tai•toku von abgemeldet (Melancholischer Weg zur Erkenntnis...) ================================================================================ Kapitel 1: fu•an... ------------------- 1. || fu•an... Kälte. Stille. Verzweiflung. Ausdrücke, die nicht nur das Wetter beschreiben, sondern auch die Gefühle eines gewissen Rotschopfes wiedergeben. Seit Tagen regnet es ununterbrochen in Strömen, was der Jahreszeit eigentlich weniger entspricht. Denn es war Frühling, und so viel hatte er noch nie gesehen in dieser Zeit. Es ist fast so, als ob das Wetter sich nach den Gefühlen einem selber richtet, nach IHM richtet ~ Kaoru Hitachiin, der, wie sooft in letzter Zeit, alleine in seinem, nein, IHREM Zimmer sitzt, vollkommen der Kälte ausgeliefert, die das Wetter mit sich bringt. Und eine defekte Heizung macht die Stimmung, die sowieso schon weit unter 0 gesunken ist, nicht grade besser. Kaoru sitzt auf der Fensterbank, mit dem Rücken gegen dessen Rahmen gelehnt und schaut durch das verschwommene Fenster nach draußen in den Regen, ohne auf etwas bestimmtes zu achten. Mit einer Decke über den Schultern versucht er die Wärme, die er so sehr vermisst, zu ersetzen. Wie alle viertel Stunde mittlerweile, seufzt der Jüngere leise auf. Heute ist wieder einer der Tage, wo sein geliebter Zwillingsbruder erst spät am Nachmittag nach Hause kommen wird. In all der Zeit SEINER Abwesenheit, denkt Kaoru viel nach und ihm wurde einiges bewusst, was er eigentlich nie so richtig in Augenschein genommen hat. Bis zu dem Tag, an dem Hikaru anfing, sich fast jeden Tag mit Haruhi zu treffen… [♠] …Vor fünf Tagen in der Schule… [♠] „Och nö, Maatheee~“ Seufzte Hikaru auf seinem Platz im Klassenzimmer und streckte sich genervt. Ich stimmte in seinem Seufzen mit ein. Wer hatte schon große Lust auf Mathe? Wir beide bestimmt nicht. Hikaru wand seinen Kopf in meine Richtung und lächelte, nein, grinste mich eher an, was er in letzter Zeit häufiger tat. Aber leider konnte ich das ‚Warum?’ nicht beantworten… Wurde selbst nicht daraus schlau und lächelte einfach, wenn auch etwas verwirrt, zurück. Hikaru erhob sich, wuschelte mir durch die Haare und ging anschließend zu Haruhi, ohne mir ein Wort zu schenken. Mal wieder. Haruhi, die noch immer auf ihrem Platz saß, lächelte Hikaru entgegen, und auch er schien das Lächeln mehr als doppelt zu erwidern. Warum freute er sich nur so, sie zu sehen? Oder kam es mir nur so vor? Langsam erhob auch ich mich, um mich zu den beiden zu gesellen. Aber bevor ich bei ihnen ankommen konnte, erhob sich Haruhi rasch und ging zusammen mit Hikaru aus dem Klassenzimmer in die Pause, die seit ca. 2 Minuten lief. Ich sah den Beiden nur ein wenig irritiert hinterher. Hatten die mich gesehen? Wahrscheinlich nicht, sonst wären die doch nicht einfach so dreist fort gegangen. Oder? Ich versuchte, mir nichts darauf einzubilden und wand mich eines der großen Fenster zu. Die Sonne verschwand hinter grauen, dunklen Wolken. Die Nase leicht kräuselnd, beobachtete ich, wie diese düsteren Schleier die Sonne immer mehr verschluckten und sie anschließend ganz abdeckten. Regen prasselte an das Fenster. Erst leicht, dann immer stärker. Und das im Frühling. Wirklich super. Nachdem die Pause sich dem Ende geneigt hatte, kamen Hikaru und Haruhi fröhlich gestimmt wieder in das Klassenzimmer und setzten sich auf die jeweiligen Plätze. Ich tat es ihnen gleich. Während Mathe mal wieder stink langweilig war und mehr als langsam vorbei ging, sah ich einige Male unbewusst zu Hikaru, der ein seltsames Grinsen auf seinen Lippen trug und sich anscheinend über etwas freute. So gerne ich auch wissen würde, was es war, wartete ich lieber ab bis nach der Schule. Und das dauerte leider noch so seine Zeit. Doch ich sollte dazu, ihn zu Fragen, gar nicht erst kommen… „Hikaru!“ Rief ich, als ich das Schulgebäude verließ und hinter meinem Ebenbild her rannte, der seine Tasche geschultert hatte und auf den Weg war, das Tor zu verlassen. Er drehte sich zu mir um. „Oh, Kaoru, hey…“ kam es von ihm und er lächelte. Der Regen hörte für den Moment auf, aber es sah stark nach mehr aus. „Wieso hast du es denn so eilig?“ Immerhin war Hikaru regelrecht aus dem Klassenzimmer gestürmt, was mir nicht begreiflich werden wollte. „Ehm, also… ich wollte mich noch kurz mit Haruhi vor dem Schultor treffen und sie ungern warten lassen. Du weißt ja wie lange ich eigentlich fürs Packen brauche“ versuchte er sich rauszureden. “Haruhi?“ „Ja, also… sie war noch kurz bei Tamaki und da haben wir uns halt gesagt, dass wir uns dort treffen.“ Gab er mir zu verstehen und ich nickte. „Achso… habt ihr … etwas Bestimmtes vor?“ Fragte ich etwas unbeholfen. War ich es schließlich nicht gewohnt, dass er, ohne mir etwas zu sagen, verschwand. „Wir wollten gleich zu ihr und… etwas für die Schule tun. Sie … versteht da etwas nicht und bestand darauf, dass ich ihr das erklären soll.“ Ich nickte wieder und sah ihm in die Augen. Irgendwas sagte mir, dass etwas nicht stimmte, dass es gelogen war. Aber etwas ganz anderes, ich glaube es war im Brustbereich, zog sich unweigerlich zusammen zu einem durchzuckenden Schmerz. „Dann…wünsch ich euch … viel Spaß dabei“ Lächelte ich etwas schief. „Bist du denn zum Abendessen wieder zurück?“ Fragte ich, noch immer mit diesem dümmlichen Lächeln auf den Lippen und mein Gegenüber nickte. „Klar!“ Er grinste und ging das Stück dann mit mir weiter, ehe ich in die schwarze Limousine einstieg…das erste Mal ohne meinen Bruder. Wir winkten uns kurz zum Abschied, bevor ich dem Fahrer den Befehl gab, gas zu geben. Beim Abfahren sah ich, als ich zurückschaute, wie Haruhi auf Hikaru zuging und sie sich beide anlachten. Erneut keimte ein stechender Schmerz in mir auf. Was war das nur? So etwas hatte ich bisher nur ein einziges Mal gespürt. Und zwar an dem Tag, an dem Hikaru aus seinem Koma nicht mehr erwachen wollte, nachdem er von einem Auto angefahren wurde. In dem Moment von damals hatte ich panische Angst, ihn zu verlieren. Warum verband ich dieses Ereignis heute mit dem von Damals? Ich konnte nur selber den Kopf schütteln, in der Hoffnung, den Gedanken und das Gefühl nicht mehr ertragen zu müssen. Später am Nachmittag. Ich war schon länger Zuhause und versuchte, meine Hausaufgaben zu bewältigen, was schwerer war als zugegeben. Immer wieder schweiften meine Gedanken zu Hikaru und Haruhi. Warum? Warum nur machte mich das so … verrückt? Hatte ich etwa kein Vertrauen mehr in meinen Bruder? Mir blieb ein Schluchzen in der Kehle stecken und ich verfluchte mich selber leise, was für ein Idiot ich doch war. Ich musste akzeptieren, dass selbst Hikaru ein eigenes Leben führte und seinen Freiraum brauchte. Ich warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. Es war gleich 18:00 Uhr. Viel zu lange war mein geliebter Zwilling nun aus dem Haus. Unerträglich lange. Dieses Gefühl der Einsamkeit machte sich immer mehr in mir breit, als ich durch das Leere Zimmer sah. Wenn sein Ebenbild hier war, war es angenehm warm und… klein. Nun wirkte der Raum eisig kalt, leblos, verlassen und viel zu groß. Es war so ruhig, dass ich jeden einzelnen Tropfen, der gegen das Fenster prasselte, hören konnte. Selbst die Tür, die gerade von den Hausmädchen geöffnet wurde. Moment, die Haustür wurde geöffnet? „Hikaru...!“ Entfuhr es mir erleichternd und ich sah erwatungsvoll zur Zimmertür. Es dauerte nicht lange, als Hikaru durch diese trat, und sie hinter sich wieder schloss. „Da bist du ja!“ Lächelte ich ihm entgegen und stand auf. Er lächelte mir ebenso zurück. „Sicher, hab ich doch gesagt, dass ich zum Abendessen wieder zurück bin.“ Er trug ein Handtuch lässig über dem Kopf und sein Oberkörper war vollkommen frei. Wahrscheinlich haben die Hausmädchen es sich von ihm geben lassen, damit sie es trocknen, oder gleich durchwaschen konnten. Ich ging näher zu ihm und umarmte meinen vermissten, älteren Bruder, der mir eine Hand auf den Schopf legte. „Alles in Ordnung bei dir? Du tust ja gerade so, als sei ich Monate weg gewesen“ Lachte er leise. „Wenn du wüsstest…“ nuschelte ich leise. „Hm? Was hast du gesagt?“ ich zuckte leicht zusammen, als er mich das fragte, ließ von ihm ab und lächelte ihm zu. „Nichts..“ Gab ich zu und fasste das Handtuch um seinen Kopf, sodass ich seine Haare sanft durchrubbeln konnte. „Zieh dir lieber etwas Trockenes an, sonst erkältest du dich noch.“ Meinte ich mit leichter Besorgnis im Unterton. Auch er lächelt über meine Worte, packte dann plötzlich ganz sanft meine Handgelenke und entfernte diese von seinem Handtuch. Er führte meine Arme nach unten und sein Gesicht näher an das meine, um mich gleich darauf auf die Stirn zu küssen. „Danke.“ Hauchte er genauso sanft wie seine Berührungen und ließ dann von mir ab, um sich dem Schrank mit den Klamotten zu widmen. Ich sah ihm nach und bekam das Lächeln gar nicht mehr von meinen Lippen. Hikaru, der sich seine Sachen zusammengesucht hatte, verschwand darauf, mit einem kurzen Zwinkern zu mir, in das Bad, welches gleich an unserem Zimmer angrenzte. Noch immer stand ich da und starrte die Badezimmertür an. Dann aber fiel mir wieder ein, wo er eigentlich gewesen war. Ich schluckte. Wieder durchzuckte mich in der Brust einen stechender Schmerz. Mein Lächeln schwand und ich setzte mich wieder auf den Stuhl, um die Hausaufgaben weiterzumachen. Ich hatte die dumpfe Ahnung, dass mein Zeitgefühl hinüber ist, denn nach gefühlten zwei Stunde trat Hikaru aus dem Bad, in voller Montur und kam auf mich zu. „Du warst aber lange da drin.“ Machte ich ihn auf seine Abwesenheit aufmerksam, lächelte jedoch, um das ein wenig ins Witzige zu ziehen. Er sah mich nur leicht seltsam an, ehe er wieder sein Grinsen aufsetzt. „Seit wann sind 15 Minuten lange?“ Fragte er spielerisch und lachte dann leise, ehe er sich auf den Stuhl neben mich setzt und seine Hausaufgaben rausholt, um ebenso darin zu arbeiten. Nur 15 Minuten also? Ganz klar… Mein Zeitgefühl war im Eimer. Ich seufzte leise, kaum hörbar und ließ mein Blick von ihm zu meinen Hausaufgaben schweifen. „Wie war es denn bei… Haruhi?“ Fragte ich, versuchte aufrichtig zu klingen, aber bei ihrem Namen musste ich doch ein wenig zögern. Er sah von seinen Hausaufgaben nicht auf, aber anscheinend merkt er, wie ich meinen Blick wieder ihm zwand. „Ganz lustig.“ Erwiderte er knapp. Ich biss mir leicht auf die Unterlippe, riss mich zusammen und hakte weiter nach. „Hat sie das, was sie nicht konnte, denn jetzt verstanden?“ War die nächste Frage, die ich ihm stellte und wieder sah er von seinen Aufgaben nicht auf. „Nicht ganz, nur teilweise…“ Der Satz blieb in der Luft hängen, nur kurz, sodass ich mir meinen Teil wie: |» So? Und was habt ihr so lange gemacht, dass sie es nach so vielen Stunden noch immer nicht verstanden hat? «| dachte. Aber meine Gedanken behielt ich lieber für mich. „Du weißt ja selbst, dass wir am Donnerstag und Freitag arbeiten schreiben. Deswegen gehe ich morgen noch mal zu ihr, um ihr den Rest so gut es geht zu erklären.“ Mir stockte der Atem und wieder durchfuhr mich ein Schmerz, der diesmal so unerträglich war, dass ich leicht zu husten anfing. Hikaru sah zu mir, sichtlich erschrocken über meine Reaktion. „Kaoru? Alles klar?