Tales of the Firefly von PenAmour (- Searching) ================================================================================ Kapitel 8: Sieh nicht hin ------------------------- Sieh nicht hin I would rather have eyes that cannot see; ears that cannot hear; lips that cannot speak, than a heart that cannot love (Robert Tizon) Mit einem erschrockenem Aufschrei bremste Michael mitten im Lauf, so dass sie kaum Zeit hatte zu reagieren und mit voller Wucht in seinen Rücken prallte. Wie aus dem Nichts war dieser Junge mit der roten Mütze vor ihnen aufgetaucht, als sie gerade die Straße passieren wollten, den Blick gen Himmel gerichtet, die Lauscher gespitzt. Es war dieses schreckliche Kichern gewesen, welches einem die Freude aus den Gliedern sog, nachdem sie horchten und welches sie erst dazu veranlasst hatte, überhaupt aufzubrechen. Der Junge, der Michael hieß, hatte ihr im gebrochenen Spanisch gesagt, dass sie eine Pause machen wollten. Natürlich hatte sie nicht widersprochen. Ihre Füße schmerzten und sie war außer Atem von der ganzen Lauferei, die die drei anderen anscheinend mühelos hinter sich bringen konnten. Ihre Schritte waren ja auch doppelt so groß, wie die ihren. Sie hatte gerade die Augen geschlossen und das Gemurmel der Jungs ausgeblendet, welches sie eh nicht verstand, als das Lachen die Ruhe durchschnitt und sie alle in helle Aufregung versetzte. Sie hatte ihren Herzschlag hören können, der von ihrer Angst angetrieben wurde, während Worte wie duty und rescue fielen. Die Miene des Michael-Jungen war bitter ernst, so wie sie es von ihrer Mutter nur zu gut kannte, wenn sie etwas angestellt hatte. Und Steve, der sich selbst für ungemein komisch hielt, verzog eine Grimasse, woraufhin Lou, der sich mit ihnen unter den toten Leibern versteckt hatte, nur genervt die Stirn runzelte. Und dann ging alles ganz schnell, ohne sie zu fragen, hatte man alles eingepackt und sich auf den Weg gemacht. Wütend lief sie neben Michael her, der es nicht für nötig zu halten schien, sie nach ihrer Meinung zu fragen, doch gleichzeitig wusste sie auch, dass sie dem Plan wohl oder übel zugestimmt hätte. Sie hatte sonst niemanden, stellte sie traurig fest. Sie war in dieses fremde Land, in diese riesige Stadt, die sich nun in einen Schrotthaufen verwandelte, ganz allein. Sie war Kens Hilferuf gefolgt, erstens weil er so süß gelächelt hatte, zweitens, weil Wormon sofort beleidigt gewesen war und das Digimon sie immer zum Lachen brachte und drittens, weil sie ein Digiritter war. Und Digiritter kämpfen nun mal, das hatte Gottsumon ihr oft erklärt, für den Fall aller Fälle. Dafür hatten sie hart gearbeitet und trainiert. Doch jetzt war Ken nirgends zu sehen, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als den drei fremden Jungen zu folgen, die sie nicht für voll nahmen, weil sie nur halb so groß war. Gottsumon hatte seine steinerne Hand um ihre gelegt und sie so sanft, wie es für einen Stein eben möglich war gedrückt und das hatte sie glücklich gemacht. Für einen kurzen Moment hatte sie in das starre Gesicht ihres Partners geblickt und sich sicher gefühlt. Bis die nächste Lachsalve über die Stadt hinwegfegte und Michael zum Stehen kam. Sie fühlte, wie sich ihr Körper anspannte und Gottsumon neben ihr seine Kampfposition einnahm, während sie alle den Jungen mit der roten Mütze und der Football-Jacke, deren weiße Ärmel im Kontrast zu der dunklen Haut standen, musterten. Als plötzlich zwei weitere Gestalten hinter aus Dunst des Rauches auftauchten, von denen eine einer Krabbe glich und die andere bei genauem Hinsehen ein Junge war, dessen sandfarbenes Haar unter einem Schal hervorlugte, welchen er sich um den Kopf geschlungen hatte. Michael schien sich bei dem Anblick der drei zu entspannen und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er auf die rote Mütze zutrat. „Sam, so glad to see ya, man“ und den Jungen, der ihn ebenfalls zu kennen schien umarmte. Und auch Lou und Steve traten auf den Jungen zu, der allem Anschein nach Sam hieß, und klopften ihm auf die Schulter. Mehr konnte sie nicht heraushören, weil die vier losplapperten und wild gestikulierend ihre Geschichten erzählten, so dass sie kaum etwas verstehen konnte. „It was awful, I had no idea what was coming and suddenly... well they got Muchomon.” “All the people were running scared and the skyscrapers collapsed like a damn house of cards...” “So many dead bodies…Man I won’t get much sleep for a long time...” Der Junge mit den sandbraunen Haaren schien einen Moment unschlüssig neben den vieren zu stehen, die sich offensichtlich gut zu kennen schienen, bis der, der sich Sam nannten, ihn als Dingo vorstellte und das Gerede, in für sie schwer verständlichem Englisch fortgesetzt wurde, während die Digimon sich unterdessen über das Erlebte austauschten. „Hey, Chicos!”, rief sie genervt und stampfte mit den Füßen auf, um sich Gehör zu verschaffen, „Gottsumon, sag ihnen, dass wir keine Zeit haben für ein Kaffeekränzchen, pronto.