Yami No Kanji von Asu91 (Finstere Gefühle beherrschen meine Seele) ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Ich hab doch gestern mit Schrecken festgestellt, dass es schon fast zwei Monate her ist, seit ich das letzte Mal ein Kapitel zu Yami no Kanji hochgeladen habe. O.O Ich weise jegliche Schuld von mir auf ein gewisses RPG, das mich zurzeit ablenkt *unschuldig pfeif* Dann hab ich mich aber gestern doch mal rangesetzt und hab, nachdem ich die eine Hälfte schon lange geschrieben hatte, die andere hinzugefügt und abgetippt. Das Ergebnis könnt ihr jetzt lesen. Ich möchte eigentlich nicht viel dazu sagen, außer dass es spannend wird und dramatisch! Viel Spaß beim Lesen! P.S das Kapitel widme ich an meine beiden RPG Partner, die sich beide wiederfinden werden. Im RPG sind ja auch grad Ferien *lol* _________________________________________________________________________________ Gesagt, getan. Die Operation „Rettet Satoshi“ hatte begonnen. So oder so ähnlich würde der Codename ihrer Mission wahrscheinlich in einem spannungsgeladenen Actionfilm lauten. Nur leider war die gegenwärtige Situation nicht etwa aus der kreativen Feder eines sadistischen Dramaturgen heraus entstanden, sondern war Teil der Wirklichkeit. Um dies zu begreifen, hatten ShuU, Nii und Ryo einige Zeit gebraucht. Am Anfang hatten sie sich zwar alle ganz lässig gegeben, doch je tiefer die Wahrheit in sie einsank, desto beunruhigter wurden sie. Ryos anfängliche Zuversicht war längst verpufft. Er hatte sein Vorhaben nicht aufgegeben – das gewiss nicht, dafür war er ein zu verbissener Kämpfer – aber er verfiel fast in eine krankhafte Penibilität, was die Vorsicht anging, mit der er Satoshi behandelte. Der Sänger war wie ein rohes Ei, das obendrein auch noch mit einem Zeitmesser versehen war. Bevor die Zeit ablief, mussten sie dafür sorgen, dass Satoshi Zeit nicht mehr so knapp bemessen war, und sie verlängern. Mit anderen Worten, sie mussten ihn so aufpäppeln, dass er erstens nicht weiter abnahm und vielleicht sogar etwas zunahm. Da sie alle gestresst waren, hatte ShuU beim Management angefragt, ob sie ihren jährlichen Urlaub vielleicht vorziehen könnten und hatte eine positive Antwort erhalten. Daraufhin hatten sie sofort ihre Sachen gepackt und waren aufgebrochen. Sie hatten in einer kleinen Ortschaft im Südosten, fern von der Presse Zuflucht gefunden. Anders als sonst, würden sie diesen Urlaub nicht dokumentieren. Er war dazu da abzuschalten, sich auszuruhen und völlig gehen zu lassen. Und natürlich sollte er bei ihrer Operation helfen und Satoshi ein wenig auflockern. Doch währen ShuU, Nii und Ryo sich ganz gut entspannen konnten, war der Sänger das reinste Nervenbündel. Von Erholung keine Spur. „Urlaub? Wieso denn jetzt schon? Wir haben doch erst Mai!