The Mirror Of The Ancients von CaroZ (Miragia-Trilogie 2) ================================================================================ Kapitel 5: Just One More Step ----------------------------- „Solange der Strom noch ausgefallen is’, können wir nich’ anfangen.“ Barret stand im kleinen Nebenzimmer rechts des Eingangs vor der fest verschlossenen Kellertür. „Hast du denn keinen Notstromgenerator?“ In Vincents regloser Miene zeigten sich plötzliche Zweifel, wenn auch nur für einige Sekunden. „Ich ... bin nicht sicher.“ „Wenn überhaupt, dann befindet er sich wahrscheinlich auch im Keller“, stellte Cloud nüchtern fest. „Das dürfte die Sache erheblich erschweren.“ „Das is’ ja, als würde man eine Kiste mit einem Brecheisen öffnen wollen, das in der Kiste liegt ...“ Die Drei wechselten einen ratlosen Blick. „Bleibt hier“, murmelte Barret schließlich. „Ich glaube, da gibt’s was, das man machen kann ...“ Cid, Yuffie und Skylar saßen neben dem kleinen mottenzerfressenen Bett, auf welchem Tifa ausgestreckt wie eine Eidechse auf dem Bauch lag und leise schnarchte. Ihre rosafarbene Seidenbluse war ziemlich zerknittert. „Was ist denn so Aufregendes passiert?“, wollte der Pilot der AVALANCHE mit unverhaltener Neugier wissen. „Nur Geräusche“, antwortete Yuffie. „Allerdings seltsame Geräusche“, fügte Skylar hinzu. Er starrte stumpfsinnig auf das Bettlaken und warf nur kurz einen Blick hinüber. Cid bohrte weiter: „Und ihr seid ganz sicher, dass sie aus dem Keller kamen?“ „Sind wir nicht. Das hat Vincent gesagt.“ „Hm. Nun ja, Vincent kann man in den meisten Fällen ruhig glauben. Wahrscheinlich ist er selbst ziemlich beunruhigt wegen dieses Etwas in seinem Haus.“ Eine kurze nachdenkliche Pause folgte, bis Barret von außen die Tür öffnete. „Hier seid ihr! Hab’ schon nach dir gesucht, Cid. Das Problem is’ der Strom. Wir müssen die Maschine irgendwie anschmeißen, aber es gibt keine Energie.“ „Habt ihr denn die Leitungen schon gelegt?“, hakte Cid nach, ohne sich von seinem Stuhl zu erheben. „Nee, noch nich’ – aber wenn’s denn soweit is’, können wir dann nich’ erst mal die Batterie der Tiny Bronco anzapfen?“ Cids Augen verengten sich um wenige Millimeter. „So, also das ist der Plan – verstehe. Mein Flugzeug ist mal wieder die letzte Rettung ... aber das müsste funktionieren. Machen wir’s.“ Er stand auf und schickte sich an, Barret zu folgen. „Moment mal!“, rief Skylar plötzlich. „Wenn wir die Batterie dabei verbrauchen, dann wird die Tiny Bronco nicht mehr fliegen, oder?!“ Schon befürchtete er, am nächsten Tag nicht rechtzeitig zur Arbeit erscheinen zu können. „Natürlich fliegt sie dann noch“, antwortete Cid, „mach dir mal keine Sorgen. Unser Maschinchen hier hat fast denselben Motor wie das Flugzeug.“ „Und was soll das bitteschön heißen?“ „Ich erkläre es dir.“ Cid blieb vor Clouds Vater stehen wie ein Lehrer, der versucht, einem dummen Schüler etwas beizubringen. „Weißt du, die Batterie wird nur dazu genutzt, den Motor in Gang zu bringen, also ihn anzulassen. Danach läuft der Motor, die sogenannte Lichtmaschine, allein weiter und lädt dabei die Batterie wieder auf. Auch unser Gerät, mit dem wir das Gas absaugen, wird die Batterie also wieder soweit aufladen, dass sie den Motor der Tiny Bronco anschmeißen kann, und wir müssen nicht hier versauern. Kapiert?“ „Kapiert“, antwortete Skylar, der eigentlich nichts verstanden hatte. „Na dann, fangt mal an.“ Nach wie vor standen Cloud und Vincent schweigend vor der Kellertür. Barret näherte sich ihnen von hinten, Cid trottete hinter ihm her. „Das Problem is’ gelöst“, sagte er. „Jetzt müssen wir aber erst mal die Leitungen legen.“ „Gut. Dann los.