Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 11: Zwei Arten des 'Fertig-Seins' ----------------------------------------- Cole Die nächsten Tage vergingen hektisch. Wegen der umgelegten Russen musste interveniert werden. Einige andere Clans waren von der Aktion nicht sehr begeistert gewesen, weshalb Treffen stattfinden mussten, die Cole hasste, aber in denen er gut war. Es dauerte eine geschlagene Woche, bevor es wieder ruhiger wurde. Aber eigentlich stand noch etwas ganz anderes aus. Im Laufe der nächsten Woche würde ein Waffenhandel über die Bühne gehen müssen, der mehr als riskant war. Besonders, weil Coles Vermutung, dass einer seiner Leute zweigleisig fuhr, sich immer mehr verhärtete. Cole hatte sich entschlossen eine Falle zu stellen. Die Aktion würde heikel werden, aber Ragnar war eingeweiht und wenn Cole dabei drauf ging, dann würde dieser zumindest wissen, wer mit falschen Karten spielte. Letztlich war er selbst der Köder. Aber momentan machte ihm das nichts aus. Momentan war er müde. Durch verschiedene Tests hatte er die Zahl der potentiellen Verräter verkleinert. Bei der morgigen Übergabe würde sich kurzfristig etwas ändern, und dann würde sich zeigen, wer mit den anderen arbeitete, und wer nicht. Am Abend vor dem Ereignis hatte Cole sich vorgenommen, bald nach Hause zu gehen. Vielleicht würde er ja einmal wirklich schlafen können. Dennoch wurde er im Lady-Dream aufgehalten, um allen möglichen Kleinscheiß zu erledigen. Vielleicht sollte er auch noch einmal in einen Club fahren, oder sonst irgendwen aufreißen. Aber er spürte seine Antriebslosigkeit nur zu deutlich und so setzte er sich schließlich an den Tresen und trank von einem Daquiri. Auch wenn man es ihm nicht ansah: er spürte, dass ihn der morgige Tag beunruhigte. Es frustrierte ihn, so wenig in der Hand zu haben. Ja, der morgige Tag würde entweder seine Position erhöhen, oder ihn für immer zum Schweigen bringen. Antonin Euphorie! Pure, kindische, absolut unbegreifliche Euphorie! Diese Emotion kroch Antonin nun bereits seit mehreren Stunden durch die Venen und es sah nicht danach aus als würde es so schnell ein Ende nehmen. Er hatte CI-4 geknackt! Sein Problem war gewesen, dass die verschiedenen Bestandteile der Droge durch sein entwickeltes Verfahren zu gefährlichen Bestien wurden. So hatte er zumindest gedacht und darum war er auch ständig an der Lösung des Problems gescheitert. Aber sein wahres Problem, war die Scheiß-Kapsel gewesen. Dadurch dass die Flüssigkeit noch warm war, wenn es in die Hülle kam, bildeten sich fiese Ableger einer Chemikalie und die wurde dann zu der Bestie. Aber er hatte sie besiegt und dabei sogar noch eine gut verträgliche Kapselhülle entwickelt, die er seinem Konzern vorgestellt hatte. Sie waren begeistert und wollten damit sogar an die Presse, um es gut zu vermarkten. Mit ihm als Steckenpferd, aber das würde er ihnen schon noch ausreden. Wie dem auch war, das Zeug hatte er dann Stavros gegeben, der es in den Nachbarstädten weiterverteilt hatte und tada: Keine Schlaganfälle. Nun, was in der Ferne war, ließ sich nicht sagen, aber sie war keinesfalls mehr zu 50% halbwegs tödlich. Und wenn das kein Durchbruch war, dann wusste er es auch nicht mehr. Daher war der heutige Tag so etwas wie sein erster Urlaub. Zuerst hatte er ewig lange geschlafen, war joggen