Yami No Kanji von Asu91 (Finstere Gefühle beherrschen meine Seele) ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- So, es ist geschafft, pünktlich im neuen Jahr, das letzte Kapitel^^ Hab den Epilog auch schon fertig und werd den bald hinterher posten. Bis dahin, viel Spaß beim Lesen^^ _________________________________________________________________________________ Abends um zehn war Satoshi immer noch nicht aufgewacht. Die Ärzte bezeichneten seinen Zustand als kritisch. Er war bis auf Haut und Knochen abgemagert. Seine Muskeln waren zurückgegangen. Er war nur noch ein Strich in der Landschaft. Und das war nur seine äußere Erscheinung. Der Muskelschwund und der Vitamin- und Nährstoffmangel hatten ihn so sehr geschwächt, dass er es noch nicht mal mehr schaffen würde aufrecht zu sitzen ohne zusammenzuklappen. Dazu kam, dass sich sein Magen so sehr zusammengezogen und verkleinert hatte, dass er außer Flüssignahrung nichts aufnehmen konnte. Dadurch, dass er versucht hatte, feste Nahrung, und sei es nur einen Apfel, zu sich zu nehmen, hatte er Magenblutungen bekommen, die sein Leben gefährdeten. Gleich nachdem, Satoshi das Krankenhaus erreicht hatte, hatte man ihn operiert. Der Eingriff lag zwei Stunden zurück. Mit Fingerspitzengefühl und viel Glück hatten es die Ärzte geschafft die Blutung zu stillen und Satoshis Leben zu retten. Nun lag er auf der Intensivstation, an zahlreichen Geräten und Schläuchen angeschlossen. An seinem Bett saß Ryo und wartete darauf, endlich ein Lebenszeichen von seinem Freund zu erhalten. Er hielt dessen Hand und fühlte regelmäßig seinen Puls, nur um sich selbst zu beruhigen. Er war ein einziges Nervenbündel. Die ganze Geschichte hatte ihn sehr mitgenommen. Sie hatte ihn regelrecht kaputt gemacht. Nicht so wie Satoshi, aber es reicht. Er hatte sich seit Wochen nur noch Satoshi gewidmet und alles andere vernachlässigt. Die Arbeit... die regelmäßige Nahrungsaufnahme und sein Privatleben... Er lebte nur noch für Satoshi. Sollte er ihn verlieren, was würde dann geschehen? Er war sich sicher, nicht ohne seinen Freund leben zu können. Dafür bedeutete er ihm einfach zu viel. Ohne, dass er es hatte vorhersehen oder sogar verhindern können, hatte er sich in Satoshi verliebt. Er wusste nicht, ob er eine Chance hatte mit Satoshi glücklich zu werden, oder ob er ihn ablehnen würde. Selbst wenn, war es egal. Alles was Ryo wollte, war, dass Satoshi lebte und bei ihm war. Mehr brauchte er nicht. Die Stunden vergingen und der Sänger wachte einfach nicht auf, obwohl er das längst getan haben müsste. Langsam wurde Ryo unruhig. War bei der Operation vielleicht etwas schief gegangen? War Satoshi möglicherweise ins Koma gefallen, ohne, dass es jemand bemerkt hatte? Wie von selbst fand sich der Schlagzeuger auf seinen Beinen wieder. Er war drauf und dran einen Arzt zu verlangen, der Satoshi ansah. Er war schon an der Tür, als diese aufging und ShuU eintrat. „ShuU...“ „Ich komme, um dich abzulösen“, erklärte der Bassist. „Ich gehe hier nicht weg, bis Satoshi aufgewacht ist“, stellte Ryo klar. „Ich auch nicht, “ versprach der Leader. „Bitte Ryo, tu mir einen Gefallen. Schnapp dir Nii und geh mit ihm hoch in die Cafeteria. Trinkt euch einen Kaffee und esst was. Sonst seht ihr bald aus wie Satoshi.