“ hatte er gesagt, als er aufgefordert worden war zu packen. „Frag nicht. Sei doch froh, “ hatten die anderen darauf erwidert. Das Verhältnis zwischen ihnen und dem Sänger war angespannt, um es milde auszudrücken. Satoshi war immer noch ziemlich sauer, dass man ihn gegen seinen Willen ins Krankenhaus gebracht hatte. Dort hatte er anderthalb Wochen verbringen und sich anhören müssen, wie wichtig eine ausreichende und ausgewogene Ernährung war. (Satoshi hatte nur mit halbem Ohr zugehört. Hier rein, da raus.) Zudem hatte die Schwester immer ganz penibel darauf geachtet, ob er denn auch vernünftig aß. Seine Hoffnungen, dass weder der Arzt noch die Schwester von Ryo etwas gesteckt bekommen hatten, hatten sich schon am ersten Abend in Luft aufgelöst. Und wenn es nicht die Schwester gewesen war, dann Ryo, der ihn mit einem eindringlichen Blick versah, wenn er zögerte. Zu seinem Glück hatte das Krankenhaus begrenzte Besuchszeiten, an die sich auch die Freunde eines so schweren Falles wie ihn halten mussten. Es hatte sich zur nächtlichen Routine entwickelt, dass er ins Badezimmer huschte, sobald die Schwester ihm eine gute Nacht gewünscht hatte, und seinen Mageninhalt so gut es ging entleerte. Verschwitzt und zitternd war er dann ins Zimmer zurück gestakst, hatte sich ins Bett gelegt und war auf der Stelle vor Erschöpfung eingeschlafen. Mit seiner Entlassung vor zwei Tagen hatte er sich auf seine wieder gewonnene Freiheit gefreut, bis er dann erfahren hatte, dass sie die Ferien vorziehen würden. Das war genau das, was er gar nicht gebrauchen konnte, mit seinen hinterhältigen Freunden, die ihn rund um die Uhr beobachten würden, auf einem Fleck zu hocken. Am schlimmsten war Ryo, der sogar an der Badezimmertür lauschte, ob er nicht verdächtige Würgegeräusche hörte. Schon als Satoshi zu ShuU ins Auto stieg, wusste er, dass diese Ferien ganz und gar keine erholsamen Ferien werden würden und er behielt Recht. Er sprach nicht mehr mit Ryo, der er sich von ihm verraten fühlte. Er musste sich nur an die Szene in Ryos mittlerweile schrottreifem Auto erinnern, schon entfachte die Wut auf seinen besten Freund von neuem. Ryo nahm das natürlich ziemlich mit. Dennoch fühlte er sich im Recht. Er wollte Satoshi doch nur helfen. Seit wann war das ein Verbrechen? Es war mehr als offensichtlich, dass Satoshi keine Hilfe wollte, da er sich ja auch nicht hilfebedürftig fühlte. Ryo meinte es aber besser zu wissen und versuchte ihm ins Gewissen zu reden. Bisher war er darin gescheitert. Der Sänger ging ihm gezielt aus dem Weg und wenn es zu einem unvermeidlichen Aufeinandertreffen kam, dann blockte Satoshi jegliche Konversationsansätze des Drummers ab. Doch mitten in den Ferien bekam Ryo endlich eine Gelegenheit dazu mit dem Sänge zu reden.   * ~ * ~ * ~ *   Satoshi saß in der Lobby ihres Hotels und wusste offenbar nichts mit sich anzufangen. Er saß gelangweilt am Tisch und war kurz davor einzuschlafen. Nii und ShuU waren zusammen unterwegs, um ihre Kulturkenntnisse aufzufrischen. Satoshi und Ryo waren zurückgeblieben, da sie beide Kulturbanausen waren. Natürlich aber taten sich die beiden nicht zusammen, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Ryo saß auf seinem Bett in dem Zimmer, das er sich mit Satoshi teilen musste. Angesichts der momentanen Lage war klar, dass zwischen ihnen kein Ferien- oder Klassenfahrtfeeling aufkommen konnte. Sie schwiegen sich an. Sie wünschten sich noch nicht einmal Guten Morgen oder Gute Nacht. Ryo machte das ungemein was aus. Er war noch nie so heftig mit Satoshi zerstritten gewesen, dass sie nicht miteinander redeten. Und gleichzeitig suchte er fieberhaft nach einer