ist vielmehr in dem was er tut hervorragend." Cole hatte kein Problem damit, ein Lob auszusprechen, solange er dem, dem das Lob galt, nicht unbedingt dabei in die Augen sehen musste. Aber das Thema würde er nicht unbedingt auswalzen müssen. Vielmehr interessierte ihn die Charakterisierung, mit der ihn Nicholas besah. Offenbar war jener Mann hier vor ihm sehr geradlinig, sagte, was er dachte, was teilweise auch ganz gut war, aber wenn es ihn selbst betraf, mochte er es nicht, wenn Leute sich ein schnelles Urteil bildeten. "Leute wie ich, ja?", fragte er nach und ein leises, aber nicht unbedingt aggressives Knurren war zu vernehmen. "Ich dachte ich sei einzigartig." Am Tonfall merkte man, dass er es nicht ernst meinte. Er wusste, dass das, was Nicholas formulierte teilweise recht gut zutraf. Er war schon immer durch seine Art provozierend gewesen, was ihn teilweise sehr geholfen hatte, Probleme aus der Welt zu schaffen, zum anderen dafür gesorgt hat, dass er bei anderen ohne lange Diskussionen den nötigen Respekt einfordern konnte. Eigentlich konnte man gar nicht sagen, dass es seine Ausstrahlung war, die ihn zu dem gemacht hatte, was er jetzt war. Vielmehr musste man sagen, dass er diese Ausstrahlung erst aufbauen musste, um zu werden, was er war. Und in seinem Business, und mit seiner Vergangenheit war er eigentlich noch ganz ertragbar. Es gab schlimmere als ihn, wesentlich schlimmere. Doch eine gewisse Grenze der Menschlichkeit wollte er nie überschreiten. Er war skrupellos, brutal und unberechenbar, aber auf eine andere Art und Weise doch recht menschlich. Zumindest hoffte er das. Kurz überlegte er, wen er mit diesen 'hitzköpfigeren' Menschen meinte. Antonin? Wahrscheinlich. "Nun ich hoffe, dass Antonin nicht nur die Motivation hat, sich an mir zu messen, sondern auch wirklich seinen Job macht, aber da habe ich mir bisher keine Sorgen gemacht." Kurz schwieg er. Hm, Antonin, der Hitzkopf. "Und um ehrlich zu sein, schätze ich seinen Hitzkopf, denn bis zu einem gewissen Grad mag und brauche ich seine Ehrlichkeit." Zumindest so weit, bis jener wieder Schwellen überschreitet, zu denen er keine Befugnis hat. Nicholas "Ihr haltet Grenzschilder hoch?", es klang als müsste Nicholas sich gerade ganz stark ein heftiges Lachen verkneifen. Was er auch tat. Wenn das nicht stark nach seiner Tochter klang, die auch ständig ihre Antworten gab, indem sie imaginäre Schilder hochhielt. Was waren die beiden Holzköpfe? Fünf? Doch dann räusperte er sich und bekam sich auch wieder unter Kontrolle. Auch wenn seine Augen nach wie vor in unterdrücktem Lachen schwammen. Vielleicht war Cole doch nicht so ein Eisklotz, für den er ihn gerade eingeschätzt hatte, auch wenn dessen Tonfall noch recht gut in diese Kategorie passen würde. Doch recht schnell verschwand auch jener Schalk aus den Augen. Antonin war hervorragend? Warum saß jener dann häufig stundenlang grübelnd herum und bezeichnete sich selbst als den letzten Versager? Näheres hatte selbst Nicholas ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus seinem Schüler herausholen können und das machte ihn zugegebenermaßen schon ein wenig stutzig. Doch schließlich nickte er zustimmend. "Er ist zumindest nicht schlecht." Von einem hervorragend ging er dennoch nicht aus. Nicholas vernahm den leisen, knurrenden Unterton und war abermals zufrieden. Wer sich so in einem fremden Raum voller Waffen verhielt war zumindest mal von sich überzeugt. Womöglich könnten Cole und Antonin