“ Ryo verstand nicht, warum ShuU Niis mit seinem Zustand gleichsetzte. Seiner Meinung nach litt niemand so sehr wie er. „Was ist mit Nii?“ wollte er wissen. „Ihm geht es genauso beschissen wie dir“, antwortete ShuU. „Er wird es dir erzählen. Bitte geh. Ich mach mir Sorgen um ihn. So hab ich ihn noch nie erlebt.“ „Okay“, gab Ryo nach, verstand aber immer noch nur Bahnhof. Warum ging es dem Gitarristen genauso schlecht wie ihm? „Aber hol uns sofort, wenn er aufwacht.“ „Das brauchst du mir nicht zu sagen.“ Mit einem letzten Blick auf Satoshi verließ Ryo das Zimmer der Intensivstation und ging nach oben in die Eingangshalle, wo er Nii fand, völlig abwesend ins Leere starrend. „Nii“, sprach er ihn leise an, worauf der Gitarrist schreckhaft zusammenfuhr. „Oh, Ryo, du bist es. Wie geht es Satoshi?“ fragte er sofort. „Er ist immer noch nicht aufgewacht“, teilte der Schlagzeuger ihm mit. „Langsam mache ich mir Sorgen...“ „Glaubst du, es ist was schief gegangen?“ fragte Nii besorgt. „Das kann ich nicht sagen. Ich bin kein Arzt, “ entgegnete Ryo und setzte sich. „Was ist los? ShuU meinte, dir geht’s nicht gut.“ Er versuchte so gelassen wie möglich zu klingen, was jedoch keine Wirkung auf den Gitarristen zeigte. Er war ein nervliches Wrack. „Ich hab Angst“, wimmerte Nii und Tränen liefen sein Gesicht hinab. „Ich hab Angst, dass wir ihn verlieren.“ „Sag doch so was nicht. Wir werden ihn nicht verlieren, “ sagte Ryo sofort, um ihn aufzumuntern, aber er musste mit sich kämpfen. Jetzt wusste er, was ShuU gemeint hatte. „Das können wir nicht wissen!“ erwiderte Nii heftig. „Wir können doch nicht ständig auf ihn aufpassen. Und irgendwann...“ Er fing an unkontrolliert zu schluchzen. Der Anblick brach dem Drummer das herz. Seine gefasste Fassade bröckelte und auch er begann zu weinen. Im nächsten Moment lagen sie sich in den Armen und weinten gemeinsam. „Komm, Nii, wir müssen uns zusammenreißen. ShuU ist der Einzige, der einen kühlen Kopf bewahrt.“ „Doch nur, weil ShuU nichts für Satoshi empfindet“, nuschelte Nii. Ryo stutze, ließ ihn augenblicklich los und starrte ihn an. „Jetzt sieh mich nicht so an, Ryo. Ich kann nichts dafür. Es ist einfach so passiert.“ Ach, so war das. Nii war ebenfalls in Satoshi verliebt. Deshalb war er auch so fertig. Vielleicht sollten sie sich mal unterhalten. Ryo war nicht eifersüchtig oder dergleichen. Es war ja sowieso nicht klar, ob Satoshi überhaupt einen von ihnen wählen würde. Aber vielleicht konnte er Nii helfen leichter damit umzugehen. Er glaubte zumindest selbst gut damit umgehen zu können. „Komm“, sagte er und legte tröstend die Hand auf Niis Schulter. Wir machen uns jetzt erstmal frisch und essen ne Kleinigkeit. ShuU zuliebe. Und dann erzählst du mir alles.“ Nii nickte. Sie standen auf und gingen auf Toilette, um sich die Gesichter zu waschen. Dann gingen sie hoch in die Cafeteria. Sie holten sich beide einen Kaffee zum wach bleiben und etwas zu essen. Für Nii ein einen großen Cookie und für Ryo ein Beutel Gumminaschzeug. Das brauchte er jetzt einfach. Sie wählten einen Tisch ganz hinten in der Ecke, weil sie ungestört sein wollten, und setzten sich. Mit mehr Pflichtbewusstsein als Hunger begannen sie das Essen runterzubringen. „Dann schieß mal los, Nii“, sagte Ryo und nahm einen großen Schluck von seinem Kaffee. In Anbetracht dessen, was er sich nun freiwillig anhören würde, wäre eine Flasche Sake angebrachter gewesen, aber so was bekam man im Krankenhaus ja leider nicht. Nii sah ihn verlegen an. „Was willst du von mir hören, Ryo? Ich hätte selbst nicht gedacht, dass ich für diese Art von Gefühlen empfänglich bin... dass ich schwul bin.