Bikou-no-Jutsu von Rabenkralle (Die Kunst der Beschattung) ================================================================================ Kapitel 25: Wärme ----------------- Kapitel 25: Wärme Ausgelassen und mit guter Laune spazierten beide ziellos durch den Wald. Das Wetter war wunderbar und Temari fühlte sich großartig. Es tat ihr einfach nur gut, so sorglos in der Gegend herumzulaufen und zu hören, was Shikamaru zu erzählen hatte. Urplötzlich zog sich der Himmel mit dunklen Wolken zu und es begann zu regnen. Ein Shuriken raste in unglaublicher Geschwindigkeit an ihr vorbei. Sie griff nach ihrem Kunai, doch es war verschwunden. Panik stieg in ihr auf. Sie wandte sich an Shikamaru und wollte ihn warnen, aber nicht ein Ton verließ ihre Lippen. Aus den Augenwinkeln nahm sie drei fremde Shinobi wahr, die sich alle gleichzeitig auf ihn stürzen wollten. Warum bemerkte er sie nicht? Geistesgegenwärtig warf Temari sich auf ihn, um ihn wenigstens für einen kurzen Moment aus der Schusslinie der Feinde zu bringen. Doch es klappte nicht. Statt Shikamaru mit sich zu ziehen, glitt sie wie ein Geist durch ihn hindurch und landete unsanft auf dem Boden. Sie wollte sich noch einmal aufraffen, um einen erneuten Versuch zu starten, aber es war bereits zu spät. Zwei der Shinobi hielten ihn hinterrücks fest, während sich der Dritte ihm gegenüberstellte. Er bewegte seinen Mund, als würde er sein Opfer verhöhnen. Temari verstand nicht einen Laut. Sie stand auf und stürzte sich auf den angeblichen Anführer, glitt jedoch ebenfalls durch ihn. Immer und immer wieder versuchte sie es, aber niemand schien auch nur die kleinste Notiz von ihr zu nehmen. Tränen traten vor Verzweiflung in ihre Augen. Irgendetwas musste sie tun … Nach einem letzten aussichtslosen Versuch wurde ihr klar, dass sie nichts machen konnte. Sie versuchte wegzusehen, doch ihr war, als würde eine unsichtbare Kraft ihren Kopf festhalten. Als sie zusehen musste, wie einer der Shinobi anfing, Shikamarus Haut Stück für Stück aufzuritzen, schnürte sich vor Angst ihr Hals zu. Sie wollte diesem Albtraum entkommen, aber sie war wie gelähmt, nicht einmal in der Lage, auch nur einen Finger zu rühren. Der Ninja stach mit jedem Mal fester zu und schon bald war die Erde vor ihm mit Blut getränkt. Egal, wohin Temari blickte, sie sah überall Blut. Shikamarus Blut … Sie stieß einen lautlosen Hilfeschrei aus, wohl wissend, dass es niemand hören würde. Sie schrie weiter und weiter, nur um den Anblick besser ertragen zu können. Doch nichts wurde dadurch besser. Warum brachte man sie nicht an seiner Stelle um? Warum beendete der Shinobi die Tortur nicht endlich? Sie konnte und wollte einfach nicht mehr … So als hätte der Mann sie gehört, hielt er plötzlich inne. Ein niederträchtiges, abwertendes Grinsen zierte sein Gesicht. Er hob sein Kunai auf Nasenhöhe und kostete ausgiebig von dem Blut, das an der Waffe hinuntertropfte. Triumph breitete sich auf seinen Zügen aus. Nun hatte er genug gespielt … Langsam glitt das Messer an Shikamarus Hals. Der Ninja ergötzte sich regelrecht an der Furcht, die in den Augen seines Opfers lag. Er lachte noch einmal hämisch auf, um anschließend mit einer fließenden Bewegung seine Kehle zu durchtrennen. Das Blut spritzte überall hin und Übelkeit stieg in Temari auf, sodass sie sich übergeben musste. Die beiden anderen Männer ließen nun von Shikamaru ab und er fiel leblos zu Boden. Temari weinte und schrie aus Leibeskräften. Diesmal jedoch hallte der Schrei durch den ganzen Wald … Sie schreckte auf. Kerzengerade saß sie im Bett und starrte entsetzt vor sich hin. Sie war schweißgebadet und ihre Augen nass. Das war wirklich der schlimmste Traum gewesen, den sie je hatte … „Alles in Ordnung?