Losing my religion von Leira ================================================================================ Kapitel 1: Losing my religion ----------------------------- Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser! Heute gibt es hier eine kleine Premiere ;D Leira: Vorab muss geschickt werden, auch wenn ich diese Geschichte auf meinen Account hier lade, sie ist nicht von mir allein verfasst- sondern eine Kollaboration von mir, also Leira, und der lieben Shelling__Ford, ebenfalls Fanfic-Autorin bei Mexx. Anlässlich des heutigen Tages, für einen besonderen Menschen ^.^ Shelling__Ford: Um genau zu sein, geht es um einen von uns sehr gemochten, von Musik und Conan begeisterten Physiker, dem wir mit diesem „kleinen“ OS eine Freude bereiten wollen. Leira: Diplomphysiker. *grins* Soll schon korrekt zugehen hier mit den Titeln und Begrifflichkeiten ;D Also, wollen wir Namen nennen- diese Geschichte ist für den lieben Diracdet :D Wir haben uns mal ein wenig Mühe gemacht und uns zusammengesetzt- uns ein Lied gesucht und versucht, was draus zu machen. Eine Songfic mit uuunwesentlich mehr Fic als Song ;D Shelling__Ford: *grins* Uuuunwesentlich *lach* allerdings ;D Nun… wer unsere bescheidenen Aktivitäten in der FF-Ecke kennt, dem ist wohl klar, dass nichts „Kurzes“ dabei heraus kommen konnte, wenn wir zusammenlegen. Aber es hat auch echt Spaß gemacht ^__^ Also? Wollen wir sie in die FF entlassen, Leira? Leira: Ja... ich würde sagen... sofort ^.^ Aber zuerst noch: Lieber Diracdet - alles Liebe zum Geburtstag von uns zweien! Wir hoffen, du hast Spaß an dem, was wir uns für dich ausgedacht haben und wünschen dir einen wundervollen Geburtstag :D Lass dich feiern! In diesem Sinne- gehet hin und leset ;D Mit den freundlichsten Grüßen das Autorenduo Leira und Shelling__Ford Schelling__Ford und Leira ;D __________________________________ Losing my religion „Verdammt Ai, sie hat Geburtstag!“ Dieser eine Satz hallte in seinen Gedanken nach, ausgesprochen, fast geschrien von einer Kinderstimme… von Conan Edogawas Stimme. Seinem heiß geliebten Alter Ego. Er stand im Badezimmer, seufzte leise sein Spiegelbild an, rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Stirn, versuchte so, sowohl den Gedanken an Conan wie auch den Gedanken an Conans Stimme aus seinem Kopf zu vertreiben. Heute Abend sollte der Knirps ihn nicht stören. Shinichi ließ die Hand sinken, und band die beiden Enden seiner dunkelblauen Krawatte zu einem formvollendeten Windsorknoten. Ja, es war Shinichi, der ihn ansah, nicht Conan, auch wenn es der neunmalkluge Grundschüler war, der auch jetzt in seinem Kopf immer noch das Sagen hatte, mehr, als er es sich eingestehen wollte. Und dass es Shinichi war, der nun ihm Badezimmer der Villa Kudô stand, verdankte er dem temporären Gegengift von Ai… ja… er hatte sie erweichen können, diesmal. Allerdings war es nicht dieser Satz gewesen, der das Zünglein an der Waage gespielt hatte… er wusste nicht, wie lange er an ihr herumgeredet hatte, sie auf Knien angefleht hatte, das doch für Ran zu tun, nicht für ihn, sondern für sie, nur für sie… und sie sich nicht erweichen hatte lassen. So verdammt stur geblieben war und ihn jedes Mal nach Hause geschickt hatte. Er war seit über einer Woche jeden Tag bei ihr aufgekreuzt, immer und immer wieder mit der gleichen Bitte, manchmal mit sauber zurecht gelegten Argumenten, dann wieder mit einem Appell an ihre Menschlichkeit, an ihr gutes Herz, das sie laut eigener Aussage ja nicht besaß, dann ärgerlich, wütend und mit lauter Stimme, was bei ihr auf taube Ohren stieß, denn anschreien ließ sie sich nicht, auch nicht von ihm - und dann wieder verzweifelter, als er es je hatte sein wollen, verzweifelt, wie er nie gesehen werden wollte, egal von wem… Er wollte ihr nicht zeigen, wie elend es ihm ging, wie hilflos er sich fühlte… wie sehr er es auch einfach mal selber wieder brauchen würde, er selbst zu sein… Shinichi Kudô zu sein, tun und lassen konnte, was Shinichi tat und ließ… und ihr einfach… etwas Gutes zu tun. Ran ein paar unbeschwerte, sorgenfreie Stunden zu verschaffen. Mit ihm, der tun konnte, was Conan nie zu tun imstande sein würde. Der sagen konnte, was Conan nie über die Lippen bringen würde. Und auch nicht durfte. Er wollte ihr einen schönen Tag machen. Beziehungsweise… einen herrlichen, unvergesslichen Abend. Schließlich hatte sie Geburtstag, und verdammt, sie vermisste ihn so sehr; da wollte er… wollte er sie einfach überraschen. Wollte ihr… ein besonderes Geschenk machen, ein ganz besonderes Geschenk, nachdem das letzte Treffen so lange schon her war. Er war es ihr verdammt nochmal schuldig. Er wollte Abbitte leisten für die vielen Male, in denen er unentschuldigt verschwunden war, Versprechungen gemacht hatte und sie dann doch nie gehalten hatte… Ein tiefer Seufzer verließ seine Lippen, dann zog er die Krawatte enger, schlug die Enden seines Kragens um und stopfte sein Hemd in den Bund seiner Hose. Sie hatte so gelitten, die letzten Wochen. So oft geweint, wegen ihm. Er hatte es gesehen, und es war immer unerträglicher geworden. Er musste etwas dagegen tun; er. Nicht Conan. Denn er war es, wegen dem sie weinte… er war es, der ihr Antworten schuldig war. Und genau dafür war der heutige Abend da. Automatisch griff eine Hand nach rechts, fischte den Gürtel vom Handtuchstapel. Lange hatte es ja nicht so ausgesehen, als würde er stattfinden, dieser Abend. Ai war standhaft geblieben, egal, was er gesagt oder getan hatte… und dann hatte sie ihn besucht, vor zwei Tagen. Unerwartet. Und hatte es ebenfalls gesehen… hatte gesehen, was er sah. Gesehen, was er meinte, wenn er davon sprach, was Ran ertrug, seinetwegen. Was sie durchmachte und wie sie litt. Wo all seine Worte versagt hatten, hatte der rotblonden Forscherin ein Blick gereicht. Eigentlich hatte er Ai gar nicht in die Wohnung lassen wollen, hatte mit ihr rausgehen wollen, schließlich wusste er, dass Ran eigentlich nicht wollte, dass man sie so sah, in ihrer Trauer, ihrer Verzweiflung… wollte nicht mal, dass der kleine Conan, ihr kleiner Schatz, ihr kleiner Bruder- Ersatz… sie so sah. Ein bitteres Lächeln war auf seine Lippen geschlichen. Kleiner Bruder, ja. Also hatte er Ai gesagt, dass keiner daheim wäre, er sich ohnehin langweilen würde und er mit zum Professor käme, aber… Er zog das Lederband durch die Schlaufen und verschloss die Schnalle, seufzte seine Reflektion im Spiegel an, die ihn mit ernster Miene anstarrte. Sein Gesicht, seine Stimme hatten ihn wohl verraten. Wenn es um Ran ging, hatte sein schauspielerisches Talent schon immer versagt, und das tat es auch diesmal. Ai hatte sich einfach an ihm vorbeigedrängt, war den Gang entlang zu ihrem Zimmer gegangen, und hatte durch den Spalt zwischen Tür und Türstock hineingeblickt. Nur kurz; aber der Augenblick hatte offenbar gereicht. Sie war zurückgeprallt, in ihren hatte Augen ehrliche Betroffenheit gelegen. Ai hatte eine Ran gesehen, die sich ihr bis jetzt immer entzogen hatte. In Tränen aufgelöst, mit dem Foto in ihren Händen - mit seinem Foto - verloren in ihrem Kummer. Dann hatte sie sich umgedreht und ihn gesehen, einen jungen Mann im Körper eines Kindes, der mehr litt, als jeder andere Mensch, der ihr je begegnet war. Sie hatte sie nie so gesehen… sie beide nicht. Ai… hatte nur sehr kurz überlegt, ihn dann ihrerseits am Handgelenk gepackt und ihn mit sich gezerrt, aus der Wohnung, aus dem Haus, stumm. Ohne weitere Umschweife hatte sie ihm beim Professor die Kapsel mit dem Gegengift in die Hand gedrückt, und ihn nicht angesehen, als sie gesprochen hatte. Ihre Stimme war kaum lauter gewesen als ein Wispern, und als sie fertig war, hatte sie sich umgedreht und war im Keller verschwunden, ohne ein weiteres Wort. Ihre Worte hatten in seinem Schädel noch lange nachgeklungen. „Mach ihr einen schönen Tag, Shinichi…“ Und nun stand er hier, in seinem Haus, in seinem Badezimmer und konnte ohne auf einen Stuhl zu klettern in den Spiegel sehen und sich die Krawatte binden, und war wild entschlossen, genau das zu tun. Ran einen schönen Tag zu machen. Gedankenverloren griff er nach einem Kamm, fuhr sich durch sein störrisches Haar, wohl wissend, dass sein Kampf auch diesmal wieder zum Scheitern verurteilt sein würde, aber er wollte es versucht haben. Er hatte einen Tisch reserviert, hatte ihr angekündigt, dass er sie ausführen wolle, als Geschenk… Langsam wandte er sich um, schaute zu seinem Sakko, in dessen Tasche, wie er wusste, noch ein zweites Geschenk wartete. Er seufzte. Wenn er heute schon mal die Gelegenheit hatte, dann wollte er auch Nägel mit Köpfen machen. Wer wusste, wann er das nächste Mal dazu kommen würde. Shinichi strich sich über den Hinterkopf, merkte, wie ein wenig Nervosität sich in ihm breitmachte, wandte sich wieder seinem Spiegelbild zu, dem er endlich mal wieder entgegenblicken konnte, ohne dass ihm dabei sauer aufstieß. Sie hatte sich wirklich erfreut angehört, gestern am Telefon, und als er zurückgekommen war, als Conan, hatte sie ihm aufgeregt, mit strahlenden Augen und geröteten Wangen erzählt was er schon lange wusste. Aber er hatte gelächelt und sich alles angehört, denn sie so fröhlich zu sehen tat ihm unglaublich gut. Er hatte um die sechs Stunden, und die sollten unvergesslich werden, für Ran. Vielleicht für ihn auch. „Wehe, du verbockst es wieder.“, murmelte er seinem Spiegelbild zu, strich sich noch einmal über seine Haare. Dieses Mal musste es klappen. Langsam atmete er aus, ließ seine Schultern sinken, entspannte sich; dann drehte er sich um, griff nach seinem Sakko und verließ das Haus. Ein Abend ohne Conan… ein Abend, wo er den Gedanken an den Zwerg einfach nicht denken wollte. Conan war heute unwichtig, es durfte nicht interessieren, was nach heute kam… wer er in ein paar Stunden wieder sein würde oder nicht. Heute ging es um etwas anderes… etwas viel Größeres. Es ging um ihr Glück. Es ging um ihr Leben; um seins und um ihrs. Oh… Life is bigger It's bigger than you And you are not me Gute anderthalb Stunden später musste er sich eingestehen, dass man nichts planen konnte, und selten etwas so ablief, wie man es wollte. Mittlerweile war die Vorspeise gegessen, und sie beide saßen vor ihrem Hauptgericht. Shinichi schaute kurz auf, sah in ihr Gesicht, blickte dann wieder auf seinen Teller, dachte nach. Irgendwie wollte das hier überhaupt nicht so werden, wie er sich das vorgestellt hatte. Schon als er sie abgeholt hatte, war sie so… komisch gewesen. Zurückhaltend. Klar, sie hatte… hatte sich gefreut, ja. Aber er hatte das Gefühl, dass diese Freude doch irgendwie verkrampft war. Er vermisste das Strahlen in ihren Augen, die roten Wangen, das Lächeln, das sie noch gestern an den Tag gelegt hatte… Davon war nichts übrig geblieben. Ja, okay, sie hatte gelächelt, vorhin, als er vor ihrer Haustür gestanden war. Kogorô hatte nicht gelächelt, ihm nur ein paar Drohungen gemacht, die er allesamt überhört hatte. Er hatte nur Augen für Rans Gesicht gehabt, und das hatte ihm Rätsel aufgegeben, und tat es jetzt noch. Sie wirkte bedrückt; ihr Lächeln wirkte aufgesetzt, reichte nicht bis