Yami No Kanji von Asu91 (Finstere Gefühle beherrschen meine Seele) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Sie rasten mit Tempo achtzig durch die Straßen. Ryo fuhr wie ein Irrer. Dauernd mussten Autos seiner preschenden Karre ausweichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Der Fahrer selbst kümmerte sich nicht drum. Er zückte sein Handy, wählte eine Nummer und wartete darauf, dass Nii abnahm. „Ja?“ „Nii? Ich hoffe, du bist nüchtern. Ich weiß jetzt was mit Sato los ist,“ sagte Ryo trocken. „Ja, bin ich. Und was?“ meinte Nii genervt. „Sato ist magersüchtig.“ „Bin ich nicht!“ widersprach Satoshi wütend von der Rückbank. Ryo drehte sich zu ihm um und sah ihn bedrohlich an. „Sieh auf die Straße, Mann!“ rief der Sänger entgeistert. Ryo riss das Steuer herum und konnte gerade noch einen Zusammenprall verhindern. „Ryo?“ erklang es besorgt aus dem Handy. „Alles in Ordnung bei euch?“ „Ja, alles okay. Ich meine nein. Gar nichts ist okay. Hast du gehört, was ich gesagt habe?“ entgegnete Ryo. Er war ein wenig überfordert mit der Situation. „Ja, hab ich,“ antwortete Nii nüchtern. „Ich bin grad auf dem Weg ins Krankenhaus mit ihm,“ erzählte Ryo weiter. „Ich will euch da sofort sehen. Das wird ein starkes Stück Satoshi wieder hinzubiegen und das schaff ich nicht allein.“ „Mir geht’s gut!“ meinte Satoshi trotzig. „Gut. Aber warum denn ins Krankenhaus?“ fragte Nii bestürzt. „Scheiße Mann, weil er mir jeden Moment wieder zusammenklappt!“erwiderte Ryo verzweifelt. „Gar nicht wahr!“ protestierte Satoshi, konnte aber nicht so viel Kraft in seine Stimme legen, wie er es gern getan hätte. Wieder drehte sich Ryo zu ihm um und vernachlässigte den Verkehr völlig. „Jetzt hör mir mal gut zu, Satoshi. Du bist krank! Je eher du das einsiehst, desto besser und–“ „Pass auf! Kuck nach vorne! Nach vorne!“ schrie Satoshi panisch und deutete nach vorn. Ryo drehte sich noch um, doch da war es schon zu spät. Ungebremst knallten sie in ihren Vordermann. Ryo prallte mit den Kopf auf das Lenkrad. Satoshis knallte gegen die Sitzlehne. Er war sofort bewusstlos. „Satoshi... Satoshi...“ murmelte Ryo, bevor auch er das Bewusstsein verlor. „Ryo?“ drang Niis nervöse Stimme aus dem Handy. „Was war das für ein Knall? Was ist los bei euch? Ryo, antworte mir! Ryo!!“ Kapitel 1: Prolog Teil 2 ------------------------ Hatte gestern einen guten Tag, deshalb gibt es schon wieder eine neues Kapitel von mir. Im Moment läuft es glücklicherweise richtig runf mit dem Schreiben. Ist nichts besonderes, nur noch ein wenig Vorgeschichte, ich hoffe es gefällt trotzdem.^^ _________________________________________________________________________________ Es war ihnen schon vorher aufgefallen, dass Satoshi Anzeichen von Ermüdung zeigte. Zuerste führten sie sie auf den zunehmenden Stress, dem sie als Band ausgesetzt waren, zurück. Sei zogen sogar eine Erholungspause in Betracht, doch als sie Satoshi den Vorschlag machten, hatte er vehement abgelehnt. „Auf keinen Fall! Was sollen denn die Fans denken?“ hatte er gesagt und als sie ihn auf seine Erschöpfung ansprachen, fügte er gelassen hinzu: „Macht euch keine Sorgen. Mir geht’s gut.“ Sie kannten Satoshi lange und gut genug, um zu wissen, dass seine Gelassenheit und sein Lächeln nur vorgetäuscht waren. Da es aber mehr als offensichtlich war, dass Satoshi von Tag zu Tag an Kraft verlor, beschlossen sie mit ihrem Management über das Problem zu sprechen. Anders als bei gewöhnlichen Bands, konnten sie mit ihren Managern über alles reden und sie nahmen, wann immer es möglich war, Rücksicht auf die Musiker. So hatte sich ein langes Band des Vertrauens geknüpft. „Es ist nicht nur Satoshi,“ hatte ShuU erklärt. „Wir sind alle ein wenig ausgezerrt.“ Nii und Ryo nickten lebhaft. „Das letzte Jahr hat uns echt geschlaucht. Die lange Tour, die drei Singles, ständig Fotoshoots und Interviews und dann noch das Album,“ hatte Nii aufgezählt. „Ich will hier nicht rumheulen. Wir wissen sehrwohl, dass Stress eine Zutat des Erfolgskuchen ist, aber letztes Jahr war zu viel. Wir sind kaputt.“ „Wir haben uns selbst zu viel zugemutet. Wir dachten, wir packen das, weil Satoshi uns immer gepuscht hat,“ hatte Ryo eingeräumt. „Er hat seine Rolle so gut gespielt, dass wir erst nicht gemerkt haben, wie ihm das zusetzt, aber das tut es.“ „Satoshi läuft Gefahr ein Burnout zu erleben, deshalb wollten wir euch bitten, uns eine kleine Pause zu gönnen, denn einen Totalausfall von Satoshi können wir uns ganz und gar nicht leisten,“ hatte der Bandleader geschlossen. Ihre Manager hatten ihnen geduldig zugehört und sich das delikate Thema durch den Kopf gehen lasssen. „Wie nah steht Satoshi vor dem Burnout?“ hatte Megumi-san mit ernster Miene gefragt. „Unmittelbar davor.“ Das Ergebnis des Gesprächs war ein Kompromiss gewesen. Die geplante Europatour war gecancelt worden, somit auch die Fotoshoots und Interviews der ausländischen Magzine – Die Members hatten erfahren, dass dies sowieso schon ins Auge gefasst worden war, da der Terminkalender schon mit den inländischen Terminen reichlich gefüllt gewesen war – und sollten dafür sie versuchen die übrigen Termine wahrzunehmen, sowie die All-Over-Japan-Tour, wenn sich dazu in der Lage sahen. Die Tour würde in einem halben Jahr starten. In dieser Zeit müssten sie auch keine neuen Songs komponieren, nur die Termine wahrnehmen. Das war mehr, als sich die Members erhofft hattten, weshalb sie sofort auf den Deal eingegangen waren. Glücklich hatten sie Satoshi die guten Nachrichten mitgeteilt, dass sie sich mal endlich ausruhen können würden. Damit hatten sie aber nicht den gewünschten Effekt erreicht. Der Sänger war am Boden zerstört gewesen, dass sie dieses Jahr nicht um die Welt bummeln würden. Er hatte sich doch so darauf gefreut. Das hatten sie nicht gewusst. Aber ändern konnten sie es nicht. Sie konnten nicht einfach die Japantour durch die Europatour ersetzen, auch wenn es ihnen das Herz gebrochen hatte, Satoshis enttäuschtes Gesicht zu sehen. Das dies, zusammen mit ein paar anderen Dingen, die schon vorher existierten, zu einem Märtyrum führen würde, hatten sie nicht wissen können. _________________________________________________________________________________ Manchen Leuten kann man es echt nicht recht machen *lol* Bis zum nächsten Mal Eure Asu^^ Kapitel 2: Kapitel 1 -------------------- Es geht weiter. In diesem Kapitel werdet ihr eine Szene wiederfinden, die ihr schon kennt. Ich zeige euch jetzt quasi den Verlauf der Geschichte bis zu dieser einen Szene. Das Kapitel enthält sowohl eine schöne als auch eine schrecklich Szene, meiner Meinung nach. Ich hoffe ihr lest es trotzdem mit Neugier. _________________________________________________________________________________ Satoshi hatte nach dieser enttäuschenden Nachricht noch weiter abgebaut und das, obwohl sie um einiges entlastet waren. Er war immer müde und musste bei den Proben öfter Pausen einlegen als sonst. Das war doch nicht normal, dachten die Members, wussten aber nicht, was sie tun konnten. Als sie einmal „Kowarete Iku Sekai“ probten ging es schon wieder los. „Stop!“ rief Satoshi und die Instrumente verstummten augenblicklich. „Was ist los?“ wollte ShuU irritiert wissen. „Kurze Pause“, keuchte Satoshi. „Schon wieder?“ murrte Ryo ungläubig. „Nur ganz ku–“ Plötzlich wurde Satoshi schwarz vor Augen. Er verlor das Gleichgewicht und fiel... „Oh mein Gott, Sato!!“ Nii, der ihm am nächsten war, fing ihn auf. Hilflos sah er ShuU und Ryo an, die sofort an seiner Seite waren. ShuU übernahm Satoshi, während Nii seine Gitarre abstellte. Er legte den bewusstlosen Körper sachte auf den Boden und die Beine hoch auf einen Stuhl. „Bringt mir mal einen nassen Lappen!“ wies er die zwei anderen an. Ryo stürmte los und kam wenig später mit dem gewünschten Lappen wieder, den er ShuU reichte. Ein Blick in das Gesicht des Sängers teilte ihm den Nutzen des Lappens mit. Auf Satoshi Stirn lagen dutzende Schweißperlen. ShuU legte den Lappen auf seine Stirn und sah seine Freunde an. „Was ist los mit ihm?“ fragte Ryo ängstlich. „Ich weiß es nicht“, sagte ShuU. Sie knieten schweigend am Boden und sahen ihren Freund an. Außer ShuU hatte keiner von ihnen reagiert. Nii und Ryo waren einfach zu geschockt gewesen. Sie waren es noch immer, als Satoshi wieder aufwachte. Er blinzelte und sah orientierungslos in ihre besorgten Gesichter. „Huh? Was ist passiert?“ nuschelte er verwirrt. „Sato, Gott sei Dank! Jag uns doch nicht so einen Schreck ein!“ sagte Ryo erleichtert. „Du warst einfach weg. Von einem Moment auf den anderen, “ erzählte Nii und klang nervös. „Komisch“, meinte Satoshi und wollte sich aufsetzen, doch die anderen hielten ihn auf. „Bleib lieber noch was liegen“, riet ShuU ihm. „Mir geht’s gut“, entgegnete der Sänger unwirsch und setzte sich mit Ryos Hilfe auf. „Jetzt schaut mich nicht so an“, sagte er drei besorgte Blicke traf. „Was erwartest du denn bitte von uns?“ machte Nii ihn an. „Das wir hier einfach seelenruhig weitermachen, bis du wieder zu dir kommst? Was ist los mit dir?“ „Wie, was ist los mit mir? Was meint ihr?“ erwiderte der Sänger verständnislos. „Na, du hast dich verändert. Du bist ständig müde und erschöpft. Du hältst nicht mal mehr einen Song durch, “ begann der Schlagzeuger aufzuzählen. „Du bist ständig so abwesend, als könntest du dich nicht konzentrieren und du gehst nicht mehr raus.“ Wow, Ryo bringt es echt auf den Punkt, dachte Satoshi. Natürlich stimmte jedes Detail seiner Aufzählung. War er so einfach zu durchschauen? Dabei hatte er doch so angestrengt versucht sich nichts anmerken zu lassen. Er sah den Leader an. Dessen Augen fixierten und durchleuchteten ihn förmlich. Vor ShuU konnte man absolut nichts verheimlichen. Er durchschaute einen immer direkt. Doch er schürzte die Lippen. Er hatte wohl gemerkt, dass der Sänger nicht darüber reden wollte und respektierte diese Entscheidung. „Ich glaube, wir belassen es dabei“, sagte der Leader, stand auf und zog Satoshi hoch. „Geh nach Hause und ruh dich aus. Die Erholung wird dir gut tun.“ „Aber–“ „Keine Widerrede!“ stellte ShuU klar. Satoshi ließ den Kopf hängen. „Okay...“ „Ich kann dich nach Hause fahren“, bot Ryo an. „Nein, danke. Mir geht’s gut, “ betonte der Sänger noch einmal. „Ruf mich an, wenn es dir besser geht“, sagte ShuU und tat als hätte er seine Bemerkung nicht gehört. „Dann machen wir einen neuen Termin für die Probe aus.“ „Ja, mach ich“, meinte Satoshi lustlos, drehte ihnen den Rücken zu und ging ohne ein Wort des Abschieds. Kaum war er weg, fielen Nii und Ryo über den Bassisten her. „Was war das denn?!“ „Wieso hast du ihn weggeschickt?!“ „Wieso hast du ihn gehen lassen?!“ „Bist du wahnsinnig?!“ „Willst du ihn wirklich sich selbst überlassen?!“ „Was wenn ihm was passiert?!“ „Hey – nicht beide auf einmal. Hey!!“ ShuU pfiff laut und brachte die zwei aufgebrachten Hähne so zum schweigen. „Ich weiß doch auch, dass es nicht das Klügste ist, ihn allein gehen zu lassen, aber ihr habt es doch selbst gesehen. Das hat keinen Sinn. Er verheimlicht uns etwas und will nicht, dass wir davon wissen. Wir können nichts tun außer seine Privatsphäre zu respektieren.“ Drummer und Gitarrist gaben sich geschlagen. Ryo ließ den blick traurig durch den Raum wandern. „Er hat sein Mikro vergessen...“ fiel ihm auf. Er wechselte einen beunruhigten Blick mit Nii und ShuU. Satoshi ließ sein Mikro niemals zurück. Er nahm es immer mit nach Hause. Es war sein wertvollster Besitz... „Ich hab Angst“, flüsterte Nii. Sie alle wussten, dass dies ein schlechtes Zeichen war. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit ihrem Sänger. „Vielleicht ist er krank. Schwerkrank. Todkrank...“ „Ist gut, ShuU! Noch wissen wir nichts, also mal nicht den Teufel an die Wand!“ fauchte Ryo. Über so etwas wollte er gar nicht nachdenken, auch wenn sie diese Möglichkeit nicht ausschließen durften. Sie würde einiges erklären, aber nein. Das waren nur dumme Vermutungen. Es war bestimmt nur eine Phase. Nun war wohl das Burnout da, das sie befürchtet hatten und das, obwohl sie schon zurückgeschaltet hatten. Wahrscheinlich war es eine Nachreaktion auf den vielen Stress in der Vergangenheit. Und da half nur Erholung. „Ich fahr nachher mal bei ihm vorbei und spiel Krankenschwester, “ kündigte Ryo grinsend an. „Oh ja!“ stimmte Nii zu. „Ich komme mit.“ „Das lässt ihr schön bleiben“, widersprach der Bandleader bedrohlich. „Du hast ihn gehört. Er wollte nicht mal, dass du ihn nach Hause fährst. Lasst ihn in Ruhe. Wenn ihm die Decke auf den Kopf fällt, oder er Gesellschaft will, dann wird er sich schon melden. Ryo und Nii sahen sich an und seufzten. Ryos POV Seit einer Woche schon hatten sie nichts von Satoshi gehört. Nach der peinlichen Szene während der Probe, hatte er jede Kontaktaufnahme mit ihm verweigert, jeden Anruf, jede Nachricht ignoriert. Aus Respekt vor seiner Privatsphäre waren sie nicht einfach in seine Wohnung eingedrungen, obgleich sie doch alle einen Schlüssel zu ihr hatten. Sieben Tage nach ihrer letzten Probe hielt es Ryo jedoch nicht länger aus. Irgendwie hatte er ganz ungutes Gefühl. Als wäre Satoshi in Schwierigkeiten und bräuchte Hilfe. Für gewöhnlich bewahrheitete sich sein empathischer Verdacht leider. Kurzerhand fuhr er los, um den Sänger zu besuchen. Er schloss die Tür auf und schlüpfte in die Wohnung. „Sato?“ fragte er laut, erhielt aber keine Antwort. Dann hörte er Wasser laufen. Satoshi war wohl gerade am duschen. Er ging zum Badezimmer am Ende des Flurs und stieß die Türe auf. „Tut mir Leid, dass ich so reinplatze“, begann er. Der Rest des Satzes blieb ihm im Hals stecken. Vor ihm lag Satoshi leblos in der Dusche. Das Wasser prasselte mit vollem Druck auf ihn nieder. Ryo spürte seinen Herzschlag aussetzen. „Satoshi!“ rief er entsetzt und stürmte zu seinem Freund. Er drehte als erstes das Wasser ab. Es war kochend heiß. Kein Wunder, dass Satoshi umgekippt war, dachte Ryo. Im nächsten Moment erfuhr er allerdings den wahren Grund für Satoshis Ohnmacht, als er einen genauen Blick auf ihn warf. Der Sänger war furchtbar abgemagert. Überall traten seine Knochen, Sehnen und Venen hervor, an den Schultern und den Rippen am schlimmsten. Bei dem Anblick zersprang Ryo das Herz. Dass Satoshi nackt war, wurde zur Nebensache. Wie konnte er nur so verantwortungslos mit sich umgehen? „Sato? Hörst du mich? Sato!“ Er klatsche ihm sanft gegen die Wange. Nach einer Weile schlug der Sänger die Augen auf. „Ryo?“ krächzte er schwach. „Ein Glück, Satoshi“, seufzte Ryo. „Was machst du hier?“ „Ich wollte dich abholen. Du hast nicht auf unsere Nachrichten geantwortet. Wir haben gleich Bandprobe, “ log der Drummer und sah ihn besorgt an. „Alles okay?“ „Ja“, murmelte Satoshi verwirrt. Sein Kopf war wie benebelt. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. „Was ist passiert?“ „Du hast zu heiß geduscht“, erklärte Ryo. „Du hattest 'nen Kreislaufkollaps.“ Dass er wusste, weshalb Satoshi wirklich für eine Weile weg gewesen war, verschwieg er ihm erst einmal. Außerdem saß der Schreck über die soeben gemachte Erkenntnis noch zu tief, als dass er schon darüber reden konnte. Das heiße Wasser hatte sicher auch seinen Teil beigetragen. So heiß duschte doch niemand! Satoshis Haut war ganz rot. Das würde Brandblasen geben. Spürte Satoshi schon nichts mehr? „Komm ich helfe dir, “ sagte Ryo und half seinem Freund auf. Der musste sich noch einen Moment an Ryo festhalten, bis er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Dann realisierte er, dass er nackt vor dem Drummer stand und lief leicht rosa an. „Ich... ähm...