Tales of the Firefly von PenAmour (- Searching) ================================================================================ Kapitel 1: Im Schoße der Toten ------------------------------ Searching In times of darkness, one must simply stop searching for the light, and become the glow for others to follow. (Christopher Seymour) Im Schoße der Toten You have a choice. Live or die. Every breath is a choice. Every minute is a choice. To be or not to be. (Chuck Palahniuk) In einem kurzen Augenblick, vielleicht war es gerade mal eine etwas längere Sekunde, änderte sich alles. Wo eben noch Siegesjubel war, blieb nun nur noch Sprachlosigkeit für das, was sich dort über ihnen zusammenbraute, übrig. Er hatte seinen Kopf in den Nacken gelegt und drückte Betamon sanft an seine Brust. Sein Digimonpartner war kurz zuvor unter einer zurückpreschenden Attacke, die sich eigentlich gegen ihren Angreifer gerichtet hatte, zusammengebrochen und hatte all seine Kraftreserven eingebüßt. Aus den Augenwinkeln sah er, wie es die anderen Digritter und Partner ihnen gleichtaten und ihre Köpfe reckten, während der Boden unter ihnen bedrohlich brodelte. Dort oben am Firmament war alles dunkel geworden, als die schwarzen Schwingen die Sonne bedeckten und jedes Licht gefangen nahmen, das zu ihnen auf die Erde durchdringen wollte. Und in diesem Moment beschlich ihn die Befürchtung, dass das Quäntchen Glück für diesen Kampf bereits aufgebraucht war. Er versuchte die Gedanken von sich zu schieben. Sein Blick wanderte zu seinen Mitstreitern. Nicht weit entfernt erkannte er Taichi, dessen Augen sich vor Schreck geweitet hatten und der wie betäubt auf das nahende Grauen blickte. Er wusste nicht, inwieweit der Junge imstande war, sie aus dieser Misere herauszuführen, aber all die anderen schienen ihr Vertrauen in ihn zu setzen. Und all die Geschichten, die Mimi ihm erzählt hatte, erweckten auch in ihm den Eindruck, dass Taichi Yagami der einzige war, der vielleicht noch ein Ass aus dem Ärmel zaubern könnte. Als er seine Augen erneut zwang die Szenerie dort oben zu begutachten, waren die schwarzen Schwingen längst nicht mehr allein. Es schien als habe sie die Dunkelheit geboren und nun über der Erde ausgespieen. Doch er wusste in dem Moment, in dem das blutige Rot in ihren Augen aufblitzte, dass sie seine Kinder waren, Kreaturen der Saat, mit ihrem Gebieter an der Spitze. Und als sich die roten Augen der Stadt näherten – in die er gekommen war, um die Welt zu beschützen – da ließ sich auch ihr Herr auf seinen Schwingen tragen, um mit seinen häusergroßen Klauen auf die Menschheit einzuschlagen, auf das die Erde und all ihre Bewohner erzitterten und sich ihre Angstschreie mit seinem Lachen vermischten. Als das Lachen, gefüllt mit Grausamkeit und Bosheit, auch bis zu ihm durchdrang, schien es, als durchführe ihn ein kalter Windhauch, der sich in seinen Gliedern einnistete und jede Wärme augenblicklich verbannte. Er versuchte das Zittern zu unterdrücken und bemerkte, wie neben ihm das Mädchen – er hatte ihren Namen vergessen – nach seiner Hand griff und ihre Augen weit aufriss und mit der freien Hand auf einen Häuserblock deutete. Und während er ihrem Blick folgte, pfefferten tausend Attacken auf die Häuser nieder, die sogleich lichterloh brannten. Aus den Schatten der Feuer krochen sie, ihre Augen rot und blutunterlaufen, mit einem gierigen Lächeln auf den Lippen, Digimon, die in der Herrschaft dieses Monsters standen. Digimon, die nur ein Ziel hatten; Die Stadt dem Erdboden gleichzumachen. „Rennt!“, schallte Taichis Befehl durch das Chaos, der wohl auch begriffen hatte, dass die ungebetenen Besucher nicht lange fackeln würden. Und er rannte und mit ihm alle anderen, deren Starre mit Tais Ruf von ihnen abgefallen sein musste. Er rannte, während um ihn herum die Hölle ausbrach und all die Geschöpfe der Saat den Boden mit Schrecken besudelten. Immer wieder gingen Menschen zu Boden, die von einer Attacke der Digimon ergriffen wurden. Doch er drehte sich nicht um. Seine Lungen schienen zu bersten, doch er lief weiter, flankiert von Feuern, die Häuser nieder brannten, Explosionen, die die Stadt zu Fall brachten und diesem boshaften Lachen, das über ihre Köpfe hinweg hallte und immer wieder den Pranken, die in die Menschenmassen grabschten, um sich anschließend mit dem Blut der Opfer zu vergnügen. Er schluckte, als ein Schmerz seine Hand durchzuckte. Er blickte an sich herab und sah, wie das Mädchen sich ihn ihr festgekrallt hatte. Mit zusammengepressten Lippen lehnte sie sich gegen seinen Gang auf und schnappte nach Luft, als er sie verwundert ansah. Die andere Hand hatte ein Digimon umfasst, ein Gotsumon, wie er feststellte. Er musste sie unbewusst mit sich gezogen haben. Ihre erdbraunen Locken wirbelten wild um ihren Kopf, vergeblich gebändigt von zwei Zöpfen an jeder Seite. Sie trug ein zerrissenes Shirt, dessen Ärmel angesenkt waren. Die Füße steckten in Sandalen, völlig unpassend für das winterliche Wetter hier in Japan. Die Angst in ihrem Gesicht wich Empörung. „Loco, idiota, tonto!“ Und er ahnte, dass sie nicht besonders begeistert von seinem unbewussten Mitschleifen war. Ihre Beine waren nur halb so lang wie die seinen und es musste sehr anstrengend gewesen sein, widerwillig mit ihm Schritt zu halten. „Eres estúpido?!“, stieß sie wütend hervor und fächelte sich Luft zu. Ihre Wangen waren gerötet und ihre Knie zitterten von all den Anstrengungen, denen er sie ausgesetzt hatte. Er schätzte sie auf sieben, vielleicht acht, auch wenn von ihrem Alter zwischen all den Tiraden, die auf ihn niederprasselten, nicht viel übrig blieb. Neugierig wand sich nun Betamon aus seinem Griff und besah die beiden Mitreisenden genauer, während er beschwichtigen die Hände in die Luft hob und ein entschuldigendes Lächeln versuchte. Das wütende Spanisch stoppte und ihre Augen besahen ihn prüfend. Er streckte ihre eine Hand entgegen. „Perdonna me. Me llamo Michael“ Versuchte er es mit dem bisschen Schulspanisch, dass er noch aus seinem Gedächtnis hervorkramen konnte. „Halbas inglés?“ Sie nickte zögerlich. „Ein bisschen“, brachte sie hervor. „Ich heißen Chichos.“ „Okay, Chichos, es tut mir sehr leid, aber wir müssen uns in Sicherheit bringen – Seguridad?“ Sie nickte abermals. „Wir sollten den Igelkopf finden“, meinte sie, „Er hat Wissen, was zu tun…“ Er stimmte ihr schweigend zu und betrachtete die Umgebung. Sie hatten sich in eine Gasse gedrängt, um ungesehen zu bleiben, während sie ihre Differenzen austrugen. Ein dichter Rauchschleier hatte sich über die Dächer gelegt, die nach und nach den Angriffen zum Opfer fielen und in sich zusammen fielen, während ihre Bewohner mit ersticktem Wimmern nach Hilfe flehten. Er schluckte abermals und streckte ihr auffordernd seine Hand entgegen, sie griff zu und langsam drängten sie sich aus der Gasse und wurden sogleich, mit ihren Digimonpartnern im Schlepptau, in einem Flüchtlingsstrom mitgerissen. Menschen, die ihr Hab und Gut mit sich führten und immer wieder angstvolle Blicke gen Himmel warfen und sich vor den Attacken duckten, drängten aus dem Stadtkern. Immer wieder stießen ihn die Koffer der anderen voran und hinterließen einen ziehenden Schmerz. Er versuchte Chichos vor den sperrigen Gepäckstützen zu schützen, doch in diesem Pulk aus Menschen, getrieben von Panik, schien niemand auf den anderen zu achten, alle versuchten nur so schnell wie möglich zu entkommen. Er probierte nicht auf die Geräuschkulisse zu achten, doch als sich diese beißende Stimme über die Welt erhob, wurde alles andere unwichtig. „Bewohner dieses Planeten, ihr untersteht nun meiner Herrschaft. Ich, MaloMyotismon bin euer Kaiser und ihr werdet mir entweder rechtmäßig dienen oder qualvoll sterben...“ Die Worte zischten durch die Luft und bissen sich in seinem Herzen fest. Ein Raunen ging durch die Menschenmenge, die noch vor wenigen Stunden eine Existenz anderer Lebewesen, gar anderer Welten, vollkommen ignoriert hatte. „Dient mir und euch wird nichts geschehen…“ Eine bittere Alternative, die man ihnen da zum Tod bot. Völlige Selbstaufgabe. Sklaverei. Ein Ruck ging durch die Menschenmasse, die nun erst recht von hier verschwinden wollte, doch auch der selbsternannte Kaiser musste sich so etwas gedacht haben, denn sobald die Worte geendet hatten und in ihre Erinnerungen gebrannt waren, strömten auch schon seine Rotäugigen aus und umkreisten sie. Er presste Chichos und sich auf den Boden und deutet Betamon und Gotsumon an, es ihnen gleich zu tun. Was auch immer geschehen würde, lieber von Schuhsohlen malträtiert werden, als sich der Hölle zu stellen, die bereits auf sie wartete. Der Menschenstrom geriet ins Stocken. Er sah, wie einige ihre Arme ergebend in die dampfende Luft streckten und sofort von Flugdigimon aus der Menge gefischt wurden. Er konnte nur ahnen, was mit ihnen geschehen würde… Und dann brachen Feuer, Donner, Blitz, Wasserfälle, Erdrutsche alle auf einmal über sie ein. Sie ließen ihre Attacken auf die wehrlosen Menschen los, die sich dem so genannten Kaiser nicht ergeben wollten – oder einfach nicht verstanden hatten, was gerade mit ihnen passierte. „Bleib unten“, schrie er Chichos zu, auf deren Gesicht sich salzige Tränen mit Ruß und grauer Erde vermischten. „Pato!“, erinnerte er sich. Körper gingen in Flammen auf, andere zuckten unkontrolliert, wieder andere erstickten an Wasser oder Erde. Er wagte kaum seinen Blick zu heben, doch er wusste, dass er in Erfahrung bringen musste, was um sie herum geschah, um die Situation besser einzuschätzen. Um ihn herum hatte sich ein Ring von zig Leiben gereiht, die sich vor Schmerzen wandten, andere wiederum hatten schon längst aufgehört zu atmen und starrten nur noch mit merkwürdig leeren Augen in den Himmel, der einmal strahlend blau gewesen war. Doch seine Augen heften sich nicht an dem Leid fest, er ließ den Geruch von verbranntem Fleisch und Urin nicht an sich heran, vielmehr waren es die dunklen, sepiafarbenen Augen, die seine Aufmerksamkeit auf sich zogen und trotz all der Schrecklichkeiten ein gewisses Maß – sofern das überhaupt möglich war – an Ruhe ausstrahlten. Sie gehörten einem Junge mit dunkler Haut, nicht viel jünger als er selbst, dessen kohlrabenschwarzes Haar ihm ins Gesicht fiel, und der seinen Arm schützend um ein ihm nicht geläufiges Digimon geschlungen hatte. Verschwörerisch legte er seinen Finger auf seine Lippen. Ihm stockte der Atem als er begriff, was der Junge plante, während dieser sich und seinen Digimonpartner vorsichtig unter einen Berg von toten Leibern quetschte. Wieder trafen ihn die dunklen Augen, die nun zwischen den Händen der Toten hervorlugten, und er verstand. Sie mussten unsichtbar werden. Denn während immer mehr Menschen versuchten, die Digimon-Barrikaden zu umgehen, würden die Toten keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nach einem kurzen Moment des Zögerns und des Ekels hievte er vorsichtig den Arm eines Mannes, dessen Körper schon erkaltete, über seinen eigenen und Chichos, die daraufhin erschrocken zusammenzuckte. Vorsichtig, ohne unnötige Bewegungen, legte er seinen Kopf so, dass seine Lippen Chichos Ohr berührten. „Stell dich tot!“, flüsterte er, „Muerto.“ Sie machte keine weiteren Anstalten und er wandte seinen Blick erneut dem Jungen zu, doch dieser hatte seine Augen geschlossen und harrte nun reglos in seinem Versteck aus. Er hatte keine Ahnung, wie lange sie zwischen all den toten Körpern lagen, aber es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, die nur von dem Beben der Erde, den Schreien der Menschen und den Aufeinanderprallen von Attacken – anscheinend waren noch einige der Digiritter in der Lage zu kämpfen – unterbrochen wurde. All das Leid zog die fortwährend andauernden Minuten noch um ein weiteres Mal in die Länge und mit jedem Klagen fühlte er sich wie am falschen Platz. Er war ein Digiritter, auserwählt zu helfen und zu beschützen. Stattdessen verkroch er sich im Schoße jener, die er hätte retten sollen. Aber was hätte er tun sollen? Betamons Kräfte waren aufgebraucht und tot nützte er niemandem etwas… Eine eiskalte Hand legte sich auf seine Schulter und ließ ihn verängstigt aufschrecken. Mit klopfendem Herzen drehte er sich um, bereits sich seinem potentiellen Angreifer zu stellen. Doch alles was er sah, waren zwei große, schwarze Augen, die ihn anfunkelten. „Wir sollten hier verschwinden“, flüsterte der Junge mit rauer Stimme. Langsam rappelte er sich auf und schob den Leichnam des Mannes beiseite, der ihn beschützt hatte. Die Augen des Mannes waren in die Unbestimmtheit gerichtet, während sein braunes Haar, welches schon von schmalen feinen grauen Strähnen durchzogen war, ihm wild ins Gesicht hing, die Nase des Mannes war blutverschmiert und schimmerte blau, anscheinend war sie gebrochen. Auch am schneeweißen Hemd und der grauen Krawatte klebte der Lebenssaft. Bevor er sich weitere Details des Toten einprägen konnte, spürte er eine warme Hand in seiner. Chichos stand wieder neben ihm und schenkte ihm einen Augenblick des Trostes, während ihre Wärme die kalte Leichstarre aus seinem Körper verbannte. Ein Räuspern ließ die beiden aufhorchen. Der Junge trug eine hellbraune Lederjacke und eine abgewetzte Jeans, die mit Blut und Dreck bedeckt war. Er streckte seine Hand aus. „Ich bin Lou, und das ist“, er deutete auf sein Digimon, „Otamamon.“ Er ergriff Lous Hand und stellte sich seinerseits vor. „Wir haben uns schon mal gesehen“, meinte er nach einem Moment. Lou nickte und versuchte ein Lächeln. „Ja, nur mit dem Unterschied, dass es damals etwas glücklicher für uns ausging.“ Er erwiderte nichts, es war auch nicht nötig, viel wichtiger war, eine Strategie zu entwerfen, Schritte einzuleiten, um das drohende Unheil noch abwenden zu können. „Wir sollten Taichi und die anderen suchen, wenn jemand weiß, was zu tun ist, dann wohl sie.“ Es fiel ihm nichts Besseres ein und das Land war ihm fremd. Lou stimmte ihm zu. „Ich hörte bereits von ihm und seinen Fähigkeiten…“ Doch bevor sie das Thema vertiefen konnten, hatten sich Chichos Hände panisch in seinen Arm gekrallt. Die Umrisse einer Gestalt blitzen zwischen all dem Dunst der Zerstörung auf, als habe sie der Rauch der Stadt selbst ausgespuckt, und mit jedem ihrer Schritte, die auf den gerissenen Pflastersteinen widerhallten, wurden die Konturen schärfer und schärfer. Author’s Note: Nun beginnt also eine neue Geschichte – oder beginnt die Geschichte erneut?! Zum ersten Mal stehen nicht die üblichen Helden im Vordergrund, sondern die „verlorenen Digirittern“ und auch die „verlorenen Jahren“… Und dieses Mal erscheinen die Digimon von Anfang an, die in den vorherigen Teilen durchaus zu kurz kamen, was aber genauso sein musste… Hier bekommen sie eine andere Rolle. Aber ihr werdet sehen… Ich hoffe, ich kann euch noch einmal für das FoD-Universum begeistern und ihr habt Spaß beim Lesen. Als dann… PenAmour Kapitel 2: Helfende Hände ------------------------- Helfende Hände The moon is a friend for the lonesome to talk to. (Carl Sandburg) Er wusste nicht, wie lange er schon rannte, aber sein pochendes Herz sagte ihm, dass er bald seine Grenze erreicht hatte. Es stach in seiner Brust, als habe man ihm ebendort ein Messer hinein gerammt. Seine Lungen sogen sich mit dem Dunst aus Rauch und Asche voll, so dass nur ein rasselndes Atmen über seine Lippen kam. Um ihn herum schien die Welt zusammenzubrechen, während er nach einem Schlupfloch suchte. Flammen züngelten an der Stadt, die mit einem stöhnenden Ächzen darauf antwortete. Rote Augen streiften die Straßen und Gassen, zu finden, jeden den sie erfassen konnten. Er hatte gesehen, was mit jenen geschah, die gefangen genommen wurden. Man trieb sie zusammen, wie Tiere, drängte sie in riesige Laster und transportierte sie durch den Dunst, der durch die Stadt zog. Er wollte gar nicht darüber nachdenken, welches Schicksal sie erwartete, aber ihres teilen würde er niemals. Deshalb rannte er weiter und weiter, blendete das Leid, welches in seinen Augenwinkeln aufblitzte, aus und suchte nach einem Ausweg. Immer wieder drangen dumpfe Schreie an seine Ohren, die er beiseite schob, der Boden erzitterte unter seinen Schuhsohlen und ein Beben jagte das nächste, gefolgt von Stahlträgern, die aufeinander prallten, Steinmauern, die sich ihren Widersachern ergaben und unter lautem Grollen zusammensackten. Terriermons Pfoten drückten auf seinen Schultern, während Lopmon sich in seinen Kragen festgekrallt hatte. Die beiden hatten lange kämpfen müssen und waren für dieses fluchtartige Unternehmen einfach noch zu schwach. Er bedauerte, seine Partner solch einem Kampf ausgesetzt zu haben, aber er war dem Ruf der anderen gefolgt, wohl wissend, was auf dem Spiel stand und was sie zu schützen hatten. Und doch hätte er bereits nach den ersten kläglichen Attacken, die an MaloMyotismon verpufften wie eine seichte Brise, erkennen müssen, dass sie nicht gewinnen konnten. Daisukes Reaktion hätte ihn wachrütteln müssen. Er hätte sofort seine Beine in die Hand nehmen sollen, nachdem der Junge panisch und gleichzeitig beschämt über seine Feigheit, das Gesicht in seinen Händen versteckte und einen Schritt zur Seite trat, um Taichi buchstäblich den Weg frei zu machen. Und vielleicht war es genau dieser Punkt, der ihn zum Bleiben bewegte. Taichi hatte keinen Augenblick gezögert. In dem Moment, in dem Daisuke zurückwich, preschte Taichi nach vorne und brüllte Befehle durch die Luft, wie ein General, der seine Truppen für einen Krieg mobilisierte. Taichi hatte Selbstsicherheit ausgestrahlt, deshalb war er geblieben. Und eben das war sein Fehler gewesen. Nun rannte er völlig schutzlos durch die fremden Straßen, kopflos, ohne zu wissen wo er war. Und daraus ergab sich schon bald ein weiteres Problem, wie er zu seinem Leidwesen feststellen sollte… Er hatte vergessen, dass in dieser Stadt nun ein Krieg tobte, dies wurde ihm schmerzlich bewusst, als ihm blutüberströmte Menschen entgegenkamen, sie hasteten über die Betondecke, während die Attacken wie Peitschenhiebe nach ihnen ausholten. Er drückte sich an die Hauswand, bevor ihn ein flüchtender Mann umrennen konnte, der nur wenige Meter weiter über einen zurückgelassenen Koffer stolperte und mit dem Gesicht auf dem harten Stein aufschlug. Er schaute nicht genauer hin, aber das Krachen der Knochen sagte ihm bereits alles. Sein Herz pochte bis zum Hals, während die Hauswand hinter ihm bedrohlich brodelte unter den krachenden Schritten, mit denen sich rotäugige Truppen näherten. Sie stampften über den Boden und ließen ihn erschaudern, während über ihren Köpfen weitere Flugdigimon den Himmel abstreiften. „Macht euch bereit“, murmelte er leise, „Wenn wir schon sterben, dann wenigstens kämpfend.“ Er spürte, wie sich Terriermons Muskeln anspannten und sah Lopmons Nicken, während er seine rauen Lippen befeuchtete und sich in Stellung begab. Sie würden hier nicht lebend rauskommen, er würde hier an diesem fremden Ort sterben und sein Körper würde sich mit den Überresten der dahinsiechenden Stadt vermischen. „Jetzt“, kreischte er und sprang aus dem schützenden Schatten der Hauswand, sein Digivice pulsierte in seiner Hand als Terriermon und Lopmon an ihm vorbeirauschten und im Sprung zu Gargomon und Truiemon digitierten. Und während MaloMyotismons Schergen ihre Köpfe in die Richtung der Störquelle drehten, rumorte ein Grollen über ihren Köpfen und im nächsten Moment, entlud sich ein Inferno über ihnen, so dass die Asphaltdecke aufplatzte, Dachpfannen auf sie nieder rasten und hunderte von Armen sich um die Truppen schlangen. Er erahnte die Umrisse dreier Digimon, die sich da den Truppen in den Weg gestellt hatten und mit ihren Tentakeln auf diese einschlugen. Seine Partner blickten ihn fragend an und er wusste, was ihre Knopfaugen ihm zu sagen versuchten und reagierte. Ohne ein Wort winkte er die beiden zu sich, das war ihre Chance. Rasch verwandelten sie sich zurück, während die drei fremden Digimon gerade wutschnaubende Angriffe abwendeten. Klauen blitzten auf und er konnte hören, wie sie sich in das Fleisch rammten und nur wenige Augenblicke später zuckten die Überreste eines Tentakels vor seinem Füßen, wie ein Goldfisch, den man an Land gezogen hatten und der langsam erstickte. Er riss sich von dem Anblick los und schulterte seine beiden Partner, derweil der Kampf mit lautem Getöse und Brüllen in die nächste Runde ging. „Goungji!!“ erklang eine Stimme, die mit Entschlossenheit und Kraft gefüllt war. Für eine Weile schien diese Stimme die Welt zum stoppen gebracht zu haben, die Kämpfer verharrten in ihrer Position, um zu sehen, wer sich hinter der Stimme verbarg, doch der Moment der Stille blieb nur von kurzer Dauer, als sich die Tentakeln der drei anderen Digimon wie eine Antwort um die Hälse der Feinde schlossen. Doch sein Blick ruhte nicht auf ihnen, sondern vielmehr auf den drei Figuren, die zwischen dem Rauch aufgetaucht waren und in einer ihm nicht bekannten Sprache, erneut riefen: „Goungji, Octomon!“ Sie näherten sich dem Schauplatz und er erkannte das milde Leuchten der Digivices in ihren Händen. Es flackerte wie ein Hoffnungsschimmer durch die stickige Luft, indes die drei Digimon, vermutlich ihre Partner, sich den Gegnern erneut stellten. „Wallace…“ quiekte Terriermon, doch er schüttelte den Kopf. „Sie kommen schon klar“, flüsterte er und löste sich von der Szenerie. Ein Hauch von Schmerz durchfuhr sein Herz, während er davon hastete und nur das Dröhnen der Explosionen und Schreie ihn zu verfolgen mochte. Doch er blickte sich nicht um, auch nicht als die Stimmen sich mit Verzweiflung füllten. „Jiùmìng'a!“ Er drehte sich nicht um. „Jiùmìng'a!“ Seine Beine trugen ihn davon, er erlaubte ihnen nicht, auch nur einen Moment zu zögern, es wäre ein Moment der Schwäche geworden. Und als er das letzte Mal die fremden Worte hörte, „Jiùmìng'a“, versiegten seine Tränen und er war allein mit seinem Herzen, welches mit aller Kraft Blut durch seine Adern pumpte und dabei ein Rauschen in seinen Ohren zurück ließ. Er verlangsamte seine Schritte, bis er die Umrisse der Stadt erkannte. Glas zersprang, als es den Feuern nicht mehr standhalten konnte, riesige Krater klafften aus dem Boden, Schuhe und Koffer lagen verlassen auf dem Asphalt. „Was sollen wir nun tun?“, drang Lopmons Stimme in sein Bewusstsein. Er streifte die zerstörten Häuser, die einmal Menschen beherbergt hatten, warf einen flüchtigen Blick auf eine sonnengelbe Sandale, die mit kleinen weißen Blumen verziert war und er fasste einen Beschluss. „Wir müssen…“ Doch Terriermon unterbrach ihn mit einem Schreckensschrei. „Wir sind nicht allein“, zitterte es, während er seiner Pfote folgte, die auf drei Schemen in der Ferne deutete, die kaum zwischen dem Rauch zu erkennen waren. Sein Herz setzte für eine Sekunde aus. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, seine Hände zu Fäusten geballt. Sie schauten unverkennbar in seine Richtung, sie hatten ihn längst bemerkt. Er wog seine Chancen ab, und entschied sich kurzerhand. Ihre Staturen ließen darauf schließen, dass er es hier nur mit Menschen zu tun hatte, falls sie ihn angriffen, wäre er ihnen haushoch überlegen… Der Rauch verebbte und er blickte in zwei dunkelblaue Augen, die wahrscheinlich mit ebensoviel Misstrauen bestückt waren, wie die seinen. Das Gesicht war von blonden Locken eingerahmt, die sicherlich, wenn sie nicht gerade schutt- und blutverschmiert waren, viele Mädchenherzen höher schlugen ließen. Der Junge schien nicht viel älter als er selbst zu sein. Seine Hand hatte sich schützend auf die Schulter eines kleinen Mädchens gelegt, welches ihm gerade einmal bis zur Brust reichte. Sein wildes Haar stand in alle Richtungen ab. Im Hintergrund hielt sich ein weiterer Junge auf, dessen seiden schwarzes Haar zwischen dem grauen Steinstaub hervorschimmerte und dann erkannte er drei Digimon, die sich hinter dem Schwarzhaarigen versteckt hatten. Der Lockenkopf folgte seinem Blick und schien zu erahnen, was in ihm vorging, denn er hob beschwichtigend die Hände und versuchte ein Lächeln auf seine Lippen zu setzen. „Wir sind wie du“, raunte er knapp und deutete auf sein Digivice, das unter dem T-Shirt hervorlugte. Seine Muskeln entspannten sich und er nickte entschuldigend. „Das sind Lou, Otamamon, Chichos, Gottsumon, Betamon und ich bin Michael.“ Der Junge streckte ihm die Russ verschmierte Hand entgegen. „Terriermon, Lopmon“, er ergriff die Hand und deutete mit der freien auf seine Partner und anschließend auf sich, „Wallace.“ „Wie hast du es geschafft, MaloMyotismons Schergen zu entkommen?“, meldete sich nun Lou aus dem Hintergrund. Er schluckte. „Eine gute Portion Glück war wohl im Spiel. Ich war einfach schnell genug.“ Er zuckte die Schultern. „Hast du… hast du noch andere von uns gesehen?" Michaels fragende Augen durchbohrten ihn. „Weiter nördlich kämpfen noch welche von uns…“ Er geriet ins Stocken, verdrängte die frischen Erinnerungen aber rasch, „Aber ich rate euch davon ab, ihnen zu folgen. Rettet euch lieber selbst und versucht so schnell wie möglich von diesem gottverdammten Kontinent zu verschwinden. Hier wird die Hölle ausbrechen, sobald MaloMyotismon als klarer Sieger hervorgeht und das will keiner von uns erleben!“ Die anderen schwiegen – betroffen, verwirrt, zustimmend, er konnte es nicht klar definieren – doch schließlich ergriff der Junge der Michael hieß wieder das Wort. „Gerade deshalb sollten wir die anderen suchen, vielleicht können wir zusammen eine Lösung für das Problem finden…“ „Du hast doch gesehen, dass wir nichts ausrichten können…“, fuhr er dazwischen und legte so viel Nachdruck in seine Stimme wie er konnte. „Selbst wir alle zusammen haben keine Chance gegen MaloMyotismon. Ihr werdet eher bei dem Versuch drauf gehen, wenn ihr euch ihm noch einmal stellen solltet. Und selbst das ist fraglich, wo seine Häscher überall lauern und nur darauf warten, einen von uns in die Finger zu kriegen.“ Michael schüttelte den Kopf, die verklebten Locken wirbelten um seinen Kopf. „Wir können nicht so einfach aufgeben, Wallace, es ist unsere Pflicht…“ „Ich weiß ja nicht, was deine Pflicht ist, aber ich will nur am Leben bleiben, das ist meine einzige Aufgabe.“ Wutentbrannt blitzte er Michael an, der recht ungehalten wirkte, als er seinen Satz beendet hatte. Was nahm sich der Blondschopf heraus? Glaubte er wirklich er, Wallace hatte die letzten Stunden auf dem Sofa verbracht und könnte die Situation nicht angemessen beurteilen?! Für einen endlos wirkenden Augenblick starrten sie sich einfach nur an, zornig und zugleich sehr müde. Michael fuhr sich über die Augen. „Ihm Norden sagtest du?“ Er nickte widerwillig. „Dann werden wir also nach Norden gehen. Möchtest du dich uns anschließen?“ „Nein danke“, murmelte er, „Ich habe andere Ziele.“ Und mit diesen Worten schulterte er seinen Rucksack, ließ das gähnende Terriermon hineinschlüpfen, während Lopmon sich auf seine Schultern setzte. Diesmal war es Michael, der seinerseits mit den Schultern zuckte. „Wie du willst, Wallace.“ Und dann zu seiner großen Überraschung. „Viel Glück! Ich hoffe, dass dein Weg es wert ist und wir uns vielleicht unter glücklicheren Umständen wieder sehen werden…“ Er brachte ein halbes Lächeln über die Lippen. „Euch auch“, und setzte seine Füße in Bewegung. „Aber seid gewarnt. Im Norden wird euch kein herzlicher Empfang bereitet!“ Mit diesen Worten kehrte er den drei Digirittern den Rücken, wohl ahnend, dass sie ins Ungewisse rannten, aber was hätte er noch alles unternehmen sollen, um sie von der Gefahr zu überzeugen? Er hatte alles in seiner Macht stehende versucht, um den Feind zu besiegen, und er war gescheitert. „Wohin gehen wir denn?“, fragte Lopmon. „Nach Hause…“ Author’s Note: Wie schon in FoD werdet ihr auch hier innerhalb der Handlung bemerken, wer der Erzähler eigentlich ist. Ich setze absichtlich keine Namen an den Anfang, damit sich das Bild beim Lesen aufbaut und man ein bisschen rätseln kann, wer spricht, wer sonst vorkommt etc. Schließlich muss ein gewisser Spannungsbogen ja erhalten werden! Ich will noch gar nicht zu viel zu den einzelnen Charakteren sagen, aber seid gewiss, dass ich in üblicher Manier dazu noch meinen Senf geben werde – nur halt noch nicht sofort! Kapitel 3: Nur ein Leben ------------------------ Nur ein Leben Games are a compromise between intimacy and keeping intimacy away. (Eric Berne) Mit seinen Eisfäusten drosch Yukidarumon unermüdlich auf die Gruppe von Gazimon ein, die zuvor die Bewohner des kleinen Reihenhäuschens mit den Bonsaibäumchen auf den Fensterbänken, aus ihrem wohlbehüteten Leben gezerrt und sie auf die Straße gedrängt hatten. Eine Straße, die nun eher wie eine Kraterlandschaft aussah. Die scharfen metallenen Krallen der Gazimon hinterließen rote Striemen auf der Haut und die Familie versuchte sich unter den fortwährenden Schlägen wegzuducken, doch die Gazimon waren weit in der Überzahl, als er gerade den Schauplatz betreten hatte. Nun hielt Yukidarumon die Digimon in Schach, so gut es eben ging, doch er konnte fühlen, wie die Kräfte seinen Partner langsam verließen, während die grauen hundeähnlichen Wesen erneut zum Angriff ansetzen und grollende Blitze aus ihren Mäulern spieen. Bestürzt sah er, wie die Blitze knackten und knackten, während sie an Yukidarumon züngelten und seinen Partner fest umklammerten. Hilflos blickte er sich um, er wusste nicht wie er seinem Partner beistehen sollte, wie er Yukidarumon da rausholen konnte. Doch bevor er handeln musste, hatte es sich aus dem Blitzlicht befreit und stürmte erneut auf die graufelligen Gegner los, um sie mit frostiger Kälte niederzuwalzen. Rasch trat er auf die Familie zu, die das ganze Spektakel schweigend und staunend beobachtet hatte. „Los! Bringen sie sich in Sicherheit“, brachte er zwischen zwei raschen Atemzügen hervor, sie starrten ihn jedoch lediglich mit dunklen, mandelförmigen Augen an, in ihnen lag Verwirrung und Unverständnis. Er seufzte und fuhr sich müde über das Gesicht, so dass seine Brille in Schieflage rutschte. Er hatte vergessen, dass sie ihn nicht verstanden, und auch nicht verstehen würden, in welcher Gefahr sie schwebten. Alles was sie sahen, waren diese seltsamen Wesen, die durch die Stadt jagten. Er kniete sich zu ihnen auf den Boden und versuchte möglichst ruhig zu bleiben. Sie waren zu viert, Mutter, Vater, ein Sohn, eine Tochter – die perfekte Familie. Der Vater hatte seine Frau samt den Kindern hinter sich gedrängt und durchbohrte ihn misstrauisch, während das Wimmern des Mädchens, das sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Fuß hielt, vom Aufeinanderknallen der Attacken fast verschluckt wurde. Seine Augen fanden erneut den Vater. Er deutete auf die kämpfenden Digimon, nicht ohne einen schmerzenden Herzschlag dabei zusehen zu müssen, wie Yukidarumon sich mühsam vom Boden aufrappelte und die Gazimon abzuschütteln versuchte, sie aber gleichzeitig davon abhielt, die unsichtbare Linie zu überschreiten, die bedeutet hätte, dass eine wild gewordene Horde Digimon über ihn und auch die Familie herfiel. „Laufen sie! Flüchten sie.