in ihre Augen. Sie schien nervös, scheu, sah ihm kaum ins Gesicht und irgendwie hatte er das Gefühl, sie fühlte sich unwohl, und das wiederrum führte dazu, dass er sich unwohl fühlte. Sie hatten heute Abend das steifste und nichtssagendste, belangloseste Gespräch ihres Lebens geführt, ohne Zweifel. Und deswegen… hatte er auch seinen Vorsatz, ihr heute endlich zu sagen, was er für sie empfand, über Bord geworfen. So… so ging das nicht. Ein bitteres Lächeln huschte über seine Lippen. Langsam konnte er sich denken, woher ihre Ablehnung, ihre distanzierte Haltung rührte, auch wenn er es eigentlich nicht wahrhaben wollte. Über ihre Lippen schlich ein leises Seufzen. Shinichi sah auf, kniff seinen Mund zusammen, krampfte seine Hand um die Gabel. Er hatte sich so viel vorgenommen für heute Abend, hatte so sehr hingearbeitet auf eben diesen Moment… aber wie es schien, würde doch einmal wieder alles ganz anders laufen. Sie ließ ihn nicht ran, und er ahnte, warum. The lengths that I will go to The distance in your eyes Oh no I've said too much I set it up Sie konnte sich nur schwer freuen, dass er da war, weil sie schon wieder daran dachte, dass er nicht blieb… sie kannte das, sie hatte es oft genug mitgemacht, mittlerweile. Sie ging im Vorfeld auf Distanz. Und da würde sie bleiben, würde wohl gar nicht mehr versuchen, sich ehrlich zu freuen und den Abend zu genießen, weil er ihr gleich, nachdem er sie abgeholt hatte, eröffnet hatte, dass er auch heute wieder gehen würde. Vielleicht hätte er sich diesen Kommentar noch sparen sollen… aber er wollte nicht diese ewige Diskussion führen, warum und wieso er ging, wenn er gehen musste, denn dann eilte es meistens ein wenig. Er wollte, dass sie wusste, woran sie war. Jetzt bereute er es. Er hatte zu viel gesagt… Vielleicht hätte er sie doch ein wenig… in Sicherheit wiegen sollen, damit sie den Abend wenigstens genießen konnte. Jetzt tat sie es auf alle Fälle nicht. Shinichi stöhnte auf, dann legte er das Besteck beiseite, knallte es fast auf den Tisch. So ging das aber auch nicht weiter. Ran schaute auf, sah ihn scheu an. „Was ist denn? Stimmt was mit dem Essen nicht…?“ Shinichi biss sich auf die Unterlippe, sah etwas nervös zur Seite, überlegte, was er sagen sollte. Er hatte gestrichen, ihr zu sagen, was er für sie empfand, okay. Das Geschenk, das sich noch in seiner Jackentasche befand, würde dort auch bleiben. Aber verdammt, sie hatte Geburtstag! Er wollte ihr doch einen schönen Abend machen, nicht einen, wo sie sich stocksteif in düsterer Erwartung dessen, was am Ende kommen würde, gegenübersaßen - stundenlang. Langsam atmete er aus, dann schaute er sie an. „Nein. Das Essen ist köstlich.“ „Was… was ist es denn dann…?“ Sie klang unsicher. „Das fragst du noch?“ Shinichi zog die Augenbrauen hoch, hatte versucht, nicht bissig zu klingen. Ran biss sich nun ihrerseits auf die Lippen, schaute betreten zur Seite. Es war klar gewesen, dass ihm das auffallen musste, aber sie hatte gehofft, dem wäre nicht so. Schon als er vor der Tür gestanden hatte, hatte sich die Befürchtung, dass er auch diesmal nicht würde bleiben können, in ihr breit gemacht. Schon als sie ihn angesehen hatte. Seit seinem Anruf bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich fast berauschend glücklich gefühlt, hatte sich hübsch gemacht und ihrem Vater vorgeschwärmt, wie sie den Abend verbringen würde, der davon gar nicht so begeistert gewesen war, aber das hatte sie nicht gekümmert. Dann hatte sie ihn gesehen, hatte in dieses vertraute Gesicht geschaut, seine Stimme gehört, und in diesem Moment war ihr bewusst geworden, wie schrecklich sie ihn vermisst hatte… und wie sehr sie ihn liebte. Und dass sie es kaum ertragen würde, ihn nun zu sehen, und doch wohl wieder gehen lassen zu müssen, ohne zu wissen, wohin er verschwand. Damit hatte es angefangen. Als er dann im Taxi ihre Erwartungen bestätigt hatte, war der Abend für sie so gut wie gelaufen. Sie blieb auf Abstand, um die Folgen für sich so gering wie möglich zu gestalten. Sie wollte die Schäden überschaubar halten… jetzt, wo sie tatsächlich wusste, mehr als je zuvor, was er für sie bedeutete… wie sehr sie ihn vermissen würde. Wenn sie ihm nicht zu nahe kam, sich nicht zu sehr auf seine Anwesenheit einließ, würde es vielleicht nicht ganz so schlimm sein, wenn er dann wieder weg war. Es war klar, dass er ihre Distanziertheit hatte spüren müssen, aber das hatte sie in Kauf genommen. Nun war es soweit. Ran seufzte laut, legte ebenfalls das Besteck beiseite, wenn auch ungleich sachter. „Du hast ja Recht.“, flüsterte sie gepresst. Er seufzte leise, schaute sie bekümmert an. Zum ersten Mal an diesem Abend war ihre Reaktion tatsächlich authentisch. Sie blickte auf, etwas scheu, sah ihm in die Augen und merkte, wie sich ihre Mundwinkel unwillkürlich nach unten zogen. „Ich hab mich echt gefreut…“, wisperte sie leise. „Bitte versteh mich nicht falsch, ich war so… glücklich, gestern, als du sagtest, du kommst! Ehrlich! Ich hatte damit ja gar nicht gerechnet, dass du überhaupt an meinen Geburtstag denkst, und dann dir auch noch Zeit nimmst…! Dir einen Abend Zeit nimmst und kommst, nur für mich…“ Sie lächelte traurig, blickte auf ihren Teller, griff sich dann die Serviette und begann sie mit ihren Händen zu kneten. „Ich will nicht undankbar scheinen. Ich will, dass du weißt, dass ich mich wirklich freu, dich zu sehen…“ Shinichi schluckte, umklammerte mit seinen Händen die Tischkante. „Mit dir Essen zu gehen und das alles… ich meine…“ Sie schaute auf, in ihren Augen eine Mischung aus Wut auf sich selbst und Verzweiflung über den Augenblick. „Du hast dir extra Zeit genommen, hast hier einen Tisch reserviert…! Du… du bist da! Nur für mich! Und ich…“ Sie brach ab, biss sich auf die Lippen, blickte auf ihre Hände, die die Stoffserviette zerknüllten. Shinichi seufzte, schaute sie unverwandt an, sah, wie sie mit sich darum kämpfte, die Worte zurückzuhalten und wusste doch, was sie gleich sagen würde - dass sie ihn verlieren würde, diesen Kampf. „… und ich sitz den ganzen Abend da und… kann mich nicht mehr freuen… weil ich weiß, dass du wieder gehst…“ Er schaute sie betroffen an, merkte, wie seine Hände kalt wurden. „Ich kann mich nicht mehr freuen…“, wiederholte sie tonlos. „Ran…“ Er wisperte den Namen nur. Sie schaute auf, ihre Augen waren glasig, und er wusste, sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen. „Du fehlst mir…“ Sie schaute ihn beschämt an, Blut war ihr ins Gesicht geschossen, ihre Lippen bebten. Ran war wirklich hart an der Grenze, gleich los zu weinen und das war das Letzte, was er heute hatte erreichen wollen. Es brach ihm fast das Herz, aber er versuchte, Haltung zu bewahren. Er versuchte ein Lächeln, sah sie aufmunternd an. „Ran… bitte… denk doch jetzt nicht dran.“ „Aber…“ Er schüttelte bestimmt den Kopf. „Wir wollten deinen Geburtstag feiern, glaubst du nicht, du kannst solange vergessen, dass ich später wieder geh? Du siehst doch, mir geht’s gut, du brauchst dir also keine Sorgen um mich zu machen…“ Sie schaute ihn an, blinzelte krampfhaft. „Ich weiß ja, du hast ja Recht, aber…“ „Kein Aber.“ Er biss sich auf die Lippen. „So jemanden wie mich vermisst man im Übrigen auch nicht.“ Er grinste, sah, wie er ihr ein kurzes Lächeln entlockte. „Wenn du mich wieder an der Backe hättest, würdest du dir bestimmt bald wieder wünschen, ich wär wieder weg. Weil ich dir dann wieder auf die Nerven gehen werde… und so wird’s auch wieder sein, wenn der Fall abgeschlossen ist.“ „Nein, werd ich nicht.“, flüsterte sie leise, schaute ihn schüchtern an, war rot bis unter den Haarwurzeln geworden. „Ich… mach wir wirklich Sorgen… und ich kann mich… da nicht freuen, dass…“ Shinichi schüttelte den Kopf, um sie zu unterbrechen, lächelte und hasste sich für das, was er gleich tun würde. Er konnte nicht anders. „Ran… Ich meine, wenn dem nicht so wäre… also wenn der Fall… nicht bald abgeschlossen wäre… dann… hätte ich wohl auch kaum kommen können, um deinen Geburtstag mit dir zu feiern, oder? Wo ich nicht mal Zeit hatte, für meinen eigenen Geburtstag, oder für Weihnachten oder sonstwas. Also beruhig dich…“ Er konnte lügen, ohne mit der Wimper zu zucken, und das erschreckte ihn. Gratuliere, Kudô. Sie holte Luft, merkte, wie sich ein Funken Erleichterung in ihr breitmachte. Das erste ehrliche Lächeln des Tages huschte ihr über die Lippen. Es war teuer erkauft worden. „Du… du hast Recht! Daran hatte ich nicht gedacht… ich meine… ich… aber du hättest auch früher sagen können…“ „Wie auch. Wie hättest du… daran denken sollen.“, er seufzte, griff sich seine Gabel wieder. „Die letzten Male sah‘s ja auch nicht danach aus, als würde sich schnell was tun, bei den Ermittlungen.“ Ran griff ebenfalls nach ihrem Besteck, ihre Hände zitterten vor Aufregung. „Dann… ist es bald vorbei…?“ Sie schien jetzt erst die ganze Bedeutung dessen, was er gesagt hatte, zu erfassen. Shinichi beeilte sich, sich etwas in den Mund zu stecken, um eine Antwort schuldig zu bleiben, schaute sie stattdessen aufmunternd an. Sie deutete das wohl als ja. „Es ist bald vorbei…“ Er konnte den freudestrahlenden Ausdruck auf ihrem Gesicht fast nicht ertragen. Wandte den Blick ab, stierte in sein Essen. Ran seufzte glücklich, ein leiser, losgelöster Laut. Er tat ihm in den Ohren weh. Dann sprach sie ihn an und er zwang sich, aufzusehen. „Shinichi? Ich… ich freu mich ehrlich…!“, wisperte sie, und jetzt… tat sie es auch wirklich. Er schluckte den Bissen, den er im Mund hatte, mit Mühe runter und lächelte sie an. „Ich mich auch.“ Der Rest des Hauptgangs verlief in etwas entspannterer Atmosphäre, was ihn sein schlechtes Gewissen etwas vergessen ließ. Ran war ins Plaudern gekommen, erzählte ihm, was in der Schule so vorgefallen war, und er hörte größtenteils zu, bemerkte mit Erleichterung, wie sie langsam zu strahlen anfing. Seine Anwesenheit zusehends genoss. Das war die Lüge wohl wert gewesen… fürs erste. Er seufzte, leise, lächelte in sich hinein und kam doch nicht umhin, einen Hauch von Bitterkeit zu schmecken, als er mit einer Hand in seine Sakkotasche griff, wo dieses eine, besondere Geschenk wartete. Und warten würde müssen. Denn auch, wenn sie den Abend jetzt doch endlich feiern konnte, war ihm klar geworden, dass er damit zufrieden sein musste, mit dem, was er erreicht hatte. Einen netten Abend unter Freunden. Er konnte ihr nicht antun, ihr zu sagen, dass er sie liebte, und dann gehen. Das hatte er begriffen, in den letzten drei Stunden. Sie vermisste ihn als Freund schon so sehr, dass sie sich nicht wirklich freuen konnte, wenn er da war, wenn sie wusste, dass er nicht bleiben konnte. Wie konnte er es dann wagen, in Erwägung zu ziehen, ihr zu sagen, dass er sie liebte… wo er wusste, sie würde so leiden, hinterher. Was würde er denn dann nur anrichten… wenn sie ein Liebespaar würden, und er dann einfach ging… sie zurückließ, ohne zu wissen, wann er wieder kam? Das war verantwortungslos. Er schluckte, kurz huschte Betroffenheit über sein Gesicht, nur Bruchteile einer Sekunde. Das konnte er ihr nicht antun. Es reichte, wenn er sie belogen hatte, indem er ihr sagte, dass der Fall bald zu Ende sein würde. Er würde das alles revidieren müssen, beim nächsten Anruf, das war ihm klar, und ihm graute jetzt schon davor. „Shinichi, sag mal, hörst du mir eigentlich zu?!