“ stammelte er verlegen. Ryo verstand ihn sofort. „Ich warte draußen auf dich“, sagte er und verließ das Badezimmer. Er machte die Tür zu, lehnte sich dagegen und schloss die Augen. Das... war... einfach... nicht wahr... Satoshi magersüchtig? Aber wieso? Was trieb ihn dazu sich so runterzuhungern? Damit gefährdete er doch hochgradig sein Leben. Warum? Leise Tränen liefen Ryos Gesicht hinab – eine Schockreaktion. Er wischte sie schnell weg. Er durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Er musste stark sein. Tief durchatmend sammelte er sich. Satoshi glaubte, sie hätten Probe. In dem Glauben würde er ihn auch lassen, bis sie ihm Auto waren, doch dann würde er ihn ins Krankenhaus bringen. Soweit er mitgezählt hatte, war Satoshi schon zweimal weggeknickt und das waren nur die Male in seiner Anwesenheit gewesen. Es wurde Zeit, dass Satoshi professionelle Hilfe erhielt, sonst würde er das ganz sicher mit dem Leben bezahlen. Satoshis POV Nachdem Ryo die Tür geschlossen hatte, lehnte sich Satoshi an die Fliesenwand. Seine Atmung ging unregelmäßig. Kein Wunder. Für eine Weile, er wusste nicht wie lange, war er tatsächlich bewusstlos gewesen. Wie damals bei der Probe, als er plötzlich mitten im Song zusammengebrochen war. Das Schlimmste war, dass ihn ausgerechnet sein bester Freund Ryo in diesem Zustand gesehen hatte. Jedem, der seinen nackten Körper sah, war auf der Stelle klar, was Satoshi versuchte und was er bereit war, dafür zu zahlen. Im besten Fall ein paar in seinen Augen überschüssige Pfunde, im schlimmsten Fall sein Leben. Niemand durfte davon wissen. Das war etwas, dass er mit sich selbst ausmachen musste. Vielleicht würde Ryo ihm ja glauben, dass alles in Ordnung war, wenn er gleich in aller Ruhe einen Apfel aß? Ja, das war eine gute Idee. Er trocknete sich schnell ab und zog sich an. Dann rubbelte er sich kurz durch die Haare – sie wollten einfach nicht trocken werden – und verließ dann das Bad. Von Ryo war weit und breit nichts zu sehen. Er begann ihn zu suchen und fand ihn schließlich in der Küche am Tisch sitzend auf ihn warten. Als der Sänger eintrat, hob der Drummer den Kopf, sagte aber nichts. Sein Verhalten empfand der Sänger als unheimlich. Warum sagte Ryo nichts zu dem, was er gerade gesehen hatte? War das eine Taktik? Selbst wenn, würde er ihn mit seinem nächsten Akt aus dem Konzept bringen. Er griff nach einem Apfel aus der Obstschale und biss herzhaft hinein. Ryos POV Das Knacken des Apfels ließ Ryo aufhorchen. Er drehte sich um, um zu sehen aus welcher Richtung das Geräusch kam. Ihm klappte erstaunt der Mund auf. Vor ihm stand Satoshi mit einem Apfel in der Hand, munter hineinbeißend und kauend. Was zum? dachte er verwirrt. Hatte er sich etwa nur eingebildet, dass Satoshi nur noch Haut und Knochen war? Wenn er so lustvoll aß, konnte das doch nicht sein. Er fixierte den Sänger genau. Sein Gesicht, sowie sein ganzer Körper, zeigten deutliche Anzeichen von Unterernährung an. Seine Wangen waren eingefallen, die Kiefer- und Wangenknochen stachen beim Kauen heraus. Seine Halsbeuge war deutlicher zu sehen, ebenso wie die Knochen, Muskel und Sehnen an den Armen. Den schlimmsten Teil verdeckte das weiße End-of-the-World T-Shirt. Nein, er hatte es sich nicht eingebildet. Satoshi war magersüchtig. Er konnte es mit eigenen Augen sehen. Wem wollte der Sänger etwas vormachen? Nun, augenblicklich ihm, doch damit war er nicht erfolgreich. Wusste Ryo es doch besser. Allerdings beschloss er Satoshi in dem Glauben zu lassen, er sei beruhigt, denn dann war sein Plan einfacher zu vollziehen. Sein Blick wanderte von dem durchnässten Shirt hoch zu den Haaren. Moment mal – durchnässtes Shirt? Dann sah er, dass Satoshis Haare noch pitschnass waren. „Bist du wahnsinnig?!“ rief der Schlagzeuger entgeistert, sprang auf und rannte an Satoshi vorbei. Satoshis POV Als Ryo plötzlich aufschrie und fragte ob er wahnsinnig sei, blieb dem Sänger das Herz stehen. Er dachte, dass Ryo jetzt auf ihn losgehen würde, wegen dem, was er gesehen hatte. Umso überraschter war er, als er an ihm vorbei ins Badezimmer eilte und mit einem Handtuch bewaffnet zurückkam. Ryos POV „Du holst dir noch den Tod,“ sagte der Schlagzeuger und begann Satoshis Haare trocken zu rubbeln. „Was zum? Stop! Ryo, hör auf!“ rief Satoshi. Er verlor so langsam das Gleichgewicht, weil Ryo so heftig rubbelte, doch dieser merkte es gar nicht. Er war so darauf fixiert, dass es ihm erst durch Satoshis Protest auffiel, wie viel Kraft er reinsteckte Satoshis Haare trocken zu kriegen. Er war zu sehr in Gedanken versunken. In diesem Zustand konnte sich der Sänger ganz leicht eine böse Grippe zuziehen. Sein Immunsystem war geschwächt. Und noch etwas anderes beschäftigte ihn. Satoshi waren seine Haare fast so heilig wie Nii. Niemand durfte sie anfassen. Und jetzt waren sie ihm... egal? Er wäre doch glatt mit nassen und ungestylten Haaren auf die Straße gegangen. Das war nicht Satoshi. Steckte hinter seinem abnormalen Verhalten etwa noch mehr als die Magersucht? Das wollte er sich gar nicht vorstellen... Satoshis Aufschrei ignorierte er vollkommen, weshalb er im nächsten Moment ohne Handtuch da stand. Verdutzt starrte er seine leeren Hände an und sah dann zu Satoshi, der nun mit giftigem Gesichtsausdruck jenes in den Händen hielt. Er hatte es Ryo entrissen, als er nicht auf ihn gehört hatte. „Hey, gib's zurück,“ forderte der Schlagzeuger. „Oder ich hol den Fön. Mit nassen Haaren lass ich dich nicht aus dem Haus.“ Er wusste, dass Satoshi es hasste, wenn seine Haare geföhnt wurden. Er meinte, dass sie dadurch zu trocken wurden und abbrachen. Komm, Sato, zeig mir, dass du dich nicht total verändert hast... „Ist doch meine Sache,“ bekam er als Antwort. Satoshi... Ryo rutschte das Herz in die Hose. Er hatte das Gefühl seine Beine gäben nach, als stützte er sich am Stuhl ab. „Satoshi,“ sagte er langsam und gedehnt. Der Schmerz war deutlich aus seine Stimme zu entnehmen. „Bitte... lass mich... dir die Haare trocknen.“ Satoshis POV Der Schmerz in Ryos Stimme erschrak den Sänger. Er wollte ihm nicht wehtun, deshalb gab er nach. Er reichte Ryo das Handtuch und zauberte so ein kleines Lächeln auf dessen Gesicht. „Danke,“ sagte der Schlagzeuger. „Setzt du dich? Ich verspreche auch ganz sanft zu sein.“ Das war keine Aufforderung, sondern ein Angebot, dass Satoshi gern annahm. Er setzte sich auf den Stuhl und ließ Ryo seine Haare trocknen. Der Schlagzeuger legte da Handtuch auf den Kopf des Sängers und begann die Haare sanft trocken zu rubbeln. Der Umstand wollte es so, dass er Satoshi damit einen Gefallen tat. Denn wer würde schon zu einer Kopfmassage nein sagen? Satoshi lehnte sich entspannt zurück und schloss die Augen. Ryo entging das natürlich nicht. „Gefällt dir das?“ fragte er lächelnd. „Ja sehr...“ schnurrte Satoshi. Innerlich aufseufzend spielte er mit dem Gedanken Ryo demnächst öfters um eine solche Massage zu bitten. Ryos POV Ryo hatte währenddessen Gefallen daran gefunden dem Älteren eine solche zu geben. Er kraulte ihn nebenbei im Nacken und hörten ihn wohlig aufseufzen. Als er fertig war, drehte er noch kleine Locken in den Wuschelkopf des Sängers, weil er fand, dass sie süß aussahen und ihm sehr gut standen. „So perfekt,“ sagte er. „Jetzt können wir los.“ Nun fiel ihm auch wieder ein, wohin sie unterwegs waren, zumindest wenn es nach ihm ging. Er hatte doch glatt für ein paar Minuten die schreckliche Wahrheit, dass Satoshi magersüchtig war, verdrängt. „Gut, ich geh nur noch mal kurz aufs Klo,“ sagte Satoshi und wollte schon ins Badezimmer verschwinden., doch in einer blitzschnellen Bewegung griff Ryo nach seinem Oberarm und hielt ihn zurück. „Halt,“ sagte er kalt und bedrohlich. Satoshi erschrak abermals und wandte sich seinem Freund zu. Dieser sah ihn kalt an, das Gesicht leicht rosa von den angestauten Gefühlen, darunter blanke Wut. Als Satoshi ansah, entspannten sich seine Gesichtszüge wieder. Mit aufgesetzter Freundlichkeit fügte er hinzu: „Du kannst ihm Proberaum aufs Klo gehen. Wir sind spät dran und ich hab ShuU versprochen wir sind pünktlich.“ Zurzeit war Satoshi so leicht zu durchschauen. Ryo wusste genau, was er im Bad wollte. Er würde den Apfel, den er vorhin verspeist hatte, wieder hinauswürgen. Satoshi war also nicht nur magersüchtig, sondern auch Bulemiker. Ryo würde dafür sorgen, dass der Ältere so schnell nicht mehr in die Nähe einer Toilette kam und wenn doch, dann würde er ihn strengstens beobachten und sicherstellen, dass jede Nahrungsaufnahme seinen Magen nicht so schnell verließ. „Also los,“ sagte der Drummer und schubste ihn zur Tür. „Warte–“ protestierte Satoshi. „Mein Zeug.“ Mit „mein Zeug“ meinte er seine Wertsachen wie Geldbörse, Schlüssel und Handy. Er drehte sich um und holte die Wertgegenstände aus dem Schlafzimmer. Darunter auch ein neuer Text, den er den Jungs zeigen wollte. Als Ryo das Blatt sah, nahm er den Köder dankend an. „Hast du wieder was geschrieben?“ fragte er, um ihn abzulenken, während sie die Treppe runtergingen. „Ja. Mal sehen, vielleicht passt es ja zu einer deiner Kompositionen,“ antwortete Satoshi. Sie verließen den Wohnungsbau und gingen zum Auto. „Bestimmt,“ erwiderte der Kleinere und hielt ihm die Autotür auf – wohlgemerkt die Hintertür. „Ich hab auch wieder neues Material.“ Ins Gespräch vertieft bemerkte Satoshi gar nicht, dass er auf der Rückbank saß. Erst als Ryo einstieg und die Zentralverriegelung betätigte, fiel ihm auf, dass etwas nicht stimmte. „Oh, ich sitz ja hinten,“ scherzte er. „Bin wohl noch nicht ganz wach. Warte, ich komme zu dir nach vorne.“ Und als er die Türe öffnen wollte und sie verriegelt war, wusste er, dass irgendetwas fault war. „Ryo...“ begann er misstrauisch und wollte sich zu dem Schlagzeuger nach vorne lehnen. In diesem Moment jedoch trat Ryo flach aufs Gas und fuhr los. Satoshi warf es auf die Rückbank. Wütend hielt er sich den Kopf an der Stelle, wo er mit der Kopfstütze Kontakt gehabt hatte. Ryo hatte ihn ausgetrickst! Zornig über diese Hinterhältigkeit teilte er dem Jüngeren seine Meinung dazu mit. Ryo ignorierte seine Proteste allerdings vollkommen und wies ihn an sich anzuschnallen. Sie rasten mit Tempo achtzig durch die Straßen. Ryo fuhr wie ein Irrer. Dauernd mussten Autos seiner preschenden Karre ausweichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Der Fahrer selbst kümmerte sich nicht drum. Er zückte sein Handy, wählte eine Nummer und wartete darauf, dass Nii abnahm. „Ja?“ „Nii? Ich hoffe, du bist nüchtern. Ich weiß jetzt was mit Sato los ist,“ sagte Ryo trocken. „Ja, bin ich. Und was?“ meinte Nii genervt. „Sato ist magersüchtig.“ „Bin ich nicht!“ widersprach Satoshi wütend von der Rückbank. Ryo drehte sich zu ihm um und sah ihn bedrohlich an. „Sieh auf die Straße, Mann!“ rief der Sänger entgeistert. Ryo riss das Steuer herum und konnte gerade noch einen Zusammenprall verhindern. „Ryo?“ erklang es besorgt aus dem Handy. „Alles in Ordnung bei euch?“ „Ja, alles okay. Ich meine nein. Gar nichts ist okay. Hast du gehört, was ich gesagt habe?“ entgegnete Ryo. Er war ein wenig überfordert mit der Situation. „Ja, hab ich,“ antwortete Nii nüchtern. „Ich bin grad auf dem Weg ins Krankenhaus mit ihm,“ erzählte Ryo weiter. „Ich will euch da sofort sehen. Das wird ein starkes Stück Satoshi wieder hinzubiegen und das schaff ich nicht allein.“ „Mir geht’s gut!“ meinte Satoshi trotzig. „Gut. Aber warum denn ins Krankenhaus?“ fragte Nii bestürzt. „Scheiße Mann, weil er mir jeden Moment wieder zusammenklappt!“ erwiderte Ryo verzweifelt. „Gar nicht wahr!“ protestierte Satoshi, konnte aber nicht so viel Kraft in seine Stimme legen, wie er es gern getan hätte. Wieder drehte sich Ryo zu ihm um und vernachlässigte den Verkehr völlig. „Jetzt hör mir mal gut zu, Satoshi. Du bist krank! Je eher du das einsiehst, desto besser und–“ „Pass auf! Kuck nach vorne! Nach vorne!“ schrie Satoshi panisch und deutete nach vorn. Ryo drehte sich noch um, doch da war es schon zu spät. Ungebremst knallten sie in ihren Vordermann. Ryo prallte mit den Kopf auf das Lenkrad. Satoshis knallte gegen die Sitzlehne. Er war sofort bewusstlos. „Satoshi... Satoshi...“ murmelte Ryo, bevor auch er das Bewusstsein verlor. „Ryo?“ drang Niis nervöse Stimme aus dem Handy. „Was war das für ein Knall? Was ist los bei euch? Ryo, antworte mir! Ryo!!“ _________________________________________________________________________________ Jetzt wisst ihr, welche Szene ich meine. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich zum Thema Magersucht/Bulemie überhaupt keine Erfahrungen habe. Wenn euch also etwas auffällt, dass gar nicht sein kann, medizinisch oder so, dann sagt es mir bitte. Ansonsten hoffe ich, dass ich euch mit diesem Kapitel nicht zu sehr geschockt habe und dass wir uns beim nächsten Mal wieder lesen. P.S. das Kapitel widme ich meinen RPG Partnern und . Etwas davon hab ich aus unserem RPG übernommen und ich glaub ihr wisst genau was XD Bis dann Eure Asu Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Hallo allerseits! Ich hab Ferien und deshalb hab ich auch endlich mal wieder Zeit gefunden an dieser FF weiterzuschreiben. Die Members beschließen nun, wie sie vorgehen, um Satoshi zu retten. _________________________________________________________________________________ Als Ryo die Augen wieder aufschlug, befand er sich an einem ganz anderen Ort. Er war nicht mehr im Auto, sondern in einem weich gestrichenen Mehrbettzimmer – und als er sich weiter umsah, wusste er genau, wo er war: im Krankenhaus. Langsam richtete er sich auf und hielt sich mit schmerzverzerrter Miene den Kopf. Ihm war, als würde jemand einen Presslufthammer darauf halten. In dem Bett links von ihm lag Satoshi. Er war bewusstlos und hin sogar am Tropf. Wie waren sie hierher gekommen? Ryo dachte angestrengt nach und im nächsten Moment überschlugen sich seine Gedanken. Der Unfall... „Satoshi!“ Ryo sprang vom Bett und stürzte an Satoshis Seite. „Whoa, schwindlig.“ Er schloss für eine Sekunde die Augen, bis sich aufhörte alles um ihn herum zu drehen, dann warf er einen genauen Blick auf seinen Freund. Der Sänger hatte ein Pflaster auf der Stirn, dort, wo er mit dem Kopf aufgeschlagen war. So sehr wie ihm der Schädel brummte, vermutete Ryo, dass man ihn ebenfalls verarzten hatte müssen und tatsächlich spürte er das Plastik, als er sich an die Stirn fasste. Doch das war jetzt nicht wichtig. Satoshi ging vor. Ryo legte die Hände auf die Schultern des Sängers ab und rüttelte ihn sanft, damit er aufwachte. „Sato! Wach auf!“ Mit einem lauten Stöhnen erwachte der Sänger und öffnete die Augen. „Ryo? Wo bin ich? Au, mein Kopf...“ Mit schmerzverzerrter Miene griff er sich an den Kopf und erhob sich. „Mach langsam, Sato...“ „Was ist passiert?“ wollte der Ältere wissen. „Wir hatten einen Unfall“, erklärte der Drummer und nahm neben Satoshi auf dem Bett Platz. „Ach ja, ich erinnere mich, “ sagte dieser. „Du bist ja auch gefahren wie ein Henker! Wolltest du uns umbringen, oder was?!“ Oh... er sollte einen Gang zurückschalten. Schreien war Gift für seinen Kopf... „Red doch keinen Quatsch“, rügte Ryo ihn. „Ich war total durch den Wind. Das bin ich immer noch.“ „Hast ja dein Ziel erreicht“, knurrte der Sänger. „Wir sind im Krankenhaus.“ „Ja“, seufzte Ryo. Er bemerkte sehr wohl, wie wütend dein Freund auf ihn war, doch da musste er durch. Er wollte Satoshi gerade etwas entgegnen, als die Zimmertüre aufging und ihre Bandkollegen Nii und ShuU hereinstürmten. Sie waren beide noch aufgedrehter als Ryo zuvor. „Oh mein Gott, euch geht es gut! Zum Glück!“ rief Nii, als er sie erblickte und umarmte sie beide überschwenglich. „Ah, Nii beruhig dich! Wir leben ja noch!“ riefen die beiden und stießen den Gitarristen leicht von sich. „Da konnten wir uns gar nicht so sein“, wandte ShuU ein und setzte eine ernste Miene auf. „Nach deinem Auto zur urteilen, Ryo, sieht es nämlich gar nicht danach aus, als hätte jemand diesen Horrorcrash überlebt. Es ist ein einziger Schrotthaufen. Mit viel Sachen bist du in deinen Vordermann reingebrettert?“ fragte er fassungslos. „Mit vollem Tempo“, antwortete der Sänger missbilligend. „Mindestens achtzig Sachen – ungebremst!“ „Was fährst du auch wie ein Wilder, Ryo?“ sagte Nii rügend. „Ich hatte verdammt Angst, als du mir nicht mehr geantwortet hast!“ „Er hat gezittert wie Espenlaub“, erzählte ShuU. „Wir haben fast eine Stunde gebraucht, um das Auto zu finden und als wir es dann sahen, hielten wir euch für einen schrecklichen Moment für tot! Aber dann hat der Sanitäter das Management angerufen und wir sind sofort hergekommen.“ „Geht es euch wirklich gut?“ fragte der Gitarrist noch mal nach. „Ja, nur Kopfschmerzen und mein Bein zieht ein wenig, “ antwortete Ryo. „Ist dir schwindelig?“ „Ja.“ „Mir auch, “ stimmte der Sänger zu. „Bestimmt ein Schock oder ein Schleudertrauma“, mutmaßte der Bassist. „Bei mir schon, aber bei Sato bin ich mir da nicht so sicher“, sagte Ryo und wurde ernst. „Halt die Klappe!“ warnte ihn Satoshi. „Ach ja, du hattest was am Telefon erwähnt, “ erinnerte sich der Gitarrist und sah Satoshi prüfend an. „Das stimmt alles gar nicht! Ryo hat einen an der Waffel... Glaubt ihm kein Wort!“ widersprach dieser sofort. „Ryo, bist du dir sicher, du übertreibst da nicht ein wenig?“ fragte der Leader skeptisch. „Wir sehen ja, dass Sato abgenommen hat... aber gleich so weit zu gehen und ihn als magersüchtig zu bezeichnen...“ „Ich sag's ja, der spinnt!“ plapperte der Sänger dazwischen. „Sei still!“ schnauzte der Drummer ihn an und wandte sich dann an die anderen zwei. „Ihr habt nicht gesehen, was ich gesehen hab!“ „Du hast gar nichts gesehen, du Perversling!“ knurrte Satoshi böse. „Häh?“ kam es nun von den zwei Unbeteiligten. „Na, los, erzähl schon, wie du mich bespannt hast!“ sagte Satoshi und verschränkte de Arme vor der Brust. „Ich hab dich überhaupt bespannt!“ stellte der Drummer klar. Seine Wangen waren leicht gerötet, mehr von Zorn als von Verlegenheit. „Als ich bei Sato ankam, stand er gerade unter der Dusche. Das dachte ich zumindest, denn ich hörte das Wasser rauschen. Ich bin dann ins Bad, um ihn zu begrüßen und da hab ich ihn leblos in der Dusche gefunden!“ „Könntest du mal bitte aufhören von mir zu reden, als wäre ich nicht anwesend?“ unterbrach der Sänger ihn gereizt. „Du hast selbst gesagt, ich hab zu heiß geduscht.“ „Das auch. Aber der Hauptgrund, warum du umgekippt bist, ist ein anderer. Das konnte ich genau sehen, als du da lagst!“ „Der spinnt. Hört nicht auf ihn, “ versuchte Satoshi Nii und ShuU zu beruhigen, die ganz danach aussahen, als würden sie Ryo eher glauben, als ihm. Ryo wurde es nun zu blöd. Er wollte beweisen, dass er Recht hatte, schlug Satoshi Decke zurück und schob ihm das Shirt hoch. „Hey lass das!“ fauchte Satoshi ihn an und versuchte seinen Oberkörper vor der Entblößung zu bewahren, doch Ryo war schneller gewesen ShuU und Nii keuchten entsetzt auf. „Tatsächlich“, kam es von dem Leader. „Aber warum, Sato?“ fragte Nii verständnislos. „Ihr versteht das völlig falsch!“ entgegnete der Sänger genervt. „Ich hab doch nicht aus Spaß abgenommen.“ „Lügner!“ rief Ryo. „Früher hatten wir auch viel Stress und du hast trotzdem vernünftig gegessen. Du machst das mit Absicht!“ „Klar, und deshalb esse ich auch was vor deinen Augen, ja?