Tales of the Firefly von PenAmour (- Searching) ================================================================================ Kapitel 17: Leben um zu kämpfen ------------------------------- Leben um zu kämpfen „We say that life is eternal but continue to struggle to survive.” (Neale Donald Walsch) Seine Fußsohlen brannten, während er versuchte mit Leomon Schritt zu halten und immer wieder über seine eigenen Füße stolperte. Die Müdigkeit hatte sich langsam in seine Glieder geschlichen. Erst hatte er sie erfolgreich verdrängen können, doch nun schlug sie mit erbarmungsloser Härte zu. Sie hatten Misty Tree schon bald hinter sich gelassen und waren durch die Digiwelt gewandert. Leomon wusste augenscheinlich besonders bewohnte Gebiete zu vermeiden und hatte bis jetzt alle Gefahrenzonen umschiffen können. Er wusste nicht wie lang sie nun schon durchs Dickicht krochen, über Waldwege schlichen und sich immer wieder an Marschtruppen vorbeidrückten. Jedes Mal, wenn eine dieser rotäugigen Artillerien an ihrem Versteck vorbei stampften, hatte er für einen Moment den Atem angehalten, nicht vor Angst, sondern vor Hoffnung. Doch nie fanden seine suchenden Blicke Terriermon. Es schien als sei das Digimon wie vom Erdboden verschluckt. Als habe der Sand es unter sich begraben. Doch diese Gedanken wischte er rasch beiseite. Er durfte den Kopf nicht hängen lassen, doch er würde seine Ungeduld nicht mehr lange unterdrücken können. Leomon hatte ihm versprochen, dass es ihn zu MaloMyotismons Gefangenen führte, aber seit Tagen hatten sie nun schon keinen Gefangenentransporter mehr zu Gesicht bekommen und auf seine Fragen bekam er nie eine Antwort. Im Gegensatz zu ihm schien Elecmon dem anderen Digimon vollkommen zu vertrauen und folgte ihm ohne große Anstalten zu machen. Auch Lopmon glaubte daran, dass das Digimon mit der riesigen Löwenmähne wusste was es tat. Heimlich ertappte er sich dabei, jeden Handgriff Leomons misstrauisch zu beobachten, schließlich hatte Daisuke ihn auf der langen Reise, die sie damals zu zweit unternommen hatten, über die Abenteuer der Japaner unterrichtet – und laut diesen Erzählungen war Leomon nicht immer der treue und vertrauenswürdige Gefährte gewesen, für den es sich nun ausgab. „Zwei Tage noch“, sagte er sich im Stillen. Zwei Tage würde er diese Wanderung ins Nichts noch mitmachen, wenn er dann keine Hinweise auf Terriermons Aufenthaltsort erhielt, würden sich die Wege dieser Zweckgemeinschaft trennen, so viel stand fest. Frustriert stieß er einen Baumzweig zur Seite, der ihm den Weg versperrte und nestelte an seinem Hemd herum, welches sich in einem Dornenbusch verfangen hatte. Die spitzen Stachel zwickten und hinterließen rote Striemen auf dem Arm, während er geradewegs in Leomon hineinrannte, welches ruckartig zum Stehen gekommen war und mit erstarrter Miene in die Baumwipfel blickte. Seine Augen blieben unergründlich – wie sooft und so musste er Leomons Blick folgen, um das Digimon zu verstehen. Und als er seinen Kopf gen Himmel streckte, droschen die Erinnerungen auf ihn ein als er den beißenden Gestank von Feuer und Verbranntem wahrnahm. Es war, als befände er sich wieder in Tokio, ganz und gar. Rauchschwaden krochen durch das Geäst und versuchten sich als unverfängliche Nebelschwaden zu tarnen, doch der Geruch verriet sie und deckte ihr wahres Wesen auf. Es war ihm, als loderten die Flammen und nahmen ihn gefangen. Doch noch war der Rauch nur ein Vorbote, kein verräterisches Aufblitzen, kein Knistern und Knacken war zu vernehmen. „Was hat das zu bedeuten?“, flüsterte Lopmon und klammerte sich an seinem Bein fest. „Wir müssen aus dem Wald raus..“ seine Stimme krächzte und bebte. „Aus diesem Hexenkessel – sonst verbrennen wir bei lebendigem Leibe.“ Er wandte sich direkt an Leomon, doch dieses schüttelte immer noch schweigend den Kopf. Es war wirklich wie in Tokio, genau wie dieser Michael hatte auch Leomon diese Gewissheit in seinen Augen, die nichts Gutes verhieß. Diese Gewissheit sprach von Heldentum und frühzeitigem Tod. Und dann rannte es los – ohne ein Wort der Erklärung, ohne Entschuldigung. Verwirrt sah er wie die braune Mähne zwischen den Rauschwaden und Bäumen verschwand. „Leomon, was zur Hölle…“, brüllte er und schlug wütend nach einem Zweig. Lopmon zupfte an seinem Hosenzipfel. „Wallace… wir sollten ihm folgen.“ „Was geht hier vor“, schnaufend vor Wut wandte er sich an Elecmon, welches Leomon genauso verwirrt hinterher starrte. Doch es schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß es nicht, ich kenn mich hier nicht aus. Vielleicht wurde ich hier geboren, aber ich gehöre hier genauso wenig hin, wie du.