“ Shinichi schaute auf, bemerkte ihr empörtes Gesicht. Ran lachte ihn an, nahm kurz die Arme vom Tisch, als die Bedienung das Dessert servierte. Er grinste entschuldigend. „Ich fürchte, nein, Ran. Was hast du gesagt?“ Sie schaute versonnen aus dem Fenster. „Ich hab dich was gefragt.“ Er zog die Augenbrauen hoch. Ran seufzte, schaute lächelnd nach draußen, beobachtete die Tokioter Skyline. „Also…?“ Immer noch schaute sie nach draußen. „Hm? Strafst du meine Unaufmerksamkeit jetzt durch Schweigen?“ Shinichi zog die Augenbrauen fragend hoch und schob sich einen Löffel Puddingcrème in den Mund. Sie blickte ihn aus den Augenwinkeln an. „Willst du nicht langsam wieder verschwinden und irgendeinen Mordfall lösen wie letztes Mal?“ Shinichi verschluckte sich fast an seiner Crème, hustete. „Bitte, was?!“ Ran grinste breit, schaute ihn aus Halbmondaugen an. „Nun, beim letzten Mal bist du in diesem Restaurant zwischen Hauptgang und Dessert abgehauen. Im Prinzip bist du jetzt schon zu lange da.“ Shinichi erschrak, schaute ruckartiger weg, als er es vorgehabt hatte. Warum musste sie jetzt darauf zurückkommen? Ja… er konnte sich nur allzu deutlich an jenen Abend erinnern. Damals hätte es klappen können… das Geständnis. Wenn er sich nicht hätte ablenken lassen. Wenn sie ihm nicht die Erlaubnis gegeben hätte, dem Fall nachzugehen… Er biss sich auf die Lippen. Nein, Ran die Schuld zu geben war wirklich unfair. Sie war die Letzte, die was dafür konnte… er hatte den Fall ihr vorgezogen, das sollte er sich mal vorwerfen, mal ungeachtet der Tatsache, dass er damals geglaubt hatte, er hätte noch Zeit… Sie einfach sitzen zu lassen, egal ob mit ihrer Erlaubnis oder nicht war wohl auch nicht unbedingt, was ein Gentleman tun würde. Langsam wandte er ihr den Kopf wieder zu, schaute sie vorsichtig an, versuchte ein Lächeln. „Diesmal hau ich nicht ab. Ich versprech‘s. Ich werd‘ nicht gehen… nicht… bevor ich muss. Und der Zeitpunkt wird erst sein, wenn ich dich heil bei deinem Alten abgeliefert hab.“ Ran stutzte, schaute ihn betroffen an. Sie hatte einen Spaß machen wollen, sie wusste, das war ihm klar, aber anscheinend… konnte er darüber nicht wirklich lachen. Tief holte sie Luft. „Alles okay?“ Shinichi schaute sie leicht überrascht an. „Ja. Ja, natürlich.“ „Ich meine du… ich wollte einen Witz machen…“ Der Detektiv seufzte leise. „Das weiß ich, Ran. Ich denk mir nur, du musst nicht über Dinge Witze machen, die für dich nicht witzig waren. Für mich war‘s auch nicht witzig. Im Nachhinein gesehen find ich es… mies von mir, gegangen zu sein. Auch wenn du mich geschickt hast.“ Sie hatte in Protest den Mund geöffnet, aber er hatte sie nicht zu Wort kommen lassen. „Hättest du nicht wiederkommen können? Wenn du ohnehin schon… nicht gehen wolltest?“ „Du hast es doch mitbekommen. Offensichtlich nicht.“ Er klang gereizt und ein wenig bitter, und er wusste das, versuchte, sich wieder in den Griff zu kriegen. „Aber heut bin ich hier und geh nirgendwohin, ich schwör‘s.“ Feierlich hob er die Hand. „Nicht bevor du musst.“ Shinichi seufzte, schaute sie an, hörte den Sarkasmus in ihrer Stimme. „Nicht bevor ich muss, genau.“, bestätigte er, ließ die Hand wieder sinken, wandte sich wieder seinem Dessert zu, hoffte, diese Unterhaltung wäre beendet. Ran schluckte. Irgendwie ließ ihr die Sache keine Ruhe, auch wenn er sie offensichtlich so schnell wie möglich abhaken und zu anderen Themen übergehen wollte. „Shinichi… wohin bist du verschwunden?“ Er zog die Augenbrauen hoch, fluchte lautlos und nahm doch scheinbar gelassen einen weiteren Löffel seines Desserts. „Zu dem Fall. Das weißt du doch? Dachte ich.“ Ran schaute ihn an, stach mit ihrer Gabel dann ein kleines Stückchen von ihrem Dessert, einem warmen Schokoladentörtchen, ab, beobachtete scheinbar interessiert, wie flüssige Schokolade aus seinem Inneren durch das Loch nach außen rann. „Ja.“, murmelte sie langsam. „Der Fall.“ „Der Fall.“, wiederholte er, schluckte hart. So wie’s aussah, entkam er dieser Diskussion heute wohl doch nicht. Innerlich rüstete er sich mit den ganzen Ausreden und Ausflüchten, die er für diesen Fall schon gesammelt hatte, und die sich auch schon des Öfteren bewährt hatten. Ran schaute ihn prüfend an. „Kannst du mir denn gar nichts…“ „Nein!“ Er hatte es heftiger ausgesprochen, als ihm lieb war; die Gäste am Tisch neben ihnen schauten ihn teils genervt, teils vorwurfsvoll an. Rans Gesichtsausdruck war durch und durch erschrocken; mit einer solchen Reaktion hatte sie nicht gerechnet. „Nein.“, wiederholte er langsamer. „Du weißt das doch. Solange der Fall läuft, darf ich keine Informationen nach außen geben. Ich werd‘s dir sagen… wenn er abgeschlossen ist. Du… wirst jedes Detail erfahren, ich versprech‘s.“ „Aha.“, murmelte sie trocken. Es war klar, dass sie ihm das nicht ganz abkaufte, was er schon fast ironisch fand, weil dieser Satz einer der wenigen des heutigen Abends war, die nicht gelogen waren. Sie warf ihm nur einen langen Blick zu, schob sich aufreizend langsam das Stückchen Schokoladentorte in den Mund, und hatte ganz offensichtlich nicht den Hauch einer Ahnung, welche Bilder sie damit in Shinichis Kopf provozierte. Er starrte sie nur an, hielt unwillkürlich den Atem an. Dann riss er sich von ihren Lippen los, atmete tief durch, versuchte, seine Gedanken einigermaßen zu ordnen, und den leisen Wunsch zu unterdrücken, ihr doch zu sagen, was er für sie empfand, um dann vielleicht… vielleicht… Er presste die Lippen kurz aufeinander. Einen schnellen Blick riskierte er nochmal, stopfte sich dann einen Löffel Puddingcrème in den Mund, merkte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss, stöhnte leise. Nein. Soweit war er doch schon. Er würde es ihr nicht sagen. Gerade war er soweit, sich wieder schön unter Kontrolle zu haben, als sie ihn mit ihrer nächsten Frage fast dazu brachte, sein Dessert quer über den Tisch zu spucken. „Was wolltest du mir eigentlich… damals… sagen…?“ Shinichi hustete, würgte, griff nach der Serviette und warf ihr einen durchaus als entsetzt zu bezeichnenden Blick zu. Die Restaurantgäste um sie herum schauten ihn böse an, was er mit einem entschuldigenden Lächeln quittierte und ansonsten versuchte, Luft zu bekommen. Sie ließ ihn nicht mehr aus den Augen. „Nichts b -besonderes.“, stammelte er dann. „Wirklich.“ Er war blass geworden. Das Gespräch nahm ja noch gefährlichere Züge an, als er befürchtet hatte. „Es sah nicht so aus, als ob… es nichts Besonderes wäre.“ Sie schaute ihn fragend an, schien offensichtlich das Thema nicht so schnell abtun zu wollen. Genüsslich schob sie sich ein weiteres Stückchen Kuchen in den Mund. Shinichi wich ihrem Blick aus, schob seine Crème von sich, er konnte keinen Bissen mehr essen, stürzte stattdessen seine Cola hinunter. Ran zog die Augenbrauen hoch. „Es war nichts. Nicht der Rede wert.“ Er kniff die Lippen zusammen, schaute sie kurz an, merkte, wie ihm nach der Blässe jetzt wieder das Blut in den Kopf strömte, untersagte sich, frustriert aufzustöhnen und riss sich zusammen. „Echt nicht.“ Ran seufzte leise. „Du bist damals genauso rot geworden wie heute. Glaub nicht, das wär mir entgangen. Warum bist du rot geworden?“ „Mir war heiß.“ „Es war genauso klimatisiert wie heute.“ Ran ließ nicht locker. Seit jenem Abend, und auch bei all den anderen Treffen mit ihm seither… hatte sie angefangen, zu träumen. Und zu hoffen. Eine Hoffnung, die damals von der Kellnerin, die sie an diesem Tisch, an dem sie auch heute saßen, bedient hatte, entfacht worden war; und die seither immer mehr gewachsen war, durch jede Geste, die er machte, und die in diese Richtung interpretiert werden konnte; durch jeden noch so blöden Kommentar von Sonoko in der Richtung… und die absolute und sich immer mehr steigernde Abneigung ihres Vaters ihm gegenüber. Vielleicht… vielleicht… liebte Shinichi sie… So wie sie ihn liebte? Vielleicht…? „Vielleicht war ich krank.“ Er riss sie aus ihren Gedanken. Ran schaute ihn an, merkte, wie sich irgendwie… Enttäuschung in ihr ausbreitete. „Ich könnte Fieber gehabt haben.“ Er redete augenscheinlich mit seinem Löffel. Ran kniff die Augen zusammen. „Du sahst nicht krank aus.“ „Verdammt, Ran, was willst du?!“ Er fuhr auf, schaute sie ärgerlich an; kaum ein paar Sekunden lang, dann machte sich Betroffenheit auf seinem Gesicht breit. „Verzeih, bitte, ich…“ Er geriet ins Stottern, wollte sich wirklich entschuldigen, und war doch nicht Herr über seine Lippen, wie es schien. Er brachte keinen anständigen Satz zustande. Sie schluckte, schüttelte den Kopf. „Nein, das ist schon okay.“ Ihre Stimme klang schnippisch und sie starrte ihn ebenfalls etwas wütend an. „Wenn es wirklich nichts Besonderes war, dann brauch ich ja nicht nachbohren, nicht wahr?“ Er verdrehte die Augen. „Ran, nicht so, bitte. Wir kennen uns lange genug, um zu wissen, wohin das führt.“ „Ah, wohin führt es denn?“ Shinichi seufzte, stützte seinen Kopf schwer auf seine Hände, fuhr sich über die Augen, lehnte sich dann zurück. „Streit.“ Er schaute sie bekümmert an. „Und ich will mich doch aber nicht mit dir streiten, Ran.“ Sie schüttelte den Kopf, in ihren Augen war plötzlich ein Hauch von Traurigkeit. Lange schwieg sie, ehe sie ebenfalls ihr Dessert von sich schob. Ihre Stimme klang leise, als sie sprach. „Ich dachte immer, ich hätte dich aufhalten müssen. Tagelang hinterher dachte ich noch, ich hätte dich nicht wegschicken sollen. Du hast so herumgedrückt, und… es schien dir so schwerzufallen, es mir zu sagen, aber du hättest den Fall sausen lassen, also muss es etwas Großes gewesen sein. Etwas Wichtiges.“ Er schluckte, wich ihrem Blick aus. „Ran… warum sagst du mir das? Warum… fängst du damit jetzt wieder an, das ist…“ Sie schüttelte stumm den Kopf, schnitt ihm das Wort ab. „Ich hab mich eine Idiotin geschimpft, weil ich, wenn ich mit dir in so ein teures Lokal zum Essen gehe, auf eine so hirnrissige Idee komme, dass das, was du mir sagen willst, eine Bitte um die Mitschriften für die Schule ist. Ich… ich bin mir so blöd vorgekommen, hinterher. Klar, du lädst mich ohne irgendeinen äußerlichen Grund in dieses exklusive Restaurant ein, und ich…“ Sie lächelte hilflos, ihre Stimme klang zynisch. „Ich kam erst viel zu spät darauf, dass vielleicht… das, was du mir sagen wolltest, der Grund für den Ort gewesen ist. Seither… frage ich mich… frage ich mich, was es war, das du mir sagen wolltest…“ Shinichi schloss die Augen, fuhr sich müde über die Stirn. „Kann es… ich meine, war das der Grund? Das, was du mir sagen wolltest, war das der Grund für diesen Abend?“ Er fing an zu schwitzen. „Das war der Grund, ja.“ „Und heute?“ „Ist dein Geburtstag der Grund.