“ „Du wolltest doch sofort danach aufs Klo, den mitkriegen Apfel wieder auskotzen! Halt mich nicht für blöde, Sato!“ Nii und ShuU lauschten dem Streit, sahen von einem zum anderen und wechselten einen hilflosen Blick. Sie wussten nicht, wem sie glauben sollten. Auf der einen Seite hofften sie, dass Ryo sich irrte, auf der anderen waren sie sich bewusst, dass doch einiges für seine Theorie sprach: der Gewichtsverlust... die Ohnmachtsanfälle... das angebliche Burnout... Also entweder das oder Sato war todkrank und niemand wusste es. Doch das schloss er vornherein aus, dann hätte man sie längst darüber informiert. Ihr Schweigen machte Satoshi wütend, denn es teilte ihm mit, dass sie nicht ihm, sondern Ryo mehr Glauben schenkten. „Ich hab keinen Bock auf den Mist. Ich geh jetzt nach Hause, “ sagte er und wollte sich die Infusionsnadel herausreißen. „Hey, lass den Scheiß!“ rief Ryo und hielt Satoshis Hand fest. „Lass mich los!“ „Hör auf mit dem Unsinn!“ Ihr Geschrei war laut genug, um bis nach draußen zu klingen. Und man hatte sie auch gehört, denn im nächsten Moment kam ein Arzt mit Anhängsel herein. Der war natürlich gar nicht begeistert vom Anblick der zwei Streithähne. „Aufhören, sofort!“ befahl er. Ryo ließ Satoshis Hand los und sah den böse an. Der wiederum schien sich in Gegenwart des Arztes nicht zu trauen aufmüpfig zu werden. „Wer von Ihnen ist für den jungen Mann verantwortlich?“ fragte der Arzt nun. „Hä?“ empörte sich der Sänger. „Ich bin doch kein kleines Kind mehr!“ „Ich bin am nächsten“, antwortete ShuU und ignorierte Satoshis Rufen. „Und der Rest sind Freunde oder Kollegen?“ ShuU, Nii und Ryo nickten. „Gut, dann kommen Sie bitte kurz mit mir nach draußen. Schwester, untersuchen Sie ihn und notieren Sie die nötigen Werte.“ Die Schwester nickte. Der Arzt verließ das Zimmer und bedeutete den Members ihm zu folgen. Er schloss die Tür und sah die drei Männer vor ihm an. „Ich wollte mit Ihnen über den Zustand Ihres Freundes reden, jedoch nicht in seiner Anwesenheit“, erklärte der Mediziner. „Wir haben Anzeichen von Unterernährung an seinem Körper entdeckt. Haben Sie vielleicht eine Erklärung dafür?“ „Er ist magersüchtig“, erwiderte Ryo wie aus der Pistole geschossen. „Magersüchtig?“ wiederholte der Arzt und sah ihn an. „Ganz sicher?“ „Kein Zweifel“, versicherte Ryo ihm. „Ich hab es auch erst heute Morgen erfahren.“ „Nun, dann wird es weitaus schwieriger ihn zu behandeln, “ überlegte der Arzt laut. „Wir haben ihn ja an den Tropf gehängt, um seinem Körper Nährstoffe zuzuführen, damit er wieder zu Kräften kommt, aber langfristig wird ihm das nicht helfen. Ich schlage vor, Sie wenden sich an einen Therapeuten. Der wird Ihnen helfen können. Die Stationsschwester kann Ihnen Adressen von Heilpraktikern unseres Vertrauens geben.“ ShuU nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. „Was fühlen Sie sich?“ wandte sich der Arzt nun an Ryo. „Ich?“ sagte dieser überrascht. „Mir geht’s gut. Bin nur noch ein wenig benommen von dem Unfall.“ „Wenn es schlimmer wird, suchen Sie bitte einen Arzt auf.“ Ryo nickte, hielt sich dann den Kopf, da ihm diese Bewegung Schmerzen bereitete. Sie gingen nun wieder ins Zimmer, wo die Schwester die Untersuchung gerade abschloss. Satoshi machte den Eindruck, als würde er seine Freunde am liebsten erwürgen, dem tödlichen Blick nach zu urteilen, den er ihnen zuwarf. „Schwester, sind Sie fertig?“ „Fertig, Doktor“, bestätigte sie und sammelte ihre Unterlagen ein. „Sie könne gehen, wenn sie wollen“, teilte der Arzt Ryo mit. „Ihnen scheint es ja wieder gut gehen. Sie allerdings...“ Er wandte sich an Satoshi. „werden noch eine Weile bei uns bleiben müssen.“ Satoshi schnaubte missbilligend. Arzt und Schwester verließen sie nun. „Sato–“ begann Ryo vorsichtig. „Haut ab!“ fuhr der Sänger sie an. „Verschwindet! Geht mir aus den Augen! Verräter.“ „Satoshi“, startete der Dummer einen neuen Versuch, wurde jedoch diesmal von ShuU unterbrochen. „Lass es gut sein, Ryo“, sagte dieser und legte die Hand auf seinen Schulter. „Ich brauch jetzt erstmal 'nen Kaffee.“ Er sah an Ryo vorbei zu Satoshi. „Aber so einfach wirst du uns nicht los. Wir werden wiederkommen und dann reden wir noch mal in Ruhe darüber.“ „Es gibt nichts zu bereden“, entgegnete Satoshi stur. „Wenn ich wirklich magersüchtig wäre, hätten die mich drauf angesprochen.“ Ryo seufzte. Sato, wo hast du deinen scharfen Verstand gelassen? Hast du ihn etwa mit deinen Pfunden verloren? Natürlich hatte ihn weder der Arzt noch Schwester darauf angesprochen. Dahinter steckte psychologische Taktik. Sie wollten ihren Patienten in falscher Sicherheit wiegen, um dann hinter seinem Rücken die Schritte für die Therapie einzuläuten und ihn auf dem falschen zu erwischen. Für gewöhnlich klappte das ganz gut. „Wir werden sehen,“ erwiderte ShuU nur auf Satoshis Aussage. Zu dritt verließen sie das Krankenzimmer und steuerten auf die Aufzüge zu. „Ob das klug war?“ überlegte Nii laut. „Ihn allein zu lassen?“ „Hier läuft überall Personal rum. Er kann nicht abhauen,“ erinnerte ShuU ihn. „Außerdem kommt er so nicht weit. Seine Wohnung ist zu Fuß zu weit entfernt. Er wird bleiben wo er ist.“ Sie stiegen in den Aufzug und fuhren ins Erdgeschoss. Dort gingen sie in die Eingangshalle zum Kaffeeautomaten. „Und was machen wir jetzt?“ kam es von Nii, der mit der neuen Information schlichtweg überfordert schien. Der Schock, die Angst und die Hilflosigkeit standen ihm ins Gesicht geschrieben. „Na, das, was der Arzt uns geraten hat,“ antwortete ShuU, warf Geld in den Automaten und zog einen Espresso für Nii. „Ich geh gleich zur Oberschwester und frag sie nach der Adresse. Dann fahr ich zum Management und erzähl Megumi-san und den anderen alles. Und dann werden wir zusammen überlegen, wie wir Satoshi helfen können.“ „Nein,“ widersprach Ryo sofort, während er den Kaffe von ShuU entgegen nahm. „Die Manager dürfen nichts davon erfahren. Die stecken Sato womöglich noch in so 'ne Anstalt, damit er wieder richtig im Kopf wird. Das können wir nicht zulassen. Da wird er doch verrückt!“ „Und was schlägst du stattdessen vor?“ wollte der Leader wissen. „Wir machen es alleine. Kein Management, keine Therapeuten,“ sagte Ryo. „Nur wir vier unter uns.“ „Du weißt hoffentlich, dass das verdammt schief gehen kann,“ wies ihn ShuU ernst hin. „Wir überlegen hier wie wir Satoshis Leben retten können, denn das wird in Gefahr sein, wenn er so weiter macht wie bisher.“ „Ja, das weiß ich,“ erwiderte Ryo. „Aber ich denke darauf wird Sato eher eingehen als auf Therapeuten.“ ShuU seufzte. Nii hielt sich ganz heraus, weil nicht abwägen konnte, welche von den zwei Optionen nun besser für Satoshi war. „Also gut. Aber das bedeutet, dass wir ihn rund um die Uhr bewachen müssen.“ „So weit müssen wir gar nicht gehen,“ entgegnete der Drummer. „Lass mich nur machen.“ Das klang zwar überheblich, doch er vertraute auf sein Gefühl. „Okay,“ ließ sich ShuU drauf ein. „Versuchen wir es.“ _________________________________________________________________________________ Ich hoffe, es ist nicht allzu abwegig. Ich hab es wieder so gut es ging versucht mich in die Jungs hineinzuversetzen und sie möglichst echtheitsgetreu wieder zu geben. Ich hoffe mir ist es gelungen. Auch möchte ich noch mal betonen, dass ich absolut keine Verbindung zu jemanden habe, der magersüchtig ist. Wenn also etwas total an den Haaren herbeigezogen ist, würde ich mich freuen, wenn ihr euer Wissen mit mir teilt. Ansonsten, hoffe ich, dass wir uns auch das nächste Mal wieder lesen! Eure Asu Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Ich hab doch gestern mit Schrecken festgestellt, dass es schon fast zwei Monate her ist, seit ich das letzte Mal ein Kapitel zu Yami no Kanji hochgeladen habe. O.O Ich weise jegliche Schuld von mir auf ein gewisses RPG, das mich zurzeit ablenkt *unschuldig pfeif* Dann hab ich mich aber gestern doch mal rangesetzt und hab, nachdem ich die eine Hälfte schon lange geschrieben hatte, die andere hinzugefügt und abgetippt. Das Ergebnis könnt ihr jetzt lesen. Ich möchte eigentlich nicht viel dazu sagen, außer dass es spannend wird und dramatisch! Viel Spaß beim Lesen! P.S das Kapitel widme ich an meine beiden RPG Partner, die sich beide wiederfinden werden. Im RPG sind ja auch grad Ferien *lol* _________________________________________________________________________________ Gesagt, getan. Die Operation „Rettet Satoshi“ hatte begonnen. So oder so ähnlich würde der Codename ihrer Mission wahrscheinlich in einem spannungsgeladenen Actionfilm lauten. Nur leider war die gegenwärtige Situation nicht etwa aus der kreativen Feder eines sadistischen Dramaturgen heraus entstanden, sondern war Teil der Wirklichkeit. Um dies zu begreifen, hatten ShuU, Nii und Ryo einige Zeit gebraucht. Am Anfang hatten sie sich zwar alle ganz lässig gegeben, doch je tiefer die Wahrheit in sie einsank, desto beunruhigter wurden sie. Ryos anfängliche Zuversicht war längst verpufft. Er hatte sein Vorhaben nicht aufgegeben – das gewiss nicht, dafür war er ein zu verbissener Kämpfer – aber er verfiel fast in eine krankhafte Penibilität, was die Vorsicht anging, mit der er Satoshi behandelte. Der Sänger war wie ein rohes Ei, das obendrein auch noch mit einem Zeitmesser versehen war. Bevor die Zeit ablief, mussten sie dafür sorgen, dass Satoshi Zeit nicht mehr so knapp bemessen war, und sie verlängern. Mit anderen Worten, sie mussten ihn so aufpäppeln, dass er erstens nicht weiter abnahm und vielleicht sogar etwas zunahm. Da sie alle gestresst waren, hatte ShuU beim Management angefragt, ob sie ihren jährlichen Urlaub vielleicht vorziehen könnten und hatte eine positive Antwort erhalten. Daraufhin hatten sie sofort ihre Sachen gepackt und waren aufgebrochen. Sie hatten in einer kleinen Ortschaft im Südosten, fern von der Presse Zuflucht gefunden. Anders als sonst, würden sie diesen Urlaub nicht dokumentieren. Er war dazu da abzuschalten, sich auszuruhen und völlig gehen zu lassen. Und natürlich sollte er bei ihrer Operation helfen und Satoshi ein wenig auflockern. Doch währen ShuU, Nii und Ryo sich ganz gut entspannen konnten, war der Sänger das reinste Nervenbündel. Von Erholung keine Spur. „Urlaub? Wieso denn jetzt schon? Wir haben doch erst Mai!“ hatte er gesagt, als er aufgefordert worden war zu packen. „Frag nicht. Sei doch froh, “ hatten die anderen darauf erwidert. Das Verhältnis zwischen ihnen und dem Sänger war angespannt, um es milde auszudrücken. Satoshi war immer noch ziemlich sauer, dass man ihn gegen seinen Willen ins Krankenhaus gebracht hatte. Dort hatte er anderthalb Wochen verbringen und sich anhören müssen, wie wichtig eine ausreichende und ausgewogene Ernährung war. (Satoshi hatte nur mit halbem Ohr zugehört. Hier rein, da raus.) Zudem hatte die Schwester immer ganz penibel darauf geachtet, ob er denn auch vernünftig aß. Seine Hoffnungen, dass weder der Arzt noch die Schwester von Ryo etwas gesteckt bekommen hatten, hatten sich schon am ersten Abend in Luft aufgelöst. Und wenn es nicht die Schwester gewesen war, dann Ryo, der ihn mit einem eindringlichen Blick versah, wenn er zögerte. Zu seinem Glück hatte das Krankenhaus begrenzte Besuchszeiten, an die sich auch die Freunde eines so schweren Falles wie ihn halten mussten. Es hatte sich zur nächtlichen Routine entwickelt, dass er ins Badezimmer huschte, sobald die Schwester ihm eine gute Nacht gewünscht hatte, und seinen Mageninhalt so gut es ging entleerte. Verschwitzt und zitternd war er dann ins Zimmer zurück gestakst, hatte sich ins Bett gelegt und war auf der Stelle vor Erschöpfung eingeschlafen. Mit seiner Entlassung vor zwei Tagen hatte er sich auf seine wieder gewonnene Freiheit gefreut, bis er dann erfahren hatte, dass sie die Ferien vorziehen würden. Das war genau das, was er gar nicht gebrauchen konnte, mit seinen hinterhältigen Freunden, die ihn rund um die Uhr beobachten würden, auf einem Fleck zu hocken. Am schlimmsten war Ryo, der sogar an der Badezimmertür lauschte, ob er nicht verdächtige Würgegeräusche hörte. Schon als Satoshi zu ShuU ins Auto stieg, wusste er, dass diese Ferien ganz und gar keine erholsamen Ferien werden würden und er behielt Recht. Er sprach nicht mehr mit Ryo, der er sich von ihm verraten fühlte. Er musste sich nur an die Szene in Ryos mittlerweile schrottreifem Auto erinnern, schon entfachte die Wut auf seinen besten Freund von neuem. Ryo nahm das natürlich ziemlich mit. Dennoch fühlte er sich im Recht. Er wollte Satoshi doch nur helfen. Seit wann war das ein Verbrechen? Es war mehr als offensichtlich, dass Satoshi keine Hilfe wollte, da er sich ja auch nicht hilfebedürftig fühlte. Ryo meinte es aber besser zu wissen und versuchte ihm ins Gewissen zu reden. Bisher war er darin gescheitert. Der Sänger ging ihm gezielt aus dem Weg und wenn es zu einem unvermeidlichen Aufeinandertreffen kam, dann blockte Satoshi jegliche Konversationsansätze des Drummers ab. Doch mitten in den Ferien bekam Ryo endlich eine Gelegenheit dazu mit dem Sänge zu reden.   * ~ * ~ * ~ *   Satoshi saß in der Lobby ihres Hotels und wusste offenbar nichts mit sich anzufangen. Er saß gelangweilt am Tisch und war kurz davor einzuschlafen. Nii und ShuU waren zusammen unterwegs, um ihre Kulturkenntnisse aufzufrischen. Satoshi und Ryo waren zurückgeblieben, da sie beide Kulturbanausen waren. Natürlich aber taten sich die beiden nicht zusammen, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Ryo saß auf seinem Bett in dem Zimmer, das er sich mit Satoshi teilen musste. Angesichts der momentanen Lage war klar, dass zwischen ihnen kein Ferien- oder Klassenfahrtfeeling aufkommen konnte. Sie schwiegen sich an. Sie wünschten sich noch nicht einmal Guten Morgen oder Gute Nacht. Ryo machte das ungemein was aus. Er war noch nie so heftig mit Satoshi zerstritten gewesen, dass sie nicht miteinander redeten. Und gleichzeitig suchte er fieberhaft nach einer plausiblen Erklärung dafür, warum der Sänger sich selbst so quälte. Er fand einfach keine Antwort darauf. Irgendwann wurde es ihm schließlich zu viel. Er verließ das Zimmer und ging runter in die Lobby, da er wusste, dass er Satoshi dort finden würde. Der Sänger saß am Tisch, den Kopf auf den Arm gestützt, kurz vorm wegnicken. Ryo nahm still neben ihm Platz und musterte ihn. Satoshi schien müde und gelangweilt zu sein, dass er vergaß, dass er eigentlich sauer auf Ryo war. Sonst wär er schon längst aufgestanden und gegangen. „Satoshi?“ „Hmm?“ „Kann ich dich mal was fragen?“ „Mmm.“ Dass der Sänger erlaubte, dass er mit ihm sprach, ermutigte Ryo etwas. „Vielleicht kommt es mir ja nur so vor...“ begann er vorsichtig. Satoshi die Möglichkeit zu geben, ihn für bescheuert zu halten, fand Ryo besser, als ihn direkt vor vollendete Tatsachen zu stellen. „Du wirkst in letzter Zeit so niedergeschlagen... Bedrückt dich etwas?“ Ryo erwartete ein giftiges „Na was wohl“ auf seine Frage, doch das kam nicht. Der Sänger ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Das zeigte Ryo, dass er nun endlich in Ruhe mit ihm reden würde. „Ja, da ist was, “ sagte er irgendwann luftig. Dem Drummer entging der traurige Unterton, der bei seiner Antwort mitklang, nicht. „Was?“ fragte Ryo vorsichtig nach. „Ach, das ist was ganz Banales“, wich der Sänger aus. „Nichts worüber du dir Gedanken machst ist banal. Los sag schon.“ Satoshi seufzte schwer. „Ach, ich bin nur traurig, dass wir dieses Jahr nicht in Übersee spielen. Ziemlich banal, oder?“ „Nein, gar nicht“, sagte Ryo verständnisvoll. „Wir wissen doch wie gern du in Übersee spielst. Ich find es auch schade.“ „Ich versteh das einfach nicht“, fuhr der Sänger fort. „Es war doch alles klar. Warum haben sie es im letzten Moment abgeblasen?“ Ryo biss sich nervös auf die Lippe. Der Grund lag auf der Hand, aber den konnte er Satoshi in seiner Verfassung doch nicht nennen. Er war ja jetzt schon von Selbstzweifeln geplagt. Allerdings brauchte er es ihm auch gar nicht zu sagen, denn der Sänger kam von allein drauf. „Es liegt an mir, stimmt's?“ Die Zerbrechlichkeit in seiner Stimme warf Ryo voll aus der Bahn. „Was? Nein! Wie kommst du denn auf so was?“ „Ich finde einfach keinen anderen Grund. Alles lief rund. Wir hätten noch genug Geld, um den Auslandsaufenthalt zu finanzieren. Wir gehen doch bald hier auf Tour. Das muss doch für Amerika und Europa reichen. Es muss einfach an mir liegen.“ Ryo schwieg. Satoshi war nicht dumm. Er hatte alles durchgerechnet und durchdacht. Lange konnte man ihm nichts vormachen. Ryo versuchte sich eine Ausrede zurechtzulegen, um den Sänger von seiner Spur wieder abzubringen, wurde im nächsten Moment jedoch abgelenkt, als dieser weitersprach und seine Stimme immer schwerer wurde. „Dabei hab ich mich doch so angestrengt, damit ich immer besser werde, damit wir viele Fans anziehen und so. Ich muss wohl noch viel mehr an mir arbeiten, damit es dann nächstes Jahr–“ Ryo konnte sich das nicht mehr anhören. Es schmerzte ihn zu wissen, wie wenig Selbstvertrauen Satoshi nur noch hatte. Kurzerhand legte er ihm die Hände auf die Schultern, um seinen Sermon zu beenden. „Hör auf“, sagte er und musste sich schon sehr zusammenreißen, als er in die wässrigen Augen seines Gegenübers blickte. „Es ist nicht deine Schuld! Wirklich nicht. Red dir das nicht ein.“ „Aber warum dann?“ fragte Satoshi berechtigterweise. „Du scheinst es doch zu wissen. Sag es mir!“ „Na, weil... weil...