Magierblut von Runenwölfin ================================================================================ Kapitel 4: Die heimliche Tochter -------------------------------- Sie waren lange gelaufen, hatten aber auch ausreichend Pause gemacht. Artus schien sich wirklich gut erholt zu haben, zumindest zeigte er keine Schwäche, die für Lexie sichtbar gewesen wäre. Diese wurde immer unruhiger. Sie konnte das Gefühl nicht loswerden, dass sie irgendetwas verfolgte. Die vielen Reviere der Wilden, die sie durchquerten, machten sie auch nicht gerade ruhiger. Artus lief immer vorne und meistens sprachen sie nicht viel, weil er zu konzentriert war ihr den Weg zu zeigen und die Blaugraue ihn nicht stören wollte. Jetzt schloss sie zu ihm auf um vielleicht doch mal ein paar Worte mit ihm wechseln. „Es ist sicher noch ein langer Weg bis zur Grenze, oder?“, fragte sie um das Gespräch zu beginnen. "Mhm,... die Hälfte des Weges liegt bereits hinter uns. Warum fragst du? Fühlst du etwa genau das seltsame Gefühl wie ich, dass uns etwas hinter uns her ist?" Artus war nervös und hatte Angst vor der Antwort. „Ich dachte, ich bilde mir das bloß ein, aber ja, ich habe dieses Gefühl auch schon seit einiger Zeit. Es ist so, ich bin sicher, sie werden Jäger schicken. Das tun sie sicherlich immer“, antwortete sie ehrlich. „Glaubst du wir können gegen erfahrene Jäger bestehen?“ "Ich weiß es nicht. Es kommt darauf an, wie viele es sind und welchen Rang sie haben. Es gibt gute Jäger, gegen die ich keine Chance habe, aber ich weiß nicht, wie stark du bist. Herausfordern möchte ich das Glück allerdings nicht. Wir sollten zusehen so schnell wie möglich die Grenze zu erreichen. Natürlich kann es auch sein, dass sie uns über die Grenzen folgen, je nachdem, wie wichtig du für den Orden bist. Doch da werden sie es schwer haben, denn dort herrschen die Gesetze der freien Magier!" „Nun, ich bin nicht sicher, wie wichtig ich für sie bin. Meine Eltern sind keine besonders hohen Magier. Allerdings bin ich stärker als sie und vielleicht deswegen doch niemand, den man so einfach ziehen lässt“, erkläre Lexie dem schwarzen Wolf. „Ich kann kämpfen, falls du das meinst, auch wenn ich Gewalt eigentlich nicht befürworte. Trotzdem ist meine größte Stärke immer noch das Heilen. Ich wurde nicht wirklich für den Kampf ausgebildet. Nur eine Grundausbildung habe ich darin.“ Sie sah ihn traurig an. Sie wünschte sich so sehr, dass sie die Grenze erreichen würden ohne auf Jäger zu stoßen, aber sie befürchtet, dass ihr Wunsch nicht in Erfüllung gehen würde. „Hinter den Grenzen muss ein wundervoller Ort sein“, fügte sie noch hinzu und lächelte Artus aufmunternd zu. "Ja, das ist es... ein Leben ohne Angst und Schrecken, man kann Magie anwenden so oft und wie man will." Er lächelte. "Gut, dann lass uns laufen! Vielleicht haben wir Glück und wir treffen auf ein Rudel freier Magier, die uns helfen! Hab Mut und glaube daran, dass wir es schaffen!" „Das sagt sich so leicht“, erwiderte Lexie. Plötzlich begann es wieder zu schneien, was es in den letzten Tagen nicht mehr getan hatte. Sie sah verwundert zum Himmel. „Und der Schnee wird es den Jäger noch schwerer machen, weil er unsere Spuren verwischt“, lachte sie und rannte plötzlich los wie ein junger Welpe, der zum ersten Mal im Schnee spielte. „Vorauf wartest du noch?“, rief sie Artus entgegen. „Wollten wir nicht weiter?