“ Vincent schob den Riegel der Metalltür zurück, welche zu einem Tunnel tief hinein in die massive Steinwand führte – der Keller unterhalb der Shin-Ra-Villa. Sofort stieg ihnen der stechende, ätzende Geruch des Chlorgases in die Nasen, aber nicht nur das. Da war noch etwas. Noch viel mehr. Und alles drängte nach draußen ... Cloud wich taumelnd zurück, als sich etwas auf ihn stürzte, das er nicht sehen konnte. Es war wie eine Flüssigkeit, die ihm jemand über den Kopf goss, die an ihm herunterrann und bis tief in seine Organe kroch. Er schnappte nach Luft, stieß mit dem Rücken gegen die Wand und krümmte sich fröstelnd zusammen. Wenige Sekunden später öffnete er die Augen und sah, wie Cid und Barret das Rohr, welches aus einem elastischen Metall zu bestehen schien, durch die Kellertür immer weiter nach unten schoben. Cloud selbst lag auf dem Rücken, seine Glieder waren kalt und schlaff und er fühlte, dass ihm Flüssigkeit aus der Nase über die Lippen lief. Als er sie mit der Zunge berührte, konnte er schmecken, dass es Blut war. „Was ... was war das ...?“ Zitternd bemühte er sich, irgendwie auf die Beine zu kommen. Seine beiden Freunde Cid und Barret schienen immer noch eifrig dabei, ihre Arbeit zu beenden. Eine kalte klauenbewehrte Hand legte sich fest wie ein Schraubstock um sein Handgelenk. „Cloud, sei ganz ruhig. Du hast es gespürt, oder?“, flüsterte Vincent. „J-ja.“ Es musste ganz offensichtlich sein. „Ich habe es gespürt ... was war es, Vincent?“ „Es wollte die ganze Zeit nach draußen, schätze ich, und war schon zum Teil entkommen, als ich das erste Mal die Falltür geöffnet habe ... nun ist es weg, vollkommen.“ „Kommt es zurück?“ „Ich weiß nicht.“ Cloud starrte Vincent in die funkelnden roten Augen und befreite sich dann schnell von seinen metallenen Fingern. „Ich glaube, ich kannte es. Ich kann mich nur nicht erinnern, wo ich diesem Gefühl schon einmal begegnet bin.“ Vincent sagte nichts, reichte Cloud aber ein Taschentuch, um das Blut abzuwischen. „Wir sind fertig!“, rief Cid. Er kniete immer noch vor dem Kellereingang und vermied es, tief Luft zu holen. „Das Gas ist draußen, alles was dort unten war. Die Kellerräume werden sich jetzt allmählich wieder mit frischer Luft füllen.“ „Soll’n wir die anderen holen?“, bot sich Barret an, ohne die Tür in der Wand aus den Augen zu lassen. „Ich mache das“, murmelte Cloud, fuhr sich noch einmal mit dem Handrücken über das Gesicht und zog sich an einem dicht stehenden Stuhl hoch. „Geht’s dir gut? Du siehst ’n bisschen angegriffen aus, seit wir von diesem Dingens überschwemmt wurden ... willste dich nicht lieber einen Moment ausruhen?“ „Nein, Barret. Es geht mir gut, und ich werde auf alle Fälle mit in den Keller gehen.“ Cloud straffte die Schultern und verließ schnellen Schrittes das Nebenzimmer. Zwar pochte es noch schwach in seinen Schläfen und eine leichte Trübung seines Blickfeldes stellte sich ein, seitdem er losgegangen war, aber er war sichtlich entschlossen, sich keinerlei Beeinträchtigungen anmerken zu lassen. Jedenfalls nicht jetzt. Neben Tifas Bett standen immer noch Yuffie und Skylar Goodsworth. Die Gastgeberin schnarchte vernehmlich vor sich hin und nahm keine Notiz von der stärker werdenden Aufregung um sich herum. Oder tat sie das doch? Hin und wieder zuckte sie im Schlaf zusammen und gab ein leises Geräusch von sich, das irgendwie ... nach einem weinenden Eichhörnchen klang. Die Beistehenden drehten sich kollektiv um, als sich die Tür wenige Zentimeter öffnete. „Ich bin es“, flüsterte Cloud von draußen. „Wir können in den Keller gehen, es ist jetzt sicher.“ „Ich komme mit runter!“, antwortete Yuffie sofort und eilte zu ihm hin. „Los doch, wir müssen diesen geheimen Ort untersuchen!“ Clouds Blick wanderte zu Tifa, die mittlerweile verdreht und unruhig unter der zerschlissenen Wolldecke lag. Ihr langes dunkles Haar glänzte im zur Tür hereinfallenden Licht. „Vater, bleibst du bei ihr?