“ „Mir macht das nichts aus“, erwiderte Ryo aufrichtig. „Dass du schwul bist, mein ich. Das geht manchmal schneller als man denkt.“ Hatte man ja bei ihm gesehen. „Ja“, sagte Nii und nahm ebenfalls einen Schluck Kaffe. „Aber du brauchst dir keine Sorgen machen, Ryo. Ich weiß, dass Sato nicht nur mein Herz gewonnen hat.“ Ryo verschluckte sich vor Schreck fast an seinem Gummizeug und musste husten. Wann hatte Nii denn rausgefunden, dass er Satoshi mochte? War er so offensichtlich gewesen? „W – was? Was meinst du damit? Ich glaub, du hast da was falsch verstanden...“ begann er, doch Nii unterbrach ihn. „Ryo, es ist alles halb so schlimm. ShuU und ich, wir haben beide gemerkt, dass du Gefühle für Satoshi entwickelt hast, die über Freundschaft hinausgehen. Und das ist völlig okay. Wir werden uns keine Rivalen sein. Von dem Moment an, in dem ich wusste, dass du ebenfalls in Satoshi verliebt bist, habe ich ihn aufgegeben.“ Das wurde ja immer schlimmer. Ryo bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Nii war schon vor ihm in Satoshi verliebt gewesen und jetzt wollte er ihn aufgeben – seinetwegen? Das war nicht im geringsten fair für den Gitarristen, doch dieser schien es ernst zu meinen. „Aber – aber...“ stammelte Ryo. „Das ist nicht fair. Wenn du die ganze Zeit schon–“ „Doch, Ryo, “ das ist es, “ widersprach Nii ruhig. „Ich bin mir nämlich sicher, dass du Satoshi glücklicher machen kannst als ich.“ Oh Mann, jetzt brauchte er wirklich einen Sake und Nii sah auch so aus, als könnte er einen gebrauchen. Nach dem, was er gerade gesagt hatte. Das musste doch furchtbar weh tun und schwer sein, so etwas über die Lippen zu bringen. Er sah Nii prüfend an. Er machte nicht den Eindruck, als würde er seine Meinung noch ändern. „Ihr seid dauernd zusammen“, fügte der Gitarrist erklärend hinzu. „Ihr seid auf einer Wellenlänge. Ich gönne ihn dir, Ryo. Bei dir ist Sato einfach besser aufgehoben.“ „Also gut“, sagte Ryo endlich. „Aber es ist nicht unsere Entscheidung wen, und ob Sato überhaupt einen von uns wählt. Gib nicht auf. Und wenn Sato am Ende dich nimmt, dann hast du meinen Segen.“ Nii nickte. „Danke.“ Ryo lächelte schwach. Er lehnte sich zurück und seufzte. „Wenn das alles überstanden ist, dann gehen wir einen trinken, ja? Und dann schmeiß ich 'ne Runde.“ Ein Grinsen huschte kurz über Niis Gesicht. Schweigend aßen sie weiter. Als sie fertig waren, brachten sie ihr Geschirr weg und wollten gerade die Cafeteria verlassen, als ShuU ihnen entgegenkam. „Satoshi ist aufgewacht!“ teilte er ihnen atemlos mit. Mehr brauchte er nicht zu sagen. Zu dritt eilten sie runter zur Intensivstation. „Die Ärzte sind gerade bei ihm“, erklärte ShuU, als sie die Station erreichten. So warteten sie geduldig vor Satoshis Zimmer. Tausend Dinge schossen ihnen durch den Kopf. Wie ging es Satoshi? Hatte er die Operation gut überstanden? Wie würde er sich ihnen gegenüber verhalten? Würde er sie ignorieren oder würde er endlich einsichtig sein? Die Minuten verstrichen und die Ärzte kamen nicht raus. „Wie war Sato drauf, als er aufgewacht ist?