“ Er deutete mit seiner Hand in die Entgegengesetzte Richtung. „Bleiben sie…“ Seine Hand wanderte zurück zum Kampfplatz, wo Yukidarumon gerade eines der Gazimon zu fassen gekriegt hatte und den nunmehr leblosen Körper seinen Artgenossen entgegenschleuderte. „…sterben sie!“ Er konnte die klaffende Wunde am Hals des feindlichen Digimons bis hierher erkennen, das Blut überflutete das graue Fell und die Krallen waren nur noch mittels ein paar Nerven- und Sehnensträngen mit dem Rest des Körpers verbunden. Er wusste nicht, ob es der grausige Anblick war, der sich ihnen da bot, oder ob man ihn tatsächlich verstanden hatte, aber in jedem Fall veranlasste es die kleine Familie ihre Bonsais hinter sich zu lassen. Er hatte keine Ahnung gehabt, über das, was da über ihn herein brach, bis er auf dem Boden gelegen hatte, niedergetrampelt von einem panischen Mob, und seine Brille suchte. Seitdem hatte sie einen Knacks am rechten Bügel und die Welt anscheinend auch. Es war wie in einem dieser Endzeitfilme. Häuser gingen in Flammen auf. Wolkenkratzer gaben nach, die Stahlträger krachten aufeinander und alles zusammen fand sich dann auf dem Boden wieder, in einer riesigen Staubwolke. Und die Menschen rannten. Rannten, als würden sie gejagt. Und das stimmte sogar. Er hatte nur aus den Augenwinkeln gesehen, wie man sie gefangen nahm und in große Käfige steckte, die dann abtransportiert wurden. Er hatte es nur aus den Augenwinkeln gesehen, flüchtig, mehr erlaubte er sich nicht. Aber dann war er plötzlich allein gewesen. Nicht so allein, dass niemand mehr da gewesen wäre, dass die Welt in Stille versunken wäre. Es war diese Art von Alleinsein, die einen hilflos macht, während um einen hunderte von Ahnungslosen schreien, weinen, beten. Er hatte versucht, die Leute zu warnen, aber niemand schien ihn zu sehen, und dann war seine Brille kaputt gegangen… Und als er wieder klar sehen konnte, war kein vertrautes Gesicht mehr da. Danach irrte er durch die Straßen zusammen mit Penmon. Doch sie erkannten bereits nach wenigen Sekunden, dass sie sich verteidigen mussten, als ein riesiges, rotäugiges Jyureimon sie aus heiterem Himmel angriff und ihn fast mit seinen Ästen stranguliert hätte, wäre Penmon nicht rasch zu Yukidarumon digitiert und hätte ihn aus dieser misslichen Lage befreit und das Pflanzendigimon in eines der brennenden Häuser geschubst. Und nun befanden sie sich bereits in der nächsten Schlacht! Wenn das so weiter ginge, hätte er innerhalb von einer Woche mit der ganzen Digiwelt gekämpft! Und schon bei der Vorstellung überfiel ihn die Müdigkeit. „Ice Arrow!“ Erschrocken reckte er seinen Kopf in den Himmel. Ein gleißender Strahl fiel auf die Kämpfenden und in ihm blitzten Eiszapfen auf, die auf sie zurasten. Geistesgegenwärtig war Yukirdarumon zur Seite gehechtet und hatte sich vor den tödlichen Himmelsboten in Sicherheit bringen können. Die Gazimon nicht, wie er feststellte, als er vorsichtig die Augen öffnete und ihre Körper sich aufgespießt auf dem Boden wandten. „Alles in Ordnung, Yukidarumon?“ Panisch kam er auf die Beine und sah, wie sein Partner sich in Penmon zurückverwandelte. Mit einem müden Lächeln zwar, aber in einem Stück! Doch bevor sie zu ihrer körperlichen Unversehrtheit beglückwünschen konnte, sah er wie eine riesige Seeschlange sich ihren Weg durch das Trümmerfeld auf sie zu bahnte. „Mist“, brachte er nur hervor und sah ihre Felle schon samt heilen Knochen davonschwimmen, bis ein blonder Schopf auftauchte. Die Engelslöckchen verhießen zum ersten Mal etwas Gutes… „Michael!“ Freudig rannte er auf ihre Retter zu, während dieser zusammen mit Lou, dem immer ernst dreinblickenden Jungen mit der Mokkahaut, dem er bereits das ein oder andere Mal über den Weg gelaufen war, und einem kleinen Mädchen samt Digimonpartnern, von Seadramons Rücken kletterte. „Du sahst so aus, als könntest du unsere Hilfe gebrauchten.“ Michael brachte seine schneeweißen Zähne, mit denen er locker den einen oder anderen Dollar für Zahnpastawerbung hätte rausschlagen können, zum Vorschein und grinste. „Das kann man so sagen“, gab er zu, „Sonst lägen wir wahrscheinlich an deren Stelle...“ Er deutete mit einer Kopfbewegung auf die Gazimon, die nun keinen Mucks mehr von sich gaben, oder geben würden. Das führte dazu, dass Michaels Lächeln wie weggewischt war und er nun betroffen flüsterte: „Das hab ich nicht gewollt…“ Er antwortete darauf nicht, schließlich waren seine Hände heute auch nicht ohne Blut davon gekommen, stattdessen klatschte er die Hände zusammen. „Was führt euch in meine Gegend? Hätte ich gewusst, dass ihr kommt, hätte ich eine Tasse Tee bereitgestellt, aber so… Ich hab nicht mal aufgeräumt“, witzelte er angesichts der Tatsache, dass sie auf einer mehrspurigen Straße standen, die überall riesige Krater aufwies, metertiefe Schlaglöcher besaß und halb von einem der vielen Wolkenkratzer bedeckt war, der jetzt schlaff auf dem löchrigen Asphalt hing und dessen Stahlträger müde ächzten, als wollten sie bald loslassen… Natürlich brachte Lou nicht mal den Hauch eines Kicherns über die Lippen, aber selbst das kleine Mädchen sah ihn nur fragend an und Michael war total unentspannt, während er auf seiner Lippe nagte, seine schwitzigen Finger – er nahm an, dass sie schwitzig waren, weil Finger in solchen Situationen immer eine derartige Drüsenüberfunktion aufwiesen – aneinander rieb und unruhig mit dem Fuß wippte. „Hast du einen der anderen gesehen, Steve?“, brachte Michael schließlich hervor. Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Sorry, aber als es losging, waren plötzlich nur noch Penmon und ich da... Habt ihr den niemanden von uns getroffen?“ Er konnte sich kaum vorstellen, dass sie die einzigen waren, die noch übrig geblieben waren. „Na ja. Wallace, aber der war uns wahrlich keine Hilfe…“ meldete sich nun Lou zu Wort. „Wallace? Nie gehört von dem Knaben. Aus Amerika?“ Michael nickte. „Ja, er meinte im Norden der Stadt wären vielleicht noch einige von uns… aber alles was wir fanden, waren… waren die Überreste von drei Octomon…“ Er schluckte bevor er fortfuhr. „Es war niemand Lebendes mehr anzutreffen, außer den Truppen, die alle Menschen einsammeln und abführen. Wir wollten ihnen erst folgen, doch wir wissen ja nicht einmal, was genau mit ihnen geschieht… Deshalb ist es wohl besser, wenn wir erst die anderen suchen, damit wir gemeinsam einen Plan schmieden können.“ „Schon daran gedacht, so schnell wie möglich hier zu verschwinden, Alter?“ Er hatte seine Hand auf Michaels Schulter gelegt. Was auch immer geschehen würde, er war sich nicht sicher, ob er es miterleben wollte. „Das ist kein Computerspiel, Michael. Wir haben keine Extra-Leben und können nicht zwischendurch einen Sicherungsspeicher einlegen oder einfach noch mal von vorn anfangen. Wenn uns hier etwas passiert, dann war es das, Game Over…“ Lou schnaubte verächtlich. „Was für ein Vergleich!“ „Steve hat ja recht“, ging Michael beschwichtigend dazwischen, bevor er etwas darauf erwidern konnte. „Aber was sollen wir sonst tun?“ Und nun blickte er ihn unverwandt an. „Ich wünschte, wir könnten so einfach gehen, das Spiel ausmachen und stattdessen ein wenig fernsehen. Das wünsche ich mir wirklich, Steve, aber bedenke nur, was alles geschehen wird, wenn wir nicht helfen, etwas dagegen zu unternehmen. Was wenn wir MaloMyotismon nicht stoppen können und ihm diese Stadt nicht genug ist? Was sollen wir dann tun?“ Er schwieg einen Moment und ließ seinen Blick über die Überreste Tokios schweifen, über die toten Gazimon, die von Natur aus eigentlich friedliche Lebewesen waren, über den Wolkenkratzer zu seinen Füßen, der eingehüllt von brennenden Papierfetzen war, die im Wind tänzelten und Aktenmappen, die unruhig auf dem verstaubten Boden lagen und von der Böe auf- und zugeklappt wurden. „Du hast recht, Mickey-Boy, du hast recht“, seufzte er. „Also was ist der Plan, ich bin dabei?!“ Michael hob noch einmal deutlich hervor, wie wichtig es sei, dass sie gemeinsam gegen den Feind angingen. „…und deshalb müssen wir schnellstmöglich Taichi und die anderen finden!“, schloss er. „Tai~chi? Der mit der unmöglichen Frisur?“ Er wartete die Antwort nicht ab. „So lange er mehr Ordnung im als auf dem Kopf hat, ist mir das recht…“ Er zwinkerte der Kleinen zu, die bis dato nicht ein Wort verloren hatte, doch sie starrte ihn nur mit verständnisloser Miene an. „Oh man“, seufzte er, das versprach eine Reise mit massig Unterhaltungswert zu werden… „Estupido?“ Die Kleine hatte sich nun an Michael gewandt ohne ihn aus ihren misstrauisch dreinblickenden Augen zu lassen. „Un poco loco?“ Michael grinste wieder sein Zahnpastalächeln. „Si.” Was auch immer das bedeuten mochte... Author’s Note: So das nächste Kapitel also. Der Junge heißt Steve und er ist der Grund, warum dieses Kapitel ein bisschen anderes geschrieben ist… Der Gute besitzt nämlich genau meinen Humor und das führt dazu, dass dieses Kapitel in mancherlei Hinsicht unpassend komisch ist. Aber mal ehrlich, ich habe jetzt schon so oft die Ernsthaftigkeit sprechen lassen. Außerdem ist die Situation mit ein wenig Galgenhumor besser zu ertragen… wenn man es genau nimmt schildert Steve da nämlich ein paar Dinge, die echt schrecklich sind… Da es mitunter sehr schwierig werden kann, bei all den Digimon den Überblick zu behalten, empfehle ich einmal bei http://wikimon.net/Main_Page vorbei zu schauen, dort findet ihr alles was das Digimonherz begehrt und zudem wisst ihr dann welche Digimon es im einzelnen sind. Ich werde mich noch ein wenig in Schweigen hüllen, sagen wir, so lange wir uns auf japanischem Boden befinden, müsst ihr euch noch gedulden, mit Hinweisen meinerseits. Aber was euch vielleicht jetzt hilft, wenn ihr einmal auf besagter Seite vorbeischaut, dann bleiben die Octomon/Shakomon nicht ganz gesichtslos… Hilfestellung: Michael: Betamon – Seadramon Steve: Penmon – Yukidarumon Chichos: Gottsumon Lou: Otamamon Kapitel 4: Das Ende des Mars ---------------------------- Das Ende des Mars Space flights are merely an escape, a fleeing away from oneself, because it is easier to go to Mars or to the moon than it is to penetrate one's own being. (Carl Gustav Jung) Er war sich nicht ganz sicher, wie er es geschafft hatte, wie er es geschafft hatte, wie er es geschafft hatte… Aber er war am Leben. Sein Herz schlug kräftiger und wilder denn je in seiner Brust. Das Blut rauschte durch seine Venen und die Lungen sogen sich mit Sauerstoff voll. Und ganz langsam konnte er wieder klar sehen und denken. Die Umrisse wurden deutlicher als er sich den Staub aus dem Gesicht gewischt hatte und sich vorsichtig aufrichtete. Das Licht der Straßenlaterne flackerte schwach, während sie quietschend und knarrend über seinem Kopf wankte und ihm empfahl, sich schleunigst ein anderes Plätzchen zu suchen. Die Laterne würde nicht mehr lange ein schützendes Zelt bleiben und bald vor den Tonnen aus Beton und Stahl kapitulieren, das lag einfach in ihrer Natur. Er war ihr schon dankbar, dass sie sich in den Weg gestellt hatte, als urplötzlich dieses riesige Hochhaus in sich zusammenbrach und ihn an den 11. September vor einem Jahr erinnerte. Mit dem einzigen Unterschied, dass er sich nun selbst im Auge des Sturms befunden hatte! Während er nur auf die Betonmassen gestarrt hatte, die in sich zusammensackten und die Umgebung in eine dunstige Wand tauchten, hatte sein Partner gehandelt und ihn mit sich geschleift, bis sie irgendwann von den rasenden Steinen eingeholt wurden und nur diese eine Straßenlaterne zwischen ihnen und dem sicheren Tod gestanden hatte. Sie verschaffte ihnen ein winziges Schlupfloch, so dass sie nicht von den Massen zerquetscht wurden, sondern stattdessen mit einem gehörigen Brummschädel aus der Ohnmacht erwachten. „Dingo? Bist du in Ordnung“, drang die besorgte Stimme seines Digimons an seinen Verstand. Er setzte zu einer beruhigenden Antwort an, doch alles was seinen Lippen entwich, war ein staubiges, trockenes Husten, das ein Brennen in seiner Kehle zurück ließ… Er horchte, doch außer dem Ächzen und Knarren des Stahls und der Steine war Stille eingekehrt, wo zuvor noch Menschenmassen panisch auseinander stoben, um sich vor den jagenden, rotäugigen Digimon zu verstecken, blieb nun nur noch ein Ungetüm aus Trümmern; unter welchem er mit aller ihm zur Verfügung stehenden Vorsicht hervor kletterte. Er klopfte sich den Schutt von den Schultern und schüttelte den Kopf, auf dass Staubwölkchen aus seiner Haarmähne aufstiegen und sich mit der Luft vermischten, die von Rauchfäden durchzogen war. Hinter ihm krabbelte Ganimon aus ihrem Schlupfloch und schaute ihn nun mit großen schwarzen Knopfaugen fragend an. „Wir leben“, stellte er fest, ohne seinem Partner damit wahrscheinlich eine befriedigende Antwort gegeben zu haben. Ja sie lebten, sie hatten den blutigen Sturm der über die Stadt herein gebrochen war, überlebt. Und doch erzählten all die rauchenden, jammernden Überreste mit klarer Stimme von der Tragödie und jenen, die es nicht geschafft hatten. Als er sich den Angstschweiß von der Stirn wischte, traten die Erinnerungen wieder an ihn heran. Seine Hände waren übersäht mit blutigen Einschnitten, die sich bis zu seinen Ellenbogen zogen und dünne, klaffende Wunden aufdeckten, angetrieben von einem pochenden Schmerz. Er hatte versucht ihr zu helfen, sie war in einen Kampf verwickelt worden und ihr Digimon konnte sich gegen die Blossomon kaum noch wehren, die mit ihren scharfen Dornen auf die beiden eindroschen. Er hatte sie gesehen und wusste, dass er ihnen helfen musste. Er war sofort losgerannt und hatte Ganimon zu Coelamon digitieren lassen. Für einen Augenblick hatte er gedacht, sie könnten etwas gegen die feindlichen Digimon ausrichten, doch es waren einfach zu viele gewesen. Die Erinnerung an die Dornen, die sich in sein Fleisch rammten, vermehrte den Schmerz um ein Vielfaches, der sich über seine Arme ausbreitete. Er hatte das Mädchen nicht gekannt, welches schließlich zu Boden ging, sein schmerzverzerrtes Gesicht von klaffenden Wunden überzogen, die ihm die Pflanzendigimon zugefügt hatten. Er hatte versucht, es von den Blossomon wegzuzerren, doch es war sinnlos gewesen. Wie wilde Tiere stürzten sie sich auf alles was sich ihnen näherte, als hätten sie jeglichen Verstand verloren. Und dann unterbrach ein Grollen und Donnern das grässliche Treiben und das Hochhaus unterband den Kampf, in dem es sich in rasender Geschwindigkeit auf sie zu bewegte. Er wusste nicht was mit dem Mädchen geschehen war, oder seinem Digimonpartner, oder den Blossomon. Denn seine Erinnerungen setzten erst an der Stelle wieder ein, als er sich unter Stein begraben wieder fand, gerettet von einer einzelnen Straßenlaterne. „Sie sind nicht mehr hier“, flüsterte Ganimon leise, als hätte es seine Gedanken gelesen, oder einfach nur seinen Blick, mit dem er die Gegend absuchte. Ganimon hatte Recht, es schien, als wären sie beide allein. Er hoffte, dass das Mädchen nicht zu den Opfern zählte, die nun unter Steinmassen ihre letzte Ruhe fanden. Vielleicht hatte es entkommen können und war nun an einem sicheren Ort. Das wollte er glauben, auch wenn er sich nicht einmal mehr an das Gesicht des Mädchens erinnern konnte, welche Haarfarbe es hatte. Als wäre sie in seinem Kopf schon längst für tot erklärt worden… „Dingo, wir müssen hier weg. Ich traue der Stille nicht“, mahnte Ganimon und zog drängend mit seinen krustigen Scherenarmen an seinem Hosenbein. Er nickte und verabschiedete sich von dem unbekannten Mädchen. Denn wo immer es auch war, er lebte noch und das sollte sich so schnell nicht ändern… Er presste die schmerzenden Hände an seine Brust, um sie vor Keimen zu schützen, in der Hoffnung, dass er bald an etwas Verbandszeug und Desinfektionsmittel kam. Langsam kämpften sie sich durch das Trümmerfeld, welches das komplette Straßensystem lahm gelegt hatte. Überall bedeckten Glasscherben und Gesteinsbrocken das Leben der Stadt, welches unter dem Schutt und der Asche, die durch die stinkende Luft wirbelte, wie eingefroren wirkte. Immer wieder blitzten neue Feuer auf, Autotanks explodierten und sie mussten sich vor niederprasselnden Dachziegeln ducken. Und doch konnte er nirgends eine Menschenseele sehen. Als hätte man die Stadt leergefegt und sie dem Wind überlassen, der ihm immer wieder Schmutz und Dreck ins Gesicht wirbelte, so dass ihm die Tränen schon über die Wangen liefen. Er konnte nur schemenhaft Ganimons krabbenartige Umrisse erkennen, während sich das Digimon durch den Stein kämpfte, den er mit bloßen Händen nichts entgegenzubringen hatte. Die Schmerzen in seinen Armen nahmen mit jedem weiteren Schritt zu und das Atmen viel ihm von Mal zu Mal schwerer. „Dingo! Wir dürfen nicht stehen bleiben. Wir müssen zusehen, dass wir hier so schnell wie möglich wegkommen.“ Ganimon tauchte vor ihm auf und schob ihn an einer brennenden Autotür vorbei, aus der bereits die schwarze Innenverkleidung aus Plastik floss und sich über einer Statue ergoss. Sie war von ihrem Sockel gefallen und die Nase bröckelte bereits, während sich die Flüssigkeit über den Legionärshelm ausschüttete und dem Mann, der abgebildet war, ins Gesicht und auf die Locken tropfte, die unter dem Helm hervorlugten. Der rechte Arm war bereits abgebrochen und hatte sich wahrscheinlich mit den anderen Tonnen von Mamor, Stein und Stahl zusammengetan. Der linke Arm hing schlaff an der Seite und umfasste einen Speer, der in der Mitte durchgebrochen war, so dass die Spitze ihm ins Gesicht fiel. „Das ist Mars – der Kriegsgott eurer Vorfahren, die ihr die alten Römer nennt.“ Auch Ganimon hatte sich zu ihm gesellt und blickte mit ihm auf das niederschmetternde Bild des Gottes. „Ihr habt den roten Planeten nach ihm benannt, weil Rot die Farbe des Mars und des Blutes ist. Blut, welches in euren Kriegen vergossen wurde." „Es scheint, als habe selbst der Kriegsgott kapituliert“, murmelte er und starrte betroffen in das steinerne und entschlossene Gesicht der Statue, die zu seinen Füßen lag und langsam unter dem flüssigen Plastik zu verschwinden drohte. „Nun vieles deutet daraufhin, dass er auch der Gott der Vegetation war, des Wachstums, also ist es vielleicht nicht richtig ihn nur auf Krieg und Kampf zu reduzieren“, erzählte Ganimon weiter, doch er konnte nur müde lächeln. „In jedem Fall haben selbst die Götter, wofür auch immer sie stehen mögen, aufgegeben, Ganimon…“ Ein Zischen ließ ihn aus seinen düsteren Gedanken fahren, als das Auto zu der dazugehörigen Tür, die Mars verunstaltete, unter der Feuersbrunst aufschrie und mannshohen Flammen aus der Motorhaube stoben. „Dingo!“, drängte Ganimon, als habe es sich gerade erst wieder an ihre prekäre Situation erinnert. Widerstandslos ließ er sich von seinem Partner mitziehen, aus seinen Augenwinkeln sah er, wie nun auch die Flammen am Mars leckten und seinem steinernen, bedeutungsschweren Gesichtsausdruck zusetzten. Unbeeindruckt schleuste Ganimon ihn an all den Schrecklichkeiten vorbei, die er nur mit Mühe ausblenden konnte. Sobald er sich vom Schmerz der Stadt abwandte, drang sein eigener Schmerz wieder in ihn ein, als wäre er ihm gerade erst zugefügt worden. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, doch seine Glieder mahnten ihn, die Müdigkeit nicht mehr allzu lange zu ignorieren. Sein Verstand verlangte nach einer Pause und seine Füße blieben einfach stehen. Er hob entschuldigend den Kopf und ließ sich dann auf den staubigen Boden sinken und schloss die Augen. „Vielleicht sollten wir einfach hier warten“, flüsterte er erschöpft. „Möglicherweise findet uns ja jemand und kann uns hel…“ „Sei mal still, Dingo“, unterbrach ihn Ganimon leise aber bestimmt. Verwundert hob er den Kopf, lauschte aber dann ebenfalls angestrengt in die Stille. Erst konnte er nicht ausmachen, was seinen Partner aufgeschreckt hatte, doch dann drang das Wimmern auch an seine Ohren. Es war als trüge sich das Wehklagen durch die Trümmer hin zu ihnen, um ihnen sein Leid auszuschütten. Bekümmert über die Traurigkeit sah er Ganimon an. Die Müdigkeit wurde zur Nebensache und langsam steuerten sie auf das Weinen zu. „Wir sollten dennoch acht geben, es könnten Feinde sein, die uns nur in eine Falle locken wollen“, hielt Ganimon ihn zur Vorsicht an, doch er glaubte nicht daran, dass das Schluchzen, das von den Trümmern widerhallte nur ein fieser Trick war. Dazu war es einfach zu wahrhaftig. Er befand sich nun im Mittelpunkt des Trümmerfeldes, welches unter seinen Füßen bei jedem Schritt zusammenzuckte und weiter in sich zusammensackte, als er ein zusammengekauerte Gestalt sah, die sich unter einem halb zusammengebrochenen Torbogen kauerte und das Gesicht zwischen den Händen verbarg. Es war ein Junge, seine schwarzen Haare lugten unter der rotten Kappe hervor, der erschrocken auffuhr, als er seine Schritte vernahm. Beschwichtigend hob er die Hände in die Luft und trat nun näher an den Jungen heran, so dass er sein tränenverschmiertes, schokobraunes Gesicht erkennen konnte. Mit misstrauischen Augen, die ihn an schwarze Kohlen erinnerten, musterte er ihn, bevor er sich langsam erhob und sich die Tränen aus dem Gesicht wischte. „Wer seid ihr, was wollt ihr“, brachte er mit krächzender Stimme hervor. „Dingo und Ganimon“, sagte er schlicht und streckte ihm die Hand entgegen. „Wir sind vor ein Paar Digimon geflüchtet, die uns angegriffen haben und dann sind wir auf dich gestoßen.“ Der Junge erwiderte eine Weile nichts, kam dann jedoch zu dem Entschluss, ihm trauen zu können und ergriff seine ausgestreckte Hand. „Ich bin Sam. Wie konntet ihr den Truppen entkommen? Ich selber wäre fast draufgegangen…“ „Die Naturgewalten haben uns da wohl ein bisschen geholfen, und plötzlich fanden wir uns unter einem Hochhaus wieder…“, fasste er ihre Geschichte zusammen. „Hatte wohl eher was mit Glück als Können zu tun…“ Sam nickte traurig. „So viel Glück hatte ich nicht, als sie über uns herfielen. Es ging alles sehr schnell, ich habe so etwas noch nie gesehen. Da war dieser Tower und plötzlich rannten alle, als ginge es um ihr Leben… Und sie hatten Recht, als der Tower in sich zusammenfiel verschluckte er alles in seiner Nähe. Flare Lizarmon und ich konnten uns gerade noch in einen Hauseingang retten.“ Sam schien mit jedem Wort bekümmerter zu werden als er ihnen schilderte, wie er und sein Digimonpartner durch die Straßen wanderten, die in dichten Nebel getaucht waren. „Doch dann wurde die Luft wieder klarer und wir dachten, es sei überstanden. Bis wir die Schreie hörten und der Himmel von roten Augen bedeckt war. Menschen wurden getötet, so viele. Flare Lizarmon wollte ihnen zu Hilfe eilen und… und dabei haben wir uns verloren. Ich hab es gesucht, bin durch die Stadt gelaufen, doch alles was ich sah, waren Truppen, die Menschen gefangen nahmen und sie in Käfige sperrten.“ „In Käfige?“ Wiederholte er ungläubig. Sam nickte. „Man hat sie in riesige Käfige gepfercht und sie dann abtransportiert…“ „Hast du auch gesehen, wohin sie gebracht wurden?“ „Nein, aber sie haben dafür die Tore geöffnet…“, wisperte Sam. „Die Tore?“ Nun schaltete sich auch Ganimon ein und er konnte blankes Entsetzen im Gesicht seines Partners lesen. Author’s Note: Ja ich weiß, es hat sehr! lange gedauert, es tut mir Leid, aber ich habe kaum die Zeit dafür gefunden, nun aber zum Kapitel selbst… Dingo wird in der Übersetzung eigentlich Derek genannt, da ich aber versuche alle Originalnamen zu verwenden (auch bei den Digimon und ihren Attacken) kam es für mich nicht in Frage. Ich möchte die Beziehung zwischen Dingo und Ganimon noch einmal hervorheben. Ganimon wird auch im weiteren Verlauf einen besonderen Platz einnehmen, weil es eben nicht nur ein Sidekick zum menschlichen Partner ist, sondern vielmehr den handelnden und denkenden Part übernimmt. Ganimons Charakterzüge sind geprägt von Wissbegierigkeit, deshalb hat es sich sehr viel mit den Welten und Kulturen beschäftigt. Mars ist in diesem Kapitel ein Sinnbild für die Niederlage und das Ende des Wachstums. Mehr wie schon gesagt, später. LG PenAmour Kapitel 5: Hinter Gitterstäben ------------------------------ Hinter Gitterstäben What do you fear my lady? A cage. To stay behind bars until use and old age accept them and all chance of valor has gone beyond recall or desire. (J.R.R. Tolkien) Ein lautes Klackern, wie rostiges Eisen, das immer wieder aufeinander prallte, riss sie aus ihren wirren Träumen. Sie spürte, wie der Boden, auf dem sie liegen musste, wankte und hin und her schaukelte, so dass die Fliehkräfte sie gegen etwas Hartes, Kaltes pressten. Wage nahm sie brennend kühle Metallstangen wahr, die gegen ihre Haut drückten, und als sie langsam ihre Hand zum schmerzenden Kopf führte, raschelte es und sie verharrte in der Luft, als habe man sie dort angekettet. Und als ihre Augen endlich aufgehen wollten, sah sie, dass dies tatsächlich der Wahrheit entsprach und rostiges Metall sich um ihre Handgelenke schloss. Vorsichtig drehte sie den Kopf zur Seite, um in Erfahrung zu bringen, wo sie überhaupt war. Beißendes Licht blendete sie, so dass sie zuerst nichts sehen konnte, doch mit der Gewohnheit kamen die Bilder. Nur unweit von ihr entfernt konnte sie Wesen ausmachen, deren Ketten rasselten, die sich zusammengekauert hatten und versuchten ihre nackten Füße mit den Händen zu wärmen. Einige warfen panische Blicke hin und her, andere hatten die Augen geschlossen und schienen zu schlafen, wieder andere weinten still und leise, manche beteten. Sie drehte den Kopf zur anderen Seite, ein stechender Schmerz durchfuhr ihren Körper. Sie blickte durch Gitterstäbe nach draußen in die Welt. Sanddünen türmten sich vor ihren Augen auf, Böen wirbelten Körner auf und hinterließen dampfende Staubwolken. Die Gitterstäbe schnitten in ihre Haut, so dass sie versuchte ein wenig von ihnen weg zu rücken, und wieder durchfuhr sie ein wilder unzähmbarer Schmerz, der von ihr Besitz ergriffen hatte und sie auf den Holzboden drückte. Jede Bewegung brachte unendliche Qualen mit sich. Ihr Körper schien nicht mehr ihr zu gehören, sondern vielmehr hatte sich der Schmerz ihm bemächtigt und setzte ihm nun seinen Willen auf. Ihre Arme und Beine hatten vor der Pein kapituliert und ihr Verstand riet ihr, möglichst jede schmerzhafte Bewegung zu vermeiden, denn er ertrug es nicht länger. Und so viel sie auch kämpfte und sich zusammen reißen wollte, am Ende entfuhr ihren trockenen und gerissenen Lippen nur ein gefoltertes Stöhnen und sie musste sich geschlagen geben. „Nicht bewegen“, flüsterte eine Stimme dicht an ihrem Ohr und kühle Finger strichen ihr über das Gesicht. „Das macht es nur schlimmer.“ Erneut öffnete sie ihre Augen und blickte in ein dreckverschmiertes Gesicht, das sie freundlich anlächelte und ihr weiterhin tröstend über das Haar streichelte. Ihre vormals blonden Haare waren ruß verschmiert und angesenkt und die wilden, zerzausten Strähnen, die noch übrig geblieben waren, fielen ihr ins Gesicht, so dass sie von den blutigen Schürfwunden, die es übersäten, ablenkten. Und doch, so bald man einmal auf die rosigen Fleischwunden aufmerksam wurde, drängte sich die Frage förmlich auf, was ihr widerfahren war. Wer ihr das angetan hatte? „Was ist geschehen“, brachte sie zwischen zwei schweren Atemzügen hervor und selbst diese verursachten erneute Schmerzlawinen, die sie nur mit Mühe und Not ignorieren konnte, um einer Antwort willen. „Wo sind wir?“ „Als sie dich zu uns in den Käfig brachten, warst du bereits bewusstlos. Sie ketteten dich an und befahlen mir, mich um dich zu kümmern.“ Berichtete sie und beugte sich einen Moment über sie, um nach einer Flasche Wasser zu greifen. Langsam führte sie die Flasche an ihren Mund, und es war als erstrahle die Welt plötzlich in einem friedlicheren Licht, als das kühle Nass ihre Lippen berührte und sich in ihrem Gaumen sammelte. Begierig schluckte sie das Wasser herunter. „Wer hat mich hierher gebracht?