gegangen und hatte sich sogar bei seinem alten Thai-Boxen wieder mal ne Stunde blicken lassen. Danach hatte er sich den fettigsten und größten Hotdog aller Zeiten nur so reingewuchtet und sich über den Tag verteilt fettige Pommes, Cola in rauen Mengen und Unmengen an Zigaretten bei einem Footballspiel der dritten Liga gegeben. Und das ausgerechnet er, der seinen Körper als Tempel ansah. Nun, sofern man ihn nicht mit Gewalt und Blut konfrontierte natürlich. Dann wurde aus dem Tempel eher eine Lagerhalle für Nikotin und Alkohol. Und mit einem Paket von 500 seiner neuen Schätzchen stand er nun vor dem Lady-Dream und musste sich stark zusammenreißen, um sich das dumme Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Er hatte Ragnar mit voller Absicht nicht angerufen, schließlich sollte das ganze eine Überraschung werden und ein schweigender, dezenter Hinweis darauf, dass es eben manchmal doch das beste war, ihn in Ruhe arbeiten zu lassen. Was er auch getan hatte. Er hatte sich in seinem Stufe 4 Labor mit jeder Menge Salat, Vollkornbrot und Wasser eingesperrt, seine Vorgesetzten ignoriert und nur verkündet, dass er in Ruhe an einer neuen Umhüllung für Medikamente zu arbeiten gedachte. Hatte er ja auch. Mehr oder weniger. Sogar in dem dummen Ding geschlafen hatte er, auf einer gänzlich unbequemen Luftmatratze. Was zu viel Schlaf ausschloss und ihn nur noch mehr zum Arbeiten brachte, in voller Beschallung von sämtlichen Soundtracks dieser großen, weiten Welt. Und ja, er war ein scheiß-verfluchtes Genie in seinem Bereich. Vermutlich könnte er es auf legalem Weg schneller noch weiter bringen als so. Aber das war nicht der Masterplan. So betrat er die Lokalität, wie immer im gewohnten Outfit, nur dass er sich zu Feier des Tages ein weißes Hemd gegönnt hatte, und versuchte im Dämmerlicht ersteinmal klar zu sehen. Hm, na war Ragnar hier? Müsste er sich durchfragen? Und dann sah er jene Person von der er immer noch nicht so ganz wusste, wie er diesen einen Abend abstempeln sollte. Oder unter was? Und er hätte Cole fragen sollen auf welchen Typ der stand, denn das interessierte ihn im Nachhinein aus irgendwelchen Gründen brennend. Aber rein aus dem Bauch und den Informationen, die er hatte, wäre es wohl der Typ: fickbar. Womit Cole leider aus den von ihm selbst genannten Schubladen rausflog und er ihm keine Angriffsfläche für dumme Sprüche bot. Zu schade.. Ungefragt trat er neben jenen, der da so seltsam in seinen Drink stierte und schob ihm das kleine Paket zu. Er hatte sogar an eine Briefmarke gedacht und jener Gedanke brachte ihn fast schon wieder zum Grinsen. "Ausnahmsweise erfolgt er Lieferdienst frei Haus", begrüßte er jenen. Cole Cole blickte müde auf, als ihm das Päckchen vor die Nase geschoben wurde, und sah in Antonins Gesicht, wurde schier schon von der offensichtlich guten Laune des anderen geblendet. Seine Miene verdüsterte sich. Nicht jetzt hier mit Geldgeschäften und Verhandlungen anfangen, bitte. Er wollte heute einfach nur seine Ruhe haben. Doch davon konnte Antonin ja nichts wissen. Und so sah er den anderen wieder an, diesmal gezwungenermaßen etwas freundlicher. "Ragnar ist noch nicht da, aber er ist unterwegs. Ich warte auch auf ihn. Hast du dich mit ihm verabredet? Er hat mir davon gar nichts erzählt." Er musterte noch einmal das Paket. "Er hat auch