“ fragte Ryo den Bassisten. „Er war ziemlich verwirrt und benebelt von der Narkose. Ich glaube noch nicht mal, dass er mich erkannt hat, “ erzählte der Leader. Das waren ja tolle Aussichten... Gerade wollte Ryo seinen Gedanken aussprechen, da ging die Tür zu Satoshis Zimmer auf und die Ärzte traten hinaus. „Doktor“, wandte ShuU sich an den ersten von ihnen. „Wie geht es Satoshi?“ „Sind sie ein Familienangehöriger?“ stellte der Mediziner eine Gegenfrage. „So was Ähnliches“, wich der Bassist aus. „Wir sind seine Freunde, aber wir sind ihm am nächsten. Bitte verschweigen Sie uns nichts.“ „Also gut“, sagte der Arzt. „Ihr Freund hat die Operation gut überstanden. Er ist noch ein wenig benebelt von der Narkose, aber er wird bald ansprechbar sein. Wir müssen ihn jetzt aufpäppeln und dafür sorgen, dass er wieder eigenständig isst und trinkt.“ Er legte eine Pause ein und sah noch einmal seine Unterlagen durch. „Ihr Freund ist dem Tod nur ganz knapp entronnen. Hätte sein Magen nicht angefangen zu bluten, wäre er an seiner körperlichen Schwäche gestorben. Wir haben ihn gewogen. Bei einer Größe von 1,68 m wiegt er nur noch 37 Kilo. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, ihn zum essen zu bewegen, dann wird er sterben.“ „Ich verstehe“, sagte ShuU. „Können wir zu ihm?“ „Nein.“ Eine deutliche Antwort. „Ich bitte Sie erst morgen Abend wieder zu kommen. Was ihr Freund jetzt braucht, ist Ruhe. Er darf sich nicht aufregen.“ Die Members ließen den Kopf hängen. Aber es ließ sich nichts ändern. Wenn Satoshi Ruhe brauchte, dann würden sie sie ihm geben. Dann mussten sie halt alles, was sie geplant hatten zu sagen, auf den nächsten Tag verschieben.   Am frühen Abend kehrten die Members in Krankenhaus zurück. Die letzten Stunden waren furchtbar für sie gewesen. Sie hatten versucht sich ein wenig Schlaf zu holen, doch es hatte sich als unmöglich erwiesen. Egal, ob sie ihm Bett lagen, fernsahen, ein Buch lasen oder ihr Blick einfach nur ihr Instrument streifte, immer dachten sie dabei an Satoshi. Die offenen Fragen bestimmten ihre Gedanken. Sie konnten es gar nicht erwarten eine Antwort darauf zu erhalten. Dementsprechend waren sie auch erleichtert, als sie endlich die Intensivstation betraten und Satoshi Zimmer aufsuchten. Vor der Tür stoppten sie jedoch. Nun kehrte doch langsam die Angst vor dem, was sie erwartete, zurück. In welcher Verfassung befand sich der Sänger? Würde er ihnen zuhören, oder würde er sie ignorieren? „Geh allein rein, Ryo“, sagte ShuU plötzlich. Er wechselte einen kurzen Blick mit Nii, der nickte. Ryo sagte nichts darauf und ging einfach rein. Äußerlich hatte sich nicht viel verändert. Satoshi lag immer noch kraftlos im Bett. Eine Maschine zeichnete immer noch seinen Herzschlag auf. Nur das Beatmungsgerät war entfernt worden. Das war schon mal ein gutes Zeichen. Als Ryo eintrat, öffnete Satoshi kurz die Augen, schloss sie dann aber wieder. Leicht entmutigt schloss Ryo die Tür hinter sich, ging zu ihm und setzte sich auf den Stuhl neben seinem Bett. „Guten Abend, Satoshi“, sagte Ryo höflich. „Ich weiß, dass du wach bist. Bitte ignorier mich nicht.“ Langsam öffnete Satoshi die Augen, sah ihn aber nicht an. „Ich bin schon wieder im Krankenhaus“, nörgelte er. „Hast du mich hierher gebracht?