“ fragte er mich und bemusterte mich eindringlich. Ich nickte und klopfte mir mit der Faust demonstrativ gegen die Brust. „Hab mich nur…an meiner Spucke verschluckt...nicht der Rede wert“ ich zwang mich zu einem Lächeln um ihn zu beruhigen. Wenn er von meinem Schmerzen erfahren würde… Nein! Er durfte es einfach nicht wissen!! Noch kurz war sein besorgter Blick auf mich geheftet, ehe er sich Kopf nickend wieder seinen Hausaufgaben widmet. Ich holte noch mal Luft, ehe ich es ihm gleich tat. Ich konzentrierte mich so gut es ging, was nur mäßig zu klappen schien. Hikaru war so frei, mir, nachdem er seine Aufgaben fertig bearbeitet hatte, behilflich zu sein. Als dann auch ich fertig war, dankte ich ihm und sah auf die Uhr. 18:34 Uhr. Ich seufzte leise, gleich würden uns die Hausmädchen das Abendbrot bringen. Und siehe da, kaum ließ ich den Gedanken fallen, wurde auch schon an der Tür geklopft. Wir beide ließen sie mit einem länger gezogenes, fast schon säuselndes, synchrones „Haaai~“ herein, was wir fast immer taten. Die beiden Hausmädchen trugen die völlig normale Hausmädchenkleidung. Eine von denen war Schwarz-, die andere Braunhaarig. Beide hielten sie ein silbernes, schlichtes Tablett in der Hand, worüber ein halbovaler, ebenso silbern glänzender Deckel drauf lag, um das Essen zu schützen und warm zu halten. Die zwei Damen verbeugten sich und stellten uns die Tablette auf unseren Tisch, an dem wir saßen. Wir beide bedankten uns, wieder synchron und warteten, bis sie unser Zimmer verließen. Manchmal hatten wir unsere Momente, wo wir einfach immer etwas zur selben Zeit sagten oder taten, was mir immer ein leichtes Lächeln auf die Lippen bescherte. Denn das konnte uns niemand nehmen. Halt, Moment, warte… Was sollte mir denn sonst bitte genommen werden? Bezog ich das etwa auf Hikaru? Ich blinzelte kurz, bevor ich den Gedanken versuchte zu verwerfen. So etwas Naives! Wer sollte mir denn bitte Hikaru wegnehmen? Er würde immer mein großer, gut aussehender, süßer Bruder sein. Wieder erschrak ich über meine Gedanken. Aber so egoistisch, selbstverliebt und arrogant es auch sein mag, es stimmte. Nur weil wir uns ähnlich sahen, hieß es nicht, dass wir auch gleich im Inneren waren. Hikaru war der… stärkere? Ich will ja jetzt nicht sagen, ich sei schwach. Aber von Gefühlen her war ich schon immer zerbrechlicher und sensibler als er. Ich seufzte leise in mich hinein und betrachtete das Essen. Den Deckel hatten die Hausmädchen schon entfernt. Hikaru war schon längst am reinhauen. Dann sah er, dass ich mein Essen nur anstarrte, als wäre es ein Eimer, in den man tiefer schauen müsste, um zu sehen, was dort drin war. „Kaoru? Hast du etwa kein’ Hunger?“ Er riss mich aus meinen Gedanken und ich sah ihn nur kurz verständnislos an, ehe ich wieder leicht lächelte. „Doch, doch…!“ ich nahm die Gabel und das Messer in die Hände, um ein kleines Stück von dem mageren Hünerbrustfilet abzuschneiden und mir anschließend in den Mund zu schieben. Danach kam das frische Gemüse dran, die Nudeln plus Soße und der Salat, der in eine extra Schüssel aufgetan wurde. Ein leichtes Essen, aber wir beide mochten es, gerade dann, wenn man danach nicht mehr wegging. Würde man sich mit Vollgefressenem Bauch ins Bett legen, würde das ansetzen. Ich aß nicht alles auf, lediglich knapp die Hälfte. Als ich einen flüchtigen Blick auf Hikarus Teller warf, sah ich, dass er alles brav aufgegessen hatte. Er lehnte sich in dem Stuhl zurück und legte sich eine Hand auf den Bauch. „Das war lecker!“ Meint er leicht grinsend, bis er es mir gleich tat und seinen Blick auf meinen Teller warf. „Hm? Kaoru, du hast ja fast nichts gegessen.“ Er sah mir in die Augen und ich zuckte nur die Schultern. „Hab’ heute keinen großen Appetit“ gestand ich, ehe ich die Hausmädchen mithilfe einer kleinen, laut klirrenden Glocke, (xD) die ich an dem Griff hielt und leicht schüttelte, herbeirief. Es dauerte nicht lange, da kamen die Beiden auch schon hineingestolpert, verbeugten sich und nahmen die Tabletten mit sich, als sie das Zimmer zum zweiten Mal heute verließen. Ich erhob mich von meinem Stuhl und streckte mich ausgiebig. Hikaru, der schon seinen Schlafanzug anhatte, sprich eine dunkelrote, lange karierte Hose und ein genauso dunkelrotes, kariertes Hemd, erhob sich ebenfalls vom Stuhl um in das Badezimmer zu gehen. Ich folgte ihm und wir beide putzten anständig unsere Zähne. Anschließend ging ich hinaus, um meinen Schlafanzug, der in dem gleichen Karomuster war wie der von Hikaru, nur in blau, anzuziehen und dem besagten Rotschopf insgeheim in Ruhe pinkeln lassen zu können. Nachdem Hikaru ebenfalls das Badezimmer verließ, ging er schnurstracks auf das Bett zu, lächelte mich vorher aber noch an, ehe ich mich der Toilette zuwendete. Die Hände waschend und abtrocknend, versuchte ich nicht daran zu denken, wie es sein wird, wenn er morgen wieder so lange nicht da wäre. Ob es genauso wird wie heute? Ich musste unweigerlich schlucken. Ich würde ihm zu gerne die Zeit mir Haruhi gönnen, aber trotzdem war ich ziemlich beunruhigt wegen der ganzen Sache. Wieso? Naja… Es ist nicht schwer zu erraten, was für Gefühle Hikaru Haruhi gegenüber hatte. Ich als Zwillingsbruder musste es doch wissen! Aber ich konnte es ihm nicht übel nehmen, darf es auch gar nicht. Wir waren so lange unter uns, die ganze Zeit immer nur zu zweit. Törichte zwei Jungs, die alles ausgrenzten, was ihnen nicht interessant genug vorkam. Dass wir beide zu dem Host Club fanden, bedeutete uns viel. Es gibt zwar immer noch ein ‚Wir’, aber es gibt kein ‚nur Wir’ mehr. „Hey Kaoru, bist du etwa auf dem Klo eingeschlafen??“ laut machte sich die Stimme meines Bruders bemerkbar und ich wusste, dass ich wieder viel zu viel nachdachte, was eines meiner Gegensätze zu Hikaru war. Ich lächelte leicht und trat aus dem Bad heraus, um die Tür zu schließen und mich neben meinen Bruder zu legen, der die Decke bereits für mich aufhielt. „Beinahe..“ Beantwortete ich ihm seine witzig gemeinte Frage und er lachte leise, bevor er mich in die Arme nahm. Ich schmiegte mich enger an ihn und sog seinen Duft ein. Auch wenn wir uns so ähnlich waren, so roch er doch ein ganzes Stück weit anders als ich…und zwar besser. Diese Zweisamkeit konnte uns einfach nicht genommen werden. Zu lange sind wir nun schon zusammen. Also warum machte ich mir eigentlich solche Sorgen? Aber leichter gesagt, als getan, denn mein Bauch und mein Herz sagten etwas anderes, als mein Verstand es tat. „Gute Nacht, Hikaru.“ ich spürte, wie er lächelte und mir einen Kuss auf den Schopf gab. „Gute Nacht, Kaoru.“ Erwidert er und Arm in Arm schliefen wir nach kurzer Zeit ein, sodass wir topfit in den nächsten Tag starten konnten. Einer jedenfalls. To be continued … Kapitel 2: naito•mea ga himitsu•shugi… -------------------------------------- 2. || naito•mea ga himitsu•shugi… „Hikaru…!?“ Ich erschrak, als ich meinen Bruder, der mir so ähnlich sah wie kein anderer, und trotzdem verschieden genug war, um mich ins grübeln zu bringen, weiter entfernt gegenüber von mir stand. Sein atemberaubendes, schönes Lächeln, mit welchem er mich immer beschenkte, war mir zugewandt, denn als ich mich umsah, konnte ich keine weitere Person entdecken. Wir beide standen auf einer großen Wiese, die von Blumen in unterschiedlich schillernden Farben übersät war und leicht in den Böen des Windes tanzten. Um die große, farbenfrohe Wiese waren viele Bäume, genau so hell und freundlich wie das Gras. Rechts, von mir aus gesehen, neben Hikaru stand ein wunderschöner, leuchtender Kirchblütenbaum, dessen Blüten seicht wie Federn zu uns geweht wurden und, ebenso wunderschön tänzelnd wie die Blumen, zu Boden gingen. Hinter Hikaru war ein großer, hellblau strahlender See, der in die Ferne ging, wo es kleine Berge gab, die anscheinend versuchten, in den Himmel zu ragen. Die Sonne schien auf uns herab und ich vergaß all meine Sorgen, als ich mich dem Gesicht meines Ebenbildes wieder widmete. Dann fiel mir auf, dass etwas aus der rechten Seite, die seine linke ist, eine Kette baumelte. Eine richtige, eiserne Kette, wie sie Sträflinge um Hand- und Fußgelenken trugen. Als ich der Kette mit den Augen folgte, bemerkte ich, dass sie irgendwo hin führte, näher zu mir und sah an mir herunter. Die Kette war mit meiner linken Brusthälfte verschmolzen, was soviel hieß, dass diese Kette uns beide verband. Ein Band, so fest, dass es niemandem Gelingen würde, sie auseinander zu reißen. Ich lächelte und sah wieder zu meinem Bruder, der noch immer dieses Lächeln auf seinen Lippen trug. Gerade wollte ich auf ihn zu gehen, als ich Schritte vernahm. Mein Kopf schnellte nach links und ich sah Haruhi, wie sie aus dem Wald trat und immer näher auf uns zukam. Mein Herz pochte und wieder war dieser durchzuckende Schmerz in meiner Brust, der mich dazu brachte, die Luft anzuhalten. Immer und immer näher trat sie zu uns. Ich wollte etwas sagen, doch ich brachte nicht ein Wort raus. Sie sah anders aus. Nicht wie wir sie kannten. Nein, denn sie trat nicht als Junge wie im Host auf, sondern als Mädchen. Ein rosa, knielängliches Rüschenkleid umschlang ihren zierlichen, dünnen Körper und brachte ihr weibliches Gesicht, welches zu einem Lächeln verzogen war, zum Ausdruck. Eine Haarschleife, in derselben Farbe wie ihr Kleid, hing and der rechten Seite ihres braunen, kurzen Haares und wehte leicht im Wind auf und ab. Sie blieb vor unserer Kette stehen, ging in die Hocke, nahm dieses Band, welches unsere Beziehung verdeutlichen sollte, in ihre Hände und zog es auseinander. Ich riss die Augen auf, als es mit einem erschreckenden knacken zu Bruch ging. Nun ließ sie die zwei Hälften, eine, die zu mir führte, die andere, die zu meinem Bruder führte, los, sodass sie zu Boden fielen. Haruhi ging auf Hikaru zu, stellte sich an seine Seite und er schlang einen Arm um ihre Schultern. Die Kette begann sich langsam aufzulösen, bis sie ganz verschwunden war. Ein fieses Grinsen lag auf den Lippen Haruhis, und als ich zu meinem Bruder sah, merkte ich, dass auch er mich mit solch einem Blick ansah, der sagte, für mich sei kein Platz mehr in seinem Herzen. Die Blumen und wunderschönen Blüten färbten sich pechschwarz und welkten, auch das Gras nahm ein unschönes Braun an. Der Kirschbaum entblätterte seine einst strahlenden rosa Blüten, die ebenso verwelkten wie die Blumen zu seinen Füßen. Der Wald rings herum wurde dunkel und der See färbte sich in ein Schwarz, was an einen Abgrund erinnerte. Dunkel grauer Nebel erschien über dem See und verdeckte den blauen Himmel. Immer schneller kam er auf uns zu und das zweite, was er zu verschlucken schien, waren Hikaru und Haruhi. Kurz noch sah ich Sein fieses Grinsen, bevor ein erstickter Schrei meine Kehle verließ, der den Namen meines Bruders wiedergab. Voller Entsetzen riss ich meine Augen auf und zitterte am ganzen Leib. Mein Kopf schnellte zu meiner Linken, was mich sofort ein wenig beruhigte. Hikaru lag noch immer da, wo er zu liegen hatte und ich fasste mir erleichternd ans Herz. Ich bemerkte, dass ich auf Hikaru herabsah, anstatt auf seiner Höhe zu liegen und musste feststellen, dass ich durch diesen Schock, der mir den Alptraum beschert hatte, aufgeschreckt bin und mich aufgerichtet haben muss. Ich wischte den Schweiß mit meinem Oberarm von meiner Stirn und beobachtete Hikaru noch eine ganze Weile, wie er da lag, auf dem Rücken, die Decke halb auf dem Boden und musste leicht grinsen. Sein Atem ging regelmäßig, was ich an dem auf und ab senken seiner Brust sah. Leicht beugte ich mich ein wenig näher zu ihm und betrachtete sein makellos wunderschönes Gesicht, welches einen friedlichen Eindruck machte. Ich zwang mich im Zaum zu halten, als ich bemerkte, wie meine Hand versuchte zu seinem Gesicht zu gleiten, um seine weiche Wange zaghaft und sanft zu streicheln. So fest ich konnte, biss ich mir auf die Unterlippe, schlug meine Decke leise zur Seite und stand auf, um in das Badezimmer zu gehen. Vor dem Spiegel stehen bleibend, stützte ich mich mit den Händen am Waschbecken ab und beäugte mein Spiegelbild. Auch wenn andere uns nicht unterscheiden konnten, fand ich, dass ich einfach um längen nicht so hübsch war, wie der, der seelenruhig in unserem großen Doppelbett schlief und hoffentlich einen besseren Traum haben würde, als ich. Seufzend wusch ich mir das Gesicht und verzog dieses gleich wieder, als ich an dieses schreckliche Szenario in meinem Kopf zurückdachte. Warum schlich sich etwas so furchtbares in meine Gedanken? Ich schluckte schwer und hielt mich wieder am Beckenrand fest, als mich dieser durchzuckende Schmerz aus dem Konzept brachte und mir leicht schwindelig wurde, wo ich an die Kette dachte, die Haruhi mit bloßen Händen zerstörte. Warum? Warum gerade Haruhi? Verdammt… sie war doch auch meine Freundin!?! Ich bemerkte gar nicht, wie eine kleine Träne meine Wange hinab rann und musste über mich selbst den Kopf schütteln. Ich interpretierte da einfach viel zu viel hinein. Zwischen Hikaru und Haruhi läuft doch nichts, und wenn doch, kann es mir doch an der Nase vorbei gehen!? Ich möchte meinen Bruder ja auch glücklich sehen, das wäre es, was ich mir wünschen würde, aber warum macht mich das so fertig? Mit meinen Zeigefinger und Daumen packte ich mir zwischen mein Nasenbein und schloss die Augen. Immer dieses ständige ‚Warum?’