Bikou-no-Jutsu von Rabenkralle (Die Kunst der Beschattung) ================================================================================ Kapitel 13: Damals ... ---------------------- Kapitel 13: Damals … Es war drei Uhr nachmittags am folgenden Tag. Temari lag im Gras und genoss den warmen Sonnenschein. Im Moment hatte sie die Zeit nicht sinnvoller verbringen können. Zumindest, wenn es nach ihrem Geschmack ging. Hoffentlich gewöhnte sie sich nicht zu sehr an diese Faulenzerei ... In Suna hatte sie das nie gemacht, da ihr die wenige Freizeit zu kostbar dafür war, aber jetzt … Nach ihrer kurzen Krankheit konnte sie sich wirklich nichts Schöneres vorstellen. Shikamaru hatte in diesem Punkt echt in gewissem Maße auf sie abgefärbt. Ob sie ihm dafür lieber Danken oder eine reinhauen sollte? Ach was. Harte, arbeitsreiche Zeiten kamen noch genug auf sie zu. Spätestens bei der nächsten Chuunin-Prüfung war Stress vorprogrammiert. Bis dahin würde sie sich halt ein wenig entspannen. Verdient hatte sie es ja durchaus. Temari blickte zur Seite. Heute musste Shikamaru einen sehr gesunden Schlaf haben. Er hatte sich seit über zwei Stunden nicht einen Millimeter von der Stelle bewegt und schlief tief und fest. Das war wohl kein Wunder, wenn man die halbe Nacht wach gelegen hatte. Sie selbst hatte geschlafen wie ein Stein, aber Einschlafprobleme waren der Horror, das wusste sie. Unweigerlich musste sie an Gaara denken. Wie hatte er das nur fünfzehn Jahre lang ausgehalten? Da war das Psychopathendasein doch schon vorprogrammiert … Ihr Bruder schlief zwar immer noch nicht viel – sein Amt als Kazekage ließ das auch nicht zu – ausgeruhter als früher war er jedoch allemal. Sie grinste. Nach dieser Mission stand ein Besuch in ihrer Heimat ganz oben auf der Liste. Außerdem musste sie sich unbedingt für ihre Versetzung revanchieren … Die Kunoichi vernahm ein lautes Gähnen neben sich. Verschlafen sah Shikamaru sie an. „Ausgeschlafen?“, fragte sie daraufhin. Er schüttelte den Kopf und rollte sich auf die andere Seite. „Gute Nacht!“ Wenige Augenblicke später war er wieder eingeschlafen. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Wenn sie fies sein wollte, könnte sie ihn auf der Stelle wecken. Sie ließ es allerdings bleiben. Der Tag würde heute lang genug werden … Temari streckte ihre Glieder von sich und verschränkte die Hände hinter ihrem Kopf. Auf das Fest heute Abend hatte sie absolut keine Lust. Wenn sie Sakura täuschen wollten, führte aber nichts daran vorbei. Sie fragte sich ohnehin, wie sie sich das vorstellte. Der Mann war vielleicht groß – ihn in einer großen Menschenmenge mehrere Stunden im Auge zu behalten würde bestimmt nicht ganz leicht werden. Eine Unaufmerksamkeit und sie hatten es versaut. Sechs Augen sahen allerdings mehr als vier. Eventuell half das ja schon. Andererseits fragte sie sich, ob das wirklich der Grund für Sakuras Erscheinen war. Doch das würde sie wohl niemals erfahren … Sie beschloss, sich darüber erst einmal nicht den Kopf zu zermatern. Also machte sie ihre Augen zu, um wie ihr Begleiter eine Runde zu schlafen. Wer wusste schon, wann sie das nächste Mal ihr Bett sehen würde … „Du hast es also verstanden?“, vergewisserte sich Sakura. „Klar. Ist doch nicht schwer“, erwiderte ihr Gegenüber. „Okay, dann sehen wir uns später. Und vergiss nicht, was wir besprochen haben.“ „Wie könnte ich auch? Ich will schließlich nicht, dass die Hokage mich Schwerstarbeiten erledigen lässt.“ „Wer möchte das schon?“ Sakura grinste. „Dann viel Erfolg!“ „Und dir viel Spaß auf dem Fest.