“ Doch bevor ihr Partner ihre Worte wiederholen konnte, so dass alle sie verstehen würden, schallte ein Kreischen über die nach wie vor brennenden Dächer hinweg. Und die Stimme, die nur wenige Stunden zuvor den Befehl gegeben hatte, die Stadt und ihre Bewohner zu zerstören sprach erneut. „Du bist schuld, wenn sie sterben. Willst du diese Last wirklich auf dich nehmen, Anführer? Du hast nicht mehr viel Zeit. Die Uhr deiner Eltern läuft gleich ab. Tick Tack, Tick Tack!” Ihre Blicke richteten sich auf den Himmel, der sich verdunkelt hatte, allein die roten Augen blitzten auf, die ihren Blick auf einen Punkt am Boden richteten. „It’s him!“ Steves Stimme bebte und er deutete mit zitternder Hand auf die Gestalt, die nicht weit von ihnen, zwischen den Trümmern thronte und mit ihren Pranken den Boden durchpflügte, als suchte sie dort etwas. Wie groß MaloMyotismon sein musste, wie mächtig, dass sie selbst auf einige hundert Meter Entfernung noch die blutbedeckten Krallen sehen konnte. Und während sie darüber nachdachte, wie hoch ihre Chancen gegen so ein Wesen sein konnten, wurde sie auf den Boden gerissen. Michael hatte sie am Arm zu fassen bekommen und zusammen mit den anderen kauerte sie nun auf dem Boden. Michael deutete den anderen vier Jungen, sowie den Digimon, die bereits ihre Kampfpositionen eingenommen hatten an, ihm zu folgen, während er sie an Trümmern und Überresten vorbeischleuste und hinter einem umgekippten Bus zum stehen kam, dessen Räder sich nun in die Luft streckten. Michael richtete seinen Blick die Digimon. „Er meint, wir sollten uns möglichst ruhig verhalten und einen Kampf hinauszögern so lange es eben geht“, übersetzte ihr Gottsumon das Gesagte. „Michael sagt, dass wir eine bessere Chance haben, wenn wir uns verstecken. Ich halte das für eine gute Idee…“ Dabei schaute es sie abwartend an, um ihre Meinung zu erfahren. Sie nickte stumm. Sie sah, wie Steve den Kopf schüttelte, erst auf MaloMyotismon zeigte und sich dann mit dem Zeigefinger an die Stirn tippte, woraufhin Michael wütend das Gesicht verzog. Sie ahnte, dass es wieder um duty ging, und darum, dass sie Digiritter waren. Um weiteren Diskussionen zu entgehen schaltete sich nun das krebsartige Digimon ein, als Ganimon hatte Gottsumon es ihr vorgestellt. „Er scheint mit jemanden zu sprechen“, begann es, „Jemanden, den er fürchtet, sonst hätte er ihn längst getötet, sonst würde er nicht mit ihm verhandeln…“ Sie lugte zwischen den Seitenspiegeln des Busses durch, um zu sehen, was sich dort abspielte. „Er scheint ein Ultimatum gestellt zu haben, er hat was gegen ihn in der Hand.“ Doch nichts rührte sich, während das Monster ungeduldig den Kopf hin und her warf. „His parents“, flüsterte Lou und Ganimon nickte zustimmend. „Die Frage ist nur, wem MaloMyotismon hier ein Ultimatum stellt…“ „Taichi!“, presste Michael hervor. „Mimi told me about Taichi’s achievements, and how scared MaloMyotismon always was... Scared of what Taichi is capable of...” Sie wandte ihre Konzentration von Michael und Ganimon ab, die nun mit gedämpften Stimmen einen Plan entwarfen um diesem Tai zu helfen, und starrte stattdessen auf MaloMyotismon dessen weißer Panzer bedrohlich in der Dunkelheit schimmerte, während er seine Klaue hob. „Die Zeit ist um! Ich sehe, du bist ein Feigling. Nun gut, der Preis ist hoch, aber du scheinst bereit, ihn zu zahlen.