“ Das war schon fast ein Vorwurf. „Nein“, antwortete Ryo wahrheitsgemäß. „Du hattest Magenblutungen und da haben wir einen Krankenwagen gerufen.“ „Also doch.“ „Hätten wir dich sterben lassen sollen?“ fuhr der Drummer ihn an. Satoshi schwieg. „Du spinnst doch!“ Satoshi sagte immer noch nichts. „Du bist krank! Total krank!“ entrüstete sich Ryo. „Das hab ich ja lange nicht mehr gehört“, meinte der Sänger trocken. „Wie lange soll das noch so weitergehen, Sato? Ist dir klar, dass du fast gestorben wärst?!“ Wieder zeigte der Ältere keine Reaktion, dass es ihn kümmerte. Ryo verstand ihn nicht. Er konnte nicht verstehen, wie man so einfach mit dem Tod umgehen konnte. Es machte ihn sehr betroffen. Schon sammelten sich Tränen in seinen Augen. Er versuchte gar nicht sie zu verstecken. Satoshi sollte ruhig sehen, wie traurig er war. „Warum, Satoshi?! Ich verstehe es nicht!“ sagte er heftig. „Wie kannst du nur so ein großes Risiko eingehen?! Weißt du nicht mehr wie kostbar das Leben ist?“ „Das hört sich ja so an, als wollte ich unbedingt sterben“, bemerkte Satoshi missbilligend. „Du bist auf dem besten Weg dorthin! Der Doktor hat es uns erklärt. Wenn du so weiter machst, wirst du sterben! Und zwar bald! Willst du das, Satoshi?! Willst du sterben?!“ „Hör auf so einen Mist zu erzählen!“ fuhr Satoshi ihn an. „Natürlich will ich nicht sterben!“ „Dann hör auf damit, Sato!“ Der Sänger schwieg wiederholt und trieb den Schlagzeuger damit fast in den Wahnsinn. „Sprich mit mir, Sato. Schweig mich nicht an. Das hat doch alles keinen Sinn! Oder glaubst du, dass du dich nur zum positiven verändert hast? Im Gegenteil! Soll ich dir die Fanpost zeigen? Unsere Fans sorgen sich um dich! Sie haben auch gemerkt, dass du stark abgenommen hast! Sie denken, wir haben zuviel Stress und bitten uns, einen Gang zurückzufahren. Sie wissen ja nicht, dass wir seit Monaten nicht mehr gearbeitet haben. Gibt dir das nicht zu denken?“ Erneut erhielt er keine Antwort. Nun konnte Ryo nicht mehr. Er verlor die Kontrolle über sich und ließ alles raus. Tränen liefen unkontrolliert sein Gesicht hinab. „Sato, bitte sei doch vernünftig. Bitte, wenn schon nicht für dich, dann wenigstens für uns, für mich. Ich – ich kann nicht mehr. Ich ertrag das nicht. Ich hab Angst. Ich will dich nicht verlieren.“ Er vergrub das Gesicht in den Händen und dämpfte so sein Schluchzen. Er musste sich wieder beruhigen. Er dufte vor Satoshi keine Schwäche zeigen. Er musste ihn doch kleinkriegen. Plötzlich nahm er wahr wie etwas seine Schulter berührte. Er öffnete die Augen und sah, dass Satoshi ihm tröstend die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Sein Blick offenbarte ihm einen leichten Schock. „Du weinst ja“, sagte Satoshi erschrocken und wischte ihm die Tränen aus dem Gesicht. „Ja, natürlich wein ich“, entgegnete Ryo. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich–“ „Shh, Ryo, du steigerst dich da in was rein.“ „Ich brauche dich, Satoshi!“ schluchzte Ryo. „Ich kann nicht ohne dich–“ „Ryo, was redest du da...?“ „Ich liebe dich!“ platzte Ryo heraus. Stille. Satoshi starrte ihn entsetzt an. Ryo bereute sein Geständnis sofort. Ohne ein weiteres Wort, stand er auf und ergriff die Flucht. Draußen auf der Station verließ ihn die Kraft. Sein Körper zitterte und er rutschte an der Tür entlang zu Boden, das Gesicht in den Händen vergraben. „Ryo!