“ Nur nicht weich werden. Er biss sich auf die Lippen, stützte seinen Kopf wieder in seine Hände, starrte auf die Tischdecke. Er wusste, er tat ihr weh. Und er litt mindestens genauso wie sie. Ran merkte, wie sie zu frösteln begann. Wo vorher ein Anflug von Enttäuschung gewesen war, war nun nichts mehr. Sie schluckte, merkte, wie ihre Augen zu brennen anfingen und verfluchte sich. Sie fühlte sich so… hilflos. Hatte sie es vermasselt? Hatte sie ihn verloren, bevor sie ihn gehabt hatte? Damals hatte er sie groß ausgeführt, nur um ihr etwas zu sagen! Wie hatte sie… wie hatte sie diese Chance verstreichen lassen können! Hatte… hatte er ihr damals… vielleicht tatsächlich sagen wollen, dass er sie liebte, und hatten… sich seine Gefühle seither verändert? Kein Wunder, es war lange her, er war lange weggewesen, bestimmt… bestimmt wurden solche Gefühle, lagen sie brach, auf Dauer schwächer… vergingen. Ein leises Schluchzen entwich ihrer Kehle. Shinichi fuhr hoch, starrte sie an, merkte, wie seine guten Vorsätze über Bord gingen, einer nach dem anderen, aber noch… noch blieb er standhaft. „Ran… nun wein‘ doch nicht… ich sag doch, es war nichts besonderes, was ich dir damals sagen wollte…“ Sie schaute auf, starrte ihn an. Er wusste, sie glaubte ihm kein Wort. Shinichi schüttelte den Kopf. „Wollen wir gehen…?“ Sie nickte nur. Er seufzte, stand auf, ging die Rechnung begleichen und half ihr in ihren Mantel, führte sie an den vorwurfsvollen, tadelnden Gesichtern der anderen Gäste vorbei nach draußen. Ran weinte leise vor sich hin. Sie nahm sich zusammen, das wusste er, aber er hatte ihr gerade das Herz gebrochen, das war ihm genauso klar. Es wurde Zeit, dass er sie nach diesem desaströsen Abend nach Hause brachte. Weit kamen sie allerdings nicht. Sie waren kaum auf die Straße getreten, hinaus in die Nacht, als sie sich umwandte, ihn anstarrte und gänzlich in Tränen ausbrach. „Es tut mir Leid, dass ich dich nicht hab ausreden lassen!“ Sie schniefte, hielt sich an seinem Arm fest. „Es tut mir leid! Es tut mir so leid! Ich… ich… du wolltest ja bleiben, aber ich war so blöd, hab dich sogar noch weggeschickt und jetzt… jetzt… jetzt ist es wohl zu spät…“ Sie schniefte, starrte ihn verzweifelt an. Er kniff die Lippen zusammen, wich ihrem Blick nicht aus. Eine Träne rann ihr über die Wange, glitzerte im Licht der Straßenlaterne, neben der sie standen. „Es ist zu spät, oder?“, flüsterte sie heiser. In ihrer Stimme lag mehr Verzweiflung, als er ertragen konnte. Lüg sie an. Lüg sie an. Lüg sie an, lüg sie an, lüg sie an… du musst nur ja sagen. Dann ist alles in Ordnung… sag einfach ja. Er war nicht Herr über sich, als er langsam den Kopf schüttelte. Auch nicht, als er mit seinen Fingern ihr Gesicht berührte und ihr die Tränen von den Wangen wischte. Und erst Recht nicht, als er sie küsste. Nur kurz, flüchtig, sanft… und sagte damit doch mehr über das, was ihn bewegte, als alle Worte dieser Welt es gekonnt hätten. Er schaute sie an, atmete schnell, ihm war furchtbar heiß geworden… sie starrte ihn an, sagte nichts, wartete. „Nein.“ Shinichi presste das Wörtchen förmlich hervor, kniff dann Lippen zusammen. Ihr Atem strich über sein Gesicht, er war ihr so nah… Er seufzte schwer, starrte auf den Boden und verachtete sich. Er war doch schwach geworden. Aber jetzt war es zu spät. „Ist es… ist es nicht…“ Der Blick in ihr Gesicht allerdings, die Erleichterung, die er sehen konnte, trotz der Dunkelheit und das Gefühl, als sie sich an ihn drückte und einfach nur ausatmete; dieses unglaublich erleichterte Seufzen… entschädigten ihn fürs Erste. „Dann sag es.“ Sie flüsterte es in sein Ohr. „Bitte, wenn es noch nicht zu spät ist, dann sag, was du mir sagen wolltest, bitte, bitte, sag es… sag es jetzt…“ Sanft drang ihre Stimme an sein Ohr. So hoffnungsvoll. Shinichi seufzte, schaute in den Himmel. Der Mond leuchtete auf sie herab, um sie herum stahlen ihm die Lichtreklamen des nächtlichen Tokios fast die Show. Vorsichtig näherte er seine Lippen ihrem Ohr. Er wusste, er könnte es bereuen. „Ich… ich… liebe dich.“ Ran schloss die Augen, atmete langsam aus. Ihm stellten sich die Haare im Nacken auf, ein wohliges Gefühl irgendwie, es war… angenehm. „Ich dich auch.“ Langsam krallte sie ihre Finger in sein Sakko, hielt ihn fest. „Ich dich… auch…“ Er hob die Arme, legte sie um ihre Taille, drückte sie an sich, kniff die Augen zusammen. Merkte, wie in ihm der Wunsch aufkeimte, sie nie wieder loszulassen. Mein Gott… was soll das bloß werden… was soll das werden? Ich hätts nicht sagen sollen… Aber was hätte ich tun sollen… Dann löste sie sich ein wenig, schaute ihn fragend an, strich sich eine Träne aus den Augen. „Aber warum… warum dann… gerade, oben, im Restaurant…? Warum…?“ Shinichi seufzte, wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, stutzte, als er sie den Kopf schütteln sah. „Nein, sag nichts…“ Betrübt blickte sie zu Boden. „Ich weiß schon. Der Grund, warum ich mich nicht freuen konnte…“ Ihre Lippen fingen an zu zittern, als ihr die Tragweite der letzten Minuten bewusst wurde. Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Nicht dran denken.“ Dann lächelte er sie an, sanft. „Außerdem hab ich noch was für dich. Eigentlich wollt ich‘s dir nicht geben, nachdem… du so…“ Er schluckte, dann griff er in seine Manteltasche, fischte das Päckchen heraus, drückte es ihr in die Hand. Rans Augen wurden groß. „Dann hattest du doch vor… es mir heute zu sagen?“ Er nickte zögernd. „Ja. Aber nach… nach deinem Verhalten am Anfang des Abends dachte ich, es wär schlauer, dir das… nicht anzutun. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht hätte… hart bleiben sollen.“ Er lächelte unglücklich. „Aber ich hab dich doch so nicht stehen lassen können… das… das… du solltest nicht glauben…“ Sie schüttelte heftig den Kopf. „Nein. Ich… ich danke dir so sehr dafür! Es war… absolut richtig! Zumindest… fühlt es sich so an…“ Sie lächelte ihn strahlend an, strich ihm über die Wange. „Ehrlich. Mach dir keine Sorgen, ich weiß ja, du… kommst bald wieder.“ Er schluckte, sagte nichts, sondern versuchte verzweifelt, sein Lächeln aufrecht zu erhalten. Sie schien nichts zu merken, denn sie lachte ihn immer noch fröhlich an. Er merkte, wie aufgekratzt sie war, und langsam steckte sie ihn wieder an damit. Shinichi seufzte leise, zog sie nochmal an sich, gab ihr einen sanften Kuss. Sie schmiegte sich an ihn, blieb an ihn gelehnt stehen, als sie das Päckchen betrachtete. „Das ist… definitiv der schönste Geburtstag, den ich je hatte…“ „Hm…“ Eine kleine Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkel. Sie wischte sie weg, dann zog sie das Schleifenband ab und öffnete das Päckchen. Unter dem Geschenkpapier kam eine Schatulle zum Vorschein. Ran hob den Blick, schaute ihm ins Gesicht. Unglauben spiegelte sich in ihren Zügen. „Na, nun guck nicht so!“ Er lachte, schüttelte den Kopf, verzog fast beleidigt das Gesicht. „Da du ja nun weißt, warum ich dich hierher ausgeführt hab, wie kannst du da glauben, ich wär nicht vorbereitet gewesen?“ Sie lächelte ob seines gespielt beleidigten Gesichtsausdrucks, klappte die Schatulle auf. Ein entzücktes Seufzen entwich ihren Lippen, als sie im Licht der Straßenlaterne sah, was auf rotem Samt gebettet lag. Es war ein Armband, aus Silber, verziert mit sechs hellblauen, oval geschliffenen Steinen. Ran sah ihn an, sprachlos, ihre Augen glänzten. „Es ist wunderschön…“, hauchte sie dann ehrfürchtig. Langsam hob sie einen Arm, schlang ihn um seinen Hals, merkte, wie ungewohnt die Bewegung noch immer war, streckte sich ihm entgegen, berührte seine Lippen, zog ihn weiter an sich, genoss es, als er sie sanft an sich drückte, ihren Kuss erwiderte. Ja, es war… neu. Aber es fühlte sich so unglaublich gut an. So könnte es bleiben… „Soll ichs dir ummachen?“ Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Ran schaute ihn an, nickte dann, hielt ihm ihr Handgelenk hin, sah ihm zu, wie er ihr das Schmuckstück anlegte, bewunderte es dann im fahlen Licht der Laterne. Langsam sah sie ihn wieder an, bemerkte den etwas bitteren Ausdruck auf seinem Gesicht. Sie wusste, woran es lag… es war Zeit, nach Hause zu gehen… und Zeit, sich zu verabschieden. Sie seufzte, griff nach seiner Hand. „Mach dir nur keine Vorwürfe, ja? Du hast… du hast das absolut Richtige getan.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Schläfe, dann setzte er sich in Bewegung. „Wenn du das sagst…“ „Ja. Ich sage das.“ Sie drückte seine Finger, lehnte sich an ihn, als sie nach Hause schlenderten. Ja… es fühlte sich gut an… Richtig. Etwas außer Atem stieß er die Tür auf. Ai schaute ihn an. „Du bist fast ein bisschen spät dran.“ „Ich weiß.“ Shinichi ließ sich langsam auf das Sofa sinken, hielt sich die Hand an die Stirn. Es hatte angefangen, kurz bevor sie bei ihr zuhause angekommen waren. Er war entgegen ihrer Bitte nicht mit rauf gegangen… hatte sich verabschiedet, und hatte schon beim Abschied die Tränen gesehen. Er hoffte nur, dass es ein kurzer Trennungsschmerz sein würde. Dass es ihr morgen besser ging. Dass sie… von diesem Abend vielleicht etwas zehren könnte. Ich hätts vielleicht besser wirklich nicht getan… Aber ich hab sie doch nicht in dem Glauben lassen können… ich würde sie nicht… nicht lieben… Unwillig presste er die Lippen zusammen, konnte es immer noch spüren, dieses Gefühl… Er ließ den Kopf nach hinten sinken, versuchte, langsam zu atmen und nicht zu viel zu denken. Aus dem Augenwinkel sah er Ai auf das Sofa hüpfen. „Weiß sie’s?“ „Ja.“ Seine Stimme klang heiser. Das kleine Mädchen berührte mit ihren Fingern seinen Hals, fühlte nach seinem Puls. Er raste. Missvergnügt schüttelte sie den Kopf. „Du weißt, was du dir wieder angetan hast… so gesund ist das auch nicht, Shinichi…“ Sie nahm ihre Hand weg, schaute ihn vorwurfsvoll an. „War es… das wenigstens wert, oder muss ich mir Vorwürfe anhören, warum ich nicht hart geblieben bin…?“ „Weiß ich noch nicht.“ Ai seufzte, fing seinen sorgenvollen Blick auf. „Ich hoffe, ich… hab das Richtige getan. Zwischendrin wollt ichs nämlich bleiben lassen…“ Sie zog die Augenbrauen hoch, sagte nichts, konnte es sich denken, was er meinte. Sie las in seinen Augen, welche Sorgen ihn quälten. Warum er zurückgezogen hätte. Je enger eine Bindung ist, desto schmerzvoller ist die Trennung, Shinichi… Das weißt du, nicht wahr…? Er seufzte, strich sich über sein Gesicht, merkte, wie ihm der Schweiß aus allen Poren trat, stöhnte leise auf. Ai glitt elegant vom Sofa, trat vor ihn, öffnete seinen Krawattenknoten. „Ich hoffe wirklich für dich, das alles hat sich wenigstens gelohnt.“, wisperte sie. „Ich hoffe, das Nachspiel, das du wohl befürchtest, bleibt aus.