“ Artus musste lachen. Zum ersten Mal konnte er seinen Schmerz vergessen. Ausgelassen lief er ihr nach. "Stell dir vor, wir sind erst über die Grenzen! Da kannst du so viel im Schnee spielen, wie du willst und ohne Angst!" Er war froh, dass er Lexie getroffen hatte. Sie war eine außergewöhnliche Wölfin. Und in seinem Inneren hoffte er inständig, dass sie es überleben würde. Die Sonne ging gerade auf und das Leben im Schloss begann langsam zu erwachen. Schüler machten sich auf zu den Unterrichtsorten, Lehrer liefen schnell hin und her um noch Dinge zu besorgen, die sie für die Unterrichtsstunden brauchten oder sich mit anderen Magiern über alle möglichen Sachen zu beraten. Sie alle bekamen nicht mit, dass ihr Anführer das muntere Treiben von seinem Bau aus beobachtete. Er tat das jeden Morgen, weil es Entspannung brachte und ihm außerdem zeigte, wie die Stimmung im Orden war. Sein Bau lag weit oben an der Spitze des Eispalastes - wie er gerne genannt wurde - und es führte nur eine lange Treppe zu seinem Schlafgemach hoch. Hier lebte er mit seiner Gefährtin Aura. Seine beiden Söhne hatten sich längst ihre Gefährtinnen gesucht und studierten hohe Magie bei den besten Lehrern des Ordens. Weiter unten an der Treppe lag der so genannte Thronsaal, wo Talon und Aura Gäste empfingen, Gerichtsverhandlungen abhielten und treffen mit den Magiermeistern stattfanden. Eigentlich hätte Talons Leben perfekt sein können, aber es gab das etwas, was ihn stark beschäftigte. Vor vielen Jahren hatte er mit einer Wölfin eine Affäre gehabt und daraus war ein Kind entstanden. Lexie, seine heimliche Tochter, wusste von alldem nichts und nun, da sie weg war, belastete das Geheimnis Talon noch mehr. Er liebte sein Kind, obwohl er sie eigentlich nicht einmal wirklich kannte, und wenn ihr etwas geschehen sollte, dann könnte er sich das nie verzeihen. Verzweifelt seufzte er und beschloss noch ein paar weitere Minuten den Magiern unter ihm zu zusehen. Aura schritt erhaben durch ihren Bau. Sie war auf der Suche nach Talon und sie wusste auch, wo sie ihn finden konnte. Wie jeden morgen, so stand er auch heute wieder auf dem höchsten Punkt ihres Baus und beobachtete das morgendliche Treiben des Ordens. Sie hatte etwas mit ihm zu besprechen. Endlich sah sie ihn. "Guten Morgen!", begrüßte sie ihn. "Und gibt es was Neues da unten!" Aura lächelte. Sie liebte ihren Gefährten sehr. Talon bemerkte Auras Anwesenheit schon bevor er sie überhaupt sehen, hören oder riechen konnte. Ihre Magie erfüllte den ganzen Raum und er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Seine Liebe zu ihr war stark und hatte auch in den vielen Jahren seit sie zusammen waren niemals abgenommen. Er drehte sich mit einem Lächeln zu seiner wunderschönen Gefährtin um. „Nun ja, eigentlich ist alles wie immer“, erwiderte er mit sanfter Stimme. "Das freut mich sehr. Ich habe mit den Magierausbildern gesprochen und sie sind sehr zufrieden mit ihren Schülern. Auch die Jäger müssen sich nicht schlecht anstellen. Dennoch gibt es eine Sache die mich beunruhigt. Diese Wölfin, die geflohen ist. Sie haben schon zwei der besten Jäger, Nimrod und Akira, losgeschickt. Sie sind ohne Zweifel gut, aber sie ist es auch. Die Wölfen, genannt "Lexie" floh Richtung Wald und du weißt, dass dort die nördlichen Grenzen sind, die die am nähsten am Orden liegen. Dort wurden in letzter Zeit viele Wilde gesehen. Sie darf nicht entkommen. Sie scheint sehr talentiert zu sein und beherrscht sogar das Heilen." Sie blickte Talon an. Ihr Blick verriet, dass sie besorgt war um das Ansehen des Ordens. „Natürlich hast du Recht. Die Wölfin Lexie darf uns nicht entkommen“, meinte der Ordensführer mit schwerem Herzen. „Es ist nur so, dass solche Verbrechen normalerweise mit dem Tod bestraft werden und bei so einer jungen Wölfin ist das eine traurige Angelegenheit. Auf der anderen Seite könnten wir sie am Leben lassen. Es wäre eine Verschwendung von Magie.