“ Sie verabschiedete sich und schlenderte zurück zum Gästehaus. Allmählich wurde es Zeit, sich für den Abend schick zu machen. Heute würde sie es ordentlich krachen lassen, das stand mal fest. Und nebenbei würde sie noch etwas anderes veranlassen … Temari schreckte aus ihrem Traum hoch. Im Grunde war es kein Traum, sondern viel mehr ein Alptraum gewesen. Ständig verirrten sich in ihren Schlaf Bilder von Kämpfen, in denen nicht selten jemand den sie kannte umkam. Wie sie das hasste! Ein echter Nachteil ihres Berufes … Ob andere Ninja auch so was träumten? Gedankenverloren starrte sie vor sich hin. Sie hoffte inständig, dass das alles nur willkürlich war und in naher Zukunft nicht ein ihr nahestehender Mensch starb. Andererseits gab es für sie nur wenige Leute dieser Art. Wahrscheinlich auch besser so. „Grübelst du?“ Shikamarus Stimme holte sie in die Realität zurück. Verdutzt schaute sie ihn an. „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nur Träume nicht ausstehen, in denen Menschen sterben.“ „Hast du solche etwa?“ „Hin und wieder. Aber das bringt das Shinobidasein wohl mit sich.“ Shikamaru zuckte mit den Schultern. Er sagte ihr besser nicht, dass das bei ihm bisher nie vorgekommen war. Allerdings erinnerte er sich generell bloß sehr schlecht bis gar nicht an seine Träume. Die Kunoichi überlegte einen Moment. Shikamaru wusste sehr wohl, was es bedeutete, einen wichtigen Menschen zu verlieren. Damals, als sie versucht hatten, Sasuke zurück nach Konoha zu bringen, war sein bester Freund Chouji beinahe ums Leben gekommen. Der andere Vorfall war hingegen erst ein paar Monate her und nicht so glimpflich ausgegangen. Sie hatte ihn nie davon reden hören. War es also gut, ihn danach zu fragen? Einen Augenblick haderte sie noch mit sich, dann jedoch war die Neugier stärker. „Sag mal …“, begann sie zögerlich, „Wie bist du eigentlich mit Sarutobi Asumas Tod zurecht gekommen?“ Shikamaru seufzte. Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet. Höchstwahrscheinlich hätte er jedem anderen auch nicht darauf geantwortet. Aber wenn er Temari mit seiner Antwort irgendwie beruhigen konnte, wollte er mal nicht so sein. Das war das Mindeste. „Na ja, anfangs nur sehr schlecht. Ich hab mich die ganze Zeit über bemitleidet und mir teilweise sogar die Schuld gegeben. Oft hab ich stundenlang mit mir selbst Shogi gespielt und dabei hab ich dann eine Taktik entwickelt, um Hidan und Kakuzu zu besiegen.“ Er legte eine kurze Pause ein. „Nachdem ich Asuma gerächt hatte, war es, als wäre ein tonnenschwerer Ballast von mir abgefallen. Auf einmal war die Welt nicht mehr so grau und trist für mich und mein Leben ging wie gewohnt weiter.“ Shikamaru setzte sich auf und blickte in den blauen Himmel. „Inzwischen denke ich kaum noch daran. Ich hab gelernt, mit diesem Verlust zu leben. Die erste Zeit mag sehr schwer sein und man glaubt kaum, dass man das je verarbeiten wird. Aber wie es doch so schön heißt: Die Zeit heilt alle Wunden. Falls dir jemals so etwas passieren sollte, denk einfach daran, dass der Schmerz vergehen wird.“ Als er geendet hatte, schenkte er ihr ein aufmunterndes Lächeln. „Danke.“ Temari fühlte sich deutlich besser. Auch ihr war eine Last vom Herzen gefallen, wenn auch wohl nicht so eine Große wie bei ihm damals. „Denk einfach nicht weiter dran. Nicht, bevor es so weit gekommen ist.“ Er legte seine Hand auf ihre Schulter, was ihr auf eine seltsame Art und Weise gut tat. „Aber vergiss dann das Weinen nicht. Es hilft nämlich.“ Sie musste schmunzeln. „Du musst es ja wissen.“ Ihre Stimme klang sanft und nicht ein Hauch Ironie war in ihr enthalten, sodass er es ihr unmöglich übelnehmen konnte. Shikamaru richtete sich auf. „Wir sollten uns langsam fertig machen, sonst macht Sakura uns womöglich noch die Hölle heiß.“ Er streckte den Arm nach ihr aus, um ihr aufzuhelfen. Temari nahm es dankend an. „Darauf möchte ich es nicht ankommen lassen“, entgegnete sie grinsend. „Dann mal ab aufs Zimmer!“ Und während die beiden so nebeneinander hergingen, beschlich Temari das Gefühl, dass dieser Abend vielleicht – nur vielleicht – doch nicht ganz so übel werden würde, wie sie bis vor Kurzem noch gedacht hatte. 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