plausiblen Erklärung dafür, warum der Sänger sich selbst so quälte. Er fand einfach keine Antwort darauf. Irgendwann wurde es ihm schließlich zu viel. Er verließ das Zimmer und ging runter in die Lobby, da er wusste, dass er Satoshi dort finden würde. Der Sänger saß am Tisch, den Kopf auf den Arm gestützt, kurz vorm wegnicken. Ryo nahm still neben ihm Platz und musterte ihn. Satoshi schien müde und gelangweilt zu sein, dass er vergaß, dass er eigentlich sauer auf Ryo war. Sonst wär er schon längst aufgestanden und gegangen. „Satoshi?“ „Hmm?“ „Kann ich dich mal was fragen?“ „Mmm.“ Dass der Sänger erlaubte, dass er mit ihm sprach, ermutigte Ryo etwas. „Vielleicht kommt es mir ja nur so vor...“ begann er vorsichtig. Satoshi die Möglichkeit zu geben, ihn für bescheuert zu halten, fand Ryo besser, als ihn direkt vor vollendete Tatsachen zu stellen. „Du wirkst in letzter Zeit so niedergeschlagen... Bedrückt dich etwas?“ Ryo erwartete ein giftiges „Na was wohl“ auf seine Frage, doch das kam nicht. Der Sänger ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Das zeigte Ryo, dass er nun endlich in Ruhe mit ihm reden würde. „Ja, da ist was, “ sagte er irgendwann luftig. Dem Drummer entging der traurige Unterton, der bei seiner Antwort mitklang, nicht. „Was?“ fragte Ryo vorsichtig nach. „Ach, das ist was ganz Banales“, wich der Sänger aus. „Nichts worüber du dir Gedanken machst ist banal. Los sag schon.“ Satoshi seufzte schwer. „Ach, ich bin nur traurig, dass wir dieses Jahr nicht in Übersee spielen. Ziemlich banal, oder?“ „Nein, gar nicht“, sagte Ryo verständnisvoll. „Wir wissen doch wie gern du in Übersee spielst. Ich find es auch schade.“ „Ich versteh das einfach nicht“, fuhr der Sänger fort. „Es war doch alles klar. Warum haben sie es im letzten Moment abgeblasen?“ Ryo biss sich nervös auf die Lippe. Der Grund lag auf der Hand, aber den konnte er Satoshi in seiner Verfassung doch nicht nennen. Er war ja jetzt schon von Selbstzweifeln geplagt. Allerdings brauchte er es ihm auch gar nicht zu sagen, denn der Sänger kam von allein drauf. „Es liegt an mir, stimmt's?“ Die Zerbrechlichkeit in seiner Stimme warf Ryo voll aus der Bahn. „Was? Nein! Wie kommst du denn auf so was?“ „Ich finde einfach keinen anderen Grund. Alles lief rund. Wir hätten noch genug Geld, um den Auslandsaufenthalt zu finanzieren. Wir gehen doch bald hier auf Tour. Das muss doch für Amerika und Europa reichen. Es muss einfach an mir liegen.“ Ryo schwieg. Satoshi war nicht dumm. Er hatte alles durchgerechnet und durchdacht. Lange konnte man ihm nichts vormachen. Ryo versuchte sich eine Ausrede zurechtzulegen, um den Sänger von seiner Spur wieder abzubringen, wurde im nächsten Moment jedoch abgelenkt, als dieser weitersprach und seine Stimme immer schwerer wurde. „Dabei hab ich mich doch so angestrengt, damit ich immer besser werde, damit wir viele Fans anziehen und so. Ich muss wohl noch viel mehr an mir arbeiten, damit es dann nächstes Jahr–“ Ryo konnte sich das nicht mehr anhören. Es schmerzte ihn zu wissen, wie wenig Selbstvertrauen Satoshi nur noch hatte. Kurzerhand legte er ihm die Hände auf die Schultern, um seinen Sermon zu beenden. „Hör auf“, sagte er und musste sich schon sehr zusammenreißen, als er in die wässrigen Augen seines Gegenübers blickte. „Es ist nicht deine Schuld! Wirklich nicht. Red dir das nicht ein.