gemeinsam aneinander wachsen. Beide waren noch in einem Alter in dem das durchaus noch möglich wäre. Manchmal kam man sich mit 32 schon alt vor, wenn man bedachte was so Jungspunde schon alles erlebten und anstellten. "Japp, Leute wie du", bestätigte er noch einmal und verzog die Lippen zu einem Grinsen. "Ja, nachdem was ich von dir gehört habe, bist du das tatsächlich…", meinte er in Hinblick auf die Einzigartigkeit. Und er ließ den Satz mit voller Absicht in alle Richtungen hin zum interpretieren offen. Tatsächlich hatte Antonin ihm wirklich einiges erzählt, aber Nicholas hielt es immer noch für die Spitze des Eisbergs. Darunter war so viel an schwelendem Gefühl. Das konnte er zumindest seinem Kleinen direkt an der Nasenspitze ansehen, wenn jener von Übergaben oder Treffen berichtete. Und vor allem daran, was mit einem lapidaren 'und wir waren in nem Club' abgespeist worden war. Ein Satz für einen gesamten Abend? Wenn das nicht nach versteckten Erlebnissen schrie, dann wusste er es auch nicht mehr. "Cole, ich kann natürlich nicht wissen, wie Antonin das dargelegt hat. Aber wenn ihr euch messt in welcher Form auch immer, dann darf das für ihn immer nur eine Nebensächlichkeit sein. Ihr habt das kleine Ritual doch gemacht? Den Kuss zwischen die Augenbrauen und das Herz?", hinterfragte er und wartete gerade lange genug, um das Erkennen in den Augen des anderen zu sehen. "Es mutet ein wenig lächerlich an, aber ab diesem Zeitpunkt sollte jede Kugel - wenn der Guard seinen Job richtig macht - zuerst das Herz von eben jenem durchschlagen. Und da der Mensch hinten normalerweise keine Augen hat, übernimmt das auch der Guard. Und diese Dinge hat Antonin definitiv verinnerlicht. Das hat nichts mit Motivation zu tun", beschied er und wirkte in diesem Moment ohne es zu wollen ein wenig wie der Ausbilder, der er war. Seine Haltung war nach wie vor entspannt, aber gab dennoch inzwischen eine gewisse Kühle aus. "Ja, sein Hitzkopf ist mir auch am liebsten. Ist auch das, was ihn überleben lassen hat, daher wäre ich sehr enttäuscht wenn es tatsächlich jemand fertig brächte, ihn wirklich unterzuordnen", gab er zurück und runzelte dann ein wenig verwirrt die Stirn. "Wenn er das tut, hast du deine Grenzen nicht klar genug abgesteckt oder es betrifft dein Leben. Hm... vielleicht sollte ich dir seine ganze Geschichte einmal erzählen, aber ich befürchte dafür fehlt momentan die Zeit." Nicholas hatte entschlossen gut mit Cole klarkommen zu können. Es war mit jenem ähnlich wie mit Antonin. Sobald man ein wenig hinter die erste Schicht blickte, wurde man nur mit noch mehr Schichten belohnt. Etwas das in ihm durchaus eine gewisse Neugierde hervorholte. Cole Cole musste kurz schmunzeln, als er merkte, dass Nicholas Mühe hatte, nicht zu lachen. Eigentlich war diese Tatsache mehr als lustig. Aber gleichzeitig nötig. In seinen Augen war es die einzige Möglichkeit, sich davor zu schützen, dass dieser Mann nicht noch näher an ihn herankam. Ungerührt nahm er das uneindeutige Kompliment – Cole beschloss es als solches zu sehen – wahr. Sein Blick glitt über den Schrank mit den Scharfschützengewehren. Eines fehlte, und Cole wusste, wann es verloren gegangen war. Langsam aber sicher bekam er den Überblick. Die Person, die auch seinen Wagen zum Lady-Dream gebracht hatte, die Person, die die Spuren beseitigt hatte, saß hier vor ihm. Der Schattenmann hinter Antonin, der diesen kontrollierte. Doch er musste zugeben, dass dieser Mann ihm