“ stotterte Ryo und suchte fieberhaft nach einer Ausrede, die den Sänger überzeugen würde, aber er fand keine. Ryo seufzte. Er würde es ihm sagen müssen. Diese großen, traurigen Augen verlangten es von ihm. „Bitte, Ryo, sag es mir!“ bat der Sänger und Ryo gab nach. „Gut, ich sag's dir. Aber nur, wenn du versprichst, nicht auszurasten.“ Die Chancen dafür waren gering, aber eine positive Antwort, würde ihn für kurze Zeit die Kraft geben Satoshi einzuweihen. Satoshi nickte. „Also das war so... Wir haben gemerkt, dass es dir in letzter Zeit immer schlechter geht... und dann... sind wir zu Suzuki-san und Megumi-san und haben um eine Pause gebeten,“ schloss Ryo hastig, um es schnell hinter sich zu bringen. Er hielt den Atem an und wartete auf das Donnerwetter, das nicht auf sich warten ließ. „Ihr habt WAS?!“ „Die Pause wollten sie uns aber nicht geben, also haben wir verhandelt und uns dann darauf geeinigt die Übersee tour zu streichen, “ erzählte Ryo schnell weiter, um den Sänger abzuwürgen und den kommenden Streit noch ein wenig hinauszuzögern. Der ließ das aber nicht lange mit sich machen. „WAS?!“ Mit einem Mal war alle Müdigkeit aus Satoshis Gesicht verschwunden und durch blanke Wut ersetzt worden. Er sah richtig bedrohlich aus. „Hey, du wolltest doch nicht ausrasten“, erinnerte Ryo ihn schwach. „Wie soll ich mich da denn nicht ausrasten?!“ brüllte Satoshi und musste dabei heftig husten. Sein Procedere machte sein Immunsystem schwach, da ihm die nötigen Nährstoffe fehlten, um Antikörper aufzubauen. „Alles okay?“ fragte Ryo besorgt. „Ja, lenk nicht vom Thema ab“, knurrte der Sänger heiser. Zum Glück kamen in diesem Augenblick ShuU und Nii zurück und brachten dem Drummer eine kurze Verschnaufpause von drei Minuten ein. „Da sind wir wieder. Was schreit ihr denn so rum?“ fragte ShuU verständnislos. Er kannte den Grund für den neu entflammten Streit ja noch nicht. „Du!“ wandte sich Satoshi plötzlich zornig an ihn. „Wie konntest du das zulassen?!“ „Wie konnte ich was zulassen?“ fragte der Leader verwirrt. „Na, wie konntest du dem zustimmen?!“ „Was zustimmen?“ fragte Nii neugierig. „Er weiß es“, ließ Ryo sie wissen. „Er weiß was?“ fragten die beiden Ahnungslosen nun eindringlich im Chor. „Ryo hat mir gerade erzählt, warum wir dieses Jahr nicht in Übersee spielen“, klärte Satoshi sie auf. „Oh...“ kam es nun aus zwei Mündern. „Sato...“ fing der Bassist an. „Ich jetzt keine Beschwichtigungen hören, sondern eine Antwort!“ fuhr der Sänger ihm ins Wort. „Warum hast du das zugelassen?! Du weiß doch, dass wir die Promotion gut gebrauchen können! Was sollen die da drüben bloß von uns denken?!“ „Es ist doch nur zu deinem Besten“, versuchte Nii den Sänger zu beruhigen, doch das zog bei ihm schon lange nicht mehr. „Hat dich jemand gefragt?“ fauchte Satoshi ihn an und wandte sich dann wieder dem Leader zu, der wie alle, sichtbar geschockt von Satoshis Rage war. „Beruhige dich, Sato! Nii hat vollkommen Recht. Wir wollten wirklich nur das Beste für dich, “ erklärte ShuU ruhig. „Wir haben doch gesehen, wie erschöpfter du jeden Tag wurdest. Jetzt wissen wir ja warum. Wir wollten dir ein wenig den Druck nehmen, damit du mal verschnaufen kannst.“ Nii nickte zustimmend und zuckte zusammen, als der Sänger erneut aufbrauste. „Ich will aber nicht verschnaufen! Ich will singen! Hier und in Übersee! Was fällt euch ein, dass einfach über meinen Kopf zu entscheiden?! Ich hab ja wohl ein Wörtchen mitzureden, wenn ihr unsere Band untergehen lasst!“ Langsam wurde es Ryo zu bunt. Sie taten ihr Möglichstes zum Wohle ihres Freundes und wurde ihnen gedankt? Nein, stattdessen wurden sie angeklagt, als hätten sie ein schwerer Verbrechen begannen. „Jetzt halt mal die Luft an!“ fuhr Ryo den Sänger an. Er war auf einmal so wütend, dass er sich kaum halten konnte. In seiner Wut warf er Dinge an den Kopf, die er gar nicht so meinte. „Wenn hier einer schuld ist, dann ja wohl du! Wenn du nicht so einen Scheiß abziehen würdest, wären wir nie gezwungen gewesen das zu tun! Hast du schon mal überlegt, was das für uns bedeutet?! Wir wollten diese Tour genauso wie du! Wir haben sie für dich geopfert! Aber mal ganz abgesehen davon, denkst du etwa wir schaffen das alles so einfach?! Der ganze Stress vor, während und nach der Tour?! Und macht das genauso kaputt! Aber soweit hast du wahrscheinlich gar nicht gedacht, weil es immer nur um dich geht! Du und dein verdammter Egoismus! Ich hab echt die Schnauze voll davon! Wir reißen uns hier den Arsch auf, damit es dir gut geht und du bringst noch nicht mal ein kleines Danke hervor!“ „Wofür soll ich mich denn bitte bedanken?! Dafür, dass ihr euch in mein Leben einmischt?! Das hättet ihr wohl gern! Aber nicht mit mir! Eure Fürsorge kotzt mich an! Ich will das alles gar nicht! Diese ekelhafte, vorgetäuschte Urlaubsidylle, nur damit ihr mich beobachten könnt! Dachtet ihr echt, ich bin so doof und schnall das nicht?! Schöne Freunde seid ihr! Lasst mich endlich in Ruhe!“ Mit diesen Worten ließ der Sänger sie stehen und stampfte wütend aus der Lobby. Kurz darauf machte sich ShuU über Ryo her. „Jetzt haben wir den Salat. Wieso hast du es ihm überhaupt gesagt? Du wusstest doch, wie er reagieren würde.“ „Ich konnte nicht anders“, meinte Ryo matt. „Er war so traurig deswegen und hat mich gebeten es ihm zu sagen.“ „Er hat uns durchschaut“, stellte Nii fest. „Jetzt traut er uns überhaupt nicht mehr über den Weg.“ „Dafür hat er aber gut mitgespielt“, wandte ShuU ein. „Dafür, dass er es gar nicht wollte.“ „Ich denke mal, er wollte unsere Gesellschaft, aber er will nicht kontrolliert werden.“ „Verständlich. Wer will das schon.“ „Aber–“ „Schon gut, Ryo, wir wissen, was du meinst. Wir sind der gleichen Meinung, “ beschwichtigte der Leader den Drummer. „In zwei Tagen fahren wir heim. Die kurze Zeit muss er uns noch ertragen, dann hat er wieder seinen Freiraum.“ „Können wir das wirklich verantworten?“ fragte Nii besorgt. „Ihn allein zu lassen mit... mit seiner Krankheit?“ Es war der richtige Ausdruck, auch wenn es dem Gitarristen schwer viel es auszusprechen. Bulimie war eine Krankheit, die normalerweise nicht ohne therapeutische Hilfe besiegt werden konnte. Was sie hier versuchten war ein Drahtseilakt. „Mir wäre wohler, wenn wir und doch Hilfe holen“, merkte Nii an. „Mir auch, “ stimmte ShuU zu. „Nein“, widersprach Ryo sofort. „Damit werden wir noch weniger Erfolg haben. Ihr kennt ihn doch. Wir haben Glück, wenn er sich wenigstens von Zeit zu Zeit uns anvertraut, aber vor einem Fremden wird er das niemals tun und vor einem Therapeuten schon gar nicht. Wir müssen es allein schaffen.“ „Ryo, du riskierst damit Satos Leben, ich hoffe das weißt du!“ Sie sahen sich an. „Ja, das weiß ich. Aber wir haben keine andere Wahl.“ Ein tiefes Seufzen war das Einzige, das ShuU darauf erwiderte. Er fühlte sich in dieser Situation so hilflos, dass er nicht anders konnte, als Ryo zu vertrauen. Dennoch hatte er immer im Hinterkopf, was geschehen würde, wenn sie scheiterten.   An diesem Abend sprach Satoshi kein Wort mehr mit ihnen. Am Tag darauf hatte er sich wieder beruhigt. Er war ihnen zwar immer noch böse, aber ihre Freundschaft war ihm wichtiger, denn tief innen wusste er, dass sie wirklich nur das Beste für ihn wollten. Im Laufe des Tages redeten sie dann auch wieder ganz normal miteinander. Natürlich nicht über das heikle Thema – darüber schwiegen sie sich tot – sondern über die Arbeit, die auch während ihrer Urlaubstage nie ganz aus ihren Köpfen verschwand. Musiker war halt ein Fulltimejob. Am Abend aßen sie gemeinsam im Speisesaal. Alle waren froh, dass sie halbwegs entspannt miteinander umgehen konnten. Und gerade als Ryo dachte sie seien auf dem richtigen Weg, bewies Satoshi ihm das Gegenteil und machte alle seine Hoffnungen zunichte. Es war ihm schon beim Essen aufgefallen, dass Satoshi sich seltsam benahm. Er war viel zu entspannt und vor allem aß er für seine gegenwärtigen Verhältnisse einfach zu viel – der Teller war am Ende fast leer! – doch außer ihm schien das niemandem aufzufallen. Irgendwann, als sie ins allgemeine Geplauder verfielen, verkündete Satoshi kurz die Toilette aufzusuchen. ShuU und Nii dachten sich wohl nichts dabei und auch Ryo wurde erst viel zu spät hellhörig. „Warte!“ rief er schließlich und stand auf. Satoshi fühlte sich ertappt und rannte los in Richtung Toiletten. Es begann eine dramatische Verfolgungsjagd. Ryo wusste was Satoshi vorhatte. Es war so offensichtlich! Besonders jetzt wo er in diese Flucht verfallen war. Wenn er nichts im Schilde führen würde, bräuchte er nicht vor Ryo zu fliehen. Ryo wollte es nicht zulassen, dass es alles wieder von vorne losging. Sie hatten den Sänger doch gerade erst ein wenig aufgepäppelt. Die Verfolgungsjagd endete schließlich damit, dass Ryo Satoshi nicht vor den Toiletten einholte und dieser ihm die Tür vor die Nase zuschlug. „Sato, mach auf!“ rief Ryo und schlug heftig gegen die Tür, doch der Sänger war beschäftigt, wie man kurze darauf hören konnte. Er hatte sie ausgetrickst. Ryo ließ den Kopf hängen und verließ das WC. Er ging nicht in den Speisesaal zurück, sondern hoch in das Zimmer, das er sich mit Satoshi teilte. Er schloss ab und ließ sich aufs Bett fallen. Es dauerte nicht lange, dann klopfte es an der Tür und eine zaghafte Stimme bat um Einlass. Oh, wie hatte Ryo, das kommen sehen. Ryo?“ drang Satoshis Stimme schüchtern durch die verschlossene Tür. „Lass mich rein.“ „Geh weg!“ wies Ryo ihn an. „Bitte, Ryo. Ich will mit dir reden.“ „Verschwinde! Hau ab! Ich will dich nicht mehr sehen!“ brüllte Ryo zurück. Danach hörte er nichts mehr. Satoshi hatte wohl aufgegeben. Ryo wäre es lieber gewesen, er hätte weiter um Einlass gebeten, denn früher oder später hätte Ryo ihn reingelassen und die Möglichkeit zu einem Gespräch gelassen. So aber gingen sie sich wieder aus dem Weg. Ryo raffte sich kurz auf, um die Tür zu entriegeln – Satoshi musste ja irgendwo schlafen – um danach sofort wieder ins Bett zurückzukehren. Er drehte sich auf die Seite, zog die Beine an und drückte das Gesicht ins Kopfkissen, um die aufkommenden Tränen zu trocknen.   Das war das Ende ihres Urlaubs und auch ihrer Freundschaft. Ab da an sprachen Satoshi und Ryo kein Wort mehr miteinander und sahen sich nur bei den Bandproben. ShuU und Nii hatten es aufgeben zwischen den beiden zu vermitteln und sahen bedrückt zu, wie neben ihrem Freund auch die Band langsam aber sicher dahin schied. Sie machten als Band keine Fortschritte mehr, im Gegenteil, sie entwickelten sich eher zurück. In den Wochen nach dem Urlaub hatten sie Satoshi wie vereinbart sich selbst überlassen und das war ein großer Fehler gewesen, wie sie später bemerkten. Der Sänger verkümmerte immer mehr. Er wurde von Tag zu Tag schwächer, da er ja nichts aß und sie sahen zu und konnten absolut nichts tun. Denn Ryo hatte Recht. Selbst ein Therapeut konnte Satoshi nicht überzeugen mit seinem Märtyrium aufzuhören. Dafür war es nun zu spät, dafür war es schon zu weit fortgeschritten. Proben war unmöglich, auch wenn Satoshi darauf bestand das Aufwärmprogramm für die anstehende Tour durchzuziehen, wurden sie hinterher doch nur enttäuscht. „Warum kommst du überhaupt noch?“ fragte ShuU ihn polemisch. „Du schafft es nicht einen einzigen Song durchzustehen ohne zusammenzubrechen. „Mir geht’s gut.“ stellte Satoshi klar und griff nach seinem geliebten Mikrofon. Seine Stimme hatte sich verändert. Sie war ganz heiser, weil er mittlerweile dauernd grippig war und sein Hals schmerzte. „Sato, sei doch vernünftig!“ flehte Nii ihn, doch der Sänger blieb hartnäckig. Er war so ein Dickkopf. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann war nicht mehr davon abzubringen. Also probten sie. Ryo sah hilflos hinter seinen Drums zu, wie Satoshis Beine begannen zu zittern und seine Stimme brach, weil die Anstrengung einfach zu groß war. Das war für ihn das Signal zum Abbruch. Als er aufhörte zu spielen, verstummten auch die anderen Instrumente. Der Gesang war schon längst erstorben. ShuU und Nii dachten sich schon etwas bei Ryos Geste und sahen ihren Sänger prüfend an. „Also, das reicht jetzt! Ich kann das nicht mehr länger mit ansehen!“ platzt Nii los. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er seine Gitarre abstellte, zu seiner Tasche ging und mit einem Apfel zurückkam. Er hielt ihn Satoshi bestimmt vor die Nase. „Du isst jetzt ein paar Stücke von diesem Apfel, oder ich schwöre, ich lass dich zwangseinweisen, hörst du?! Ich werde hier nicht tatenlos zusehen, wie du dich umbringst!“ Ryo und ShuU sahen den Gitarristen erstaunt an. Soviel Initiative hatte er die ganze Zeit über nicht gezeigt. Satoshi dagegen war unbeeindruckt und funkelte Nii böse an. Er hatte keine Wahl. Er wusste, dass Nii seine Drohung wahr machen würde. Mit ihm war noch nie zu spaßen gewesen. Sie alle drei hatten die ganze Zeit mit dem Gedanken gespielt. Warum sie es nicht längst getan hatten, war Satoshi ein Rätsel, aber sehr willkommen. Und damit es auch dabei blieb, nahm er den Apfel und biss missmutig hinein. Er aß untern den Augen aller seit Tagen wieder etwas und schluckte die Stücke mühselig runter. Mehr als fünf Bissen schaffte er jedoch nicht. „Hier“, sagte er und reichte Nii den Apfel. „Mehr schaff ich nicht.“ Nii lächelte ihn an. „Mehr brauchst du auch erstmal nicht. Danke.“ Satoshi ignorierte seine Danksagung. „Können wir jetzt weitermachen?“ „Wenn du weitermachen kannst?“ gab ShuU die Frage zurück. „Sonst würde ich ja wohl nicht fragen, oder?“ entgegnete Satoshi spitz. Sie begannen von neuem und Satoshi gab alles. Er wollte unbedingt wenigstens einen Song durchhalten. Doch schon ab in der Mitte spürte er das altbekannte Zittern wieder, doch diesmal war es so schlimm wie noch nie. Dann setzten auch noch schlimme Bauchkrämpfe ein. Satoshi versuchte sie so gut es ging zu ignorieren und weiterzumachen, doch die Anstrengung trieb ihm Schweißperlen auf die Stirn und ließ seine Stimme ganz versagen. Bitte nur noch ein bisschen, flehte er in Gedanken, aber sein Wunsch wurde nicht erfüllt. Seine Beine gaben nach und ihm wurde schlagartig schwarz vor Augen. Er stürzte zu Boden, aber das bemerkte er schon gar nicht mehr. Alles ging so schnell, dass keiner von den dreien Zeit zum reagieren hatte. Satoshi brach neben ihnen zusammen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnten. „SATO!!“ Augenblicklich ließen sie von ihren Instrumenten ab. ShuU und Nie waren die ersten an Satoshis Seite. Ryo war schnell bei ihnen. Nii hielt den bewusstlosen Körper des Sängers und begann verzweifelt zu schluchzen. „Nein, bitte nicht schon wieder! Ich kann nicht mehr!“ Er war viel zu aufgewühlt, um zu bemerken, was Ryo bemerkte. Kaum hatten sie in aufgerichtet, lief eine dunkelrote Flüssigkeit aus Satoshis Mund. Ein Irrtum war unmöglich. Es war Blut! „Schnell, ShuU, ruf einen Krankenwagen! Beeil dich!“ Das konnte es doch nicht gewesen sein. Nicht jetzt. Sie hatten doch noch soviel vor zusammen. Sie wollten sich doch wenigstens noch von ihm verabschieden. Wenn Satoshi starb war es ihre Schuld ganz allein ihre. „Bitte, Sato, bleib bei uns! Wir brauchen dich doch! Du darfst nicht sterben!“ _________________________________________________________________________________ Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht ganz zufrieden damit bin. Meiner Meinung ist es zu flach, aber ich wusste auch nicht, wie ich mehr Emotionen reinbringen sollte. Ich hoffe ihr verzeiht mir dieses Makel. Ansonsten hoff ich mal wieder dass ich medizinisch nicht vollkommen falsch liege, aber ich hab mal gehört, dass wenn man lange Zeit nichts ist, dass sich der Magen dann zusammenzieht und dann wenn man wieder was isst aufbricht, deshalb die inneren Blutungen. Joa, das war's erstmal. Ich hoffe doch es hat euch sadistisch ausgedrückt gefallen. Bis zum nächsten Mal, eure Asu Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Eine kleine Rückblende, weil ich fand, dass Satos und Ryos Gefühle ein wenig zu kurz kamen. Jetzt bin ich eigentlich ziemlich damit zufrieden. Hab auch ein wenig meine Fantasie spielen lassen, wie das damals so war, als sich die heute Besetzung von Girugamesh formierte, aber lest selbst^^ __________________________________________________________________________________________ RYOs POV Was als nächstes geschah, bekam Ryo nicht mehr richtig mit. Nur halb nahm er wahr, wie ShuU aufgeregt einen Krankenwagen rief, die Notärzte Satoshis auf eine Trage plazierten und mit ihm ins Krankenhaus fuhren und wie er, ShuU und Nii ebenfalls dorthin unterwegs waren. Für zehn bis fünfzehn Minuten hatte er in das regungslose Gesicht seines besten Freundes geblickt, aber er hatte nicht gesehen, was vor ihm lag, sondern durch Satoshi hindurchgesehen. Er war völlig weggetreten, als ShuU ihn zum Auto zog, ihn reinschubste, anschnallte und losfuhr. Er erinnerte sich an den Tag, an dem er Satoshi kennengelernt hatte. Zu dem Zeitpunkt steckten ShuU und er in einer schweren Krise. Ihr Bandprojekt war vor ein paar Tagen geplatzt, als Sänger und Gitarrist sie unfreiwillig verlassen hatten. FLASHBACK „Und du denkst wirklich, es war die richtige Entscheidung Cyrien und Hotaru rauszuschmeißen?“ fragte Ryo kritisch und ließ einen seiner Drumsticks locker zwischen den Fingern kreisen. „Jetzt fang nicht wieder davon an, Ryo“, ermahnte ShuU ihn, während er einen Stapel Songmaterial ordnete. „Wir kommen mit ihnen keinen Schritt weiter.