. Das ging mir so was von auf den Keks. Viel zu viele Fragen schwirrten in meinem Kopf herum und es macht mich wahnsinnig, dass keiner die Antwort dafür kannte! Seufzend begab ich mich wieder in unser Zimmer, wand meinen Blick zu Hikaru und ging zum Fenster, um es, so leise wie nur irgend möglich, zu öffnen. Mir war ziemlich warm, außerdem wollte ich nur kurz lüften und danach wieder schließen, aber dieses Mistding wollte sich einfach nicht öffnen lassen! Ich zog fester und mit einem plötzlichen ‚plopp’ sprang es auf, was mich so überrascht hatte, dass ich ein leises, zumindest versuchend leises, „Whuaa!“ von mir gab und rückwärts auf dem Boden landete, mit dem Rücken gegen das Bett. Ich war darauf gefasst, jetzt etwas von meinem Bruder hören zu bekommen, den ich deswegen aufgeweckt hatte und lauschte. Aber das einzige, was Hikaru darauf erwiderte, war ein unverständliches Gemurmel und ein kleines Rascheln, was bedeutete, dass er sich anscheinend wieder umgedreht haben musste. Erleichternd aufseufzend, und diesmal bewusste leise, erhob ich mich, um einen flüchtigen Blick auf die Uhr zu werfen, die in leuchtend roten Zahlen 5:30 Uhr anzeigte. In einer halben Stunde würde es sowieso klingeln, also warum sollte ich mich wieder in meinen Alptraum stürzen? Nein, nein, dies lass ich lieber bleiben. Mit einem letzten Blick auf Hikaru, verschwand ich dann mit frischen Klamotten im Bad und machte mich schon mal für die Schule fertig. Sauber und äußerlich fit wie ein Turnschuh, ging ich die Sachen für die Schule einpacken, sowohl meine als auch die von Hikaru und wartete darauf, dass der Wecker ihn aufweckt. 7… 6 … 5 … 4 … 3 … 2 … 1 … PIEP PIEP PIEP PIEP PIE- das Klingeln erstarb, als Hikaru seine Hand erhob und auf den Wecker mehr oder weniger drauf schlug, um diesen auszuschalten. „Kaoruuu~ aufwacheen~“ Nuschelte er schläfrig und drehte sich auf die Hälfte um, an der ich eigentlich zu liegen habe und musste grinsen, als seine Augen an Größe gewannen und er sich umsah. „Kao- ..“ wollte er gerade durch das Zimmer rufen, als er mich auf dem Stuhl sitzen sah, wo wir am Tag zuvor unsere Hausaufgaben gemacht hatten. Er stand auf, fuhr sich mit seiner Hand durch die Haare und kam auf mich zu, mit einem leicht verwirrten Ausdruck im Gesicht. „Guten Morgen“ entgegnete ich ihm mit einem freundlichen Lächeln, welches mehr an ein Grinsen erinnerte. „Morgen…“ Murmelte er, noch immer halb im Schlaf und blieb unmittelbar vor mir stehen, streckte eine Hand aus und legte sie auf mein Haar, um sich anscheinend zu vergewissern, dass er nicht träumte. „Warum sitzt du hier?“ Fragte er irritiert und besah mich genauer, wobei ihm wohl auffiel, dass ich schon vollkommen fertig angezogen war. „Ich konnte nicht mehr schlafen, also blieb ich wach.“ Antwortete ich ihm aufrichtig. „Wie lange bist du denn schon wach?“ Kam es als nächstes von ihm. War er etwa besorgt? „Eine halbe Stunde.“ Ich stand auf und durchwuschelte seine Haare „Geh dich in ruhe fertig machen, Sachen sind schon gepackt. Ich weiß ja, wie lange du dafür immer brauchst.“ Lächelte ich und mir schoss der gestrige Tag in den Kopf, als er genau das zu mir sagte. Ich zuckte kurz zusammen. Aber es stimmte. Er war nicht gerade sehr schnell im Packen seiner Schultasche. „Echt? Eh…Danke“ Lächelte er dann und gab mir einen Kuss auf die Stirn, um gleich darauf mit frischen Sachen im Bad zu verschwinden. Als er wieder raus kam, saß ich wieder auf dem Stuhl und beobachtete ihn bei seinem Tun. Danach gingen wir in die Küche, um ein wenig unsere leeren Bäuche zu füllen. Anschließend machten wir uns auf den Weg zu unserer schwarzen Limousine, die uns in die Schule brachte. Die gesamte Zeit musste ich daran denken, dass Hikaru nachher wieder nicht zuhause sein würde, doch gleichzeitig versuchte ich, diesen Gedanken ins Jenseits zu schicken. Ich hatte es Gestern doch auch ausgehalten, also werd ich das Heute auch, sagte ich mir innerlich, wappnete mich geistig für die Schule und, ganz besonders, auf eine bestimmte Person: Haruhi. Die ersten zwei Stunden Sport liefen ganz normal ab, wie sonst auch. Aber dann rückte die Pause näher. Im Klassenzimmer angekommen, stellte ich die Bücher für Mathe, ja, wen wundert es, das ‚beste’ Fach hatten wir leider jeden Tag, auf meinen Tisch. Ich sah mich nach Hikaru um, der, wie ich soeben feststellen musste, wieder bei Haruhi war und anscheinend etwas aufgeregt mit ihr redete. Worüber nur? Langsam, fast schleichend, gesellte ich mich zu ihnen und konnte, unbeabsichtigt natürlich, einige Wörter aufschnappen, sogar Sätze wie: „Und er hat echt nichts erwähnt?“ „Nein, gar nichts.“ „Vielleicht hat er es ja wirklich vergessen?“ „Sieht ganz danach aus, aber das ist so untypisch für ihn… er freut sich sonst immer so über- Oh, hey Kaoru…!“ Hikaru hörte sich ertappt an, was mich kurz irritierte, lächelte dann aber, mehr gezwungen als gewollt. “Hey, worüber habt ihr denn geredet?“ Fragte ich gleich drauf los. Ich wusste, wenn sie es mir nicht sagten, dass sie beide ein Geheimnis hatten… und zwar vor mir. Ob das gegenüber Tamaki, Kyouya, Honey und Mori auch so war? Haruhi und Hikaru tauschten einen undefinierbaren Blick, ehe Haruhi das Wort ergriff und die Hände abwehrend hob. “Ehh… über gar nichts, wirklich… Wir, haben uns… haben… also…“ „Wir haben uns über… Sport unterhalten!“ platzte es aus Hikaru heraus und ich sah die beiden abwechselnd an. „Ja, genau! Findest… findest du nicht auch, dass es langsam langweilig wird, was wir im Sportunterricht machen? Hehe… also.. ich meine, immer wieder dasselbe!“ Das ‚hehe’ von ihr hörte sich ganz stark nach Unbeholfenheit an, nein, die ganzen Sätze, die sie raus brachte! Ich sah den Beiden tief in die Augen und wieder durchfuhr mich dieser Schmerz, als ich erkannte, dass mein Bruder mich wieder anlog. Und diesmal nicht nur er! Sie steckten beide unter einer Decke. Was hab ich ihnen getan, dass sie mir gegenüber so sind? Ich schluckte die Gedanken und das Unwohle Gefühl, sowie die Schmerzen hinunter und lächelte wieder, versuchte es zumindest. „Achso … ehm, ja. Basketball machen wir wirklich ... ziemlich oft.“ Ich runzelte leicht die Stirn über mich selber. Komische Antwort, aber besser als gar keine. Hikaru und Haruhi sahen sich an und für einen kurzen Augenblick konnte ich sehen, dass Hikaru sich auf die Unterlippe biss, bevor sein Ausdruck sich in wenigen Sekunden wieder normalisierte und er mich mit einem Lächeln ansah. „Haruhi und … ich müssen kurz in die Bücherei. Bis gleich!“ Das Wort ‚Bücherei’ kam mehr als Frage heraus, aber bevor ich noch etwas erwidern konnte, verschwanden Hikaru und Haruhi durch die Klassenzimmertür. Sie ließen mich stehen, einfach so. Sie haben mich angelogen, einfach so. Und sie würden sich nachher wieder treffen, einfach so. Die Stunden zogen rappelig vorbei, was wohl daran lag, dass ich mich einfach nicht konzentrieren konnte. Wieder nicht. Es war genau wie Gestern. Immer häufiger glitt mein Blick unbewusst zu meinem Bruder, der anscheinend stur dem Unterricht folgte. Ein Glück, dass mich die Lehrer soweit in Ruhe gelassen haben, denn die Antwort hätte ich wahrscheinlich so oder so nicht gewusst. Die Schulklingel ertönte laut und kündete den Schulschluss an, was mein Herz zusammen ziehen ließ. Jetzt würde ich wieder alleine sein zu Hause. Leider. Ich beobachtete, wie Hikaru seine Tasche packte, doch dieses Mal in einem Affenzahn. Genau wie Gestern. Doch diesmal haute er nicht einfach so ab, sondern kam noch kurz auf mich zu, um mir einen Kuss auf die Stirn zu geben und mir ein leises “Bis später“ entgegen zu hauchen. Dann sah ich ihm und Haruhi nach, die den Klassenraum verließen. Ich selber ließ mir Zeit beim packen und wand meinen Blick aus einen der großen Fenster. Es regnete. Wie Gestern. Seufzend schulterte ich meine Tasche und ging, sichtlich betrübt und mit leichten, immer wieder kehrenden Schmerzen in der Brust, die Treppen hinunter durch das Schulhoftor, um anschließend in unsere Limousine zu steigen. Den Regen ignorierend und zum zweiten Mal alleine. Wieder saß ich zu Hause an unserem Tisch, um die Hausaufgaben zu machen. Alleine. Und wieder kam ich nicht weiter, da meine Gedanken, wie Gestern, immer wieder zu den Beiden schweiften. Verdammt! Diese verflixte Wiederholung vom gestrigen Tag und dieses Allein sein machte mich verrückt! Ich war es einfach nicht gewohnt, alleine zu sein und sträubte mich, auch nur einen Blick durch das Zimmer zu werfen, denn Schmerzen hatte ich genug, da brauchte ich wahrlich nicht noch mehr! Es war unerträglich! Der Abend spielte sich nach dem gleichen Schema ab, wie an dem vorherigen. Hikaru kam nach Hause, ich begrüßte ihn voller Freude, machten gemeinsam Hausaufgaben und aßen unser Abendbrot, welches diesmal aus einer Gemüsepfanne bestand. Wir machten uns bett fertig, sprich, putzten Zähne, erleichterten uns und gingen dann ins Bett. „Kaoru? Schläfst du schon?“ Nach einer Weile, ich lag in seinen Armen, die er fest um mich geschlungen hatte, durchbrach er mit diesen Worten die Stille. Ich und schlafen? Keine gute Idee. Ich konnte es einfach nicht, noch immer kamen mir die Erinnerungen des letzten Traumes in den Sinn. „Nein.“ Gab ich leise flüstern von mir und sah auf das Bettlaken. Was würde jetzt kommen? „Ist dir kalt?“ Fragte er wieder und ich runzelte nur flüchtig die Stirn. „N..nein, wieso?“ War ich schon überrascht darüber. „Du zitterst.“ Ich erschrak ein wenig und versuchte mich darauf zu konzentrieren. Es stimmte, ich zitterte wirklich. Ein leises, von mir selbst verwundertes „Oh…“ entfuhr mir und ich schüttelte innerliche den Kopf über mich selber. Warum zitterte ich? Hatte ich etwa angst einzuschlafen? Ich schmiegte mich ein wenig enger an meinen Bruder, der mir beruhigend über den Arm strich. „Tut… mir leid …“ Gab ich leise und entschuldigend von mir, denn ich wollte einfach nicht, dass Hikaru sich sorgen um mich machen musste. „Warum entschuldigst du dich?“ Ich merkte, wie er lächelte und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Obwohl mein Ebenbild mehr als warm war, zitterte ich noch immer. Sachte fuhr seine Hand zu meinen Oberarm weiter rauf bis zu meinen Nacken und krauelte mich leicht. Ich schloss meine Augen und gab ein leises, wohliges Seufzen von mir und schlief unter den sanften, warmen und beruhigenden Streicheleinheiten ein. To be continued… Kapitel 3: shô•rai…? -------------------- Ich schrie den Namen meines Bruders in den düsteren, kalten Nebel hinein, der Ihn verschlungen hatte. Ihn, meinen geliebten Bruder. Tränen rannen mir über das Gesicht. Plötzlich wechselte der Ort und ich stand vor einem Schaufenster. Mir gegenüber waren haufenweise Damen Unterwäsche und ich schreckte zurück, als ein rosa BH mit Rüschen mir in die Augen stach. „Ist der nicht schön? Den möchte ich haben, kaufen wir ihn, ja Schatz?