nichts erzählt, dass es vorangegangen ist." Er stand langsam auf und trank den Daquiri zuende. "Komm mit, wir sollten hinten weiterreden." Ohne auf eine Antwort zu warten, bahnte er sich seinen Weg durch die Menge. Mit einer Zahlenkombination öffnete er die Tür zu mittlerweile seinem Zimmer. Dann trat er ein und schritt auf seinen Schreibtisch zu. Träge ließ er sich in seinen Sessel nieder. Er spürte, wie schwer es ihm fiel, irgendeine Energie noch dafür zu erübrigen, stärker zu wirken, seine normale Fassade aufrecht zu erhalten. Wenn Antonin aus irgendwelchen Gründen heute beschließen sollte, ihn anzugreifen, so würde er sich wahrscheinlich nicht wehren, nicht wehren können. Er hatte keine Kraft mehr und wusste, dass er morgen alle seine Kräfte aber mobilisieren müsste. Morgen würde es darauf ankommen, Kraft zu haben. Und vielleicht würde er morgen dann endlich wieder einmal länger als 3 Stunden schlafen können. "Magst du was zu trinken?", er deutete auf eine Minibar. "Bedien dich." Gleichzeitig nahm er sein Handy, wählte und lauschte. "Kommst du?", sagte er in seiner typisch direkten Art. "Wir haben einen Boten hier, der eine Überraschung mitgebracht hat." Dann legte er wieder auf und blickte Antonin an. "Wie mir scheint, hast du den Fehler gefunden. Freut mich." Wirklich euphorisch klang es nicht, aber er bemühte sich. "Das heißt dann also, dass wir den Markt erobern können." Antonin wirkte heute so ausgeglichen, so strahlend. Irgendwie beängstigend, verglich man ihn mit den Malen zuvor, besonders als er deutlich gemacht hatte, dass er gefrustet war. Aber heute sah er richtig gut aus. Cole würde neben ihm wahrscheinlich wie der letzte Penner aussehen, eine Tatsache, die ihn ein wenig wurmte. Aber er hatte auch noch keinen Erfolg vorzuweisen. Im Gegensatz zum anderen. Antonin Man, man sein Bossmann war ja nicht gerade das sprühende Leben. Aber trotzdem schaffte jener es, dass er sich schon wieder wie ein gut abgerichteter Hund vorkam. Ironie des Schicksals. Stirnrunzelnd beobachtete Antonin wie Cole sich einfach hinter seinen Schreibtisch sinken ließ, bevor er der Minibar nur einen kurzen Blick zuwarf und sich dann dem anderen einfach gegenüber setzte. "Gefunden, abgeschafft und ganz nebenbei noch verbessert", nickte er und streckte seine Beine aus, die Arme gemütlich auf den Lehnen des Stuhls abgelegt. Was er heute wohl noch so unternehmen könnte? Man hatte schließlich nicht jeden Tag Urlaub, auch wenn ihm das fettige Essen ein wenig im Magen drückte - der himmlische Geschmack war es eindeutig wert gewesen. "Versteh mich nicht falsch, Cole", erhob er schließlich seine etwas träger werdende Stimme. "Aber du siehst so richtig schön scheiße aus." Und dabei untertrieb Antonin keineswegs. Zudem er das mit dem Markt erobern damit erstmal beiseite wischte wie eine lästige Fliege. Irgendwie erschien ihm sein Gesprächspartner nicht bereit für Verhandlungen und er wollte seine scharfe Zunge ausnahmsweise nicht auf ihn loslassen. Gerade wenn es ein Synonym für 'absolut ko und erledigt und super fertig mit Gott und der Welt' geben würde, dann wäre das in diesem Moment wohl 'Cole'. Dadurch fühlte er sich aber auch sicher genug um seinen Kopf weit genug an die Stuhllehne zurückfallen zu lassen und die Augen zu schließen. Man musste ja nun wirklich nicht ständig Kaffeekränzchen