“ Binnen einigen Sekunden schmetterte er seine Faust auf und bekam anscheinend etwas zu fassen. Etwas, das er nun zwischen seinen Pranken zusammendrückte und anschließend achtlos wegwarf, wie ein benutztes, uninteressantes Spielzeug. Eine böse Ahnung machte sich in ihren Gedanken breit, während sie langsam am Seitenspiegel des Busses vorbei kroch und mit gesenktem Kopf zu einem Steinhaufen rannte, der einmal zu einem Haus gehört hatte. Vorsichtig hob sie den Kopf, um erkennen zu können, was dort vor sich ging, als MaloMyotismon ein weiteres Lachen aus seiner Kehle entließ und auf eine zusammengekauerte Gestalt zutrat, die zu seinen Füßen saß. Es musste sich um eine Frau handeln, deren mandelholzfarbenes Haar das Gesicht verdeckte. Schritt für Schritt, Steinhaufen für Steinhaufen näherte sie sich dem Geschehen und konnte nun sehen, wie das grausame Monster mit einem geübten Griff den Körper der fremden Frau umschlang und seine Klauen in ihr Fleisch rammte. Und ohne Vorwarnung riss er ihren Brustkorb auf und ein blutiger, pulsierender Klumpen lag in seinen Pranken. Sie spürte, wie ihre Hände und Füße kribbelten, wie ihr Körper zitterte, wie sich ihr Mund öffnete, doch kein Laut über ihre Lippen drang, wie salzige Tränen die Wangen passierten, und das Gesehene langsam zu ihrem Verstand durchsickerte… Plötzlich legten sich warme Hände auf ihre Augen. „Don’t look – Sieh nicht hin“, flüsterte Michael und nahm sie in den Arm. „Sieh nicht hin.“ Als ein dumpfer Aufprall gefolgt von einem lauten, genüsslichen Schmatzen ertönte und sie sich an Michael krallte, der sie an seine Brust drückte, selber aber auch kaum sein eigenes Zittern unterdrücken konnte, während ihre Tränen auf sein Shirt tropften und sie die Lippen zusammenpresste, um das Schluchzen zu unterdrücken. „Macht’s gut, Digiritter. Wir sehen uns wieder!“ heulte die Stimme MaloMyotismon über sie hinweg. „Und denk daran, Taichi Yagami, du hast einen Platz bei mir sicher, falls du dich noch anders entscheiden solltest.” Mit einem letzten Lachen verschwand er. Sie sah es nicht, aber sie wusste es in dem Moment, als Michaels Muskeln sich langsam entspannten. Als sie die Augen aufschlug war Gottsumon bereits an ihrer Seite und auch die anderen, deren Tränen ihnen über die Gesichter liefen, waren hinter dem Bus hervor gekrochen. Doch bevor einer von ihnen was dazu sagen konnte, schoss Michael in die Höhe. Eine Gestalt kletterte über die Trümmer hinweg. Es war ein junger Mann, dessen dunkler Mantel im Winde wehte, das Haar, kastanienbraun, in alle Richtungen stob, und das Gesicht unbewegt und ohne Anzeichen eines Gefühls blieb, während er sich dem toten Körper der Frau näherte. Michael machte sich aus ihrer Umklammerung los, als langsam weitere Menschen zwischen den Trümmern auftauchten und sich den Platz des Schreckens näherten. Einer von ihnen hatte glänzendes, schwarzes Haar und schien sich nur mit Mühe und Not aufrecht halten zu können. „Ken!“, flüsterte sie und ihr Herz machte einen Satz. Erleichtert, endlich jemanden zu sehen, den sie kannte und vertraute, rappelte sie sich auf und wollte loslaufen, doch jemand hielt sie zurück. Diesmal war es nicht Michael sondern Lou, der sie mit dunklen, unergründlichen Augen anschaute und langsam den Kopf schüttelte, während er auf die Gestalten deutete, die sich nun um die tote Frau scharrten. Ein Mädchen war zu Boden gegangen, es zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub, während der Junge mit dem zerzausten Haar sich bereits wieder erhoben hatte. Seine Hände waren blutrot. Es war das Blut seiner Mutter und diese Erkenntnis traf sie wie ein Tritt in den Magen. Ohne ein weiteres Wort schien der junge Mann nun im Begriff, diesen Ort zu verlassen, gefolgt von den anderen. Das hatte auch Michael gesehen, der nun lossprintete. „Wait!“ Author’s Note: Ich weiß, dass es hart ist, diese Dinge aus Chichos Sicht zu schreiben, denn sie ist gerade mal 9 Jahre alt. Und gerade die FoD-Leser unter euch, werden sich an die Geschehnisse dieses Kapitels erinnern können und wissen, dass ich es aus einem guten Grund mache. Zumindest aus einem wichtigen Grund. Denn es wird immer Momente geben, in denen Chichos jemanden braucht, der ihr die Augen zuhält. Wichtig ist, dass Chichos aus Mexiko stammt, demnach ihr Kapitel natürlich aus der spanischen Sicht geschrieben ist, die anderen aber Amerikaner/ Australier sind, daher versteht sie das meiste nicht und das musste ja irgendwie rübergebracht werden. Die Digimon haben in meinen Augen eine Universalsprache, ergo sie können jeden verstehen und werden von jedem verstanden. Bis dahin PenAmour -Hilfestellung- Chichos – Gottsumon Michael – Betamon Lou – Otamamon Steve – Penmon Dingo – Ganimon (Sam – Muchomon) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)