“ Nii und ShuU waren sofort an seiner Seite und zogen ihn hoch. Sie gaben ihn Halt und brachten ihn von der Station runter. Sie brachten ihn in die Eingangshalle. Dort setzten sie sich und die zwei Älteren versuchten Ryo zu trösten, waren aber selbst total fertig. „Es geht nicht“, schluchzte Ryo. „Ich dringe nicht zu ihm durch. Ich schaffe es einfach nicht.“ ShuU und Nii tätschelten ihm den Rücken. „Ich kann nicht mehr. Alles kam raus. Jetzt weiß Sato sogar, was ich für ihn empfinde. Es kam einfach raus...“ „Und dann bist du abgehauen?“ fragte ShuU. „Ja“, antwortete Ryo. „Er sah so geschockt aus...“ „Natürlich ist er geschockt“, meinte ShuU nickend. „Das ist wahrscheinlich das Letzte, womit er gerechnet hat.“ „Ja, Mein Gott, ich Idiot, “ sagte Ryo. „Ich wollte eigentlich was ganz anderes sagen.“ „Schon gut“, sagte ShuU. „Wie werden gleich auch mal mit ihm reden. Vielleicht können wir ihn ja zur Vernunft bringen.“ Er sah Nii an, der wie Ryo ebenfalls Tränen in den Augen hatte. „Ich hoffe“, wisperte Ryo. „Ich hoffe es sehr.“   Satoshi war immer noch getroffen von der Information, dass Ryo ihn liebte, als ShuU und Nii ihn besuchen kamen. „Hallo, Sato“, begrüßte ShuU ihn höflich. „Geht es dir besser?“ Satoshi schnaubte. Die Frage war überflüssig gewesen. Bassist und Gitarrist sahen sich an und nahmen jeweils neben Satoshi Platz. „Was wollt ihr?“ fragte Satoshi genervt. „Mit dir reden“, sagte ShuU. „Und wir werden nicht gehen, bevor wir nicht die Antwort gehört haben, die wir haben wollen.“ Satoshi seufzte frustriert und sah weg. „Das könnt ihr gleich vergessen. Da werdet ihr genauso wenig Erfolg haben wie Ryo, “ sagte er kalt und traf damit Nii hart, doch dieser schwieg und behielt seinen Schmerz für sich. „Wir werden nicht aufgeben“, stellte ShuU klar. „Wir wissen, dass dir das alles egal ist und du womöglich noch einen Sinn darin siehst. Aber wir bitten dich trotzdem damit aufzuhören. Nicht für dich, nicht für uns, sondern für Ryo.“ Satoshi zuckte leicht beim Klang des Namens zusammen, schwieg aber beharrlich. „Weißt du, es ist schon schlimm genug, dass wir dich verlieren, aber zwei auf einmal ist zu viel. Das packen Nii und ich nicht. Sieh mal, Ryo hat sich die ganze Zeit um dich gekümmert, wollte immer das Beste für dich und jetzt ist er am Ende. Solltest du sterben, dann weiß ich nicht, was er tun wird.“ Satoshi wandte ihnen langsam das Gesicht zu. In seinem Blick lag Sorge. „Ryo liebt dich, Satoshi. Er kann nicht ohne dich. Selbst Nii hat eingesehen, dass ihr zwei zusammengehört und dich aufgegeben.“ „ShuU“, sagte Nii warnend. „Was, Nii, du auch?“ fragte Satoshi entgeistert. Nii nickte verlegen. „Du bedeutest uns allen viel, Sato. Bitte denk nochmal darüber nach, “ sagte ShuU und stand auf. „Wir werden morgen wiederkommen. Komm, Nii.“ Nii wollte gerade aufstehen, doch Satoshi hielt ihn auf. „Warte, Nii, ich wollte noch kurz–“ „Das ist nicht nötig, Sato“, winkte der Gitarrist schnell ab. „Für mich schon,“ beharrte der Sänger. „Ich warte dann draußen“, sagte ShuU und verließ das Zimmer. Satoshi und Nii sahen sich an. „Das wusste ich gar nicht... dass du... dass du mich liebst...“ „Ich hab mir nie was anmerken lassen“, erklärte Nii. „Ich weiß ja, wie du dazu stehst.“ „Wie lange schon?“ wollte der Sänger wissen. „Ein, zwei Jahre.“ „Solange schon... Es tut mir Leid, Nii.