“ Eine piepsige, leicht nervige Stimme erklang links von mir und ich wand meinen Kopf in die Richtung, aus der dieser schreckliche Ton kam. Meine Augen hafteten an einer kleinen, zierlichen, Braun bis Blondhaarigen Frau, die sich in meinem Arm eingehakt hatte und ein strahlendes Lächeln auf den Lippen trug. Ihr Blick traf den Meinen und ich sah, dass sie hell blaue Augen hatte, die vor Glück leuchteten. „Der gefällt dir doch sicher auch, oder? Immerhin brauch ich was Schickes für unsere Hochzeitsnacht!“ Wieder drang diese Stimme in meine Ohren und ich riss die Augen um das doppelte auf. Hochzeitsnacht??? „Wer heiratet denn?“ Fragte ich und sie fing daraufhin nur laut und schrill an zu lachen. „Der war gut..!“ Brachte sie unter dem Prusten heraus, woraufhin ich nur die Stirn runzeln konnte. Ich sah ein Ring an ihrer Hand glitzern. Aus irgendeinem, undefinierbarem Grund wusste ich, dass es ein Verlobungsring war, den ICH ihr angesteckt hatte. Ich schluckte schwer. „Kaoru? Bist du das?“ Eine mir nur altbekannte Stimme rief von rechts meinen Namen und ich drehte mich mit meiner zukünftigen Frau so herum, dass wir ihnen gegenüber standen. „Hikaru?“ Entfuhr es mir und ich musste lächeln, als ich in sein Gesicht sah. Er kam auf mich zu und umarmte mich herzlich. „Wir haben uns ja lange nicht gesehen! Schade nur, dass du letzten Monat krank warst und nicht zu meiner Hochzeit kommen konntest.“ Er sah mich betrübt, aber immer noch lächelnd an und nahm nebenbei die Hand einer Frau. Wieder fiel das Wort ‚Hochzeit’. Und wieder musste ich schlucken, als ich sah, dass es nicht nur irgendeine Frau war, sondern ganz klar Haruhi! Ihre Haare sind nachgewachsen und gehen ihr bis zu der Mitte ihres Rückens. Mein Atem stockte und ich besah mir ihre Hände. Beide trugen sie die gleichen Ringe, nur in unterschiedlicher Größe. „Seid….ihr etwa… ver ... heiratet?“ Das, was ich sagte, kam ziemlich stockend und ein unerträglicher, heftiger Schmerz durchzog meinen Körper, der zu meinem Herz führte. „Natürlich sind wir das!“ Ein Schrei, der unter meinen Tränen erstickte, ließ mich hochschrecken, sodass ich, wie die Nacht davor, kerzengerade im Bett saß. Mein Körper zitterte und die Tränen wollten gar nicht mehr aufhören förmlich aus meinen Augen zu schießen. Leise wimmerte ich, schlang meine Arme um meinen Körper und presste die Augen aufeinander, sodass gleich noch mehr Tränen die Quelle verließen. Ich wollte das nicht! Ich wollte das einfach nicht! Dieses ‚Natürlich’ … wie Hikaru es in meinem Traum gesagt hatte! So selbstverständlich und … undenkbar, dass es gar nicht anders sein könnte, als mit IHR verheiratet zu sein. Und was hatte er gesagt? ‚Wir haben uns lange nicht mehr gesehen…’ Konnte das möglich sein? Ich schüttelte schluchzend meinen Kopf, um diesen schlimmen Alptraum zu vergessen, der gleich an dem vorherigen ansetzte. „Verdammt!“ presste ich unter Tränen leise heraus und erhob mich aus dem Bett. Doch plötzlich fasste mich etwas am Handgelenk, was mich zurück hielt, aufzustehen. Ich sah zu Hikaru, der mit leicht glasigen Augen in die meinen schaute. Seine Hand war warm und es erfüllte meinen Körper mit einem leichten Kribbeln. „Kaoru? Was hast du?“ Fragte er so sanft und mitfühlend, dass mir ganz heiß wurde. Doch dann fiel mir ein, dass mein Gesicht ja noch Tränen überströmt war und wandte meinen Blick aus dem Fenster. „Ni…nichts..“ Gab ich daraufhin zurück und versuchte meine Tränen unbemerkt verschwinden zu lassen, indem ich sie mit meinem Handrücken abwischte. Ich spürte einen Ruck in meinem Arm und bevor ich in irgendeiner Weise reagieren konnte, lag ich neben Hikaru auf dem Bett und sah in seine Augen. Er tat es mir gleich. Sein Blick war besorgt, zugleich auch ernst, was mein Herz nicht gut tat und einen kleinen Sprung Richtung Hals machte. „Ich sehe doch, dass etwas passiert sein muss. Hattest du einen Alptraum?“ Seine sanfte, ruhige Stimme ließ mich leicht erschaudern, aber ich riss mich zusammen und nickte zaghaft. Sicher, ich hätte ihn genauso gut anlügen können, aber darin war ich einfach miserabel. Davon ganz abgesehen würde ich meinen Bruder niemals anlügen! Das mit den Schmerzen ist etwas anderes, immerhin möchte ich einfach nicht, dass er sich Sorgen um mich macht, will nicht, dass er mit mir leidet, wenn überhaupt. Er zog mich fester in die Umarmung und strich mir beruhigend über die Wange, nachdem er mir die Decke hochgezogen hatte. Er lächelte sein typisches Hikaru-Lächeln, was mir so sehr gefiel und mich dazu brachte, ebenso zu lächeln. Der Traum schien wie verflogen, doch ich weiß jetzt schon, dass diese Erinnerung später einschlagen wird wie eine Explosion von Schmerzen und Trauer. „Denk nicht mehr daran.“ Hauchte er mir sanft und leise entgegen. „Solche Träume sollte man schnell in die Vergangenheit befördern, wenn du mich fragst.“ Und er fing an zu grinsen, in das ich mit einsteigen und leise dabei lachen musste. Das stimmte. An solche Art von Träumen sollte man keinen wertvollen Gedanken verschwenden, waren sie es einfach nicht wert. Ich schmiegte mich enger an ihn und konzentrierte mich nur noch auf mein Ebenbild, was mir dabei half, alles um mich herum zu verdrängen. „Danke, Hikaru…“ Murmelte ich leise und kuschelte mich an seine Brust. Seine Hand, die zuvor noch meine Wange verwöhnte, glitt sacht hinter mein Ohr und ich nahm ein wohltuendes Kraueln wahr, was mich etwas schnurren ließ. Doch irgendwie kam mir das alles bekannt vor. Fast wie ein Déjà-vu, würde ich sagen… Aber das war mir egal. Ich fühlte mich geborgen in den Armen meines Bruders und nur das zählte. Langsam schloss ich meine Augen und versuchte ein wenig zu schlafen, nachdem mich Hikaru noch kurz auf den Schopf geküsst hatte. Aber irgendwie wollte das nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Mir kam wieder dieses Braun bis Blondhaarige Mädchen mit der piepsigen, leicht nervigen Stimme in den Sinn… die Hochzeit von Hikaru und … Haruhi… „Dein Bruder gehört jetzt mir!“ Ein teuflisches Lachen erklang aus der Kehle Haruhis und ich riss die zuvor geschlossenen Augen auf. Mein Atem ging schneller und mir wurde heiß, sowie kalt zur selben Zeit. Anscheinend bin ich kurz abgedriftet ins Land der Träume… nein, Alpträume. Ich versuchte, diesen kurzen Schock zu vergessen und sah zu meinem Bruder auf, der anscheinend wieder schlief und von meinem kurzen Zusammenzucken nichts mitbekommen hatte, hoffte ich doch. Sachte wand ich mich aus den warmen Armen Hikarus, schlug langsam die Bettdecke zur Seite und erhob mich. Nachdem ich mir den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, warf ich einen Blick auf die Uhr, welches in rot mir die Zahlen 3:17 Uhr entgegen leuchtete. Leise seufzte ich und begab mich, wie letzte Nacht, ins Bad, um mein Gesicht zu waschen. „Verdammter Mist!“ presste ich hinter zusammengebissenen Zähnen heraus und ballte die Hände zu Fäusten. Ich musste mich stark beherrschen, nicht irgendwo gegen zu schlagen, um meiner Wut und Trauer freien Lauf zu lassen. Und jetzt denkt bitte nicht, ich sei aggressiv. Eigentlich bin ich von Natur aus sehr ruhig und immer zu Späßen auferlegt, da passen Aggressionen einfach nicht hinein. Aber dieses ganze Geheimnistuerei, diese Ahnungslosigkeit … es macht mich einfach wahnsinnig! Noch nie erging es mir so, wie ich mich jetzt fühlte. Ich sank an der Fliesenwand hinunter, die das Badezimmer fast um die Hälfte einnahm. Der Rest war nämlich Tapete. Auch wenn der Boden kalt war, es half mir ein wenig. Wieder versuchte ich, mich nur auf meinen Bruder zu konzentrieren, dachte an die schönen Zeiten im Host Club nach, an die Zeit, wo Haruhi das erste Mal aufgetaucht ist… GANZ großer Fehler! Plötzlich spürte ich einen dermaßen heftigen Schmerz in meiner Brust, dass meine Hand an die Stelle, wo mein Herz war, hinschnellte um zu verhindern, dass es raus fallen könnte. Ich rang mit den Tränen. Egal an was ich dachte, alles lief immer zu ein und denselben Punkt: Hikaru und Haruhi! Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare, die seinen so ähnlich waren, stand auf und ging unter die Dusche, um den Schweiß von mir zu waschen, der an mir klebte wie Dreck. Als ich damit fertig war, zog ich mich an, da ich wusste, dass ich nicht ruhig schlafen könnte, wenn ich mich wieder zu meinen Bruder legen würde. Als ich dann auch mit dem Zähne putzen fertig war, warf ich einen erneuten Blick auf die Uhr, die mittlerweile 3:59 anzeigte. Mein Blick glitt ein wenig weiter nach rechts und schweifte kurz über meinen Bruder, bevor ich mich unseren Taschen zu wand und sie für die Schule ordentlich fertig packte. Ich wollte gerne noch ein, zwei Äugchen zu machen, aber ich konnte, durfte einfach nicht, wenn ich nicht schon wieder duschen wollte! Immer und immer wieder kam mir diese nervige Frau in das Gedächtnis. Himmel! Hoffentlich würde ich sie niemals im Leben treffen! Lange saß ich einfach auf dem Stuhl, wie die letzte Nacht, und beobachtete meinen Bruder beim schlafen, sah ihm zu und musste öfters Lächeln, was mir nie so richtig auffiel. Beinahe, um Haaresbreite, wäre ich vom Stuhl gefallen, als dieses Piepen des Weckers unangekündigt einfach so anfing. Diesmal dauerte es etwas länger, bis Hikaru diesen ausschaltete, bevor er sich wieder umdrehte. Anscheinend wollte er noch ein wenig weiter schlafen. Ich rappelte mich auf und ging auf ihn zu, um ihn von oben herab und über ihn gebeugt zu begutachten. Wie immer sah er mehr als friedlich aus. Sachte öffnete ich meinen Mund, um ihn sanft aus den Träumen und somit aus dem Bett zu locken. „Hikaru~..“ „…“ keine Antwort. „Hikaru.. aufwachen, die Schule fängt bald an.“ „rrhm…“ Es hörte sich an wie eine Mischung aus stöhnen, Lustlosigkeit und Gebrumme. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, bevor ich ihn sanft am Ohr kitzelte. „Nun steh schon auf, oder willst du etwa zu spät zu >Mathe< kommen?“ Ein lautes Stöhnen seinerseits und kurz danach wand er sich in meine Richtung, um mir in die Augen zu sehen. Er zog eine Augenbraue hoch, als er sah, dass ich, wie in der Nacht zuvor, in voller Montur angezogen und fertig war. „Konntest du etwa wieder nicht schlafen?“ Fragte er mich sanft und hob eine Hand, um zärtlich meine Wange zu streicheln. Ich legte meine Hand auf die Seine und sah ihn beruhigt an. „Nein, aber halb so wild.“ Meinte ich nur und half ihm dann aus dem Bett. Noch immer sah er mich etwas misstrauisch und besorgt an, bevor er nickte, mir durch die Haare wuschelte und sich ins bad zurückzog. Wieder wartete ich auf ihn. Das mit Mathe stimmte leider, wie schon erwähnt haben wir dieses Fach jeden erdenklichen Schultag und mittwochs mussten die uns unbedingt zwei Stunden reindrücken. Zwar mochten wir beide dieses Fach nicht, doch Hikaru war schon immer besser darin gewesen als ich, wobei er mir auch immer gerne half … jedenfalls denk ich doch, dass er es gerne tut?! Als Hikaru aus dem Bad kam und ebenso fertig war, wie ich, ging er schnurstracks auf mich zu. Da ich mit dem Rücken zu ihm stand, um die Taschen zu nehmen, bemerkte ich nicht, wie er sachte die Arme von hinten um meinen Körper schlang und seinen Kopf leicht auf meine Schulter legte. Umso mehr erschrak ich, als es mir bewusst wurde. „H..Hikaru.