“, erkundigte sie sich. „Sie haben dich wohl gefunden. Ich weiß es nicht. Sie haben mir nichts gesagt, nur dass… dass ich dafür sorgen soll, dass du überlebst… sonst…“ Sie brach ab und ein Schatten von Angst legte sich auf ihr Gesicht, doch darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen. „Wer sind sie?“, bohrte sie weiter. „Na diese rotäugigen Monster, die plötzlich überall aufgetaucht sind. Ich hab versucht ihnen zu entkommen, und hab dabei das kassiert“, sie deutete auf ihr Gesicht. „Und als ich mich wehrte, ist das passiert“, ihr Finger wanderte zu ihrem ramponierten Haarschopf. „Glaub mir, die können die Naturgewalten kontrollieren, es ist nicht gut sich mit ihnen anzulegen. Aber das wirst du ja bereits selbst festgestellt haben…“ Sie schwieg einen Moment, um ihre Gedanken zu ordnen und forstete in ihren Erinnerungen nach brauchbaren Hinweisen die auf ihre gegenwärtige Situation schließen ließen. Doch auch wenn die Welt zusammen gebrochen war und nun am Rande der Vernichtung stand, das alles erklärte noch lange nicht, wie sie hierher gekommen war, wo sie doch zuvor noch gekämpft hatte… Und plötzlich umklammerte sie eine ungewisse Furcht, die sie hochschrecken ließ. „Elecmon?“ Mit aller ihr aufbringbaren Kraft richtete sie ihren Oberkörper auf, die Ketten schnitten in ihr Fleisch, doch das war jetzt egal, auch, dass ihr Körper sich anfühlte, als stächen abertausend Nadeln auf sie ein. „Elecmon?“ Hastig suchte sie den fahrenden Käfig ab, in dem sie sich unbestreitbar befanden. Doch alles was ihre Augen finden konnten, waren Menschen. Menschen… Wütend zog sie an ihren Ketten, was sollte sie mit diesen herumjammernden, schwachen Menschen? Sie wandte sich erneut an das Mädchen mit der ruinierten Frisur. „Wo sind die Digimon? Wo ist Elecmon?“ Verwirrt erwiderte das Mädchen ihren Blick und schüttelte stumm den Kopf. „War jemand bei mir, als sie mich hierher brachten?“. Bohrte sie weiter, während ihr Körper mit jeder Bewegung in Flammen aufging. „War jemand bei mir?“ Sie bekam die Schultern der anderen zu fassen und zwang sie, ihr in die Augen zu schauen. „War jemand bei mir?“ Doch dann wich die fiebrige Manie, die sie kurzzeitig aufrecht hielt, als sie die Angst erkannte, die sich im Gesicht des Mädchens schlich, welches nur immer wieder mit dem Kopf schüttelte. Sie ließ sich wieder auf den Boden sinken, streckte die schmerzenden Glieder und warf dem Mädchen einen entschuldigenden Blick zu. „Verzeih mir… Ich…“ „Du warst allein, soweit ich das sehen konnte. Von deinem „Alec“ habe ich nichts gesehen und gehört.“ Das Mädchen hatte seine Fassung wieder gefunden. „Elecmon“, schmunzelte sie, „Es heißt Elecmon.“ Doch der freudige Moment verflüchtigte sich rasch, denn es hieß, dass ihr Partner nicht mehr bei ihr war, dass sie allein war… und ihr Partner… Nein, sie durfte nicht an Derartiges denken, nicht jetzt. „Es tut mir leid“ flüsterte sie daher nur noch mal und wischte sich mit der Hand die Tränen aus dem Gesicht. Zurück blieb nur der pochende Schmerz, der ihren ganzen Körper bedeckte. Author’s Note: Ich werde noch nicht ihren Namen verraten. Es ist für den Moment noch nicht wichtig, wer sie ist, sondern vielmehr, was geschieht und wofür sie steht. Deshalb werde ich ihre Identität noch eine Weile für mich behalten. Das Bedürfnis dieses Kapitel mit Eowyn zu verknüpfen lag sehr tief, gerade nach diesem einen Zitat aus Lord of the Rings. Zu mal ich Eowyn wirklich, wirklich mag! Dafür werde ich nun wieder zu meiner Tagesform auflaufen und mich zum ersten Mal näher zu ToF äußern. Jetzt wo ihr in etwa ahnt, wer die Handlungsträger dieses neuen Abenteuers sind. Es ist etwas komplett anderes, als mit Tai und Co. die schon vorgefertigt waren. Diese hier kann ich nach meinem eigenen Belieben formen und einsetzen. Und es wird euch nicht unpassend erscheinen, weil ihr sie erst noch kennen lernen müsst. Deshalb müsst ihr auch immer selber herauslesen, wer es ist, der zu euch spricht, denn ihr sollt sie wirklich kennen lernen, und euch erst dann ein Bild machen! Auch wird die Beziehung zu den Digimon hier wesentlich mehr Tiefe erhalten. Aber dazu später mehr… Bis dahin PenAmour Kapitel 6: Sandsturm -------------------- Sandsturm Speak, speak, for underneath the cover there The sand is running from the upper glass, And when the last grain's through, I shall be lost. (William Butler Yeats) „Wallace!“ Lopmons quiekende Besorgnis war nicht zu überhören. Seufzend wandte er sich an seine beiden Digimon, die auf dem Boden saßen und an seinem letzten Schokoriegel knabberten, den er in seinem Rucksack hatte finden können. „Was gibt’s?“ Ungeduldig tippte er mit der Fußspitze auf den staubigen Boden. „Willst du das wirklich tun?“, fragte Lopmon skeptisch und wischte sich über die schokoladenverschmierte Schnauze. „Leute, wir haben es doch schon tausendfach durchgekaut. Das ist einfach der schnellste Weg, außerdem verfügen wir weder über die finanziellen noch materiellen Dinge, um eine Reise anzutreten. Ihr werdet sehen, je eher wir das Tor öffnen, desto schneller sind wir auch wieder da, wo wir hingehören.“ Und damit wandte er seinen Blick wieder auf das Display seines Digivices. „Aber Wallace“, schaltete sich nun auch Terriermon mit sanfter Stimme ein. Es war aufgestanden und hatte sich nun zu seinen Füßen aufgebaut, um ihn mit tadelnden Augen zu mustern. „Woher wissen wir denn, dass wir nicht vom Regen in die Traufe geraten? Was wenn es Zuhause genauso schlimm ist, wie hier? Oder wenn hinter dem Tor schon die Rotaugen auf uns warten? Dann sind wir auf uns allein gestellt. Vielleicht sollten wir doch lieber diesen Michael suchen und mit ihnen zusammen überlegen, wie wir aus Tokio verschwinden können…“ Er hockte sich auf den Boden, um Terriermon direkt in die Augen blicken zu können. „Wir haben es doch bisher immer geschafft. Wir zw... drei sind besser dran, wenn wir die Sache allein durchziehen, glaub mir. Michael mag glauben, dass wir auf Taichi zählen können, doch am Ende wird auch Taichi Yagami nur seinen eigenen Hintern retten… Es ist nicht unsere Stadt, nicht unsere Verantwortung. Aber – und da hast du Recht – was passiert, wenn MaloMyotismon Tokio nicht reicht? Dann müssen wir bereit sein, um unser eigenes Zuhause zu retten! Deshalb müssen wir jetzt los.“ Seine Partner gaben sich unter der Eindringlichkeit, mit denen er seine Worte würzte, geschlagen, so dass er sich abermals seinem Digivice zuwandte. Es war zwar eine ungewöhnliche Methode und er selber benutzte sie auch nur in seltenen Momenten, aber er konnte die Kraft des Digivices so lenken, dass es ihm auch ohne Computerausstattung möglich war, ein Tor zu öffnen. Alles was er dazu brauchte, war einen elektronischen Strom zu erwischen, auf dessen Welle er reiten konnte. Er hatte es nie einen anderen Digiritter ausprobieren sehen, was zum einen daran lag, dass er wenige Digiritter kannte und zum anderen daran, dass die Vices unweigerlich mit ihren Digimon verknüpft waren und ebenso an deren Kräften zehrten, wie diese sie damit nährten und digitieren ließen. Das Gerät pulsierte in seiner Hand und signalisierte ihm, das Gesuchte gefunden zu haben. Er konzentrierte sich ganz auf das Digivice, auf das es einen gleißenden Lichtstrahl schickte, welcher sie ihrem Ziel näher bringen würde. Terriermon und Lopmon klammerten sich an seinen Hosenbeinen fest, während das allzu vertraute Gefühl des langsamen Loslösens von der Schwerkraft von ihnen Besitz ergriff und das Licht sie an sich zog, wie ein Magnet. Er erinnerte sich nur schwach and die schwummrige Angst und das flaue Magengefühl, als er das erste Mal in die Digiwelt gereist war. Nach den heutigen Ereignissen schien es so viele Jahre zurückzuliegen. Als sich seine Augen an die neue Umgebung gewöhnten und das schrille Piepen in seinen Ohren abklang, fegte ihm ein schneidender, eisiger Wind ins Gesicht und hinterließ schmerzende Schatten auf seinen Wangen. Schützend stellten sich seine Hände zwischen ihn und den Naturgewalten auf und er blinzelte nur durch die Finger hindurch in die Welt, die ihn so unfreundlich empfing. Er konnte nicht wirklich ausmachen, wo er gelandet war. Die Umgebung war in einen unbändigen Sturm getaucht, der die Sandkörner wild durch die Luft wirbelte. Terriermons Ohren flatterten im Wind, während Lopmon sich zwischen seine Füße geklemmt hatte, um nicht weggeweht zu werden. Es gab einen gehörigen Nachteil bei der ganzen Digivice-Sache; er hatte nie herausfinden können, wie man kontrollierte, wo man landete… Da es nun aber eben kein Zurück mehr gab, setzte er vorsichtig einen Fuß auf den sandigen, rutschigen Untergrund, sein Vice in der einen Hand, ihm den Weg bis zum nächsten Tor zeigend, sein Gesicht hinter der anderen, die nur so mit windigen Peitschenhieben malträtiert wurde. Er versucht anhand der Farbe des Himmels zu erkennen, welche Tageszeit in der Digiwelt vorherrschte, doch alles was er erkennen konnte, war ein trübes Sturmgrau, ohne ersichtlichen Hinweis auf Nacht oder Tag. „Wir müssen weiter!“, schrie er gegen den Wind an. „Wir müssen ein Tor finden, oder wenigstens einen Unterschlupf, aber wir müssen weiter.“ Und mit diesen Worten schulterte er seinen Rucksack, ließ Lopmon auf seine Schultern klettern, während Terriermon sich an seinem Hosenbein festgeklammert hatte. „Lasst nicht los, Leute“, wies er sie an und stemmte sich gegen die Böen, die sich wie ein Heer vor ihm aufbauten und ihn am Passieren hindern wollten. Ihm war jegliches Zeitgefühl abhanden gekommen, deshalb konnte er nicht genau sagen, wie lange sie durch die Sanddünen wateten, die sich ihnen immer wieder entgegenstellten. Er presste die Lippen aufeinander und kniff die Augen zusammen, um den Sandkörnern nicht noch mehr Angriffsfläche zu bieten. Aber all der Schmerz und die zitternden Glieder wurden zur Nebensache, als sein Digivice, welches er mit fester Hand umschlungen hatte, einen warmen Impuls von sich gab und ein schwaches Leuchten daraufhin deuten ließ, dass sich ein Tor in der Nähe befand. „Seht ihr, ich hab’s doch gesagt!“, jubelte er und das süße Siegesgefühl durchflutete seinen Körper, „Wir sind schneller Zuhause, als wir denken können.“ Er befahl seinen Füßen, sich zu beeilen, denn die Erinnerung an die gebackenen Zimtsterne seiner Mutter, die sie immer zu Weihnachten backte, deren Duft sich in der ganzen Wohnung ausbreitete, prickelten auf seinem Herzen und ließen es voller Freude immer lauter in seiner Brust pochen. Sein Vice blinkte wie wild auf und er spürte, wie sich Lopmons Muskeln anspannten und Terriermon seinen Blick hochkonzentriert auf das Tor richtete. Die beiden wussten nur zu gut, welchen Kraftakt es brauchte, um ein weiteres Tor zu öffnen, und er tat es auch wirklich nicht gerne, aber sie hatten keine andere Wahl gehabt und nun waren sie so weit gekommen. Stattdessen lenkte er seine Gedanken auf sein Vice, welches sich sogleich mit der elektronischen Welle verband, die das Tor dazu zwang, sich zu zeigen. Und die Pforten, die in goldenes Licht getaucht waren, öffneten sich. Er machte einen Schritt auf das Tor als er den Boden unter den Füßen verlor und mit einem Ruck im Sand landete. Bevor er sich aufrichten konnte, schien die komplette Sanddüne abzurutschen. Er griff um sich, auf der Suche nach etwas Haltgebenden, doch was sollte er schon finden – in einem Meer aus Sand… Panisch versuchte er sich gegen den Sog zu stellen, doch etwas hatte sein Fußgelenk umschlungen und riss ihn immer weiter in die Tiefe, während ihm der tobende Sand um die Ohren schlug. "Blazing Fire!" Terriermon hatte sich in die Sandmassen gestürzt und spie einen grellen Energiestrahl aus seinem Maul, während Lopmon sich an seinem Bein zu schaffen machte, genauer gesagt, an der Ranke, die sich auf seinen Fuß gewickelt hatte. „Hilf Terriermon, ich komm schon klar“, brachte er zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor, während er nach der Ranke trat, die ihn gefangen hielt. Lopmon nickte und folgte seinem Bruder in das Sandgetöse und schoss seine Attacke durch die Sandkörner. „Blazing Ice!“ Und plötzlich türmten sich ganze Sandschwaden auf und zwei rote Augen blitzten zurück. Das Digimon schüttelte die Körner, ab während Terriermon und Lopmon sich wieder fingen und erneut lospreschten. kirschrote Blätter umhüllten das Gesicht des Angreifers, der grüne pflanzenartige Körper richtete sich auf, und er erkannte, dass es sich bei der Ranke, die ihn umschlungen hatte, um den Schwanz des Digimons handelte, das mit Dornen bedeckt war und seinen Körper gegen seine Digimonpartner stemmte. Erneut trat er nach dem Schwanz des Digimons, doch es schien sich nicht besonders daran zu stören. Ohne ein Wort der Erklärung pfefferte es ihnen seine messerscharfe Attacke um die Ohren. Die Stachel, die aus den Blüten donnerten, hinterließen blutige Wunden in an seinen Armen, die er schützend vor das Gesicht warf. Er wandte seinen Blick ab und sah, wie das Tor sich langsam wieder schloss und das goldene Licht schwächer wurde. „Mist!“, fluchte er und rappelte sich auf. Mit bloßen Fäusten schlug er auf den Schwanz des Digimons ein, das zurückzuckte und ihm überraschender Weise seine Freiheit schenkte, stattdessen schien sich der Sandstrudel wieder zu aktivieren und der Sog in die Tiefe riss ihn förmlich von den Füßen. „Terriermon, Lopmon!“, schrie er und deutete gleichzeitig auf die Pforten die sich immer weiter aufeinander zu bewegten. Er richtete sich mit aller Kraft auf und widersetzte sich den Sandmassen und lief. Noch war er nur einige Meter vom rettenden Tor entfernt, doch würde er dem Sand nachgeben, wäre die Chance auf ein rettendes Ende hinfällig, deshalb klomm er die aufbrausenden Sandmassen empor. „Thousand Spikes!“ Hörte er das feindliche Digimon seine Attacke loslassen und konnte nur knapp den durch den Boden donnernden Ranken entkommen, die aus dem Sand sprangen und nach ihm griffen, um ihn in den Tod zu zerren. Sofort setzten Terriermon und Lopmon zu weiteren Angriffen an, während ihre flügelartigen Ohren die Thermik nutzten und um den blütenähnlichen Kopf des Angreifers schwirrten und mit ihren Attacken direkt auf die blutroten Augen zielten. Geblendet und sicherlich auch mit einigen Schmerzen verbunden, wankte ihr Angreifer und spaltete mit seinen Blumenpranken nur die Luft. Der perfekte Moment, um sich in Sicherheit zu bringen, und so ergriffen Terriermon und Lopmon die Chance und folgten ihm... Gemeinsam erklommen sie die Sanddünen, die ins Stocken geraten waren, während der Feind Schmerzenschreie in die Luft brüllte. Er konzentrierte sich erneut auf das Tor, dessen Pforten zum Stehen kamen und sich langsam wieder in die entgegen gesetzte Richtung bewegten. Lopmon hatte zu ihm aufgeholt, er drehte sich um und sah Terriermon eine letzte Attacke in die Dünen werfen, bevor es ihm ein aufmunterndes Lächeln schenkte und er mit einem großen Schritt an der Schwelle zur Sicherheit stand. Lautes Getöse drang durch die Wüstenlandschaft, während er die Tore passierte. Und plötzlich durchzuckte ihn ein stechender Schmerz, als hätten sich tausende Nadeln in seinen Rücken gebohrt. Lopmon quiekte panisch, doch bevor er sich umdrehen konnte, fiel er ins goldene Licht und alles wurde schwarz. Author’s Note: Ich hab mich sehr schwer getan, dieses Kapitel endlich fertig zu stellen, manchmal wollen die Worte einfach nicht so, wie man es gerne hätte, aber nun ist es hier. Das Digimon, welches die drei angreift ist Petaldramon. Es ist nicht schlimm, wenn ich euch das verrate, weil ich damit nicht wirklich etwas vorweg nehme^^ In diesem Kapitel wird zum ersten Mal eine modifizierte Version des Reisens vorgestellt. Wallace kann, unter günstigen Umständen, sprich sofern er einen elektronischen Strom findet, ohne Computerausrüstung in die Digiwelt reisen. Ich sehe die Tore als etwas bestehendes, dass eben nur mit Hilfe von einem Digivice und Elektronik geöffnet und sichtbar gemacht werden kann. Warum es kein anderer benutzt? Weil es ungeheuer an den Kräften zehrt. Weder Terriermon noch Lopmon konnten digitieren, weil ihre Power für das Tor verwendet wurde, damit es geöffnet bleibt, doch mit dem Fortschreiten des Kampfes wurde auch der Zugang zum Tor immer schwächer… Außerdem ist Wallace der einzige, der zwei Digimonpartner besitzt und deshalb auch doppelt so viel Kraft. Bis zum nächsten Mal! PenAmour Kapitel 7: Tränen in der Stille ------------------------------- Tränen in der Stille Night has become painful for me. It brings to light the regrets of the day. (Grey Livingston) „Willst du damit sagen, dass sie sie in die Digiwelt gebracht haben?“ Der Junge mit der sonnengebräunten Haut und den sandbraunen Haaren, deren kleine Locken sich zwirbelten, sah seinen Partner mit großen meerblauen Augen an. Dingo, wie er sich nannte – er wusste nicht mal, ob das ein zulässiger Name war – schien nicht gerade der schnellste zu sein, wie er vermutete. „Die Frage ist doch, warum werden sie in die Digiwelt gebracht“, unterbrach er Ganimon, bevor es dazu ansetzen konnte, seinem Partner noch einmal alles zu erklären. „Was will MaloMyotismon mit all den Menschen?“ Ganimon schaute nachdenklich in ihre kleine Runde. „Es geht um Macht“, meinte es und sprach nach einer kurzen Kunstpause weiter. „Er will sein Reich aufbauen, und das soll aus Digimon und Menschen bestehen. Unbeantwortet bleibt weiterhin, warum er sich die Mühe macht, sie erst in die Digiwelt zu verschleppen…“ Er musste Ganimons Worte einen Moment sacken lassen, bevor er sich wirklich auf sie einlassen konnte und wollte. „Wir sollen ihm alle uneingeschränkt dienen und gehorchen“, flüsterte er und versuchte die nahende Verzweiflung samt Tränen runter zuschlucken. Seine Gedanken wanderten wieder zu Flare Lizarmon. Es war erst gerade von Muchomon zu Flare Lizarmon digitiert, um einem Menschenschwarm zu helfen, der eingekesselt von den Rotaugen um sein Leben bangte. Es stand für sie beide außer Frage, das grausige Szenario, welches sich ihnen dort bot, zu ignorieren. Er hatte auch nicht damit gerechnet, dass ein Sieg ausgeschlossen war. Erst als, die feindlichen Digimon sich auf seine Partner gestürzt hatten und ihre scharfen Krallen in sein Fleisch rammten, erst als dieser riesige Tower in sich zusammensackte und alles in eine wütende Wolke aus Schmerz und Staub tauchte, erst als die Menschen panisch übereinander stolperten und ihn fast über den Haufen rannten, erst als er sich alleine wieder gefunden hatte, in einem Nest aus Stahl und Stein und all den Überresten, die der Stadt geblieben waren, erst da erkannte er die Niederlage. Und mit einem Mal überkam ihn eine unbändige Angst, die sich wie eine Klaue im sein herz legte. Er war nicht fähig sich zu bewegen, er konnte an nichts denken, außer, dass er verloren hatte und allein war. Und während um ihn herum sich das Getöse in eine taube, geschockte Stille verwandelte, kamen die Tränen. Zunächst biss er sich auf die Lippen, doch je bewusster er sich seiner Situation wurde, desto lauter wurde sein Schluchzen. Bis plötzlich diese zwei vor ihm aufgetaucht waren. Dieses nachdenkliche Digimon, das nun in die kleinen, tanzenden Flammen starrte, und der unter Strom stehende Dingo, der sich durch das steinerne Geäst kämpfte, auf der Suche nach etwas Brennbaren, um die kleinen feurigen Lichter damit zu füttern. Er selber blieb auf den kalten Mauerüberresten und hing seinen Erinnerungen nach, auf der Suche nach einem brauchbaren Hinweis. Doch nichts machte mehr einen Sinn. Wäre Muchomon jetzt wenigstens an seiner Seite. Die Unterstützung seines Partners, die sich wie eine warme Decke um ihn legte, fehlte. Mit zitternden Händen umschlang er seinen fröstelnden Körper und rutschte ein Stückchen zum Feuer. „Habt ihr euch schon überlegt, was ihr jetzt machen wollt?“, fragte er in die Stille. Ganimons Blick wanderte zu Dingo, der die Stirn runzelte und seinerseits die Umgebung absuchte nach einer klaren Antwort. „Vielleicht… irgendwie.. nach Hause kommen“, sprach er schließlich, nachdem ihm der Schutt nicht hatte helfen können. „Wir kennen hier niemanden… und du?“ Er zuckte mit den Schultern und rieb sich über die müden Augen. „Versuchen meinen Digimonpartner zu finden… nach den anderen suchen… ich weiß es nicht…“ Im Moment schien nichts von Bedeutung, als dass er sich schon einen Plan zu Recht gelegt hätte. „Aber jetzt sollten wir schlafen, oder es zumindest versuchen.“ Und mit diesen Worten wickelte er seinen Schal um den Hals und drehte sich auf die Seite. Kieselsteine stachen in seine Rippen, doch er bewegte sich nicht. Er wollte nicht, dass sie seine Tränen sahen, die wie Sturzbäche seine Wangen herunter liefen, während in der Ferne Explosionen und dumpfe Schreie widerhallten. Ein Lachen riss ihn aus seinen wirren Träumen, die voll vom Schmerz der letzten Stunden waren und ihn nur allmählich freigaben. Mit schmerzenden Schläfen richtete er sich auf. Schutt rieselte von ihm herab, die Nacht hatte sich scheinbar verzogen und sich mit düsterem Regengrau abgewechselt. Die Glut ihres Feuers schimmerte noch leicht, während der Rauch vom Wind hin und her gezerrt wurde. Einen Augenblick lang, glaubte er, er habe sich das Lachen nur eingebildet, bis es ein weiteres Mal ertönte. Ein grausames, durch die Straßen kriechendes Biest, welches sich in den Herzen biss und sie langsam und mit jedem weiteren Lachen zerstörte. Ein Lachen, das das Blut in den Adern gefrieren ließ und in einem das Bedürfnis wachrief, sich unter der Bettdecke zu verstecken. Es fiel ihm schwer, sich von diesem grausamen Gelächter loszueisen und stattdessen auf seine Begleiter zu konzentrieren, die ebenfalls wie in Schockstarre verharrten und horchten. Er suchte nach ihren Augen, die sich angstvoll geweitet hatten, bis Ganimon die Worte fand. „Er ist zurück“, hauchte es mit aller ihm übrig gebliebenen Kraft. „Du meinst…“ Dingo war aufgesprungen und klaubte seinen Rucksack vom Boden. „Lasst uns abhauen“, meinte er und schulterte die Stofftasche, in all der Zeit die er ihn kannte – also nun ein paar Stunden, von denen er die meiste Zeit schlafend, mit sich selbst und seinen Träumen verbracht hatte – waren seine Augen noch nie so voller Ernst gewesen. Doch etwas an seinem Vorschlag ließ ihn zögern, nicht dass sein Verstand ihm nicht genau das gleich zuflüsterte, sein Überlebensinstinkt schrie ihn förmlich an für jede weitere verschwendete Sekunde, doch eine kleine, fast kaum hörbare Stimme, riet ihm es nicht zu tun. Und bevor Verstand oder Instinkt ihre Proteste eröffnen konnten, richtete er sich auf. „Nein! Wir sollten schauen, was gerade geschieht.“ „Bist du lebensmüde?!“, herrschte ihn Dingo an. „Wir wissen nicht, was hier gespielt wird, ich habe meinen Digimonpartner verloren und tausende Menschen verschwinden in die Digiwelt, während andere tausend hier unter den Trümmern verrotten. Ich kann nicht einfach gehen, wir können nicht einfach gehen.“ Er fragte sich selbst, ob er noch ganz bei Trost war, aber da waren die Worte schon gesprochen. Und viel schlimmer war, dass Ganimon ihm zustimmte. „Sam hat recht, Dingo. Es ist unsere Pflicht, zu helfen und zu kämpfen. Wenn wir jetzt gehen, werden wir uns das nie verzeihen können. Und nie Antworten auf unsere Fragen finden.“ Und so brach schließlich auch Dingos Widerstand, der ganz auf das Urteilsvermögen seines Partners vertraute. Ihre Blicke gen Himmel gerichtet, rauschten sie nun über die Trümmer hinweg. Sein Herz pochte bis zum Hals, sein Atem ging schwer und raschelte in der Brust, aber all das wurde zur Nebensache, als er die schwarzen Schwingen dort oben erblickte, die das Firmament verdunkelten und eins wurden mit dem schrecklichen Lachen. Wie gebannt starrte er auf das, was sich da vor ihm zusammenbraute und kam gerade noch Rechtzeitung zum stehen, bevor er in eine Gestalt rannte, der gerade aus einer der Seitenstraßen gesprintet kam, und dessen blonder Lockenkopf einen Kontrast zum grauen Geröll bildete. Author’s Note: Ursprünglich sollten die Ereignisse alle in dieses Kapitel, aber das hätte zu viel für Sam und seinen Charakter gekostet. Stattdessen wird es im nächsten Kapitel richtig übel… Eigentlich sind Digimon bei mir grundsätzlich geschlechtslos, nur bei MaloMyotismon mache ich eine Ausnahme. Weil dieses Digimon, welches der Herrscher über die Welten sein will, sich nicht mit „es“ abspeisen lässt. Darum. Auch ist MaloMyotismon der einzige Name, der nicht original japanisch ist, weil ich damals in Funeral of Dreams und Co die Digimonnamen beim Deutschen beließ. Und das Urböse auf einmal mit einem anderen Namen dazustellen, schien mir nicht richtig. Bis dahin PenAmour Kapitel 8: Sieh nicht hin ------------------------- Sieh nicht hin I would rather have eyes that cannot see; ears that cannot hear; lips that cannot speak, than a heart that cannot love (Robert Tizon) Mit einem erschrockenem Aufschrei bremste Michael mitten im Lauf, so dass sie kaum Zeit hatte zu reagieren und mit voller Wucht in seinen Rücken prallte. Wie aus dem Nichts war dieser Junge mit der roten Mütze vor ihnen aufgetaucht, als sie gerade die Straße passieren wollten, den Blick gen Himmel gerichtet, die Lauscher gespitzt. Es war dieses schreckliche Kichern gewesen, welches einem die Freude aus den Gliedern sog, nachdem sie horchten und welches sie erst dazu veranlasst hatte, überhaupt aufzubrechen. Der Junge, der Michael hieß, hatte ihr im gebrochenen Spanisch gesagt, dass sie eine Pause machen wollten. Natürlich hatte sie nicht widersprochen. Ihre Füße schmerzten und sie war außer Atem von der ganzen Lauferei, die die drei anderen anscheinend mühelos hinter sich bringen konnten. Ihre Schritte waren ja auch doppelt so groß, wie die ihren. Sie hatte gerade die Augen geschlossen und das Gemurmel der Jungs ausgeblendet, welches sie eh nicht verstand, als das Lachen die Ruhe durchschnitt und sie alle in helle Aufregung versetzte. Sie hatte ihren Herzschlag hören können, der von ihrer Angst angetrieben wurde, während Worte wie duty und rescue fielen. Die Miene des Michael-Jungen war bitter ernst, so wie sie es von ihrer Mutter nur zu gut kannte, wenn sie etwas angestellt hatte. Und Steve, der sich selbst für ungemein komisch hielt, verzog eine Grimasse, woraufhin Lou, der sich mit ihnen unter den toten Leibern versteckt hatte, nur genervt die Stirn runzelte. Und dann ging alles ganz schnell, ohne sie zu fragen, hatte man alles eingepackt und sich auf den Weg gemacht. Wütend lief sie neben Michael her, der es nicht für nötig zu halten schien, sie nach ihrer Meinung zu fragen, doch gleichzeitig wusste sie auch, dass sie dem Plan wohl oder übel zugestimmt hätte. Sie hatte sonst niemanden, stellte sie traurig fest. Sie war in dieses fremde Land, in diese riesige Stadt, die sich nun in einen Schrotthaufen verwandelte, ganz allein. Sie war Kens Hilferuf gefolgt, erstens weil er so süß gelächelt hatte, zweitens, weil Wormon sofort beleidigt gewesen war und das Digimon sie immer zum Lachen brachte und drittens, weil sie ein Digiritter war. Und Digiritter kämpfen nun mal, das hatte Gottsumon ihr oft erklärt, für den Fall aller Fälle. Dafür hatten sie hart gearbeitet und trainiert. Doch jetzt war Ken nirgends zu sehen, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als den drei fremden Jungen zu folgen, die sie nicht für voll nahmen, weil sie nur halb so groß war. Gottsumon hatte seine steinerne Hand um ihre gelegt und sie so sanft, wie es für einen Stein eben möglich war gedrückt und das hatte sie glücklich gemacht. Für einen kurzen Moment hatte sie in das starre Gesicht ihres Partners geblickt und sich sicher gefühlt. Bis die nächste Lachsalve über die Stadt hinwegfegte und Michael zum Stehen kam. Sie fühlte, wie sich ihr Körper anspannte und Gottsumon neben ihr seine Kampfposition einnahm, während sie alle den Jungen mit der roten Mütze und der Football-Jacke, deren weiße Ärmel im Kontrast zu der dunklen Haut standen, musterten. Als plötzlich zwei weitere Gestalten hinter aus Dunst des Rauches auftauchten, von denen eine einer Krabbe glich und die andere bei genauem Hinsehen ein Junge war, dessen sandfarbenes Haar unter einem Schal hervorlugte, welchen er sich um den Kopf geschlungen hatte. Michael schien sich bei dem Anblick der drei zu entspannen und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er auf die rote Mütze zutrat. „Sam, so glad to see ya, man“ und den Jungen, der ihn ebenfalls zu kennen schien umarmte. Und auch Lou und Steve traten auf den Jungen zu, der allem Anschein nach Sam hieß, und klopften ihm auf die Schulter. Mehr konnte sie nicht heraushören, weil die vier losplapperten und wild gestikulierend ihre Geschichten erzählten, so dass sie kaum etwas verstehen konnte. „It was awful, I had no idea what was coming and suddenly... well they got Muchomon.” “All the people were running scared and the skyscrapers collapsed like a damn house of cards...” “So many dead bodies…Man I won’t get much sleep for a long time...” Der Junge mit den sandbraunen Haaren schien einen Moment unschlüssig neben den vieren zu stehen, die sich offensichtlich gut zu kennen schienen, bis der, der sich Sam nannten, ihn als Dingo vorstellte und das Gerede, in für sie schwer verständlichem Englisch fortgesetzt wurde, während die Digimon sich unterdessen über das Erlebte austauschten. „Hey, Chicos!”, rief sie genervt und stampfte mit den Füßen auf, um sich Gehör zu verschaffen, „Gottsumon, sag ihnen, dass wir keine Zeit haben für ein Kaffeekränzchen, pronto.