“ "Ach Talon, ich liebe dich für dein großes Herz, aber wir beide kennen die Regeln besser als alle anderen im Orden. Sie muss sterben! Wir wissen nicht, was die Wilden mit ihr anstellen. Das sind Bestien. Wir können kein Risiko eingehen und den Orden auf keinen Fall gefährden! Auch wenn es hart ist, vor allem, weil sie die seltene Gabe der Heilung beherrscht...." Aura sah traurig zu Boden. „Aber du weißt auch genauso gut wie ich, dass der Orden verwundbar geworden ist und wir Heiler dringend brauchen“, erwiderte Talon. Er sah zu den Wölfen unter ihm und seufzte. „Die Wilden werden stärker und wie ich gehört habe, sollen sich auch hinter den Grenzen Rudel miteinander verbünden. Wie friedlich es hier auch wirken mag, ich spüre, dass sich da etwas zusammenbraut und jeder einzelne Magier wird für diesen Kampf wichtig sein. Es gibt durchaus Fälle, in denen Abtrünnige begnadigt worden sind, auch wenn das noch vor unserer Zeit war. Ich sage ja nicht, dass sie sich im Orden frei bewegen dürfte, aber selbst als Gefangene wäre uns eine Heilerin sicher hilfreich. Und du musst bedenken, dass ihr, wie allen Ordensmitgliedern, eine faire Anhörung zusteht. Bevor wir urteilen, sollten wir uns erst einmal ihre Gründe genauer anhören.“ "Doch bedenke, dass die Wilden sie verderben können. Eine Gehirnwäsche bei Abtrünnigen anzuwenden ist in manchen Fällen durchaus möglich. Manche Wilden beherrschen solche verbotenen Techniken Sie beeinflussen die anderen! Natürlich als Heilerin wäre sie sicher hilfreich und es ist ein sehr großer Verlust, ohne Zweifel, dennoch kann sie anstatt heilen auch töten! Aber du hast Recht, eine faire Anhörung steht ihr genauso zu, wie den anderen!" „Lexie ist eine starke Magierin. In den meisten Fällen sind Wölfe mit mächtiger Magie nicht beeinflussbar. Aber es stimmt natürlich, wir müssen es abwarten. Es besteht auch noch die Möglichkeit, dass sie unseren Jägern entkommt. Für so einen Fall habe ich den Anführer der Jäger zwar angeordnet, dass die Jäger die Grenze überschreiten sollen, wenn es möglich ist, allerdings wissen wir beide, dass dies auch zum Tod von Akira und Nimrod führen kann. Sie sind extrem gute Jäger, aber es gibt dort auch extrem starke Wilde.“ Talon wünschte sich insgeheim, dass Lexie ihnen entkommen würde. Er wollte sie um keinen Preis töten lassen. Seine einzige Tochter hinzurichten, war ein unerträglicher Gedanke für ihn. Das konnte er nicht zulassen. „Aber ich glaube wir sollten langsam unseren Pflichten nachgehen“, lächelte der Rüde und kuschelte sich kurz an seine Gefährtin. "Ja, wir sollten sie nicht warten lassen. Nicht dass sie beunruhigt sind. Aber ich fühle es, die Wilden werden immer stärker. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, damit wir auch in Zukunft stärker sind als sie!" Aura war besorgt, aber sie folgte Talon in die große Halle, wo die Meistermagier bereits warteten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)