“ „Ich lasse sie schon nicht aus den Augen“, antwortete Skylar fest. „Danke. Und sag Reeve, Marlene und Red Bescheid, damit sie wissen, wo wir sind. Sie sollen zusammen bleiben, denn in diesem großen dunklen Haus ist es leicht, sich zu verlaufen.“ Goodsworth’ leicht gelangweilte Miene verzerrte sich jäh zu einem breiten Grinsen. „Mach dir um Himmels Willen nicht so viele Gedanken! Von mir hast du das jedenfalls nicht!“ Cloud schnaubte leise und drehte sich um. Voller Abenteuerlust folgte ihm Yuffie nach draußen und in Richtung Keller. „Vincent, vielleicht solltest du zum Arzt gehen, wenn du morgen immer noch Halsschmerzen von diesem Chlorgas hast“, sagte Cid, während er die Leitungen wieder einholte. „Sei nicht albern, Cid.“ Vincents Stimme klang fürchterlich heiser und abgenutzt. „Bin ich nicht. Wie lange warst du da unten?“ „Nicht lange genug, um ins Gras zu beißen. Ich werde mich davon schon erholen, mein Freund, denn ich bin einfach zu jung zum Sterben.“ Nachdrücklich zog er mit einer metallenen Fingerspitze seinen völlig ungerade verlaufenden Haarscheitel nach. „Und wenn ihr jetzt mit mir kommt ... dann vergesst nicht, dass ich euch vor dem gewarnt habe, das sich dort unten befindet.“ „Ich kann mich nicht erinnern, dass du uns gewarnt hast“, antwortete Cid und tat unwissend. „Wir werden natürlich alle dir die Schuld geben, wenn jemand umkommt.“ Vincent war klug genug, den Sarkasmus zu bemerken. „Ich glaube, in nächster Zeit werde ich euch nichts mehr von meinen Entdeckungen erzählen. Nicht einmal, wenn ich eine Substanz auffinde, mit der man JENOVA in eine mit Steinpilzen jonglierende Kokosmakrone verwandeln kann. Vielen Dank auch.“ Mit einem Klicken schloss sich der Deckel des Koffers, in welchem die Ausrüstung verstaut worden war. „Fertig“, murmelte Barret, der sich aus der Neckerei der beiden alten Freunde nur zu gern heraushielt. „Alles wieder eingeräumt. Jetzt kann’s aber wirklich losgeh’n.“ Wie auf ein geheimes Kommando betraten Cloud und Yuffie das Zimmer und schauten gleichermaßen erwartungsvoll in die Runde. Es war alles bereit ... „Gehen wir jetzt endlich?“, drängelte Yuffie. „Möglichst noch bevor die Sonne wieder aufgeht?“ „Es ist bei Dunkelheit sicher schön unheimlich“, kommentierte Cid und blies etwas Zigarettenrauch in Gestalt eines formschönen Kringels hervor. „Der Strom ist immer noch weg, da unten funktioniert das Licht nicht.“ „Taschenlampen“, kam es von Cloud. „Hervorragende Idee.“ Cid nahm eine weitere Tasche, die er und Barret mitgebracht hatten, vom Boden hoch und untersuchte deren Inhalt. „Ah ja. Zwei Stück haben wir. Es ist ratsam, dicht zusammen zu bleiben.“ „Ich will eine!“, verlangte Yuffie und streckte fordernd die Hand aus. Einige Sekunden lang waren die Augen der anderen Vier geduldig auf sie gerichtet. Dann begriff die junge Frau, was von ihr erwartet wurde. „Oh, hoppla ... haha. Ich werde wohl nie erwachsen. Also, äh ... wenn es euch nichts ausmacht, würde ich gerne eine der beiden Taschenlampen tragen. Bitte“, fügte sie hoffnungsvoll hinzu. „Es geht doch, Yuffie!“ Mit einem aufmunternden Nicken reichte Cid Yuffie eine Taschenlampe und gab die andere Vincent. „Du musst uns den Weg zeigen.“ „Dann los.“ Vincent schaltete die Lampe an und ging voraus. Seine Schritte hallten hohl im Treppenhaus wieder, obwohl die Stufen aus Holz bestanden. Zusammen mit dem Licht entfernte er sich in die Tiefe. „Kommt“, sagte Cloud motivierend und folgte dann selbst als erster. Einer nach dem anderen gingen Yuffie, Barret und Cid hinterdrein, ließen jedoch die Kellertür weit offen, um im Notfall nach oben flüchten zu können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)