“ Doch bevor ihr Partner ihre Worte wiederholen konnte, so dass alle sie verstehen würden, schallte ein Kreischen über die nach wie vor brennenden Dächer hinweg. Und die Stimme, die nur wenige Stunden zuvor den Befehl gegeben hatte, die Stadt und ihre Bewohner zu zerstören sprach erneut. „Du bist schuld, wenn sie sterben. Willst du diese Last wirklich auf dich nehmen, Anführer? Du hast nicht mehr viel Zeit. Die Uhr deiner Eltern läuft gleich ab. Tick Tack, Tick Tack!” Ihre Blicke richteten sich auf den Himmel, der sich verdunkelt hatte, allein die roten Augen blitzten auf, die ihren Blick auf einen Punkt am Boden richteten. „It’s him!“ Steves Stimme bebte und er deutete mit zitternder Hand auf die Gestalt, die nicht weit von ihnen, zwischen den Trümmern thronte und mit ihren Pranken den Boden durchpflügte, als suchte sie dort etwas. Wie groß MaloMyotismon sein musste, wie mächtig, dass sie selbst auf einige hundert Meter Entfernung noch die blutbedeckten Krallen sehen konnte. Und während sie darüber nachdachte, wie hoch ihre Chancen gegen so ein Wesen sein konnten, wurde sie auf den Boden gerissen. Michael hatte sie am Arm zu fassen bekommen und zusammen mit den anderen kauerte sie nun auf dem Boden. Michael deutete den anderen vier Jungen, sowie den Digimon, die bereits ihre Kampfpositionen eingenommen hatten an, ihm zu folgen, während er sie an Trümmern und Überresten vorbeischleuste und hinter einem umgekippten Bus zum stehen kam, dessen Räder sich nun in die Luft streckten. Michael richtete seinen Blick die Digimon. „Er meint, wir sollten uns möglichst ruhig verhalten und einen Kampf hinauszögern so lange es eben geht“, übersetzte ihr Gottsumon das Gesagte. „Michael sagt, dass wir eine bessere Chance haben, wenn wir uns verstecken. Ich halte das für eine gute Idee…“ Dabei schaute es sie abwartend an, um ihre Meinung zu erfahren. Sie nickte stumm. Sie sah, wie Steve den Kopf schüttelte, erst auf MaloMyotismon zeigte und sich dann mit dem Zeigefinger an die Stirn tippte, woraufhin Michael wütend das Gesicht verzog. Sie ahnte, dass es wieder um duty ging, und darum, dass sie Digiritter waren. Um weiteren Diskussionen zu entgehen schaltete sich nun das krebsartige Digimon ein, als Ganimon hatte Gottsumon es ihr vorgestellt. „Er scheint mit jemanden zu sprechen“, begann es, „Jemanden, den er fürchtet, sonst hätte er ihn längst getötet, sonst würde er nicht mit ihm verhandeln…“ Sie lugte zwischen den Seitenspiegeln des Busses durch, um zu sehen, was sich dort abspielte. „Er scheint ein Ultimatum gestellt zu haben, er hat was gegen ihn in der Hand.“ Doch nichts rührte sich, während das Monster ungeduldig den Kopf hin und her warf. „His parents“, flüsterte Lou und Ganimon nickte zustimmend. „Die Frage ist nur, wem MaloMyotismon hier ein Ultimatum stellt…“ „Taichi!“, presste Michael hervor. „Mimi told me about Taichi’s achievements, and how scared MaloMyotismon always was... Scared of what Taichi is capable of...” Sie wandte ihre Konzentration von Michael und Ganimon ab, die nun mit gedämpften Stimmen einen Plan entwarfen um diesem Tai zu helfen, und starrte stattdessen auf MaloMyotismon dessen weißer Panzer bedrohlich in der Dunkelheit schimmerte, während er seine Klaue hob. „Die Zeit ist um! Ich sehe, du bist ein Feigling. Nun gut, der Preis ist hoch, aber du scheinst bereit, ihn zu zahlen.“ Binnen einigen Sekunden schmetterte er seine Faust auf und bekam anscheinend etwas zu fassen. Etwas, das er nun zwischen seinen Pranken zusammendrückte und anschließend achtlos wegwarf, wie ein benutztes, uninteressantes Spielzeug. Eine böse Ahnung machte sich in ihren Gedanken breit, während sie langsam am Seitenspiegel des Busses vorbei kroch und mit gesenktem Kopf zu einem Steinhaufen rannte, der einmal zu einem Haus gehört hatte. Vorsichtig hob sie den Kopf, um erkennen zu können, was dort vor sich ging, als MaloMyotismon ein weiteres Lachen aus seiner Kehle entließ und auf eine zusammengekauerte Gestalt zutrat, die zu seinen Füßen saß. Es musste sich um eine Frau handeln, deren mandelholzfarbenes Haar das Gesicht verdeckte. Schritt für Schritt, Steinhaufen für Steinhaufen näherte sie sich dem Geschehen und konnte nun sehen, wie das grausame Monster mit einem geübten Griff den Körper der fremden Frau umschlang und seine Klauen in ihr Fleisch rammte. Und ohne Vorwarnung riss er ihren Brustkorb auf und ein blutiger, pulsierender Klumpen lag in seinen Pranken. Sie spürte, wie ihre Hände und Füße kribbelten, wie ihr Körper zitterte, wie sich ihr Mund öffnete, doch kein Laut über ihre Lippen drang, wie salzige Tränen die Wangen passierten, und das Gesehene langsam zu ihrem Verstand durchsickerte… Plötzlich legten sich warme Hände auf ihre Augen. „Don’t look – Sieh nicht hin“, flüsterte Michael und nahm sie in den Arm. „Sieh nicht hin.“ Als ein dumpfer Aufprall gefolgt von einem lauten, genüsslichen Schmatzen ertönte und sie sich an Michael krallte, der sie an seine Brust drückte, selber aber auch kaum sein eigenes Zittern unterdrücken konnte, während ihre Tränen auf sein Shirt tropften und sie die Lippen zusammenpresste, um das Schluchzen zu unterdrücken. „Macht’s gut, Digiritter. Wir sehen uns wieder!“ heulte die Stimme MaloMyotismon über sie hinweg. „Und denk daran, Taichi Yagami, du hast einen Platz bei mir sicher, falls du dich noch anders entscheiden solltest.” Mit einem letzten Lachen verschwand er. Sie sah es nicht, aber sie wusste es in dem Moment, als Michaels Muskeln sich langsam entspannten. Als sie die Augen aufschlug war Gottsumon bereits an ihrer Seite und auch die anderen, deren Tränen ihnen über die Gesichter liefen, waren hinter dem Bus hervor gekrochen. Doch bevor einer von ihnen was dazu sagen konnte, schoss Michael in die Höhe. Eine Gestalt kletterte über die Trümmer hinweg. Es war ein junger Mann, dessen dunkler Mantel im Winde wehte, das Haar, kastanienbraun, in alle Richtungen stob, und das Gesicht unbewegt und ohne Anzeichen eines Gefühls blieb, während er sich dem toten Körper der Frau näherte. Michael machte sich aus ihrer Umklammerung los, als langsam weitere Menschen zwischen den Trümmern auftauchten und sich den Platz des Schreckens näherten. Einer von ihnen hatte glänzendes, schwarzes Haar und schien sich nur mit Mühe und Not aufrecht halten zu können. „Ken!“, flüsterte sie und ihr Herz machte einen Satz. Erleichtert, endlich jemanden zu sehen, den sie kannte und vertraute, rappelte sie sich auf und wollte loslaufen, doch jemand hielt sie zurück. Diesmal war es nicht Michael sondern Lou, der sie mit dunklen, unergründlichen Augen anschaute und langsam den Kopf schüttelte, während er auf die Gestalten deutete, die sich nun um die tote Frau scharrten. Ein Mädchen war zu Boden gegangen, es zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub, während der Junge mit dem zerzausten Haar sich bereits wieder erhoben hatte. Seine Hände waren blutrot. Es war das Blut seiner Mutter und diese Erkenntnis traf sie wie ein Tritt in den Magen. Ohne ein weiteres Wort schien der junge Mann nun im Begriff, diesen Ort zu verlassen, gefolgt von den anderen. Das hatte auch Michael gesehen, der nun lossprintete. „Wait!“ Author’s Note: Ich weiß, dass es hart ist, diese Dinge aus Chichos Sicht zu schreiben, denn sie ist gerade mal 9 Jahre alt. Und gerade die FoD-Leser unter euch, werden sich an die Geschehnisse dieses Kapitels erinnern können und wissen, dass ich es aus einem guten Grund mache. Zumindest aus einem wichtigen Grund. Denn es wird immer Momente geben, in denen Chichos jemanden braucht, der ihr die Augen zuhält. Wichtig ist, dass Chichos aus Mexiko stammt, demnach ihr Kapitel natürlich aus der spanischen Sicht geschrieben ist, die anderen aber Amerikaner/ Australier sind, daher versteht sie das meiste nicht und das musste ja irgendwie rübergebracht werden. Die Digimon haben in meinen Augen eine Universalsprache, ergo sie können jeden verstehen und werden von jedem verstanden. Bis dahin PenAmour -Hilfestellung- Chichos – Gottsumon Michael – Betamon Lou – Otamamon Steve – Penmon Dingo – Ganimon (Sam – Muchomon) Kapitel 9: Verloren im Geäst ---------------------------- Verloren im Geäst I seem forsaken and alone, I hear the lion roar; And every door is shut but one, And that is Mercy's door. (William Cowper) Es war als hätte man seinen Kopf in eine Kaffeemühle gesteckt und ihn zermürbt. Unter der Schädeldecke pochte und hämmerte es so sehr, dass er nicht wagte die Augen zu öffnen oder sich in irgendeiner Weise zu bewegen, um sich weiteren peinigenden Momenten auszusetzen. Eine Brise flog über seinen Körper hinweg und hinterließ einen lindernden kühlen Abdruck auf seinem Gesicht. Ein Rauschen drang an seine Ohren, das Knacken von Ästen, während ihre Blätter mit dem Wind spielten. Saftige Grashalme kitzelten seine Fingerspitzen mit denen er sich vorsichtig voran tastete. Er hatte die Wüste hinter sich gelassen. Und mit dieser Erkenntnis öffnete er schließlich doch die Augen und blickte in kräftige Baumkronen und ein Meer aus grünen Blättern, die das Tageslicht vor ihm versteckten. Der Schmerz ließ keineswegs nach, doch etwas anderes fesselte seine Aufmerksamkeit, während er sich aufrichtete und er ein leises bekümmertes Schluchzen vernahm. Und mit dem Weinen der zusammengekauerten Gestalt, die zu seinen Füßen hockte, kamen auch die Erinnerungen zurück. An den Sand, an den Angreifer, an das Tor, dessen Pforten sich schlossen, an Terriermons Lächeln, bevor es sich dem Gegner noch einmal zuwandte. „Lopmon, warum weinst du“, wisperte er, während sich eine bangende Ahnung in seine Glieder schlich und das kleine Digimon sein Gesicht beschämt hinter den großen, braunen Ohren versteckte, so dass nur noch die drei Hörner auf seiner Stirn hervorlugten, während der kleine Körper unter Schluchzern bebte und sich schüttelte. Vorsichtig kniete er sich vor seinen Digimonpartner und nahm das Gesicht in seine Hände. Die schwarzen Kugelaugen waren wässrig und spiegelten sein verdrecktes Gesicht und die Wunde, die über seiner Stirn verlief wider. „Warum weinst du?“, flüsterte er abermals und versuchte das Zittern in seiner eigenen Stimme zu unterdrücken, auf eine Antwort wartend, die seinen Verdacht nicht bestätigen, seine Angst nehmen würde. Lopmon öffnete den Mund, doch kein Laut drang hervor, stattdessen nahm der Schmerz wieder zu, er durchzuckte ihn, als hätten sich tausende Nadeln in seinen Rücken gebohrt. „Wo ist Terriermon?“, brachte er mit brüchiger Stimme hervor. „Es hat es nicht geschafft, es ist zurück um den Gegner aufzuhalten, damit wir es bis zum Tor schafften.“ „Warum hast du ihm nicht geholfen, Lopmon?“, presste er zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. „Warum…“ „Du warst verletzt Wallace, das Digimon hat dich mit einer Attacke erwischt und ich konnte das Tor nicht länger halten, nicht allein. Wallace, ich hatte solche Angst um dich…“ quiekte Lopmon und er nahm es in den Arm und strich ihm über das Köpfchen. Es war seine Schuld. Er hatte sie dazu gebracht, ihre Kräfte für das Tor aufzubrauchen und jetzt war Terriermon… „Wir müssen zurück in die Digiwelt, Lopmon, wir müssen Terriermon finden.“ Er richtete sich auf und griff nach seinem Rucksack, ungeachtet der Schmerzen, die wie Blitze seinen Rücken durchfuhren. „Wir haben sie nie verlassen“, flüsterte das Digimon, ohne Anstalten zu machen, sich in Bewegung zu setzen. „Wie…?“ „Ich hatte nicht die Kraft dazu, uns in deine Welt zu bringen, Wallace, ich habe es versucht, aber ich bin nicht über dieses Waldstück hinaus gekommen.“ Müde ließ sich Lopmon auf den Rücken fallen. Die langen Schlappohren von sich gestreckt blickte es nun ebenfalls zu den Bäumen hinauf, zwischen deren Holz sich dichte Nebelschwaden drängten und sie von der Außenwelt abschotteten. Er hatte die kondensierte Luft vorher kaum wahrgenommen, aber vielleicht nahm der Nebel sie auch erst jetzt war und breitete sein undurchsichtiges Gewand über sie aus. „Aber wo sind wir dann?“ Fragend wandte er sich an Lopmon, das nach wie vor auf dem Boden lag und die Augen geschlossen hielt. Es schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß es nicht.“ Und abermals kam eine leise Entschuldigung über Lopmons Lippen, während der seinige Blick das Geäst und Gestrüpp nach einer Orientierungshilfe abtastete. „Ihr seid in Misty Trees gelandet“, hallte urplötzlich eine Stimme aus der Ferne. Lopmon sprang auf und brachte sich in Kampfposition, während er versucht, der Stimme einen Träger zuzuordnen. Und langsam leuchtete eine tonfarbene Mähne auf und unter buschigen Augenbrauen musterten sie durchdringende eiserne Augen. Zwei riesige Pranken, mit schwarzen Lederarmbändern besetzt, packten ihn am Kragen und schon hingen seine Füße in der Luft. Er versuchte sich loszureißen und konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie Lopmon dem Angreifer entgegen sprintete. Er selbst konzentrierte sich auf die Löwenmähne, die ihn gefangen hielt und versuchte dem mit Reißzähnen versehenen Maul keine Beachtung zu schenken. „Was hat ein Mensch in dieser Gegend zu suchen“, knurrte sein Gegner misstrauisch und beäugte ihn abermals, während er ihn langsam wieder auf den Boden setzte, die Pranke aber nicht von seinem Hals nahm. Lopmon befand sich mittlerweile im Schwitzkasten eines kleinen, roten Drachens, auf dessen Rücken rot-blaue Flammen tanzten. „Glaubst du, ich bin hier freiwillig gelandet?“, brachte er zwischen zwei raschen Atemzügen hervor und versuchte sich aus dem Griff zu winden. „Wir waren auf der Flucht und sind nur notgedrungen hier gelandet. Aber sobald du uns frei lässt, werden wir dir nie wieder unter die Augen treten.“ Er versuchte seine Wut über die ausgelieferte Lage zu unterdrücken und ließ seine Engelszungen sprechen, um den Gegner von seiner Nichtigkeit zu überzeugen. Doch dessen Miene blieb weiterhin nachdenklich. „Menschen und Digimon reisen normalerweise nicht zusammen, es sei denn, du bist einer von ihnen“, brummte das löwenartige Digimon und ließ seinen Blick mit zusammengekniffenen Augen zu seinem Gürtel wandern, wo das Digivice schwach aufleuchtete. „Ich kenne diese Sorte von Menschen. Ihr nennt euch Ritter. Vor langer Zeit bi n ich einigen von euch begegnet. Sie waren etwas grün hinter den Ohren, aber trugen ihr Herz am rechten Fleck. Und kämpfen konnten sie...” Es gluckste bei dem Gedanken an vergangene Zeiten. „Ja kämpfen konnten sie wirklich.” Und ließ ihn endlich wieder frei. Auch das andere Digimon ließ nun von Lopmon ab, so dass er erleichtert aufatmete und mit zurückgekehrtem Mut sprach: „Ja, ich bin ein Digiritter, aber du hast nichts vor mir zu befürchten. Ich hab definitiv nicht die Absicht zu kämpfen.“ Er zupfte an seinem Hemdkragen und richtete sich wieder auf. „So, so.“ Grübelnd strich sich das Digimon über die Mähne. „Wie heißt du, nicht kämpfender Digiritter?“ Zögernd musterte er seinen Gegenüber, der ihm körperlich weit überlegen war, weshalb es unklug gewesen wäre, ihm nicht zu antworten. „Wallace.“ „Wallace, so, so. Ich bin Leomon.“ Mit einem schwungvollen Griff hielt er seine Hand zwischen den riesigen Pfoten und schüttelte sie. Verwirrt wanderten seine Augen zwischen dem nun wesentlich freundlicheren Leomon und Lopmon hin und her, auf der Suche nach einer passenden Erklärung für das Verhalten des Digimon, doch auch Lopmon schien sprachlos zu sein. „Was führt dich dann hier her, Wallace, wenn du nicht kämpfen willst?“, unterbrach Leomon das verwirrte Schweigen. Er sah in die Augen des Löwen. Sie waren klar und spiegelten Stärke wider. Keine Bosheit oder Verschlagenheit. „Ich bin auf der Suche nach einem Freund. Terriermon.“ Irgendwas sagte ihm, dass er dem Fremden vertrauen konnte, zumal er auch kaum eine Wahl besaß. „Wir wurden angegriffen und auf der Flucht haben wir uns verloren. Plötzlich war Terriermon nicht mehr da und wir fanden uns inmitten der Bäume wieder. Und dann seid ihr zwei auch schon aufgetaucht.“, fasste er ihre Geschichte zusammen. „Hast du es vielleicht gesehen?“ Ein kleines, kindisches Pflänzchen der Hoffnung keimte in ihm auf und schon hatte er die Frage gestellt. Leomon drehte sich zu seinem roten Gefährten um. „Hast du das gehört, Elecmon.“ Das andere Digimon trat nun näher an ihn heran, während Lopmon ihn nicht aus den Augen ließ. Die großen Pupillen betrachteten ihn prüfend. Doch er konnte noch etwas anderes in Blick des roten Drachendigimons erkennen. „Elecmon hat auch jemanden verloren. Dabei trafen wir aufeinander und ich versprach ihm zu helfen.“ Klärte Leomon ihn auf und tätschelte dem anderen Digimon – Elecmon – tröstend den Kopf. Und er wusste, was er in den Augen Elecmons gesehen hatte. Traurigkeit. „Alles ging so schnell“, flüsterte der kleine Drache, dessen Flammen nun nur noch halb so stark zu glühen schienen. „Die Menschenwelt fiel in sich zusammen und wir suchten ein Tor, um in Sicherheit zu gelangen. Doch bevor wir uns versahen, versperrte uns eine Horde von Blossomon den Weg. Sie droschen mit ihren Dornenpranken auf uns ein, ich versuchte Maria zu beschützen, doch dann brachen abertausend Steinlawinen über uns herein und als ich zu mir kam, war ich allein. Sie hatten Maria mitgenommen. In der Menschenwelt fand ich sie nicht, also kehrte ich hierher zurück und landete in Misty Trees. Quasi direkt vor Leomons Füßen.“ Die klaffenden Wunden, die Elecmons Körper übersäten erzählten von dem Angriff der Blossom und zeigten den Schmerz, den das alleingelassene Digimon empfinden musste. Er schluckte, ob es nun auch Terriermon so ging? Allein und auf sich gestellt. Vielleicht verletzt, oder schlimmer… „Ich hörte von Gefangenentransporten. Vielleicht ist Terriermon auch dabei“, übernahm Leomon das Sprechen abermals. „Wenn ihr wollt, könnt ihr euch uns anschließen.“ Author’s Note: Nach einer Weile endlich ein neues Kapitel. Schlafstörung und das Leben hielten mich davon ab schneller zu schreiben, aber hier sind wir nun. In Misty Trees. Wie versprochen gibt es in ToF wesentlich digimon-lastigere Kost und es freut mich sehr, dass nun endlich genug Platz für sie ist. Noch mehr freut es mich, euch auch Leomons Geschichte genauer zeigen zu können. Eines meiner Lieblingsdigimon, das in FoD und ZA zwar erwähnt wird, aber selber nie auftritt, zumindest nicht im ansprechbaren Zustand. Wallace ist nun also in der Digiwelt und wir werden sehen was ihn und seine Gefährten dort erwartet. Bis dahin PenAmour. Kapitel 10: Deins und Meins --------------------------- Deins und meins Meeting you was fate, becoming your friend was a choice, but falling in love with you I had no control over. (Unknown) „Warte!“ Mit gerunzelter Stirn beäugte er ihn. Sein nussbraunes Haar wirbelte wild um seinen Kopf und die dunklen Augen ließen keine Gefühlsregung erkennen. Er selbst hatte die Hände auf den Knien abgestemmt und rang nach Luft. Sein Brustkorb hob und senkte sich in rascher Abfolge, während sich hinter dem Braunhaarigen weitere Gestalten näherten, ihre Mienen mit Misstrauen und Angst bestückt, bis sein Blick an einem bekannten Gesicht hängen blieb. Die honigfarbenen Locken umrahmten ihre russverschmierten Wangen und ihre Augen weiterten sich, als sie ihn erkannte. „Michael!“ Mit einer Spur von Erleichterung in der Stimme drängte sie sich an ihren Gefährten vorbei und schlang ihre Arme um seinen Hals. „Du lebst“, flüsterte sie und er spürte ihren warmen Atem auf seiner Haut. „Hisashiburi – Lange nicht gesehen!“ Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er strich ihr durch das samtene Haar, bevor sich seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Gegenüber richtete, der nach wie vor unbewegt da stand und das Treiben beobachtete. Vorsichtig machte er sich aus ihrer Umarmung los und trat auf ihn zu. „Taichi, ich muss mit dir sprechen“, brachte er nervös hervor und versuchte den durchbohrenden Augen auszuweichen mit denen Taichi Yagami ihm bis auf den Grund seiner Seele zu blicken schien. „Was willst du?“ Brach dieser endlich das Schweigen, seine tiefe Stimme klang abgenutzt und heiser, als habe er sie in den letzten Stunden zu viel benutzt. Er deutete ihm an, ihm zu folgen und ließ sich in einem Verschlag, der sich durch das zusammengebrochene Hochhaus gebildet hatte, auf einen der Steine fallen. Unschlüssig blickte er hinauf in die knarrenden Balken, die die Steinmassen aufhielten und einen Zwischenraum frei hielten. „Keine Sorge“, meinte Taichi, „Es wird halten.“ Und nichts in seiner Stimme ließ einen Widerspruch zu. Ihnen waren nun auch die anderen gefolgt. Ein hoch gewachsener Blonder wollte sich neben Tai setzten, doch der schüttelte den Kopf. „Bring Mimi, sie soll bei Sprachschwierigkeiten übersetzen.“ Und so trat sie zu ihnen in ihr Versteck aus Stein, mit ängstlicher Miene klopfte sie sich den Staub von den Schultern und versuchte ihre Locken vor dem auf sie rieselnden Schutt zu schützen. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie der Blonde die anderen anwies sich zu setzen und den Kopf mit einer rothaarigen, schmalschultrigen jungen Frau zusammensteckte. Steve warf ihm einen verwirrten Blick zu, bevor er sich neben Dingo, Sam und den anderen auf den Boden fallen ließ. Unterdessen hatte ein Junge mit Brille und nachtblauem Haar, das ihm wirr ins Gesicht fiel, sich den kleineren und größeren Verletzungen angenommen. „Keine Sorge, mit Jyous Hilfe seid ihr im Nu wieder fit.“ Taichi war seinem Blick gefolgt. „Kommen wir nun zu dir. Was ist so wichtig, dass du die halbe Stadt zusammen brüllst?!“ Er schluckte und musste beschämt an seine unüberlegte Handlung denken. Aber er hatte sich nicht anders zu helfen gewusst. Sonst wäre er gegangen und sie wären wieder allein gewesen. Mimi legte Taichi beschwichtigend ihre Hand auf die Schulter, doch er schüttelte sie ab. „Du hättest uns damit alle in Gefahr bringen können. Deine Leute, wie auch meine!“, fuhr er mit ruhiger Stimme fort. „Er hätte dich hören können, und alles wäre umsonst gewesen…“ Dieses Mal fegte er Mimis Hand nicht beiseite, die sich tröstend auf seine gelegt hatte. Ganz heimlich, ganz leise, als gehörten solche tröstenden Gesten nicht hierher. „Es tut mir leid“, bracht er hervor ohne aufzusehen und erinnerte sich an das Herz, welches seinen letzten Schlag tat, als die Klaue des Monsters es umschloss und sich in den gierigen Schlund warf. Ein eisiges Kribbeln durchzuckte ihn und er versuchte sich auf die Gegenwart zu konzentrieren und die Vergangenheit abzuschütteln. „Was sollen wir tun, Taichi?“ Nun durchbrach er die Stille. „Noch ist es nur Tokio, aber was wird geschehen, wenn wir MaloMyotismon nicht Einhalt gebieten können? Wir müssen uns eine neue Strategie überlegen. Eine Schwachstelle finden…“ „Nein.“ Taichi schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust, so dass Mimis Hände einen Moment in der Luft verharrten, bevor sie sie mit einem traurigen Lächeln im Schoß zusammenfaltete. „Nein?“, stotterte er verwirrt. „Was meinst du damit? Wir haben keine Zeit mehr Taichi, wenn wir warten, wird MaloMyotismon nur noch stärker. Unsere Chancen schwinden mit jeder Sekunde, die wir zögern.“ Er hatte sich aufgerichtet, um seinen Worten mehr Bedeutung zu verleihen. „Es gibt kein ´Wir`. Kein ´Uns`.“ Auch Taichi hatte sich vom Steinbrocken erhoben, während er ihm die Worte quasi ins Gesicht spuckte. „Und erst recht keinen Kampf.“ Die Worte schmerzten, als hätte er ihm mitten ins Gesicht geschlagen. „Was soll das heißen?“, presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und versuchte seine Wut zu unterdrücken. „Willst du aufgeben?“ „Ich werde meine Leute nicht kopflos in irgendeine Schlacht schicken“, zischte er zurück. „Sie sind zu schwach. Jeder Kampf bedeutet einen Verlust für mich und mein Team. Deshalb werde ich nicht zulassen, dass wir ihn noch mal herausfordern.“ Zornig ballte er die Hände zu Fäusten. „Michael wir haben keine Chance. Heute haben wir verloren und müssen unsere Wunden lecken. Begreif doch, dass wir unter diesen Umständen nicht mit euch in die Schlacht ziehen“, versuchte Taichi ihn zu beschwichtigen, doch auch seine Muskeln blieben angespannt, und er wusste, dass Taichi ihm zur Not mit der gleichen Körperkraft entgegentreten würde, die er im Begriff war einzusetzen. „Gerade deshalb müssen wir einen Plan ausarbeiten, eine gemeinsame Strategie entwickeln.“ Er versuchte das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken und streckte den Rücken, er wollte nicht wie ein kleiner Junge wirken, der sich von Taichi belehren ließ. Doch dieser schien überhaupt keinen Wert drauf zu legen, ihn zu belehren. Vielmehr legte sich ein Schatten auf das Gesicht des Japaners und verdunkelte die haselnussbraunen Augen, so dass er kaum noch erkennen konnte, was Iris und was Pupille war. „Kiite kudasai. Es gibt kein ´Wir`, Michael“, wiederholte Taichi abermals. „Und keinen gemeinsamen Plan. Es ist vorbei.“ „Wie kannst du das nur sagen.“ Seine Glieder fühlten sich merkwürdig taub an, während die Worte leise über die Lippen kamen. „Iikagen ni shiro – Es reicht! Sieh dich um Michael, hier gibt es keinen Sieg mehr zu holen.“ Taichi trat aus dem steinernen Verschlag heraus und deutete auf die Kraterlandschaft, die Rauchfäden, die sich gen Himmel schlängelten und das Dröhnen aus der Ferne, welches Explosionen und marschierende Truppen miteinander vermischte. „Nicht einmal Genai glaubt noch daran, dass wir gewinnen können.“ Taichis Gesicht verzog sich zu einem wütenden Grinsen. „Es ist vorbei.“ „Genai?“ Fragend sah er zu Mimi, deren Blick zwischen ihm und Taichi hin und her wanderte, während sie besorgt an ihren Lippen knabberte. Er erinnerte sich an Genai. Der seltsame Kerl, der zusammen mit Daisuke nach New York gekommen war, hatte ihnen geholfen, die Digimon wieder einzufangen, die auf der ganzen Welt durch die Straßen fegten. Damals hatten sie ihnen noch entgegen treten können, aber jetzt, wo MaloMyotismon sie befehligte, hatte sich das Blatt gewendet. Doch während er suchend seinen Blick über die Gesichter der anderen streifen ließ, war von Genais weißem Gewand und dem mausbraunem Haar nichts zu sehen. Nur Daisuke konnte er zwischen all den dreckverschmierten Gestalten ausmachen. Daisuke, der ihm den Rücken zugewandt hatte und nicht wagte seinen Kopf zu heben. Aus Schmach, aus Angst vor den anderen und ihrem Wissen von seiner Angst. Seiner Feigheit. „Genai ist gegangen, er hat uns verlassen – und wenn du einen Rat von mir haben willst, Michael, dann solltest du zusehen, dass du hier ebenfalls bald verschwindest.“ Und mit diesen Worten rauschte er an ihm vorbei und ließ sich von dem Blonden eine Feldflasche geben und nahm einen kräftigen Schluck. „Geh nach Hause, Michael.“ Er wischte sich mit der freien Hand über den Mund und reichte die Flasche einem Mädchen, das sich auf dem Boden zusammengerollt hatte und dessen mandelholzfarbenes Haar das Gesicht bedeckte. „Nonde!“ Taichi drückte ihr die Flasche in die Hand und wies den Jungen, dessen blondes Haar mit grauem Staub bedeckt war, und der neben ihr saß und ihr den Rücken streichelte, an, ihr beim Trinken zu helfen. Langsam richtete sie sich auf. Ihre Augen waren gerötet und ihr Körper hing schlaff in den Armen des Jungen, der ihren Kopf liebevoll in seinen Armen hielt und die Flasche zu ihrem Mund führte. „Ich kann nichts für dich tun, Michael.“ Langsam trat Taichi wieder auf ihn zu. Der harte Ausdruck in seinem Gesicht war geblieben, doch die Wut, die mit Genais Namen aufgetaucht war, schien verraucht. „Wenn du gekommen bist, um Hilfe zu erhalten, war dein Weg umsonst. Ich muss meine eigenen Schäfchen ins Trockene bringen. Und du solltest zusehen, dass du und deine Leute so schnell wie möglich nach Hause kommen. Vielleicht könnt ihr dort etwas gegen MaloMyotismon ausrichten. Vielleicht nicht…“ Er legte eine Hand auf seine Schulter. Unter seinen Fingernägeln hatte sich getrocknetes Blut und Dreck festgesetzt. „Hier könnt ihr nicht bleiben.“ Er spürte, wie die Hand weggezogen wurde. „Ich kann euch hier nicht gebrauchen…“ Alle Hoffnungen, die er in dieses Treffen gesetzt hatte, zerfielen zu Staub und sein Magen schien sich unter dem Ärger, der in ihm wuchs, zusammenzuziehen. „Wir kamen, um euch zu helfen. Wir gaben alles für euch, und du schickst uns jetzt wieder weg?“, redete er sich in Rage. „Wir haben für euch gekämpft, für eure verdammte Stadt, und das ist alles, was du dazu zu sagen hast? Geht nach Hause? Was erwartet uns denn Zuhause? Du schickst uns ins Ungewisse und es interessiert dich einen feuchten Dreck?!“ Wütend packte er Taichi am Kragen, doch bevor er ihn mit der geballten Faust schlagen konnte umfasste ihn der harte Griff des Blonden. „Jibun no tachiba o kangaero!“, knurrte er und verschränkte seine Arme hinter seinem Rücken, so dass er sich nicht mehr bewegen konnte und ein stechender Schmerz sich über seine Schultern bis hin zum Unterarm zog. „Yamete kudasai!“ Ertönte Mimis Stimme und sie rannte mit wehenden Haar auf ihn und den blonden Grobian zu. „Yamete!“, schluchzte sie und der Blonde ließ ihn endlich los. Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. „Es ist besser, wenn ihr jetzt geht!“ Taichi tauchte hinter ihr auf und rückte seinen Kragen zurecht. Mimi presste die Lippen aufeinander, um das Schluchzen zu unterdrücken, während Taichis Worte erklangen, die nicht an sich rütteln ließen und das schien auch Mimi zu ahnen. Er versuchte ein Lächeln auf sein Gesicht zu setzen und kramte in seinem Gedächtnis nach den richtigen Worten. „Nakanaide“, flüsterte er. „Weine nicht!