“ Er starrte sie an, kniff die Lippen zusammen, sagte nichts. Sie schluckte, warf ihm einen letzten Blick zu, bevor sie seiner unausgesprochenen Bitte Folge leistete und das Wohnzimmer verließ, dem Professor in seinem Bastelzimmer Gesellschaft leistete. Der alte Mann warf ihr nur einen Blick zu, sagte nichts, versuchte nicht zu hören, als sein Schrei durch das Haus hallte. Leise, fast lautlos, wurde die Tür geöffnet und wieder geschlossen. Es war der Morgen danach, und nachdem Conan beim Professor übernachtet hatte, kam er nun wieder nach Hause. Das Geräusch, das er vernahm, als er die Küche betrat, drehte ihm fast den Magen um. That's me in the corner That's me in the spotlight Losing my religion Trying to keep up with you And I don't know if I can do it Oh no I've said too much I haven't said enough I thought that I heard you laughing I thought that I heard you sing I think I thought I saw you try Ran saß am Tisch, starrte das funkelnde Schmuckstück an ihrem Handgelenk an und schluchzte. Sie zitterte am ganzen Körper, ihre Augen waren rotgerändert, ihr Teint blass. Sie fühlte sich allein, einsamer als je zuvor. Gestern noch, ja… Gestern war sie sich vorgekommen wie eine Prinzessin im Märchen. All ihre Träume schienen war geworden zu sein, als er sie im Arm gehalten hatte, und es ihr gesagt hatte… und heute… Heute war alles, was geblieben war, Einsamkeit. Er war wieder weg, wieder, ohne ihr einen Grund zu nennen, warum er nicht bleiben konnte. Ach ja, klar, der Fall. Dieser ewige Fall… sie hoffte wirklich, dass es stimmte, was er gesagt hatte. Dass er bald wiederkam. Dass es bald zu Ende sein würde. Es kam ihr alles wie… wie ein Traum vor… einzig und allein das Armband um ihrem Handgelenk erinnerte sie daran, dass es keiner gewesen war. Sie schluckte, wischte sich ein paar Tränen aus den Augen, merkte, wie sogleich neue folgten. Sie vermisste ihn so sehr, so unglaublich… dass sie sich fragte, ob sie das wirklich aushielt. Nicht zu wissen, wo er war. Nicht zu wissen, wann er wiederkam. Sie wusste nicht, ob sie das schaffte… Fragte sich, wie es ihm heute ging, und wusste nicht, wie nahe die Antwort lag. Conan schluckte hart. Er wusste, warum sie weinte. Und er wusste, wusste es nun sicher… es wäre besser gewesen… wenn er gestern nichts gesagt hätte. Denn offensichtlich… wirkte der Abend nicht nach… konnte sie nicht mit Wärme erfühlen, mit Zuversicht… Kein Lachen. Kein Singen und Tanzen vor Freude. Sondern Tränen… Ran hörte ein leises Atmen, schaute auf, beeilte sich, sich die Tränen aus den Augen zu wischen, lächelte in fröhlich an. Er konnte ihren Mundwinkeln förmlich dabei zusehen, wie sie sich nach unten zogen. „Hallo Ran…!“, begrüßte er sie, überging ihren Zustand. „Wie… wie war‘s gestern…?“ Ran zuckte kurz zusammen, eigentlich hätte sie wissen müssen, dass der kleine Conan danach fragte. Schließlich hatte er mitbekommen, wie sie sich auf das Treffen mit Shinichi gefreut hatte. Immer wenn sie voll Enthusiasmus von der Einladung geredet hatte, war auch auf seinem Gesicht ein Lächeln erschienen. Conan hatte sich für sie gefreut… Sie konnte ihm doch jetzt unmöglich sagen, was in ihr vorging. Dass der Traum, den sie gestern zusammen mit Shinichi träumen durfte, noch während sie sich verabschiedeten, wie eine Seifenblase zerplatzt war. Nein. Ihr Blick schwenkte zu dem kleinen Jungen, der noch immer unschlüssig im Türrahmen stand und scheinbar langsam ahnte, dass etwas nicht stimmte. Ran schluckte, blinzelte, um die letzen Tränen, die sich in ihren Augenwinkeln scheinbar wohl fühlten, endlich aus diesen zu verbannen. Sie musste sich zusammen reißen. Für Conan. Wenigstens er sollte noch von einem Happyend träumen dürfen. Noch ehe der Grundschüler sie fragen konnte was los war, holte Ran Luft, das Ganze musste schell gehen,… vielleicht tat es dann nicht allzu sehr weh. „Es… es war herrlich, er hat mich zum Essen ausgeführt! Richtig nobel und nur wir beide allein, extra für meinen Geburtstag.“ Rans fröhliche Stimme versetzte Shinichi einen Stich, nur schwer konnte er seine Mundwinkel dazu überreden, sich auseinander zu ziehen. Das aufgesetzte Lächeln tat fast schon weh. Aber er wusste, wusste, dass es Ran nicht besser ging. Im Grunde spielten sie beide Theater. Sie spielten Theater für den jeweils anderen und jeder von ihnen starb fast, bei diesem Stück. Conan überlegte einen Augenblick, ob es nicht vielleicht besser wäre, es dabei zu belassen und nicht weiter nachzubohren. Aber das würde nicht zu ihm passen, nicht zu Conan, dem dreimalklugen, neugierigen und etwas zu schlauen Grundschüler. Irgendwie mussten sie da jetzt durch… sie beide. Vielleicht würde es ihm ja auch gelingen, aus ihrem falschen Lächeln doch noch ein echtes zu zaubern. „Na nun erzähl aber, Ran! Wie war der Abend? Was habt ihr denn in dem schicken Lokal gemacht? So ganz allein?“ Mit einem vielsagenden Grinsen ging Conan auf sie zu, zog sich einen Stuhl am Küchentisch zu Recht und kletterte hinauf. Sie erwiderte seine Neugier mit einem Lächeln, wartete bis er sich hingesetzt hatte und begann eine… etwas ausgeschmückte Version des gestrigen Abends zu erzählen. „Ich hab mich so gefreut, ihn wieder zu sehen, Conan. Ich gebe zu, ein wenig gewundert hab ich mich schon… schließlich war es jetzt das zweite Mal, dass Shinichi mich so fein ausgeführt hat.“ Ein feiner Rotton schlich sich auf Rans Wangen, in den Augen Conans ein gutes Zeichen… wenn er sich nur nicht mit den Spuren ihrer Tränen vermischen würde. „Ich dachte… ich dachte, er würde mir vielleicht das sagen wollen, von dem ihn der Fall beim letzen Mal abgehalten hat.“ Ran konnte ihre Stimme gerade noch vor dem Absturz retten. Der Fall, immer wieder dieser Fall. Shinichi hatte sie angelogen wegen diesem Fall. Er hätte sein Geständnis für sich behalten, weil er genau gewusst hatte, dass er wieder zurück zu seiner Arbeit musste. Ran wurde rot, rückte peinlich ertappt ihr Wasserglas zurecht. Nur weil sie so gedrängt hatte, weil er gesehen hatte, wie sehr sie darunter litt das „nur“ ihr Geburtstag der Grund für sein Kommen war, hatte er es ihr am Ende gesagt. Er war doch sonst nicht so, zu Lügen widersprach all dem, woran dieser Moralapostel von Detektiv glaubte. Nein, etwas stimmt da ganz und gar nicht. „Und?“ Conans helle Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Der kleine Junge sah sie mit einer Mischung aus Aufregung und Ungeduld an. „Hat Shinichi es dir nun gesagt?“ Er legte die Unterarme auf den Tisch, beugte sich neugierig nach vorn. Gekonnt legte Conan die kleine Kunstpause Rans so aus, als würde sie dazu dienen, die Spannung für ihn noch zu steigern. Sie sollte sich nicht für ihr Verhalten rechtfertigen müssen, nicht auch noch ihm gegenüber. „Jetzt erzähl schon, Ran!!!“ Die Angesprochene konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Ob nun bewusst oder nicht, irgendwie schaffte es Conan immer, sie für ein paar Minuten aufzuheitern. Auch wenn es nur ein Lächeln war, es war das erste für sie, an diesem Tag. Mit einem überlegenen Grinsen beugte nun auch Ran sich ein wenig über den Tisch, statt Conan jedoch endlich das zu erzählen, was den Grundschüler scheinbar brennend interessierte, stupste sie mit ihrem Zeigefinger gegen seine Nase, woraufhin er leicht erschrocken zurückzuckte. „Sei mal nicht so neugierig, mein Lieber. Du wirst es schon noch erfahren, alles zu seiner Zeit. Denn nein, im Restaurant hat er es mir nicht gesagt.“ Die Augen des Grundschülers wurden groß. „Nicht?“ „Nein.“ Mit einem wissenden Lächeln schüttelte Ran langsam den Kopf. Doch schon ihre nächsten Worte ließen die Freude in ihren Zügen verblassen, fast so, als hätte sie nie existiert. „Nein… irgendwie…“ Rans Stimme flaute ab. „Irgendwie sind wir nicht auf dieses Thema gekommen.“ Und wie sie darauf gekommen waren. Conan schluckte, er konnte in ihren Augen den Vergangenen Abend im Restaurant ablaufen sehen. Ein völliges Desaster. Wenn man es genau nahm, war gestern nichts so gelaufen, wie er es sich vorgestellt, geschweige denn, gewollt hatte. Erst wollte er es ihr sagen… hatte es dann aber nicht getan. Dann wollte er es nicht und tat es doch. Er hatte sie angeschrien, sie zum Weinen gebracht und es sich wahrscheinlich mit allen Gästen im Restaurant verscherzt. Conan unterdrückte ein bitteres Lachen. Auch egal. Sein Blick wanderte zu ihrem Wasserglas, scheinbar hypnotisiert von dem Tanz aufsteigender Kohlendioxidbläschen, starrte er es an. Wahrscheinlich hatten die Leute, die um sie herum gesessen hatten sogar Recht mit ihren Gedanken. Sie konnten sich doch nur fragen, was dieser ungehobelte Oberschüler dem armen Mädchen da antat. Und genau das fragte er sich auch - was tat er ihr an? Besorgt blickte er auf. Ran schien in diesem Moment mit ihren Gedanken woanders zu sein. Anscheinend fielen ihr diese stillen Augenblicke in ihrem Gespräch gar nicht auf, und er würde es sorgsam bleiben lassen, sie darauf anzusprechen. Ihr Spaß daran, den kleinen Conan an der Nase herum zu führen, war schnell abgeflaut, von dem Lächeln auf ihren Lippen war nun nichts mehr zu sehen. Sein Magen zog sich zusammen, als er sie so sah, unweigerlich kamen Shinichi ihre Worte von gestern Abend in den Sinn. Die Tränen in ihren Augen, die scheinbar nur leise Vorboten des heutigen Tages gewesen waren. ‚„Ich kann mich nicht mehr freuen…“’ Betroffen wandte er den Blick von ihr ab. Gestern war es ihm gelungen, er hatte sie mit seinem Geständnis und mit dem Geschenk zum Strahlen gebracht. Heute jedoch war nichts mehr davon übrig. Das Glück, das Ran erleben durfte, hatte am vergangenen Abend alles andere aus ihr verdrängt, und jetzt wo es weg war, blieb nichts als Leere in der Oberschülerin zurück. Conan biss sich auf die Lippe, tolerierte den Schmerz. Er hatte ihn verdient. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn er von dem Date völlig abgesehen hätte. Er hätte doch wissen müssen, wie die ganze Sache enden würde! Eigentlich hätte er es wissen müssen… Aber irgendwie war dieser Gedanke in den Tagen vor Rans Geburtstag im Sande verlaufen. Damals hatte er geglaubt, es könnte nicht mehr schlimmer werden. Immer wenn er sie nachts hatte weinen hören, wurde die Maschine in seinem Kopf in Gang gesetzt, die mit zahlreichen Entwürfen um sich warf, was er ihr denn sagen könnte, was er ihr sagen wollte … und was er ihr nicht sagen durfte. Gestern hatte er ihr nach langem Hin und Her endlich gesagt, was er ihr sagen wollte und das Resultat… saß nun den Tränen nahe, vor ihm in der Küche. Every whisper Of every waking hour I'm Choosing my confessions Trying to keep an eye on you Like a hurt, lost and blinded fool Oh no, I've said too much I set it up Vorsichtig schaute er auf, sie war schon viel zu lange still. Conan rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, holte kurz Luft und bereitete sich innerlich auf die verhasste Kinderstimme vor, die Ran allein schon wegen ihrer Tonlage belog. Er zwang sein Gesicht wieder dazu, die enge, drückende, aber lächelnde Maske des Grundschülers aufzusetzen, der seine „große Schwester“ nun neugierig ansah. „Erzähl weiter, Ran! Was habt ihr dann gemacht?“ Sie sah auf; auch in ihrer Miene fand sich nun wieder ein Lächeln ein. „Nun… Shinichi hat unser Essen bezahlt und wir sind gegangen.“ Conan beobachte den schwärmerischen Ausdruck in ihren Zügen, es war erschreckend, was für eine gute Schauspielerin sie mittlerweile war. „Die Nacht war schön, sternenklar und der Mond war auch schon auf gegangen, also sind wir noch ein wenig spazieren gegangen und haben geredet.“ Er zwang sich zu einem begeisterten Nicken. Dass man ihren Spaziergang eher als von ihren Tränen begleitete Flucht bezeichnen konnte, lag ihm im Magen. So wie Ran es Conan jetzt erzählte, so hätte es gestern eigentlich laufen müssen. „Er ist bald vorbei…“ Ihre Stimme war gedämpft und wurde von einem hoffnungsvollen Lächeln begleitet. „Der Fall. Shinichi sagte, er würde ihn bald lösen.