“ kam es etwas stammelnd von mir, beruhigte mich aber schnell wieder, was das anging. „Du riechst gut, Bruderherz…“ Gab er von sich und ich musste leise Lachen. „Ziemlich egoistisch von dir, Bruderherz…“ Erwiderte ich grinsend. Immerhin benutzten wir beide dasselbe Duschgel – Lotusblütenduft – und ich merkte, wie auch er grinsen musste. „Sag mal, wie lange warst du denn diesmal schon wach?“ Ich stockte kurz. Sollte ich ihm die Wahrheit sagen? Und wenn er sich wieder Sorgen macht? Zögernd antwortete ich. „Seit…ungefähr… viertel nach 3…“ Ich biss mir auf die Unterlippe und fühlte, wie Hikaru mich in seiner Umarmung zu sich umdrehte, um mir in die Augen zu sehen. Ich hielt den Atem an, als ich diesen besorgten, viel zu besorgten Blick sah und schluckte schwer. Innerlich verfluchte ich mich selber. Warum war ich nur ehrlich gewesen? Verdammt! Er fuhr mir mit seiner Hand durch die Haare und wandte seine Augen nicht von meinen. „Hoffentlich lassen die Alpträume bald nach, ich mag es nicht, dich so leiden zu sehen.“ Gab er flüsternd zu und ich konnte nicht anders als ihn fragend ansehen. Sah man es mir denn an, dass die Alpträume mir zu schaffen machten? Super, toll gemacht Kaoru, jetzt hast du ihm noch mehr Sorgen als ohnehin schon gemacht. Ich versuchte nur ein wenig zu lächeln, bevor ich mich wieder den Taschen zu wand und ihm sein gab. „Mach dir keine Sorgen…bitte… das geht schon wieder vorbei. Wir sollten langsam los.“ Erinnerte ich ihn und zusammen machten wir uns auf den Weg zur Schule. Wie immer wartete die Limousine in Schwarz draußen auf uns. Aber ob meine Alpträume wirklich vorbei gehen? Ich hab das Gefühl, dass sie nur noch schlimmer werden. In der Schule angekommen, setzten wir uns, nachdem wir Haruhi begrüßt hatten, auf unsere Plätze. Ich versuchte krampfhaft mich auf den Unterricht zu konzentrieren, was nicht grade gut klappte. „Ach ja, bevor ich es vergesse. Seid mal bitte einen Moment still!“ Die Lehrerin meldete sich zu Wort. Ich hob meinen Kopf und lauschte angestrengt. „Ihr wisst ja, dass wir morgen eigentlich einen Mathetest schreiben wollten, und am Freitag dann den besagten Englischtest!“ jaja, ihr habt richtig gehört. Sie unterrichtet bei uns nicht nur Mathe, sondern auch Englisch. Leider. „Nun hab ich einen gute und eine schlechte Nachricht für euch.“ Sie spannte alles gerne immer auf die Folter, sowie jetzt und ich seufzte nur leise. Hikaru tat es mir anscheinend gleich, denn wir beide dachten dasselbe über Hiyo-senpai. „Die schlechte ist: Ich bin Morgen, sowie Übermorgen aus familiären Gründen nicht in der Schule. Also werdet ihr dementsprechend keine Tests schreiben.“ Die meisten ließen leise Jubelrufe ertönen, andere wiederum, sowie die Mathe oder Englisch Freaks, gaben ein >Ohh…< von sich. Ich zählte mich zu denen mit den Jubelrufen. Also war heute doch kein Büffeln angesagt! Schöne Neuigkeit, die man eigentlich als Gute Nachricht abstempeln könnte. Aber man weiß ja, wie Lehrer sind. Ein Blick zu Hikaru sagte mir, dass auch er sich freute. „Nun zu der guten Nachricht!“ Hiyo-senpai strahlte über das ganze Gesicht. „Die Tests wurden sogleich auf den Montag und Dienstag verlegt, also freut euch!“ Einige seufzend, aber einige waren zufrieden. Immerhin war Wochenende dazwischen, was soviel hieß, dass man noch Zeit zum lernen hatte. Freizeit hin oder her, es würde sowieso nicht mehr lange bis zu den Sommerferien dauern. Nachdem wir die zwei Stunden Mathe überlebt hatten, traf die Pause ein und mein Blick glitt automatisch zu Hikaru und Haruhi, die die Köpfe zusammengesteckt und sich über etwas unterhalten hatten, was anscheinend niemand mit anhören durfte. Also blieb ich auf meinem Platz sitzen und starrte aus dem Fenster. Ich versuchte, den Schmerz, der aufkeimte, zu verdrängen und mich auf die Regenwolken zu konzentrieren, die, wie schon oft, die Sonne zu verschlucken schienen und alles in ein hässliches Grau tunkten. „Wir sehen uns dann Morgen im Host Club!“ rief Haruhi mir noch von weitem entgegen und ich nickte, bevor ich ihr zuwinkte. Mein Bruder stand noch kurz neben mir, bevor er mir eine Hand auf den Schopf legte und mir die Haare durchwuschelte. „Bis später dann! Und komm gut nach Hause, es sieht stark nach Regen aus.“ Ich nickte und winkte dann auch ihm, bevor ich mein aufgesetztes Lächeln von meinen Lippen wischte und die Treppe hinunter ging, hinaus in die graue Kälte. Der Tag ging wirklich schleppend voran, aber mal wieder war ein Schultag überstanden. Morgen würden wir uns alle im unbenutzten Musikraum treffen, da Tamaki und Kyouya mit den Vorbereitungen fertig geworden sind. Das Motto hieß nämlich: Zirkus, und was sie sich dafür wieder einfallen ließen, dass es geschlagene drei Tage dauerte? Die schwarze Limousine stand schon da, wo sie zu stehen hatte. Aber heute hatte ich irgendwie keine Lust zu Hause rum zu gammeln, wie die letzten Tage. Es tat mir einfach nicht gut. Also ging ich an der schwarzen Limousine vorbei, den Weg weiter entlang, der von Kirschblütenblättern überdeckt war. „Ka…Kaoru-sama! Wo wollen sie hin?“ Der Schuffeur stieg aus dem Wagen und ich warf ihm nur meine Schultasche entgegen, die er nach kurzem Zappeln zu fangen bekam. “Ein wenig spazieren, bin zum Abendessen zurück.“ Rief ich ihm etwas gelangweilt entgegen, bevor ich die Hände in die Hosentaschen vergrub und den Pfad entlang schlenderte. Er war eigentlich ganz schön. Aber hier ging kaum einer entlang, immerhin wurde jeder von seinem eigenen Schuffeur abgeholt. Ich wusste, dass es hier in der Gegend einen schönen Park geben musste, und auf den strebte ich immer mehr zu. Bei diesem angekommen, sah ich mich kurz um. Überall war schönes, grünes Gras, auf denen Blumen wuchsen und die Kirschblüten Bäume strahlten einen nur so an, obwohl es Grau war und die Wolken kein Licht hindurch ließen. In der Mitte des Parks war ein See, an denen Bänke standen. In der Mitte des Nassen war ein ziemlich hoher und ausgesprochen schöner Brunnen in weiß, aus dem Wasser kam, welches langsam hinab in den See rann. Es war wahrlich ein schöner Anblick, doch trotz dessen kam mir wieder der Traum in den Sinn. Ich schüttelte ihn so schnell wie möglich ab, wand mich einen der Holzbänke zu und ließ mich darauf nieder. Der Park war menschenleer. Klar, bei diesem Wetter, wer geht da schon ein Risiko ein, nass zu werden? Außer mir wahrscheinlich niemand. Aber das war mir mehr als egal. Zuhause wäre es um einiges langweiliger. Ich sog die Luft ein, die der Lunge gut tat nach so vielen Stunden in einem stickigen Raum. Mein Blick richtete sich gen Himmel und ich bemusterte diese grausigen Wolken, wie sie langsam über einen hinwegschwebten. Plötzlich trat ein Lachen in meine Ohren, was mich wegschauen und meinen Blick umherwandern ließ. Dann sah ich ein Schaufenster auf meiner linken Seite, über der Straße, vor dem zwei Personen halt machten. Eine Blondhaarige Frau und ein Braunhaariger, länglicher Mann, die davor standen und anscheinend interessiert etwas bemusterten. Mir stockte der Atem. Wieso nur kam mir das so bekannt vor? Ich schluckte den Kloß im Hals hinunter, konnte meine Augen aber nicht von diesem Szenario abwenden. Zu neugierig war ich, was nun kommen würde… und doch war ich zu ängstlich, es abzuwarten. Denn mein Gefühl sagt mir, dass noch etwas passieren wird. Und siehe da, nicht lange und ich hörte jemanden rufen. Ein Auto sauste über die Straße, dann war wieder alles still. Ein Mann, ebenso länglich mit braunen Haaren, kam auf den anderen zu, der vor dem Schaufenster stand und umarmte ihn herzlich. Er hatte ein Frau, Braunhaarig… genauso wie er. Mein Herz zog sich zusammen, als ich das Bild vor mir sah, welches sich in meinem Kopf einbrannte. Die beiden Männer waren Zwillinge! Genauso wie Hikaru und ich! Beide besitzen eine Frau an ihrer Seite! Wie eine Flutwelle donnerten mir hunderte von Gedanken durch den Kopf. Ob das später auch so wird? Ob wir zwei wirklich getrennte Wege gehen werden? Ob wir beide wirklich eine Frau abbekommen? Ob wir uns wirklich nur ab und zu sehen werden? Die beiden mir fremden Männer verabschiedeten sich und gingen wieder ihren eigenen Weg… fort voneinander. Ich wandte meinen Blick gen Boden. Tränen quollen mir aus den Augen, immer heftiger, bis ich nichts mehr sehen konnte und meine Sicht komplett verschwommen war. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und fing stark an zu schluchzen. Regen prasselte wie tausend Schüsse auf mich nieder. Eine unbeschreiblich tiefe Trauer durchfuhr mich und Schmerz… Schmerzen, so groß, dass mir der Atem wegblieb. Es tat weh, die Wahrheit gesehen zu haben, und das zwei Mal an einem Tag. Die Wahrheit, die ich eigentlich nie sehen wollte. Aber so wird es kommen, nicht wahr? So wird es enden. Ich an der Seite dieser blonden Nervensäge, und er an der von Haruhi. Schnell schlang ich meine Arme um meinen Körper, da er drohte, zu zerfallen, wenn ich es nicht tun würde und ließ meinen Tränen freien Lauf. Nicht lange und ich, sowie meine Klamotten waren vollkommen durchnässt. Doch irgendwie war ich froh über den Lärm des Regens. Denn so konnte keiner meine Tränen wahrnehmen oder mein Schluchzen hören. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich schon auf der Bank saß. Im Moment war es mir aber nicht wichtig. Ich erhob mich aus meiner gekrümmten Haltung und schlenderte langsam nach Hause. Meine Gedanken, mein Schmerz, meine Trauer kreisten nur um Hikaru. Ich wollte ihn nicht verlassen! Ich wollte nicht, dass er mich verlässt! Ich liebte ihn doch, mehr als mich selber! Es darf einfach nicht so kommen. Und doch war es unbestreitbar, dass die Zukunft immer näher rückte. Wie sollte ich das denn nur aushalten, wenn schon wenige Stunden ohne ihn eine seelische Qual für mich waren? Ob es ihm da genauso ging? Nein, höchstwahrscheinlich nicht. Zuhause angekommen wurde ich auch gleich von den Hausmädchen empfangen, die mich besorgt musterten und mir die nassen Sachen abnahmen. Sie gaben mir ein Handtuch und entließen mich dann in mein Zimmer, welches, wie sollte es auch anders sein, leer war. Ich blieb noch einige Zeit am Türrahmen stehen, bevor ich eintrat, die Tür hinter mir schloss und zur Uhr schaute. 17:45 Uhr. Ziemlich lange war ich auf der Bank draußen im Park. Wie erbärmlich ich doch war! Meine Füße schlurften in das Badezimmer. Ich duschte ausgiebig und länger als sonst. Wahrscheinlich um in dem Nass meine Tränen verbergen zu können, denn nachher musste ich mich zusammenreißen in der Gegenwart von Hikaru. Wegen meinen Alpträumen hatte ich ihm schon genug Sorgen bereitet, da will ich ihm nicht noch mehr aufdrücken. Und den Grund dafür nennen wollte ich ihm schon gar nicht! Noch immer unter der Dusche, bemerkte ich nicht, wie es 18:00 Uhr wurde, und somit mein Bruder das Zimmer betrat. Ich seifte meine Haare ein, danach mit dem Duschgel meinen Körper und wusch es dann ab, um anschließend hinauszusteigen, mir ein Handtuch um die Hüfte zu schlingen und eines über meinen Kopf zu legen. Langsam trat ich aus dem Badezimmer, ohne auch nur meinem Spiegelbild eines Blickes zu würdigen. Ich wollte nicht wissen, wie meine Augen auszusehen hatten nach dem ganzen erbärmlichen geflenne. Ich erschrak sichtlich, als ich Hikaru da stehen sah, womöglich gerade erst gekommen und schenkte ihm ein leichtes Lächeln. „Hikaru!“ Lächelte ich noch immer gezwungen, bevor ich auf ihn zuging. Er tat es mir gleich, bevor er mich in die Arme schloss. Seine Wärme tat gut, fast so wie eine Salbe für die Wunde. „Wie geht es dir?