“ Und er erinnerte sich, wie sie in seine Klasse gestolpert war. Ihre Haare so rosa wie Zuckerwatte und ihr Lachen so hell wie die Sonne, während sie mit einem wirren Englisch-Japanisch-Gemisch sein Leben aufwirbelte. „Komm mit mir, nach Hause!“ Er rieb sich über die schmerzenden Schultern. Sie ließ den Kopf hängen. „Ich kann nicht“, wisperte sie. „Warum?“ Ihr Blick fiel auf den jungen Mann, dessen braune Mähne wild vom Kopf abstand und dessen Augen ihn ausdruckslos musterten. „Man braucht mich hier.“ Ein bitterer Geschmack machte sich auf seiner Zunge breit, während er sich aus ihrem warmen Griff wand und einen Schritt zurückwich. „Es tut mir leid.“ Ihre Lippen bewegten sich lautlos, während sie sich ihrerseits aufrichtete und hinter Taichi trat. „Betamon!“ Sofort war sein Digimonpartner zur Stelle und sah ihn mit fragenden Augen an. „Wir gehen nach Hause.“ Und mit diesen Worten nahm er das grüne Digimon mit der roten Rückenflosse auf den Arm. Auch Steve und die anderen hatten sich aufgerappelt. Während der Diskussion hatten sie geschwiegen, doch nun hatten sich zwei Fronten aufgebaut, die sich gegenseitig mit hitzigen Blicken attackierten. Eine kleine Hand umschloss die seine und Chichos blickte lächelnd zu ihm hinauf. „Voy contigo – Ich gehen mit dir…“ Er drückte die warmen Finger und wandte sich noch einmal Taichi zu. „Ki o tsukete – Pass auf dich auf Michael.“ „Erwarte nicht, dass ich dir helfe, wenn er auch dein Herz will!“ Author’s Note: Es ist soweit, wir betreten nun das Ungewisse, die Zeit, die nicht einmal die FoD-Leser unter euch kennen. Wir lassen Tai hinter uns, der klare Worte fand und Michael wegschickte und damit einhergehend auch an dessen Schicksalsrad drehte… Ich will mich nicht schon wieder über Tais Beweggründe äußern, da kann sich jeder, ob FoD und den Puppetmaster etc. gelesen oder nicht, sein eigenes Urteil drüber bilden. Die Handlung wird nun angezogen, denn die Basis steht, die Gefühle sind geladen und die Zukunft ungewiss. Das mit den Sprachen ist übrigens kniffliger als ich zu Anfang dachte. Aber Englisch, Spanisch, Chinesisch, Japanisch und was sonst noch auf uns zukommt unter einen Hut zu bringen… Puh, eine Lebensaufgabe^^ Aber ich möchte es so authentisch wie möglich gestalten. Seid gewiss, dass ich alles wohl recherchiere, mir dennoch Fehler unterlaufen können und jeder, der die Sprache besser beherrscht, solle mir fix schreiben, so dass ich es verbessern kann. Manchmal ist es übersetzt, manchmal nicht, denn manchmal ist es gar nicht wichtig, zu wissen, was genau gesagt wird, sondern das Gefühl dahinter, das ist was zählt. Bis dahin, PenAmour Kapitel 11: Ein böser Junge --------------------------- Ein böser Junge The innocent are so few that two of them seldom meet - when they do meet, their victims lie strewn all round (Elizabeth Bowen) Eine Stimme drang durch die wirren Träume zu ihr. Durch die Sandburgen, die eine nach der anderen in sich zusammen fielen und sie unter ihren Massen begruben. Eine Stimme, einem Summen gleichend, welches immer lauter wurde und sie schließlich dazu brachte ihre Augen zu öffnen. Die albtraumhafte Szenerie verblasste und das Rasseln ihrer Handschellen holte sie zurück in die Wirklichkeit. Ihr Körper fühlte sich merkwürdig taub an und schien erst langsam aus der Starre zu erwachen, die die Traumwelt auf ihn gelegt hatte. Und für einen kurzen Augenblick keimte in ihr die Hoffnung, dass die Ereignisse vielleicht nur zu den Träumen gehört hatten. Doch ihre Ketten erzählten ihr etwas anderes; Das Schluchzen der anderen Gefangenen zeugte von der Realität. Und die Gitterstäbe durch die sie in die Welt starrte, sprachen die Wahrheit. Der Sand hatte sich in eine Graslandschaft verwandelt, vereinzelt tauchten Büsche und Sträucher auf. Hier und dort auch Bäume, die ihre kahlen Äste gen Himmel streckten. Der Mantel der Morgendämmerung hatte sich über die Landschaft gelegt, so dass alles in eine milde Dunkelheit getaucht wurde, die nur durch die hereinbrechende Sonne gestört wurde und die Farben der Umgebung wurden in die Freiheit entlassen. Doch noch verdeckte die Dämmerung jedes hilfreiche Detail, welches ihr einen Anhaltspunkt über ihren Aufenthalt hätte geben können. „Du bist wach“, stellte eine leise Stimme fest und sie konnte die Umrisse der zerzausten Frisur erkennen. Es war die gleiche Stimme, welche sie aus ihren Träumen gerissen hatte. „Wie lang war ich weg?“ Vorsichtig wandte sie sich dem Mädchen zu, welches sie zuvor umsorgt hatte. Die Wunden, die ihren Körper bedeckten, schrieen auf als sie sich bewegte. „Nicht!“ Hastig war das Mädchen aufgesprungen. „Du reißt dir damit deine Verletzungen nur noch mehr auf.“ Während es seine Hand auf ihre Stirn presste. „Wenigstens scheinst du kein Fieber mehr zu haben“, seufzte es und reichte ihr eine kleine Holzschale aus der Wasser schwappte. Erst jetzt bemerkte sie, wie durstig sie war und nahm einen großen Schluck der kühlenden Erfrischung. „Danke“, flüsterte sie nachdem sie die Schale abgesetzt hatte und warf ein Lächeln durch das dämmrige Licht, in der Hoffnung, dass es das fremde Mädchen irgendwie erreichen möge. „Du hast fast zwei Tage immer Fieberschlaf gelegen“, berichtete es schließlich an die Gitterstäbe gelehnt. „Sie sagten, ich solle mich um dich kümmern und dass sie mich mit deinem Leichnam begraben würden, wenn ich versagte.“ Ihre Stimme geriet ins Stocken. Vorsichtig tastete sie nach der Hand des Mädchens und drückte sie. „Danke…“ „Elena – Ich heiße Elena.“ „Danke, dass du mir das Leben gerettet hast, Elena“, wiederholte sie. „Und entschuldige, dass du wegen mir leiden musstest“, fügte sie hinzu, bevor sie ihre Hand wieder zu sich nahm und einen Blick in die Runde warf und sich lautlos fragte, warum man auf sie nicht verzichten konnte, so dass andere ihretwegen um ihr Leben fürchten mussten. Sie verkniff sich weitere Fragen jedoch um Elena nicht noch mehr zu beunruhigen, die von alldem keine Ahnung zu haben schien und ängstlich den Kopf von einer Seite zur anderen drehte. Sie konnte nur die Schemen der anderen erkennen, die in diesem Käfig hockten. Hie und da hörte sich das Rascheln der Ketten, welche über den Holzboden streiften, doch es schien kein vertrautes Gesicht unter ihnen zu weilen. Sie wusste noch nicht, ob sie diese Erkenntnis erleichtern oder verängstigen sollte. „Wo sind wir nur?“, fragte sie sich halblaut, so dass Elena es hören konnte. „Wir haben die Wüste hinter uns gelassen“, berichtete diese. „Gestern tauchten plötzlich vereinzelt Bäume und Sträucher auf und der Sand verwandelte sich in eine Graslandschaft. Es ging alles sehr schnell. Zu schnell.“ Sie konnte spüren, wie schwer es Elena fiel, das Gesehene in Worte zu fassen. „Zu schnell für unsere Welt“, murmelte sie. „Aber nicht zu schnell für die digitale Welt.“ Die Erkenntnis weit weg von Zuhause zu sein schmerzte sie sehr, da konnte auch Elenas tröstende Gesellschaft nicht helfen. Sie war eben nicht ihr Partner, der sie ohne große Worte verstand. Und so starrte sie nur in die Savanne, die sich vor ihren Augen erstreckte und lauschte dem monotonen Räderklappern, während der Transporter Meter um Meter zurücklegte. Bis ein Ruck durch den Käfig ging und sie gegen die Stäbe gepresst wurde und der Wagen zum Halten kam. Doch einen Grund für den plötzlichen Stopp konnte sie nicht ausmachen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie die Menschen sich aufrichteten und ihre Hälse reckten, um zu erfahren, was hier vor sich ging. Allein Elena blieb eingeschüchtert auf ihrem Platz sitzen und fuhr sich nervös durch das angesengte Haar. Die anderen Gefangenen raunten und ihre Ketten krachten gegen die Gitterstäbe, während sie sich dagegen drückten. Eine weiche, fast schon trällernde Stimme ertönte, deren Träger sie von ihrer Position aus nicht sehen konnte, und dessen Worte sie auch nicht verstand, aber die sie an die schreckliche Stadt erinnerte, mit der all das Unglück angefangen hatte. Stattdessen tauchten drei graufellige Wesen in ihrem Gefängnis auf. Aus ihren pelzigen Gesichtern stachen die blutroten Augen hervor, mit denen sie die Insassen des Käfigs musterten. Von der Statur her waren sie nicht viel größer als durchschnittliche Haushunde, doch durch ihren aufrechten Gang wirkten diese Digimon um einiges größer, und bedrohlicher durch die krallenbesetzten Pfoten, mit denen sie zwei Eimer in die Mitte des Käfigs stellten, aus denen das Wasser schwappte und in den Holzboden sickerte. Sofort sammelten sich die Gefangenen um die Behälter und tauchten begierig ihre zu Schalen geformten Hände in das kühle Nass und führten sie anschließend zum Mund. Sie selbst blieb auf ihrem Platz und beobachtete die Graufelligen, die kaum eine Regung von sich gaben. Die drei Digimon starrten nur weiterhin mit ihren unnatürlich roten Augen auf die Menschenansammlung. Ein Krachen durchzuckte die Stille und sie konnte hören wie sich die zugeschlagenen Autotüren verriegelten. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit von den drei Digimon ab und stattdessen den Geschehnissen zu, die sich außerhalb des Käfigs abzuspielen schienen. Für einen Moment glaubte sie ihren eigenen Sinnen nicht trauen zu können oder noch immer in ihren Träumen gefangen zu sein, als sie den braunen Wuschelkopf sah, der gerade einmal bis zum unteren Rand des Käfigs reichte. Seine fast leblos schwarzen Augen streiften nur kurz die Gitterstäbe, bevor sich der Junge mit hastigen Schritten entfernte und auf das Ende des Transporters zusteuerte, flankiert von weiteren graufelligen Digimon, die schließlich neben ihm zum Stehen kamen. Die kindlich, süße Stimme tönte erneut in einer für sie unpassenden Geschäftigkeit und richtete sich damit an das Geschöpf welches aus dem Schatten des Transporters hervortrat. Sein Körper war ebenso schwarz wie der Schatten und man hätte annehmen können, dass es aus dem Schatten selbst geboren worden war, während es mit seinen Augen – rot natürlich – seinen Gegenüber musterte, der kaum größer war als das echsenartige Wesen selbst, welches sich nun mit geschwollener Brust aufrichtete und seinen dinosaurierartigen Kopf in die Luft reckte. Sie konnte nicht genau hören, was das Digimon dem Jungen antwortete, doch dieser verzog verärgert das Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. Vorsichtig rutschte sie näher an das Gitter und presste ihren Kopf gegen die Stäbe. „Shizukani!“, zischte der Junge und alles Kindliche wich aus seinen runden, weichen Gesichtszügen. „Hayaku hanashite.“ Das dinosaurierartige Digimon zuckte unter den harschen Worten des Jünglings zusammen, dessen haselnussbraune Locken ihm nun wild ins Gesicht fielen und einen düsteren Schatten über die Augen warfen, während sich seine Lippen ungeduldig zusammenpressten. Das rabenschwarze Digimon öffnete sein Maul und eine Reihe von Reißzähnen blitzte auf, während es sprach. „Der Gebieter schickt mich, um sicherzustellen, dass ein Mensch auch seine Anweisungen befolgen kann.“ „Naze?“ Verwunderung war nun ihm Gesicht des Jungen zu erkennen und ein Spur von Angst schien sich in die Augen zu schleichen, aber vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet, denn von einer Minute auf die andere verdunkelten sich Iris wieder und ließ das Gesicht des Jungen unfassbar kalt aussehen. „Nun, der Meister bezweifelt, dass ein Mensch fähig ist, diese Aufgabe zu übernehmen, deshalb schickt er mich, damit alles zu seiner vollsten Zufriedenheit geschieht.“ Der Junge machte Anstalten zu widersprechen, doch das Digimon kam ihm zuvor. „Wie ist dein Name?“ Sie konnte das Gesicht des Jungen nicht erkennen, da dieser sich verwirrt zur Seite gedreht hatte, doch es war niemand da, um ihm zu helfen, so dass er schließlich zögernd mit einer Antwort herausrückte. „Yoshizawa Takashi“, murmelte er missmutig und drehte sich wieder zu seinem Gesprächspartner, so dass auch sie wieder sein Gesicht sehen konnte. „Yoshizawa Takashi, zweifelst du etwa an den Worten des Gebieters?“ Sie konnte sehen, wie der Junge das Zittern unterdrücken musste, während er beschwichtigend die Hand hob. „Zettaini ariemasen.“ „Gut, dann lass uns sofort aufbrechen, in wenigen Minuten kann die Zeremonie beginnen.“ Das Digimon hielt inne. „Zuvor müssen wir uns aber noch deiner Beobachtung zuwenden, mein Lieber Yoshiwaza Takashi.“ „Nani?“ Die beiden wanderten nun an der Profilseite des Transporters entlang. Rasch wandte sie den beiden den Rücken zu und duckte sich in der Nichtigkeit. „Der Meister will sichergehen, dass sich keiner von ihnen unbehelligt unter den Probanden befindet. Wir müssen sie auf Vices überprüfen und sie dem Meister direkt ausliefern. Und da du selbst behauptest, einen von ihnen gefangen zu haben…“ Das Digimon ließ die Worte in der Luft hängen. „Erabareshi Kodomotachi“, flüsterte der Junge namens Takashi zaghaft, als habe es für einen Moment Barmherzigkeit in ihm wachgerufen und ihn eine Portion Unwillen eingefügt, doch sein pechschwarzer Gegenüber unterzog ihn eines prüfenden Blickes und all das, was sie zuvor noch glaubte zu sehen, verschwand wieder hinter den kalten, dunklen Augen Takashis. „Ja, der Meister verlangt, dass deine Beute unverzüglich samt Vice zu ihm gebracht wird.“ Und mit diesen Worten wandte sich das dunkle Dinosaurier-Digimon an die Gazimon, die sich wieder an der Front des Transporters positioniert hatten und streckte die Hand nach den Schlüsseln aus, die sie hier festhielten. Ihr war, als zöge sich ihr Herz zusammen und schnürte ihr gleichzeitig die Luft zum Atmen ab. Panisch fasste sie an ihre Gürtelschnalle, während sie das Schlüsselgeklimper vernehmen konnte und sich Schritte dem Käfig näherten. Sogleich sich ihre Hand um das Digivice schloss, pulsierte es vertraut, als besäße es einen eigenen Herzschlag und unermessliche Kraft, die sie selbst kaum verstand oder kontrollieren konnte. Die Schlüssel fassten ins Schloss und unter Knacken und Knirschen drehten sie sich. Sie warf einen Blick über die Schulter, weder von den Gazimon, noch von Takashi oder dem schwarzen Digimon war etwas zu sehen. Sie mussten sich allesamt an der Tür zu ihrem Gefängnis befinden. Hastig riss sie das Vice von der Gürtelschnalle und warf einen Blick durch den Käfig. Doch niemand schien sie sonderlich zu beachten, die meisten waren noch damit beschäftigt, die letzten Tropfen aus den Eimern zu erhaschen, nur einige Wenige hatten die Bewegungen an der Tür bemerkt und richteten ihre volle Aufmerksamkeit auf das eiserne Schloss. Ihr blieb keine Wahl - als die Holztür mit einem Knarren aufgestoßen wurde, verabschiedete sie sich von der Hoffnung, und ihre Hände glitten zwischen den kalten Eisenstangen hindurch, noch ein letzter Pulsschlag, dann ließ sie los. Author’s Note: Nun melde ich mich endlich zwischen all dem Weihnachtstrubel zurück. Wieder befinden wir uns im Käfig, ihr werdet euch wohl mittlerweile denken können, wer „sie“ ist, dennoch werde ich noch mit ihrem Namen warten, bis sie ihn endlich selbst ausspricht.^^ Und wie versprochen wenden wir uns nun endgültig von allen FoD-Kenntnissen ab und ihr und ich betreten Neuland. Da der Junge Japaner ist und sie offensichtlich nicht, haben wir hier natürlich wieder die Sprachbarriere, aber da Digimon sich in der Universalsprache artikulieren, bekommen wir doch einige Einblicke in das Gespräch. Aber es ist auch eigentlich nur Erabareshi Kodomotachi wichtig, was so viel bedeutet wie Chosen Children. Und wenn ihr das googelt erfahrt ihr es bestimmt, wenn ihr es nicht auch so schon wisst^^ Nun ja, was soll ich zu diesem Kapitel noch sagen? Wer das Digimon ist, werdet ihr bald erfahren, wer Takashi ist, nun ja, ihr seid ihm sicherlich schon mal begegnet. So viel kann ich wohl sagen… Als dann, lasst euch gut beschenken und so. Bis dahin PenAmour Kapitel 12: So oder so ---------------------- So oder so There are so many little dyings that it doesn't matter which of them is death. (Kenneth Patchen) „Was sind die letzten Worte eines Blinden? ...Na? Eine Idee… irgendeiner? Okay, dann sag ich es euch: Kommt da noch was?!“ Die letzten Worte gingen in wieherndem Gelächter unter, woraufhin er sich nur die schmerzenden Schläfen massierte und die Augen geschlossen hielt. Mittlerweile kannte er die letzten Worte eines Elektrikers, eines Postboten und eines Bergsteigers – und sie waren allesamt nicht lustig! Doch das hielt Steve scheinbar nicht davon ab, einen Kalauer nach dem anderen zum besten zu geben, während er sich neben dem Surferboy Dingo niedergelassen hatte und die Glieder von sich streckte und genüsslich seufzte, als läge er gerade auf der Couch, statt einem Haufen Steine und Geröll. Dingo schien sich an den furchtbaren Witzen nicht zu stören, hin und wieder setzte sich auch ein müdes Lachen auf sein verstaubtes Gesicht. „Oder, was sind die letzten Worte eines Sportlehrers?“ Wütend schoss er in die Höhe und strich die schwarzen Haarsträhnen, die ihn penetrant an der Nase kitzelten aus dem Gesicht. „Kannst du nicht mal für zwei Minuten die Klappe halten“, fuhr er den Jungen mit der verrutschten Brille auf der Nase an und versuchte beruhigend ein- und auszuatmen. „Oder wenigstens was Sinnvolles zum Gespräch beitragen?!“ Seit einer geschlagenen Stunde hörte er sich nun schon das Gerede dieses Typen an und es war nicht ein brauchbares Wort gefallen, während sie alle grübelten und sich Gedankenbälle zuwarfen, in diesem dreckigen Vorschlag, der mal eine Bushaltestelle dargestellt hatte und sie jetzt vor neugierigen oder gar feindseligen Blicken schützte. Michael hatte sie schnellstmöglich in dieses Verstecke bugsiert, nachdem die Japaner ihnen ohne ein weiteres Wort den Rücken zugekehrt hatten und gegangen waren. Er hatte beobachten können, wie Michaels Zornesröte langsam gewichen war und einer leichenblassen Angst Platz machte. Doch dann wandelte sich diese Angst in grimmige Entschlossenheit, als habe Michael Taichi hinterher rufen wollen, Jetzt erst recht, wir sterben so oder so, aber wir werden ja sehen, wer länger überlebt... Und dann waren auch sie gelaufen und letztendlich hier gelandet. Und während er sich den Kopf zermarterte, wie sie hier möglichst lebend heraus kamen, wirkte Steve unbekümmert wie eh und je. Er schien sich einfach nicht daran zu stören, weder an der Tatsache, dass um sie herum das totale Chaos herrschte, noch dass sie in einer fremden Stadt festsaßen, und schon gar nicht an seinen doch etwas barschen Worten, als er ein schiefes Grinsen aufsetzte und erwiderte: „Nur die Ruhe, Louie, ich versuche doch nur euch bei Laune zu halten. Etwas…“ Steves musterte ihn mit einem spitzbübischen Lächeln, „…dass man von dir ja nun nicht gerade behaupten kann, mein Lieber.“ Und mit diesen Worten legte der Sprücheklopfer seinen Arm auf seine Schultern. „Nimm den Stock raus und entspann dich mal, mein Freund.“ Wütend stieß er seinen Arm beiseite. „Ich bin nicht dein Freund“, presste er zwischen den zusammengebissenen Lippen hervor und ließ sich nur genervt zurück auf den Boden fallen. Aus den Augen sah er, wie Michael den Kopf schüttelte, als Steve den Mund erneut öffnen wollte, und statt seiner nun das Wort ergriff. „Es nützt uns nichts, wenn wir uns gegenseitig auch noch an die Kehle gehen. Lasst uns lieber alle denkbaren Fluchtmöglichkeiten durchgehen“, meinte er schlicht und setzte sich zu ihm und Otamamon, welches beruhigend seine kleine meerblaue Flosse auf seinen Arm gelegt hatte und ihn aufmunternd anlächelte. Er seufzte leise, brachte dann aber auch ein Lächeln über die Lippen und strich seinem Partner kurz über das Köpfchen, bevor er sich Michael zuwandte, der sie alle aufforderungsvoll betrachtete. „Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass wir es zum Flughafen schaffen, geschweige denn, dass hier in den nächsten Tagen auch nur ein Flugzeug startet“, gab nun der Junge mit der roten Kappe, der sich Sam nannte, zu bedenken und umschlang den Rucksack, den er auf seine Beine gelegt hatte, mit den Armen. „Vielleicht können wir Zuhause anrufen, dann können unsere Eltern uns hier abzuholen. Oder das Militär einschalten, die dann mit ihren Hubschraubern herkommen und uns einsammeln“, schlug nun Dingo vor, der mittlerweile, da Steve keine Witze mehr erzählte, aufgestanden war, auf den Ausgang ihres Versteckes zugetreten war und neugierig auf die wüsten Straßenkrater blickte. „Irgendwer wird uns retten kommen“, hörte er den Lockenschopf flüstern, der gerade von seinem Partner Ganimon ermahnt wurde, sich wieder ins Versteck zu begeben. „Alle Netze sind zusammengebrochen, Dingo, und selbst wenn wir irgendwie Kontakt aufnehmen könnten… das Militär wird sich wohl kaum für eine Horde Kinder interessieren“, meinte er und führte den Gedanken nur lautlos weiter: Falls sich in ihrer Heimat nicht schon bereits ähnliche Szenen zutrugen. Sicherlich würden ihn seine Eltern vermissen, doch wo sollten sie suchen? Er hatte ja auch nicht ahnen können, dass dies zu einer tagelangen Aktion werden würde. Seine Eltern kämen nicht einmal auf die Idee, dass er auf einem anderen Kontinent festsaß... „Digimundo!“ Chichos hatte sich nun ebenfalls aufgerichtet. Das Mädchen hatte bis dato zwischen den Digimon gesessen, die Michael dazu angeraten hatte, die Kleine zu wärmen. „Digimundo.“ Unverwandt sah sie Michael in die Augen, der langsam nickte. „Chichos hat Recht. Es wird uns wohl kaum eine andere Wahl bleiben, als durch die Digiwelt zu reisen…“ „Michael, wir begeben uns damit direkt in das Auge des Sturms! Die Digiwelt ist in diesem Moment wahrscheinlicher noch gefährlicher als Tokio. Dort warten so viele unvorhersehbare Dinge auf uns…“, unterbrach er den blonden Lockenkopf. „Denkst du, ich weiß das nicht, Lou? Aber was haben wir für eine Wahl?“ Michael musterte ihn mit durchdringendem Blick, mit dem er ihm zu sagen schien: Wir wissen beide, dass die Möglichkeit besteht, zu sterben, wir wissen es, und doch ist es der einzige Weg. Wir sterben so oder so… Und deshalb beließ er es bei einem kaum merklichen Nicken. Es war nicht nötig auch noch den anderen ihre Ängste aufzulasten. Sie trugen wahrlich schon genug… „Das ist ja alles schön und gut, aber wie sollen wir in die Digiwelt kommen?“ Ertönte nun Sams Stimme, der sie mit gerunzelter Stirn beobachtet hatte. Doch bevor sie ihm darauf eine Antwort geben konnten – nicht dass er über eine adäquate Lösung verfügt hätte – brach ein lautes, brechendes Grollen über sie herein und feiner Steinstaub rieselte auf sie herab. Es war als würden tausende Pranken über den Boden preschen und die Umgebung zum Beben und die Trümmer zum Tanzen bringen, die um sie herum verstreut lagen. „Raus, raus, raus!“ Drängte Michael mit Panik in der Stimme, als die schmalen Eisenträger der Haltestelle ächzten und bedrohlich wankten. Dingo war sofort aufgesprungen und zusammen mit Ganimon und Gottsumon aus dem Versteck gestürmte, um der Ursache auf den Grund zu gehen, während sich Chichos an Michaels Ärmel festhielt und er sie langsam Richtung Ausgang schob. Er selbst nahm Otamamon auf den Arm. Das quappenartige Digimon hatte schon genug damit zu kämpfen gehabt, über die Trümmer zu klettern, auch wenn es keinen Ton der Beschwerde an ihn gerichtet hatte. Während sein Partner ihn müde aber dankend anlächelte, veranlasste Michael Betamon zur Digitation, derweil sich eine riesige Staubwolke nur einige Blocks entfernt mit einem unfassbaren Tempo auf sie zu bewegte und alles niederwalzte was sich ihr in den Weg stellte. Betamon digivolves to Seadramon „Steigt auf!“, befahl Michael und wies auf den Rücken seines schlangenartigen Partners. Doch als er auf das Digimon zutrat und Chichos beim Aufsteigen helfen wollte, blitzten im Wind wehende weiße Gewänder auf, die sich wie lange, schützende Schwingen an den Körper schmiegten und dem ganzen etwas Erhabenes schenkten. Er kniff die Augen zusammen und fokussierte die Gestalt, die am Ende der Straße stand und ihre Hand ausgestreckt hatte. Der weiße Stoff wirbelte um den Körper der Gestalt, so dass er nicht ausmachen konnte, wer genau dort stand und welche Absichten sich dahinter verbargen, inmitten dem Gerümpel und den Resten der ansonsten fast unkenntlichen Straße. Das Gewand stach in der Dunkelheit zwischen all dem grauen Geröll so banal hervor, dass er sich wunderte, warum niemand sonst es vorher bemerkt hatte, obwohl es zwischen der Zerstörung aufblitzte, wie ein Licht, ein Hoffnungsschimmer, wie etwas Wegweisendes, Göttliches. In diesem Moment existierte nichts anderes mehr, die Gefahr war wie weggeblasen, während er auf das Wesen zu rannte, was ihm keinerlei Anstrengung abverlangte, keinerlei hastiges Atmen, nach Luft schnappen, es war als sollte es so sein. Vielleicht war es ein Zeichen – nicht, dass er besonders religiös gewesen wäre, aber… „LOU!“, riss ihn Michaels drängende Stimme aus den Gedanken und deutete an, endlich auf Seadramons Rücken zu klettern. Doch etwas in ihm wehrte sich dagegen, eine innere Stimme, getrieben von Neugierde, pochte darauf, das Geheimnis, welches sich hinter den weißen Stoffbahnen verbarg, zu ergründen. Und ehe er mit sich selbst die Vor- und Nachteile hatte ausdiskutieren können, trugen ihn seine Füße weiter über das Kraterfeld, der Geruch von beißender Betonmasse drang in seine Nase, während er die mit Rauchfäden übersäte Straße überquerte. Aus dem Off nahm er das Dröhnen des herannahenden Schreckens wahr, doch der drohende Tod, dem er sich hier unweigerlich aussetzte, schien ihn kaum zu bekümmern. Etwas Drängendes lag in dem Winken der Gestalt, die von einem matten Schimmern umhüllt war, als habe sie die ganze Zeit auf ihn gewartet, um ihn zu retten… Doch bevor er das Gesicht des Fremden erkennen konnte, packte ihn jemand am Kragen und mit einem schmerzhaften Ruck kam er zum Stehen. „Bist du völlig wahnsinnig“, zischte Michael, während Seadramon die anderen auf dem Rücken trug. Vielleicht war er das, denn als er sich umdrehte, war von den weißen Gewändern, die im Sturm getanzt hatten, nichts mehr zu sehen, wohingegen, die Staubwolke, aus der rote Augen hervorblitzten, und die alles niedermetzelte, um auch das letzte bisschen Leben aus der Stadt zu vertreiben. Hatte er sich das alles nur eingebildet? „Mist“, fluchte Michael und gab Seadramon einen lautlosen Befehl, den nur ein Partner verstehen konnte, woraufhin das Digimon zurück digitierte und Michael auf den schon recht brachliegenden Eingang deutete, der zu einem der Gebäude gehörten, die den Kampf bis jetzt überlebt hatten und nicht in sich zusammen gefallen waren, wie ein Kartenhaus. „Los, rein da.“ Wir sterben so oder so, hallten die Gedanken in seinem Kopf nach, während er sich am Eingangsschild „Hikarigaoka Grundschule“ vorbeischlängelte und die Eingangstür aufstieß, die unter Knarren und Ächzen den Weg frei gab – ein Wunder, dass dieses Gebäude überhaupt noch stand, aber vielleicht waren deshalb MaloMyotismons Gefolgsleute hier, um auch dem letzten Widerstand Paroli zu bieten. Während sein Herz bis zum Hals pochte und er den langen Gang entlang lief, schoss ihm zum ersten Mal der Gedanke in den Kopf, dass es vielleicht nie um eine Rettung ging, die Gestalt, wer auch immer sich dahinter verbarg, sollte sie vielleicht nur auf die andere Seite begleiten. Ihnen beistehen. Wir sterben so oder so... Links und rechts reihte sich Tür um Tür aneinander, Schutt rieselte von der Decke, während er das dumpfe Stampfen der Feinde vernehmen konnte. Er hörte das Keuchen und die schweren Schritte der anderen, die ihm auf Michaels Anweisung hin gefolgt waren, schließlich blieb ihnen kaum eine Wahl… Er hatte sie hierher geführt, hätte er doch bloß nicht auf diese seltsame Erscheinung vertraut, dann wären sie jetzt vielleicht schon in Sicherheit… Wir sterben so oder so... Und noch bevor er sich weiter in seine Schulgefühle hinein steigern konnte, war wie durch unsichtbare Hand eine der Türen unter Quietschen und in Begleitung von bebenden Wänden und der langsam herabrieselnden Decke aufgesprungen und brachte ihn so unfreiwillig zum Stehen. Mit klopfenden Herzen lugte er durch die Türöffnung in den dahinter liegenden Raum. Hinter ihm ertönte ein anerkennendes Pfeifen und Steve drängte sich an ihm vorbei in das spärlich beleuchtete Zimmer, dessen Fenster mit Staub und Ruß verklebt waren und nichts hindurch ließen. „Vielleicht hat uns Lou mit seinem plötzlichen Ausbruch von Wahnsinn das Leben gerettet“, meinte Steve mit einem so frechen Grinsen, dass er sich schon fast dazu gezwungen sah, darauf eine passende Antwort zu finden, wenn er nicht doch insgeheim wusste, dass Steve wahrscheinlich gar nicht so falsch lag – eine Erkenntnis, die er dem Großkotz sicher nicht auf die Nase binden würde. Stattdessen trat er nun auch in den Raum ein, in dem sich Tisch an Tisch reihte, allesamt bestückt mit Bildschirmen auf denen sich bereits unzählige Staubkörner niedergelassen hatten. Die Wände waren mit unzähligen Rissen durchzogen und fraßen sich langsam durch den Stein. Der Boden war mit zurückgelassenen Rucksäcken übersäht aus denen Hefte und Schulbücher lugten. Es zeugte von einem raschen, panischen Aufbruch der Grundschüler der Hikarigaoko Schule. „Funktionieren sie noch?“ In Windeseile hatte Michael die Situation erkannt und sich an Steve gewandt, der bereits an einem der Rechner saß. „Es scheint, als wird das Gebäude durch eine eigene Notversorgung auch weiterhin mit Strom bedient. Deshalb sollte es mir möglich sein…“ Steve hielt inne und tippte hochkonzentriert auf der Tastatur herum „… einen Zugang zu finden… Abrakadabra… Tor öffne dich…“ Sogleich war Michael an ihm vorbei gehechtet und starrte auf den Bildschirm. „Hab ich dir schon mal gesagt, dass ich dich liebe?