“ „Ach was, “ sagte Nii. „Schon okay. Was dir wirklich Leid tun sollte ist, wie du uns allen wehtust.“ Satoshi schwieg. „Bist du sauer? Erst Ryo und dann auch noch ich. Ist wahrscheinlich ein bisschen viel auf einmal.“ „Nein, ich freue mich ja irgendwie, dass ich euch so viel bedeute. Nur... werd ich mich niemals darauf einlassen. Nicht mit dir und auch nicht mit Ryo.“ Nii starrte entsetzt in das entschlossene Gesicht des Sängers. „Damit tust du ihm sehr weh.“ „Ich weiß“, seufzte Satoshi, aber hielt an seiner Meinung fest. Danach gab es nichts mehr zu sagen. Nii erhob sich, wünschte Satoshi eine gute Nacht und verließ ihn dann. Draußen auf der Station warteten ShuU und Ryo schon auf ihn. Ryo war immer noch total aufgelöst. „Es tut mir Leid, Mann“, sagte Nii mit Tränen in den Augen. „Es tut mir so Leid für dich.“ „Ach, das ist doch nebensächlich“, winkte Ryo traurig ab. „Viel wichtiger ist... dass Satoshi sich einen Dreck um uns kümmert. Er tut es noch nicht mal für uns.“ „Das stimmt nicht“, wandte ShuU ein. „Wir sind ihm schon noch wichtig, aber er hat sich so in die Sache versteift, dass er nicht mal Alternativen in Erwägung zieht.“ „Aber wie sollen wir ihn retten, ShuU?“ fragte Ryo verzweifelt. „Ich weiß nicht mehr weiter.“ „Uns wird etwas einfallen“, meinte der Leader zuversichtlich. „Wir fallen jetzt erstmal nach Hause und du beruhigst dich. Und dann setzen wir uns zusammen und besprechen uns.“ „Ich will nicht gehen“, wisperte Ryo und starrte die Tür zu Satoshis Zimmer an. „Ich auch nicht. Aber wir müssen ein wenig Abstand gewinnen, sonst werden wir alle noch verrückt, “ schloss der Bassist. „Kommt...“   Die Nacht ging schneller vorbei als gedacht. Nach dem Fiasko im Krankenhaus waren die Members zu ShuU nach Hause gefahren, hatten sich dort gesammelt und waren alle Möglichkeiten durchgegangen, wie sie Satoshi davon überzeugen konnten, dass es es wert war, sich so zu lieben wie man war. Sie dachten sich auch alle möglichen Gegenargument Satoshis aus und überlegten wie sie diese widerlegen konnten. Am ende ging die Sonne bereits auf und Ryo lehnte sich erschöpft aber zufrieden in seinem Sessel zurück. Er glaubte die eine Sache gefunden zu haben, die Satoshi am Leben halten und zwingen würde mit seinem Wahn aufzuhören. Wenn das nicht zog, würde er Satoshis Todesurteil unterschreiben, so viel war sicher. Zusammen mit ShuU und Nii fuhr er zurück zum Krankenhaus. Von ihnen angefeuert betrat er die Intensivstation und steuerte auf Satoshis Zimmer zu. Um zehn Uhr morgens war er sich sicher, dass der Sänger bereits wach und aufnahmefähig war. Die Stepvisite des Ärzteteams sollte inzwischen auch vorüber sein. Er wäre also ungestört mit Satoshi. Er öffnete die Tür, betrat das Zimmer und schloss die Tür in einem Zug. Er ging auf Satoshi zu und sah ihn siegessicher an. „Ryo, nicht schon–“ begann der Sänger, doch der Drummer schnitt ihm das Wort ab. „Ruhe, jetzt rede ich.“ Er begann vor Satoshi auf und ab zu laufen und startete seine Rede. „Du willst es nicht für dich, okay. Du interessierst dich einen Dreck dafür, wie es uns dabei geht und dass wir möglicherweise bereit wären für dich zu sterben, auch gut.“ Bei diesen Satz konnte er es nicht verhindern, dass seine Stimme zitterte. Er hielt soviel Trauer, Enttäuschung und Wut zurück, dass er es kaum schaffte nicht die Beherrschung zu verlieren. „Ryo, das stimmt ni–“ „Ruhe!