“ Conan spürte, wie das Lächeln auf seinen Lippen gefährlich zuckte. Eine kurze Hitzewelle breitete sich mit einem unangenehmen Kribbeln in ihm aus. Erwischt. Er hatte sie angelogen, wollte sie in Sicherheit wiegen und ihr etwas geben, an das sie glauben, worauf sie hoffen konnte. Aber wie unfair wäre es, wenn Ran sich an eine Lüge klammerte und hoffte, obwohl die Zeit, auf die sie wartete, wahrscheinlich noch in weiter Ferne lag. Conan schluckte, er musste ihr die Wahrheit sagen, noch heute. Ran lächelte noch immer, doch Conan konnte spüren das ihr Blick, der auf ihm ruhte, nervös war. Sie erwartete, dass der kleine Junge, der ja angeblich ein solch großer Fan von Shinichi Kudo war, ihr zustimmte und so ihre Hoffnung stärkte. Das war Conans Aufgabe, er musste sie aufbauen, damit Shinichi sie nachher zerstören konnte. Er lachte bitter in sich hinein, schenkte Ran jedoch ein Lächeln allererster Güte. Auf geht’s. „Was hast du auch anderes erwartet, Ran?“ Er grinste frech, in seiner Stimme lag ein beleidigter Vorwurf. „War doch klar, dass Shinichi den Fall löst! Oder hast du schon mal erlebt, dass er irgendeinen Täter entkommen lässt?“ Betont überzeugt schüttelte er den Kopf. „Shinichi doch nicht, der löst jeden Fall. Jeden.“ Ran lachte hell auf, als sie den überzeugten Fan ihres Freundes reden hörte. „Wie konnte ich das vergessen!“ Sie zwinkerte ihm amüsiert zu. Doch die Unsicherheit in ihrer Stimme blieb. „Shinichi wird den Fall bestimmt im Handumdrehen gelöst haben. Du hast Recht, Conan…“ Es drehte ihm den Magen um, zu sehen, wie Ran sich an diesen Strick klammerte, nur um nicht abzustürzen. Dabei würde sie das… sie würde fallen und nur Conan war da, um sie aufzufangen, nicht Shinichi, der sie in die Tiefe schubste. Der Grundschüler war nicht in der Lage, sie zu retten. Aber er musste es ihr einfach sagen… Er konnte ihre Beziehung doch nicht mit dieser Lüge beginnen, nicht mit noch einer… besser gesagt. Er konnte sie nicht dieser Hoffnung überlassen - zu hoffen war zwar schön und gut, aber wenn das Ergebnis auf sich warten ließ, würde Ran irgendwann daran ersticken. Conan schluckte, ließ sich gegen die Rückenlehne des Küchenstuhls sinken. In Wahrheit hatte er doch keine Ahnung… Er hatte keine Ahnung wann er diesen Fall, seinen Fall lösen würde. Er schluckte, ein bitterer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Im Moment sah es schlecht aus. Er trat schon lange auf der Stelle, es blieb ihm nichts anderes übrig als zu warten, bis die Organisation selbst aktiv wurde. Schön, er hatte die Nummer vom Boss, aber sie nütze ihm nicht wirklich etwas, wenn er die, die er liebte, nicht gefährden wollte. Er hatte es ihr gestern gesagt, um sie aufzumuntern, ihre Tränen hatten ihn in die Knie gezwungen und diese Lüge einfach seinen Lippen entlockt. Und irgendwie, irgendwie hatte diese Lüge sein Geständnis auch erleichtert. Die Frage, wie Ran reagiert hätte, in dem Wissen, dass die Lösung des Falls noch in weiter Ferne lag, würde ihm nun niemand mehr beantworten. Sie hatte hoffen können, als er es ihr sagte, hoffen können, als er sich verabschiedete und heute… wo sie wieder allein war. Conan schluckte, schaute nervös auf seine Hände. Was… was wenn es noch länger dauerte, länger als gedacht, länger als sie beide es sich wünschten? Vielleicht hatte Ai ja Recht … und die Nummer war wirklich zu groß für ihn. Was dann? Nein. Stur biss er sich auf die Lippen. Er würde diesen Fall schon lösen… irgendwann. Dennoch… er hätte ihr diese Hoffnung nicht machen dürften, er hätte sie nicht anlügen dürfen. Consider this Consider this The hint of the century Consider this The slip that brought me To my knees failed What if all these fantasies Come flailing around Now I've said too much „Conan?“ Diesmal war Ran es, die ihn aus seinen Gedanken holte, in ihren Augen stand Sorge geschrieben. „Ist was?“ Der Grundschüler zuckte kurz zusammen, kratze sich dann aber mit einem verlegenen Lachen an der Wange. „Ich hab nur überlegt, Ran… was Shinichi dir denn nun gesagt hat?“ „Mhm?“ Sie war überrascht, dass Conan sich scheinbar so sehr damit beschäftigte… er machte sich wirklich Gedanken. Wie immer, eigentlich… Dem Grundschüler war es nie egal, wie es ihr ging, er war es auch, der sie jedes Mal wieder aufmunterte, wenn es ihr schlecht ging. Er bemühte sich, immer wieder ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern. Diesmal sollte er diese Anstrengung nicht haben. „Also…“, begann sie, mit einem leichten Rotschimmer auf ihren Wangen. Er sah sie mit erwartungsvollen, großen Augen an, während Ran nervös ihre Finger knetete. „Du weißt schon, Conan.“ Der aber legte den Kopf leicht zur Seite, schaute sie Fragend an. „Was weiß ich, Ran?“ Es war gemein und Conan wusste es. Ran war das Ganze fast schon peinlich, aber da musste sie jetzt durch … sie musste sich seine Worte in Erinnerung rufen, denn das war das Einzige, das ihr vorerst blieb,… die Erinnerung. „Na… also, dass-…“ Sie schnappte nach Luft, atmete ruhig und lange ein. Der Sauerstoff schaffte es, die Hektik in ihrer Stimme zu verdrängen, das zarte Rot auf ihren Wangen begleitete ihre Worte. Sie lächelte schwach, ihre Augen jedoch hatten noch immer einen trüben Glanz. „Dass er mich liebt. Shinichi… Shinichi hat gesagt, dass er mich liebt. Er liebt mich…“ Ihre letzen Worte waren kaum mehr als ein Flüstern. Conan spürte, wie auch ihm die Röte ins Gesicht stieg, er hatte an ihren Lippen gehangen, während sie die kleinen bedeutungsvollen Worte aussprach. Ihm wurde heiß, das Gefühl ihrer Haut unter seinen Fingern, als er ihr die Tränen von der Wange wischte… der Kuss, dieses berauschende Gefühl schien in diesem Augenblick zum greifen nah. Für einen Moment sah er ihr Bild deutlich vor sich, aber er konnte ihm nur hinterher schauen, als es langsam verblasste und sich in die Realität, in das Heute verwandelte, wie ein längst vergangener Traum. Conan sah zu ihr hinüber, auf ihren Lippen ruhte noch immer dieses Lächeln. Es war wie festgefroren, bewegungslos,... irgendwie kalt. Ihre Augen hingegen spielten ein ganz anderes Spiel, sie kämpfte mit den Tränen. Wie gern hätte er seine Handlung von gestern wiederholt, wie gern hätte er so ihre Tränen getrocknet. Aber es ging nicht, es war schlicht unmöglich. Allein die Tatsache, dass er sich auf einen Stuhl stellen müsste, um sie zu erreichen, machte dieses ganze Vorhaben lächerlich. Nein … er konnte nichts tun. Nur dasitzen und ihrem stummen Leiden zusehen. Conan unterdrückte ein Seufzen. Dabei war sie am vergangenen Abend noch so glücklich gewesen! Ran hatte Recht … als er es ihr erst einmal gesagt hatte, hatten sie den Abend wirklich noch genossen, nun … so gut es eben ging. Sie waren durch die Stadt gegangen, zum ersten Mal… als Paar. Die Neonschilder der Tokioter Innenstadt hatten die buntesten Schimmer auf ihre Gesichter geworfen. Es war nicht mehr viel los gewesen, sodass auch Shinichi seinen „Freigang“ unbeschwert genossen hatte. Ihre Hand hatte in der seinen geruht, und es fühlte sich nicht an, wie wenn sie es tat, weil sie den kleinen Conan über einen Zebrastreifen führen wollte… es war anders, weil sie es so wollte… sie beide wollten es. Manch ein Nachtschwärmer, der an ihnen vorbei ging schaute ihnen mit einem verträumten Lächeln nach und hatte so für ein paar Sekunden Anteil an ihrem Glück. Sie hatte gelacht und sich bei ihm wohl gefühlt. Ihr Kopf hatte auf seiner Schulter geruht, noch heute Morgen hatte sein Jackett, als er es zur Wäsche legte, nach ihrem Shampoo gerochen. Viel hatten sie nicht mehr gesagt, jedes Wort wäre überflüssig gewesen, allein Ran hatte leise vor sich hin gesummt während er sie nach Hause gebrachte hatte. Sie waren glücklich gewesen und sie wollten es versuchen! Sie wollte diese Art von Beziehung mit ihm wirklich führen. Conan schluckte, sah sie betrübt an. Im Moment jedoch sah es ganz danach aus als würde dieser Versuch kläglich scheitern. I thought that I heard you laughing I thought that I heard you sing I think I thought I saw you try Schon als sie sich von einander verabschiedeten, war klar geworden, dass es nicht so weiter ging. Auf das gefühlvolle Hoch, das sie an diesem Abend erleben durften, würde ein schmerzvolles Tief folgen. Ihr Abschiedskuss brannte ihm noch immer auf den Lippen, er hatte salzig geschmeckt. Salzig. Shinichi wusste nicht, wie viele Tränen Ran heute Nacht vergossen hatte. Fakt war aber, dass Conan jetzt hier war, um jede weitere zu verhindern, und dann sollte er das jetzt gefälligst auch tun. Er schluckte, versuchte sich zusammenzureißen und zog seine Wangen unter einiger Anstrengung noch ein Stückchen weiter auseinander. „Aber das is ja toll!“ Seine Stimme überschlug sich fast, er strahlte Ran mit großen Augen an. Conan versuchte zu ignorieren, dass es einen Moment lang dauerte, bis Ran sein Lächeln erwiderte. Natürlich war es das… es war toll. Unbeschreiblich herrlich, um genau zu sein… Sie sollte sich freuen. Freuen, Ran. Als hätte sie einen Schalter umgelegt breitet sich auch auf ihren Lippen wieder ein Lächeln aus. „Allerdings, das ist es, Conan! Ich gebe zu… ich dachte schon, Shinichi würde gar nicht mehr damit rausrücken, nachdem er beim letzen Mal wohl solche Anlaufschwierigkeiten hatte…“ Ran grinste und Conan strahlte fragend zurück statt den beleidigten zu spielen, dabei ahnte er schon, worauf sie hinaus wollte. „Wie meinst du das denn Ran?“ Er hörte wie sich kicherte, schaute sie angespannt an. Echt oder unecht? Das Grinsen der Oberschülerin verbreiterte sich ein wenig, als sie sprach. „Shinichi wird rot wie eine Tomate, wenn es um dieses Thema geht!“ Sie lachte hell auf und auch der Grundschüler rang sich ein Lächeln ab. Schön, dass dich wenigstens meine Unbeholfenheit zum Lachen bringen kann. Da half jetzt nur mitmachen. „Nicht wahr?! Der is doch sonst nicht so!“ Ran lächelte, nickte Conan überlegen zu. „Was das anbelangt, aber scheinbar schon … deswegen hat er es mir beim letzen Mal… ja auch nicht sagen können.“ Conan konnte den Prozess beobachten, noch während Ran den Satz zu Ende gesprochen hatte, verwandelte sich ihr Lächeln in die steinerne Maske eines Lachens. Er schluckte, der Ausdruck in ihren Augen gefiel ihm gar nicht. Conan ahnte, wo Rans Gedanken in etwa herumschwirrten, sie waren bei seinem ominösen Fall. Schon gestern hatte sie nicht locker lassen wollen, hatte immer wieder damit angefangen und mit seinen etwas überreizten Reaktionen hatte er das Skript wohl selbst geschrieben, welches er jetzt in ihren Augen las. Sie machte sich Sorgen. Etwas stimmte nicht mit dem Fall, den Shinichi bearbeitete. Immer wenn sie ihn darauf ansprach, war er blass geworden, versuchte ihr auszuweichen so gut es ging. Schön, er durfte keine Informationen weiterleiten, so lang die Sache nicht beendet war, auch wenn das allein schon seltsam war… er ließ sich doch sonst so gern über seine Fälle aus, selbst wenn diese noch am Laufen waren … schließlich konnte er sicher gehen, dass sie nichts sagte, er vertraute ihr immerhin. Oder? Eine Sekunde lang keimte dieser Zweifel tatsächlich in ihr auf. Standhaft war dieser Gedanke jedoch nicht, mit einer sturen Kopfbewegung schüttelte Ran ihn ab. Wie konnte sie nur so etwas denken? Er hatte ihr seine Liebe gestanden… und das war wohl der größte Vertrauensbeweis, den es gab. Nein, nein es musste etwas anderes sein. Etwas das er ihr nicht sagen konnte… oder durfte? Ran schluckte, verdrängte den Gedanken so gut es ging aus ihrem Kopf. Sie sprach jetzt mit Conan. Und der sollte nicht wissen, dass sie sich schon jetzt Sorgen um ihren frisch verliebten Freund machte. „Sieh mal, Conan…“ Bedächtig langsam zog Ran ihre Hand unter der Tischplatte hervor, streckte sie leicht nach vorne, so, dass der Blick auf ihr Handgelenk frei wurde. „… das… das ist von Shinichi, für mich zum Geburtstag.