“, brachte er begeistert hervor und klopfte Steve auf die Schulter. „Heute noch nicht, Schatzi“, antwortete dieser, konnte seinen Stolz aber dennoch nicht verbergen. Plötzlich drangen Schreie durch die mit Computer-Surren bestückte Stille. Die Hilferufe und die Angst, die darin lag, ließen sein Blut in den Adern gefrieren. Die Truppen hatten also doch noch Überlebende gefunden… Wie lange sie noch zu den Lebenden zählen würden, war eine Frage, die er nicht beantworten wollte. Stattdessen griff er nach seinem Digivice. Sie hatten keine Zeit mehr, wo sie bereits so nah waren. „Jetzt oder nie“, murmelte Michael, der nun ebenfalls das kleine achteckige Gerät hervorgezogen hatte und es in die Richtung des Bildschirmes streckte. Während draußen das Flehen, das Beten, das Weinen, das Schreien der Menschen zu einer grausamen Melodie des Leids heranschwellte, erstrahlte in dem kleinen Raum der Hikarigaoko Grundschule ein Monitor in einem gleißenden Licht, welches die sechs Kinder samt der Digimon in sich aufzusaugen schien. „Was soll schon passieren“, versuchte er sich mit einem Lächeln Mut zuzusprechen, während er die Augen schloss und vom Licht umarmt wurde. Wir sterben so oder so… Author’s Note: Ja, ich weiß, es hat unfassbar lang gedauert, aber das Leben hatte es nicht so gut zu mir gemeint und die Zeit für’s Schreiben dadurch extrem eingeschränkt. Nun zum Kapitel, Zum einen brauchte ich eine Basis auf der Lous und Steves fortwährende Streitereien aufbauen können^^ zum anderen sollte auch etwas von Lou herausgearbeitet werden: Nämlich, dass er sehr wohl in der Lage ist, Situationen intuitiv zu deuten, andere (außer Steve) zu verstehen und zu akzeptieren. Weiterhin musste ja mal eine Gruppendynamik entstehen und Michael als Anführer hervortreten. Bis dahin PenAmour Kapitel 13: INTERLUDE - Ein Gefühl von Vermissen ------------------------------------------------ INTERLUDE – Ein Gefühl von Vermissen O poor mortals, how ye make this earth bitter for each other. (Thomas Carlyle) „Wie oft muss ich das noch sagen, wir müssen zurück in diese Wüste. Da haben wir Terriermon verloren, da werden wir zumindest eine Spur finden können.“ Wütend drehte der Menschenjunge seine Kreise und hatte dadurch bereits einen Pfad im saftigen grünen Gras platt getreten. Ihm konnte es egal sein, in all den Äonen hatte Leomon sich nie sonderlich an Gefühlen gestört. Es war eine menschliche Ausprägung, die Leomon mit der Zeit zu akzeptieren gelernt hatte. Doch anders als alle anderen Menschen mit denen Leomon in all seinen Leben zu tun hatte, war dieser, der sich Wallace nannte, so ernst. Die Augen des Menschenjungen, die blau pigmentiert waren, wiesen Spuren von Besorgnis auf, sofern Leomon die menschlichen Regungen und Gesichtszüge richtig zu deuten vermochte. Er spürte Elecmons Unruhe zu seiner Rechten, mit welcher das Säugetierdigimon den Bewegungen des Menschen folgte. Es mutmaßte, dass Elecmon wohl ähnliche Gefühle, wie der Menschenjunge aufwies. Natürlich nicht für Terriermon, denn Elecmon kannte Terriermon mit höchster Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht, zumindest nicht das Terriermon, welches auch Wallace Partner war. Aber Elecmon musste wohl die gleichen Gefühle für Maria hegen, wie Wallace für seinen Partner, so glaubte Leomon, welches sich selbst auf einen Baumstamm gesetzt hatte und seine drei vorübergehenden Gefährten beobachtete. Er kannte diese Menschenkinder, die sich Digiritter nannten, er hatte schon mit manchem Bekanntschaft geschlossen, in einem anderen Leben, aber nie war ihm jemand untergekommen, der gleich zwei Partner besaß. Deshalb fand Leomon Wallace auch interessant und ließ ihn ein wenig herum brüllen. Doch lange konnte er diese Ausbrüche nicht mehr dulden. Die Nacht brach über Misty Tree herein und mit ihr erwachten auch einige Kreaturen, die MaloMyotismon schon vor seiner Machtergreifung wohlgesinnt waren, und so wenig Leomon auch von den Menschen verstand, so wusste es doch, dass ein Digiritter auf der Suche nach seinem Partner nicht nur für ihn von Interesse sein könnte… „Terriermon ist ein Gefangener des Feindes, Wallace. Daher macht es keinen Sinn, zurück zum Ort des Geschehens zu gehen.“ Wallace hielt inne und rümpfte die Nase, während Lopmon sich auf seine Schultern setzte und ihm langsam über den Kopf strich – was es damit bezweckte, verstand Leomon nicht, aber Wallace sprach nun mit leiser Stimme: „Leomon, du musst verstehen, dass Terriermon mir alles bedeutet. Seit ich denken kann, stand es mit zur Seite und jetzt ist es weg… Und ich kann ihm nicht helfen…“ Der Tonfall änderte sich abermals und Wallace geriet schließlich ins Stocken, stattdessen übernahm Elecmon mit leiser Stimme das Wort: „…Ich kann sie nicht beschützen… Was ist, wenn sie verletzt ist… allein… traurig… was ist, wenn man ihr weh tut?“ Leomons Blick wanderte von Elecmon zu Wallace und wieder zurück und wieder zu Wallace. Für den machten Elecmons Worte mehr Sinn. Auf jeden Fall wich die Anspannung aus seinem Körper, das konnte Leomon daran erkennen, dass seine Muskeln sich entspannten und die Adern an Hals und Stirn nicht mehr so hervortraten. Elecmon und Wallace schauten sich nun stumm an. „Aber das sind doch Dinge, die ihr nicht wisst. Wie könnt ihr euch darüber Gedanken machen, wenn ihr es nicht wisst, nicht seht“, warf es schließlich ein. „Warum interessiert es euch so?“ Beide richteten ihre Augen nun auf Leomon, es konnte die Gesichtszüge nicht deuten, aber Wallace schien die Kontrolle über sein Gesicht verloren zu haben. Er klimperte mit den Augenliedern, der Unterkiefer war nach unten gerutscht und die Stirn lag in Falten. „Es geht doch nicht darum, was man weiß, Leomon. Es geht darum was man fühlt. Ich habe Angst, dass Terriermon etwas passieren könnte.“ Er machte eine Pause und schluckte. „Ich habe Angst, es nie wieder zu sehen…“ „Ich habe Angst, sie nie wieder zu sehen…“, antworteten sowohl Wallace und Elecmon zur gleichen Zeit. Lopmon hatte sich nun zu Leomon auf den Baustamm gesetzt. „Unsere Herzen sind miteinander verbunden, Leomon. Wir sind nicht nur Partner, wir sind nicht nur Krieger die zusammen Kämpfe bestreiten, wir sind eins, und wenn einer von uns fort ist…“ „…ist es, als wäre ein Teil von dir, ein Bein, ein Arm, was du willst, abgetrennt und…“ „…und du bleibst zurück mit der schmerzenden Wunde, die…“ „…die dich immer daran erinnert, was einmal war und…“ „…und dich den anderen vermissen lässt…“ Leomon hatte den dreien schweigend zugehört. Es erinnerte sich an vergangene Tage, aus einem vergangenen Leben, in dem ein kleiner Junge mit einer grünen Mütze weinend auf dem Boden gekauert hatte, er erinnerte sich, daran wie sie sich immer angesehen hatten, und daran, wie in ihm etwas gekribbelt hatte, während er sehen konnte, wie ein Digiei vor dem Jungen aufgetaucht war und ihm Hoffnung gab. „Ich wünschte, ich könnte euch besser verstehen, auch fühlen wie ihr…“, murmelte es langsam und musste lächeln, während es an seine Freunde aus der Vergangenheit dachte. „Aber ich habe keinen solchen Partner, dem ich diese Gefühle entgegen bringen könnte. Ich vermisse niemanden. Aber ich kann euch helfen, eure Partner wieder zu finden. Aber dazu…“, und nun wandte es sich direkt an Wallace, „müssen wir den Gefangenentransportern folgen. Vertraut mir, sie werden uns eher zu MaloMyotismon bringen, als wenn wir in die Wüste zurückkehren, wo alle Spuren mit dem Wind verwischt wurden. Und wenn eure Partner dort sind, dann können wir sie vielleicht befreien. Wenn nicht, dann habt ihr immerhin die Gewissheit, dass sie nicht am schlimmsten Ort auf dieser Welt sind!“ Author’s Note: Ich wollte unbedingt aus Leomons Sicht schreiben, einem Digimon, das keinen Partner hat, das nicht unbedingt menschliche Handlungen nachvollzieht und weil es zu meinen absoluten Favs. Gehört^^ Außerdem dient es als kleine Entschuldigung für meine lange Abwesenheit und es wird demnächst immer mal wieder vorkommen, dass ein Interlude eingeschoben wird, dass aus der Digimonperspektive erzählt. So bis dahin PenAmour Kapitel 14: Das einsamste Mädchen der Welt ------------------------------------------ Das einsamste Mädchen der Welt No one ever told me that grief felt so like fear. (C. S. Lewis) Ihr eigenes Keuchen dröhnte ihr in den Ohren, während sie nach Luft japste. Ihre Kehle schien als hätte man sie mit Stacheldraht zugeschnürt und mit jedem weiteren Atemzug nahm der Schmerz in Hals und Brust zu. Mit unbeirrbarem Blick steuerte das dinosaurierartige Digimon in den Farben der Nacht auf sie zu, im Schlepptau den Jungen, dessen fast rabenschwarze Augen unter den braunen Locken hervorstachen, während er nervös mit der Zunge seine Lippen befeuchtete. Langsam – als geschehe all dies in einem unerklärlichen Zeitlupentempo, hob er den Arm und deutete ohne Umschweife auf sie. Aus den Augen nahm sie wahr, wie Elena panisch aufzuckte und instinktiv von ihrer Seite wich, um unter dem Mantel des sicheren Schattens Schutz zu suchen. Für einen Moment schloss sie die Augen. Einen Augenblick nur für sich sein, ganz bei sich. Wann war sie glücklich gewesen? Warum hatte sie das letzte Mal geweint? Wer hatte sie zum Lachen gebracht, und wer zum Erröten? Noch einmal glücklich sein. Und dann öffnete sie die Augen wieder und der Moment war vorüber. Das Herz pochte, drückte gegen die Brust als wollte es fliehen, vor der Pranke die sich da um ihren Arm schloss und sie mit einem Ruck dem sicheren Boden entriss. „Du.“ Ihr gegenüber schnaufte, während die roten Augen ihren Körper absuchten. Ein Schauer krabbelte durch ihren Körper, nur mit Mühe konnte sie ein angstvolles Zittern unterdrücken und blickte direkt in die blutigen Augen, die sie da abtasteten. Das mit Reißzähnen besetzte Maul öffnete sich erneut. „Dir bleiben zwei Möglichkeiten; Entweder du gibst mir dein Digivice, oder wir werden dich töten“, stellte das Digimon ihr ein Ultimatum. Und obwohl ihr Tod in nicht allzu weiter Ferne auf sie wartete, löste sich der Stacheldraht, das Herz pochte leiser und die Muskeln entspannten sich. Alles schien so klar, es war in Ordnung zu sterben. Denn als sie den Weihnachtsbaum zusammen mit ihrer Nana geschmückt hatte und der funkelnde Goldstern auf der Tannenspitze strahlte, da war sie glücklich gewesen. Und als Fluffy, die kleine Tigerkatze mit den weißen Pfoten plötzlich nicht mehr zurückgekehrt war und die Katzenklappe unbenutzt blieb, hatte sie geweint, sehr sogar. Sie hatte gelacht, bis es weh tat, als sich eine komplette Schneeladung vom Dach gelöst hatte und sich über ihren Vater ergoss, der gerade damit beschäftigt gewesen war, den Hof frei zu schaufeln, sie hatte gelacht, bis sie Bauchschmerzen bekam. Und dann war der Blonde mit den Engelslocken, der neben ihnen wohnte, aus seiner Haustür getreten und hatte sie unvermittelt angesehen und sie hatte gespürt, wir ihr das Blut ins Gesicht schoss und schleunigst auf dem Absatz kehrt gemacht. Und darum war es okay. Das schwarze Digimon verstärkte seinen harten Griff um ihren Arm. „Wir haben dein Digivice gesehen, Kleine… also gib es uns und wir werden dich am leben lassen. Vielleicht wird der Meister dich sogar verschonen und für deine Kooperationsbereitschaft entlohnen…“ Und während es sprach, suchte der Junge bereits ihre Hosentaschen ab, hektisch streiften seine Kinderfinger das rechte Hosenbein, das linke, die Gürtelschnalle, die Jackentaschen. Doch die Hände fanden nichts und die dunklen Augen mischten sich mit Wut und Frustration, während die Kinderhand ausholte und mir einem lauten Klatschen auf ihrem Gesicht landete. „Sore wa doko?“ Der Junge, der ihr gerade mal bis zur Schulter reichte, hatte ihren Kragen zu fassen bekommen. „Sore wa doko? Sore wa doko?”, schrie er und drosch mit der freien Hand auf sie ein. Die Schläge hinterließen brennende Schmerzen auf ihren Wangen, es war ihr unbegreiflich wie dieser Junge so viel Kraft in seinem kleinen Körper beherbergen konnte. „Mir scheint, du hast dich geirrt..“, zischte das schwarze Digimon, welches seine Pranken von ihrem Arm genommen hatte und sich nun stattdessen vor dem Jungen aufbaute, der schlagartig in sich zusammen zu sinken schien und mit großen Augen den Kopf schüttelte. „Fukanou desu“, flüsterte er, während seine Locken um seinen Kopf wirbelten. Die Zahnreihen des Digimons traten erneut zum Vorschein. „Das wird den Meister nicht freuen, nein, nein. Was soll er mit einem Verlierer wie dir? Du hast ja nicht mal einen Partner bekommen. Unwürdiger…“ Die Schultern des Jungen bebten, während das Digimon sprach, ob vor Angst oder Wut, das konnte sie nicht erkennen. Doch mit einem Mal schien der Junge neue Hoffnung gefunden zu haben und mit einem erleichterten Grinsen hob er seinen Kopf und redete eindringlich auf das Digimon ein, das sein Gesicht zu einer nachdenklichen Miene verzog und dann suchend den Raum durchforstete, bis seine Augen an einem Punkt hängen blieben auf den der Junge mit dem Finger zeigte. Sie folgte den Blicken und die Ruhe schwand, die ihr Herz zuvor erfasst hatte, schwand, als sie sah, dass die beiden langsam auf Elena zuschritten, wie sie eben noch sie visiert hatten. Panisch rutschte Elena an die Gitterstäbe und hielt sich mit zitternden Händen an ihnen fest, als könnten diese ihr helfen, ihre Augen waren angstgeweitert. „Ich habe nichts getan“, flehte sie, als das Digimon ihre Taschen aufriss. „Ich habe nichts getan.“ Die angesengten Haarsträhnen fielen ihr ins tränenverschmierte Gesicht, als sie sich aus dem harten Griff winden wollte. „Ich habe nichts getan!“ Doch das Digimon zeigte keinerlei Erbarmen. „Man hat dich dabei gesehen, wie du dem Mädchen in die Tasche gegriffen hast. Was hast du dort gefunden“, verhörte es Elena, die kraftlos zusammensackte. Dieses Mal holte das Digimon zum Schlag aus und die krallenbesetzte Pranke hinterließ blutende Wunden, die Elena quer über das Gesicht verliefen. Erschrocken waren nun auch die anderen Gefangenen aufgescheucht worden und hatten sich, so weit wie es ihnen durch die Ketten möglich war, von Elena entfernt. Ihr Instinkt verbot ihnen, sich einzumischen, ihre Angst lähmte jede Menschlichkeit. Sie selbst verharrte in einer Art Schockzustand, unfähig sich zu bewegen oder etwas zu sagen. Irgendetwas in ihr hielt sie an erst abzuwarten. Und für dieses Kalkül hasste sie sich selbst. „Was hast du dort gefunden?“, wiederholte das Schwarze erneut und schüttelte die weinende Elena zum Nachdruck, so dass ihr Kopf gegen die Gitterstäbe prallte. „I…ich…w…w…weih...eiß ni...hicht…“, schluchzte sie, „I...ich ha…habe es d…d…doch nur ansehen wollen.“ „Und wo hast du es dann hingelegt?“ Elena schüttelte den Kopf, woraufhin das Digimon sie abermals schlug. Ein Schreckensschrei entfuhr ihren Lippen, als sie sah, wie Elenas Kopf zur Seite kippte. Sie machte einen Schritt auf das Mädchen zu, das sich langsam aufrichtete. „Ich hab’s zurück gelegt…“ Elenas wässrige Augen suchten sie, „Ich habe es ihr zurückgegeben. Es ist ihr Gerät.“ „Uso tsukanaide!“, zischte der Junge. „ Lügen hilft dir nicht weiter…“, säuselte das Digimon. „Wir haben es bei ihr nicht finden können, also kannst nur du es noch haben.“ Elena schüttelte vehement den Kopf. „Nein, nein, nein. Sie hat es. Ich habe es ihr zurückgegeben. Es ist ihres, sie ist es. Sie, sie, SIE!“ Röchelnd sackte Elena zusammen, währen ihr blutverschmierter Zeigefinger auf sie gerichtet war. Ihre Ketten drückten gegen ihre Haut, während sie versuchte, beruhigend die Hand nach dem weinenden Mädchen auszustrecken. Abwehrend hob Elena die Arme und ihre Augen blitzen sie feindselig an. „Komm mir nicht zu nahe“, flüsterte sie mit blutüberströmten Lippen. „Ich will nichts von dir wissen.“ Blut tropfte vom Kinn auf den Holzboden. „Nehmt sie mit!“ Ertönte die Stimme des schwarzen Dinosauriers, welcher mit zwei Gazimon sprach. „Sie soll euch das Versteck verraten und anschließend bringt uns das Vice, sonst nützt sie uns nichts…“ Die graufelligen Digimon marschierten auf sie zu… An ihr vorbei… Ihre Krallen schlugen sich Elenas Haut. Ihre Schmerzensschreie hallten durch den Raum. „Nein!“, brüllte sie. „Sie ist es. Ich habe es zurückgegeben…“ Elenas Ketten wurden gelöst. „Nein“, flüsterte sie, ahnend, was ihr Schweigen angerichtet hatte. „Nein, bitte… sie hat es bestimmt nicht.“ Sie wandte sich an das schwarze Digimon. „Sie hat doch nichts damit zu tun…“ „Warte nur ab Digiritter. Schmerzen sprechen ihre eigene Sprache…“ Es lachte hämisch. „Und schon bald werden wir dein Digivice haben und es mit dir zusammen unserem Meister überreichen…“ Und mit diesen Worten verließen der Junge mit den schwarzen Augen und das schwarze Digimon – beide mit bleiernen schwarzen Seelen – den Käfig gefolgt von den Gazimon, die Elena hinter sich herzerrten. Sie stemmte sich auf – trotz der Schmerzen – und versuchte das Mädchen zu fassen zu kriegen, das wie am Spieß schrie, als es von seinen Peinigern zur Tür bugsiert wurde. „Lasst sie los“, fluchte sie, während ihre Füße über den Holzboden preschten. „Haltet sie auf!“, rief sie den anderen Insassen zu, doch niemand rührte sich, alle verharrten in ihrer ehrfürchtigen, ängstigen Pose und beobachteten das Geschehen mit großen Augen und schweigenden Mündern. Ein Ruck ging durch ihren Körper, die Tür fiel ins Schloss und die Ketten, die ihr die Freiheit nahmen, schleuderten sie zurück auf den Boden der Tatsachen. Ein salziger Geschmack breitete sich in ihrem Gaumen aus und sie spürte, wie die Tränen über ihre Wangen rollten und ein brennendes Ziehen auf den klaffenden Wunden zurück ließen. Um sie herum schienen sich die ersten wieder zu bewegen, langsam und bedacht darauf ihr nicht zu nahe zu kommen. Und mit einem Schwung setzte sich der Wagen wieder in Bewegung, ohne Elena. Die Landschaft flog an ihr vorbei, während ihr Herz wimmernd vor sich hin schlug und die Schuldgefühle durch die Adern pumpte, so dass jede Faser ihres Körpers schmerzte. Wann hatte sie sich das letzte Mal selbst gehasst, so sehr geschämt, dass sie nicht wagte in den Spiegel zu schauen? Die Antwort darauf hatte sie heute gefunden… Author’s Note: Ich bin wieder da – ja es ist schrecklich lang her, aber es ist auch so schrecklich viel passiert. Und natürlich melde ich mich mit so einem Kapitel zurück, manchmal glaube ich meine kranke Seele ist noch viel bekloppter als ich es erahnen könnte ;D Nun denn, das ist also das nächste traurig-schaurige Kapitel… Im Übrigen habe ich während des Schreibens „Loneliest girl in the World“ von den Cary Brothers gehört, vielleicht erklärt das das eine oder andere… Es bezieht sich auf beide Mädchen, auf Elena und „Sie“, ich werde wohl bald mal ihren Namen erwähnen müssen, nicht wahr.^^ Aber für den Moment reicht es einfach. Diese Kapitel erzählt nicht von Egoismus, auch wenn es an mancher Stelle so scheint, sondern von sehr viel Angst und Instinkt und Verrat, als Resultat von Angst. Deshalb versucht Elena alles, um die Schuld auf „Sie“ zu schieben, und vielleicht reagiert „Sie“ auch deshalb so spät, weil sie Angst hat, vielleicht, vielleicht auch nicht… Nur Schwarz oder Weiß bekommt ihr bei mir ja eh nicht, wie ihr wohl wisst. Und wer ist eigentlich dieser Junge… mmhhh, er ist Teil eines Quartetts, dass ich einbauen werde, aber mehr dazu später. Jetzt möchte ich mich erst mal wieder etwas schöneren Dingen widmen. Vielleicht ein kleiner Witz? Mal sehen, was Steve dazu sagt ;) Bis dahin PenAmour Kapitel 15: Indianerehrenwort ----------------------------- Indianerehrenwort "The woods are lovely, dark and deep. But I have promises to keep, and miles to go before I sleep." (Robert Frost) „Wuaaahhhhh!“ Das Schreien war befreiend und so schoss er noch ein paar Salven in den Strudel aus bunten Farben, die um ihn herum wirbelten wie kleine Staubpartikel, während er einen Blick zurück warf. Doch die Farben bedeckten die Umgebung zunehmend und so verschwand Stuhlreihe um Stuhlreihe, und nur noch das Bersten von Holz und das laute Krachen der Eindringlinge erinnerte an die vorhergegangenen Erlebnisse. Das Klirren und Scheppern verebbte und die Farbpunkte wurden durch den wirbelnden Strudel hin und her gezerrt. Bis sie anscheinend ihren Platz gefunden hatten und matte Umrisse von Bäumen und Steinen erkennbar wurden. Erleichterung machte sich in seinen Gliedern breit. Auf derlei Katastrophen war er nicht vorbereitet gewesen, und die Vorstellung jetzt in dieser ramponierten Schule dem Feind gegenüber zustehen – oder schlimmer überhaupt nicht mehr zu stehen – war nicht besonders angenehm. Von Nahtoderfahrungen war nie die Rede gewesen! Als er zum ersten Mal auf die Digimon gestoßen war, hatten derlei Debatten nicht auf der Tagesordnung gestanden… Das Flimmern hörte auf und als seine Augen wieder klar sehen konnten, erstreckte sich vor ihm das Bild einer Waldlichtung, auf der die Grashalme im Wind tänzelten. „Wir haben es geschafft“, presste Dingo erleichtert hervor und stützte sich auf den Knien ab, als fiele gerade eine enorme Last von seinen Schultern. Nun, der drohende Tod war sicherlich ein schweres Päckchen zu tragen, deshalb verstand er gut, dass der Australier etwas außer Atem war – zumal es auch einfach schön war noch über Atem und Pulsschlag zu verfügen. Noch bevor er etwas sagen konnte, hatten sich Michaels Finger in Lous Kragen gekrallt. Die sonst so Schwiegermuttererweichenden, himmelblauen Unschuldsaugen funkelten wütend, als zöge ein Sturm auf und ein Schatten legte sich wie eine Gewitterwolke auf das porzellanfarbene Gesicht, welches nun wahrlich nicht mehr engelgleich wirkte. „Wenn du noch einmal so einen Alleingang startest, werde ich dir nicht helfen“, zischte er wütend. Lou, selbst recht blass um die Nase, nickte nur stumm und schien unter Michaels neu gewonnener Autorität zu schrumpfen. „Mickey, das muss ich mir merken.“ Mit einer schwungvollen Handbewegung hatte er sich bei dem blonden Lockenkopf untergehakt und grinste ihn und schließlich Lou viel sagend an, bevor er zur Pointe gelangte. „Mit deiner herrischen Art und dem eisernen Durchgreifen eines wahren Anführers hast du es sogar geschafft denn Herrn der ewigen Belehrungen und Humorlosigkeit in die Knie zu zwingen. Aber viel wichtiger, Lou scheint seinen Fehler auch noch einzusehen.“ Michael runzelte die Stirn und wollte bereits etwas erwidern, doch er hob die Hand und wandte sich nun direkt an Lou, der mit verschränkten Armen und zerknirschter Miene vor ihm stand. „Und Recht hat er!“, begann er erneut, „Das war wirklich, wirklich, wirklich verantwortungslos von dir, Lou. Ich bin zwar der letzte, der sich beschweren möchte, wenn du mal auf Vernunft und Verantwortung pfeifst, aber hätte ich gewusst, dass du so risikofreudig bist, hätte ich dich lieber an die Leine genommen…“ Rasch ging er in Deckung, während Lou sich nun wütend aufgerichtet hatte und auf ihn lossprinten wollte, doch Sam fuhr geistesgegenwärtig dazwischen und Dingo packte den Wüterich an den Armen. „Dieser Typ ist das letzte“, knurrte Lou, ließ sich aber letztendlich nach einigen tiefen Atemzügen auf den Boden sinken. „Das aller letzte“, murmelte er abermals und schloss die Augen, dabei verzog er das Gesicht, als habe er unfassbare Schmerzen. Er gluckste leise. So war es schon immer mit Lou gewesen. Er erweckte zwar den Anschein, als sei er ein friedliebender, verantwortungsbewusster Langweiler, und oft schon musste er seine Moralpredigten ertragen, aber so ganz konnte die Vernunft das hitzige Temperament des Jungen mit den Mokkaaugen dann doch nicht verbergen. Er bemerkte, wie Michael langsam den Kopf schüttelte und dieses lautlose Verbot zur Kenntnis nehmend, verzichtete er auf ein weiteres Späßchen. Michael hatte nun die Zügel in der Hand, damit konnte er leben, vorerst würde er sich dem anderen unterordnen. „Und nun?“, mischte sich Dingo in die lautlose Unterhaltung ein, seine Stirn in nachdenklichen Falten gelegt, während er die Umgebung nervös absuchte. Doch außer einigen Wildblumen, die von den sanften Böen zum Tanzen aufgefordert wurden und dem Rauschen der Blätter im Wind war nichts zu sehen oder hören. Vor ihnen erstreckte sich eine grüne Graslandschaft umringt von einem Wald, über dessen Kronen eine Bergkette hinwegragte, die sich in den Himmel streckte, als wollte sie die Wolken berühren. Seufzend setzte er einige Schritte zurück. „Warum müsst ihr denn immer wissen, wie es weiter geht, Leute.“ Bis sein Rücken das raue Holz eines Baumes berührte und er im sicheren Schatten angelangt war. „Ich für meinen Teil bin einfach nur heilfroh, dass Lou uns nicht alle umgebracht hatte und würde jetzt gerne meine verbleibenden Tage genießen.“ Und mit diesen Worten ließ er sich ins knöchelhohe Gras fallen, zupfte sich ein paar Halme von der Hose und verschränkte die Arme unter dem Kopf, bevor er die Augen schloss. „Wir sind uns doch sicherlich alle einig, dass wir in der nächsten halben Stunde nicht sterben werden, also plädiere ich dafür, ein wenig zu schlafen, damit wir“, zur Bekräftigung öffnete er sein linkes Auge noch einmal, „wenn wir dann sterben, wenigstens ausgeruht sind!“ Und mit einem genüsslichen Gähnen schloss er das Auge wieder. Das letzte, was er noch wahrnahm war, wie sich Penmon an seine Seite schmiegte und „Schlaf gut, Steve“, gähnte, und wie jemand sich neben ihm ins Gras plumpsen ließ, bevor ihn eine Geräusche verschlingende Schläfrigkeit erfasste. Er war sich auch ziemlich sicher, dass Michael protestierte, aber bevor er darauf hätte eingehen können, war er schon in einen komatösen Schlaf gefallen und schrak erst hoch als ihn jemand mit voller Wucht ins Gesicht schlug. „Was zur…“ Wütend richtete er sich auf und rieb sich über die schmerzende Wange. Dingo hatte sich über ihn gebeugt und zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Du warst einfach nicht wach zu kriegen.“ „Nun, das könnte eventuell an der Tatsache liegen, dass ich mindestens eine Woche Schlafmangel habe“, murmelte er griesgrämig und betrachtete verschlafen seine Umgebung. Der Wind zerrte unerbittlich an den Blättern der Bäume und wirbelte Gras und Erde auf. Die Sonne war hinter dicken Regenwolken verschwunden. Michael hatte sich ein Stück weit entfernt von ihnen aufgebaut und reckte seinen Kopf gen Himmel, während er beschwörend den Finger an die Lippen legte und Chichos Hand nahm, die sich ängstlich an ihn heran geschlichen hatte. Und nun konnte auch er es hören. Das Hämmern und Stampfen, während dort wo der Himmel die Baumkronen berührte ein roter Teppich ausbreitete und er erkannte, dass die Regenwolken in Wirklichkeit Rauchschwaden waren, die auseinander stoben und vom Wind getragen, direkt auf sie zusteuerten. Das grelle Licht des Feuers erhellte den Wald und verbranntes Blattgerippe wirbelte durch die Luft. Er spürte wie Penmon sich in sein Bein krallte und der Körper des pinguinähnlichen Digimons ängstlich bebte. Beruhigend tätschelte er ihm den Kopf. „Wir sehen zu gut aus, um zu sterben, mach dir keine Sorge“, murmelte er, während er wie in Trance jede Bewegung Michaels verfolgte, der nun sein Digivice in der Hand hielt und Betamon einige Anweisungen zurief. „Versprochen?“, quiekte Penmon und sah ihn mit großen Augen an. „Klaro“, er versuchte ein Grinsen auf sein Gesicht zu zaubern. Es war unnötig seinem Partner noch mehr Angst einzujagen. „Ich werde dich auch beschützen, wo immer ich kann. Indajanererhrenwort…“ Er lachte. „Indianerehrenwort“, und strich Penmon abermals über den Kopf, bis ein lautes Krachen sie aus ihrer Zweisamkeit riss und er gerade noch sehen konnte, wie ein Baum zur Seite kippte und vor dem Feuer kapitulierte. Unterdessen fraßen sich die Flammen weiterhin durch das Geäst und die Luft verwandelte sich in ein unzumutbares Gemisch aus Rauch und Asche. Betamon digivolves to Seadramon. Und ehe er sich versah, saß er erneut auf dem Rücken dieses Digimons, welches sich mit rasender Geschwindigkeit bewegte, doch entgegen seiner Erwartungen und seines Überlebensinstinktes steuerte Michael direkt auf die Flammen zu. „Bist du wahnsinnig“, keifte er, „Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, aber der halbe Wald steht in Flammen. In der Regel heißt das, verschwinde so schnell du kannst.“ Michael drehte seinen Kopf, so dass er sein Profil sehen konnte, während sich Sams Finger in seine Rippen krallten, da Seadramon immer mehr an Fahrt zunahm. „Wir müssen zu dieser Bergkette.“ Michael deutete auf die grauen Riesen, „Dort können uns die Flammen nichts anhaben und wir bekommen einen Überblick.“ „Oh, bitte, Mickey-Boy. Bei aller Nächstenliebe, das einzige was wir müssen ist hier lebend raus kommen, ein Tor finden und nach Hause verschwinden“, schnaubte er, doch Michael schüttelte nur den Kopf und richtete seinen Blick aufs Ziel – die Berge. Wütend kniff er die Augen zusammen. Gut, er war damals in die Digiwelt gelangt, nachdem er eigenständig eines der Tore gefunden und geöffnet hatte und er hatte Penmon getroffen und war sein Partner geworden, und ja er hatte gekämpft, aber all das musste auch einmal ein Ende haben. Er hatte nie dafür unterschrieben, dass er sein eigenes Leben in die Waagschale warf im Kampf zwischen Gut und Böse. Das Geäst krachte und knackte unter den gefräßigen Mäulern der Flammen, die alles verschlangen, was ihnen in die Quere kam. Ein Ruck ging durch Seadramons Körper und das Digimon ließ sich erschöpft auf einem Steinvorsprung nieder. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Michael dankbar seinen Kopf an den Hals des drachenähnlichen Digimons schmiegte, während er selbst vom Rücken des großen Digimons kletterte und die Arme ausstreckte, um Penmon zu helfen. „Leute, ich habe ehrlich gesagt keine Lust darauf, den Samariter zu spielen. Ich dachte wir wären uns einig… Ich dachte, Taichi hat deutlich genug ausgedrückt, dass wir nach Hause gehen sollen, stattdessen schlittern wir hier von einer halsbrecherischen Aktion in die nächste. Ich will meinen nächsten Geburtstag noch erleben, und alles was da brennen soll, sind die Kerzen auf meiner Geburtstagstorte! Und mit solchen selbstlosen Taten bringst du uns auch nicht weiter, Michael, lasst uns nach Hause gehen bevor das hier ein böses Ende nimmt… lasst uns…“ „Halt die Klappe, Steve“, fuhr Lou dazwischen, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, stattdessen starrte er mit geöffnetem Mund auf die Flammen, die einen Entsetzten Gesichtsausdruck auf dessen Gesicht hinterließen, der ihn davon abhielt, Lou zu kontern. Vielmehr folgte er dessen Blick. Vom Waldboden aus kaum zu finden und durch die Baumkronen vor neugierigen Blicken geschützt, sah er nun, wo die Flammen ihr Unwesen trieben. Meterhohe bunte Bauklötze, eckige wie runde, ragten über die Baumspitzen hinaus. Sie wirkten unstet und wie von unbeholfener Kinderhand gebaut, doch das seltsam friedliche Bild wurde durch die tosenden Flammen unterbrochen die sich in Rasseln und Bauklotztürme fraßen. Und dann hörte er das klägliche Wimmern und Babyweinen, welches bis hoch zum Steinvorsprung reichte und das Blut in seinen Adern gefrieren ließ. Die Flammen wanderten hungrig durch diese Spielzeugstadt, während Haus um Haus, Turm um Turm zusammensackte und das leiernde Lied einer Spieluhr sich durch das Leid stahl, bis das Feuer auch sie gefunden hatte und der quäkende Ton mitten im Stück abbrach. Author’s Note: So da wären wir nun, hier in… ach das verrate ich im nächsten Kapitel… Mit Steve zu schreiben macht Spaß und ist einfach, nur leider auch sehr verführerisch in Witzen zu verenden, deshalb musste ich mich etwas am Riemen reißen und die Handlung vorantraben. Penmons Stimme stelle ich mir im übrigen eher weiblich/kindlich vor. Nur damit der Cuteness-Faktor hier noch mal zum Vorschein kommt meine Lieben! ;-) Bis dahin PenAmour Kapitel 16: Das Ende vom Anfang ------------------------------- Das Ende vom Anfang “Birth is the beginning of death.” (Tom Fuller) „Halt die Klappe Steve.“ Lous Stimme fehlte die Schärfe, mit der er sonst auf den hoch gewachsenen Jungen mit dem andauernd verrutschten Brillengestell auf der Nase reagierte. Stattdessen schien eher ein Krächzen über seine Lippen zu kriechen. Und während Lou und die anderen mit starrem Blick und fassungslosen Gesichtern auf das Schaubild zu ihren Füßen blickten, schienen sich seine Füße wie von selbst an den Rand des Felsvorsprunges zu bewegen, so dass er das ganze Ausmaß ins Auge fassen konnte. Dort unter ihnen zwischen den Bäumen lag eine Stadt – sofern man es so nennen konnte – aus Bauklötzen, Rasseln und Teddybären, als habe ein Kind vergessen sein Zimmer aufzuräumen. Und sie brannte. Feuerzungen leckten an den babyblauen Türmen und den hellen Bauklotzhäusern mit bunt verzierten Mustern. Über Häuserwände kroch die Brunst und fraß die Muster, die Puppen und ihre Teegedecke auf. Jede Berührung der Digimon, die aussahen wie das wandelnde Feuer selbst, hinterließ Glut und Hitze. Die Meramon, deren brennende Hände sich auf die Stadt stürzten, glitten durch die Passagen und drängten die Bewohner aus ihren Verstecken vor sich her. Drängten sie auf einen großen Platz der mit kleinen Weidenkörbchen übersät war. „Das sind Babys.“ Hörte er Sam flüstern, während er die Flüchtlinge genauer besah, die panisch vor den Flammen davon hüpften und angstvoll quiekten. Sie alle schienen kaum größer als seine bloße Handfläche zu sein und eigentlich bestanden sie nur aus einem kleinen runden Fellbüschel und großen Knopfaugen. Sie erinnerten ihn daran, als er Ganimon zum ersten Mal in den Händen hielt und als Ganimon noch nicht viel mehr war als ein Digitama, welches an den Strand gespült worden war. Vorsichtig hatte er es vom heißen Sand aufgehoben und hielt das pulsierende Ei in seinen Händen. Damals hatte er noch keine Ahnung von Digimon gehabt, deshalb hatte er das Ei mitgenommen, in der Hoffnung das Meer habe ihm ein Haustier geschenkt, doch als plötzlich Poyomon aus dem Digitama geschlüpft war, eröffnete sich ihm eine ganz andere Welt. Poyomon, so klein und rundlich, mit großen, dunklen Knopfaugen, veränderte ruckartig sein Leben. Wissbegierig hüpfte es durch die unbekannte Welt und sog alles in sich auf und es wurde größer und schließlich verwandelte es sich in Ganimon. Seither waren sie ein Team. Ganimon und Dingo, Dingo und Ganimon. Doch alles hatte mit diesem kleinen quirligen Wesen angefangen, dieses wandelbare Wesen, welches ihn zu einem Digiritter auserkoren hatte. Sam hatte recht, es waren Babys, die dort unten nach und nach von den Flammen verschluckt wurden und aus ihren Weidenkörbchen flohen, die ihnen zuvor ein warmes Bettchen gewesen waren. „Was hat das zu bedeuten?“ Fragend sah Michael zu ihren Partnern, während er sich mit der Hand durch das verschwitzte Haar fuhr und nervös auf und ab schritt. „Das ist die Stadt des Ewigen Anfangs“, erklärte Ganimon und krebste auf den Jungen zu, der fassungslos auf das Gemetzel starrte. „Hier werden wir geboren, hier beginnt alles Leben.“ In Ganimons Stimme klang Verzweiflung mit – und Schmerz. Es tat weh, das konnte er spüren, sein Partner wurde von einem bleiernen Schmerz überrannt, der auf das Herz drückte. Er dachte an Tokio zurück, an die Menschen, die dort in Panik über den Asphalt gerannt waren und dort auch verendeten. An Mars, den Kriegsgott, der das Schauspiel von seinem Sockel aus betrachtet hatte und nun in seinem eigenen Gestein und Geröll dahinsiechte. Entschlossen setzte er einen Fuß über den Abgrund, dies konnte nicht das Ende von alldem sein. „Ek Minat!“ Sein Fuß verharrte in der Luft, während er seinen Blick suchend über das Feuer wandern ließ. „Bitte hör auf damit!“ Ein helle, klare Stimme, die wie ein Sommerlüftchen durch das Feuer wanderte hin zu seinen Ohren. Und dann sah er sie. Ein Mädchen mit schwarzem, seidigen Haar, dass ihm über die Schultern fiel. Sie hatte sich vor eines der Meramon gekniet und die Hände bittend zusammengefaltet. Ihr himmelblaues Gewand blitzte zwischen dem Rauch auf und ehe er sich versah, krallten sich seine Hände in die Felswand, während seine Füße nach dem nächsten halt gebenden Vorsprung suchten. Seine Turnschuhe rutschten immer wieder ab. Die Fingerkuppen brannten, während sie sich in den harten, kantigen Stein festkrallten. Die Flammen hatten den moosgrünen Waldboden am Fuße des Berges noch längst nicht erreicht. „Dingo?“ Ganimons Stimme hallte über den Felsvorsprung bis zu ihm herab. Er konnte die weißen Augen, die voller Besorgnis auf ihn herabblickten, zwischen dem grauen Panzer des Digimons ausmachen. Er wollte antworten, sein Verstand hielt für einen kurzen Augenblick inne und erkannte den Wahnsinn seiner Handlungen, doch plötzlich schrie das Mädchen auf, glockenhell und ängstlich, so dass es ihm die Haare zu berge stehen ließ. „Meramon, Mere saath aaeeyé! Lass uns gehen.“ Und obwohl er sein Gesicht gegen die kalte Felswand gepresst hatte, obwohl ihm der Schweiß von der Nase tropfte und einen salzigen Geschmack auf seinen Lippen hinterließ, konnte er spüren, wie sie dort weinend saß, vor dem flammenden Digimon, welches kein Erbarmen haben würde, genauso wenig wie seine Brüder. Und dann würde sie sterben, so wie die unschuldigen Babys die quiekten, weinten und schrieen, während die Flammen erst ihre Wiegen und schließlich auch sie auffraßen. Ganimon rief ein weiteres Mal nach ihm, verzweifelnd, mahnend und auch Wut klang in der Stimme mit. Er konnte es seinem Partner nicht verübeln, doch der Waldboden war kaum noch mehr einen Meter entfernt und so ließen seine Hände von den Felsen ab und er nahm den letzten Schritt im Sprung. Die Grashalme kitzelten unter seinen Handflächen., während er sich mit ihnen abstützte und seine Kräfte sammelte. Sein Blick fiel auf die Flammen, die langsam einen Kreis um die Stadt des Ewigen Anfangs zogen, er musste sich beeilen bevor sie ihn ausschlossen, bevor es zu spät war. Er stieß sich vom Boden ab, spürte, wie sich Sandbrocken von seiner Hose lösten, während er auf die Flammen zusteuerte und die wenigen Meter die zwischen ihnen standen hinter sich ließ und er einen Blick auf die zusammenbrechenden Bauklötze werfen konnte. Rauschwaden pusteten ihm ins Gesicht und verdeckten die Sicht. Nur das Rufen und Flehen des Mädchens zeigte ihm den Weg. Und dann konnte er zwischen all dem Rauch und Feuer, das leuchtende Blau ihres seltsamen Kleides sehen und hörte ein helles Klimpern und Rascheln. „Mujhe tum bahut yaad aate ho, Meramon. Bitte komm zu mir zurück…“ Er war ihr so nah, dass er sogar ihr Flüstern hören konnte. Das Meramon schien sich davon aber nicht zurück halten zu lassen und hob mit einem untypischen Knurren, die flammende Pranke. „Nein!“ Erschrocken fuhr das Digimon zurück, gerade genug Zeit, um zu ihr zu gelangen, zu wenig Zeit um sie beide in Sicherheit zu bringen, denn die Verwirrung des Digimon hielt nicht lange an und er spürte, wie die brennenden Faust auf seinen Rücken donnerte und ihn in die Knie zwang. Eine kleine Hand hatte sich in seine gelegt, während er zusammensackte, und er hörte das Klimpern und Rascheln aneinander klappernden Armreifen, die sich über das Handgelenk schoben und golden glitzerten. Er blickte in das Gesicht des Mädchen, welches übersät war mit kleineren und größeren Brandwunden. Dunkle, schmale Augen starrten ihn an, während der Boden unter ihnen bebte. Ein wütendes Brüllen krachte über ihre Köpfe hinweg, während die Flammen immer engere Kreise schlugen und die Schatten der Meramon auf sie fielen. Beschämt über seine Kopflosigkeit schloss er die Augen und spürte, wie die Hitze an seinem Gesicht leckte. „Bruning Fist“ Er vernahm das Grölen der feindlichen Digimon und machte sich darauf gefasst, dass ihn in wenigen Millisekunden mehrere Feuerbälle gleichzeitig treffen und es zu ende bringen würden. Doch stattdessen legte sich eine wohltuende Kälte um seine Schultern. Vorsichtig öffnete er die Augen und blickte in das etwas grimmig dreinschauende Gesicht von Yukidarumon, welches sich schützend über sie beide gebeugt hatte und so den Flammenregen abfing. „Dafür bist du mir was schuldig, Dingo“, knurrte das Schneemanngleichende Digimon, während die Flammen an ihm abzuprallen schienen und es um sie herum Zischte und Dampfte. Erleichtert vernahm er Michaels Stimme, die sich ihm näherte „Seadramon, Ice Arrow, jetzt! Monochromon, Tortamon und Ganimon versucht die Flammen einzudämmen. Yukidarumon, wir könnten deinen Zettai Reido Punch gut gebrauchen. Lou, Steve passt auf, dass euch die Flammen nicht erwischen…“ Michaels Bestimmtheit ließ in ihm ein Gefühl der Sicherheit aufsteigen, während sich ihr Schutzschild Yukidarumon nun damit beschäftigte, die Meramon mit seinen Eisfäusten zu gefrieren. „Bleib hier“, er wandte sich an das Mädchen, „dann wird dir nichts passieren.“ Er wollte aufstehen, doch abermals spürte er die kleinen schmalen Finger, die sich um seine Handgelenk schlangen. „Danke“, flüsterte sie. Und dann rannte er und griff mit klopfendem Herzen nach seinem Digivice, welches bereits ungeduldig pulsierte. Ganimon nickte ihm zu, es war bereit. „Ganimon digivolves to Coelamon“ Und mit einem Ruck packte das Digimon, welches wie eine bizarre Mischung aus Wal und Dinosaurier aussah, eines der Meramon und schleuderte es in das Meer aus Flammen, welches weiterhin bedrohlich aufrückte, auch wenn Tortomon und Monochromon alles versuchten, um dem Feuer etwas entgegen zu setzen und gleichzeitig die brennenden Fäuste der Meramon abzuwehren. Das Unterholz um sie herum krachte und knackte, er sah aus den Augenwinkeln, wie Chichos eines der Baby-Digimon aus den Flammen fischen wollte. Doch Michael hielt sie zurück und umfasste die kleine Hand des Mädchens mit einem bedauernden Kopfschütteln. „Alto! Está muerto…“ Author’s Note: So, wir befinden uns also bei der Zerstörung der Stadt des Ewigen Anfangs, einer recht essenziellen Stelle. In diesem Kapitel geht es viel um Hände und sich gegenseitig (fest)halten und Halt geben. Mir war sofort klar, dass es Dingo sein würde, der losstürmt um dem Mädchen zu helfen, aber bis ich zu dieser Stelle kam, war mir seine Intention noch fremd. Hilfsbereitschaft schön und gut, Kopflos und naiv ist er ja, aber dann war es ganz klar, so als wäre ich vorher blind gewesen. Dingo hat sich in dem Moment verliebt, ganz einfach und er gehört zu den Menschen, die sich plötzlich verlieben, Knall auf Fall und dann scheint alles andere egal zu sein. Liebe also, tja eine sehr große Kraft, die Michael wahrscheinlich einige Nerven gekoste und dem Mädchen das Leben gerettet. ^^ Das Mädchen spricht im Übrigen eine Mischung aus Hindi und Englisch, deshalb diese zwei Sprachen. In Indien ist die Amtssprache nämlich Hindi und Englisch und mittlerweile kommt es zu dadurch oft zu einem Mischung der beiden Sprachen. Das hängt damit zusammen, dass Indien bis 1947 eine Kolonie Großbritanniens war. Nun denn, das nur nebenbei. Ansonsten habe ich hier allerlei Tendenzen für die Geschichte reingepackt, die ich natürlich nicht verraten werde ;P So das wär’s erst mal, ich muss mich mal wieder mit Wallace auseinandersetzen, ein störrischer Zeitgenosse, sag ich euch… bis dahin PenAmour ----Digitationen---- Penmon – Yukidarumon Betamon – Seadramon Gottsumon – Monochromon Otamamon – Tortomon Ganimon – Coelamon Kapitel 17: Leben um zu kämpfen ------------------------------- Leben um zu kämpfen „We say that life is eternal but continue to struggle to survive.” (Neale Donald Walsch) Seine Fußsohlen brannten, während er versuchte mit Leomon Schritt zu halten und immer wieder über seine eigenen Füße stolperte. Die Müdigkeit hatte sich langsam in seine Glieder geschlichen. Erst hatte er sie erfolgreich verdrängen können, doch nun schlug sie mit erbarmungsloser Härte zu. Sie hatten Misty Tree schon bald hinter sich gelassen und waren durch die Digiwelt gewandert. Leomon wusste augenscheinlich besonders bewohnte Gebiete zu vermeiden und hatte bis jetzt alle Gefahrenzonen umschiffen können. Er wusste nicht wie lang sie nun schon durchs Dickicht krochen, über Waldwege schlichen und sich immer wieder an Marschtruppen vorbeidrückten. Jedes Mal, wenn eine dieser rotäugigen Artillerien an ihrem Versteck vorbei stampften, hatte er für einen Moment den Atem angehalten, nicht vor Angst, sondern vor Hoffnung. Doch nie fanden seine suchenden Blicke Terriermon. Es schien als sei das Digimon wie vom Erdboden verschluckt. Als habe der Sand es unter sich begraben. Doch diese Gedanken wischte er rasch beiseite. Er durfte den Kopf nicht hängen lassen, doch er würde seine Ungeduld nicht mehr lange unterdrücken können. Leomon hatte ihm versprochen, dass es ihn zu MaloMyotismons Gefangenen führte, aber seit Tagen hatten sie nun schon keinen Gefangenentransporter mehr zu Gesicht bekommen und auf seine Fragen bekam er nie eine Antwort. Im Gegensatz zu ihm schien Elecmon dem anderen Digimon vollkommen zu vertrauen und folgte ihm ohne große Anstalten zu machen. Auch Lopmon glaubte daran, dass das Digimon mit der riesigen Löwenmähne wusste was es tat. Heimlich ertappte er sich dabei, jeden Handgriff Leomons misstrauisch zu beobachten, schließlich hatte Daisuke ihn auf der langen Reise, die sie damals zu zweit unternommen hatten, über die Abenteuer der Japaner unterrichtet – und laut diesen Erzählungen war Leomon nicht immer der treue und vertrauenswürdige Gefährte gewesen, für den es sich nun ausgab. „Zwei Tage noch“, sagte er sich im Stillen. Zwei Tage würde er diese Wanderung ins Nichts noch mitmachen, wenn er dann keine Hinweise auf Terriermons Aufenthaltsort erhielt, würden sich die Wege dieser Zweckgemeinschaft trennen, so viel stand fest. Frustriert stieß er einen Baumzweig zur Seite, der ihm den Weg versperrte und nestelte an seinem Hemd herum, welches sich in einem Dornenbusch verfangen hatte. Die spitzen Stachel zwickten und hinterließen rote Striemen auf dem Arm, während er geradewegs in Leomon hineinrannte, welches ruckartig zum Stehen gekommen war und mit erstarrter Miene in die Baumwipfel blickte. Seine Augen blieben unergründlich – wie sooft und so musste er Leomons Blick folgen, um das Digimon zu verstehen. Und als er seinen Kopf gen Himmel streckte, droschen die Erinnerungen auf ihn ein als er den beißenden Gestank von Feuer und Verbranntem wahrnahm. Es war, als befände er sich wieder in Tokio, ganz und gar. Rauchschwaden krochen durch das Geäst und versuchten sich als unverfängliche Nebelschwaden zu tarnen, doch der Geruch verriet sie und deckte ihr wahres Wesen auf. Es war ihm, als loderten die Flammen und nahmen ihn gefangen. Doch noch war der Rauch nur ein Vorbote, kein verräterisches Aufblitzen, kein Knistern und Knacken war zu vernehmen. „Was hat das zu bedeuten?“, flüsterte Lopmon und klammerte sich an seinem Bein fest. „Wir müssen aus dem Wald raus..“ seine Stimme krächzte und bebte. „Aus diesem Hexenkessel – sonst verbrennen wir bei lebendigem Leibe.“ Er wandte sich direkt an Leomon, doch dieses schüttelte immer noch schweigend den Kopf. Es war wirklich wie in Tokio, genau wie dieser Michael hatte auch Leomon diese Gewissheit in seinen Augen, die nichts Gutes verhieß. Diese Gewissheit sprach von Heldentum und frühzeitigem Tod. Und dann rannte es los – ohne ein Wort der Erklärung, ohne Entschuldigung. Verwirrt sah er wie die braune Mähne zwischen den Rauschwaden und Bäumen verschwand. „Leomon, was zur Hölle…“, brüllte er und schlug wütend nach einem Zweig. Lopmon zupfte an seinem Hosenzipfel. „Wallace… wir sollten ihm folgen.“ „Was geht hier vor“, schnaufend vor Wut wandte er sich an Elecmon, welches Leomon genauso verwirrt hinterher starrte. Doch es schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß es nicht, ich kenn mich hier nicht aus. Vielleicht wurde ich hier geboren, aber ich gehöre hier genauso wenig hin, wie du.“ In Elecmons bleierner Stimme klang Schmerz und Wehmut mit, bevor es seinen Kopf hob und ihm direkt in die Augen blickte. „Meine Welt ist Marias Welt, nicht diese…“ Er nickte, er verstand. Und dann liefen sie der Löwenmähne hinterher, die sich immer weiter entfernte. Er konnte hören wie Elecmon neben ihm schwer atmete, während sie durch den Wald hetzten und nun auch der beißende Gestank von Verbranntem zunahm. Sie waren sicherlich nicht besonders lange gerannt, aber die Unruhe, die sich in ihm ausgebreitet hatte, ließ es so erscheinen, als hätten sie Stunden gebraucht, um hier her zu gelangen. Der Rauch lag dicht auf den Ästen und der Himmel leuchtet bereits in gefährlichen Rottönen auf. Und dann sah er Leomon, welches zusammengekauert hinter einem Gebüsch hockte. Langsam näherte er sich dem Digimon und kniete sich auf den schwitzigen Waldboden. In einiger Entfernung flimmerte ein unnatürlich kaltes Licht auf, welches die Rauchschwaden abzustoßen schien. Große schwarze Schatten schlichen über die baumfreie Fläche und er spürte einen unheimlichen Sog, der von dieser Lichtung ausging. Er hatte sich ins Gras gedrückt, presste die Handflächen gegen den Erdboden. Und dann wurden die Umrisse der großen Schatten deutlicher, seine Augen gewöhnten sich zunehmend an das bläuliche Licht und er erkannte riesige Lastwagen, die aus allen Richtungen herbeiströmten, während um sie herum das Feuer brodelte und aus der Ferne quiekende Schreie zu hören waren, die ihn an das kleine Nachbarsmädchen erinnerten. Es war eine schreckliche Heulsuse gewesen und hatte wegen jeder Kleinigkeit angefangen laut loszubrüllen, bis seine Mutter das Mädchen in den Arm genommen und getröstet hatte. Das verzweifelte Weinen erinnerte ihn an die Octomon und ihre gesichtslosen Partner, die er zurückgelassen hatte, es erinnerte ihn daran, dass er noch lebte, deshalb erhob er seine Stimme, während das blaue Licht langsam die Flammen verdrängte und Motorengeräusche verstummten. „Leomon, ich werde nicht draufgehen, hörst du. Ich werde nicht darauf warten, dass man mich findet. Ich werde nicht darum betteln anderen zu helfen.“ Wütend machte er sich von Lopmons besorgtem Griff los. „Ich werde nicht sterben!“ „Wallace, du verstehst nicht, wo wir hier sind“, knurrte Leomon und zum ersten Mal flackerte so etwas wie Zorn im Gesicht des Digimons auf. „Dieses Feuer wird unser aller Leben zerstören, wenn wir nichts unternehmen! Ihr Menschen lebt um zu leben, wir Digimon leben um zu kämpfen... Deshalb ist ein Leben nicht so wichtig, deshalb sind wir furchtlos und stark – weil es nie ganz vorbei ist, Wallace.“ Er wollte den Mund aufmachen und etwas erwidern, doch dann brachten ihn seine eigenen Erinnerungen zum Schweigen, seine Augen trafen die Lopmons. „Du weißt, dass es wahr ist, Wallace“, drang seine Stimme leise zu ihm heran. „Deshalb konntest du mich damals finden, deshalb konnte ich zu dir zurückkehren…“ „Aber was hat das alles mit einem Waldbrand zu tun?“ Er machte sich von Lopmons Augen los und wandte sich erneut an Leomon. „Weil das Feuer die Stadt des Ewigen Anfangs frisst, Wallace – das Feuer nimmt uns das Leben…“ Leomons Stimme war fast nur noch ein Raunen. „Wenn das Feuer die Stadt zerstört hat, sind wir verloren, seid ihr verloren, bist du verloren und vielleicht sogar Terriermon…“ Beim Klang des Namens zuckte er unwillkürlich zusammen. Wenn Terriermon es nicht geschafft hatte, wenn Terriermon nicht mehr… dann war es vielleicht dort. Author’s Note: It all comes down to this, I guess… Die Stadt des Ewigen Anfangs wird also Dreh- und Angelpunkt des Showdowns. Mit der Stadt endet auch die Suche… Wallace wird von seiner Ungeduld getrieben, aber er ist hin und her gerissen zwischen seinen persönlichen Interessen und dem was man Gewissen nennt. Was letztendlich gewinnt, weiß wohl nur er selbst. Ich musste der Stadt und den Digimon eine gewisse Bedeutung zugestehen, deshalb der Titel, aber eigentlich leben sie alle, um zu kämpfen, nicht wahr… Lopmon spricht natürlich von der Zeit, nachdem es Wendimon hinter sich ließ und Wallace es als Digitama wieder gefunden hat. Die Bedeutung der Wiedergeburt hat auch nur deshalb so einen Effekt auf ihn, weil er weiß, wie es ist. Allein Takeru könnte diese Gefühle wahrscheinlich nachvollziehen. Was nun mit dem blauen Licht und Co ist, können Wallace und Leomon aus ihrem Versteck nicht wirklich erkennen, Sam hat da eine wesentlich bessere Sicht auf das Geschehen… Also bis dahin PenAmour Kapitel 18: Die Suche nach dem Licht ------------------------------------ Die Suche nach dem Licht “If the whole universe has no meaning, we should never have found out that it has no meaning: just as, if there were no light in the universe..” (C.S. Lewis) Yukidarumons eiserne Fäuste hinterließen dampfende, zischende Male auf den flammenden Körpern der Meramon. Doch diese schienen unbeeindruckt und wateten durch das schmelzende Eis hindurch auf das Digimon zu. Eines der Meramon bekam Yukidarumons Kehle zwischen die Feuerhände und nur das beherzte Eingreifen Coelamons, welches hunderte von triefenden Wassertropfen wie Geschosse auf die Feinde niederprasseln ließ, rettete Yukidarumon das Leben. Er konnte erkennen, wie Steves Schultern erleichtert zusammen sackten und schon war der Junge, dem sonst in jeder Situation ein Witz einfallen wollte, zu seinem Partner gerannt, während die anderen Digimon sich erneut ins Getümmel warfen und auf ihre Gegner eindroschen, sie kratzen und traktierten. Die anderen riefen ihren Digimon Befehle zu, warnten sie vor den Flammen der Meramon und duckten sich vor den Feuern die ihnen galten. Und obwohl er unverletzt war, spürte er einen stechenden Schmerz in seiner Brust. „Muchomon“, wisperte er, doch es ging im Getöse des Kampfes unter. Der Stoff seines Kapuzenpullis fühlte sich widerlich klamm an und schien an seiner Haut zu kleben, während um ihn herum Flammenfontänen in den Himmel sprudelten und nur mit Mühe und Not von den Digimon der anderen abgefangen werden konnten. Er wollte helfen, aber es war ihm nicht möglich auch nur irgendetwas in diesem Gefecht beizutragen – denn Muchomon war nicht da. Er war ein Ritter ohne Partner. Sein Digivice verharrte leblos in seiner Hosentasche. Die Energie, die von ihm ausgegangen war, das wärmende Gefühl von Zusammengehörigkeit, all das war wie weggeblasen. Neben ihm schlug ein Feuerball in der Erde ein und die Grashalme gingen in Flammen auf. Die Stadt des Ewigen Anfangs fiel in sich zusammen und ihre Asche wurde mit dem Wind weggeweht. Nicht mehr lange und der Brand würde sich auf den kompletten Wald ausbreiten und was dann aus ihnen würde, wollte er sich nicht mal ausmalen. Zwischen dem grellen Rot der Feuer blitzten goldene Locken auf. Hektisch drängte sich Michael an den anderen vorbei, die einen schützenden Halbkreis gebildet hatten und ihre Digimon mit Kraft und Zuneigung versorgten. Michaels blaue Augen fanden ihn. Etwas Wildes lag in seinem Blick. „Sam“, begann er mit fester Stimme, ohne dabei das Kampfgeschehen aus den Augen zu lassen. „Ich brauche deine Hilfe.“ „Wir müssen ihnen helfen…“ Leomons Meinung schien festzustehen, während es sich langsam aufrichtete. Er selbst verharrte in seiner Position, unfähig sich zu bewegen, während er unschlüssig das Geschehene beobachtete. Was einmal die Stadt des Ewigen Anfangs gewesen war, verflüchtigte sich nun und würde bald in Vergessenheit geraten. Die Bauklotzhäuser waren nur noch ein Schatten ihrer selbst und wankten im Wind unter der Last ihrer Verbrennungen. Das Weinen verstummte unter dem Knistern der hungrigen Flammen. Und in Mitten der Flammen sah er sie. Sie hatten also überlebt. Und er wusste, dass Leomon Recht hatte, dieses Mal würde er nicht umhin kommen, dieses Mal würde sich der Verantwortung stellen müssen, dieses mal würde er helfen. „Lopmon, bist du bereit?“, flüsterte er und das Digivice in seiner Hand pulsierte erwartungsvoll. Für einen flüchtigen Augenblick schmiegte sich das Digimon an seine Brust und ihm wurde warm ums Herz. Er nickte seinen Gefährten zu, Leomon hatte sich in seiner vollen Größe aufgerichtet, während Elecmon auf seinen Schultern thronte. „Lass sie nicht los“, flüsterte Michael eindringlich und schob das kleine Mädchen mit den zwei Zöpfen, die wirr um seinen Kopf schwirrten in seine Richtung. Sie schien nicht sonderlich begeistert zu sein, als er nach ihrer Hand griff und Michael dafür ihre losließ. Verwirrt versuchte sie nach seinem Arm zu greifen, doch er schüttelte den Kopf. „Chichos, ich möchte, dass du mit Sam mitgehst, er wird dich in Sicherheit bringen.“ „Aber…“, fuhr sie dazwischen, ihre dunklen Augen funkelten zornig, „Monochromon…“ „Ich werde mich um alles kümmern“, versprach Michael und ein kleines Lächeln stahl sich für den Moment einer Sekunde auf sein Gesicht und das schien Chichos zu besänftigen, so dass sie ihn losließ. Michael hatte sich wieder von ihnen entfernt, während er seinen zweiten Arm um die Hüfte des anderen Mädchens schlang. Seine Hände verhedderten sich kurz im Stoff ihres Saris. „Ich bin Sam“, raunte er ihr zu, sie lächelte schwach. „Mina. Mein Name ist Mina.“ „Nun, Mina, dann wollen wir mal zusehen, dass wir aus diesem Ofen rauskommen...“ Er sah, wie Seadramon sein Maul öffnete und sich ein grelles Licht im Rachen sammelte. Er umschloss Chichos Hand, während sich Minas Arme um seine Schultern legten. Das beißende Licht schoss durch die Menge der Meramon und gab einen hell erleuchteten Weg frei. Ohne sich noch einmal umzudrehen, setzten sich seine Beine in Bewegung und er rannte, vorbei an den Meramon, die von diversen Attacken zu Boden gerissen wurden, vorbei an den Feuern die die Stadt langsam aber sicher in Schutt und Asche zerlegt hatten. Ein greller Lichtstrahl schoss durch das Flammenmeer hindurch. Geistesgegenwärtig umschlungen seine Arme Lopmon, während das Licht auf ihn zuschoss und seine Füße die Haftung verloren. Der Druck des Lichtstrahls schleuderte ihn durch die Luft. Immer wieder spürte er wie Äste nach ihm schlugen und Baumrinde ihn streifte, doch nichts schien seinen unfreiwilligen Höhenflug stoppen zu können. Sein Magen zog sich schmerzvoll zusammen, das Licht brannte in seinen Augen, so dass bunte Punkte vor ihnen tanzten und wippten. Es war als hätte ihn eine Explosion mitgerissen. Und dann krachte sein Körper gegen den massiven Stamm einer alten Weide. Die Rinde fühlte sich wie Schmirgelpapier auf seinem Rücken an, als er langsam zusammensackte. „Wallace, Wallace“, quiekte Lopmon besorgt. „Geht es dir gut?“ Er stöhnte, sein Kopf dröhnte, sein ganzer Körper schmerzte, das Atmen fiel ihm schwer, doch langsam kehrte sein Sehvermögen zurück. „Was zur Hölle war das…“, brachte er zwischen den zusammen gepressten Zähnen hervor. Lopmon zuckte mit den schmalen Schultern. „Vermutlich eine Digimon-Attacke, bei der Energiemenge…“ Er knurrte zustimmend und richtete sich vorsichtig auf. „Und was für eine Energie“, murmelte er und sah auf die Baumkronen, aus denen in einiger Entfernung der Rauch in den Himmel stieg. Das Surren und Piepen ließ nach, und stattdessen hörte er das Rascheln und Klimpern von Ketten und das Dröhnen von Motoren. Langsam verdrängten Baumkronen die Flammen. Nur noch die Rauchschwaden verrieten, dass ihnen das Feuer weiterhin auf den Versen war. Er spürte Minas warmen Atem an seinem Hals, während Chichos immer wieder strauchelte und nur mit großer Anstrengung mit ihm Schritt halten konnte. Aber Michael hatte es so gewollt. Dadurch, dass er, Sam, der ohne Digimon war, die Kinder und Verletzten in Sicherheit brachte, verschaffte er der Gruppe Zeit und nahm ihnen den Ballast ab, während sie die Schlacht austrugen. „Espera!