The Mirror Of The Ancients von CaroZ (Miragia-Trilogie 2) ================================================================================ Kapitel 20: Another Handicap ---------------------------- Die Zeit floss zäh dahin. Tifa saß zwischen Barret und Nanaki auf einem Stuhl in der dritten Reihe, die gefesselten Hände auf dem Schoß vor Spannung so aneinander geklammert, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Seit geraumer Zeit in dieser Halle bissen ihre Schneidezähne auf die Unterlippe und würden dort einen deutlichen Abdruck hinterlassen. Trotz noch so großer Bemühungen brachte es die junge Frau nicht fertig, den Blick vom leeren Richterpult abzuwenden. „Tifa“, schnurrte Nanaki leise, erhielt jedoch keine Antwort. Er stupste sie mit der Schnauze an, erst sanft, dann etwas fester, und widerstand letztlich nur schwerlich der Versuchung, ihr ins Ohr zu beißen, damit sie ihm endlich ihre Aufmerksamkeit zuteil werden ließ. „Glaub’, die hört jetzt nix mehr. Sie hat solche Angst, dass Cloud umgebracht wird.“ „Die haben wir alle“, zischte Nanaki zurück. „Und wenn wir nicht bald etwas unternehmen, dann wird auch genau das passieren!“ „Ja, und was soll’n wir machen? Wir sind doch alle hier eingelocht! Cid und Aeris sind da vorne, Yuffie und Reeve zwei Reihen hinter uns ...“ „Was ist mit Skylar?“ „Clouds Vater? Haste die Nummer von dem?“ „Soweit ich weiß, hat er kein Telefon.“ „Na bestens. Lass dir was Sinnvolleres einfallen, wenn du hier noch irgendwo ’ne Chance siehst.“ „Hast du denn niemanden mehr in der AVALANCHE, dem du vertrauen kannst? Wo ist denn ... Marlene?“ „Marlene.“ Barret seufzte leise. „Die musste in letzter Zeit erfahren, dass ihr Vater leider nich’ immer Zeit für sie hat. Bestimmt is’ die im Moment nich’ so gut auf mich zu sprechen, wenn du verstehst. Irgendwie befürchte ich, dass wir Cloud nich’ retten können ... die Frage is’, ob wir uns selbst retten können, oder ob wir allesamt hingerichtet werden.“ Tifas Blick zuckte, aber sie rührte sich nicht. Auch Nanaki richtete seine Aufmerksamkeit nun wieder auf das, was sich vorn am Pult des Richters abspielte, denn soeben hatten die zwölf Geschworenen den Saal wieder betreten – ohne den Richter jedoch, der den Prozess geleitet hatte. „Nun, bitte erheben Sie sich, das Urteil wird verkündet!“, ertönte die piepsige Stimme des Hilfsrichters, der nun auf dem Platz des Chefrichters Platz genommen hatte. Alle Zuhörer standen von ihren Plätzen auf, um angespannt dem Ergebnis der Besprechung zu lauschen. Cloud erhob sich ebenfalls von der Anklagebank und schielte zu den zwölf hinüber, sich bereits fragend, was denn dem Richter selbst zugestoßen sein mochte, da er das Urteil nicht selbst verkündete. Wäre ja auch eigenartig gewesen, wenn heute irgendetwas zu meinem Vorteil verlaufen wäre, dachte er ohne viel Hoffnung. Jetzt haben sie den Richter wahrscheinlich entsorgt, da er eventuell zu dem Schluss gekommen wäre, mich doch nicht hinrichten zu lassen ... Kaum merklich zuckte er die Schultern. Was soll’s? Ich bin tot. So oder so, ich bin tot. Tifas Finger formten sich noch mehr zu Krallen, und von ihren Zähnen rann eine dünne Spur Speichel, was sie wie ein geiferndes Monster kurz vor dem Angriff aussehen ließ. Yuffie hatte sich an Reeve gelehnt, der viel zu abgelenkt war, um sein Glück überhaupt fassen zu können. Cloud konnte kein Mörder sein, nicht ihr tapferer Anführer, der den Planeten vor Sephiroth und JENOVA gerettet hatte. Folglich konnte er nicht einfach sterben. Er durfte nicht getötet werden, das war einfach absurd. Selbst wenn Cloud sich etwas hätte zuschulden kommen lassen, sein Dienst an den Planeten machte das hundertfach wett ... „Also“, fuhr der kleine Geschworene trällernd fort, „das Hohe Gericht hat seine Entscheidung getroffen. Wir haben den Ausführungen beider Parteien hier gemeinsam gelauscht und sind zu folgendem Urteil gekommen: Mister Strife hat die Tat genauso begangen, wie sie ihm vorgeworfen wird. Er hat den bereits verletzten und dadurch entsprechend wenig wehrhaften Mister Valentine an einen abseits liegenden Ort entführt und dort erschossen. Vermutlich wollte er auf diese Weise in den Besitz von Valentines Umhang gelangen, der, wie die Untersuchungen zeigten, mit Levitas-Susbtanz beschichtet ist.