“ „Aber warum dann?“ fragte Satoshi berechtigterweise. „Du scheinst es doch zu wissen. Sag es mir!“ „Na, weil... weil...“ stotterte Ryo und suchte fieberhaft nach einer Ausrede, die den Sänger überzeugen würde, aber er fand keine. Ryo seufzte. Er würde es ihm sagen müssen. Diese großen, traurigen Augen verlangten es von ihm. „Bitte, Ryo, sag es mir!“ bat der Sänger und Ryo gab nach. „Gut, ich sag's dir. Aber nur, wenn du versprichst, nicht auszurasten.“ Die Chancen dafür waren gering, aber eine positive Antwort, würde ihn für kurze Zeit die Kraft geben Satoshi einzuweihen. Satoshi nickte. „Also das war so... Wir haben gemerkt, dass es dir in letzter Zeit immer schlechter geht... und dann... sind wir zu Suzuki-san und Megumi-san und haben um eine Pause gebeten,“ schloss Ryo hastig, um es schnell hinter sich zu bringen. Er hielt den Atem an und wartete auf das Donnerwetter, das nicht auf sich warten ließ. „Ihr habt WAS?!“ „Die Pause wollten sie uns aber nicht geben, also haben wir verhandelt und uns dann darauf geeinigt die Übersee tour zu streichen, “ erzählte Ryo schnell weiter, um den Sänger abzuwürgen und den kommenden Streit noch ein wenig hinauszuzögern. Der ließ das aber nicht lange mit sich machen. „WAS?!“ Mit einem Mal war alle Müdigkeit aus Satoshis Gesicht verschwunden und durch blanke Wut ersetzt worden. Er sah richtig bedrohlich aus. „Hey, du wolltest doch nicht ausrasten“, erinnerte Ryo ihn schwach. „Wie soll ich mich da denn nicht ausrasten?!“ brüllte Satoshi und musste dabei heftig husten. Sein Procedere machte sein Immunsystem schwach, da ihm die nötigen Nährstoffe fehlten, um Antikörper aufzubauen. „Alles okay?“ fragte Ryo besorgt. „Ja, lenk nicht vom Thema ab“, knurrte der Sänger heiser. Zum Glück kamen in diesem Augenblick ShuU und Nii zurück und brachten dem Drummer eine kurze Verschnaufpause von drei Minuten ein. „Da sind wir wieder. Was schreit ihr denn so rum?“ fragte ShuU verständnislos. Er kannte den Grund für den neu entflammten Streit ja noch nicht. „Du!“ wandte sich Satoshi plötzlich zornig an ihn. „Wie konntest du das zulassen?!“ „Wie konnte ich was zulassen?“ fragte der Leader verwirrt. „Na, wie konntest du dem zustimmen?!“ „Was zustimmen?“ fragte Nii neugierig. „Er weiß es“, ließ Ryo sie wissen. „Er weiß was?“ fragten die beiden Ahnungslosen nun eindringlich im Chor. „Ryo hat mir gerade erzählt, warum wir dieses Jahr nicht in Übersee spielen“, klärte Satoshi sie auf. „Oh...“ kam es nun aus zwei Mündern. „Sato...“ fing der Bassist an. „Ich jetzt keine Beschwichtigungen hören, sondern eine Antwort!“ fuhr der Sänger ihm ins Wort. „Warum hast du das zugelassen?! Du weiß doch, dass wir die Promotion gut gebrauchen können! Was sollen die da drüben bloß von uns denken?!“ „Es ist doch nur zu deinem Besten“, versuchte Nii den Sänger zu beruhigen, doch das zog bei ihm schon lange nicht mehr. „Hat dich jemand gefragt?