“ „Ohne sie aber erst recht nicht“, merkte Ryo missbilligend an. „Das weiß ich und deshalb hab ich mich sofort hinters Telefon geklemmt und Arrangements gemacht.“ Laut klappernd fiel der Drumstick zu Boden. „Achso?“ fragte Ryo überrascht. Das ging ja schnell. „Und?“ „Einen neuen Gitarristen hab ich schon.“ „Ach tatsächlich?“ Schön, dass den Drummer auch mal jemand gefragt hatte, ob er mit der Neubesetzung einverstanden war. Aber das war halt ShuU. Wenn er sich seiner Sache sicher war, ließ er sich von niemandem reinreden. Hatte man ja beim kürzliche Rausschmiss gesehen... „Ja“, sagte ShuU und begann zu erklären. „Ein alter Freund von mir. Keine Sorge, “ fügte er schnell hinzu, als er Ryos wenig begeisterte Miene sah. „Er ist super. Das hab ich schon damals gemerkt.“ „Und warum war er dann nicht von Anfang an bei uns? Warum mussten wir uns ein Jahr lang mit Hotaru rumschlagen?“ „Er war sehr begehrt und schnell in festen Händen“, erklärte der Bassist. „Aha. Und warum sollte er seine festen Hände aufgeben und zu uns kommen?“ „Weil ich ihn gefragt habe.“ Das stank doch zum Himmel. Ryo war überhaupt nicht zuversichtlich, dass ShuUs Pläne Früchte tragen würden. Er hatte auch alte Freunde, die Musiker waren und trotzdem ungeeignet um Teil ihrer Band zu werden. ShuU wollte seinem Kumpel wahrscheinlich nur einen Gefallen tun. „Dann fehlt uns aber immer noch ein Sänger“, erinnerte Ryo den Bassisten. „Ja. Nii meinte aber–“ „Nii?“ fragte Ryo nach, als ob er sich verhört hätte. „Ja, Nii. Das ist sein Künstlername.“ „Nii wie Bruder Nii?“ Ryo wollte schon anfangen zu lachen. Was für ein bekloppter Künstlername. Mit was für Leuten war ShuU befreundet? „Nein, ich glaub Nii wie zwei“, überlegte ShuU. „Komischer Künstlername.“ Ryo konnte es sich nicht verkneifen. „Ist doch egal, wie er heißt, hauptsache er spielt gut!“ fuhr ShuU ihn genervt an. „Jedenfalls, Nii kennt jemanden, der wen kennt und der ist ganz beeindruckt von ihrem Sänger.“ „Von wessen Sänger?“ „Venom.“ „Sagt mir nichts.“ An dieser Stelle schickte Ryo ein Stoßgebet zum Himmel. Sollte ihre Band demnächst tatsächlich zur Hälfte aus Amateuren bestehen? Na, wenn das mal gut ging. „Mir auch nicht, aber Nii kennt die Jungs und er meinte mit dem Sänger hätten wir nen riesen Fisch an Land gezogen.“ „Na, wenn er meint“, sagte Ryo, war aber immer noch nicht überzeugt. „Und wieso sollte so ein toller Sänger seine aktuelle Band verlassen?“ „Das hab ich Nii auch gefragt“, erwiderte ShuU. „Er will sich wohl seine Optionen offen halten.“ Vielleicht sollten sie sich ihre Optionen auch lieber offen halten, dachte Ryo, verkniff es sich aber seine Gedanken direkt laut auszusprechen. Er umschrieb es lieber ein bisschen. „Das hört sich ja alles ganz gut an, ShuU“, begann er zweifelnd. „Aber–“ „Vergiss es, Ryo. Du kannst sowieso nichts mehr dagegen sagen, weil ich es schon beschlossen habe. Außerdem sind sie schon unterwegs. Eigentlich müssten sie jeden Moment hier sein.“ „Und meine Meinung zählt hier wohl gar nicht, oder was?!“ empörte sich Ryo, wurde aber ziemlich kleinlaut, als die restlichen Informationen sein Gehirn erreichten. „W – Waaaaaas?!“ Ihr Schicksal war im nächsten Moment besiegelt, als ShuUs Klingel ertönte. „Boah, das darf doch nicht wahr sein“, stöhnte er und ließ sich auf die Couch fallen, während ShuU zu Tür eilte, um ihre Gäste hereinzubitten. Ryo knuddelte das nächstgelegene Kissen und vergrub sein Gesicht in dieses bis er hörte, dass drei paar Beine das Wohnzimmer betraten und ShuU ihm zum Gruß aufforderte. Lustlos hob der Drummer den Kopf und musterte die Neuankömmlinge. Der eine zu seiner Rechten war ungefähr so groß wie ShuU. Seine Haare fielen ihm bis zu den Schultern in leichten Wellen. Das hatte er sich doch bestimmt von den Amis abgekuckt. Ryos erster Gedanke war, dass er einen ziemlich alten Eindruck machte, weil sein Gesicht sehr markante Züge aufwies, die von seinem ernsten Blick unterstützt wurden. Ryos Blick wanderte nun zu dem Mann daneben und ihm fielen fast die Augen heraus. Der 'Mann' sah aus wie ein kleiner Junge. Ryo schätze ihn kaum größer als sich selbst. Er trug kurze Haare, die zusammen mit seinem jugendlichen Gesicht seine junge Erscheinung noch verstärkten. Er sah sogar noch jünger aus, als Ryo und dieser war gerade erst achtzehn geworden. Wie alt war dieser Kerl? Sechzehn? Der Kleine war nervös. Das konnte man ihm ansehen. Er stand dort wie bestellt und nicht abgeholt und biss unsicher auf seiner Unterlippe rum. Ryo hatte sich so darin verloren die beiden völlig unterschiedlichen Menschen anzustarren, dass er erst wieder zu sich kam, als er ein eindringliches „Ryo!“ hörte. „Oh, ähm, tut mir Leid“, entschuldigte sich der Drummer und stand auf, um die Gäste zu begrüßen. Der Kleine kicherte über Ryos kleinen Spaceout. Es war ein schönes Lachen, melodisch und glockenhell. Da wusste Ryo, dass es der Kleine war, der sich als Sänger versuchen würde. Na, dann war die Nervosität sogar ganz nützlich. Aus Erfahrung konnte der Schlagzeuger sagen, dass überaus nervöse Spieler von Instrumenten überhaupt nichts taugten. Sie fingen an zu zittern, hatten ihre Instrumente nicht mehr im Griff und konnten froh sein, wenn sie dabei noch eine halbwegs vernünftige Melodie rausholten. Bei Sängern war es anders. Wenn sie nervös waren, dann war es ein gutes Zeichen von annahenden Erfolg, denn sie wollten um jeden Preis ihr Bestes geben (was sie dann auch taten, denn auf der Bühne vor den Fans verflog die Nervosität ganz von selbst), wohingegen selbstsichere Sänger meistens mit ihre Überheblichkeit alles kaputt machten. „Hi, “ ich bin Ryo“, stellte sich der Drummer nun vor und ergriff zuerst die Hand des Langhaarigen. „Nii“, kam es von ihm und wieder musste sich Ryo ein Lachen verkneifen. An diesen Namen würde er sich erst noch gewöhnen müssen. Dann begrüßte er den Kleinen, der sich schüchtern lächelnd mit Satoshi vorstellte. Das war doch mal ein vernünftiger Name(der in ein paar Jahre später zum Allerweltsnamen werden würde). „Nun gut“, sagte ShuU nach der Vorstellung und klatschte in die Hände. „Ich schlage vor, wir bauen das Equipment auf und dann zeigt ihr uns mal, was ihr so drauf habt.“ Gesagt, getan. Eine halbe Stunde später standen Verstärker, E-Gitarre und Mikrofon plus Ständer in ShuUs Wohnzimmer, bereit zur Inbetriebnahme. Die Nachbarn würden sich bestimmt freuen. „Was sollen wir spielen?“ fragte Nii und hing sich seine Gitarre um. Das war Ryos Stichwort. Er ging zu dem Stapel Songrohmaterial und zog einen seiner ersten Kompositionen heraus. Kaisen Sengen. Den Text dazu Cyrien geschrieben. Alles andere kam von Ryo. „Hier, spiel das“, sagte er und reichte Nii das Blatt mit den Akkorden. Der studierte es kurz und begann dann zu spielen. Ryo nahm ihn hart ins Gericht. Schließlich sollten sie als Band weiterkommen und dafür brauchten sie einfach die besten Musiker auf dem Markt. Ryo wusste genau, was ihn an Hotaru gestört hatte und darauf achtete er jetzt bei Nii. Seine Ohren waren unschlagbar. Er hörte jeden schiefen Ton. Positiv überrascht stellte Ryo nach der zweiten Strophe fest, dass es an Nii absolut nichts zu beanstanden gab. Er verspielte sich kein einziges Mal und seine Version gefiel dem Drummer sogar besser als die vom Vorgänger. Was Ryo besonders daran gefiel war, dass der Übergang von einem Akkord zum nächsten flüssiger war. Man merkte sofort, dass Nii kein B-Gitarrist war. In ihm steckte Potential. Die Riffs klangen aus, aber Ryo und ShuU hoben sich ihre Kritik bis zum Schluss auf. Nun war erstmal Satoshi dran sein Können unter Beweis zu stellen. Von ihm hing nun alles ab. Denn, was war eine Band, die gut spielte, wenn ihr Sänger grottig war. Ryo suchte in dem Papierstapel nach Cyriens Text und gab ihn Satoshi. Es war ein guter Text. Er handelte von Krieg. Ein recht aktuelles Thema wenn man bedachte was im Nachbarland Nordkorea dauernd abging. „Habt ihr irgendeine bestimmte Vorstellung davon, wie ich es singen soll?“ fragte Satoshi, nachdem er sich den Text durchgelesen hatte. „Nein, nicht wirklich“, antwortete ShuU. „Da bist du völlig frei. Lass dich einfach von den Emotionen leiten, die dir bei den Zeilen durch den Kopf gehen.“ „Oh, das ist gut“, sagte der Kleine und griff nach dem Mikro. Nii wurde ein Zeichen gegeben ihn zu unterstützen. Nun ging es los. Satoshi begann zu singen und... versagte maßlos. Schon nach dem ersten Vers kam er raus. Er war viel zu nervös. Ryo ließ den Kopf hängen. Hatte er ihn nicht eben noch dafür gelobt? Noch einmal von vorne und wieder kam er raus. Ryo wollte dem ganzen ein schnelles Ende setzen, doch Satoshi flehten ihn förmlich um eine letzte Chance an. „Du bist viel zu nervös“, teilte der Drummer ihm mit. „Du zitterst total.“ „Ja, aber nicht, weil ich nervös bin, sondern wegen den unterdrückten Emotionen, die ich bei diesem Thema empfinde, “ erklärte Satoshi. Ryo starrte ihn ungläubig an. So etwas hatte er ja noch nie gehört. Was für ne billige Ausrede für Lampenfieber. ShuU aber war gnädig mit dem Kleinen und gewährte ihm eine letzte, dritte Chance. Er glaubte an den Grundsatz „Alle guten Dinge sind drei.“ „Dann lass die Emotionen raus, “ sagte er. „Lass dich völlig gehen und vom Text leiten.“ „Ist gut“, meinte Satoshi und fügte beschämt hinzu. „Danke, dass ihr mir noch eine Chance gebt.“ ShuU nickte ihm ermutigend zu. Ryo zuckte nicht mal mit der Wimper. Er hatte wenig Hoffnung, dass sich das Blatt noch zum Guten wenden würde. In Gedanken ging er schon eine Liste mit Bekannten durch, die sie zum Vorsingen einladen könnten. Er realisierte erst viel später, dass Satoshi schon seit gut einer Minute am Singen war. Die Miene des Drummers war wie versteinert, als er hochkonzentriert Satoshis Version von Kaisen Sengen lauschte. Wie Nii nahm er auch ihn hart ins Gericht und wurde wieder angenehm überrascht. Dafür, dass Satoshi drei Anläufe gebraucht hatte, war Ryo doch sehr angetan von seiner Version. Sie war viel ausdrucksstärker als die von Cyrien. Nach ungefähr vier Minuten verstummte Satoshis Stimme und der Sänger sah sie alle fragend an. Ryo wechselte einen kurzen Blick mit ShuU. Growlen konnte der Kleine, das musste man ihm lassen, aber Ryo fand, dass man bei Kaisen Sengen nicht sein volles Stimmpotential heraushören konnte und so konnte er schlecht eine Beurteilung abgeben. „Ich würde mir gerne mal deine Stimme genauer anhören“, sagte Ryo zu Satoshi. „Hast du vielleicht etwas parat bei dem man sie gut raushören kann?“ „Du meinst eine Ballade oder so?“ Ryo nickte. „Ja klar, Moment.“ Satoshi zog ein Blatt Papier aus der Hosentasche und glättete es. „Hab ich heute morgen geschrieben“, erklärte er und nahm das Mikro in die Hand. Nun war die Stunde der Wahrheit gekommen. Diesmal würde Satoshi sein Solo kriegen, denn niemand konnte ihn begleiten, da niemand wusste, wie die Melodie klang, die Satoshi wählen würde. Ryo war nicht abgeneigt davon. A capella hörte man seine Stimme am besten. „Wie heißt er denn?“ wollte der Drummer noch wissen. „Fukai no Yami“, antwortete Satoshi. Das klang düster. Ryo war gespannt. „Okay, fang an.“ Satoshi schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln, dann holte er Luft und begann zu singen. Fukai no Yami war ein schönes Lied. Zwar sehr düster, doch Ryo gefiel es sofort. Was ihm aber noch viel besser gefiel war Satoshis Stimme. Sie konnte gleichzeitig Hören und Tiefen bewältigen, die Töne halten und enthielt sehr viel Gefühl. Sie war ganz einfach das schönste, was Ryo je in seinem Leben gehört hatte. Hellauf begeistert lauschte Ryo Satoshis Gesang und wurde von seiner beruhigenden Wirkung eingenommen. Er sah ShuU und Nii an, deren Augen strahlten und auf deren Lippen ein breites Lächeln lag. So musste er in diesem Moment wohl auch aussehen. Ryo hätte vor Freude fast geheult, da er wusste, dass sie sich den besten Sänger ihrer Szene geangelt hatten. Satoshis Gesang verstummte viel zu früh, wie die drei Zuhörer fanden. Am liebsten hätten sie 'Encore' gerufen, aber das wäre dann doch übertrieben gewesen. Satoshi sah sie unsicher an, weil sie alle kein Wort herausbrachten. Dass sie alle vor Ehrfurcht erstarrt waren, wusste er ja nicht. „Und?“ fragte er schließlich nach. Nun war es Zeit Kritik zu üben. Ryo sah ShuU an. Sein Blick sagte: 'Lass mich es ihm sagen.' ShuU nickte. Ryo wäre dem Sänger bald um den Hals gefallen, so glücklich war er. „Ich- ich weiß gar nicht was ich sagen soll“, stotterte der Drummer. Er war viel zu überwältigt. „Deine Stimme... ich kann das gar nicht beschreiben... wie machst du das?“ „Wie mach ich was?“ fragte der Sänger verwirrt. „Deine Stimme hat uns tief bewegt“, erklärte Ryo und starrte Satoshi an, als wäre er Buddha persönlich, während die anderen beiden zustimmend nickten. „Echt?“ sagte Satoshi und grinste verhalten. „Ja und wie!“ rief Ryo euphorisch, legte ihm den Arm um die Schultern und zog ihn an sich. „Also wenn ShuU dich nicht will, dann können wir auch gerne ein Duett machen. Ich geb dich nie mehr her.“ Satoshi lachte wieder melodisch und beflügelte Ryo damit umso mehr. Er kam erst wieder auf den Boden der Tatsachen, als ShuU ihn ansprach und eindringlich mit dem Kopf zum Gitarristen ruckte. „Oh! Tut mir Leid!“ entschuldigte sich Ryo peinlich berührt. „Ich war nur so...“ Er kannte nicht ein Wort, das dem, was der fühlte, am nächsten kam. „Schon gut“, sagte Nii lächelnd. „So ging's mir auch, als ich ihn das erste Mal singen gehört hab.“ „Also“, sagte Ryo ernst. „Gitarre spielen kannst du. Da ist nicht gegen zu sagen und mir gefällt sehr wie flüssig du die Akkorde wechselst. Dich geb ich auch nicht mehr her!“ Satoshi, Nii und ShuU lachten. Es war ein Lachen des Triumphes, denn sie waren auf dem besten Weg eine erfolgreiche Band zu werden. FLASHBACK ENDE Was danach geschah kann man in jedem Internetlexikon nachlesen. Nur die privaten Details, die trugen sie wie Schätze in ihren Herzen. Den ganzen Spaß, den sie zu viert hatten. Ryo erinnerte sich wie er Satoshi in den ersten Wochen immer wieder gebeten hatte ihm etwas vorzusingen. Er war hin und weg von dem Ausmaß an Gefühl, das Satoshi in jeden Song legte und fiel jedes Mal wieder in eine leichte Trance. Satoshi konnte nichts und niemand übertreffen. Er war besser als jeder Rausch, besser als jeder Orgasmus, sogar besser als beides zusammen und er war so glücklich, dass ShuU ihn und Nii gefunden hatte und er ihrem Können lauschen durfte. Ryo bemerkte auch schnell, dass er und Satoshi nicht nur musikalisch auf einer Wellenlänge waren. Satoshi war zwar knapp zwei Jahre älter als er, aber sehr viel lockerer als beispielsweise Nii, dessen Image seine Ernsthaftigkeit ausmachte. Mit Satoshi aber konnte er den Rest seiner Jugend ausleben und rumalbern. Seit dem Tag, an dem sie sich kennengelernt hatten, waren sie fast jeden Tag zusammen gewesen, hatten Arrangements gemacht oder einfach nur zusammen Zeit verbracht. Mit jedem Tag war ihre Freundschaft stärker geworden. Ryo erinnerte sich, wie sie auch später bei Ryo in seinem kleinen Studio saßen und Demo Tapes vertont oder wie sie noch später ihr erstes Album aufgenommen hatten. Auch heute noch machten sie zusammen die Nächte durch und lauschten ihren Kompositionen. Allerdings hatte sich etwas verändert, erinnerte sich Ryo selbst, während sie das Krankenhaus erreichten, nach Satoshi fragten und zum Warten in die Eingangshalle geschickt wurden. Etwas ganz Entscheidendes hatte sich vor geraumer Zeit verändert. Etwas, das ihre Freundschaft auf den Prüfstand gestellt und sie dabei zerstört hatte. Ryo erinnerte sich noch gut daran, wie Satoshi das erste Mal vor ihren Augen zusammengebrochen war... wie sie dachten, er wäre nur ausgelaugt vom zunehmenden Stress... wie er Satoshi leblos in der Dusche gefunden hatte und welche Angst er in diesem Moment empfunden hatte... wie er ihn liebvoll frisiert hatte, bevor sie dann diesen Unfall hatten, der nicht nur Ryos Auto zerbrochen zurückließ, sondern auch ihre langjährige Freundschaft… Nach dem Unfall hatte sich alles verändert. Er war der Wendepunkt ihres gemeinsamen Werdegangs. Danach redeten sie kaum noch miteinander, nur noch bei der Arbeit, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ. Ihr Urlaub hatte auch nicht geholfen für gutes Klima zu sorgen. Außer dem kurzen Moment, in dem sich Satoshi Ryo anvertraut hatte, der hinterher im Streit geendet war. Die daraufhin folgende Funkstille ging auf Ryos Konto, da er so verletzt von Satoshi Verrat bezüglich seines Essverhaltens war. Die Folge davon war, dass sie Satoshi kaum noch zu Gesicht bekamen, nur noch zu den Bandproben (da er sich ansonsten vollkommen abschottete) und dort sahen sie dann wie die Krankheit ihren Lauf nahm. FLASHBACK „In drei Monaten geht es auf Tour!“ rief Satoshi freudig aus. Ryo schüttelte nur den Kopf. Wie konnte der Sänger sich bloß darauf freuen? Es würde ein einziges Fiasko werden. ShuU und Nii waren der gleichen Meinung. „Ja, ganz toll“, meinte Nii trocken, während er seine Gitarre stimmte. „Sato, ich bezweifle, dass du das packst“, teilte ShuU dem Sänger gnadenlos mit. „Was? Wieso das denn? Ich bin topfit.“ Hinter den Drums hörte man Ryo spöttisch schnauben. „Das will ich sehen“, sagte er sarkastisch. „Wie du in deinem Zustand über die Bühne hüpfst und Break Down singst.“ „Ryo“, ermahnte ShuU ihn, warnend nach dem Motto 'Bring ihn nicht noch auf Ideen'. Doch es war schon zu spät. Satoshi war schon sehr angetan davon eine Before-Tour-Probe zu machen, mit allem drum und dran. „Ich halte das für keine gute Idee“, lehnte ShuU ab. „Wieso denn nicht?