“ Sie vernahm Shikamarus Stimme neben sich. Temari schaute in seine Richtung, konnte in der Dunkelheit aber nur seine Umrisse erkennen. „Du … bist wach?“, entgegnete sie entgeistert. „Kein Wunder, so laut wie du eben geschrien hast.“ „Ich …“, setzte sie leise an. Dann hatte sie den Schrei etwa nicht geträumt … „Ist alles in Ordnung?“, wiederholte er seine Frage. Langsam machte er sich echt Sorgen um sie … „Ja.“ Sie nickte kaum merklich. „Nur ein Albtraum.“ „Was heißt hier nur?“ „Schon okay. Mir … geht es … gut.“ Die Worte verließen nur schleppend ihren Mund. Shikamaru seufzte. Das würde ihr nicht einmal jemand abnehmen, der blind, taub und tot war … „Jetzt erzähl schon“, forderte er sie in einem sanften Ton auf. Zuerst antwortete sie ihm nicht. Das konnte er ihr auch nicht verübeln, doch er würde nicht aufgeben und die Sache auf sich beruhen lassen. Jeder Idiot konnte schließlich sehen, dass es ihr nicht gut ging und sie Hilfe brauchte. „Temari?“, setzte er noch einmal an. „Tod“, flüsterte sie vor sich hin. „Ich hab gesehen, wie …“ Mitten im Satz hielt sie inne, um abrupt das Thema zu wechseln. „Ich häng mein Ninjadasein besser an den Nagel.“ „Wie kommst du denn darauf?“ „Jetzt weiß ich genau, dass ich es nicht ertragen würde, jemanden zu verlieren, der mir irgendwie wichtig ist.“ Shikamaru fühlte sich an das Gespräch mit ihr von vor drei Jahren im Krankenhaus erinnert, als er noch nicht gewusst hatte, ob Chouji überleben würde. Dort hatte er genau dasselbe vorgehabt. Welch Ironie, dass gerade sie nun so dachte … „Meine Mutter ist gestorben, als ich erst drei war. Ich erinnere mich nicht einmal an sie. Und mein Vater wurde von Orochimaru umgebracht, aber zu ihm hatte ich nie ein gutes Verhältnis. Zu dem Zeitpunkt, als ich Gaara tot gesehen hab, wusste ich, dass Chiyo-baa-sama ihn wiederbeleben würde. Kein Grund also, um zu trauern …“ Sie hielt inne. „Ich hab schon viel zu viel Glück gehabt, indem ich die Person, die gestorben ist, nicht kannte oder mochte. Lange wird das sicher nicht mehr so weiter gehen.“ Er schwieg einen Moment. „Erinnerst du dich noch an das, was mir mein Vater damals gesagt hat, als ich alles hinschmeißen wollte?“ „Ja.“ Sie nickte, was er aber in der Dunkelheit nicht richtig erkennen konnte. „Wenn man sich anstrengt und ein guter Ninja wird, kann man seine Kameraden retten, auch wenn ein anderer Gruppenführer das vielleicht nicht schafft.“ „Genau. Und du bist eine gute Kunoichi, auch wenn es für dich gerade nicht so aussehen mag. Selbst wenn du deinen Job an den Nagel hängst, wird deine Angst nicht weniger werden. Um die loszuwerden, müssten alle die dir etwas bedeuten, auch aufhören Ninja zu sein.“ „Trotzdem …“ Temari suchte nach Argumenten, doch ihr fiel nicht ein Sinnvolles ein. Er hatte wirklich Recht … „Na gut, dann werde ich halt weiterhin meine Fähigkeiten verbessern müssen …“, gab sie letztendlich nach. „Auch wenn es vielleicht umsonst sein wird.“ „Das kannst du vorher nicht wissen. Wenn du es wenigstens versuchst, kannst du ein ruhiges Gewissen haben.“ „Ein schwacher Trost … Das macht Tote auch nicht wieder lebendig. Nur meine Unfähigkeit kommt dann super zur Geltung …“ Die Erinnerung an den Traum kam in ihr hoch. Das Blut, der Schrei … Es war ihr, als würde sie noch immer das Echo hören … Sie hielt sich die Ohren fest zu und letzten Endes verstummte es. Nun wurde ihr wieder bewusst, wo sie war. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass Shikamaru das Licht angeschaltet hatte. „Tut mir leid“, meinte sie, als sie seinen besorgten Blick sah. „Ich war gerade nicht ganz bei mir.“ „Das bist du schon nicht mehr, seit du aufgewacht bist.