“ Sagte er, bevor er mich ein wenig zurück drückte und mir tief in die Augen sah. Ich befürchtete schon, dass er es sehen würde, meine geröteten Augen, die brannten wie Feuer, und wandte deswegen meinen Blick aus dem Fenster. „Abgesehen von dem Wetter…ganz… gut, soweit. Und dir? Hattet ihr … Spaß?“ ich versuchte, so wahrheitsgemäß und aufrichtig zu klingen, wie nur möglich. Aber Hikaru durchschaute mich schnell, sowie ich eigentlich auch ihn. Er nahm meinen Kopf in die Hände und drehte ihn in seine Richtung, sodass ich in seine Augen hätte gucken müssen, wenn ich sie nicht zu Boden gesenkt hätte. Sanft, fast zärtlich ließ er die Hand über meine Wange streicheln, glitt mit dem Daumen über meine leichten Augenränder, die sich durch die Alpträume und dem vielen Weinen gezeichnet hatten. „Kaoru?“ Ich traute mich nicht, auf zu schauen, in seine katzenähnlichen, strahlenden Augen, die wahrscheinlich vor Besorgnis trieften und legte meine Hände auf die seinen, bevor ich versuchte, seinen Blick zu erwidern. „Würdest du mir bei den Hausaufgaben in… Mathe helfen, bitte?“ Fragte ich, um vom eigentlichen Thema abzulenken und lächelte leicht. Er sah mich lange an, bevor er mir einen Kuss auf die Stirn drückte und nickte. „Gerne, lass mich nur kurz duschen gehen.“ Erwiderte er und diesmal war ich derjenige, der nickte. Er durchwuschelte mir noch kurz die Haare, bevor er im Badezimmer verschwand. Flüchtig sah ich ihm nach, bevor ich mich ans Anziehen machte und mir meine bequemen Schlafsachen anzog, die einen frischen Duft hatten, wie fast alle unsere Klamotten. Ich setzte mich schon mal an unseren Schreibtisch und holte unsere Hausaufgaben raus, sowohl meine als auch die seinen und fing an sie schon mal durchzulesen, Nach längerer Zeit kam Hikaru dann wieder aus dem Bad und ging zu unserem Kleiderschrank, um sich ebenso frische Sachen rauszuholen, wie ich es vorher getan hatte. Ich wand meinen Blick nicht von ihm ab, sondern bemusterte ihn beim anziehen, bis er sein Handtuch um der Hüfte fallen ließ, um sich die Boxershorts anzuziehen. Leichte Hitze stieg in mir auf und ich sah schnell wieder auf die Hausaufgaben. „Hm? Kaoru, warum bist du denn so rot?“ drängte sich die Stimme in mein Ohr und ich erschrak, als Hikaru schon neben mir saß, ebenso in voller Montur und ich winkte nur ab. „Ach.. bin... bin ich das? Seltsam..“ entgegnete ich ihm, tat so, als ob ich davon nichts wüsste. Aber er lächelte nur. Warum wurde mir so heiß, als ich ihn beinahe ganz nackt gesehen hatte? Passiert mir doch sonst nicht! Davon ganz abgesehen gäbe es bei ihm nichts, was ich selber nicht hätte und das auf identische Weise! Also warum dieser blöde Schub? Innerlich schüttelte ich mit dem Kopf. Mein Gehirn arbeitete in letzter Zeit zu viel und mein Herz musste viele Strapazen ertragen, die ich ihm noch selber zufügte, da ist es kein Wunder, dass mein Körper verrückt spielt, oder? Zusammen mit Hikaru machten wir unsere Hausaufgaben und ich bedankte mich für seine Hilfe. Das Abendessen traf ein und wir aßen unseren leichten Salat, mit allen Gemüse Sorten. Auf extra Tellern waren verschiedene Arten von Dressing. Wir beide nahmen denselben und aßen in Ruhe alles auf. Naja, Hikaru jedenfalls. Ich hatte nicht gerade viel gegessen. Aber konnte man es meinem Magen verübeln? Hikaru, dem das nicht entgangen war, musterte mich skeptisch und wieder mit diesem besorgten Blick, der mir schmerzen bereitete. Ich hasste es einfach zunehmend, wenn er sich um mich sorgte! Ich bin es doch gar nicht wert! Verdammt! Ich beschwichtigte ihn mit einem Lächeln, er beließ es dabei. Als die Hausmädchen die Teller wieder mit nach unten nahmen, putzten wir beide Zähne. Schweigend. Danach gingen wir in unser Bett. Jeden Tag lief alles nach demselben Schema ab, aber mich störte das nicht. Solange Hikaru in meiner Nähe war, ertrug ich alles, selbst noch so schmerzende Wunde. Fast schon automatisch schmiegten wir uns aneinander, wie jeden Abend und schliefen dank der Wärme des anderen schnell ein. Er…. Aber ich nicht. Noch immer schwirrten mir viel zu viele Sachen im Kopf herum. Ich will mir einfach nicht vorstellen, alleine in einem Bett zu schlafen, ohne Wärme des anderen. Krampfhaft versuchte ich, meine Tränen zurück zu halten, was mir auch gelang. Die Folge jedoch war, dass ich leicht anfing zu zittern. Wieder aus Angst einzuschlafen und als Opfer der Alpträume zu enden? Oder dank der vielen Gefühle, die immer mehr durcheinander gerieten? Ich wusste es nicht. Und das machte mich nervös. Die Nacht zog sich dahin, ohne dass ich auch nur ein Auge zubekommen konnte… To be continued… Kapitel 4: sotsu•zen -------------------- 4. || sotsu•zen… Anscheinend fand ich doch noch ein wenig schlaf, denn diesmal bin ich Alptraumlos beim Piepen des Weckers aufgewacht. Ein Glück, sonst hätte ich jetzt grässliche, tiefblaue Augenringe. Und das am Tag, wo der Host das erste Mal wieder nach drei Tagen öffnen würde. Dennoch wunderte es mich sehr. Warum schlich sich diesmal kein Alptraum in meinen Kopf? Was war vorgefallen, dass es ausblieb? Oder anders… Was wird vorfallen?? Ein ziemlich ungutes Gefühl stieg in meine Magengegend auf, versuchte aber nicht all zu stark daran zu denken. Mein Blick glitt zu meinem Zwillingsbruder, der den Wecker mit einem kräftigen Schlag verstummen ließ. Er drehte sich zu mir um und lächelte mich, nach dem leicht verwunderten Ausdruck, warm an. „Bist ja diesmal liegen geblieben.“ Flüsterte er mir leise entgegen und ich erwiderte sein Lächeln nur, bevor wie uns beide erhoben und zusammen duschen gingen. Für mich, oder eher gesagt für uns, ist so was normal als Zwillingsbrüder zusammen duschen zu gehen. Eng aneinander, obwohl die Kabine groß genug wäre. Einander seiften wir uns ein und wuschen uns ausgiebig. Meine Augen hafteten die gesamte Zeit an seinem Oberkörper, an seinem Hals, in seinem Gesicht und schlussendlich an seinen Augen. Ich traute mich nicht mehr weiter runter zu schauen. Immer, wenn mein Blick versehentlicher Weise dort hin glitt überkam mich eine Welle der Hitze und Röte stieg mir ins Gesicht. Dieses Gefühl war eigenartig, aber nicht unangenehm. Mich quält nur die Frage, warum es mir so schwer fällt, ihn dort anzusehen, was selbst bei mir vorhanden ist. Wir duschten, ohne ein weiteres Wort zu sagen, fertig, schlangen uns weiße Handtücher um und putzten gründlich unsere Zähne. Ich ging hinaus um mich anzuziehen und ihm ein paar Minuten alleine zu geben, was, wie der abendliche Ablauf, ebenso Routine für uns geworden war. Ich könnte mir einfach nicht vorstellen, nicht so zu leben wie jetzt, zusammen mit meinem Bruder, Tag für Tag… Stopp! Was dachte ich da? An so was wollte ich doch keinen Gedanken mehr verschwenden! Verdammte Alpträume! Mir kam das Gefühl hoch, als ob ich mich übergeben müsste, so schnell sausten mir die vergangenen, schrecklichen Träume durch den Kopf und ich hielt mich am Schrank fest, um den Halt nicht zu verlieren. Ich war froh, dass Hikaru noch im Bad beschäftigt war, sonst würde er sich jetzt wieder sorgen machen. Schnell zog ich mich an und ging ins Bad, als mein Zwillingsbruder dieses verließ, um sich ebenso fertig anzuziehen. In voller Montur, gepflegt und die Taschen ordentlich gepackt machten wir uns auf den Weg nach unten. Zwar meinten die Hausmädchen es gut mit dem fertigen Essen, was demonstrativ auf dem Tisch bereit stand und uns entgegen lächelte, aber ich hatte irgendwie keinen Hunger. Noch immer war mir ein wenig übel. Ein Blick zu meinen Bruder sagte mir, dass auch er anscheinend keinen Hunger verspürte. Also machten wir uns auf den Weg zur schwarzen Limousine, die uns, wie jeden Tag, zur Schule brachte. Dort angekommen machten wir uns auf den Weg in unseren Klassenraum. Wir begrüßten Haruhi und die Anderen, bevor wir uns auf die Plätze niederließen und die Doppelstunde Geschichte über uns ergehen ließen. Als die Pause eintraf schweifte mein Blick automatisch zu Haruhi, wo kein anderer bei ihr stand als Hikaru. Aber das wunderte mich nicht mehr. Sie hatten einen Zettel auf dem Tisch ausgebreitet und unterhielten sich gedämpft und leicht aufgeregt über etwas, um es danach darauf zu schreiben. So gerne wollte ich wissen was das Ganze auf sich hat. Aber sie würden mich ja sowieso nur anlügen, anstatt mir die Wahrheit zu sagen, was mich ein wenig melancholisch stimmte, wenn ich daran dachte. Nach der Pause hatten wir wieder zwei Stunden Geschichte, die wir mit einem recht langweiligen Film ertrugen. So schlimm waren vier Stunden Geschichte an einem Tag gar nicht. Immerhin blieben dann vereinzelte Stunden dieses Faches in der Woche aus. Als die zweite Pause eintrat begaben wir; sprich Hikaru, Haruhi und ich uns in das unbenutzte Musikzimmer Nummer drei, wo der Host Club nach den 20 Minuten öffnet, um die Kundinnen zu beglücken. Ich war sichtlich gespannt darauf, wie Hikaru sich mir gegenüber verhält, wenn wir unsere ‚Show’ abziehen. Aber am meisten gespannt darauf war ich, wie der Chef das Motto umgesetzt hatte. Wir öffneten die Tür und staunten nicht schlecht, als große Käfige uns ins Auge sprangen, in denen Löwen und Tiger eingesperrt waren. Jeweils neben den Käfigen waren ‚Aufpasser’, irrwitzig gekleidete, stramme Männer. „HARUHIII!!!! ♥ Da bist du ja! Komm in Papas Arme!“ Ich sah noch, wie Tamaki mit Ballet Drehungen auf Haruhi zu gehüpft kam und sie in die Arme nahm, um ihr gleich darauf ein Kostüm zu zeigen, was die Seiltänzerinnen immer tragen. Es war glitzernd blau und hatte einen schönen, faltigen Rock. Tamaki selber trug einen glitzernden, hellblauen Anzug, wie ihn sonst Zirkusdirektoren tragen mit einem ebenso hellblauen Zylinder auf dem Kopf und einer weißen Rose darauf. Ich sah zu meinem Bruder, dessen Blick auf Haruhi gewandt war. Er lachte nur ein wenig. Ob er sie darin attraktiv finden würde? Ich schallte mir innerlich selber eine. Wieso dachte ich gerade jetzt an meine ‚Probleme’? Kyouya kam auf uns zugeschritten und reichte uns unsere Sachen. Er selber trug ebenso einen Anzug, jedoch im matten schwarz und mit einem Zylinder. „Hier, eure Kostüme.“ Er reichte uns beide jeweils eins und wir begutachteten es. Es glitzerte ebenso und beide waren dunkel bis grell rot. Das Hemd hatte einen recht weiten Ausschnitt, war recht schlabberig und eine enge Hose, an der ein Schweif mit einer Pfeilspitze dran genäht war. Auch Haarreifen bekamen wir in rot, mit zwei schwarzen Hörnern drauf. Ganz klar, wir sollten die ‚kleinen Teufel’, die wir sowieso schon waren, demonstrieren. Ohne ein weiteres Wort schlüpften wir hinein, bevor wir uns die Löwen betrachteten. „Ei, Kyouya… Wo habt ihr die denn aufgetrieben?“ rief Hikaru ohne seinen Blick abzuwenden. „Wie schon einmal erwähnt, habe ich da so meine Beziehungen.“ Konterte er und rückte sich seine Brille zurecht. Ich und mein Bruder warfen uns kurz einstimmige Blicke zu, bevor wir uns alle auf Position begaben. Honey und Mori waren beide als Clowns gekleidet und geschminkt, was wirklich ziemlich lustig aussah. Haruhi hatte sich strikt geweigert dieses Outfit anzuziehen und trug einen langen, dunkelblau glitzernden Anzug mit passendem Zylinder. Ich bemusterte meinen Bruder, der sich zu Haruhi wandte. Diese versuchte gerade aus dem Rumgeheule unseres Chefs zu entkommen, dem es gar nicht passt, dass sie Männersachen trug. „Steht dir, Haruhi!“ rief Hikaru und ein kurzer stich durchzog mein Herz. Meinte er das ernst? Ja, natürlich, sonst würde er es doch gar nicht erst sagen! Versuchend, mich auf den Host zu konzentrieren, begrüßten wir die Kundinnen, die den Raum betraten und sichtlich erstaunt waren von diesem grandiosen Anblick. „Oh Wow, Tamaki! Wo habt ihr die denn her? Die sind ja süß!