“ Cloud auf der Anklagebank schloss die Augen. Es war die einzige Regung, die er seit langer Zeit getan hatte. „Neid und Habgier sind niedere Beweggründe, die das Urteil rechtfertigen, das das Hohe Gericht getroffen hat.“ Der Mann richtete seinen Blick nun auf Cloud. „Mister Cloud Strife, Sie werden aufgrund des Mordes nach Paragraph siebenundsechzig, Absatz drei der Mittelland-Verordnung zum Tod durch die Gaskammer in Junon verurteilt.“ Er ergriff den richterlichen Vorschlaghammer und ließ ihn unter Aufehrbietung seiner spärlichen körperlichen Kräfte auf die am Pult angebrachte Holzplatte herabsausen. Der Klang, der das Ende der Verhandlung signalisierte, hallte laut in der riesigen Halle wider. Eine bedrückende Stille schloss sich an, die scheinbar erst eine Ewigkeit später durch einen Aufschrei unterbrochen wurde, der den Anwesenden das Blut in den Adern gefrieren ließ. Cloud hob alarmiert den Kopf, denn bei der Verursacherin handelte es sich um niemand anderen als Aeris, die von ihrem Platz aufgesprungen war und danach trachtete, sich in Richtung Pult nach vorn durchzuschlagen, woran sie zwei Security-Guards zu hindern suchten. Das ist es also, dachte Cloud, als die Stille weiterhin anhielt, nur hin und wieder durchbrochen von Aeris’ Versuchen, sich den Wächtern zur Wehr zu setzen. Ich frage mich, ob jetzt alle zufrieden sind ... „Himmel, ihr habt es doch gesehen!“, fauchte Nanaki aufgebracht. „Der Richter war nicht mehr da. Wo ist er so plötzlich hin? Normalerweise hätte er das Urteil selbst verkünden müssen. Wenn ihr mich fragt, dann ist das ein klarer Beweis dafür, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht!“ „Dann sag mir, was ich machen soll!“, schnappte Barret zurück. „Ich bin nich’ weniger gefesselt als du!“ Tifa jammerte leise. „Armer Cloud. Sie werden ihn in die Gaskammer stecken ... dabei sollte man wirklich meinen, die hätten seit damals ein paar humanere Tötungsmethoden einführen können! Jedenfalls ... wenn seither mal eine Hinrichtung nötig gewesen wäre ...“ „Hm.“ Nanaki überlegte, was er zu ihr sagen konnte, auch wenn es wenig aufmunternd klang. „Vielleicht ... ist das gar kein so schlimmes Ende ...“ „Ich war in der Gaskammer von Junon, wisst ihr das nicht mehr?“, fuhr Tifa auf. „Scarlet hatte ebenfalls vorgehabt, mich hinzurichten, und wollte das auch noch live im Fernsehen übertragen. Gott, das ist ein grausiges Gefühl ... ich saß da drinnen und wartete, wartete und hatte keine Hoffnung, meinem Schicksal noch zu entgehen ... und als ich das Gas ausströmen hörte, da wusste ich, dass mein Leben in Kürze beendet sein würde ... dass ich das Zeug einatmen müsste und dann langsam ....“ Sie schluckte und versuchte, die Verzweiflung niederzuringen. Mit etwas gefestigter Stimme fuhr sie fort: „Ich will nicht, dass Cloud dasselbe erfahren muss. Das dürfen sie ihm nicht antun! Wir müssen etwas unternehmen. Mich habt ihr damals auch gerettet!“ „Es war die Shin-Ra, die dich töten wollte“, erinnerte sie Barret. „Nur ’n Haufen unorganisierter Idioten ... und wenn du den Schlüssel nich’ hättest benutzen können, wer weiß, ob wir rechtzeitig da gewesen wär’n.“ Schniefend erhob sich Tifa von ihrem Platz und wischte sich mit beiden gefesselten Händen die Augen. „Ich sage nur, wir müssen ihn retten. Letztlich sind wir ihm das schuldig, irgendwo.“ Damit folgte sie den anderen Zuhörern, die bereits aus dem Saal strömten, ins Freie. Barret und Nanaki wechselten einen Blick. „Ich möchte nur wissen, was sich wirklich in jener Nacht da draußen abgespielt hat“, murmelte der Vierbeiner schließlich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)