“ Conans Blick ruhte auf dem kleinen Armband, das sanft Rans Handgelenk umschloss. Die sechs blauen Steine streuten ihren Glanz auf Rans Arm, je nachdem, wie sie es im hellen Licht des Küchenfensters bewegte. Er dachte daran, dass ihre Augen, als er es ihr gegeben hatte, heller geleuchtet hatten als jeder Edelstein dieser Welt, jetzt aber war ihr Glanz stumpf und fahl, ihr Funkeln nur noch eine längst vergangene Erinnerung. Der kleine Junge schluckte und rang sich zu einem begeisterten Lächeln durch, seine Stimme war ruhig, fast schon andächtig, als er sprach. „Es sieht toll aus, Ran. Und es steht dir wirklich ausgezeichnet!“ Sie schaute ihn nicht an, seine Stimme drang wie durch einen dichten Nebel zu ihrem Ohr. Ran nickte automatisch, beobachtete wie in Trance die Lichtreflexe des Schmuckstücks, das sie vorsichtig hin und her bewegte. „Ja… es ist wirklich schön.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein leises Flüstern, auf ihren Lippen lag ein sanftes Lächeln, das von dem traurigen Schimmer ihrer Augen begleitet wurde. „Da hatte Shinichi ein gutes Händchen.“ Ein erleichterter Ausdruck huschte kurz über Conan Gesicht. Wenigstens etwas hatte er richtig gemacht. Sein Blick ruhte auf dem kleinen Armband, das Ran mit dem Finger ihrer anderen Hand vorsichtig hin und her schob. Der kleine Junge spürte, wie sich die Harre auf seinem Arm aufstellten, als er an den vergangenen Abend dachte. Er hatte ihr Handgelenk gestern ganz leicht berührt, als er es ihr umgelegt hatte, das Gefühl ihrer zarten Haut prickelte noch jetzt auf seinen Fingerkuppen. Shinichi hatte das Gefühl, dass in ihm etwas lautlos zu schreien begann. Ihre Nähe in diesem Moment war einfach unerträglich. Sie würde wieder seine Hand halten, würde ihn wieder umarmen, aber solang er Conan war, würde es nie wieder so sein wie gestern. Ganz im Gegenteil… Jedes Mal, wenn sie ihn berühren würde oder mit ihm sprach, würde sie ihm von nun an zeigen, was er alles haben könnte… und doch nicht bekommen würde. Ihre Nähe machte ihm erst bewusst, wie fern sie ihm wirklich war. Er vermisste sie. Er vermisste sie, obwohl sie vor ihm saß, nur ein paar Zentimeter entfernt, fehlte sie ihm wie nie zu vor. Ihr Glück gestern war kaum zu fassen gewesen, das alles war so neu… und doch hatte es funktioniert, sie hatten es genossen, sie beide. Das alles schien in weite Ferne gerückt zu sein, ein schöner Traum aus dem sie nun unsanft erwacht waren und so sehr sie sich auch bemühen würden, wieder einzuschlafen… man fand nie mehr zurück. But that was just a dream That was just a dream „Es war so schön gestern,… so unbeschreiblich schön.“ „Hm?“ Conans Blick richtete sich auf Ran. Ihre Worte waren kaum mehr als ein Wispern, sie sprach mehr mit sich als mit dem Grundschüler vor ihrer Nase, doch ihre Stimme zitterte. Er erkannte das verräterische Glitzern in ihren Augen. Rans sorgfältig aufgelegte Maske begann zu bröckeln. Die Theaterschminke wurde von ihren Tränen herunter gewaschen, der fröhliche Ausdruck in ihrem Gesicht verschwand immer mehr, das Einzige, was blieb, war ihr verkrampftes Lächeln, wie ein Bühnenbild, das man vergessen hatte abzubauen. Ran. Conan biss sich auf die Lippen, er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte. Er konnte ihr jetzt nicht helfen, er nicht … nur Shinichi wäre dazu in der Lage und der war nicht da. Mal wieder. Ran sah nicht auf, sah die Sorge in seinen Augen nicht, sondern sprach in gedämpfter Stimme weiter. „Ich bin so dumm, Conan…, so dumm.“ Unwillig wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Er öffnete den Mund, wollte protestieren doch seine Worte blieben aus. „Shinichi ist erst gestern wieder weg und ich sitze jetzt schon hier und weine, dabei … dabei sind wir jetzt zusammen, wir sind ein Paar. Ich sollte… glücklich sein.“ Sie schluckte, das Lächeln auf ihren Lippen flimmerte kurz. „Vielleicht… vielleicht bin ich das auch, es ist nur…“ Sie schnappte nach Luft, ihre Worte zitterten als sie langsam ausatmete. „Ich vermisse ihn. Ich vermisse ihn jetzt schon…“ Bewegungslos starrte sie auf die Tischplatte, als wolle sie allein mit ihrem Blick ein Loch hinein bohren. Dann aber sah sie auf, streifte den Blick Conans, der sie besorgt und traurig ansah. Er teilte ihr Leid… Sie hatte sich gehen lassen… sie hatte sich nicht mehr im Griff, war schwach geworden und hatte so den Kleinen mal wieder in alles hinein gezogen. Toll gemacht, Ran. Sie schniefte kurz, wischte sich mit hektischen Bewegungen die Tränen von den Wangen und bemühte sich um ein aufmunterndes Lächeln. „Vergiss was ich gesagt hab, Conan.“ „A-Aber Ran?“ Der Kleine schaute sie noch immer mitleidig an. Ran machte eine entschuldigende Handbewegung, ihr Lächeln zitterte noch immer. „Nein, nein. Schon gut, Conan! Ich übertreibe einfach … ich mach mir sorgen um Shinichi, wegen seinem Fall. Dabei hast du doch ganz recht, Shinichi wird ihn lösen, er ist alt genug, er kann auf sich selbst aufpassen. Außerdem ist er ja bald abgeschlossen.“ Conan nickte ihr zögernd zu, unterdrückte dabei die Übelkeit, die langsam in ihm hoch stieg. Er musste es ihr sagen … so bald wie möglich. Ran ahnte nicht, was in ihrem kleinen Mitbewohner vor sich ging, stand mit einem auffordernden Lächeln auf und schon den Stuhl mit einem kratzenden Geräusch wieder an den Tisch. „Was hältst du davon, wenn ich uns etwas Leckeres koche? Shinichi und ich sind jetzt zusammen, eigentlich müssten wir das feiern!“ Sie grinste, zwinkerte ihm zu. Conan konnte nur erahnen, wie weh es Ran tat ihrem Gesicht dieses Lachen aufzuzwingen. Doch es half nichts, weiter auf sie ein zu gehen… Sie wollte nicht, dass Conan ihr half. Sie wollte nicht, dass er wusste, wie es ihr ging… Deshalb spielte sie ihm jetzt etwas vor, das Einzige, was ihm übrig blieb, war, ihr dieses Theater so leicht wie möglich zu machen und als passender Partner auf die Bühne zu treten und mit zu spielen. „Au ja!“ Seine Begeisterung brachte das Lächeln auf ihren Lippen dazu, aufzuhören zu zucken, so fiel ihr diese Darbietung schon viel leichter. „Also gut,… was hältst du von Curry?“ Das breite Grinsen auf Conans Lippen war Antwort genug für sie. Sofort drehte sich Ran zur Küchenzeile um, kramte mit einigem Gepolter Topf und Pfanne heraus, in der Hoffnung, ihre eigenen Gedanken damit zu übertönen. Conan beobachtete sie, das erwartungsvolle Lächeln auf seinen Lippen war verschwunden, mit trüben Blick sah er zu, wie sie sich auf dem Gewürzregal eine Weile lang umsah, ehe sie zielsicher zu dem Döschen ockerfarbenen Pulvers griff und es auf die Tischplatte stellte. Auf ihren Lippen lag immer noch das steife Lächeln, das sie auch während ihrer Erzählung aufgesetzt hatte. Während dem auf- und zuschieben von Schubladen und Schränken konnte er hören, wie sie eine leise Melodie summte. Es klang furchtbar. Wenn das ein Versuch sein sollte, an gestern anzuknüpfen scheiterte er kläglich. Sie reihte die unmöglichsten Töne aneinander, eine wirkliche Melodie war überhaupt nicht zu erkennen, es klang nach Chaos und tat sogar dem unmusikalischen Detektiv in den Ohren weh. Als ihr Kopf dann für einige Minuten hinter der Kühlschranktür verschwand, bemerkte Conan wie die unangenehmen Töne weniger wurden und dann gänzlich verstummten. „Mist!“ Mit einem dumpfen knall schloss Ran den Kühlschrank. „Wir haben kein Fleisch mehr im Haus. Ich werde schnell noch in den Supermarkt gehen und welches besorgen.“ „Aber Ran… wir können doch auch was anders essen!“ Während er sprach, kletterte er vom Stuhl und stellte sich vor sie. Ran jedoch schüttelte stur den Kopf kniete sich langsam zu Conan hinunter. „Nichts da, ich hab dir Curry versprochen, also sollst du es auch kriegen.“ Sie lächelte ihn fast schon mütterlich an. „Außerdem weiß ich doch, dass du so gern Curry isst.“ Sie grinste, strich ihm dabei mit einer sanften Geste eine seiner abstehenden Ponyfransen zurecht, die jedoch direkt wieder in ihre Form zurück sprangen. Conan spürte, wie sich eine Gänsehaut über seinen Körper schlich, er konnte nichts weiter sagen, mehr als ein stummes Nicken brachte er nicht zustande. Die Tatsache, dass Ran ihm so nah war, brachte ihn fast um den Verstand. Er hatte keine Ahnung, wie lang er diesem Theater noch standhalten konnte… Shinichi wusste, er hatte keine andere Chance, er musste es wenigstens versuchen, auch wenn es im Moment nicht leicht war, mit Ran mitzuhalten. Sie glaubte, ihr Shinichi sei irgendwo in Japan und war mit der Lösung seines Falles beschäftigt… er aber hatte sie direkt vor seiner Nase sitzen. Und das machte die Sache ganz gewiss nicht leichter. Ran war schon längst aufgestanden, schritt nun zur Kommode und nahm ihre Handtasche an sich, hatte den Türknauf schon im gleichen Augenblick in der Hand. „Also bis später Conan und benimm dich, vielleicht bring ich dann auch noch was zum Nachtisch mit.“ Der Grundschüler stockte kurz. Dein Einsatz, Conan. „Au ja!!! Klar bin ich lieb, Ran, bin ich doch immer. Mhm… krieg ich vielleicht auch Kuchen?“ Ran teilte sein Grinsen. „Ja… vielleicht auch Kuchen.