wesentlich lieber war, als der 'Schattenmann', der hinter ihm persönlich stand. Zumindest wirkte Nicholas wie ein wesentlich angenehmerer Zeitgenosse als sein Boss, sein Aufpasser, sein 'Lehrer' – wenn man ihn überhaupt als solchen bezeichnen wollte – sein ‚Ziehvater‘. Und allein deshalb schon, weil Nicholas ein wirklich enges Verhältnis zu Antonin zu pflegen schien, ein freundschaftliches Verhältnis. Seine Beziehung zu seinem Boss bestand darin, dass er sich zweimal umsehen musste, um nicht Gefahr zu laufen, erstochen zu werden. Ihre Beziehung bestand aus Hass und Abhängigkeit. Einer zermürbenden Abhängigkeit. Nicholas schreckte ihn aus seinen Gedanken auf. „Das Ritual hat er durchgezogen, ja“, bestätigte er und erinnerte sich an seine Überraschung, sein Erstarren ob der Berührungen. Er lauschte den Ausführungen und es schien ihm, als würde er erst jetzt so richtig begreifen, worauf er sich eingelassen hatte, welche Verantwortung er hatte. Aber ob er diese Verantwortung wirklich tragen konnte? Hatte er nicht bei ihrem letzten Streit deutlich gezeigt, dass er überfordert war? Es war schwer abzusehen, welche Konsequenzen das alles noch haben würde. Aber er wusste eines mit Bestimmtheit zu sagen. Er wollte Antonin weiter an seiner Seite haben. Und deshalb würde er lernen mit der Verantwortung umzugehen. Er war zufrieden mit seiner Arbeit, er fühlte sich in seiner Gegenwart entspannt. Mehr wollte er nicht hinterfragen, mehr wollte er nicht nachdenken. Doch dazu ließ ihn Nicholas nicht kommen, denn er deutete an, dass hinter der kleinen Wahrheit, die er schon hatte erblicken können, noch eine viel viel größere Wahrheit lag. Eine Wahrheit, die Nicholas ihm anvertrauen würde? Ein interessanter Gedanke, aber würde er das alles wissen wollen? Er wusste doch jetzt schon, dass kaum eine Nacht verging, in der er sich nicht vorstellen, in der er nicht sehen musste, wie Antonin an einem Stuhl gefesselt... Nicht wieder daran denken! Würde ihm noch mehr Wahrheit über dessen Ausbildung diesen nicht noch näher an sich heranrücken lassen? Und würde er diese Wahrheit überhaupt vertragen? Würde er damit umgehen können? Er konnte doch schon mit der Wahrheit seiner Narben nicht wirklich umgehen, hatte das Gefühl damit überfordert zu sein. Und dennoch hatte er auch das Gefühl, dass er dadurch Antonin eigentlich mehr an sich heranlassen sollte. Eine verzwickte Situation, aus der er keinen wirklichen Ausweg sah. Zum einen wollte er ihn auf Distanz halten, auf der anderen Seite spürte er das Bedürfnis, ihm nahe sein zu können. Nur sollte Antonin eben nicht ihm zu nahe kommen... Aaaarghhh... Coles Miene verdüsterte sich mit jedem Gedankengang. „Ich weiß noch nicht, ob ich bereit bin, die ganze Geschichte zu hören“, erklärte er dann und blickte Nicholas offen an. „Es gibt nämlich auch andere ganze Geschichten, mit denen ich nicht zurecht komme.“ Er war absolut ehrlich und gab damit letztlich zu, dass er sich selbst auch kritisch hinterfragte. „Und eigentlich möchte ich diese 'ganze Geschichte' ohnehin lieber aus seinem Mund hören...