“ fauchte Satoshi ihn an und wandte sich dann wieder dem Leader zu, der wie alle, sichtbar geschockt von Satoshis Rage war. „Beruhige dich, Sato! Nii hat vollkommen Recht. Wir wollten wirklich nur das Beste für dich, “ erklärte ShuU ruhig. „Wir haben doch gesehen, wie erschöpfter du jeden Tag wurdest. Jetzt wissen wir ja warum. Wir wollten dir ein wenig den Druck nehmen, damit du mal verschnaufen kannst.“ Nii nickte zustimmend und zuckte zusammen, als der Sänger erneut aufbrauste. „Ich will aber nicht verschnaufen! Ich will singen! Hier und in Übersee! Was fällt euch ein, dass einfach über meinen Kopf zu entscheiden?! Ich hab ja wohl ein Wörtchen mitzureden, wenn ihr unsere Band untergehen lasst!“ Langsam wurde es Ryo zu bunt. Sie taten ihr Möglichstes zum Wohle ihres Freundes und wurde ihnen gedankt? Nein, stattdessen wurden sie angeklagt, als hätten sie ein schwerer Verbrechen begannen. „Jetzt halt mal die Luft an!“ fuhr Ryo den Sänger an. Er war auf einmal so wütend, dass er sich kaum halten konnte. In seiner Wut warf er Dinge an den Kopf, die er gar nicht so meinte. „Wenn hier einer schuld ist, dann ja wohl du! Wenn du nicht so einen Scheiß abziehen würdest, wären wir nie gezwungen gewesen das zu tun! Hast du schon mal überlegt, was das für uns bedeutet?! Wir wollten diese Tour genauso wie du! Wir haben sie für dich geopfert! Aber mal ganz abgesehen davon, denkst du etwa wir schaffen das alles so einfach?! Der ganze Stress vor, während und nach der Tour?! Und macht das genauso kaputt! Aber soweit hast du wahrscheinlich gar nicht gedacht, weil es immer nur um dich geht! Du und dein verdammter Egoismus! Ich hab echt die Schnauze voll davon! Wir reißen uns hier den Arsch auf, damit es dir gut geht und du bringst noch nicht mal ein kleines Danke hervor!“ „Wofür soll ich mich denn bitte bedanken?! Dafür, dass ihr euch in mein Leben einmischt?! Das hättet ihr wohl gern! Aber nicht mit mir! Eure Fürsorge kotzt mich an! Ich will das alles gar nicht! Diese ekelhafte, vorgetäuschte Urlaubsidylle, nur damit ihr mich beobachten könnt! Dachtet ihr echt, ich bin so doof und schnall das nicht?! Schöne Freunde seid ihr! Lasst mich endlich in Ruhe!“ Mit diesen Worten ließ der Sänger sie stehen und stampfte wütend aus der Lobby. Kurz darauf machte sich ShuU über Ryo her. „Jetzt haben wir den Salat. Wieso hast du es ihm überhaupt gesagt? Du wusstest doch, wie er reagieren würde.“ „Ich konnte nicht anders“, meinte Ryo matt. „Er war so traurig deswegen und hat mich gebeten es ihm zu sagen.“ „Er hat uns durchschaut“, stellte Nii fest. „Jetzt traut er uns überhaupt nicht mehr über den Weg.“ „Dafür hat er aber gut mitgespielt“, wandte ShuU ein. „Dafür, dass er es gar nicht wollte.“ „Ich denke mal, er wollte unsere Gesellschaft, aber er will nicht kontrolliert werden.“ „Verständlich. Wer will das schon.“ „Aber–“ „Schon gut, Ryo, wir wissen, was du meinst. Wir sind der gleichen Meinung, “ beschwichtigte der Leader den Drummer. „In zwei Tagen fahren wir heim. Die kurze Zeit muss er uns noch ertragen, dann hat er wieder seinen Freiraum.“ „Können wir das wirklich verantworten?“ fragte Nii besorgt. „Ihn allein zu lassen mit... mit seiner Krankheit?