“ entgegnete Ryo rücksichtslos. „Vielleicht öffnet ihm das endlich mal die Augen. Irgendwann wird er es doch einsehen.“ „Willst du seinen Zustand noch verschlimmern oder den Verlauf beschleunigen?!“ rief ShuU aufgebracht. „Ihr redet von mir, als wäre ich krank“, bemerkte der Sänger beleidigt. „Du BIST krank!“ fauchten die zwei zurück und verschlugen Satoshi erstmal die Sprache. „Was meinst du, Nii?“ wandte sich ShuU nun an den Gitarristen. „Sollen wir es wirklich riskieren?“ Nii schwieg und sah traurig zu Boden. „Vielen Dank für dein Vertrauen, Nii“, versetzte der Sänger und duckte sich schnell, um Niis Wasserflasche auszuweichen, die er ihm wütend entgegenschleuderte. Demokratisch gesehen hatte Satoshi gewonnen. Nii hielt sich raus, ShuU war strikt dagegen und Ryo wollte Satoshi bloßstellen, um in seine Gewissen durchzudringen. Also probten sie. Sie ließen im Hintergrund ihrer letzte Tour DVD laufen, aus der sie das Geschrei der Menge gefiltert hatten, das sie antreiben sollte. Laut damaliger Setlist war Break Down ihr Opening. Normalerweise dauerte der Song fast vier Minuten. Nun aber war es schon nach ein paar Sekunden vorbei. Satoshi sprang, growlte „Break Down!!!“ ins Mikro und landete mit dem Hintern auf dem Boden. Sofort wurde die Probe eingestellt. Ryo kam hinter seinen Drums hervor, ging vor Satoshi in die Hocke und musterte ihn kopfschüttelnd. Satoshi saß dort wie ein Häufchen elend. Er war kurzatmig und schwitze und zitterte vor Anstrengung. Kurz gesagt, er war am Ende. „Wasser“, sagte er knapp, nahm von Nii die Flasche entgegen und reichte sie dem Sänger, der sie in fast einem Zug leerte. Ryo sah ihn mit einer Mischung aus Trauer und Wut an, dann wandte er sich an ihren Leader. „Sag die Tour ab.“ ShuU nickte traurig. Er hatte dies wohl ebenfalls schon in Erwägung gezogen. Er wandte sich zum gehen, doch Satoshi hielt ihn auf. „Nein! Nein, tu's nicht!“ „Sato, siehst du denn nicht, dass es keinen Zweck hat?“ versuchte Nii ihm ins Gewissen zu reden. „Nein, nicht auch noch die Tour! Bitte!“ flehte er unter Tränen, doch ShuU hörte nicht auf ihn und ging. „Nein! NEIIIIIIN!!!“ schrie Satoshi und wurde von einem schlimmen Weinkrampf gepackt. Ryo und Nii nahmen in den Arm, um ihn zu trösten. Auch sie weinten, denn sie hatten sich auch auf die Tour gefreut. „Es tut mir Leid, Sato“, schluchzte Ryo. „Aber es geht nicht anders.“ FLASHBACK ENDE Später hatte sich rausgestellt, dass ShuU nicht zum Management gegangen war. Er hatte es einfach nicht übers Herz gebracht die Tour abzusagen, aber sie ließen Satoshi in dem Glauben er hätte es getan. In der folgenden Nacht bekam Ryo keine einzige Stunde Schlaf. Er lag im Bett und rätselte verzweifelt über das Warum, das Satoshi antrieb. Er wusste, dass Bulemiker ein verzerrtes Bild von sich hatten und dass sie von starken Selbstzweifeln geplagt waren. Er konnte gar nicht verstehen, wie es ausgerechnet Satoshi getroffen hatte. Er war doch immer so zuversichtlich gewesen, egal was kam und vor allem hatte er immer einen Dreck auf die Meinung anderer gegeben. Wie er aussah, was er sagte, was er tat, davon von war er immer überzeugt gewesen, immer. Ryo konnte Stunden darüber nachdenken, ohne eine Antwort zu finden. Ihm fielen auf Anhieb tausend Dinge ein, die ihm an Satoshi gefielen, doch warum sah er diese Dinge nicht selbst? SATOSHIs POV Satoshi wusste nicht mehr genau, wann es angefangen hatte, wann sich alles verändert hatte. Er wusste nur, dass er mit zunehmendem Bekanntheitsgrad immer besser werden wollte. Er war schon immer ein Perfektionist bei der Arbeit gewesen. Der hohe Bekanntheitsgrad verlangten nun auch noch Perfektionismus von seiner Person. Das dachte Satoshi zumindest. Zuerst wollte er nur ein paar überschüssige Pfunde loswerden, damit er alles tragen konnte. Sie hatten sich darauf geeinigt ihr Outfits ein wenig individueller werden zu lassen und es gab viele Kleidungsstücke, die er noch nie vor Kamera oder Fans getragen hatte. Das Schicksal wollte es so, dass er trotz Diät und Sport nicht abnahm, also beschloss er noch weniger zu essen und noch mehr Sport zu treiben. Mit Erfolg, er verlor bis zu zwei Kilo. Zufrieden kaufte er auch engere Kleidungsstücke, die er stolz zur Schau trug. Er mochte diese Kleidungsstücke beispielsweise lieber als den Break Down Pulli, da sie seiner Figur schmeichelten. Er wollte seine Figur unbedingt halten und nahm deshalb sein altes Essverhalten nicht mehr auf. Ab und zu überkam ihn jedoch der Heißhunger und er stopfte Unmengen von Essen in sich hinein. So viel, dass ihm übel wurde und er sich übergeben musste. Am nächsten Morgen stellte er freudig fest, dass er dank der Kotzaktion nicht zugenommen hatte. In diesem Moment musste etwas in seinem Kopf 'Klick' gemacht haben. Er begann wieder normal zu essen, das heißt, seine Hungergefühle kurzfristig zu stillen, denn nach den Mahlzeiten übergab er sich gezielt, damit die Fette nicht ansetzen konnten. Das hatte zur Folge, dass er noch mehr abnahm, was der Betroffen selbst aber nicht wahrnahm. Das Einzige, das ihm auffiel, war, dass ihn das Erbrechen schwächte, also beschloss er es aufzugeben und stattdessen wieder weniger zu essen. Gerade so viel, wie sein Körper zum überleben brauchte. Allerdings spielte ihm sein Körper einen fatalen Streich, denn er gab vor weniger zu brauchen, als essentiell notwendig, sodass er langsam aber sicher Mangelerscheinungen und Anzeichen von Unterernährungen zeigte. Die Klamotten hingen schlaff an seinem Körper. Deshalb ging er shoppen und kaufte Anziehsachen in noch einer Nummer kleiner. Mittlerweile musste er in der Damenabteilung einkaufen, da es für Männer mit seinen niedrigen Maßen nichts gab. Als er nach Hause kam, die neuen Sachen anzog und sich im Spiegel betrachtete, stellte er wütend fest, dass die Sachen an manchen Stellen zu eng waren. Er beschloss dem Abhilfe zu schaffen und noch mehr abzunehmen. Gleichzeitig stellte sich eine schwere Frustration bei ihm ein. Er stand stundenlang vor dem Spiegel, probierte Klamotten an, trug Make-up auf und frisierte sich, aber nie wollte es ihm gefallen, egal wie lange er an sich rumzupfte. Das Nächste, das er bemerkte, war, dass er schwächer geworden war. Er schob dieses Makel auf die Seltenheit mit der er Sport ausübte. Von da an ging er fast jeden Tag ins Fitnessstudio, um wieder fit zu werden, doch da ihm die Nährstoffe und Vitamine im Körper fehlten, wurde er statt fitter immer schwächer. Anstatt zu essen besorgte er sich Vitaminpillen und Schmerztabletten gegen die Magenkrämpfe, die ihn mehrmals am Tag quälten. Der Aufenthalt im Krankenhaus und der anschließende Urlaub hatten alles noch schlimmer gemacht, denn alles was er bis dahin erreicht hatte, wurde über den Haufen geworfen. Und kaum war er wieder für sich, wurde die Prozedur wiederholt, nur diesmal viel aggressiver, damit er viel schneller seine Wunschmaße zurückbekam. So hatte er seit er dies vor drei Tagen erreicht hatte, überhaupt nichts mehr gegessen, um seine Figur zu halten. Wieder kehrten die Schwächeanfälle und die Frustration darüber zurück. Er versuchte weiter an sich zu arbeiten, aber es wurde und wurde nicht besser. Aber dass es gerade daran liegen könnte, dass er an sich arbeitete, daran dachte er nicht. Dafür war er viel zu überzeugt von seinem Handeln. Er vermutete, dass er sich etwas eingefangen hatte, das ihm noch in den Knochen steckte und dass es ihm deshalb so schlecht ging. Seine Freunde dachten anders darüber. „Du bist krank!“ Dieser Satz hallte immer und immer wieder in seinem Kopf wieder und verletzte ihn tief. Er hatte eigentlich geglaubt, dass seine Freunde hinter ihm standen, was auch kam, doch nun stellten sie sich gegen ihn und bezeichneten ihn als 'krank'. Das alles tat so unbeschreiblich weh, da ihm ihre Freundschaft sehr viel bedeutete. Am meisten schmerzte ihn aber, dass seine Freundschaft mit Ryo in Scherben lag. Ryo war sein bester Freund. Sie wussten fast alles über den anderen. Sie hatten so viel Zeit gemeinsam und so viel Zeit zusammen verbracht. Doch nun zeigten sie alle ihr wahres Gesicht, vermutlich geblendet von Neid, glaubte Satoshi. Alles, die ganzen fünf Jahre, ihre ganze Arbeit umsonst, denn nun zerbrach alles vor seinen Augen. Die Freundschaften... die Band... seine Leben. Er wusste, als die Magenkrämpfe viel stärker als sonst einsetzten, dass es mit ihm zuende ging. Dieser Schmerz war unvorstellbar stark. Er lag im Sterben. Und als seine Sicht verschwamm und ihn die Dunkelheit einholte, wusste er, dass dies das Ende war. Von nun an war er ganz allein. __________________________________________________________________________________________ ;__________; mehr sag ich dazu nicht. Das nächste Kapitel wird dann das vorletzte sein. Danach kommt der Epilog. Bis dann Eure Asu Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- So, es ist geschafft, pünktlich im neuen Jahr, das letzte Kapitel^^ Hab den Epilog auch schon fertig und werd den bald hinterher posten. Bis dahin, viel Spaß beim Lesen^^ _________________________________________________________________________________ Abends um zehn war Satoshi immer noch nicht aufgewacht. Die Ärzte bezeichneten seinen Zustand als kritisch. Er war bis auf Haut und Knochen abgemagert. Seine Muskeln waren zurückgegangen. Er war nur noch ein Strich in der Landschaft. Und das war nur seine äußere Erscheinung. Der Muskelschwund und der Vitamin- und Nährstoffmangel hatten ihn so sehr geschwächt, dass er es noch nicht mal mehr schaffen würde aufrecht zu sitzen ohne zusammenzuklappen. Dazu kam, dass sich sein Magen so sehr zusammengezogen und verkleinert hatte, dass er außer Flüssignahrung nichts aufnehmen konnte. Dadurch, dass er versucht hatte, feste Nahrung, und sei es nur einen Apfel, zu sich zu nehmen, hatte er Magenblutungen bekommen, die sein Leben gefährdeten. Gleich nachdem, Satoshi das Krankenhaus erreicht hatte, hatte man ihn operiert. Der Eingriff lag zwei Stunden zurück. Mit Fingerspitzengefühl und viel Glück hatten es die Ärzte geschafft die Blutung zu stillen und Satoshis Leben zu retten. Nun lag er auf der Intensivstation, an zahlreichen Geräten und Schläuchen angeschlossen. An seinem Bett saß Ryo und wartete darauf, endlich ein Lebenszeichen von seinem Freund zu erhalten. Er hielt dessen Hand und fühlte regelmäßig seinen Puls, nur um sich selbst zu beruhigen. Er war ein einziges Nervenbündel. Die ganze Geschichte hatte ihn sehr mitgenommen. Sie hatte ihn regelrecht kaputt gemacht. Nicht so wie Satoshi, aber es reicht. Er hatte sich seit Wochen nur noch Satoshi gewidmet und alles andere vernachlässigt. Die Arbeit... die regelmäßige Nahrungsaufnahme und sein Privatleben... Er lebte nur noch für Satoshi. Sollte er ihn verlieren, was würde dann geschehen? Er war sich sicher, nicht ohne seinen Freund leben zu können. Dafür bedeutete er ihm einfach zu viel. Ohne, dass er es hatte vorhersehen oder sogar verhindern können, hatte er sich in Satoshi verliebt. Er wusste nicht, ob er eine Chance hatte mit Satoshi glücklich zu werden, oder ob er ihn ablehnen würde. Selbst wenn, war es egal. Alles was Ryo wollte, war, dass Satoshi lebte und bei ihm war. Mehr brauchte er nicht. Die Stunden vergingen und der Sänger wachte einfach nicht auf, obwohl er das längst getan haben müsste. Langsam wurde Ryo unruhig. War bei der Operation vielleicht etwas schief gegangen? War Satoshi möglicherweise ins Koma gefallen, ohne, dass es jemand bemerkt hatte? Wie von selbst fand sich der Schlagzeuger auf seinen Beinen wieder. Er war drauf und dran einen Arzt zu verlangen, der Satoshi ansah. Er war schon an der Tür, als diese aufging und ShuU eintrat. „ShuU...“ „Ich komme, um dich abzulösen“, erklärte der Bassist. „Ich gehe hier nicht weg, bis Satoshi aufgewacht ist“, stellte Ryo klar. „Ich auch nicht, “ versprach der Leader. „Bitte Ryo, tu mir einen Gefallen. Schnapp dir Nii und geh mit ihm hoch in die Cafeteria. Trinkt euch einen Kaffee und esst was. Sonst seht ihr bald aus wie Satoshi.“ Ryo verstand nicht, warum ShuU Niis mit seinem Zustand gleichsetzte. Seiner Meinung nach litt niemand so sehr wie er. „Was ist mit Nii?“ wollte er wissen. „Ihm geht es genauso beschissen wie dir“, antwortete ShuU. „Er wird es dir erzählen. Bitte geh. Ich mach mir Sorgen um ihn. So hab ich ihn noch nie erlebt.“ „Okay“, gab Ryo nach, verstand aber immer noch nur Bahnhof. Warum ging es dem Gitarristen genauso schlecht wie ihm? „Aber hol uns sofort, wenn er aufwacht.“ „Das brauchst du mir nicht zu sagen.“ Mit einem letzten Blick auf Satoshi verließ Ryo das Zimmer der Intensivstation und ging nach oben in die Eingangshalle, wo er Nii fand, völlig abwesend ins Leere starrend. „Nii“, sprach er ihn leise an, worauf der Gitarrist schreckhaft zusammenfuhr. „Oh, Ryo, du bist es. Wie geht es Satoshi?“ fragte er sofort. „Er ist immer noch nicht aufgewacht“, teilte der Schlagzeuger ihm mit. „Langsam mache ich mir Sorgen...“ „Glaubst du, es ist was schief gegangen?“ fragte Nii besorgt. „Das kann ich nicht sagen. Ich bin kein Arzt, “ entgegnete Ryo und setzte sich. „Was ist los? ShuU meinte, dir geht’s nicht gut.“ Er versuchte so gelassen wie möglich zu klingen, was jedoch keine Wirkung auf den Gitarristen zeigte. Er war ein nervliches Wrack. „Ich hab Angst“, wimmerte Nii und Tränen liefen sein Gesicht hinab. „Ich hab Angst, dass wir ihn verlieren.“ „Sag doch so was nicht. Wir werden ihn nicht verlieren, “ sagte Ryo sofort, um ihn aufzumuntern, aber er musste mit sich kämpfen. Jetzt wusste er, was ShuU gemeint hatte. „Das können wir nicht wissen!“ erwiderte Nii heftig. „Wir können doch nicht ständig auf ihn aufpassen. Und irgendwann...“ Er fing an unkontrolliert zu schluchzen. Der Anblick brach dem Drummer das herz. Seine gefasste Fassade bröckelte und auch er begann zu weinen. Im nächsten Moment lagen sie sich in den Armen und weinten gemeinsam. „Komm, Nii, wir müssen uns zusammenreißen. ShuU ist der Einzige, der einen kühlen Kopf bewahrt.“ „Doch nur, weil ShuU nichts für Satoshi empfindet“, nuschelte Nii. Ryo stutze, ließ ihn augenblicklich los und starrte ihn an. „Jetzt sieh mich nicht so an, Ryo. Ich kann nichts dafür. Es ist einfach so passiert.“ Ach, so war das. Nii war ebenfalls in Satoshi verliebt. Deshalb war er auch so fertig. Vielleicht sollten sie sich mal unterhalten. Ryo war nicht eifersüchtig oder dergleichen. Es war ja sowieso nicht klar, ob Satoshi überhaupt einen von ihnen wählen würde. Aber vielleicht konnte er Nii helfen leichter damit umzugehen. Er glaubte zumindest selbst gut damit umgehen zu können. „Komm“, sagte er und legte tröstend die Hand auf Niis Schulter. Wir machen uns jetzt erstmal frisch und essen ne Kleinigkeit. ShuU zuliebe. Und dann erzählst du mir alles.“ Nii nickte. Sie standen auf und gingen auf Toilette, um sich die Gesichter zu waschen. Dann gingen sie hoch in die Cafeteria. Sie holten sich beide einen Kaffee zum wach bleiben und etwas zu essen. Für Nii ein einen großen Cookie und für Ryo ein Beutel Gumminaschzeug. Das brauchte er jetzt einfach. Sie wählten einen Tisch ganz hinten in der Ecke, weil sie ungestört sein wollten, und setzten sich. Mit mehr Pflichtbewusstsein als Hunger begannen sie das Essen runterzubringen. „Dann schieß mal los, Nii“, sagte Ryo und nahm einen großen Schluck von seinem Kaffee. In Anbetracht dessen, was er sich nun freiwillig anhören würde, wäre eine Flasche Sake angebrachter gewesen, aber so was bekam man im Krankenhaus ja leider nicht. Nii sah ihn verlegen an. „Was willst du von mir hören, Ryo? Ich hätte selbst nicht gedacht, dass ich für diese Art von Gefühlen empfänglich bin... dass ich schwul bin.“ „Mir macht das nichts aus“, erwiderte Ryo aufrichtig. „Dass du schwul bist, mein ich. Das geht manchmal schneller als man denkt.“ Hatte man ja bei ihm gesehen. „Ja“, sagte Nii und nahm ebenfalls einen Schluck Kaffe. „Aber du brauchst dir keine Sorgen machen, Ryo. Ich weiß, dass Sato nicht nur mein Herz gewonnen hat.“ Ryo verschluckte sich vor Schreck fast an seinem Gummizeug und musste husten. Wann hatte Nii denn rausgefunden, dass er Satoshi mochte? War er so offensichtlich gewesen? „W – was? Was meinst du damit? Ich glaub, du hast da was falsch verstanden...“ begann er, doch Nii unterbrach ihn. „Ryo, es ist alles halb so schlimm. ShuU und ich, wir haben beide gemerkt, dass du Gefühle für Satoshi entwickelt hast, die über Freundschaft hinausgehen. Und das ist völlig okay. Wir werden uns keine Rivalen sein. Von dem Moment an, in dem ich wusste, dass du ebenfalls in Satoshi verliebt bist, habe ich ihn aufgegeben.“ Das wurde ja immer schlimmer. Ryo bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Nii war schon vor ihm in Satoshi verliebt gewesen und jetzt wollte er ihn aufgeben – seinetwegen? Das war nicht im geringsten fair für den Gitarristen, doch dieser schien es ernst zu meinen. „Aber – aber...“ stammelte Ryo. „Das ist nicht fair. Wenn du die ganze Zeit schon–“ „Doch, Ryo, “ das ist es, “ widersprach Nii ruhig. „Ich bin mir nämlich sicher, dass du Satoshi glücklicher machen kannst als ich.