“ Damit hob sie die Hand zum Abschied, eine Geste die der kleine Junge wie ihr Spiegelbild erwiderte und verschwand fast schon zu hastig aus dem Haus. Als die Oberschülerin die Tür hinter sich geschlossen hatte, fiel das Lächeln des kleinen Jungen buchstäblich in sich zusammen. Conan schluckte, er wusste, dass es Ran wohl kaum anders ging, wahrscheinlich spannten ihre Wangen noch mehr als die seinen von diesem dämlichen Dauergrinsen. Sie war wirklich gut darin. Ran tat einfach alles, um es für ihn so aussehen zu lassen, als ginge es ihr gut, als wäre alles in Ordnung… Dabei war es das nicht, nein, ganz und gar nichts war in Ordnung. Mit einem unterdrückten Seufzer ließ er sich auf die weichen Polster des Wohnzimmersofas fallen, kramte fast in Zeitlupe Shinichis Handy und die Fliege aus seiner Tasche. Es war Zeit das Shinichi das zerstörte, was Conan grade versucht hatte, aufzubauen… Er lachte bitter auf, schnappte kurz nach Luft und wandte sich dann seinem Handy zu. Das blaue Licht des kleinen Monitors ließ das Gesicht des Grundschülers noch blasser erscheinen, als er die Schnellwahltaste für Rans Nummer drückte. Seine Augen ruhten auf ihrem Namen und der darunter angezeigten Nummer, sein Finger lag bedrohlich nah über dem grünen Hörer, doch noch zögerte er. Es war unfair. Fies und gemein, Ran das letzte Quäntchen Hoffnung zu nehmen. Aber sie hatte es nicht verdient, sie sollte sich nicht an eine Lüge klammern und so … vielleicht vergeblich warten. Nur weil er sich gestern verquatscht hatte um ihre Tränen zu trocknen. Nein. Er musste ihr die Wahrheit sagen, jetzt. Mit einem leisen Klicken betätigte er die Taste, hörte wie sein Handy in schneller Abfolge ihre Nummer wählte… und wartete. That's me in the corner That's me in the spotlight Losing my religion Trying to keep up with you And I don't know if I can do it Oh no I've said too much I haven't said enough Ran war noch nicht weit gekommen als ihr Mobiltelefon klingelte, genau genommen, stand sie noch immer vor der Detektei, am Eingang des Café Poirot. Als sie es aus ihrer Handtasche fischte und den angezeigten Namen auf dem Display anstarrte flüchtete wohl auch der letzte Rest Farbe von den Wangen der Oberschülerin. Für eine ganze Weile schaute sie den Namen nur an. Ihr Klingelton wiederholte seine Melodie treu immer und immer wieder. Der Anrufer war hartnäckig. Sie schluckte kurz, klappte dann aber ihr Handy auf und nahm den Anruf entgegen, noch bevor sie sich melden konnte drang seine Stimme an ihr Ohr. „Hallo Ran. Und… was machst du Schönes?“ Er klang gut, weit besser als gestern. „Ich bin … nein ich wollte grade einkaufen, allerdings hast du mich noch vor der Detektei erwischt.“ Die Worte sprudelten geradezu aus ihr heraus, Belangloses, ohne Bedeutung, etwas worüber sie reden konnte,… ohne in Tränen auszubrechen. Sie hörte nicht wie er sich auf der anderen Seite des Hörers bewegte. Conan schlich zum Fenster, blickte zur Straße hinaus und tatsächlich, sie war noch da. „Ich möchte Curry machen für Conan und mich, zur Feier des Tages. Das… das heißt- wenn … also ich- ich durfte es ihm doch erzählen oder? Ich meine wir… wir haben nicht darüber geredet, aber ich dachte-…“ „Ran.“ Ihre von Hektik angetriebene Stimme verstummte während er sprach. „Schon gut. Und mal ehrlich… wem soll die kleine Brillenschlage das denn schon groß erzählen? Spätestens wenn das nächste Computerspiel auf dem Markt ist, hat das der Kleine das doch schon wieder vergessen!“ Er lachte, hörte erleichtert wie Ran in weit ruhigrem Ton als eben fast schon ein wenig belehrend mit ihm sprach. „Da kennst du Conan aber schlecht, Shinichi… ich glaube schon, dass ihm das wichtig ist.“ Shinichi war während sie ihm diese Predigt hielt, heilfroh das Ran sein zynisches Grinsen nicht sehen konnte, als ihre Stimme am Ende dieses Satzes jedoch abebbte, verschwand auch das wieder an seinen Platz. Für einen schier endlosen Moment herrschte Stille in der Leitung. Es war Rans Stimme, die den stummen Bann zwischen ihnen brach. „Wie geht’s dir… Shinichi?“ Sie hörte ein Schlucken, auf der anderen Seite des Hörers legte Conan den Kopf in den Nacken, starrte wie betäubt zur Decke. Er mied den Blick nach draußen, schaute noch immer auf, als er sprach, fast so als würde er seine Worte dort von einer unsichtbaren Tafel ablesen. „Gegenfrage, Ran. Geht es dir gut?“ Die Angesprochene schaute starr auf den Bordstein. Von Fenster aus konnte Conan erkennen, wie sich haltsuchend auf die Bank vor dem Cafe Poirot setze. „Nein…“ Shinichi seufzte schwer. „Dacht ich mir… und wieso glaubst du dann, sollte es mir besser gehen?“ Ran’s Augen wurden groß, er konnte förmlich hören, wie ihre Lippe zu zittern begann. „Ganz im Gegenteil, ich vermisse dich jetzt schon.“ Auf Conans Lippen zeichnete sich ein müdes Lächeln ab. Da siehst du’s Ran, du bist nicht dumm. Sie schniefte ihm ins Ohr, konnte ihre Tränen nicht mehr länger zurück halten die ihr langsam über die Wange kullerten. Shinichi biss sich auf die Lippen, was hier passierte, war nicht fair. Ihre Worte, die sie auch noch unter Tränen hoffnungsvoll klingen ließ, waren für ihn ein bitterer Schlag ins Gesicht. „Du hast den Fall ja bald abgeschlossen Shinichi… es dauert ja nicht mehr lange.“ Sie beruhigte sich mit dieser Hoffnung, beruhigte sich damit und wollte Shinichi so nun auch damit helfen… dabei gab es diese Hoffnung nicht. Sie existierte nicht, genau so wenig wie Conan Edogawa. Es war eine Lüge. Shinichi sagte nichts. Er schluckte, seine Kehle aber blieb rau. Er konnte es nicht … Er konnte ihr das nicht antun. Was blieb ihr noch wenn Shinichi ihr diesen glauben nahm? „Shinichi?“ Die Angst hatte zurück in ihre Stimme gefunden, sie schien zu ahnen, dass seine Stille nichts Gutes zu bedeuten hatte. Er stöhnte unterdrückt auf, fuhr sich mit der kalten Hand über die Stirn, rückte ganz automatisch seine Brille wieder zurecht. Er musste es ihr sagen. „Sh- Shinichi, bist du noch dran?“ Rans Herz hämmerte gegen ihre Brust. Natürlich war er noch dran … sie konnte hören wie er leise atmete. Der stille Verdacht der langsam in ihr aufkeimte, ließ sie jeden Herzschlag einzeln spüren. Sie hörte wie er schwer ausatmete, schloss die Augen und machte sich auf seine Worte bereit, sie wusste was jetzt folgen würde. „Ran… ich-…“ Er stöhnte gequält auf, fuhr sich zögernd durchs Haar. „Ich- es gab Komplikationen… der Fall, es ist schwerer als gedacht. Ich fürchte…“ Shinichi schluckte, hörte wie sie den Atem anhielt. „Ich fürchte, es wird noch länger dauern.” Seine stimme war rau, er wandte sich vom Fenster ab, schaute schuldbewusst zu Boden. Toll gemacht Kudo, echt! Statt ihr zu sagen dass du sie belogen hast hebst du eine Lüge mit der anderen auf. Nervös presste Shinichi das Handy enger an sein Ohr, in der Hoffnung etwas von ihr zu hören, doch Ran blieb weiter stumm. Er holte Luft, versuchte sich zu erklären. „Ran, ich- ich versprech’s dir, ich werde alles tun um den Fall schnell abzuschließen. Aber ohne die richtigen Hinweise sind mir die Hände gebunden. Ich … es tut mir leid.“ „Schon gut, Shinichi…“ „Was?“ Seine Augen wurden groß. Er hatte mit Tränen gerechnet, mit Enttäuschung… aber doch nicht damit. Ran aber blieb ruhig, in ihrer Stimme hörte man zwar deutliche Trauer mit schwingen aber - sie blieb vollkommen ruhig. „Ich sagte, schon gut… du musst dich nicht entschuldigen, schließlich… schließlich kannst du nicht anders. Du wolltest nicht gehen, Shinichi… weder damals noch gestern. Du musst… hab ich Recht?“ Shinichi biss sich auf die Lippen, zog die Luft scharf ein. Der kurze Widerstand in ihm ebbte jedoch schnell ab, langsam atmete er aus, es war Zeit für die Wahrheit. „Ja. Aber Ran, du-„ „Ich werde nicht fragen, Shinichi… Tu mir nur einen Gefallen… nur einen hörst du?“ Er schluckte, nickte dann, obwohl er wusste, dass Ran ihn nicht sah. „Pass auf dich auf.“ Ihre Stimme zitterte, sie war den Tränen wieder gefährlich nah. „Ich will so einen Tag wie gestern noch mal erleben, noch viele viele Male, Shinichi… aber, dafür musst du auf dich aufpassen! Du musst, hörst du!“ Rans Bitte verwandelte sich unter ihren Tränen immer mehr zu einem Befehl, es war die Sehnsucht, die jetzt schon aus ihr sprach. Sie hörte, wie er lange ausatmete, seine Stimme drang sanft an ihr Ohr. Das Gefühl seinen Atem auf ihrer Wange zu spüren lockte nur noch mehr Tränen aus ihrem Versteck. „Ich versprech’s dir, Ran.” Er schloss die Augen, hörte wie ihr erleichterndes Auflachen in ihren Tränen verklang. Sie weinte, Ran weinte ihm still ins Ohr und er konnte nichts weiter tun als ihrem Leiden zuzusehen … Shinichi wusste, dass es keine Worte gab die Ran jetzt helfen konnten, und wenn es doch eins gäbe… wäre es wohl nur wieder eine Lüge. Conan unterdrückte ein Stöhnen, rieb sich müde über die Augen. Wahrscheinlich hätte er ihr es doch nicht sagen sollen … das alles nicht, ihr Schmerz gestern wäre vorbei gegangen… das, was sie jetzt durchmachte, würde jedoch bei weitem länger wehtun. Er schluckte, der bittere Klang in Shinichis Stimme stoppte ihre Tränen. „Ran… sag mal, glaubst du immer noch, dass es das Richtige war?“ Sie schaute auf, einen Moment lang war ihr Mund ungläubig geöffnet, dann aber schlossen sich ihre Lippen und bildeten ein Lächeln. Mit einer sturen Handbewegung wischte sich die Oberschülerin die Tränen von der Wange, bemühte ihre Stimme um einen festen Ton. „Nein Shinichi… das glaube ich nicht. Ich weiß es.“ Er konnte ihr trauriges Lächeln förmlich durch den Hörer sehen, dennoch wurde die Last auf seinem Herzen ein wenig leichter. „Ich danke dir, Ran.“ Sie schluckte, nickte geistesabwesend, das Rauschen des Handynetzes konnte die Stille nicht übertönen, die nun eintrat. Shinichi holte Luft, seine gedrückten Worte drangen an ihr Ohr. „Also dann… pass gut auf dich auf, Ran.“ Sie nickte. „Du auch, Shinichi … bis… bis bald.“ „Ja, bis bald,… Ran.“ Die Sätze folgten automatisch, jedes weitere Wort hätte nur zu noch mehr Unbehagen geführt. Er hatte seine Worte von gestern nicht noch mal wiederholt… sie wussten es, sie wussten es beide… schließlich war ihre Liebe der Grund, warum es ihnen nun so schlecht ging. Jeder von ihnen versuchte jetzt durchzuhalten, sich an das zu klammern, was sie gestern erleben durften. Von ihrem Lachen, von ihrer Liebe und ihrem Glück so lange zu zehren, wie nur möglich. Conan schluckte, betätigte erst jetzt den roten Hörer und beendete so das Gespräch. Bekümmert blickte er hinaus, aber sie saß zu dicht an der Hauswand, sodass er ihr Gesicht nicht erkennen konnte. So leise wie möglich schob der Grundschüler das Fenster einen Spalt breit auf. Er hörte was er befürchtet hatte … Sie weinte. I thought that I heard you laughing I thought that I heard you sing I think I thought I saw you try Er schleppte sich aufs Sofa, ließ sich gegen die Lehne sinken und starrte mit leerem Blick an die Decke. Gestern hatte er ihre Tränen trocknen können, hatte aus dem glänzenden Salzwasser den bisher schönsten Tag in Rans Leben gezaubert. Ihr Glück gestern wurde heute von ihren Tränen verschleiert, wirkte durch diesen dichten Nebel nur noch wie ein schöner Traum… Shinichi hielt es nicht mehr aus. Er wusste nicht, wie lange er nun schon immer den gleichen Punkt an der Decke anstarrte, ihr leises Wimmern drang noch immer an sein Ohr. Conan schluckte, rappelte sich vom Sofa auf und verließ die Wohnung. Während er die wenigen Stufen zur Straße hinunter stieg, überlegte er, was er ihr sagen könnte, er zermarterte sich den Kopf immer begleitet vom traurigen Singsang ihrer Tränen. Das bittere Ergebnis war, dass es nichts gab - es gab nichts, das Conan ihr sagen konnte,… er konnte nur bei ihr sein. Ran saß noch immer auf der braun gebeizten Bank vor dem Café, sie konnte ihre Tränen nicht zügeln, aber es war ihr auch egal. Conan sah sie traurig an, ging langsam auf sie zu und kletterte neben sie auf die Bank, Ran nahm ihn wahrscheinlich gar nicht wahr. Er wollte sie trösten, in den Arm nehmen, ihre Tränen mit einem Kuss beenden. Doch sein Vorhaben blieb nichts weiter als ein Traum… ein Traum der in ungewisser Ferne lag. So wie ihr Glück gestern … nur noch ein schöner Traum war. But that was just a dream try...cry...why...try... That was just a dream Just a dream...just a dream...dream... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)