“ Es war der richtige Ausdruck, auch wenn es dem Gitarristen schwer viel es auszusprechen. Bulimie war eine Krankheit, die normalerweise nicht ohne therapeutische Hilfe besiegt werden konnte. Was sie hier versuchten war ein Drahtseilakt. „Mir wäre wohler, wenn wir und doch Hilfe holen“, merkte Nii an. „Mir auch, “ stimmte ShuU zu. „Nein“, widersprach Ryo sofort. „Damit werden wir noch weniger Erfolg haben. Ihr kennt ihn doch. Wir haben Glück, wenn er sich wenigstens von Zeit zu Zeit uns anvertraut, aber vor einem Fremden wird er das niemals tun und vor einem Therapeuten schon gar nicht. Wir müssen es allein schaffen.“ „Ryo, du riskierst damit Satos Leben, ich hoffe das weißt du!“ Sie sahen sich an. „Ja, das weiß ich. Aber wir haben keine andere Wahl.“ Ein tiefes Seufzen war das Einzige, das ShuU darauf erwiderte. Er fühlte sich in dieser Situation so hilflos, dass er nicht anders konnte, als Ryo zu vertrauen. Dennoch hatte er immer im Hinterkopf, was geschehen würde, wenn sie scheiterten.   An diesem Abend sprach Satoshi kein Wort mehr mit ihnen. Am Tag darauf hatte er sich wieder beruhigt. Er war ihnen zwar immer noch böse, aber ihre Freundschaft war ihm wichtiger, denn tief innen wusste er, dass sie wirklich nur das Beste für ihn wollten. Im Laufe des Tages redeten sie dann auch wieder ganz normal miteinander. Natürlich nicht über das heikle Thema – darüber schwiegen sie sich tot – sondern über die Arbeit, die auch während ihrer Urlaubstage nie ganz aus ihren Köpfen verschwand. Musiker war halt ein Fulltimejob. Am Abend aßen sie gemeinsam im Speisesaal. Alle waren froh, dass sie halbwegs entspannt miteinander umgehen konnten. Und gerade als Ryo dachte sie seien auf dem richtigen Weg, bewies Satoshi ihm das Gegenteil und machte alle seine Hoffnungen zunichte. Es war ihm schon beim Essen aufgefallen, dass Satoshi sich seltsam benahm. Er war viel zu entspannt und vor allem aß er für seine gegenwärtigen Verhältnisse einfach zu viel – der Teller war am Ende fast leer! – doch außer ihm schien das niemandem aufzufallen. Irgendwann, als sie ins allgemeine Geplauder verfielen, verkündete Satoshi kurz die Toilette aufzusuchen. ShuU und Nii dachten sich wohl nichts dabei und auch Ryo wurde erst viel zu spät hellhörig. „Warte!“ rief er schließlich und stand auf. Satoshi fühlte sich ertappt und rannte los in Richtung Toiletten. Es begann eine dramatische Verfolgungsjagd. Ryo wusste was Satoshi vorhatte. Es war so offensichtlich! Besonders jetzt wo er in diese Flucht verfallen war. Wenn er nichts im Schilde führen würde, bräuchte er nicht vor Ryo zu fliehen. Ryo wollte es nicht zulassen, dass es alles wieder von vorne losging. Sie hatten den Sänger doch gerade erst ein wenig aufgepäppelt. Die Verfolgungsjagd endete schließlich damit, dass Ryo Satoshi nicht vor den Toiletten einholte und dieser ihm die Tür vor die Nase zuschlug. „Sato, mach auf!“ rief Ryo und schlug heftig gegen die Tür, doch der Sänger war beschäftigt, wie man kurze darauf hören konnte. Er hatte sie ausgetrickst. Ryo ließ den Kopf hängen und verließ das WC. Er ging nicht in den Speisesaal zurück, sondern hoch in das Zimmer, das er sich mit Satoshi teilte. Er schloss ab und ließ sich aufs Bett fallen. Es dauerte nicht lange, dann klopfte es an der Tür und eine zaghafte Stimme bat um Einlass. Oh, wie hatte Ryo, das kommen sehen. Ryo?“ drang Satoshis Stimme schüchtern durch die verschlossene Tür. „Lass mich rein.“ „Geh weg!