“ Oh Mann, jetzt brauchte er wirklich einen Sake und Nii sah auch so aus, als könnte er einen gebrauchen. Nach dem, was er gerade gesagt hatte. Das musste doch furchtbar weh tun und schwer sein, so etwas über die Lippen zu bringen. Er sah Nii prüfend an. Er machte nicht den Eindruck, als würde er seine Meinung noch ändern. „Ihr seid dauernd zusammen“, fügte der Gitarrist erklärend hinzu. „Ihr seid auf einer Wellenlänge. Ich gönne ihn dir, Ryo. Bei dir ist Sato einfach besser aufgehoben.“ „Also gut“, sagte Ryo endlich. „Aber es ist nicht unsere Entscheidung wen, und ob Sato überhaupt einen von uns wählt. Gib nicht auf. Und wenn Sato am Ende dich nimmt, dann hast du meinen Segen.“ Nii nickte. „Danke.“ Ryo lächelte schwach. Er lehnte sich zurück und seufzte. „Wenn das alles überstanden ist, dann gehen wir einen trinken, ja? Und dann schmeiß ich 'ne Runde.“ Ein Grinsen huschte kurz über Niis Gesicht. Schweigend aßen sie weiter. Als sie fertig waren, brachten sie ihr Geschirr weg und wollten gerade die Cafeteria verlassen, als ShuU ihnen entgegenkam. „Satoshi ist aufgewacht!“ teilte er ihnen atemlos mit. Mehr brauchte er nicht zu sagen. Zu dritt eilten sie runter zur Intensivstation. „Die Ärzte sind gerade bei ihm“, erklärte ShuU, als sie die Station erreichten. So warteten sie geduldig vor Satoshis Zimmer. Tausend Dinge schossen ihnen durch den Kopf. Wie ging es Satoshi? Hatte er die Operation gut überstanden? Wie würde er sich ihnen gegenüber verhalten? Würde er sie ignorieren oder würde er endlich einsichtig sein? Die Minuten verstrichen und die Ärzte kamen nicht raus. „Wie war Sato drauf, als er aufgewacht ist?“ fragte Ryo den Bassisten. „Er war ziemlich verwirrt und benebelt von der Narkose. Ich glaube noch nicht mal, dass er mich erkannt hat, “ erzählte der Leader. Das waren ja tolle Aussichten... Gerade wollte Ryo seinen Gedanken aussprechen, da ging die Tür zu Satoshis Zimmer auf und die Ärzte traten hinaus. „Doktor“, wandte ShuU sich an den ersten von ihnen. „Wie geht es Satoshi?“ „Sind sie ein Familienangehöriger?“ stellte der Mediziner eine Gegenfrage. „So was Ähnliches“, wich der Bassist aus. „Wir sind seine Freunde, aber wir sind ihm am nächsten. Bitte verschweigen Sie uns nichts.“ „Also gut“, sagte der Arzt. „Ihr Freund hat die Operation gut überstanden. Er ist noch ein wenig benebelt von der Narkose, aber er wird bald ansprechbar sein. Wir müssen ihn jetzt aufpäppeln und dafür sorgen, dass er wieder eigenständig isst und trinkt.“ Er legte eine Pause ein und sah noch einmal seine Unterlagen durch. „Ihr Freund ist dem Tod nur ganz knapp entronnen. Hätte sein Magen nicht angefangen zu bluten, wäre er an seiner körperlichen Schwäche gestorben. Wir haben ihn gewogen. Bei einer Größe von 1,68 m wiegt er nur noch 37 Kilo. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, ihn zum essen zu bewegen, dann wird er sterben.“ „Ich verstehe“, sagte ShuU. „Können wir zu ihm?“ „Nein.“ Eine deutliche Antwort. „Ich bitte Sie erst morgen Abend wieder zu kommen. Was ihr Freund jetzt braucht, ist Ruhe. Er darf sich nicht aufregen.“ Die Members ließen den Kopf hängen. Aber es ließ sich nichts ändern. Wenn Satoshi Ruhe brauchte, dann würden sie sie ihm geben. Dann mussten sie halt alles, was sie geplant hatten zu sagen, auf den nächsten Tag verschieben.   Am frühen Abend kehrten die Members in Krankenhaus zurück. Die letzten Stunden waren furchtbar für sie gewesen. Sie hatten versucht sich ein wenig Schlaf zu holen, doch es hatte sich als unmöglich erwiesen. Egal, ob sie ihm Bett lagen, fernsahen, ein Buch lasen oder ihr Blick einfach nur ihr Instrument streifte, immer dachten sie dabei an Satoshi. Die offenen Fragen bestimmten ihre Gedanken. Sie konnten es gar nicht erwarten eine Antwort darauf zu erhalten. Dementsprechend waren sie auch erleichtert, als sie endlich die Intensivstation betraten und Satoshi Zimmer aufsuchten. Vor der Tür stoppten sie jedoch. Nun kehrte doch langsam die Angst vor dem, was sie erwartete, zurück. In welcher Verfassung befand sich der Sänger? Würde er ihnen zuhören, oder würde er sie ignorieren? „Geh allein rein, Ryo“, sagte ShuU plötzlich. Er wechselte einen kurzen Blick mit Nii, der nickte. Ryo sagte nichts darauf und ging einfach rein. Äußerlich hatte sich nicht viel verändert. Satoshi lag immer noch kraftlos im Bett. Eine Maschine zeichnete immer noch seinen Herzschlag auf. Nur das Beatmungsgerät war entfernt worden. Das war schon mal ein gutes Zeichen. Als Ryo eintrat, öffnete Satoshi kurz die Augen, schloss sie dann aber wieder. Leicht entmutigt schloss Ryo die Tür hinter sich, ging zu ihm und setzte sich auf den Stuhl neben seinem Bett. „Guten Abend, Satoshi“, sagte Ryo höflich. „Ich weiß, dass du wach bist. Bitte ignorier mich nicht.“ Langsam öffnete Satoshi die Augen, sah ihn aber nicht an. „Ich bin schon wieder im Krankenhaus“, nörgelte er. „Hast du mich hierher gebracht?“ Das war schon fast ein Vorwurf. „Nein“, antwortete Ryo wahrheitsgemäß. „Du hattest Magenblutungen und da haben wir einen Krankenwagen gerufen.“ „Also doch.“ „Hätten wir dich sterben lassen sollen?“ fuhr der Drummer ihn an. Satoshi schwieg. „Du spinnst doch!“ Satoshi sagte immer noch nichts. „Du bist krank! Total krank!“ entrüstete sich Ryo. „Das hab ich ja lange nicht mehr gehört“, meinte der Sänger trocken. „Wie lange soll das noch so weitergehen, Sato? Ist dir klar, dass du fast gestorben wärst?!“ Wieder zeigte der Ältere keine Reaktion, dass es ihn kümmerte. Ryo verstand ihn nicht. Er konnte nicht verstehen, wie man so einfach mit dem Tod umgehen konnte. Es machte ihn sehr betroffen. Schon sammelten sich Tränen in seinen Augen. Er versuchte gar nicht sie zu verstecken. Satoshi sollte ruhig sehen, wie traurig er war. „Warum, Satoshi?! Ich verstehe es nicht!“ sagte er heftig. „Wie kannst du nur so ein großes Risiko eingehen?! Weißt du nicht mehr wie kostbar das Leben ist?“ „Das hört sich ja so an, als wollte ich unbedingt sterben“, bemerkte Satoshi missbilligend. „Du bist auf dem besten Weg dorthin! Der Doktor hat es uns erklärt. Wenn du so weiter machst, wirst du sterben! Und zwar bald! Willst du das, Satoshi?! Willst du sterben?!“ „Hör auf so einen Mist zu erzählen!“ fuhr Satoshi ihn an. „Natürlich will ich nicht sterben!“ „Dann hör auf damit, Sato!“ Der Sänger schwieg wiederholt und trieb den Schlagzeuger damit fast in den Wahnsinn. „Sprich mit mir, Sato. Schweig mich nicht an. Das hat doch alles keinen Sinn! Oder glaubst du, dass du dich nur zum positiven verändert hast? Im Gegenteil! Soll ich dir die Fanpost zeigen? Unsere Fans sorgen sich um dich! Sie haben auch gemerkt, dass du stark abgenommen hast! Sie denken, wir haben zuviel Stress und bitten uns, einen Gang zurückzufahren. Sie wissen ja nicht, dass wir seit Monaten nicht mehr gearbeitet haben. Gibt dir das nicht zu denken?“ Erneut erhielt er keine Antwort. Nun konnte Ryo nicht mehr. Er verlor die Kontrolle über sich und ließ alles raus. Tränen liefen unkontrolliert sein Gesicht hinab. „Sato, bitte sei doch vernünftig. Bitte, wenn schon nicht für dich, dann wenigstens für uns, für mich. Ich – ich kann nicht mehr. Ich ertrag das nicht. Ich hab Angst. Ich will dich nicht verlieren.“ Er vergrub das Gesicht in den Händen und dämpfte so sein Schluchzen. Er musste sich wieder beruhigen. Er dufte vor Satoshi keine Schwäche zeigen. Er musste ihn doch kleinkriegen. Plötzlich nahm er wahr wie etwas seine Schulter berührte. Er öffnete die Augen und sah, dass Satoshi ihm tröstend die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Sein Blick offenbarte ihm einen leichten Schock. „Du weinst ja“, sagte Satoshi erschrocken und wischte ihm die Tränen aus dem Gesicht. „Ja, natürlich wein ich“, entgegnete Ryo. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich–“ „Shh, Ryo, du steigerst dich da in was rein.“ „Ich brauche dich, Satoshi!“ schluchzte Ryo. „Ich kann nicht ohne dich–“ „Ryo, was redest du da...?“ „Ich liebe dich!“ platzte Ryo heraus. Stille. Satoshi starrte ihn entsetzt an. Ryo bereute sein Geständnis sofort. Ohne ein weiteres Wort, stand er auf und ergriff die Flucht. Draußen auf der Station verließ ihn die Kraft. Sein Körper zitterte und er rutschte an der Tür entlang zu Boden, das Gesicht in den Händen vergraben. „Ryo!“ Nii und ShuU waren sofort an seiner Seite und zogen ihn hoch. Sie gaben ihn Halt und brachten ihn von der Station runter. Sie brachten ihn in die Eingangshalle. Dort setzten sie sich und die zwei Älteren versuchten Ryo zu trösten, waren aber selbst total fertig. „Es geht nicht“, schluchzte Ryo. „Ich dringe nicht zu ihm durch. Ich schaffe es einfach nicht.“ ShuU und Nii tätschelten ihm den Rücken. „Ich kann nicht mehr. Alles kam raus. Jetzt weiß Sato sogar, was ich für ihn empfinde. Es kam einfach raus...“ „Und dann bist du abgehauen?“ fragte ShuU. „Ja“, antwortete Ryo. „Er sah so geschockt aus...“ „Natürlich ist er geschockt“, meinte ShuU nickend. „Das ist wahrscheinlich das Letzte, womit er gerechnet hat.“ „Ja, Mein Gott, ich Idiot, “ sagte Ryo. „Ich wollte eigentlich was ganz anderes sagen.“ „Schon gut“, sagte ShuU. „Wie werden gleich auch mal mit ihm reden. Vielleicht können wir ihn ja zur Vernunft bringen.“ Er sah Nii an, der wie Ryo ebenfalls Tränen in den Augen hatte. „Ich hoffe“, wisperte Ryo. „Ich hoffe es sehr.“   Satoshi war immer noch getroffen von der Information, dass Ryo ihn liebte, als ShuU und Nii ihn besuchen kamen. „Hallo, Sato“, begrüßte ShuU ihn höflich. „Geht es dir besser?“ Satoshi schnaubte. Die Frage war überflüssig gewesen. Bassist und Gitarrist sahen sich an und nahmen jeweils neben Satoshi Platz. „Was wollt ihr?“ fragte Satoshi genervt. „Mit dir reden“, sagte ShuU. „Und wir werden nicht gehen, bevor wir nicht die Antwort gehört haben, die wir haben wollen.“ Satoshi seufzte frustriert und sah weg. „Das könnt ihr gleich vergessen. Da werdet ihr genauso wenig Erfolg haben wie Ryo, “ sagte er kalt und traf damit Nii hart, doch dieser schwieg und behielt seinen Schmerz für sich. „Wir werden nicht aufgeben“, stellte ShuU klar. „Wir wissen, dass dir das alles egal ist und du womöglich noch einen Sinn darin siehst. Aber wir bitten dich trotzdem damit aufzuhören. Nicht für dich, nicht für uns, sondern für Ryo.“ Satoshi zuckte leicht beim Klang des Namens zusammen, schwieg aber beharrlich. „Weißt du, es ist schon schlimm genug, dass wir dich verlieren, aber zwei auf einmal ist zu viel. Das packen Nii und ich nicht. Sieh mal, Ryo hat sich die ganze Zeit um dich gekümmert, wollte immer das Beste für dich und jetzt ist er am Ende. Solltest du sterben, dann weiß ich nicht, was er tun wird.“ Satoshi wandte ihnen langsam das Gesicht zu. In seinem Blick lag Sorge. „Ryo liebt dich, Satoshi. Er kann nicht ohne dich. Selbst Nii hat eingesehen, dass ihr zwei zusammengehört und dich aufgegeben.“ „ShuU“, sagte Nii warnend. „Was, Nii, du auch?“ fragte Satoshi entgeistert. Nii nickte verlegen. „Du bedeutest uns allen viel, Sato. Bitte denk nochmal darüber nach, “ sagte ShuU und stand auf. „Wir werden morgen wiederkommen. Komm, Nii.“ Nii wollte gerade aufstehen, doch Satoshi hielt ihn auf. „Warte, Nii, ich wollte noch kurz–“ „Das ist nicht nötig, Sato“, winkte der Gitarrist schnell ab. „Für mich schon,“ beharrte der Sänger. „Ich warte dann draußen“, sagte ShuU und verließ das Zimmer. Satoshi und Nii sahen sich an. „Das wusste ich gar nicht... dass du... dass du mich liebst...“ „Ich hab mir nie was anmerken lassen“, erklärte Nii. „Ich weiß ja, wie du dazu stehst.“ „Wie lange schon?“ wollte der Sänger wissen. „Ein, zwei Jahre.“ „Solange schon... Es tut mir Leid, Nii.“ „Ach was, “ sagte Nii. „Schon okay. Was dir wirklich Leid tun sollte ist, wie du uns allen wehtust.“ Satoshi schwieg. „Bist du sauer? Erst Ryo und dann auch noch ich. Ist wahrscheinlich ein bisschen viel auf einmal.“ „Nein, ich freue mich ja irgendwie, dass ich euch so viel bedeute. Nur... werd ich mich niemals darauf einlassen. Nicht mit dir und auch nicht mit Ryo.“ Nii starrte entsetzt in das entschlossene Gesicht des Sängers. „Damit tust du ihm sehr weh.“ „Ich weiß“, seufzte Satoshi, aber hielt an seiner Meinung fest. Danach gab es nichts mehr zu sagen. Nii erhob sich, wünschte Satoshi eine gute Nacht und verließ ihn dann. Draußen auf der Station warteten ShuU und Ryo schon auf ihn. Ryo war immer noch total aufgelöst. „Es tut mir Leid, Mann“, sagte Nii mit Tränen in den Augen. „Es tut mir so Leid für dich.“ „Ach, das ist doch nebensächlich“, winkte Ryo traurig ab. „Viel wichtiger ist... dass Satoshi sich einen Dreck um uns kümmert. Er tut es noch nicht mal für uns.“ „Das stimmt nicht“, wandte ShuU ein. „Wir sind ihm schon noch wichtig, aber er hat sich so in die Sache versteift, dass er nicht mal Alternativen in Erwägung zieht.“ „Aber wie sollen wir ihn retten, ShuU?“ fragte Ryo verzweifelt. „Ich weiß nicht mehr weiter.“ „Uns wird etwas einfallen“, meinte der Leader zuversichtlich. „Wir fallen jetzt erstmal nach Hause und du beruhigst dich. Und dann setzen wir uns zusammen und besprechen uns.“ „Ich will nicht gehen“, wisperte Ryo und starrte die Tür zu Satoshis Zimmer an. „Ich auch nicht. Aber wir müssen ein wenig Abstand gewinnen, sonst werden wir alle noch verrückt, “ schloss der Bassist. „Kommt...“   Die Nacht ging schneller vorbei als gedacht. Nach dem Fiasko im Krankenhaus waren die Members zu ShuU nach Hause gefahren, hatten sich dort gesammelt und waren alle Möglichkeiten durchgegangen, wie sie Satoshi davon überzeugen konnten, dass es es wert war, sich so zu lieben wie man war. Sie dachten sich auch alle möglichen Gegenargument Satoshis aus und überlegten wie sie diese widerlegen konnten. Am ende ging die Sonne bereits auf und Ryo lehnte sich erschöpft aber zufrieden in seinem Sessel zurück. Er glaubte die eine Sache gefunden zu haben, die Satoshi am Leben halten und zwingen würde mit seinem Wahn aufzuhören. Wenn das nicht zog, würde er Satoshis Todesurteil unterschreiben, so viel war sicher. Zusammen mit ShuU und Nii fuhr er zurück zum Krankenhaus. Von ihnen angefeuert betrat er die Intensivstation und steuerte auf Satoshis Zimmer zu. Um zehn Uhr morgens war er sich sicher, dass der Sänger bereits wach und aufnahmefähig war. Die Stepvisite des Ärzteteams sollte inzwischen auch vorüber sein. Er wäre also ungestört mit Satoshi. Er öffnete die Tür, betrat das Zimmer und schloss die Tür in einem Zug. Er ging auf Satoshi zu und sah ihn siegessicher an. „Ryo, nicht schon–“ begann der Sänger, doch der Drummer schnitt ihm das Wort ab. „Ruhe, jetzt rede ich.“ Er begann vor Satoshi auf und ab zu laufen und startete seine Rede. „Du willst es nicht für dich, okay. Du interessierst dich einen Dreck dafür, wie es uns dabei geht und dass wir möglicherweise bereit wären für dich zu sterben, auch gut.“ Bei diesen Satz konnte er es nicht verhindern, dass seine Stimme zitterte. Er hielt soviel Trauer, Enttäuschung und Wut zurück, dass er es kaum schaffte nicht die Beherrschung zu verlieren. „Ryo, das stimmt ni–“ „Ruhe!“ schnauzte der Drummer ihn an. „Das nehm ich alles so hin. Aber–“ Er holte tief Luft. „Aber ich werde nicht akzeptieren, dass du wegen so einem Mist deinen Traum aufgeben musst.“ „Hä?“ fragte Satoshi, der ihm offenbar nicht folgen konnte. „Hast du mal zurückgerechnet wie lange wir schon nicht mehr gearbeitet haben?“ fragte Ryo ihn direkt und beantwortete die Frage selbst. „Drei Monate, Satoshi! Drei verdammte Monate, in denen wir versucht haben dich vor dir selbst zu retten. Drei Monate lang hatten wir keine Gelegenheit zu spielen. Du hast nicht einen Song durchgehalten. Als wir ein Konzert proben wollten, bist du schon nach dem Opening umgekippt, erinnerst du dich? Dein Körper hat noch nicht mal mehr die Kraft für einen einzigen Song.“ Er holte wieder tief Luft. „Ich weiß, dass dir die Musik das Wichtigste auf der Welt ist und sag jetzt nicht, dich runterzuhungern wäre wichtiger. Das wäre gelogen, das weißt du. Du Musik ist dein Traum, dein Leben. Ohne sie kannst du nicht. Du willst doch bestimmt wieder in der Box singen und auf Konzerten mit unseren Fans feiern, oder?“ Er sah, dass sich langsam Tränen in Satoshis Augen sammelten. Er hatte den wunden Punkt getroffen. Er war auf dem richtigen Weg. „Drei Monate musstest du deinem Wahn opfern. Wie viel Zeit soll noch vergehen, in der du dich immer weiter von der Musik entfernst? Wenn du das jetzt durchziehst, wirst du noch nicht mal mehr Gelegenheit haben dich von der Musik zu verabschieden. Du wirst sterben, bevor du das nächste Mal die Bühne betrittst. Die Tränen liefen nun in Strömen über Satoshis Wangen. Er hatte wohl endlich eingesehen, was er aufs Spiel setzte. „Und ich sage dir noch was, Sato. Nii, ShuU und ich haben uns gestern darauf geeinigt, dich rauszuschmeißen, wenn du nicht mit dem Mist aufhörst. Wir werden dafür sorgen, dass du nirgendwo mehr als Sänger unterkommst. Dann kannst du deinen Traum endlich begraben, wenn du bis dahin noch lebst.“ Ryos Stimme erzitterte und brach schließlich. Die Trauer übernahm die Kontrolle über ihn. „Willst du das, Sato?“ fragte er weinend. „Willst du das wirklich?“ „Nein!“ rief Satoshi laut. „Ich will das nicht. Ich will das nicht.“ Er vergrub das Gesicht in den Händen und weinte. Ryo setzte sich neben ihn auf das Bett und nahm ihn in den Arm. Zusammen saßen sie dort und weinten. „Es tut mir Leid, Satoshi, “ sagte Ryo leise, aber uns bleibt keine andere Wahl.