“ Er hörte, wie sich Schritte näherten. Antonin würde sicher jetzt zurückkommen. Antonin Nicholas sollte nicht mehr zu einer Antwort kommen, denn Antonin zog die Tür auf und betrat den Raum. Inzwischen mit einer etwas gelasseneren Haltung. Kurz sah er von dem stehenden Cole zum sitzenden Nicholas. "Setz dich doch", forderte er auf und nahm gleich darauf selbst Platz. "Danke für die Zeit, aber das war wichtig. Auch wenn mir der Doc die Sitzung trotzdem berechnet." "Das war ja auch zu erwarten, du verplemperst ja auch seine Zeit", gab Nicholas ihm zu verstehen und gleich darauf fand sich zuerst Antonin und dann Cole einem prüfenden Blick ausgesetzt. "Na, wollt ihr nicht mal herausrücken, warum ihr hier seid?", wurde er gefragt und er warf Cole kurz einen Blick zu, der nach dem Einverständnis von jenem fragte. Und er bildete sich ein, genau so eine Zustimmung dort auf vorzufinden. "Es ist so", begann er. "Wir brauchen deine Hilfe und es muss schnell gehen." Mit so wenigen Worten wie möglich zeichnete er das Bild ihres Vorhabens auf und erklärte, dass sie zum einen ein Störsignal für die Kameras bräuchten und zum anderen – wenn es ginge – auch eine Fernabschaltung der Telefonleitung. "Ihr wollt also einen Bullen umlegen?" Antonin nickte. "In dessen gut gesicherter Wohnung?" Abermals nur ein Nicken. "Von der ihr noch nicht einmal wisst, wie viele Personen sich dort aufhalten werden?" Diesmal ein deutlich zögerlicheres Nicken. "Morgen?" Und diesmal fuhr Antonin sich ein wenig gestresst durch die Haare. "Es geht nun einmal nicht anders. Kannst du uns helfen oder nicht?" Er sah dabei zu wie Nicholas sich zurücklehnte und die Arme vorm Brustkorb verschränkte, offensichtlich gründlich darüber nachdenkend, und so wandte er den Blick von seinem Ausbilder zu Cole. Tatsächlich hörte sich das ganze aus Nicholas Mund noch ein wenig selbstmörderischer an, als es bei Cole geklungen hatte. Und trotzdem spürte Antonin in seinem Inneren keinen Drang das ganze abzublasen. Vielleicht weil er ahnte, dass der Sturkopf das Ganze dann alleine durchziehen würde. Vielleicht aber auch, weil das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange an Dingen war, die er für Cole bereit wäre zu tun. Wo sollte das alles nur enden? Wo nur? "Na schön, ich sehe was ich tun kann. Aber ich brauche einige Stunden für das Störsignal und ich kann weder das eine noch das andere Versprechen, ohne die Möglichkeit gehabt zu haben, das ganze online zu checken", stimmte Nicholas schließlich zu und entlockte Antonin damit ein erleichtertes Lächeln. Das würde ihnen beiden wirklich schon sehr viel weiter helfen. Und je weniger andere Sorgen er hatte, desto besser könnte er sich darauf konzentrieren, auf Coles Leben aufzupassen. Cole Als Antonin da war, entspannte sich Cole wieder und so zögerte er diesmal auch nicht, sich zu setzen. Er fing den Blick des anderen auf und nickte ihm auffordernd zu, als dieser ihn fragend ansah. Selbstverständlich ließ er Antonin den Vortritt, denn so konnte er sich auch noch einmal alles anhören, fügte hie und da Informationen hinzu, wenn sie ihm fehlten. Sein Blick ruhte auf Nicholas, dessen Reaktion er schwer nur abschätzen konnte, aber dessen Zurückhaltung er durchaus verstehen konnte. Wenn er die Umstände und den Plan nun au Antonins Mund hörte, merkte er selbst auch nur zu deutlich, dass das ganze mehr als nur riskant war. Aber es gab für ihn definitiv keinen Grund auf bessere Zeiten zu hoffen. Vielleicht wäre der Überraschungseffekt auch ein guter Partner in diesem Geschäft. Je länger man plante desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass etwas durchsickerte. Und das durfte bei diesem Vorhaben absolut nicht sein. Sie hatten nun mal keine Zeit. Das war sicher ein Problem, ein Problem, das ausgetrickst werden musste. Man hatte ihm einmal früher erklärt, dass man seine vermeintlichen Schwächen