“ wies Ryo ihn an. „Bitte, Ryo. Ich will mit dir reden.“ „Verschwinde! Hau ab! Ich will dich nicht mehr sehen!“ brüllte Ryo zurück. Danach hörte er nichts mehr. Satoshi hatte wohl aufgegeben. Ryo wäre es lieber gewesen, er hätte weiter um Einlass gebeten, denn früher oder später hätte Ryo ihn reingelassen und die Möglichkeit zu einem Gespräch gelassen. So aber gingen sie sich wieder aus dem Weg. Ryo raffte sich kurz auf, um die Tür zu entriegeln – Satoshi musste ja irgendwo schlafen – um danach sofort wieder ins Bett zurückzukehren. Er drehte sich auf die Seite, zog die Beine an und drückte das Gesicht ins Kopfkissen, um die aufkommenden Tränen zu trocknen.   Das war das Ende ihres Urlaubs und auch ihrer Freundschaft. Ab da an sprachen Satoshi und Ryo kein Wort mehr miteinander und sahen sich nur bei den Bandproben. ShuU und Nii hatten es aufgeben zwischen den beiden zu vermitteln und sahen bedrückt zu, wie neben ihrem Freund auch die Band langsam aber sicher dahin schied. Sie machten als Band keine Fortschritte mehr, im Gegenteil, sie entwickelten sich eher zurück. In den Wochen nach dem Urlaub hatten sie Satoshi wie vereinbart sich selbst überlassen und das war ein großer Fehler gewesen, wie sie später bemerkten. Der Sänger verkümmerte immer mehr. Er wurde von Tag zu Tag schwächer, da er ja nichts aß und sie sahen zu und konnten absolut nichts tun. Denn Ryo hatte Recht. Selbst ein Therapeut konnte Satoshi nicht überzeugen mit seinem Märtyrium aufzuhören. Dafür war es nun zu spät, dafür war es schon zu weit fortgeschritten. Proben war unmöglich, auch wenn Satoshi darauf bestand das Aufwärmprogramm für die anstehende Tour durchzuziehen, wurden sie hinterher doch nur enttäuscht. „Warum kommst du überhaupt noch?“ fragte ShuU ihn polemisch. „Du schafft es nicht einen einzigen Song durchzustehen ohne zusammenzubrechen. „Mir geht’s gut.“ stellte Satoshi klar und griff nach seinem geliebten Mikrofon. Seine Stimme hatte sich verändert. Sie war ganz heiser, weil er mittlerweile dauernd grippig war und sein Hals schmerzte. „Sato, sei doch vernünftig!“ flehte Nii ihn, doch der Sänger blieb hartnäckig. Er war so ein Dickkopf. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann war nicht mehr davon abzubringen. Also probten sie. Ryo sah hilflos hinter seinen Drums zu, wie Satoshis Beine begannen zu zittern und seine Stimme brach, weil die Anstrengung einfach zu groß war. Das war für ihn das Signal zum Abbruch. Als er aufhörte zu spielen, verstummten auch die anderen Instrumente. Der Gesang war schon längst erstorben. ShuU und Nii dachten sich schon etwas bei Ryos Geste und sahen ihren Sänger prüfend an. „Also, das reicht jetzt! Ich kann das nicht mehr länger mit ansehen!“ platzt Nii los. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er seine Gitarre abstellte, zu seiner Tasche ging und mit einem Apfel zurückkam. Er hielt ihn Satoshi bestimmt vor die Nase. „Du isst jetzt ein paar Stücke von diesem Apfel, oder ich schwöre, ich lass dich zwangseinweisen, hörst du?! Ich werde hier nicht tatenlos zusehen, wie du dich umbringst!