“ schnauzte der Drummer ihn an. „Das nehm ich alles so hin. Aber–“ Er holte tief Luft. „Aber ich werde nicht akzeptieren, dass du wegen so einem Mist deinen Traum aufgeben musst.“ „Hä?“ fragte Satoshi, der ihm offenbar nicht folgen konnte. „Hast du mal zurückgerechnet wie lange wir schon nicht mehr gearbeitet haben?“ fragte Ryo ihn direkt und beantwortete die Frage selbst. „Drei Monate, Satoshi! Drei verdammte Monate, in denen wir versucht haben dich vor dir selbst zu retten. Drei Monate lang hatten wir keine Gelegenheit zu spielen. Du hast nicht einen Song durchgehalten. Als wir ein Konzert proben wollten, bist du schon nach dem Opening umgekippt, erinnerst du dich? Dein Körper hat noch nicht mal mehr die Kraft für einen einzigen Song.“ Er holte wieder tief Luft. „Ich weiß, dass dir die Musik das Wichtigste auf der Welt ist und sag jetzt nicht, dich runterzuhungern wäre wichtiger. Das wäre gelogen, das weißt du. Du Musik ist dein Traum, dein Leben. Ohne sie kannst du nicht. Du willst doch bestimmt wieder in der Box singen und auf Konzerten mit unseren Fans feiern, oder?“ Er sah, dass sich langsam Tränen in Satoshis Augen sammelten. Er hatte den wunden Punkt getroffen. Er war auf dem richtigen Weg. „Drei Monate musstest du deinem Wahn opfern. Wie viel Zeit soll noch vergehen, in der du dich immer weiter von der Musik entfernst? Wenn du das jetzt durchziehst, wirst du noch nicht mal mehr Gelegenheit haben dich von der Musik zu verabschieden. Du wirst sterben, bevor du das nächste Mal die Bühne betrittst. Die Tränen liefen nun in Strömen über Satoshis Wangen. Er hatte wohl endlich eingesehen, was er aufs Spiel setzte. „Und ich sage dir noch was, Sato. Nii, ShuU und ich haben uns gestern darauf geeinigt, dich rauszuschmeißen, wenn du nicht mit dem Mist aufhörst. Wir werden dafür sorgen, dass du nirgendwo mehr als Sänger unterkommst. Dann kannst du deinen Traum endlich begraben, wenn du bis dahin noch lebst.“ Ryos Stimme erzitterte und brach schließlich. Die Trauer übernahm die Kontrolle über ihn. „Willst du das, Sato?“ fragte er weinend. „Willst du das wirklich?“ „Nein!“ rief Satoshi laut. „Ich will das nicht. Ich will das nicht.“ Er vergrub das Gesicht in den Händen und weinte. Ryo setzte sich neben ihn auf das Bett und nahm ihn in den Arm. Zusammen saßen sie dort und weinten. „Es tut mir Leid, Satoshi, “ sagte Ryo leise, aber uns bleibt keine andere Wahl.“ „Schon gut“, erwiderte Satoshi und sah ihn an. „Ich will aufhören. Wirklich. Aber ich weiß nicht wie. Ich steh vor dem Spiegel und hasse das, was ich sehe. Ich will mich dafür bestrafen, mich verändern, aber es wird nicht besser. Es wird immer schlimmer. „Keine Sorge, Sato“, redete Ryo beruhigend auf ihn ein. „Du musst da nicht allein durch. Ich werde dir helfen. Wir werden dir alle helfen. Und dann wirst du es schaffen, dich endlich wieder selbst zu leben, so wie wir dich. Wir werden es schaffen. Ganz bestimmt. Zusammen werden wir es schaffen.“ Nach einer Weile stießen ShuU und Nii dazu. Beide umarmten Satoshi zur Versöhnung. Sie waren erleichtert. Das Schlimmste hatten sie hinter sich gebracht. Satoshi war endlich bereit sich helfen zu lassen. Von nun an ging es nur noch aufwärts. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)