einfach zu Stärken ausbilden sollte. Vielleicht sollten sie auch die Stärke der Operation sehen. Sie hätten zumindest die Tatsache auf ihrer Seite, dass mit einem Angriff niemand rechnete. Als Nicholas mit seinen Fragen nachbohrte, als wollte er ihnen ihren Idiotismus hinsichtlich der Operation verdeutlichen, spürte Cole, wie sich seine Ungeduld meldete. Sie hatten keine Zeit eine Grundlagendiskussion zu führen. Doch er riss sich zusammen, um abzuwarten, was sich letztlich dabei rauskommen würde. Als er die Worte vernahm, die bei Antonin schließlich eine Entspannung auslösten, zauberten sie auch ihm eines seiner ehrlichen Lächeln aufs Gesicht. Es war wirklich sinnvoller, wenn sie zu dritt agierten. Dadurch würden sie wieder ein wenig mehr Sicherheiten haben. "Dann schau du, was du hinbekommst und wir kümmern uns um den Rest. Besonders das Timing sollten wir dir schnell liefern. Ich denke wir sollten bereits am Vormittag beginnen. Der Überraschungseffekt wird der größte sein. Darauf müssen wir bauen." Er drehte sich zu Antonin. "Ich müsste noch einmal in meine Wohnung. Ich muss noch etwa holen", stellte er fest und versuchte das so beiläufig wie möglich zu sagen. "Allerdings müsstest du mich dafür noch einmal zu meinem Auto am Hafen fahren.“ Am heutigen Morgen hatte er nicht gewusst, dass es so schnell so heiß werden würde. Daher hatte er einige Dinge, die er auf solche Operationen braucht, zwar auch immer im Auto dabei, aber diesmal würde er mehr brauchen. Seit er mit Antonin zu tun hatte, merkte er häufig, dass die Welt recht schnell an ihm vorbei zog, während in dessen Gegenwart die Zeit stehenzubleiben schien. Wieder spürte er, wie gut ihm der Ruhepol an seiner Seite tat. Ja, sein Gedanke war vorhin richtig. Egal was noch kommen würde. Er würde Antonin nicht von seiner Seite weichen lassen. Dafür verschaffte dieser ihm eine Ruhe, die er brauchte, um zu überleben. Diese Ruhe war für ihn wie die verbotene Frucht, von der er einmal gekostet hatte, und auf die er nun nie wieder verzichten wollte. Antonin Antonin sah Cole prüfend an und es wäre gelogen wenn er behaupten würde, dass es ihm keinen Stich versetzte. Sein Leben vertraute der andere ihm also ohne Probleme an, aber nicht dessen Adresse? Es wäre wohl unsinnig zu erwähnen, dass er sie auch so rausbekommen könnte? Sender sei Dank. So aber schluckte er den Kloß in seinem Hals hinunter und zog sich seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und warf ihn Cole zu. "Da, fahr selbst. Dann kann ich Nicholas hier noch ein wenig unter die Arme greifen." Er würde nichts über dieses offensichtliche Misstrauen sagen. Es stand ihm vermutlich auch nicht zu. Und war er nicht erst vor wenigen Stunden glücklich gewesen überhaupt wieder an dieser Position akzeptiert worden zu sein? Er sollte nichts Unmögliches verlangen... wirklich nicht. Antonin sah Cole nach wie jener sich verabschiedete und durch die Tür verschwand bevor er sich Nicholas zuwandte und dessen Richtspruch so gelassen wie möglich abwartet. Doch zu seinem Erstaunen ging jener nur zu seinem Rechner und begann daran zu arbeiten. "Was? Kein Kommentar? Keine Einschätzung? Gar nichts?", hinterfragte er spöttelnd und bekam nur ein seufzen als Antwort. "Ich werde dich noch häufiger hier haben und auf Autos einschlagen sehen", war der einzige, sehr hilfreiche Kommentar. Und das Problem daran war, dass Antonin ebenfalls dieser Meinung war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)