“ Temari fühlte sich auf unangenehme Weise ertappt. Sie erkannte sich selbst nicht mehr. Und dieser verdammte Traum war schuld daran … „Jetzt erzähl mir schon, was du geträumt hast“, forderte er sie ein zweites Mal auf, jedoch nicht eine Spur vorwurfsvoll. „Danach wird es dir besser gehen.“ „Ich wünschte, es wäre so …“ Traurig starrte sie vor sich hin. „Also gut. Ich hab gesehen, wie du umgebracht wurdest.“ „Ich?“ Mit dieser Antwort hatte er weniger gerechnet. „Ja. Ich hab alles versucht, aber ich war körperlos wie ein Geist oder so. Und keiner schien zu merken, dass ich überhaupt da war. Es war, als würde ich nicht existieren. Dann musste ich zusehen, wie du …“ Sie stockte. „Es war einfach furchtbar! So etwas würde ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind antun … Alles war so schrecklich real …“ Temari spürte, wie sich in ihrem Hals ein dicker Kloß bildete. Sie war sehr nah daran, wieder zu weinen … Bevor sie sich dazu zwingen konnte, weiterzuerzählen, ergriff Shikamaru das Wort. „Du musst nichts mehr sagen, wenn du nicht willst“, meinte er einfühlsam. Den Rest der Geschichte konnte er sich denken … Es wunderte ihn da nicht, dass Temari so von der Rolle war. Selbst einem hartgesottenen Shinobi würde es nicht ganz leicht fallen, völlig gelassen zu bleiben. Und normalerweise gehörte sie dieser Sorte Mensch an … Sie ließ sich zurück in ihr Kissen fallen. „Ich möchte so etwas nicht träumen … Meine vorigen Horrorträume reichen mir schon vollkommen …“ „Vielleicht beruhigt es dich ja, dass so zähes Unkraut wie ich nicht so schnell vergeht.“ Er versuchte, die Stimmung aufzulockern. „Na, hoffentlich …“, erwiderte sie niedergeschlagen. „Und tu mir bitte einen Gefallen: Wenn ich in Gefahr bin, versuch nicht mir zu helfen und rette dich selbst.“ „Das kannst du vergessen“, widersprach er sofort. „Ich muss mich noch bei dir revanchieren und solange ich das nicht hab, werde ich versuchen, dich mit allen Mitteln zu retten.“ „Vergiss doch mal für eine Sekunde deinen Stolz!“ Ihr Ton wurde ernst. „Es interessiert keinen, wer wem das Leben gerettet hat.“ „Darum geht es gar nicht. Die Entscheidung, jemanden zu retten, bleibt allein meine Sache. Und wenn ich es für richtig halte, werd ich auch dir aus der Patsche helfen. Egal, was gerade mein Auftrag ist.“ „Warum bist du nur so stur …“ „Wenn du denkst, dass ich dich einfach so sterben lassen könnte, hast du dich ordentlich geschnitten.“ Er sprach sehr energisch. „Gerade du müsstest das doch verstehen können. Du handelst schließlich genauso.“ „Dabei stammen wir nicht einmal aus demselben Dorf …“ „Das tut nichts zur Sache. Sandaime-sama, Asuma und auch Tsunade-sama haben immer wieder gepredigt, dass es am Wichtigsten ist, die Menschen zu beschützen, die einem nahestehen. Gaara hat damals genauso gehandelt, als er sich für euer Dorf geopfert hat. Und das nicht nur, weil es seine Pflicht als Kage war, sondern weil er es selbst so wollte.“ „Ich weiß … Entschuldige, was ich da verlangt hab. Ich bin momentan einfach ein bisschen durcheinander …“ Müde schloss sie die Augen. „Schon gut.“ Er legte sie auch wieder hin. „Kannst du jetzt überhaupt schlafen?“ „Keine Ahnung. Ich versuch es zumindest.“ „Gut, aber wenn was sein sollte, weckst du mich auf, okay?“ „Hmm … Danke.“ Shikamaru deutete es als ein Ja. „Soll das Licht an bleiben?“, fragte er noch nach. Temari schüttelte den Kopf. „Nein, ohne kann ich besser einschlafen.“ Es ertönte ein leiser Klick und es wurde dunkel. „Dann gute Nacht“, schloss er. „Ja, dir auch.