“ Chichos Stimme drang in seine Gedanken und er schreckte auf. Das kleine Mädchen war stehen geblieben und legte den Zeigefinger an die Lippen. Er lauschte in den Wald hinein. Ein Hämmern und Pochen drang an seine Ohren. Motoren heulten auf und sein Herz klopfte. Dieses kindische Gefühl von Hoffnung keimte in ihm auf. Vielleicht war das die Rettung. Vielleicht konnte er den anderen so doch von Nutzen sein und ihnen zu Hilfe eilen. Er sah die Mädchen erwartungsvoll an, auch in ihren Augen wuchs dieselbe Hoffnung. Chichos warme Hand umfasste seine und Mina legte bekräftigend ihren Arm um seine Schulter. Zusammen wateten sie durch das Geäst der Hoffnung entgegen. Seine Beine zitterten, während sein Blick sich auf die Szenerie, die sich vor ihm erstreckte, heftete. Aus allen Richtungen strömten Transporter, deren Lack abblätterte und bei jeder Unebenheit Rost auf den Boden rieseln ließen. Ein Duzend der Wagen war bereits zum stehen gekommen und er konnte erkennen, dass sich hinter dem Fahrerhäuschen aus dem diverse Gestalten auftauchten, deren blutige Augen, die Umgebung musterten, Käfige befanden. Zwischen den Gitterstäben lugten Menschenköpfe hervor. Ausgemergelt und erschöpft starrten ihre Augen müde aus den eingefallenen Augenhöhlen hervor. Direkt neben ihm kam ein Laster zum stehen, der Motor stotterte ehe er ganz versiegte. Der Geruch von Exkrementen und Schweiß stieg in seine Nase. Angewidert drückte er sich gegen den Baumstamm, versuchte möglichst flach zu atmen, während er das Schnaufen und Wimmern der Gefangenen hörte. „Los aussteigen“, schnarrte eine Stimme, während sich die Türen zu den Käfigen quietschend und ächzend öffneten. Vorsichtig lugte er zwischen einigen Ästen hindurch. Ein rabenschwarzes dinosaurierartiges Digimon, gefolgt von einer Horde Gazimon, die mit ihren Reißzähnen besetzten Mäulern grinsten, schubsten die Menschen aus ihren Verschlägen. Ketten raschelten. Eine kindliche Stimme mischte sich in das Geschehen. „Reiht euch auf, jeder der sich widersetzt wird umgehend getötet. Anschließend werdet ihr Black Agumon folgen.“ Konnte er verstehen, wenngleich sein Japanisch nicht das Beste war. Die Kinderstimme war gespickt mit Härte und einer perversen Vorfreude. Er reckte seinen Hals und sah einen kleinen Jungen, der den Erwachsenen unter den Gefangenen gerade mal bis zur Brust reichte. Sein Gesicht war von wilden, rehbraunen Locken verdeckt, während er mit einer glänzenden Peitsche dafür sorgte, dass die Gefangenen nicht aus der Reihe tanzten. Immer wieder surrte die Gerte durch die Luft und bei jedem Aufprall zuckte er zusammen. Mittlerweile hatte sich die gesamte Ebene mit Menschen gefüllt. Jung wie alt, alles war vertreten und reihte sich vor einer langen Zeltkette auf, die von diversen Digimon bewacht wurde. Dies war ein Gefangenenlager. Langsam setzte sich die Menschenmasse in Bewegung und ehe er sich versah, war Lopmon unter sein Shirt geschlüpft und zusammen hatten sie sich unbemerkt unter Gefangenen mischen können. Den Wahnsinn dieser halsbrecherischen Aktion verdrängte er, während die Hoffnung ihn antrieb, Terriermon schon bald in seine Arme schließen zu können. Geistesgegenwärtig hatte er Chichos und Mina ins Dickicht zurück gedrängt, während er fassungslos auf die Menschenmassen blickte, die dort ausgepeitscht und angekettet wurde, bevor einer nach dem anderen hinter den dunklen Zeltwänden verschwand, die sich immer wieder gegen den Wind der über die Ebene fegte, aufbäumten. Immer mehr Lastwagen drängten auf das Gelände, es schien als tauchten sie aus dem Nichts aus, ganz plötzlich waren sie da. Für einen Moment setzte sein Herz aus, als er den unnatürlichen Sog spürte, der von einer blass blauen Lichtquelle ausging. „Wir sind gerettet“, flüsterte er erleichtert. Author’s Note: Zum ersten Mal in dieser Geschichte prallen die Sichtweisen aufeinander und vermischen sich zu einem Gesamteindruck. Dass das kommen musste, war unausweichlich, weil sich ja alle Perspektiven aufeinander zu bewegen und in diesem Kapitel kollidieren. (Außerdem war es eine sinnvolle Übung für Übergänge, gerade bei Perspektivwechseln. Eine Sache die hier noch zum tragen kommt, aber vor allem bei Digimon Soldiers, meinem neuen Projekt. Fließend, wiederholend, in der Luft hängen lassend, alles war dabei^^ - falls ihr hier Tipps habt, für solche Übergänge, immer her damit!!!) Wallace und Sam in ein Kapitel zu packen war im höchsten Maße interessant. Weil beide die gleiche Ausgangsposition haben und doch vollkommen unterschiedlich damit umgehen. Beide haben ihr Digimon verloren und während Sam sich dadurch nutzlos fühlt und vor allem versucht, der Gruppe irgendwie zu helfen, trotz fehlender Mittel, ist Wallace das genaue Gegenteil – abgesehen davon, dass beide ihre Partner unendlich vermissen und Wallace auch noch Lopmon hat, wodurch er ja nicht seine Kampfkraft verliert. Im übrigen gehen die beiden zwar den selben Weg, verpassen sich aber immer knapp, währen Sam also erst dort eintrifft, hat sich Wallace schon unter die Gefangenen gemischt. Was bleibt mir noch zu sagen? Nun, noch ein Kapitel, dann ist die Suche beendet^^ Deshalb werde ich mich geschwind an die Arbeit machen, bis dahin PenAmour Kapitel 19: Die Ablenkung ------------------------- Die Ablenkung “…and therefore no creatures with eyes, we should never know it was dark. Dark would be without meaning.” (C.S. Lewis) „Michael“, ächzte Seadramon während es seinen schlangenartigen Wanst schützend vor ihn warf und ihn vor dem Feuerregen bewahrte. Er konnte die Erschöpfung in den dunklen Augen seines Partners aufblitzen sehen, welches abermals ein Bündel aus Licht in seinem Rachen sammelte, um es anschließend auf die feindlichen Digimon abzuschießen. Unterdessen war Yukidarumon zu Boden gegangen, Steves Partner schrumpfte und aus dem Schneemann wurde wieder das kleine pinguinähnliche Wesen, während Steve herbeieilte, die Brille auf der Nasenspitze hängend, und Penmon vorsichtig in seinen Armen wiegte. Die Kraftreserven aller neigten sich dem bitteren Ende entgegen und er wusste nicht, was er tun sollte. Wie sie hier wieder heraus kommen sollten? Die Kette der Meramon legte sich wie ein Strick um ihre Hälse und schnürte ihnen langsam aber sicher die Luft um Atmen ab. Monochromon hatte es gerade noch geschafft, die feurige Horde wieder etwas zurück zu drängen, bevor sie über das erschöpfte Tortamon, dessen ockerfarben Zacken, die Lous Digimon wie einen schützenden Panzer umgaben, diverse Brandwunden aufwiesen. Schweißtropfen perlten von seinem Kinn und hinterließen dunkle, nasse Flecken auf seinem Pullover. Nervös fuhr er sich über das Gesicht. Er hatte Chichos versprochen, dass Monochromon nichts geschehen würde, er hatte allen versprochen, dass sie wieder nach Hause kämen. Mit der Hand griff er in seine Hosentasche, um sich das Gesicht mit einem Taschentuch abzutupfen, doch seine Fingerspitzen stießen gegen einen vertrauten, vibrierenden Gegenstand, und irgendwie schien es beruhigend – fast hoffnungsvoll. Sein Blick fiel auf das Display seines Vices, auf dem er die blinkende Punkte sehen konnte. Ein Punkt für Sam, einer für Chichos und einer für Mina. Das wusste er. Doch was er noch erblickte, ließ sein Herz freudig schneller schlagen. Rasch kramte er nach dem D-Terminal auf dem Sams Nachricht aufleuchtete. „Seadramon, halte noch ein wenig durch“, rief er seinem Partner zu, während er hastig eine Nachricht tippte. Er wusste nicht, ob er die richtige Entscheidung traf aber, dies war vielleicht ihre letzte Chance. Sams Entdeckung würde sie vielleicht retten können, in jedem Falle mussten sie hier weg. „Was hast du vor?“ Lous dunkle Augen durchbohrten ihn. „Wir haben keine andere Wahl…“, versuchte er es ihnen erneut klar zu machen, sein Blick streifte die anderen, die mit ihm gereist waren. „Ganimon?“ Seine Augen fanden Dingos Digimonpartner, welcher sogleich auf ihn zukrabbelte und Sams Worte besah. „Was meinst du dazu?“ Er musterte das Digimon, welches angestrengt auf sein D-Terminal starrte. „Es könnte klappen…“, murmelte es schließlich. „Das ist doch Irrsinn Michael. Wir schaffen es niemals bis dorthin und selbst wenn, diese Feuerteufel werden uns niemals gehen lassen. Sie werden uns so lange verfolgen, bis wir geröstet und verkohlt sind...“, warf Steve mit einem leicht gereizten Unterton in der Stimme ein und runzelte die Stirn. Er grinste. „Genau das werden wir ausnutzen…“ Sie hatte lange geschlafen und versucht Elenas Gesicht zu vergessen, doch als der Transporter mit einem Ruck zum Stehen gekommen war, hatte sie bemerkt, wie die Umgebung von einem unnatürlichen Licht aufgefressen wurde. Die Tür zu ihrem Gefängnis wurde geöffnet und einer nach dem anderen verließen die gefangenen Menschen den Transporter. Wie in Trance trugen ihre Füße sie zur Tür, stiegen die Ladfläche herab und berührten kalten, erdigen Boden. Um sich herum erkannte sie weitere Gefangenentransporter die sich wie bedrohliche Ungeheuer um sie herum aufgebaut hatten und die Gefangenen nun aus ihren Bäuchen ausspieen. Ein riesiger Menschenstrom riss sie mit sich, während überall die roten Augen der Digimon aufblitzen und dafür sorgten, dass niemand fliehen konnte. Der Platz auf dem sie sich befand, war von einem unnatürlichen Licht umgeben und immer wieder sah sie, wie neue Transporter auftauchten und weitere Menschen sich einreihten. Schwarze, Weiße, Kinder und Alte, Weinende und Schweigsame. Manche flüsterten in Sprachen die sie nicht verstand. Vorsichtig hob sie ihren Kopf. Der Himmel war wolkenbedeckt und regengrau, während der Menschenstrom nicht enden wollte. Über ihren Köpfen sah sie einige Flugdigimon ihre Kreise ziehen, während Baumwipfel in ihrem Blickfeld auftauchten. Die Äste ächzten und ihre Blätter wurden vom Wind hin und her gezerrt. Erneut versuchte sie einen Blick auf das was vor ihr lag zu erhaschen, doch alles was sie erkennen konnte, waren Menschen über Menschen und ein ungutes Gefühl nagte an ihr, und umhüllte ihr Herz mit einem bleiernen Mantel, seit das fahrende Gefängnis gestoppt hatte. In einiger Entfernung sah sie, wie sich das Black Agumon postierte und mit seinen Augen die Menschenmasse genau prüfte. Jedes Widerwort würde bestraft werden, da war sie sich sicher. Doch bevor sie einen weiteren Gedanken daran verschwenden konnte, womit diese Gefangenschaft enden würde, ging ein Ruck durch die Masse und alles was sie sah, war ein blonder Haarschopf, der sie mit sich zu Boden riss. Rasch rappelte sie sich auf, dicht gepresst an Menschenkörper, die sich weiter bewegten und zu einer homogenen Masse zusammen zu schmelzen schienen. „Steh auf!“, raunte sie dem Blondschopf eindringlich zu, der schützend die Arme um seinen Kopf geschlungen hatte, „Sonst, wirst du zertrampelt…“ Nach einigem Zögern griff er nach ihrer Hand und kam wieder auf die Beine. Er war einen ganzen Kopf größer als sie und seine Augen waren so hell, dass sie wie glühende Eiszapfen wirkten, die sie jetzt misstrauisch musterten. Über seinem grauen Shirt trug er ein zerrissenes Hemd, dessen Farben unter dem Dreck verblassten. „Danke“, murmelte er und rückte seinen Kragen zurecht, dabei sah sie, wie aus seinem T-Shirt zwei schwarze Knopfaugen hervorlugten und sie neugierig musterten. Hastig wendete er sich von ihr ab, doch sie hatte bereits verstanden, wer er war. Es war in seinen Augen zu lesen gewesen. Augen, die nicht erstaunt und verängstigt waren, darüber, dass unheimliche Wesen sie gefangen genommen und in eine unbekannte Welt verschleppt hatten. In seinen Augen leuchtete Wut auf – und etwas anderes, das sie nicht zu deuten vermochte. „Ist das dein Partner“, sprach sie leise und bekam ihn am Ärmel zu fassen, ehe er in der Menschenmenge untertauchen konnte. Erschrocken fuhr der Junge herum. Panik stand für einen kurzen Augenblick auf seinem Gesicht geschrieben, wich dann aber einer grimmigen Entschlossenheit. „Keine Angst, ich verrate dich nicht.“, beruhigte sie ihn. „Ich bin wie du“, ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. Ein Flüstern, das für ihn bestimmt war: „Mein Name ist Maria.“ „Ich weiß nicht, was du meinst“, zischte er und versuchte jede verräterische Gestik zu vermeiden, doch Lopmon drückte sein Köpfchen bereits aus seinem Kragen hervor, schnappte nach Luft und musterte das Mädchen neugierig. Ihr kakaobraunes Haar, welches bis zum Kinn reichte, hing ihr ins Gesicht, während sie ihn immer noch musterte mit erdigen, warmen Augen. Ihre Hände umfassten seinen Arm, sie waren übersät von Narben und kleinen Wunden. „Du bist ein Digiritter, wie ich“, ihre Stimme war ein leises Krächzen, während der Menschenstrom sie unaufhörlich mitriss. „Ach ja? Und wo ist dann dein Partner“, raunte er zurück. Nur weil sie unschuldig aussah, hieß das noch lange nichts, das hatte er bereits vor langer Zeit gelernt. Ihr Gesicht verzog sich zu einem wehmütigen Lächeln. „Ich weiß es nicht.“ Langsam schüttelte sie den Kopf. „Ich habe ihn verloren. Alles ging so schnell. Wir wurden angegriffen und als ich wieder zu mir kam, war mein Partner fort und ich war eingesperrt in einem Käfig.“ Ihre Stimme bebte, dass konnte er hören, es klang als sprach sie die Wahrheit und er hatte auch kaum eine andere Wahl, als ihren Worten glauben zu schenken. „Mein Name ist Wallace“, murmelte er, „Sag mal…“ „Maria..“ „Sag mal, Maria, hast du herausbekommen können, was hier gespielt wird?“ Er nahm sie bei der Hand, um sie im Gedränge nicht zu verlieren. Sie schüttelte den Kopf. „Alles was ich weiß, ist, dass ein Junge mich gefangen nahm, um mich seinem Meister zu überreichen. Zumindest war dieser Junge die meiste Zeit für unseren Transport verantwortlich.“ „Ein Junge?“ „Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen, aber…“ Besorgnis spiegelte sich in ihren Augen wieder. „Er wusste von uns. Von Digirittern. Ein Glück, dass ich mein Digivice vor ihm in Sicherheit bringen konnte und dass Elecmon von mir getrennt wurde.“ Er stutzte. „Elecmon?“ „Los geht’s“, brüllte er den Befehl und schon schossen duzende Attacken auf die Meramon nieder. Er wusste, dass sie diesen Angriff nicht lange aufrecht halten konnten, doch Seadramon konnte ihnen mit seinem Ice Arrow einen kleinen Vorsprung verschaffen. Es waren nur wenige Sekunden, die die Meramon erstarrt verbrachten, bevor das Eis unter der Hitze ihrer Körper zu schmelzen begann. Und dennoch war genau das der Moment, auf den sie gewartet hatten. Er sah, wie sich Dingo an Coelamon festklammerte, während das Digimon losstürmte und mit seinen Water Bullets die hungrigen Flammen löschte, die ihren Weg blockierten. Dicht gefolgt von Steve und Yukiadarumon, dessen helfende Eishände sich durch die Flammen bahnten. Zusammen schafften es die beiden Digimon ihnen einen Weg frei zuräumen, auf dem sie die Feuersbrunst der Meramon hinter sich lassen konnten. Ein weiteres Mal versprühte Seadramon seinen frostigen Atem, bevor sich sein Partner in rasender Geschwindigkeit durch das Dickicht kämpfte, dicht gefolgt von Monochromon und Tortamon, welches Lou auf seinem Rücken trug. Die Panzer der beiden Digimon ließen die wütenden Attacken der Meramon, die ihren eisigen Gefängnissen entstiegen, fürs erste abprallen. Äste peitschten ihm ins Gesicht, während der Fahrtwind beißend auf ihn eindrosch. „Wir schaffen das, Michael“, brummte Seadramons Stimme beruhigend, während es unermüdlich durch den Wald schlängelte, als spürte es, dass er nervös auf sein Digivice starrte und auf die drei Punkte, die auf dem Display aufblinkten. Chichos, Sam und Mina. Der Abstand zwischen ihnen verringerte sich zunehmend. Er tätschelte seinem Partner den Hals, holte tief Luft und versuchte das grausige Geheul der Meramon, deren Flammen ihnen dicht auf den Fersen waren, auszublenden. „Hoffen wir das Beste, mein Freund.“ „Du hast Elecmon gesehen?“ Ihr Finger krallten sich hoffnungsvoll in seinen Arm, so dass die Knöchel weiß hervorstachen. Er konnte auf ihrem Gesicht all die Fragen ablesen, doch dies war nicht der Augenblick. „Maria, hör zu.“ Eindringlich sah er sie an, sie waren unbeabsichtigt langsamer geworden, nur noch die anderen Menschen um sie herum, bewegten sie. Die Angst, die all die Fremden um sie herum verspürten, während sie unermüdlich weiter marschierten, prallte nun an ihm ab. Er hatte ein Ziel vor Augen. „Hör mir zu, Maria!“ wiederholte er, eindringlicher. „Ich schwöre dir, dass ich dich zu deinem Digimon bringen werde. Aber erst muss ich mein Digimon finden. Ich muss Terriermon finden.“ Tränen kullerten über ihr Gesicht. „Es geht ihm gut. Es lebt“, flüsterte sie erleichtert, ohne ihn wirklich zu beachten. Er umfasste ihre Schultern. „Maria, waren unter den Gefangenen auch Digimon?“ Sein Herz pochte wild, hoffnungsvoll wild, und es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, ehe sie den Kopf schüttelte und der Moment vorüber war. Doch bevor er seiner Enttäuschung Luft machen konnte, stockte die Menschenmasse. In einigen Metern Entfernung ragten Zelte in den Himmel. Er reckte seinen Hals, doch alles was er erkennen konnte, waren eine Reihe von dunklen Pawn Chessmon, die die Menschenströme umleiteten und sie auf die Zelte verteilten. Die Rüstungen der Pawn Chessmon quietschten und schnarrten, während es hinter ihren Visieren mit denen sie jeden einzelnen musterten, gefährlich rot leuchtete und die Spitzen der Speere, mit denen sie die Menschen in Schach hielten, bedrohlich aufblitzten. „Lopmon, in meinen Rucksack, sofort“, knurrte er. Das Digimon tat wie ihm befohlen, während er nach Marias Hand griff. „Wir müssen hier raus!“ Zusammen versuchten sie sich an den Menschen vorbei zu pressen, doch die Macht der Masse schob sie unaufhörlich in die Richtung der Pawn Chessmon, als der Boden unter ihnen plötzlich bebte und ein Feuerhagel auf den Platz niederprasselte. „Argh!“ Seadramon zuckte unter Schmerzen zusammen, als es von einer Feuerkugel gestreift wurde. „Halte durch!“, schrie er seinem Partner zu, während Lou, Tortamon und Monochromon zu ihnen aufschlossen. „Wir haben es gleich geschafft!“ Er konnte erkennen, wie einige Meter vor ihm Yukidarumon schrumpfte und zu Penmon wurde und die beiden von Coelamon aufgegabelt wurden. Auch Seadramon verließen die Kräfte, das wusste er. Die Meramon schienen ebenfalls langsamer zu werden, wenngleich ihre Wut sie auch weiterhin vorantrieb. Beim Blick auf sein Vice machte sein Herz einen erleichterten Sprung, nur wenige Meter vor ihnen strahlte ein unnatürliches Licht durch den Wald, die Bäume wurden kleiner, weniger und von Büschen und Sträuchern ersetzt. Auch Coelamon schrumpfte auf Ganimons Größe zurück und verschwand mit Dingo, Steve und Penmon im Gebüsch. Aus seinen Augenwinkeln konnte er erkennen, dass Tortamon und Chronomon es ihnen gleich taten und auch er selbst spürte, wie Seadramon unter seinen Beinen kleiner und schmächtiger wurde. Er sprang vom Rücken seines Partners und fing Betamon im Lauf auf, während er auf das Licht zusteuerte und schließlich zu Boden gerissen wurde. Kleine Äste kratzen ihn im Gesicht, während Sam seinen Hosensaum losließ und ihn vorsichtig angrinste. Der Boden unter ihnen brodelte und vibrierte, die Meramon hatten sie eingeholt, er spürte die Hitze die von ihren Verfolgen ausging, während sie über das Gestrüpp hinweg sprinteten und direkt auf die Lichtung zusteuerten, die sich vor dem Dickicht, in dem sie sich versteckt hielten, ausbreitete. „Es hat geklappt“, jubelte Sam und deutete mit seinem Finger auf einen Punkt. „Siehst du, da vorne, wie ich es gesagt habe...“ Er folgte dem Blick und sah riesige Lichtkegel, die zwischen all dem Gras völlig deplatziert wirkten. Von ihnen ging ein unnatürlich starker Sog aus, der alles in ihrer Umgebung in sich aufzunehmen schien. „Von hier aus schicken sie die Digimon in unsere Welt, da bin ich mir ganz sicher“, schilderte Sam seine Beobachtungen und deutete auf eine lange Reihe von Rotäugigen, die sich vor den Lichtern aufgebaut hatten und schließlich darin verschwanden. „Und dort werden die Menschen untergebracht“, fügte der Junge mit belegter Stimme hinzu und zog sich seine Mütze tiefer ins Gesicht. Jetzt erkannte er es auch. Auf der anderen Seite der Tore, baute sich eine Zeltreihe auf, bewacht von einigen Gazimon und Pawn Chessmon. Und dann sah er das Meer von Menschen welches sich auf der Lichtung befand. Er konnte kaum mehr einzelne Umrisse sehen, sondern nur noch eine einzige Masse aus Armen und Beinen, doch bevor sich der Anblick weiter in sein Gedächtnis brennen konnte, prasselten unzählige Feuerkugeln auf die Lichtung nieder. Die Menschen stoben auseinander, Angstschreie durchzogen die Umgebung, während er sah, wie die Meramon, rasend vor Wut nach ihnen suchten. Sam sah ihn fragend an, doch er schüttelte den Kopf. Sie konnten sie unmöglich allesamt retten. Unterdessen wandten sich die Rotäugigen den Unruhen auf dem Platz zu – das war ihre Chance. Und als gehorchte sein Körper ihm nur noch bedingt, sprangen seine Füße auf, rauschten durch das Dickicht, an Dornenbüschen vorbei, direkt auf die Lichtkegel – die Tore, die sie nach Hause bringen würden – zu. Die Ablenkung war gelungen, der Plan hatte funktioniert. Maria schrie, während sie geduckt zwischen den Menschen hindurch schlüpften, die panisch in alle Richtungen stoben. Die Angreifer – ein ganzes Rudel Meramon – wüteten über den Platz als suchten sie etwas, während die Gefangenenwärter – die Gazimon, Black Agumon, Pawn Chessmon und wer sonst noch alles an MaloMyotismons Schergen vertreten war – verwirrt und planlos wirkten, während sie versuchten, die Menschen einzufangen. Er konnte erkennen, wie einige auf den nahe liegenden Wald zusteuerten, der Wald aus dem er gekommen war. „Das ist eine Sackgasse“, hörte er seine Stimme über das Krachen und Brutzeln hinweg brüllen, während er Maria an der Hand mit sich zog, doch die Menschen hörten nicht, von der Angst kontrolliert, suchten sie einfach nur nach dem nächst liegenden Ausgang. Ratlos beobachtete er, wie die ersten Menschen zu Boden gingen und die Flammen um sich schlugen und sich im trockenen Gras festbissen wie ein kleiner kläffender Hund. „Verdammt.“ Sein Gewissen ließ es nicht zu, er konnte die Menschen nicht alle ihrem Unglück überlassen. Aber selbst wenn er sie vor den Flammen bewahren konnte, waren da immer noch MaloMyotismon und seine Verbündeten. Sie konnte er nicht so einfach abschütteln. Gerade noch schaffte er es einer heranrauschenden Attacke auszuweichen, als er spürte, wie eine unsichtbare Kraft an seinen Kleidern – an ihm zog. Er drehte sich um die eigene Achse und sah riesige kreisrunde Strudel, die unter der Spannung zu knistern schienen. Ein lautes Knallen riss ihn aus den Gedanken, ein Krachen donnerte über das Gras hinweg und dann sah er wie, ein Feuerball von der Größe eines Kleinwagens auf die Erde zusteuerte. Und ehe er sich versah, wurde ihm der Boden unter den Füßen weggerissen und seine Hand verlor Maria. „Los, los“, angespannt forderte er die anderen dazu auf, das Portal zu betreten. Sam machte den Anfang, zusammen mit der verletzten Mina verschwand er im Lichtkegel. Der Strudel, der von den Toren ausging, riss ihn fast aus den Schuhen, während er Chichos half, durch das Tor zu klettern. Steve zupfte an seinem Ärmel, während die übrigen vom Licht verschluckt wurden. „Komm schon Mickey-Boy, ab nach Hause.“ Er nickte und wandte seinen Blick ein letztes Mal auf das Schlachtfeld, welches Tokio nun sehr glich, überall stapften erboste Meramon über die Wiese, während die Wachen versuchten, die flüchtenden Menschen wieder einzusammeln. Und dann sah es ihm direkt ins Gesicht, mit seinen roten durchbohrenden Augen. Sein mit Reißzähnen gefülltes Maul verzog sich zu einem Grinsen, während es die schwarze Pranke hob und sogleich stürmten eine Horde graufelliger Teufel auf sie zu. Die Augen der Gazimon lechzten nach seinem Blut, und hechteten auf sie zu. Mit einem Aufschrei stolperte Steve, fiel durch das Tor und war im Licht verschwunden, während Betamon sich wie in Zeitlupe aus seinem Griff wand. Erst als Seadramon sich schützend vor ihm aufbaute, verstand er. „Geh durch das Tor, Michael. Ich werde sie aufhalten!“ Sprach sein Partner und wandte ihm seinen Drachenähnlichen Kopf zu. Als Betamon das erste mal zu Seadramon digitiert war, hatte er so furchtbare Angst vor diesem Wesen gehabt. Es war so riesig, anders und… „Ich lass dich nicht im Stich!“, widersprach er bestimmt, während die ersten Gazimon sich in Seadramons Hals festbissen. Er blickte direkt in die tiefen nachtblauen Augen, die nur ihn sahen, während das Digimon seine Angreifer abschüttelte. Eine Träne löste sich aus der Nacht, während Seadramon flüsterte: „Es tut mir leid Michael…“ Und bevor er etwas hätte tun oder sagen können, raste die rostrote Schwanzflosse auf ihn zu und stieß ihn ins Licht. Der Strudel nahm in auf, und wilde Farbmuster wirbelten um ihn herum. Der Kampflärm vermischte sich zu einem Summen und verstummte schließlich endgültig. Author’s Note: Here we go again… Das Finale zu „Searching“. Das Ende hat es mir wirklich nicht sonderlich leicht gemacht, weil es derzeit einfach furchtbar stressig war, aber nun habe ich es endlich geschafft und bin glücklich. Ich mag dieses Verwobene in Geschichten, und Kettenreaktionen. Dieses ist wohl wahrlich eine Kettenreaktion. Ich habe absichtlich Lücken gelassen, zwischen dem was Sam herausfindet und dem was Michael daraus zu einem Plan formt. Einfach um die Spannung zu erhalten und auch weil es zu überfüllt gewesen wäre, wenn es sich im Nachhinein doch eh aufklärt. Wallace und Michael in einem Kapitel war sehr herausfordernd. Mit Michael zu schreiben ist sehr einfach – ich muss aufpassen, dass er nicht wie Tai wird – aber Moment mal, dass geht gar nicht mehr^^ Wallace ist dagegen derzeit noch komplexer, was seine Gefühlssituation betrifft. Und endlich: Jetzt gebe ich euch „Ihren“ Namen und schon verschwindet sie leider wieder. Maria ist überhaupt nicht so populär und viele dachten sicherlich erst „Sie“ wäre Französin nicht wahr?! ;) Aber dazu kommen wir erst später. Maria war ein Sinnbild für einen Charakter mit dem ihr noch nie etwas zu tun hattet und den ihr nicht über den Namen her kennen lernen solltet. Aber nun kennt ihr auch ihren Namen^^ Ansonsten kann ich nur noch sagen, dass ich Cliffhanger liebe und ihr darunter leiden müsst. Aber hey, es soll ja spannend bleiben, nicht wahr?! So und jetzt geschwind zum Epilog. Bis dahin PenAmour Epilog: Ein guter Tag --------------------- Ein guter Tag Vorsichtig hievte sie das umgefallene Metallgestell zur Seite und sammelte die Dosenbüchsen auf, die ringsherum verstreut lagen. In der Ferne jaulten die Sirenen auf, während die Schritte der Flüchtlingsströme auf dem Asphalt widerhallten. Alle hatten sie es nun eilig hier zu verschwinden, um sich vor den roten Augen zu verstecken und dem Feuer zu entgehen. Erfreut stellte sie fest, dass zwischen all den Bohnen und dem Dosengemüse auch einige Büchsen Pfirsiche zu finden waren. Heute war die Ausbeute durchaus erfreulich, und das machte den Tag zu einem guten Tag. Ihr suchenden Finger hielten inne. Ein Schluchzen hallte durch die Halle und wurde von der riesigen Glaskuppel aufgefangen und weiter getragen. Langsam richtete sie sich auf, verschloss den Rucksack sorgsam und schaute sich um, doch es war niemand zu sehen. Ihre Hände glitten wie von selbst zur Gürtelschnalle und legten sich um das Armeemesser, welches sie immer bei sich trug. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen und folgte dem Weinen. Zwischen den Trümmern der Elektronikabteilung hockte ein kleines Wesen mit kurzen Ärmchen und Beinchen. Die riesigen Schlappohren hingen bis auf den Boden, während das kleine Ding sich schluchzend über etwas beugte. Als sie sich näherte, erkannte sie, dass es sich dabei um einen Jungen handelte. Alle Viere von sich gestreckt mit einer riesigen Wunde auf der Stirn, lag er bewusstlos zwischen Videospielen und Handyaufladegeräten. Ihr Fuß stieß gegen einen Stapel Elektroschrott. Das Wesen fuhr erschrocken auf und baute sich schützend vor dem Jungen auf, dessen Blut bereits auf den staubigen Linoleumboden tropfte. Tränen kullerten über das hasenähnliche Gesicht, während die Beine ängstlich zitterten und es den Mund zusammenpresste, um mutig zu bleiben. Sie steckte das Messer beiseite und versuchte ein Lächeln. Das kleine Wesen sackte erleichtert in sich zusammen und strich dem Jungen liebevoll durch das blonde Haar, dann drehte es sich abermals zu ihr um. Die großen, dunkeln Kummeraugen hefteten sich an ihr fest. „Bitte hilf mir…“ Author’s Note: Und schon wieder eine Namenlose. HAHA. Hier geht es nun erst mal zu Ende. ToF geht in die Winterpause, während ich mich meinem anderen Projekt Digimon Soldiers zuwende. Ich entlasse euch in die Pause mit einem Ausblick auf den zweiten Teil, der da heißt „Burning“. http://www.youtube.com/watch?v=7gQXZVI9kY0 Bis dahin PenAmour Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)