“ „Sind die Käfige auch wirklich gut verschlossen?“ „Darf man die streicheln, ja?“ „Kiiyahh!!!“ und so ging es weiter mit dem Mädchengebrabbel. Es gesellten sich einige Mädchen zu uns, die wir schön unterhielten und ich versuchte so überzeugend wie möglich mitzuspielen. Ich tat so, als ob ich mich vor einen der Löwen erschrocken hätte. „Kaoru!“ Hikaru kam zu mir und nahm mein Gesicht in die Hände. „O Kaoru…Du brauchst doch keine Angst haben. Solange ich bei dir bin, kann dir nichts passieren.“ Hauchte er sanft gegen meine Lippen und mein Herz pochte so laut, dass ich ein wenig Angst hatte, er würde es hören. „Hikaru…“ hauchte ich eingeschüchtert mit leichten Tränen in den Augen (Show ;D). Die Mädchen wanden sich, wie ich aus dem Augenwinkel betrachten konnte und kicherten errötet „Brüderliebe!“ „Uhh! So süß!“ Doch was dann kam, ließ mein Herz vollkommen aussetzen. Hikarus Lippen, die ohnehin schon gefährlich nahe an meinen gewesen waren, lagen mit etwas Druck auf den Meinen und ich vergaß zu atmen. Meine Augen waren weit aufgerissen und eine neue Art von Gefühlen machte sich in mir breit. Ich vergas alles um mich herum, sah meinem Bruder nur tief in die Augen, wunderte mich aber warum er genauso überrascht zu mir sah. Niemand sagte mehr ein Wort, stille. Oder kam mir das nur so vor? Langsam löste Hikaru den Kuss und wir sahen uns noch etwas länger an, bevor unsere Kundinnen reihum in Ohnmacht fielen, wie ich am Rande mitbekam. Ich schluckte dieses überaus unnatürliche, heiße, kribbelnde Gefühl hinunter und meine ganze Aufmerksamkeit war meinem Bruder zugewandt, der es anscheinend ebenso wenig fassen konnte wie ich. Langsam fing mein Gehirn an zu realisieren, was da eben geschehen war und Röte stieg mir in Gesicht. „Hikaru! Kaoru! Oh nein, das tut mir leid!“ Tamaki riss mich jäh aus meinen Gedanken, ich wagte aber nicht meine Augen vom Boden abzuwenden, die ich vorher gesenkt hatte aus Scham. „Ich hab mich so erschrocken vor dem Löwen, dass ich dich aus Versehen angerempelt hab, Hikaru! T-tut mir Leid!“ ratterte unser Chef schuldbewusst hinunter und ich begriff, warum Hikaru genauso verwundert geschaut hatte wie ich. Diese Wahrheit schmerzte ein wenig. Er hatte es also nicht aus freien Stücken getan. War alles nur ein Versehen, ein dummes Ungeschick, was man nicht weiter Beachtung schenken sollte. Aber auch wenn ich erst was anderes dachte, änderte es nichts an den Gefühlen, die ich in dem Moment und noch immer leicht spürte. „A-ach das…das macht doch nichts, Chef. Is’ ja nichts passiert.“ Beschwichtigte mein Bruder Tamaki, aber ich wusste genau, dass jeder in dem Raum diesen Kuss gesehen hatte. Honey und Mori hatten Probleme unsere in Ohnmacht gefallenen Kundinnen wieder wach zu bekommen. Aber das interessierte mich nicht wirklich. Alles woran ich zu denken vermochte war an dieses Gefühl und an den Kuss. Wahrlich mein Erster, den mir jemand stahl. Und irgendwie war ich froh, dass mein Bruder der Erste war, wenn auch unbeabsichtigt. Wieder wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Hikaru, Kaoru. Seht mal, ihr habt eine neue Kundin!“ lächelte Kyouya freudestrahlend, in dessen Augen unter der Brille ein Geldabdruck zu erkennen war. Langsam wand ich meinen Blick zu dem Mädchen, welches neben ihm stand, sichtlich kleiner und sofort merkte ich, wie mir die Röte, allgemein die gesamte Farbe aus meinem Gesicht wich. Ich fing an zu zittern und in Schallgeschwindigkeit rasselte mir der vorherige Alptraum durch den Kopf. Das Mädchen, was vor mir stand, die strahlend blauen Augen auf mich gerichtet, war DIE aus meinem Alptraum! Nein! Das konnte nicht sein! So was geht doch gar nicht!!?? Die Wahrheit spiegelte sich wieder vor meinem inneren Auge und Übelkeit stieg in mir auf. „Hallo, ich.. ich bin Mai. Freut mich euch kennen zu lernen.“ Ihre piepsige, nervige Stimme drang an meine Ohren und ich zuckte zusammen. Die Selbe Stimme! Das Selbe Haar! Die Selben Augen! „Sei gegrüßt, werte Dame.“ Hikaru ging auf sie zu, nahm ihre Hand und hauchte einen sanften Kuss auf diese. Ich rührte mich nicht. Wollte nicht einem Stück der Wahrheit, die sich mir offenbarte, näher kommen. Nie! „’tschuldigt…“ nuschelte ich und rannte an Hikaru, dem Mädchen und Kyouya vorbei, raus aus dem Musikzimmer. Weg von dieser Frau. Weg von allem! Meine Beine trugen mich in das saubere Jungenklo. Ich stieß die Tür auf, sauste in eine Kabine, schmiss mich auf die Knie vor einer Toilette und übergab mich in dieser. Zu schnell durchfluteten die Alpträume, das Gesehen und Geschehene meinen Kopf und schlug direkt auf meinen Magen. Obwohl ich nur Galle erbrach, da ich ja nichts zu mir genommen hatte den Tag über, ging es mir so dreckig wie noch nie. Tränen quollen aus meinen Augen. Ich lehnte mich mit dem Rücken an die Kabinenwand, blieb auf dem kalten Boden sitzen und versuchte das Bild, was sich in meinem Kopf einbrannte, wie das von den zwei Zwillingspaaren am Vortag, zu löschen, zu beseitigen. Aber es ging nicht! War ich wirklich so verflucht, dass was aus meinen Alpträumen wahr werden musste? Oder war das alles nur Einbildung? Hatte ich überreagiert? O nein, was dachten die Anderen bloß? Ich beugte mich wieder über die Kloschüssel und erbrach, nein, würgte eher wieder. Das war einfach zu viel für mich. Kein Wunder das ich heute Nacht keinen Alptraum hatte! Mein Körper war sowieso schon geschwächt genug… Langsam erhob ich mich von dem kalten Boden, drückte auf den Hebel zum Spülen und ging rüber zu den Waschbecken, um mir gründlich den Mund auszuwaschen. Nicht einmal kurz wagte ich einen Blick in den Spiegel, vermied es regelrecht. Ich wollte nicht sehen, wie schlecht ich aussah… Schlurfend und noch immer mit dem Gefühl, als würde ich gleich zusammenkippen, ging ich aus der Tür hinaus auf den großen Flur und sah Tamaki auf mich zu rennen. Verwundert hob ich eine Augenbraue hoch. „Kaoru!“ „Was machst du denn hier?“ fragte ich ernst gemeint, leicht geschwächt und blieb vorsichtshalber nahe an der Wand stehen. Tamaki kam vor mir zum stehen und sah mich ernst und ein wenig sorgenvoll an. „Alles okay bei dir?“ fragte er und ich nickte nur. „Ja, alles klar.“ Log ich und versuchte krampfhaft zu lächeln. „Nein! Eben nicht!“ ich zuckte leicht zusammen, als unser Chef plötzlich etwas laut wurde. „Du siehst elendig aus, Kaoru. Willst du nicht lieber nach Hause gehen?“ fuhr er sanfter weiter. Noch immer etwas perplex schüttelte ich leicht den Kopf. „Aber der Host..-“ „Vergiss den Host! Hast du dich eigentlich mal im Spiegel angeschaut?“ Noch immer war ich perplex über diesen herrischen, fürsorglichen Ton in Tamakis Stimme. Erwiderte jedoch nichts. „Ich werd Hikaru sagen, dass du nach Hause gegangen bist. Die Lehrer werden das verstehen.“ „Aber..-“ „Nichts Aber!! Und nun geh und ruh dich aus!“ Er drückte mich ein wenig in die Richtung des Ausgangs. „Hikaru wird deine Tasche schon mit nach Hause nehmen.“ Meinte der Blondschopf noch, bevor er von mir abließ und mir ein warmes Lächeln schenkte. „W…würdest du Hikaru… von mir sagen… das es mir leid tut? Und wünsch ihm noch Viel Spaß.“ Erwiderte ich ein wenig zu leise für meinen Geschmack, doch Tamaki nickte nur. Ich zog mein Kostüm aus, trug glücklicherweise noch meine Schuluniform darunter, sonst hätte ich wieder in diesen grauenvollen – für heute jedenfalls – Raum gemusst, und reichte es dem Chef. Dieser legte es sich über den rechten Arm. „Werd ich, und nun abmarsch!“ Langsam machte ich mich auf dem Weg zur großen Schultür, drehte mich aber noch kurz zu Tamaki um und nuschelte ein: „Danke..“ Tamaki lächelte nur und scheuchte mich mit Handbewegungen weg. Als ich an der großen Tür ankam und diese aufstieß, goss es wie aus Eimern. Mal wieder. So konnte meine Stimmung ja auch nicht steigen! Seufzend blieb ich dort stehen wo ich war. Manchmal hatte Tamaki einfach eine weiche Ader, was einen schon ganz schön aus der Bahn werfen kann. Ob er von den Besuchen wusste, die Hikaru Haruhi Tag für Tag machte? Wirklich sicher war ich mir da nicht. Der würde doch austicken! Oder war er mit von der Partie? Ein Schauer lief mir über den Rücken und ich versuchte den Gedanken zu verwerfen. Das Handy hatte für heute Hikaru mitgenommen, meines ließ ich zu Hause, sodass ich jetzt nicht den Schuffeur anrufen konnte. Aber ich fand es weniger schlimm. Wirklich Lust verspürte ich nicht mit dem Auto zu fahren. Auch wenn es regnete, war mir Laufen für heute lieber und so machte ich mich auf den Weg durch den Regen auf zu unserer Villa. Wirklich weit war sie nicht. Ungefähr ein 20 Minuten Marsch bis dorthin. Mein Blick war gen Boden gerichtet und ich versuchte mich auf die Erde zu konzentrieren, begutachtete die meisten Steine und gab ihnen einfach so Namen, nur um mir nicht den Kopf zermatern zu müssen über dieses Mädchen, Hikaru, Haruhi und dem ganzen anderen Zeugs, was eigentlich in meinem Kopf herum schwirrte. Durch den irrkomischen, leicht verrückten ‚Zeitvertreib’ kam ich relativ schnell bei unserer Villa an, völlig durchnässt natürlich. Aber auch das war mir mehr als egal. Ich zog meine Schlüssel und schloss auf, zog die Schuhe aus und wollte gerade auf den Weg nach oben in meinen Zimmer, als die Hausmädchen zu mir traten und leicht erschrocken aussahen. Sah ich wirklich so grauenvoll aus? Bei dem Gedanken schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Noch nie in meinem Leben sah ich grauenvoll aus. Das war mal ein vollkommen anderes Gefühl. Die Mädchen nahmen mir die nassen Sachen ab und meinten, dass sie nachher nach mir sehen würden. Ich nickte nur und verschwand nach oben in mein, nein… unser Zimmer. Dort angekommen spülten sich wieder alle Probleme in meinen Kopf und ich hatte Mühe, die Tränen im Zaum zu halten. Hikaru würde heute wieder nicht nach Hause kommen. Immerhin hatte er doch Haruhi zu helfen. Ich ging in die Dusche, schloss die Tür hinter mir und zog mich langsam aus, ließ mir Zeit. Stören würde mich sowieso keiner. Ich drehte das Wasser auf und stellte mich darunter. Die Wärme tat gut, sowie sie über meine Schultern prasselte und meinen Rücken hinunter lief. Erst zum Schluss seifte ich mich ein, als mir langsam kalt wurde, wusch meine Haare und ging anschließend aus der Kabine, um das Wasser abzustellen und mir ein Handtuch um den Hüftbereich zu schlingen. Wieder wagte ich nicht auch nur einen flüchtigen Blick in den Spiegel zu werfen. Aber auch wenn ich gewollt hätte, würde das nicht sonderlich gehen, da die Spiegel von dem heißen Dampf beschlagen wurden. Trottend ging ich in unser Zimmer, nahm mir die erstbesten Sachen und zog mich an, um mich dann in unser großes, weiches Doppelbett zu legen. Nur kurz schloss ich die Augen, versuchte ein wenig zu dösen. Doch ich konnte nicht. Etwas ganz entscheidendes fehlte. Und zwar mein Bruder. Wieder rannen mir Tränen über das Gesicht. Würde dieses Mädchen morgen wieder in der Schule sein? Ich hoffte inständig, dass es nicht so war. Aber was ist, wenn Hikaru sie leiden mag? Ein Zittern am ganzen Körper überkam mich. Schüttelfrost? War ich wirklich krank oder machten mir diese ganzen Ereignisse einfach nur zu schaffen? Vielleicht ist da aber wirklich nichts zwischen Hikaru und Haruhi? Kann doch sein das ich es mir einbilde? Aber auch wenn ich versuche darüber hinwegzusehen, schleicht sich dieses stechend schmerzende Gefühl ein. Eifersucht? Kann das sein? Heißt das dann nicht, dass ich mehr für meinen Bruder empfand als zugegeben? Ich nahm, Nötigerweise, die letzten Tage, Ereignisse und Alpträume in Augenschein. Auch wenn es schmerzte musste ich mir eingestehen, dass ich doch so langsam mehr empfand für meinen Zwillingsbruder, als erlaubt war. Ein Schauer lief mir über den Rücken. So weit durfte es aber nicht kommen! Wir waren Zwillingsbrüder!!! Davon ganz ab würde er, wenn überhaupt, meine Gefühle nie erwidern. Würde eher mit Haruhi, einem Mädchen, durchbrennen. Irgendwo tief in meiner Brust wusste ich aus unerfindbaren Gründen, dass mein Bruder nicht mehr für mich empfand als normale Brüderliebe, und das schmerzte irgendwie. Plötzlich hörte ich es klopfen und ich erschrak ein wenig. Schnell wischte ich mir die Tränen weg und nuschelte ein hörbares „Hai..