“ Sie zweifelte stark, dass die restliche Nacht für sie gut werden würde … Eine knappe halbe Stunde später lag sie noch immer wach da. Müde genug war sie, doch sie traute sich nicht zu schlafen. Noch so ein Traum und sie würde verrückt werden … Sie öffnete ihre Augen und stellte fest, dass es nichts brachte. Diese Nacht schien nicht einmal das Mondlicht ins Zimmer … Ihre Hände verkrallten sich in ihrem Kissen, als ein unangenehmes Gefühl in ihr hoch kam. Sie drehte sich auf den Bauch und zog die Bettdecke über den Kopf, doch auch da drohte die Dunkelheit sie zu verschlucken. Womit hatte sie diese Einbildungen verdient? Erneut wälzte sie sich hin und her. Diese erdrückende Finsternis und Stille machte sie noch wahnsinnig … Nur wie konnte sie dem entkommen? Erst einmal musste sie sich beruhigen … Tief atmete sie durch … Der Anfang war gemacht … Warum sich so in Unruhe versetzen, wenn sie gar nicht alleine war? Ja, genau … Shikamaru war hier und passte auf sie auf … Temari seufzte. Warum empfand sie es nur gerade so nicht? Er lag nicht einmal einen Meter neben ihr und sie fühlte sich total unsicher und allein. Da halfen auch aufmunternde Worte nichts … Ihr kam eine Idee, wie sie diese Gefühle eventuell vertreiben konnte. Aber sollte sie ihn dafür denn wecken? Sie schämte sich irgendwie. Würde sie es tun, sähe sie bloß noch mehr wie ein Schwächling aus … Andererseits hatte er gesagt, dass sie ihn aufwecken sollte, falls irgendetwas war … Sie war sich auch sicher, dass er sich nicht über sie lustig oder dergleichen machen würde. Nur … Hoffentlich war es nicht zu viel verlangt … „Shikamaru?“, setzte sie schließlich an. Da sie nicht wusste, ob er überhaupt schon schlief, brüllte sie lieber nicht gleich durch das ganze Zimmer. Sie hörte ein Rascheln und letztendlich ein „Ja?“ aus seiner Richtung. „Ähm … Dürfte ich vielleicht …“ Sie zögerte noch kurz. „Natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht – auf deine Seite kommen?“ Er richtete sich etwas auf, stützte sich auf seinem linken Unterarm ab und kratzte sich am Kopf. Was für eine Frage … „Klar“, antwortete er letztendlich. „Obwohl du morgen früh wahrscheinlich sowieso wieder hier liegen wirst.“ Temari errötete ein wenig. Zum Glück konnte er es nicht sehen … „Das war nicht nett!“ Einen kleinen Lacher konnte sie sich trotz allem nicht verkneifen. „Wieso? Ist doch so.“ Er lachte ebenfalls auf. Dann hob er die Decke etwas an. „Na, komm schon her.“ „Willst du denn gar nicht wissen, warum ich das möchte?“ Sie wartete noch ab. „Nö, erzähl es mir morgen.“ Shikamaru gähnte herzhaft. „Nicht, dass ich noch anfange, drüber nachzudenken. Das wär mir jetzt echt zu anstrengend.“ „Zu anstrengend?“ Sie musste grinsen. „Das hätte ich mir auch denken können.“ „Du kennst mich doch“, betonte er scherzhaft. „Und jetzt her hier. Ich muss dringend ’ne Runde pennen.“ „Nicht nur du.“ Langsam tastete sie sich an ihn heran. „Nicht so zimperlich“, forderte er sie auf, da sie noch recht weit von ihm entfernt lag. „Ich beiße nicht.“ Er machte einen kleinen Satz auf sie zu und legte einen Arm um sie. Temari war ein bisschen überrumpelt von der Aktion, hütete sich aber, dagegen anzugehen. Im Grunde war ihr das schließlich sehr recht gewesen … „Schlaf gut“, sagte Shikamaru leise. „Ja, du auch.“ Sie rückte sich noch etwas zurecht und kuschelte sich dann ganz an ihn. Alles Schlechte und Unangenehme war mit einem Mal verschwunden und sie fühlte nichts anderes als wohlige Wärme. Jetzt konnte sie bestimmt gut einschlafen … ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Erstmal hoffe ich, dass ich euch letzte Woche nicht zu viel versprochen habe. Die Annäherung durftet ihr jedenfalls wortwörtlich nehmen. ;D Des Weiteren hoffe ich, dass Temari mir nicht allzu sehr ins OoC abgedriftet ist. Ansonsten betrachtet es einfach als künstlerische Freiheit meinerseits. :D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)