“ In Elecmons bleierner Stimme klang Schmerz und Wehmut mit, bevor es seinen Kopf hob und ihm direkt in die Augen blickte. „Meine Welt ist Marias Welt, nicht diese…“ Er nickte, er verstand. Und dann liefen sie der Löwenmähne hinterher, die sich immer weiter entfernte. Er konnte hören wie Elecmon neben ihm schwer atmete, während sie durch den Wald hetzten und nun auch der beißende Gestank von Verbranntem zunahm. Sie waren sicherlich nicht besonders lange gerannt, aber die Unruhe, die sich in ihm ausgebreitet hatte, ließ es so erscheinen, als hätten sie Stunden gebraucht, um hier her zu gelangen. Der Rauch lag dicht auf den Ästen und der Himmel leuchtet bereits in gefährlichen Rottönen auf. Und dann sah er Leomon, welches zusammengekauert hinter einem Gebüsch hockte. Langsam näherte er sich dem Digimon und kniete sich auf den schwitzigen Waldboden. In einiger Entfernung flimmerte ein unnatürlich kaltes Licht auf, welches die Rauchschwaden abzustoßen schien. Große schwarze Schatten schlichen über die baumfreie Fläche und er spürte einen unheimlichen Sog, der von dieser Lichtung ausging. Er hatte sich ins Gras gedrückt, presste die Handflächen gegen den Erdboden. Und dann wurden die Umrisse der großen Schatten deutlicher, seine Augen gewöhnten sich zunehmend an das bläuliche Licht und er erkannte riesige Lastwagen, die aus allen Richtungen herbeiströmten, während um sie herum das Feuer brodelte und aus der Ferne quiekende Schreie zu hören waren, die ihn an das kleine Nachbarsmädchen erinnerten. Es war eine schreckliche Heulsuse gewesen und hatte wegen jeder Kleinigkeit angefangen laut loszubrüllen, bis seine Mutter das Mädchen in den Arm genommen und getröstet hatte. Das verzweifelte Weinen erinnerte ihn an die Octomon und ihre gesichtslosen Partner, die er zurückgelassen hatte, es erinnerte ihn daran, dass er noch lebte, deshalb erhob er seine Stimme, während das blaue Licht langsam die Flammen verdrängte und Motorengeräusche verstummten. „Leomon, ich werde nicht draufgehen, hörst du. Ich werde nicht darauf warten, dass man mich findet. Ich werde nicht darum betteln anderen zu helfen.“ Wütend machte er sich von Lopmons besorgtem Griff los. „Ich werde nicht sterben!“ „Wallace, du verstehst nicht, wo wir hier sind“, knurrte Leomon und zum ersten Mal flackerte so etwas wie Zorn im Gesicht des Digimons auf. „Dieses Feuer wird unser aller Leben zerstören, wenn wir nichts unternehmen! Ihr Menschen lebt um zu leben, wir Digimon leben um zu kämpfen... Deshalb ist ein Leben nicht so wichtig, deshalb sind wir furchtlos und stark – weil es nie ganz vorbei ist, Wallace.“ Er wollte den Mund aufmachen und etwas erwidern, doch dann brachten ihn seine eigenen Erinnerungen zum Schweigen, seine Augen trafen die Lopmons. „Du weißt, dass es wahr ist, Wallace“, drang seine Stimme leise zu ihm heran. „Deshalb konntest du mich damals finden, deshalb konnte ich zu dir zurückkehren…“ „Aber was hat das alles mit einem Waldbrand zu tun?“ Er machte sich von Lopmons Augen los und wandte sich erneut an Leomon. „Weil das Feuer die Stadt des Ewigen Anfangs frisst, Wallace – das Feuer nimmt uns das Leben…“ Leomons Stimme war fast nur noch ein Raunen. „Wenn das Feuer die Stadt zerstört hat, sind wir verloren, seid ihr verloren, bist du verloren und vielleicht sogar Terriermon…“ Beim Klang des Namens zuckte er unwillkürlich zusammen. Wenn Terriermon es nicht geschafft hatte, wenn Terriermon nicht mehr… dann war es vielleicht dort. Author’s Note: It all comes down to this, I guess… Die Stadt des Ewigen Anfangs wird also Dreh- und Angelpunkt des Showdowns. Mit der Stadt endet auch die Suche… Wallace wird von seiner Ungeduld getrieben, aber er ist hin und her gerissen zwischen seinen persönlichen Interessen und dem was man Gewissen nennt. Was letztendlich gewinnt, weiß wohl nur er selbst. Ich musste der Stadt und den Digimon eine gewisse Bedeutung zugestehen, deshalb der Titel, aber eigentlich leben sie alle, um zu kämpfen, nicht wahr… Lopmon spricht natürlich von der Zeit, nachdem es Wendimon hinter sich ließ und Wallace es als Digitama wieder gefunden hat. Die Bedeutung der Wiedergeburt hat auch nur deshalb so einen Effekt auf ihn, weil er weiß, wie es ist. Allein Takeru könnte diese Gefühle wahrscheinlich nachvollziehen. Was nun mit dem blauen Licht und Co ist, können Wallace und Leomon aus ihrem Versteck nicht wirklich erkennen, Sam hat da eine wesentlich bessere Sicht auf das Geschehen… Also bis dahin PenAmour Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)