“. Die Tür ging auf und die Zwei Hausmädchen traten ein. Sie sahen mich besorgt an. „Kaoru-sama… wie fühlen sie sich?“ fragte die eine etwas schüchtern. Ich nickte nur ein wenig und versuchte zu lächeln. „Etwas besser.“ Obwohl es mir innerlich noch schlechter ging. „Können wir ihnen irgendetwas bringen?“ fragte die andere einen Tick schüchterner. Ein leichtes Kopfschütteln meinerseits ließ die Beiden ein wenig sorgenvoller schauen. „Nein, danke. Ich hab alles.“ Doch als ob diese Worte nicht genug wären trat die Brünette näher heran und legte sachte eine Hand auf meine Stirn. Sie zog die Luft scharf ein. „Kaoru-sama! Sie…sie glühen ja!“ rief sie aufgeregt und bevor ich noch etwas sagen konnte drehte sie sich zu der anderen herum. „Schnell! Ruf den Hausarzt!!!“ Wie bei einem Marathon-Lauf spurtete die Schwarzhaarige die Treppen hinunter. Die Brünette neben mir ging in das angrenzende Bad und holte einen in Wasser getränkten Waschlappen, um ihn mir auf die Stirn zu legen. „Hören sie, mir geht es wirklich gut. Ich..-“ doch ich wurde jäh unterbrochen, als die Schwarzhaarigen die Treppen hoch gerannt kam, unseren Hausarzt im Schlepptau. Tja, ihr müsst wissen, wenn es um unsere Gesundheit geht, dürfen die Ärzte nicht weit entfernt sein. Er ließ sich einen Stuhl vor dem Bett hinstellen, auf den er sich nieder ließ und werkelte an meiner Stirn und Oberkörper herum. Ich ließ alles schweigsam über mich ergehen, gab nur einen leichten Seufzer von mir. Nach einiger Zeit wurde der Arzt fertig und schüttelte nur ein wenig ungläubig den Kopf. „Also, an einer Erkältung scheinen sie nicht zu leiden. Ich konnte keine Krankheit oder ähnliches feststellen.“ Meinte er in einem ernsten Ton und ich seufzte nur wieder. „Hätten sie mich ausreden lassen, dann..-“ „Aber Doktor!“ rief das schwarzhaarige Hausmädchen besorgt und unterbrach mich wieder. „Was ist, wenn es etwas Ernstes ist?“ vollendete die Brünette den Satz. Der Doktor schüttelte nur den Kopf. „Es hat sich nichts in ihm eingenistet. Er ist wahrscheinlich nur erschöpft. Ruhe würde ihm gut tun.“ Und er blitzte die beiden Hausdamen nur an, die sofort verstummten. Der Hausarzt öffnete seinen Koffer und holte eine ziemlich kleine, schmale Dose heraus. „Das sind Vitamintabletten. Nehmen sie eine am Tag, das dürfte sie wieder auf Touren bringen.“ Lächelte der Arzt mir entgegen und stellte die Dose auf den Nachtschrank ab. „Ja, danke..“ meinte ich nur leise, nahm den Waschlappen von meiner Stirn, um es ebenso auf den Nachtschrank zu legen und wollte gerade die Augen schließen, als ich eine altbekannte Stimme meinen Namen rufen hörte. „KAORU!!“ Erschrocken riss ich die Augen auf und sah zur Tür. Da stand er. Mein Zwillingsbruder. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Anscheinend hatten sie Schulschluss. Aber wollte er nicht zu Haruhi? „Hikaru..“ meinte ich nur etwas verlegen. Er schritt auf mich zu, an dem Arzt vorbei sowie an den Hausmädchen, die allesamt den Raum verließen. „Kaoru! Ich hab mir solche Sorgen gemacht!“ („Oh nein, verdammt“ waren meine Gedanken.) „Wie geht es dir?“ Sprudelte es aus ihm heraus und ich konnte schwören sein Herz rasen zu hören. Nebenbei schmiss er seine und meine Schultasche in eine Ecke. „Mir geht es gut, Hikaru. Bitte mach dir keine Sorg..-“ „Ich hab mir aber Sorgen gemacht um meinen kleinen Bruder!“ Wieder wurde ich unterbrochen, was mir einen erneuten Seufzer entlockte. Lächeln tat ich aber immer noch. „Ich hatte mir schon das schlimmste zusammengereimt, als du einfach gegangen bist!“ hauchte er etwas leiser. Waren das Tränen die in seinen Augen blitzten? „W…wieso? Hat dir Tamaki die Nachricht nicht überbracht?“ fragte ich und mir tat das alles schon wieder leid. „Doch… er sagte nur, dass du grauenvoll ausgesehen hast. Da musste ich doch einfach zu dir kommen.“ Lächelte er etwas traurig und strich mir über die Wange. Ich legte meine Hand auf die Seine und erwiderte das Lächeln. „Aber was ist mit Haruhi?“ Fragte ich und hatte Mühe das Lächeln aufrecht zu erhalten. „Sie war genauso besorgt um dich wie ich. Sie fand es nicht schlimm, dass ich heute nicht zu ihr gehe. Werde sie nachher anrufen, um ihr zu sagen wie es dir geht. Sie bestand regelrecht darauf:“ Als er das so erzählte hörte er sich an, als wäre er mit ihr zusammen. Er sprach so gut von ihr, was sie ja auch ohne frage war. Aber trotzdem versetzte es mir einen kurzen Stich. „Die Hausaufgaben habe ich dir mitgebracht. Was hat der Hausarzt denn gesagt?“ fragte er gleich hinten dran. „Ich hab keine Erkältung oder sonst was. Bin nur erschöpft, das ist alles…“ ich hörte regelrecht, wie Hikaru vor Erleichterung seufzte, was mich ein wenig glücklicher stimmte. „Da bin ich froh.“ Lächelte er und die glitzernden Tränen verschwanden aus seinen Augen und schienen bei mir einzutreten. Ich zog meinen Zwilling in eine Umarmung und schmiegte mich eng an ihm. „Es…es tut mir leid, dass ich dir…Sorgen bereitet hab. Euch allen…“ nuschelte ich in seine Halsbeuge hinein und unterdrückte ein Schluchzen. Hikaru umschlang mich mit seinen Armen und zog mich noch enger an sich. „Baka…“ meinte mein Ebenbild nur und wir mussten beide anfangen zu lachen. Ich war froh, dass er heute hier war und nicht woanders. Aber es lag nur daran, dass er sich Sorgen gemacht hat. Und daran war nur ich wieder schuld. Wie ich mich doch selber verfluchte! Während ich die gesamte Zeit im Bett lag – wogegen ich nichts machen konnte, denn Hikaru meinte ausdrücklich ich solle liegen bleiben, auch die Hausmädchen waren der Meinung – erledigte mein Bruder alles, was zu erledigen war an Hausaufgaben. Selbst meine machte er mit, was ich wirklich zu schätzen wusste. Haruhi hatte er auch angerufen und ich konnte mithören wie er ihr versicherte, dass er Morgen vorbeikommen würde, was mir wieder dieses komische Gefühl einbrachte. Aber ich kam nicht drum herum, dass Hikaru irgendwie… schuldbewusst aussah. Oder kam mir das nur so vor? Die gesamte Zeit beobachtete ich ihn. Schlafen ging nicht wirklich, also entschied ich mich für diese Variante. Zur kleinen Abwechslung nahm ich kurz eine dieser Vitamintabletten, widmete mich dann aber wieder Hikaru zu, der sich, nach den Hausaufgaben, zu mir gelegt hatte. Wir kuschelten ein wenig und ich wollte für immer so mit ihm liegen blieben. Bis die Hausmädchen hereinkamen. Sie servierten uns das Essen am Bett (es gab da extra solche Tablette mit Stützen) und wir aßen in Ruhe. Hikaru drängte mich förmlich mehr zu mir zu nehmen, sodass der Teller diesmal über die Hälfte leer gegessen war und nicht unter der Hälfte. Danach begaben wir uns beide in das Badezimmer. Ich um Zähne zu putzen und er um zu duschen. Ich erwischte mich selber dabei, wie ich manchmal einen Blick zu ihm rüber warf und nebenbei versuchte mein Spiegelbild zu ignorieren. Als unsere Blicke sich dann trafen, musste ich sofort automatisch wegschauen und leider merken, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Und wenn ich in diesem Moment nicht so verwirrt gewesen wäre hätte ich mit Sicherheit sagen können, dass ich Hikaru kichern hörte. Ich legte mich in unser Bett und wartete auf meinen Bruder, der, nachdem er fertig Zähne geputzt und angezogen hatte, sich ebenfalls zu mir legte. Eng aneinander gekuschelt sagte erst keiner was. Dann riss ich mich zusammen. „Danke... Hikaru.“ Flüsterte ich lächelnd. „Wofür?“ kam die Frage und ich musste leise kichern. War das denn nicht offensichtlich? „Das du… meine Hausaufgaben mit gemacht und du…dich um mich gekümmert hast“ („Und das du bei mir geblieben bist.“ Wollte ich noch sagen, hielt mich aber zurück) Er seufzte nur und strich mir durch die Haare. „Das ist doch selbstverständlich, Bruderherz.“ Hauchte er und ich sah ihm in die Augen, sowie er mir. Ich lächelte wieder, doch als ich einen Blick auf seine Lippen warf, stieg mir erneut die Röte ins Gesicht und ich musste wegschauen. Meine Gedanken schwirrten unweigerlich zurück an den Kuss. „Du…Kaoru…“ setzte mein Bruder an und mein Herz machte wieder so einen gefährlichen Hüpfer. Ob er vor hat das anzusprechen? „Das…mit dem Kuss heute…“ fand er es etwa genauso schön wie ich? Wird er das sagen? „Das…du.. .also… das tut mir echt Leid…“ ich sah ihm in die Augen. Wieso tat es ihm leid? „Wieso…tut es dir denn leid?“ sprach ich meine Gedanken aus und er sah mir ebenso wieder in die Augen. Schuld konnte ich darin lesen. Er erwiderte nichts, kaute nur leicht an seiner Unterlippe. Dachte er etwa, er ist schuld an meinen derzeitigen Zustand? Nur wegen des Kusses? „Jetzt bist du aber der Baka…“ sagte ich etwas streng und er sah mich erstaunt an. „Denkst du etwa wirklich, dass du die Schuld dafür trägst, dass es mir so geht wie jetzt?“ wiederholte ich meinen Gedankengang und sein wegschauendes, leichtes Nicken sagte alles. Okay, in gewisser Weise waren er und Haruhi es, die mir den letzten Nerv raubten. Aber das halte ich ihnen nicht vor! Die beiden konnte machen was sie wollten. Nur ich war mir selber ein Hindernis im Wege. Und wer sagt, dass ich nicht doch zuviel hinein interpretierte? Ich nahm ihn liebevoller in den Arm und diesmal war ich es, der ihm einen Kuss auf die Stirn gab. Lächelnd sah ich ihn wieder an. „Du hast an nichts Schuld, Hikaru. Hör auf so etwas zu denken.“ Meinte ich wahrheitsgemäß und er schien irgendwie erleichtert, sowie vorhin als er erfuhr, dass ich nur erschöpft war und nichts Ernstes hatte. Er kam mir mit seinem Gesicht etwas näher, sodass mir etwas der Atem stockte. „Sag mal…“ setzte er wieder an und ich musste schlucken. Was würde jetzt kommen? Seinem Blick nach zu urteilen haben seine Schuldgefühle, die total banal waren, ihn längst wieder verlassen. „Wie..hat dir dieser ‚Unfall’ eigentlich…gefallen?“ fragte er sanft und so verführerisch, dass meine Röte im Gesicht um vielfaches anstieg. „I…ich weiß nicht…“ stammelte ich und er kam mir noch ein Stückchen näher. Grinste er etwa??? „Vielleicht lässt ein weiterer ‚Unfall’ dir dieses Gefühl näher beschreiben?“ nur noch ein hauch von Geflüster konnte ich wahrnehmen. Doch bevor ich irgendwas machen oder sagen konnte, lagen seine unendlich weichen Lippen wieder auf den meinen. Doch diesmal beabsichtigt. Mein Herz wäre beinahe wieder ausgesetzt, würde es nicht so rasend schnell klopfen. Langsam schlossen sich meine Augen und ich konzentrierte mich nur noch auf die warmen Lippen meines geliebten Zwillingsbruders, dessen Zunge leicht meine Lippen umspielte. Ich öffnete diese leicht und ließ ihn gewähren. Obwohl mich Gewissensbisse plagen müssten, spürte ich nur extreme Hitze in mir aufsteigen. Hikaru intensivierte den Kuss, indem er sanft mit einer Hand an meinen Hüften entlang strich und mir ein Stöhnen nach dem anderen entlockte. Sanft spielten unsere Zungen miteinander und ein wohltuender Schauer lief mir über den Rücken. Geborgenheit machte sich in mir breit und ich ließ mich vollkommen fallen. Sachte strich ich ihm über die Ohren, krauelte ihn am Nacken und versuchte ihn genauso zu verwöhnen wie er mich. Aber….Aber was ist das? Was passiert da? To be continued… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)