abhalten und so konnte er sich auch besser überlegen, ob er heute noch ins Kino gehen sollte. Ein paar Nachos würden sich bestimmt noch ganz gut in seinem eh schon überforderten Magen machen. Blieb nur die Frage, ob momentan überhaupt etwas Vernünftiges lief? Immerhin hatte er bis heute früh sogar übersehen welcher Wochentag momentan überhaupt war. Von einem Datum ganz zu schweigen. Aber es hatte sich gelohnt und zudem mochte er es wirklich in seiner eigenen kleinen Welt aufzugehen und so vor sich hin zu arbeiten. Mit lauter Musik - ob er in ein Konzert gehen sollte? Mal wieder eine richtig schöne Dröhnung Klassik? Antonin runzelte die Stirn und überlegte ob er überhaupt noch einen passenden Anzug für solche Gelegenheiten besaß. Cole Cole hob die Augenbrauen. "Ich weiß zwar nicht, was es daran falsch zu verstehen gibt, aber du kannst deine Wahrheiten für dich behalten", seine Worte klangen patzig. "Besonders, wenn du keine Ahnung davon hast, was du da redest." Er wusste, dass er scheiße aussah, wieso musste ihm der Typ das auch noch unter die Nase reiben? Der wusste doch gar nicht, was hier los war! Und was ging es ihn überhaupt an, wie er aussah!? Coles Miene hatte sich verdüstert, er versuchte sich aber zurückzunehmen. Letztlich war er nicht wegen Antonins Bemerkung gefrustet, obwohl dieser ihm gerade eigentlich ein schönes Ventil sein könnte, sondern wegen anderer Dinge, für die jener nichts konnte. Dennoch ärgerte ihn die Bemerkung irgendwie, auch wenn sie wahrscheinlich nicht böse gemeint war, sondern sogar viel mehr darauf schließen ließ, dass jener sich über ihn Gedanken machte. Dennoch hoffte Cole, dass Ragnar bald da war und er gehen konnte. Er strich sich seine Haare aus der Stirn und seine Augen schlossen sich kurz. Er war so verdammt müde. Ob er selbst überhaupt noch fahren sollte? Wie schön es wäre, wenn er sich teleportieren könnte. Er seufzte und zwang sich seine Augen wieder aufzumachen. Doch dann hörte er die Tür gehen und blickte auf. Ragnar betrat den Raum. Erleichtert sah Cole ihm, der ein zufriedenes Lächeln aufsetzte, als er Antonin sah, entgegen. "Er ist fertig", erklärte Cole die Situation und dachte ein /und nicht nur er/ hinzu. "Ich geh dann lieber nach Hause. Du weißt ja wegen morgen Bescheid. Und wenn noch was ist, ruf mich halt an." Ragnar blickte Cole besorgt an. "Du meinst, du kommst nach Hause? Willst du nicht lieber kurz warten, dann fahre ich dich..." Doch Cole schüttelte den Kopf. "Kein Problem. Ich brauch morgen früh mein Auto, ich kann es hier nicht lassen." Doch Ragnar ließ nicht locker. "Und wenn Antonin dich nach Hause fährt und ich ihn hierher wieder mitnehme? Cole, du solltest schnell schlafen, aber du musst dafür sicher in dein Bett kommen." Cole schloss einen Moment die Augen, dann blickte er Ragnar zornfunkelnd an. "Wenn ich einen Babysitter brauche, rufe ich euch an. Aber ansonsten bin ich einfach nur dankbar, wenn man mich in Frieden lässt", zischte er und der drohende Unterton war nicht zu überhören. Damit verließ er das Zimmer und lief zu seinem Wagen, in den er sich setzte und kurz die Augen schloss, um sich auszuruhen, doch sein Körper schien andere Pläne zu haben, und nachholen zu wollen, was er sich die letzten Tage zu wenig gegönnt hatte: Schlaf Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)