“ „Schon gut“, erwiderte Satoshi und sah ihn an. „Ich will aufhören. Wirklich. Aber ich weiß nicht wie. Ich steh vor dem Spiegel und hasse das, was ich sehe. Ich will mich dafür bestrafen, mich verändern, aber es wird nicht besser. Es wird immer schlimmer. „Keine Sorge, Sato“, redete Ryo beruhigend auf ihn ein. „Du musst da nicht allein durch. Ich werde dir helfen. Wir werden dir alle helfen. Und dann wirst du es schaffen, dich endlich wieder selbst zu leben, so wie wir dich. Wir werden es schaffen. Ganz bestimmt. Zusammen werden wir es schaffen.“ Nach einer Weile stießen ShuU und Nii dazu. Beide umarmten Satoshi zur Versöhnung. Sie waren erleichtert. Das Schlimmste hatten sie hinter sich gebracht. Satoshi war endlich bereit sich helfen zu lassen. Von nun an ging es nur noch aufwärts. Epilog: Epilog -------------- Wie versprochen, hier nun das letzte Yami no Kanji Kapitel. Noch mal was Schönes und Langes^^ Es gibt eigentlich nicht viel im Voraus zu sagen, außer dass die Anfangsszene schon manche wieder erkennen werden. Es ist die Szene, die ich aauch mal in einem OS verarbeitet hatte, damals aber schon im Hinterkopf hatte sie für diese FF zu verwenden. Ich hoffe, es gefällt euch und es ist nicht allzu schnulzig geworden xD ___________________________________________________________________________________ Später ließen ShuU und Nii die beiden allein. Es gab immerhin noch einiges, das ausgesprochen und besprochen werden musste. Zur Freude aller war die Intimität zwischen den Sänger und dem Drummer wieder hergestellt. Sie waren wieder bereit einander zu vertrauen. Ryo lag neben Satoshi im Bett, den Kopf auf Satoshis Schulter gelegt und die Augen geschlossen. Satoshi hatte den Kopf auf Ryos gelegt und ebenfalls die Augen geschlossen. Beide schwiegen und genossen den Augenblick. Wie lange war es her, dass sie so unbeschwert miteinander umgehen konnten? Ryo wusste es nicht mehr. Aber er hatte beschlossen die Vergangenheit ruhen zu lassen und ganz neu anzufangen. Ein Neuanfang war das einzig Sinnvolle. Irgendwann öffnete Satoshi die Augen und sah seinen Freund an. „Kann ich dich was fragen, Ryo?“ Der Drummer öffnete die Augen und bemerkte, dass der Sänger ihn ernst ansah. „Klar. Schieß los.“ „Wie... wie ist das passiert?“ fragte Satoshi schüchtern. „Wie ist was passiert?“ „Wie hast du dich in mich verliebt?“ Ryo erstarrte. Er hatte nicht erwartet, dass Satoshi sich je dafür interessieren, geschweige denn nachfragen würde. „Ich weiß nicht genau“, sagte Ryo nachdenklich. Abwesend nahm er die Hand des Sängers und verkreuzte die Finger mit ihm. Satoshi ließ ihn gewähren. „Wie passiert so was...? Wir waren ja schon immer eng befreundet, oder willst du da abstreiten?“ fügte er scherzhaft hinzu, um den anderen etwas aufzulockern. „Nein, auf keinen Fall.“ „Naja, die ganze Geschichte hat mir ganz schön zu denken gegeben. Während du in deinem Selbsthass versankst, fielen mir immer wieder Dinge auf, die ich an dir schätze und liebe. Und so hab ich mich dann ganz in dich verliebt, “ schloss Ryo und wartete auf Satoshis Reaktion. „Was für Dinge?“ wollte Satoshi wissen. „Nun, das sind sowohl Äußerlichkeiten, als auch Inneres.“ „Erzähl bitte mehr“, bat Satoshi. „Was genau?“ „Also... Ryo drehte sich auf die Seite, sodass er Satoshi von Kopf bis Fuß sah. „Ich mag deine Haare, weil man da so schön durchwuscheln kann...“ Was er dann auch gleich tat. „Ich mag deine Augen, weil sie mir immer sofort sagen, wie du dich fühlst... Ich mag deine süße Nase, “ fuhr der Drummer fort und strich mit dem Finger über Satoshis Nasenrücken. „Deinen muskulösen Körper.“ Er wollte schon fast mit den Händen daran entlang streichen, besann sich dann aber eines Besseren und seine Aussage nahm er auch zurück. „Nein, jetzt gerade nicht. Reden wir in ein paar Monaten wieder darüber.“ Ein verhaltenes Grinsen schlich sich auf das Gesicht des Sängers. „Ich mag deine Hintern“, kicherte Ryo und entlockte Satoshi damit sogar ein Lachen. Es war nicht mehr so melodisch wie früher, sondern raus und heiser, aber mit der Zeit würde sich das auch bereinigen. „Du bist unglaublich attraktiv, Sato. Du weißt es nur nicht, “ wandte Ryo nun ernst ein. „Ich mag dein Lachen, weil es so schön melodisch ist, so glockenhell. Und ich mag deine Stimme und deine Singstimme – wer kann da widerstehen? Die hat mich schon immer bewegt.“ „Und was gefällt dir an meinem Inneren?“ fragte Satoshi, der bisher geduldig zugehört hatte, weiter- „Ich mag deinen Charakter, Sato“, antwortete Ryo. „Du trägst das Herz am richtigen Fleck. Du hast ein gutes Herz. Du bist gutmütig zu anderen, verzeihst zum Schluss immer.“ Er sah einen Moment lang an und fuhr dann fort. „Man sich immer auf dich verlassen. Du bist immer da, wenn es uns schlecht geht und versuchst uns aufzuheitern. Wenn wir bedroht werden, können wir sicher sein, dass du uns beschützt. Und du hast einen starken Willen. Das bewundere ich sehr an dir. Wenn du etwas absolut nicht willst, dann bleibst du dabei. Zum Beispiel was Alkohol und Zigaretten angeht.“ Satoshi grinste. „Ja, das muss mir erstmal einer nachmachen“, neckte er. „Ja, genau. Du bist nie vorlaut, nimmst immer Rücksicht auf andere. Du erfüllst anderen fast jeden Wunsch... Das alles liebe ich an dir, Sato. Dafür liebe ich dich, “ schloss Ryo und lächelte den Sänger ermutigend an. Der aber schaffte es in diesem Fall nicht zu lächeln. Die Tatsache, dass Ryo ihn tatsächlich mehr als freundschaftlich liebte, war ihm noch nicht ganz geheuer. „Oh tut mir Leid“, sagte Ryo schnell. „Ich wollte nicht–“ „Schon gut, Ryo, “ entgegnete Satoshi sanft und schaffte es sogar zu lächeln. „Wenn mich wenigstens einer von uns beiden liebt, dann kann ich daraus Kraft schöpfen. Danke, dass du mir das gesagt hast. Ich freue mich wirklich darüber.“ Ryo lächelte und nickte. „Ich werde dir so viel Kraft geben wie ich kann“, versprach er und drückte Satoshis Hand fest dabei. „Bleibst du heute Nacht hier?“ fragte der Sänger schüchtern. „Kann ich machen“, antwortete Ryo. „Wenn sie mich nicht vorher rausschmeißen.“ Sie lächelten sich an. Ryo rutschte näher an den Sänger heran, legte den Kopf auf dessen Brust und kuschelte sich an ihn. Satoshi legte den Arm um seinen Körper. „Gute Nacht, Sato“, murmelte Ryo schlaftrunken. „Nacht, Ryo“, flüsterte Satoshi. Zehn Minuten später waren sie beide eingeschlafen.   Es folgten drei anstrengende Wochen, in denen Satoshi gegen die Stimme in seinem Kopf ankämpfte, die alles an ihm schlecht machte. Mit der Hilfe von ShuU, Nii und Ryo schaffte er es auch langsam. Trotzdem hatten sie dich schließlich doch dazu entschlossen, professionelle Hilfe anzunehmen. Ein Mal am Tag ging Satoshi nun in eine psychologische Praxis, wo ihm eine Therapeutin half sich in einem besseren Licht zu sehen und zu Hause halfen ihm seine Freunde. Mit Satoshis Zustimmung war Ryo vorübergehend bei dem Sänger eingezogen, um ihn noch besser unterstützen zu können. Er erinnerte Satoshi daran regelmäßig zu essen und hielt ihn auf und redete ihm gut zu, wenn ihn mal wieder das Verlangen überkam, sein Essen herauszuwürgen. Aber es wurde mit der Zeit besser. Er half ihm auch bei ganz alltäglichen Dingen, wie das Stylen und die Auswahl des Outfits. Tief im Inneren wusste Satoshi was ihm gefiel, jedoch überkamen ihm Zweifel, ob er wirklich gut damit aussah. Ryo zwang ihn dann immer dazu sich morgens für etwas zu entscheiden und den ganzen Tag mit seiner äußeren Erscheinung zu leben, ohne sich zu ändern. Ein weiteres Hilfsmittel, um Satoshi zu stabilisieren war Entspannung. ShuU hatte es irgendwie geschafft noch eine Woche Urlaub für sie alle rauszuhandeln. Er hatte den Managern letztendlich doch alles erzählt. Warum sie solange nicht im Stande waren ihre Vertragsauflagen zu erfüllen. Manager Suzuki-san und Megumi-san waren nicht wütend auf sie. Im Gegenteil sie waren erleichtert, dass es mit Satoshi wieder aufwärts ging. Nach dem Urlaub, den sie auf einer abgelegenen japanischen Insel, fern von Zivilisation, Verpflichtungen und Stress verbracht hatten, kehrten sie alle gut erholt und voller Energie nach Tokio zurück. Trotz Zweifel, ob es nicht möglicherweise zu früh war, beschloss Ryo eines Tages Satoshi wieder vorsichtig an die Musik ranzuführen. Um ihn für seine Pläne zu gewinnen, verwöhnte er ihn schon morgens mit einem mit Liebe zubereiteten Frühstück. "Womit hab ich das denn verdient?" grinste der Sänger, als Ryo das Tablett auf seinem Schoß abstellte und auf der anderen Seite des Bettes neben Satoshi Platz nahm. "Du hast geschlafen wie ein Baby. Da wollte ich dich nicht stören", erklärte der Drummer. "Lass es dir schmecken!" Das ließ sich der Sänger nicht zweimal sagen und griff sofort nach einem Croissant. "Bist du extra zum Franzosen, um die zu holen?" fragte er beschämt. "Ja", antwortete Ryo unverfroren. "Ich weiß doch, dass du die gerne isst." Er lächelte Satoshi ermutigend zu, der das Lächeln aufrichtig erwiderte, und nahm sich ebenfalls ein Croissant. Mittlerweile nahm Satoshi Geschenke und lieb gemeinte Gesten wieder entgegen ohne gleich vor Scham im Boden zu versinken oder sich schuldig zu fühlen. Ab und zu kehrte dieser Zug zurück, aber das war normal. "Das war lecker", sagte der Sänger, nachdem er sein Croissant verspeist und seinen Tee ausgetrunken hatte. "Danke!" "Hab ich gern gemacht", erwiderte der Drummer. "Hast du den Tee mit Honig gesüßt?" Ein Nicken. "Das erinnert mich an unsere Studiosessions. Wenn meine Stimme heiser wurde, hab ich mir immer Tee mit Honig gemacht." "Und Schokolade gegessen", ergänzte Ryo. "Ja genau." "Willst du ein Stück?" fragte Ryo plötzlich und hielt ihm eine Tafel Schokolade vor die Nase. Satoshi lachte und Ryo genoss jede Sekunde. Er wusste nicht, ob es an dem Tee lag, aber das Lachen war wieder glockenhell und rein. Dann müsste seine Stimme ebenfalls gut geschmiert sein. Er brach ein Stück von der Schokolade ab und reichte es Satoshi, der es grinsend annahm und in den Mund steckte. "Hör mal", schmatzte er. "Nicht, dass ich es nicht genieße, aber so verwöhnt hast du mich noch nie." "Ach weißt du, ich bin heute mit so einer guten Laune aufgewacht. Ich hab das Gefühl, dass heute ein ganz besonderer Tag ist." "Inwiefern?" "Na, hast du nicht auch das Gefühl, dass du alles schaffen kannst?" "Ja, du hast Recht", erwiderte der Sänger. Und wenn es nur Ryos gute Laune war, die ihn ansteckte. "Ich hab Lust auf Musik. Singst du mir was vor?" fragte Ryo nun direkt. Satoshis Glücksgefühl sank und sein Mut verschwand. "Ähm…" "Na, komm schon", sagte Ryo. "Ich unterstütze dich auch instrumental", fügte er hinzu und zauberte zwei Essstäbchen hervor. Satoshi hätte fast gelacht, doch er fühlte sich auf dem falschen Fuß erwischt und ins kalte Wasser geschmissen. "Ich weiß nicht", zögerte der Sänger. Natürlich wollte er singen. Er war so froh, dass Ryo es angesprochen hatte und ihm die Gelegenheit gab, doch er war sich nicht sicher, ob er es noch konnte. Er hatte seit Monaten nicht mehr gesungen. Seine Stimme war überhaupt nicht trainiert. Was wenn er die Töne nicht traf? Was wenn er völlig schief sang? Er wollte Ryo nicht enttäuschen und sich selbst erst recht nicht. Das würde er nicht verkraften. Eine Träne stahl sich aus seinem Auge, als er darüber nachdachte. Ryo spürte nun, dass er einen Fehler gemacht hatte. Satoshi war noch nicht soweit. Und er drängte ihn auch noch. Was für ein Idiot er doch war. "Tut mir Leid, war 'ne blöde Idee. Ich hätte nicht fragen sollen." "Doch!" entgegnete Satoshi heftig. "Ich – Ich will ja singen, aber…" "Aber was?" fragte Ryo und sah ihn an. Dabei bemerkte er die Träne, die über seine Wange lief. Das Herz rutschte ihm in die Hose. "Oh Gott, nicht weinen, Sato", sagte er erschrocken und wischte die Träne weg. Er nahm Satoshi in den Arm und strich ihm tröstend über den Rücken. "Es tut mir Leid", entschuldigte der Drummer. "Ich dachte nicht, dass dir das so nahe geht." "Ich hab nur Angst", erwiderte der Sänger. "Wovor?" "Dass ich es nicht mehr kann… Dass ich dich enttäusche…" "Ach, Satoshi", seufzte Ryo, legte seine Hände auf Satoshis Schultern und sah seinen Freund an. "Du hast seit Monaten nicht mehr gesungen. Natürlich bist du ein wenig aus der Übung, aber das weiß ich doch alles. Du würdest mich niemals enttäuschen." Satoshi sah beschämt zur Seite. "Es braucht halt Zeit bis wir wieder da sind wo wir mal waren, aber wir schaffen das ganz sicher. Aber irgendwann musst du wieder anfangen zu trainieren", fügte ermutigend hinzu. Satoshi hob den Kopf und sah ihn an. Er beschloss es zu versuchen. "Was soll ich denn singen?" Ryo überlegte kurz und entschied sich dann. "Owari to mirai. Passt doch, oder?" grinste er. Er hatte diesen Song gewählt, weil er eine ganz persönliche Bindung zwischen ihm und Satoshi schuf. "Okay." Satoshi holte tief Luft, räusperte sich kurz und begann dann zu singen. Ryo lieferte ihm instrumentale Unterstützung mit den Essstäbchen, mit denen er auf dem Tablett rumschlug. "Selbst wenn das Ende naht will ich diese Dinge wiederholen. Selbst wenn sie nicht wahr sind, ich bin nun fähig zu glauben, dass es einen Sinn gibt, in dem was ich glaubte." Ein breites Lächeln zog sich über das Gesicht des Drummers. Satoshi hatte es immer noch drauf ihn mit seiner Stimme zu berühren. "Yeah!" rief er begeistert und haute aufs Tablett. "In dieser Epoche habe ich mich von der wechselnden Antwort abgewandt wie von einem Gift. Aber ich fürchte, dass sie verschwindet, wenn ich sie aus den Augen verliere." Satoshi holte erneut tief Luft und sang dann den Refrain. "Wenn dich diese Stimme, mit der ich spiele, erreicht, wird sie dich fesseln und zu Tränen rühren. Hast du für mich, der nicht singen kann, ein kleines Lächeln übrig?" "Lügner!" rief Ryo grinsend dazwischen, als Satoshi sang, er könnte nicht singen. Damit hätte er den Sänger fast aus der Fassung gebracht, doch er fing sich wieder. Die zweite Strophe begann und Ryo untermalte Satoshis Gesang nun auch noch durch ein Summen. Ihre Blicke trafen sich und sie lächelten sich an. Ryo konnte Erleichterung und Freude in Satoshis Augen sehen. Auch er wusste nun, dass seine Sorgen unbegründet gewesen waren. Und bevor sie sich versahen, waren sie im Proberaum und musizierten mit ihrem richtigen Equipment. Sie spielten Melody. Den Song hatte Satoshi ausgesucht, da er ihn mit Ryo verband, wovon der Schlagzeuger selbst aber nichts wusste. Und immer wenn er sang "Ich bin bei dir", sah er ihn dabei an. Jedesmal erstaunte es den Drummer und er verspielte sich fast. Es machte ihn nervös. Fast war ihm so, als wollte Satoshi ihm etwas mitteilen. Er konnte nicht wissen, dass sich der Sänger auf diese Weise für die Hilfe und die Unterstützung bedanken wollte. Der Song ging mit einem "Ich bin bei dir" zuende. Satoshi steckte das Mikro in die Halterung und drehte sich lächelnd zu seinem Freund um. Dann plötzlich brach er vor dessen Augen zusammen. "Satoshi!" schrie Ryo und sprang von seinen Drums auf. Er lies sich neben dem Sänger auf die Knie fallen und schüttelte ihn verzweifelt. "Sato! Bitte wach auf!" Was war geschehen? Er hatte doch Fortschritte gemacht, sogar zwei Kilo zugenommen. Warum war er auf einmal zusammengebrochen? Ein Kichern riss ihn jäh aus den Gedanken. Satoshi öffnete die Augen und grinste ihn an. Ryo sah ihn verwirrt an. "Du bist gar nicht zusammengebrochen?" Der Sänger schüttelte den Kopf, immer noch grinsend und Ryo verstand langsam, dass er reingelegt worden war. "Mann, jag mir doch nicht so einen Schreck ein!" rügte er Satoshi. "Warum hast du das gemacht?" "Ich wollte, dass du herkommst." "Wofür?" "Dafür", antwortete Satoshi, beugte sich vor, legte beide Hände an das Gesicht des Drummers und küsste ihn sanft. Viel zu schnell wie Ryo fand löste er sich wieder von ihm, lehnte sich die Arme hinterm Kopf verschränkt, zurück und lächelte zufrieden. Ryo starrte ihn an. Er war hin und weg von dem Kuss, aber auch verwirrt. "Das musst du mir erklären." "Gern," erwiderte Satoshi. "Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken. Und da hab ich über uns nachgedacht und über dich. Du bist mein bester Freund. Du bist immer für mich da. Ohne dich wäre ich aus diesem Loch nie rausgekommen… Wir haben viel Zeit miteinander verbracht und dabei sind mir Dinge aufgefallen, die ich an dir schätze und liebe. Tja und so hab ich mich dann ganz in dich verliebt." Satoshi richtete sich nun auf, immer noch lächelnd. Ryo schien es die Sprache verschlagen zu haben. "Ich liebe dich, Ryo." Ryo starrte ihn immer noch an. Langsam aber breitete sich auch auf seinem Gesicht ein Lächeln aus. Statt Worte ließ er Taten sprechen und küsste den Sänger zum Dank. Nach einer Weile ließ er von ihm ab, sah ihn an und sagte schließlich: "Ich liebe dich auch." _________________________________________________________________________________ The End Ich hatte ja gesagt, dass es ein Happy End geben würde. Wie gesagt, ich kann meine Helden einfach nicht sterben lassen. Das bring ich nicht übers Herz. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die diese FF gelesen und kommentiert haben. Ganz großen Dank dabei an die mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Aber auch an , mit der ich zusammen mit Dragi öfters dieses Thema durchgekaut habe und die dabei immer ruhig geblieben ist. Ich hoffe ganz stark, dass Satoshis Diätwahn nur von kurzer Dauer ist und dass es eben nicht so ausartet wie in meiner FF. Sollte es doch dazu kommen, hat mir das Durchspielen der Gesichte gezeigt, dass wir uns gar keine Sorgen machen brauchen, da Sato drei wunderbare Freunde hat, die ihm aus der Krise raushelfen würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)