“ Ryo und ShuU sahen den Gitarristen erstaunt an. Soviel Initiative hatte er die ganze Zeit über nicht gezeigt. Satoshi dagegen war unbeeindruckt und funkelte Nii böse an. Er hatte keine Wahl. Er wusste, dass Nii seine Drohung wahr machen würde. Mit ihm war noch nie zu spaßen gewesen. Sie alle drei hatten die ganze Zeit mit dem Gedanken gespielt. Warum sie es nicht längst getan hatten, war Satoshi ein Rätsel, aber sehr willkommen. Und damit es auch dabei blieb, nahm er den Apfel und biss missmutig hinein. Er aß untern den Augen aller seit Tagen wieder etwas und schluckte die Stücke mühselig runter. Mehr als fünf Bissen schaffte er jedoch nicht. „Hier“, sagte er und reichte Nii den Apfel. „Mehr schaff ich nicht.“ Nii lächelte ihn an. „Mehr brauchst du auch erstmal nicht. Danke.“ Satoshi ignorierte seine Danksagung. „Können wir jetzt weitermachen?“ „Wenn du weitermachen kannst?“ gab ShuU die Frage zurück. „Sonst würde ich ja wohl nicht fragen, oder?“ entgegnete Satoshi spitz. Sie begannen von neuem und Satoshi gab alles. Er wollte unbedingt wenigstens einen Song durchhalten. Doch schon ab in der Mitte spürte er das altbekannte Zittern wieder, doch diesmal war es so schlimm wie noch nie. Dann setzten auch noch schlimme Bauchkrämpfe ein. Satoshi versuchte sie so gut es ging zu ignorieren und weiterzumachen, doch die Anstrengung trieb ihm Schweißperlen auf die Stirn und ließ seine Stimme ganz versagen. Bitte nur noch ein bisschen, flehte er in Gedanken, aber sein Wunsch wurde nicht erfüllt. Seine Beine gaben nach und ihm wurde schlagartig schwarz vor Augen. Er stürzte zu Boden, aber das bemerkte er schon gar nicht mehr. Alles ging so schnell, dass keiner von den dreien Zeit zum reagieren hatte. Satoshi brach neben ihnen zusammen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnten. „SATO!!“ Augenblicklich ließen sie von ihren Instrumenten ab. ShuU und Nie waren die ersten an Satoshis Seite. Ryo war schnell bei ihnen. Nii hielt den bewusstlosen Körper des Sängers und begann verzweifelt zu schluchzen. „Nein, bitte nicht schon wieder! Ich kann nicht mehr!“ Er war viel zu aufgewühlt, um zu bemerken, was Ryo bemerkte. Kaum hatten sie in aufgerichtet, lief eine dunkelrote Flüssigkeit aus Satoshis Mund. Ein Irrtum war unmöglich. Es war Blut! „Schnell, ShuU, ruf einen Krankenwagen! Beeil dich!“ Das konnte es doch nicht gewesen sein. Nicht jetzt. Sie hatten doch noch soviel vor zusammen. Sie wollten sich doch wenigstens noch von ihm verabschieden. Wenn Satoshi starb war es ihre Schuld ganz allein ihre. „Bitte, Sato, bleib bei uns! Wir brauchen dich doch! Du darfst nicht sterben!“ _________________________________________________________________________________ Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht ganz zufrieden damit bin. Meiner Meinung ist es zu flach, aber ich wusste auch nicht, wie ich mehr Emotionen reinbringen sollte. Ich hoffe ihr verzeiht mir dieses Makel. Ansonsten hoff ich mal wieder dass ich medizinisch nicht vollkommen falsch liege, aber ich hab mal gehört, dass wenn man lange Zeit nichts ist, dass sich der Magen dann zusammenzieht und dann wenn man wieder was isst aufbricht, deshalb die inneren Blutungen. Joa, das war's erstmal. Ich hoffe doch es hat euch sadistisch ausgedrückt gefallen. Bis zum nächsten Mal, eure Asu Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)